Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Neuruppin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
17
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 AS 1574/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, der Antragstellerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs für August 2011 in Höhe von 564,20 EUR, für September 2011 in Höhe von 604,50 EUR sowie für Oktober 2011 und November 2011 in Höhe von jeweils 617,00 EUR zu gewähren.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zwei Drittel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.
3. Der Antragstellerin wird für diesen Rechtszug ab Eingang der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Gericht am 4. August 2011 Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt B M beigeordnet.
Gründe:
I.
Die polnische Antragstellerin begehrt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II), während der Antragsgegner von einem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeht.
Die Antragstellerin lebt nach eigenen Angaben seit Mitte 2007 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie reiste gemeinsam mit ihrem Ehemann und dem gemeinsamen, die Schule besuchenden minderjährigen Sohn ein. Sie ist seit dem 1. Juni 2007 in Prenzlau gemeldet und bewohnt auf Grundlage des gemeinsam mit dem Ehemann unterzeichneten Mietvertrags vom 9. Mai 2007 die gemeinsam bezogene Wohnung. Der Ehemann war in der Vergangenheit nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin als Arbeitnehmer jedenfalls seit dem 1. Mai 2009 abhängig beschäftigt und kam bislang für den Unterhalt der Antragstellerin sowie des Sohnes unter Einschluss der Krankenversicherung auf. Nachdem die Eheleute sich wohl schon seit geraumer Zeit in Trennung - auch durch die beruflich bedingte Ortsabwesenheit des Ehemanns - befunden hatten, hat die Antragstellerin nunmehr die Trennung von Tisch und Bett vollzogen und lebt derzeit nur mit dem Sohn in der bisher gemeinsamen Wohnung. Der Ehemann stellte die Unterhaltszahlungen ein.
Die Antragstellerin beantragte am 12. Juli 2011 Leistungen nach dem SGB II, die der Antragsgegner durch Bescheid vom 27. Juli 2011 unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ablehnte. Hiergegen legte die Antragstellerin unter dem 1. August 2011 Widerspruch ein, begehrte am 3. August 2011 den Erlass einer einstweiligen Anordnung und beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe des Regelsatzes sowie der Kosten der Unterkunft und Heizung (531,00 EUR) zu gewähren.
Der Antragsgegner verweist auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II und beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Antragsgegners, die dem Gericht vorlag und Gegenstand der Entscheidungsfindung war, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
1. Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Antragstellerin hat hinreichend geltend gemacht, dass ein Anspruch gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und sie ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Dies ist auch nicht offensichtlich ausgeschlossen.
2. Die einstweilige Anordnung ist grundsätzlich zu erlassen, wenn Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bestehen. Deren Vorliegen ist glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Eine Tatsache ist dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuchs; vgl. auch § 294 ZPO). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden dabei aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System und stehen nicht beziehungslos nebeneinander. Die Anforderungen an den Anordnungsanspruch sind mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund (vgl. insgesamt: Keller, in: Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Lei¬therer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, Rn. 27 ff. zu § 86 b m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben war dem Antrag nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben. In diesem Umfang stehen der Antragstellerin Anordnungsanspruch und grund zur Seite.
a) Der Antragstellerin steht einstweilen ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 3. August 2011 (Eingang des Rechtsschutzantrags bei Gericht) bis 30.November 2011 zu.
Die Antragstellerin ist im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II leistungsberechtigt, was zwischen den Beteiligten außer Streit steht. Bedenken gegen diese Leistungsberechtigung ergeben sich vorliegend aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, greifen jedoch im Ergebnis nicht durch. Anders als der Antragsgegner meint, ergibt sich das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin nicht allein aus § 2 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) mit der Folge eines Leistungsausschlusses. Unabhängig von der antragstellerseitig wohl durchaus beabsichtigten Arbeitssuche kann sich die Antragstellerin eigenständig auf § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU sowie i. V. m. § 3 Abs. 4 FreizügG/EU berufen. Nach den Angaben der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren übt sie derzeit allein die elterliche Sorge des die Schule besuchenden Sohnes aus. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist als Ausnahmeregelung nicht erweiternd dahingehend auszulegen, dass der Leistungsausschluss bereits dann greift, wenn einer von mehreren Aufenthaltsgründen der des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. März 2011 - L 13 AS 52/11 B ER - [juris]). Eine solche Lesart begegnete überdies mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 6 Abs. 1 GG erheblichen Bedenken.
Für das Gericht ergibt sich auch aus der Bezugnahme in § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU auf §§ 3 und 4 FreizügG/EU im Ergebnis nichts anderes. Zwar wird das Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger sowohl gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU als auch gemäß § 3 Abs. 4 FreizügG/EU davon abhängen, dass Krankenversicherungsschutz besteht und ausreichende Existenzmittel verfügbar sind (§ 4 FreizügG/EU). Diese ergänzende Voraussetzung war jedoch seit Mitte 2007 bis zur Einstellung der Unterhaltszahlungen des Ehemanns nach Angaben der Antragstellerin gegeben. Nach Aktenlage bestehen insoweit keine Zweifel. Soweit die Antragstellerin jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Antragsgegner und auch aktuell mittellos ist, kann dies nach Lage des Falls jedenfalls einen sofortigen Leistungsausschluss nicht zur Folge haben. Es ist derzeit nicht abzusehen, wie sich die eheliche Gemeinschaft weiter gestaltet. Überdies verfügt die Antragstellerin jedenfalls über Unterhaltsansprüche gegen ihren Ehemann, unabhängig von der Frage, ob dieser seinen Verpflichtungen nachkommt. Es läge bei anderer Auslegung letztlich in den Händen des Ehemanns, ob der Antragstellerin ein Leistungsanspruch zusteht oder nicht. Dies kann nicht angehen. Ferner fordert § 4 FreizügG/EU lediglich "ausreichende Existenzmittel", ohne sich zur Frage der (aktuellen) Verfügbarkeit zu verhalten. Es ist daher angemessen, einen gewissen zeitlichen Aufschub zur Beurteilung der finanziellen Verhältnisse einzuräumen (vgl. auch Verwaltungsgericht München, Urteil vom 27. September 2007 - M 10 K 06.1564 - [juris]). Insoweit mag es sein, dass die Frage des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu einem späteren Zeitpunkt anders zu beurteilen sein wird. Insoweit ist der Antragstellerin - insbesondere mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 und 4 GG - eine gewisse Übergangsfrist zuzubilligen, die das Gericht jedenfalls bis Ende November 2011 als angemessen ansieht. Der Krankenversicherungsschutz besteht. Daher war der Anspruch gegen den Antragsgegner einstweilen jedenfalls bis Ende November 2011 auszusprechen. Ein weitergehender Anordnungsgrund ist nach Lage des Falls derzeit nicht ersichtlich, da die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse abzuwarten bleibt.
b) Bei der Berechnung des Bedarfs bzw. Anspruchs der Antragstellerin ist einstweilen von der Regelleistung (§ 20 SGB II) i. H. v. 364,00 EUR monatlich auszugehen und diese um anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung wie folgt zu erhöhen:
Die aus dem Mietvertrag ersichtlichen Kosten der Unterkunft sind nur nach Kopfteilen - bei aktueller Wohnsituation zu 50 % - zu berücksichtigen, wobei es auf die Angemessenheitskriterien des Antragsgegners innerhalb der 6-monatigen Frist des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht ankommt. Darüber hinaus geht das Gericht mit Blick auf das in den Sommermonaten nur eingeschränkt erforderliche Heizen für die Monate August 2011 und September 2011 von Heizkosten i. H. v. monatlich 25,00 EUR sowie für die Monate Oktober 2011 und November 2011 i. H. v. 50,00 EUR monatlich aus. Dies widerspricht zwar mit Blick auf die Vereinbarung von monatlichen Abschlägen dem Grundsatz der Fälligkeit, erscheint jedoch mit Blick darauf, dass die Antragstellerin ohnehin eine "unangemessen" große und teure Wohnung bewohnt und nach eigenen Angaben einen schnellstmöglichen Umzug beabsichtigt, nach Lage des Falls als sachangemessen. Mit Blick auf die gesetzlichen Kündigungsfristen für die Wohnung geht das Gericht ohnehin davon aus, dass die Kündigung bis Anfang September 2011 erklärt werden wird, so dass die Verpflichtung zur Mietzahlung Ende November 2011 endet.
Danach ergeben sich Kosten der Unterkunft und Heizung für August 2011 und September 2011 i. H. v. 240,50 EUR (1/2 von 381,00 EUR + 75,00 EUR + 25,00 EUR) sowie für Oktober 2011 und November 2011 i. H. v. 253,00 (1/2 von 381,00 EUR + 75,00 EUR + 50,00 EUR).
Leistungen für den Monat August 2011 sind nur anteilig zu gewähren (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB II).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
III.
Der Antragstellerin war ab Eingang der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 117 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -) bei Gericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne mutwillig zu erscheinen hinreichende Erfolgsaussichten bietet, die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint und die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (§ 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114, 115, 121 ZPO). Eine Bewilligung für den Zeitraum vor Eingang der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse kam mangels Bewilligungsreife des Antrags nicht in Betracht (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Auflage 2003, Rn. 504 f.).
Rechtsmittelbelehrung:
( ...)
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zwei Drittel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.
3. Der Antragstellerin wird für diesen Rechtszug ab Eingang der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Gericht am 4. August 2011 Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt B M beigeordnet.
Gründe:
I.
Die polnische Antragstellerin begehrt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II), während der Antragsgegner von einem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeht.
Die Antragstellerin lebt nach eigenen Angaben seit Mitte 2007 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie reiste gemeinsam mit ihrem Ehemann und dem gemeinsamen, die Schule besuchenden minderjährigen Sohn ein. Sie ist seit dem 1. Juni 2007 in Prenzlau gemeldet und bewohnt auf Grundlage des gemeinsam mit dem Ehemann unterzeichneten Mietvertrags vom 9. Mai 2007 die gemeinsam bezogene Wohnung. Der Ehemann war in der Vergangenheit nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin als Arbeitnehmer jedenfalls seit dem 1. Mai 2009 abhängig beschäftigt und kam bislang für den Unterhalt der Antragstellerin sowie des Sohnes unter Einschluss der Krankenversicherung auf. Nachdem die Eheleute sich wohl schon seit geraumer Zeit in Trennung - auch durch die beruflich bedingte Ortsabwesenheit des Ehemanns - befunden hatten, hat die Antragstellerin nunmehr die Trennung von Tisch und Bett vollzogen und lebt derzeit nur mit dem Sohn in der bisher gemeinsamen Wohnung. Der Ehemann stellte die Unterhaltszahlungen ein.
Die Antragstellerin beantragte am 12. Juli 2011 Leistungen nach dem SGB II, die der Antragsgegner durch Bescheid vom 27. Juli 2011 unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ablehnte. Hiergegen legte die Antragstellerin unter dem 1. August 2011 Widerspruch ein, begehrte am 3. August 2011 den Erlass einer einstweiligen Anordnung und beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe des Regelsatzes sowie der Kosten der Unterkunft und Heizung (531,00 EUR) zu gewähren.
Der Antragsgegner verweist auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II und beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Antragsgegners, die dem Gericht vorlag und Gegenstand der Entscheidungsfindung war, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
1. Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Antragstellerin hat hinreichend geltend gemacht, dass ein Anspruch gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und sie ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Dies ist auch nicht offensichtlich ausgeschlossen.
2. Die einstweilige Anordnung ist grundsätzlich zu erlassen, wenn Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bestehen. Deren Vorliegen ist glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Eine Tatsache ist dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuchs; vgl. auch § 294 ZPO). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden dabei aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System und stehen nicht beziehungslos nebeneinander. Die Anforderungen an den Anordnungsanspruch sind mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund (vgl. insgesamt: Keller, in: Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Lei¬therer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, Rn. 27 ff. zu § 86 b m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben war dem Antrag nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben. In diesem Umfang stehen der Antragstellerin Anordnungsanspruch und grund zur Seite.
a) Der Antragstellerin steht einstweilen ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 3. August 2011 (Eingang des Rechtsschutzantrags bei Gericht) bis 30.November 2011 zu.
Die Antragstellerin ist im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II leistungsberechtigt, was zwischen den Beteiligten außer Streit steht. Bedenken gegen diese Leistungsberechtigung ergeben sich vorliegend aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, greifen jedoch im Ergebnis nicht durch. Anders als der Antragsgegner meint, ergibt sich das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin nicht allein aus § 2 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) mit der Folge eines Leistungsausschlusses. Unabhängig von der antragstellerseitig wohl durchaus beabsichtigten Arbeitssuche kann sich die Antragstellerin eigenständig auf § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU sowie i. V. m. § 3 Abs. 4 FreizügG/EU berufen. Nach den Angaben der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren übt sie derzeit allein die elterliche Sorge des die Schule besuchenden Sohnes aus. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist als Ausnahmeregelung nicht erweiternd dahingehend auszulegen, dass der Leistungsausschluss bereits dann greift, wenn einer von mehreren Aufenthaltsgründen der des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. März 2011 - L 13 AS 52/11 B ER - [juris]). Eine solche Lesart begegnete überdies mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 6 Abs. 1 GG erheblichen Bedenken.
Für das Gericht ergibt sich auch aus der Bezugnahme in § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU auf §§ 3 und 4 FreizügG/EU im Ergebnis nichts anderes. Zwar wird das Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger sowohl gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU als auch gemäß § 3 Abs. 4 FreizügG/EU davon abhängen, dass Krankenversicherungsschutz besteht und ausreichende Existenzmittel verfügbar sind (§ 4 FreizügG/EU). Diese ergänzende Voraussetzung war jedoch seit Mitte 2007 bis zur Einstellung der Unterhaltszahlungen des Ehemanns nach Angaben der Antragstellerin gegeben. Nach Aktenlage bestehen insoweit keine Zweifel. Soweit die Antragstellerin jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Antragsgegner und auch aktuell mittellos ist, kann dies nach Lage des Falls jedenfalls einen sofortigen Leistungsausschluss nicht zur Folge haben. Es ist derzeit nicht abzusehen, wie sich die eheliche Gemeinschaft weiter gestaltet. Überdies verfügt die Antragstellerin jedenfalls über Unterhaltsansprüche gegen ihren Ehemann, unabhängig von der Frage, ob dieser seinen Verpflichtungen nachkommt. Es läge bei anderer Auslegung letztlich in den Händen des Ehemanns, ob der Antragstellerin ein Leistungsanspruch zusteht oder nicht. Dies kann nicht angehen. Ferner fordert § 4 FreizügG/EU lediglich "ausreichende Existenzmittel", ohne sich zur Frage der (aktuellen) Verfügbarkeit zu verhalten. Es ist daher angemessen, einen gewissen zeitlichen Aufschub zur Beurteilung der finanziellen Verhältnisse einzuräumen (vgl. auch Verwaltungsgericht München, Urteil vom 27. September 2007 - M 10 K 06.1564 - [juris]). Insoweit mag es sein, dass die Frage des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu einem späteren Zeitpunkt anders zu beurteilen sein wird. Insoweit ist der Antragstellerin - insbesondere mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 und 4 GG - eine gewisse Übergangsfrist zuzubilligen, die das Gericht jedenfalls bis Ende November 2011 als angemessen ansieht. Der Krankenversicherungsschutz besteht. Daher war der Anspruch gegen den Antragsgegner einstweilen jedenfalls bis Ende November 2011 auszusprechen. Ein weitergehender Anordnungsgrund ist nach Lage des Falls derzeit nicht ersichtlich, da die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse abzuwarten bleibt.
b) Bei der Berechnung des Bedarfs bzw. Anspruchs der Antragstellerin ist einstweilen von der Regelleistung (§ 20 SGB II) i. H. v. 364,00 EUR monatlich auszugehen und diese um anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung wie folgt zu erhöhen:
Die aus dem Mietvertrag ersichtlichen Kosten der Unterkunft sind nur nach Kopfteilen - bei aktueller Wohnsituation zu 50 % - zu berücksichtigen, wobei es auf die Angemessenheitskriterien des Antragsgegners innerhalb der 6-monatigen Frist des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht ankommt. Darüber hinaus geht das Gericht mit Blick auf das in den Sommermonaten nur eingeschränkt erforderliche Heizen für die Monate August 2011 und September 2011 von Heizkosten i. H. v. monatlich 25,00 EUR sowie für die Monate Oktober 2011 und November 2011 i. H. v. 50,00 EUR monatlich aus. Dies widerspricht zwar mit Blick auf die Vereinbarung von monatlichen Abschlägen dem Grundsatz der Fälligkeit, erscheint jedoch mit Blick darauf, dass die Antragstellerin ohnehin eine "unangemessen" große und teure Wohnung bewohnt und nach eigenen Angaben einen schnellstmöglichen Umzug beabsichtigt, nach Lage des Falls als sachangemessen. Mit Blick auf die gesetzlichen Kündigungsfristen für die Wohnung geht das Gericht ohnehin davon aus, dass die Kündigung bis Anfang September 2011 erklärt werden wird, so dass die Verpflichtung zur Mietzahlung Ende November 2011 endet.
Danach ergeben sich Kosten der Unterkunft und Heizung für August 2011 und September 2011 i. H. v. 240,50 EUR (1/2 von 381,00 EUR + 75,00 EUR + 25,00 EUR) sowie für Oktober 2011 und November 2011 i. H. v. 253,00 (1/2 von 381,00 EUR + 75,00 EUR + 50,00 EUR).
Leistungen für den Monat August 2011 sind nur anteilig zu gewähren (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB II).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
III.
Der Antragstellerin war ab Eingang der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 117 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -) bei Gericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne mutwillig zu erscheinen hinreichende Erfolgsaussichten bietet, die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint und die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (§ 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114, 115, 121 ZPO). Eine Bewilligung für den Zeitraum vor Eingang der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse kam mangels Bewilligungsreife des Antrags nicht in Betracht (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Auflage 2003, Rn. 504 f.).
Rechtsmittelbelehrung:
( ...)
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