L 7 AS 4/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 15 AS 99/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 4/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 255/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.12.2007 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 08.02.2008 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind zwischen den Beteiligten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, in welcher Höhe den Klägern Arbeitslosengeld II (Alg2) für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.12.2007 zusteht.

Die am 00.00.1967 geborene Klägerin lebt mit ihrem am 00.00.1997 geborenen Sohn U in einem Haushalt und bildet mit ihm eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II). Die Klägerin hatte zuletzt bis zum 23.12.2004 Arbeitslosengeld bezogen. Am 5.11.2004 beantragte die Klägerin SGB II-Leistungen für sich und ihren Sohn, der seinerzeit die 1. Grundschulklasse mit Offener Ganztagsschule (OGS) - Betreuung besuchte. Bei der Klägerin ist mit Wirkung vom 31.7.2006 ein Grad der Behinderung von 50 mit dem Merkzeichen G und ab 30.8.2007 ein GdB von 60 mit dem Merkzeichen aG sowie nach Angaben der Klägerin ab 21.01.2009 ein GdB von 80 mit dem Merkzeichen aG anerkannt.

Mit Bescheid vom 17.02.2005 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 223,08 EUR monatlich. Der Beklagte stellte unter Einbeziehung des Mehrbedarfs für Alleinerziehung und der tatsächlich anfallenden Kosten der Unterkunft (KdU) von 558 EUR einen Gesamtbedarf von 1151 EUR fest, sie berücksichtigte Ehegattenunterhalt bei der Klägerin in Höhe von 771 EUR sowie bei U Kindesunterhalt in Höhe von 222,92 EUR und Kindergeld von 154 EUR monatlich (insgesamt 1147,92 EUR). Der Zahlbetrag ergab sich unter Berücksichtigung des Arbeitslosengeldzuschlags (Alg-Zuschlag) von 220 EUR monatlich.

Auf dieser Basis bewilligte der Beklagte Leistungen mit Bescheid vom 3.6.2005 für die Zeit vom 1.6.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 223,08 und mit Bescheid vom 30.12.2005 für Dezember 2005 208,24 EUR und für die Zeit vom 1.1. bis 31.5.2006 in Höhe von 124,24 EUR, nachdem sich der Alg-Zuschlag auf 194,34 EUR bzw. 110 EUR verringert hatte. Mit weiterem Bescheid vom 4.5.2006 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.6. bis 30.11.2006 Leistungen in Höhe von 124,24 EUR (Alg-Zuschlag 110 EUR) und mit Bescheid vom 22.12.2006 für Dezember 2006 unter Berücksichtigung einer Einkommensbereinigung von 46,99 EUR und eines Alg-Zuschlags von 84,33 EUR sowie nach Wegfall des Alg-Zuschlags für die Zeit vom 1.1.2007 bis 30.4.2007 in Höhe von 61,23 EUR monatlich.

Erstmalig aktenkundig legte die Klägerin mit Schreiben vom 1.6.2006 Widerspruch gegen den Bescheid vom 4.5.2006 ein. Sie berief sich auf ihre (nicht in den Akten enthaltenen) Widerspruchsbegründungen vom 17.2.2005, 14.3.2005, 3.6.2005 und 10.06.2005.

In einer zusammenfassenden Widerspruchsbegründung machte die Klägerin geltend, der Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden ihr anzurechnendes Einkommen nicht zutreffend berechnet. Ihre Beiträge zur Haftpflicht-, Familien- und Verkehrsrechtsschutz, Hausrats-, Kfz-Haftpflicht- sowie die Unfall- und Zahnbehandlungszusatzversicherung für U seien als angemessene Aufwendungen von ihren Einkünften abzusetzen. Auch die Aufwendungen für die Altersvorsorge müssten ihr anzurechnendes Einkommen in der tatsächlichen Höhe mindern. Ebenfalls seien als Aufwendungen zur Erzielung des Einkommens ihre Fortbildungskosten (Zertifikate über Geprüfte Fachkraft Finanzbuchführung sowie Lohn- und Gehaltgrundlagen) und die entstandenen Kinderbetreuungskosten (Fahrkosten zur Ergotherapie, Kinderpsychologin und Elterngespräche) zu berücksichtigen. Der Alg-Zuschlag für Dezember 2005 betrage 220 und nicht 194 EUR, außerdem könne sie wegen der bei ihr bestehenden Behinderung einen Mehrbedarf aus gesundheitlichen Gründen beanspruchen.

Der Beklagte stellte bei der Abhilfeprüfung fest, dass bis auf den Bescheid vom 22.12.2006 die Versicherungspauschale iHv 30 EUR für das bei der Klägerin vorhandene Unterhaltseinkommen keine Berücksichtigung gefunden hatte. Zusätzlich erkannte er bei der Klägerin Kfz-Haftpflichtbeiträge iHv 16,99 EUR monatlich für das Jahr 2005 und 18,43 EUR monatlich für das Jahr 2006 sowie die Unfall- und Zahnzusatzversicherung für den Kläger zu 2) als Abzugsposten an.

Auf dieser Grundlage erteilte der Beklagte für die jeweiligen Bewilligungsabschnitte Änderungsbescheide vom 11.05.2007:

1.1.2005 bis 31.05.2005 280,60 EUR monatlich
1.6.2005 bis 31.10.2005 280,60 EUR monatlich
1.11.2005 bis 30.11.2005 291,76 EUR (höhere KdU)
1.12.2005 bis 31.12.2005 265,76 EUR monatlich
1.1.2006 bis 31.5.2006 183,48 EUR monatlich
1.6.2006 bis 30.11.2006 183,48 EUR monatlich
1.12.2006 bis 31.12.2006 157,81 EUR monatlich
1.1.2007 bis 31.1.2007 73,48 EUR monatlich

Für den Monat Februar 2007 half der Beklagte dem Widerspruch ebenfalls in Höhe von 59,24 EUR ab; dieser Betrag wurde mit einer Rückforderung aufgrund eines entstandenen Nebenkostenguthabens verrechnet (vgl VA I/Bl. 157). 1.3.2007 bis 30.4.2007 71,68 EUR monatlich

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.5.2007 wies der Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 17.2.2005, 3.6.2005, 30.12.2006 (gemeint offenbar 2005) 4.5.2006 und 23.11.2006 (gemeint offenbar 22.12.2006) in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11.5.2007 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus:

Ein über den mit den Änderungsbescheiden getroffenen Regelung hinausgehender Abzug vom Einkommen der Kläger sei nach den Regelungen des SGB II iVm Alg II - VO nicht möglich.

Die Beiträge für private Versicherungen der Hausrats-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung seien mit dem Pauschbetrag in Höhe von 30 EUR berücksichtigt. Auch auf Nachweis könnten nach den gesetzlichen Regelungen keine höheren Beiträge berücksichtigt werden.

Die Rentenversicherungsbeiträge könnten nicht berücksichtigt werden, da es sich nicht um geförderte Altersvorsorgebeiträge gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II handele. Eine Berücksichtigung nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) scheitere, weil die Klägerin nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Die geltend gemachten Fahrt-, Betreuungs- und Fortbildungskosten seien keine Aufwendungen iSd § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II, weil sie nicht aufzubringen seien, um ihr Einkommen aus Unterhaltsleistungen zu erzielen. Der Alg-Zuschlag sei zutreffend berechnet. Die 2-Jahresfrist beginne unmittelbar nach dem Ende des Arbeitslosengeld-Bezugs (hier 24.12.2004) und laufe kalendermäßig ab (hier 23.12.2006). Im zweiten Jahr vom 24.12.2005 bis 23.12.2006 bestehe ein Anspruch auf 50 vom Hundert des vollen Zuschlags, der im ersten Jahr auf höchstens 160 EUR bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und 60 EUR für das im Haushalt lebende Kind begrenzt sei (§ 24 Abs. 3 Nr. 1 und 3 SGB II a. F.) Danach errechne sich der Alg-Zuschlag für Dezember 2005 wie folgt:

1.12.2005 bis 23.12.2005 23 Tage 220 EUR x 23/30 168,67 EUR
24.12.2005 bis 31.12.2005 7 Tage 110 EUR x 7/30 25,67 EUR
Summe 194,34 EUR

Ein Mehrbedarf wegen Behinderung stehe der Klägerin nicht zu. Voraussetzung gemäß § 21 Abs. 4 SGB II sei, dass nicht nur eine Behinderung vorliege, sondern auch tatsächlich Eingliederungsleistungen iSd § 33 SGB IX erbracht würden. Solche Leistungen habe die Klägerin nicht erhalten.

Hiergegen hat die Klägerin am 12.6.2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben (S 15 AS 99/07).

Mit Bescheid vom 11.5.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1.5.2007 bis 31.10.2007 SGB II - Leistungen in Höhe von 71,68 EUR monatlich. Mit dem hiergegen am 22.5.2007 erhobenen Widerspruch begehrte die Klägerin die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Schwerbehinderung mit dem Merkmal G. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.6.2007 wies der Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung der entsprechenden Begründung im Widerspruchsbescheid vom 16.5.2007 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.6.2007 Klage bei dem SG Köln erhoben (S 15 AS 103/07). Das SG hat beide Klagen unter dem Aktenzeichen S 15 AS 99/07 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Beschluss vom 8.10.2007).

Die Klägerin hat ergänzend zu ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren vorgetragen, sie beanspruche neben dem Mehrbedarf wegen Behinderung die Berücksichtigung eines Anrechnungsfreibetrages wegen Behinderung ab 31.7.2006. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - 5 C 8/02 - seien Beiträge zur Familienversicherung, wozu insbesondere Hausrats- und Haftpflichtversicherungen zählten, als Abzugsposten zu berücksichtigen. Wegen laufender Prozesse, die sie seit 2003 führen müsse, sei auch eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll. Pauschal seien beiden Klägern jeweils 30 EUR Pauschale zubilligen. Rentenvorsorgebeträge ohne Riestercharakter dürften nicht von vornherein als Abzugsposten ausgeschlossen werden. Es sei entscheidend auf den Altersvorsorgecharakter der Beiträge bzw. Versicherung abzustellen. Ebenfalls seien Betreuungskosten und Fortbildungskosten einkommensmindernd zu berücksichtigen. Letztere seien auch im Hinblick auf ihre Behinderung zu übernehmen, um eine berufliche Eingliederung zu erreichen. Außerdem stünden die Aufwendungen mit der Erzielung von Einkommen in Zusammenhang. Die Betreuungskosten seien notwendig gewesen, weil für U wegen einer ADHS - Erkrankung eine Rückversetzung von der 4. in die 3. Klasse beantragt worden sei. Allgemein gelte, dass ein alleinerziehender Hilfebedürftiger mit Kind nur arbeiten könne, wenn sein Kind betreut werde, und zwar unabhängig davon, ob der Hilfebedürftige arbeite oder nicht.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 17.5.2005 und 3.6.2005, 30.12.2005, 4.5.2006 und 22.12.2006, diese jeweils in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11.5.2007 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.5.2007 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 11.5.2007 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2007 zu verurteilen, den Klägern höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, eine über die Teilstattgabe ihres Widerspruchs hinausgehende Berücksichtigung von Belastungen bei der Einkommensanrechnung komme nach den gesetzlichen Regelungen nicht in Betracht. Er hält seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid für zutreffend.

Die Klägerin hat im Einzelnen folgende Belastungen belegt:

1.Versicherungsschein I Rentenversicherung monatliche Rente 139,60 wahlweise Kapitalabfindung 32.410,20 EUR Beginn der Rentenzahlung 1.6.2030, Beginn der Versicherung 1.6.2003 mit monatlicher Beitragszahlung von 71,90 EUR monatlich

2.Privathaftpflichtversicherung I-D 89,55 EUR jährlich

3.Hausratsversicherung I-D 81,31 EUR (2005) bzw. 83,38 EUR (2006) jährlich

4.Rechtsschutzversicherung I-D 191,05 EUR (2005, 2006) bzw. 194,87 EUR (2007)

5.Beiträge offene Ganztagsschule 8/05 bis 11/05 100 EUR, ab 12/05 40 EUR monatlich

Die Klägerin hat weiter ärztliche und psychologische Bescheinigungen über die Behandlungsnotwendigkeit einer ADHS-Erkrankung bei dem Kläger zu 2) vorgelegt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.12.2007 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das am 8.1.2008 zugestellte Urteil haben die Kläger am 10.1.2008 Berufung eingelegt. Mit Bescheid vom 8.2.2008 hat der Beklagte aufgrund eines Überprüfungsantrags der Klägerin vom 8.1.2008 eine Korrektur der für den Zeitraum von 2005 bis 2007 ergangenen Bescheide abgelehnt. Die Klägerin hat im Verhandlungstermin vor dem Senat erklärt, dass ein höherer Arbeitslosengeldzuschlag und die Erstattung von im Zusammenhang mit Therapiemaßnahmen entstandenen Fahrtkosten des Klägers zu 2) nicht mehr geltend gemacht würden.

Die Kläger halten das angefochtene Urteil für rechtswidrig. Sie sind der Ansicht, die Berücksichtigung der Rentenvorsorgebeiträge sei nicht auf sog. Riesterversicherungen beschränkt. Die Erzielung einer angemessenen Altersvorsorge sei, wie auch die Bundesagentur (BA) in ihrer Dienstanweisung (DA 11.25) einräume, das entscheidende Kriterium. Insoweit sei eine Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 33 Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) geboten.

Auch Betreuungskosten seien nach DA 11.29 einkommensmindernd zu berücksichtigen. Hier sei auch von Bedeutung, dass die Betreuung erzieherisch-pädagogisch notwendig aber auch Voraussetzung für Bewerbungsmöglichkeiten sei. Der Förderbeitrag von 40 EUR ergebe sich aus der Notwendigkeit, wegen der ADHS-Erkrankung eine pädagogisch geleitete Ganztagsbetreuung zu besuchen. Sie begehre nicht die Erstattung der Beiträge sondern lediglich ihre einkommensmindernde Berücksichtigung.

Bei den Fortbildungskosten habe es sich um aufeinander aufbauende Maßnahmen gehandelt, die einer Höherqualifizierung ihrer vorhandenen Grundausbildung gedient hätten. Da sich ihr geschiedener Ehemann bereits gerichtlich um eine Unterhaltsreduzierung bemühe, sei sie in einem besonderen Maße darauf angewiesen, ihre berufliche Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern.

Mehrbedarf wegen Behinderung sei ihr auch nach dem SGB II zuzusprechen, da sie Eingliederungshilfen gemäß § 31 Sozialgesetzbuch 9. Buch (SGB IX) erhalte. Sie sei seit 2002 auf Gehhilfen und seit 2006 auf einen Rollator angewiesen. Zudem resultiere aus der Behinderung ein Mehrbedarf zur Aufrechterhaltung der Teilhabe am Leben. Neben Kfz-Kosten fielen höhere Bekleidungskosten ins Gewicht, da sie 10 - 20 Stürze/Tag erleide.

Sie ist der Ansicht, die Berücksichtigung von Versicherungspauschalen sei nicht von der Voll- oder Minderjährigkeit des Hilfebedürftigen abhängig. Stromkosten, soweit sie über den Ansatz in der Regelleistung hinausgingen (hier 21,74 EUR monatlich), seien ebenfalls einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Insgesamt sei zu berücksichtigen, dass der bei ihr bestehende Belastungsrahmen bereits vor Inkrafttreten des SGB II bestanden habe und die ab 2005 geltende Grundsicherung verfassungswidrig ausgestaltet gewesen sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.12.2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, die Bescheide vom 17.5.2005 und 3.6.2005, 30.12.2005, 4.5.2006 und 22.12.2006, diese jeweils in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11.5.2007 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.5.2007 sowie den Bescheid vom 11.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2007 sowie den Überprüfungsbescheid vom 8.2.2008 zu ändern und den Klägern höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II von Januar 2005 bis 31.12.2007 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Überprüfungsbescheid vom 8.2.2008 abzuweisen.

Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt der Beklagte vor, einer Berücksichtigung der geltend gemachten Fahrt- und Betreuungskosten stehe entgegen, dass diese nicht im Zusammenhang mit der Erzielung des Unterhaltseinkommens stehen würden.

In einem am 14.8.2008 durchgeführten Erörterungstermin hat die Klägerin erklärt, U habe ADHS, die kinderpsychologisch behandelt worden sei. Die Kosten der reinen Behandlung habe die Krankenkasse übernommen. Aufgrund der Erkrankung an ADHS sei es erforderlich, dass U in der offenen Ganztagssschule von einer pädagogischen und nicht von einer ungelernten Kraft betreut werde. Dadurch seien die höheren Beitragskosten von 40 EUR erforderlich geworden. Sofern U infolge der krankheitsbedingten Schwierigkeiten nicht die Schwierigkeiten mit den Hausarbeiten gehabt habe, hätte sie ihn zu Hause lernen lassen. Hinsichtlich der Altersvorsorgebeiträge sei ein Abzug gerechtfertigt, weil jetzt schon abzusehen sei, dass sie im Alter von Sozialhilfe leben müsse.

Die Klägerin hat Berichte über die Behandlung von U sowie eine Zusammenstellung ihrer Stromkosten vom 1.1.2005 bis 31.12.2007 vorgelegt.

Weiter hat die Klägerin ein Schreiben der I H vom 27.11.2008 vorgelegt, in dem bestätigt wird, dass bei der Versicherung Versicherungsschein-Nr. 000 nach den geltenden Versicherungsbedingungen der § 82 Altervorsorgebeiträge zum Zuge kommen.

Auf Anforderung des Senats hat das Versicherungsunternehmen eine Kopie des Versicherungsscheins der vorgenannten Versicherung mit den dazugehörigen Versicherungsbedingungen übersandt und ergänzend auf Anfrage des Senats am 9.12.2009 mitgeteilt, bei der abgeschlossenen Versicherung handele es sich um eine private Rentenversicherung und keinen "Riestervertrag".

Der Senat hat bei der Bundesstadt C angefragt, ob eine Übernahme der Betreuungsbeiträge für die OGS-Betreuung des Klägers zu 2) nach §§ 27, 35a Sozialgesetzbuch 8. Buch (SGB VIII) in dem hier streitigen Zeitraum geprüft und rechtsbehelfsfähig beschieden worden sei. Auf den Inhalt der Auskunft der Bundesstadt C - Amt für Kinder, Jugend und Familie - vom 31.05.2011 wird verwiesen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass die Kosten der Unterkunft (und Heizung) in dem streitigen Zeitraum in der tatsächlich entstandenen Höhe gezahlt worden sind. Die Klägerin hat zur Erläuterung ihres Begehrens im Verhandlungstermin erklärt, das Ziel des Überprüfungsantrags gehe dahin, einen Mehrbedarf für die Stromkosten zu erhalten, soweit die tatsächlich entstandenen Stromkosten über den hierfür in der Regelleistung enthaltenen Ansatz hinausgingen. Sie hat auf Befragen weiter erklärt, bei ihrem PKW seien wegen der bei ihr bestehenden Behinderungen umfangreiche Veränderungen notwendig. Sie sei darauf angewiesen, dass ein Rollstuhl mitgeführt werden könne und eine Automatikschaltung eingebaut sei. Tatsächliche Förderungsleistungen zur Benutzung des PKW habe sie bislang nicht erhalten. Ihr Begehren gehe dahin, diese Veränderungern über einen zuerkannten Mehrbedarf finanzieren zu können. Sie sei wegen ihrer Behinderungen stärker als andere Personen darauf angewiesen, zur Erhaltung ihrer Mobilität und ihrer Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt ihren PKW einsetzen zu können. Auf die Frage, ob sie den mit den behinderungsbedingten Stürzen verbundenen Schaden an ihrer Bekleidung und anderen Gegenständen näher beschreiben und beziffern kann, hat die Klägerin erklärt, sturzbedingt sähen ihre Kniebereiche an den Hosen schnell so aus, dass sie durchlöchert seien. Auch gingen Dinge kaputt, die sie bei Stürzen in der Hand trage. Sie schätze, dass über das Jahr gesehen ein sturzbedingter Schaden von etwa unter 150 Euro auftrete.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung und die im Berufungsverfahren erhobene Klage gegen den Überprüfungsbescheid vom 8.2.2008 sind unbegründet.

Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig. Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Berufungsverfahren unzulässigen Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen (vgl. BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R). I. Streitgegenstand der Berufung sind die Bescheide des Beklagen über den Leistungszeitraum von Januar 2005 bis Oktober 2007. Hierüber liegen die im Tatbestand angeführten Bewilligungs- Änderungs- und Widerspruchsbescheide vor, die Gegenstand der erstinstanzlichen Überprüfung gewesen sind. Mit dem Überprüfungsbescheid vom 8.2.2008 hat der Beklagte über den mit Bescheid vom 11.5.2007 bewilligten Abschnitt von Mai 2007 bis Oktober 2007 hinaus den Zeitraum bis Ende 2007 überprüft. Dieser Bescheid ist gemäß §§ 153, 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden. Über diese im Berufungsverfahren zusätzlich erhobene Klage entscheidet das Landessozialgericht (LSG) grundsätzlich als erste Instanz.

Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässig auf den Leistungsanspruch ohne KdU und Heizung begrenzt. Insoweit haben die Beteiligten im Verhandlungstermin klargestellt, dass im streitigen Zeitraum die entsprechenden Kosten in tatsächlicher Höhe gewährt worden sind. Darüber hinausgehende Ansprüche, die im Zusammenhang mit Kosten für Unterkunft und Heizung stehen, machen die Kläger nicht geltend.

Zu Recht ist das Sozialgericht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen, denn der Beklagte hat ungeachtet der Frage, ob die Kläger gegen alle erlassenen Bewilligungsbescheide fristgerecht Widerspruch eingelegt haben, mit den Änderungsbescheiden vom 11.5.2011 und dem Widerspruchsbescheid vom 16.5.2007 erneute Entscheidungen zur Sache getroffen, die den Zeitraum ab 1.1.2005 betreffen und damit die volle gerichtliche Überprüfung eröffnet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Den Klägern stehen höhere Leistungen in dem streitigen Zeitraum nicht zu.

Dem Grunde nach fallen die Kläger unter den Regelungsbereich des SGB II. Die Klägerin lebt mit ihrem minderjährigen Sohn in einem Haushalt, die Klägerin hat das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet, ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes und ist auch erwerbsfähig (vgl. § 7 Abs.1, Abs. 3 SGB II). Ihre Erwerbsfähigkeit ist zwischen den Beteiligten erst nach dem hier streitigen Zeitraum streitig geworden. Für den Zeitraum bis Ende 2007 hat der Senat keine Zweifel, dass die Klägerin noch erwerbsfähig iSd § 8 Abs. 1 SGB II gewesen ist. Sie hat noch 2006 und 2007 berufliche Qualifizierungszertifikate bezüglich der Fachbereiche Finanzbuchführung (27.6.2006) und Lohn- und Gehaltgrundlagen (30.1.2007) erworben. Es besteht keine Veranlassung, ihre Fähigkeit zur Verrichtung einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes von mindestens 3 Stunden täglich im Hinblick auf die im Tatbestand dargelegte fortschreitende Gehbehinderung rückwirkend in Zweifel zu ziehen. Deswegen war sie 2007 jedenfalls noch nicht gehindert, die üblichen Arbeitswege zurückzulegen. Die Klägerin hatte sich die erforderliche Mobilität, worauf sie immer hingewiesen hat, durch die Nutzung eines PKW erhalten.

Der Beklagte hat die Bedarfe der Kläger (II.) und das im Rahmen der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigende Einkommen (III.) zutreffend berücksichtigt.

II.Bedarfe der Kläger

1.Klägerin

Ausgehend von der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II (hier in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) für einen Alleinstehenden in Höhe von 345 EUR monatlich für die Zeit bis 30.6.2007 und der erstmaligen Erhöhung zum 1.7.2007 auf 347 EUR (Bekanntmachung vom 18.6.2007 BGBl I 1139), einem Mehrbedarf für Alleinerziehung bei einem Kind ab 7 Jahren gemäß § 20 Abs. 3 SGB II in Höhe von 12 vom Hundert der vorgenannten Regelleistung (41 EUR bzw. 42 EUR) und des (bis 31.12.2010 existierenden) befristeten Arbeitslosengeldzuschlages gem. § 24 SGB II in Höhe von 220 EUR für das erste und 110 EUR für das 2. Jahr nach Beendigung des Arbeitslosengeldbezuges sind weitere Bedarfe nicht zu berücksichtigen. Insbesondere stehen der Klägerin ein Stromverbrauchs-Mehrbedarf sowie behinderungsbedingte Mehr- oder Sonderbedarfe nicht zu.

Die Kläger haben daher keinen Anspruch auf Erhöhung der Leistungen um die in der Regelleistung enthaltenen Ansätze für Haushaltsstrom übersteigenden tatsächlich entstandenen Aufwendungen für Haushaltsstrom. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung vom 20.7.2006 - BGBl. I, 1706 - umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts auch Aufwendungen für Haushaltsenergie. Mit der Ergänzung des § 20 Abs. 1 SGB II um den Bedarf "Haushaltsenergie" ist keine inhaltliche Änderung des Umfangs der Regelleistung erfolgt - die Ergänzung ist lediglich zur Klarstellung vorgenommen worden, so dass auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung ab 1.8.2006 höhere individuelle Stromkosten nicht nach dem SGB II zu erbringen sind (BSG 19.02.2009 - B 4 AS 48/08 R).

Die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII erbracht werden, einen Mehrbedarf von 35 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen insofern, als sie - jedenfalls in dem hier streitigen Zeitraum - zum Kreis der erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen gehört. Sie hat aber weder Teilhabeleistungen im Sinne des § 33 SGB IX noch Eingliederungshilfen Leistungen nach § 54 SGB XII in dem hier streitigen Zeitraum erhalten.

Gemäß § 33 Abs1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.

Die Leistungen umfassen insbesondere (Abs. 3)

1.Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich vermittlungsunterstützende Leistungen,

2.Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung,

2a. individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen Unterstützter Beschäftigung,

3. berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen,

4.berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden,

5.Gründungszuschuss entsprechend § 57 des Dritten Buches durch die Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 5,

6. sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten.

Die Leistungen umfassen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere

1. Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung,

2. Aktivierung von Selbsthilfepotentialen,

3. mit Zustimmung der Leistungsberechtigten Information und Beratung von Partnern und Angehörigen sowie von Vorgesetzten und Kollegen,

4. Vermittlung von Kontakten zu örtlichen Selbsthilfe- und Beratungsmöglichkeiten,

5. Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen,

6. Training lebenspraktischer Fähigkeiten,

7. Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,

8. Beteiligung von Integrationsfachdiensten im Rahmen ihrer Aufgabenstellung (Abs. 6).

Leistungen nach Absatz 3 Nr. 1 und 6 umfassen u.a. auch (Abs. 8) 1. Kraftfahrzeughilfe nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung,

4. Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufs- ausübung, zur Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz und am Ar- beitsplatz erforderlich sind, es sei denn, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht oder solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können.

Die Angewiesenheit der Klägerin auf einen PKW und einen Rollator erfüllen die hier allein in Betracht zu ziehenden Voraussetzungen nach § 33 Abs. 8 SGB IX nicht.

Die Klägerin hat im Verhandlungstermin erklärt, dass ihr bei der Anschaffung bzw. Ausstattung ihres PKW keine Kfz-Hilfen gewährt worden sind. Der (offenbar mit Mitteln der Krankenversicherung) erworbene Rollator scheidet als eine Leistung im vorgenannten Sinne aus, weil er im Hilfsmittel-Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten ist und daher als medizinische Leistung erbracht werden kann. Orthopädische Hilfsmittel sind zudem Teil der in §§ 26 ff, 31 SGB IX angeführten Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation, die in die Verweisungskette in § 21 Abs. 4 SGB II nicht aufgenommen worden sind. Solche Hilfen, die nicht als berufsbezogene, das Arbeitsleben betreffende Eingliederungsmaßnahmen erbracht werden, stellen keine sonstigen Hilfen iSd § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II dar (BSG vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R).

Leistungen nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII hat die Klägerin offenkundig nicht erhalten.

Die Klägerin hat wegen ihrer Schwer- und (außergewöhnlichen) Gehbehinderung auch keinen Anspruch auf Mehrbedarf in entsprechender Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II bzw § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII. Diese Vorschriften beschränken ihre Gültigkeit auf nicht erwerbsfähige Personen. Eine Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten auf dem Wege eines Analogieschlusses ist höchstrichterlich abgelehnt und ein Verstoß wegen der unterschiedlichen Behandlung von erwerbsfähigen und erwerbsunfähigen Hilfebedürftigen gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verneint worden (BSG vom 21.12.2009 - B 14 AS 42/08 R - und vom 18.02.2010 - B 4 AS 29/09 R -).

Schließlich führt der von der Klägerin geschilderte bekleidungsbedingte Mehrbedarf, der auf den erhöhten Hosenverschleiß als Folge der bei ihr bestehenden behinderungsbedingten Sturzanfälligkeit zurückzuführen ist, nicht zu einem Anspruch aus § 73 SGB XII. Danach können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Erforderlich ist eine sogenannte atypische Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in §§ 47 bis 74 geregelten Bedarfslagen aufweist. Eine solche Bedarfslage ist, insoweit der bei der Klägerin bestehenden Situation durchaus vergleichbar, z. B. anerkannt, sofern bei einer sog. C-leg-Versorgung ein erhöhter Wäscheverschleiß entsteht (BSG vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R). Die von der Klägerin vorgetragene Bedarfserhöhung von höchstens 160 EUR jährlich hält sich aber noch in dem Rahmen, der von der Regelleistung abzudecken ist. Es kann dahinstehen, wo die noch unerhebliche Bagetellgrenze genau zu ziehen ist. Eine monatliche Mehrbelastung von knapp 14 EUR überschreitet die Bagatellgrenze nach der Ansicht des Senats noch nicht. Das BSG hat bei regelmäßig anfallenden Kosten von 20,45 EUR die Bagatellgrenze als überschritten angesehen (BSG Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 13/10 R), es gibt aber auch Überlegungen, die Grenze bei 10 % der Regelleistung zu ziehen (Düring in Gagel, Kommentar zum SGB II, § 21 Rn. 47). Einer Beiladung des Sozialhilfeträgers bedurfte es daher nicht.

Die Klägerin kann einen höheren Anspruch auch nicht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 09.02.2010 herleiten ( 1 BvL 1/09 u.a.). Das BverfG hat zwar die Unvereinbarkeit der Regelleistungen nach dem SGB II mit dem Grundgesetz festgestellt aber ausdrücklich angeordnet, dass (erst) ab 01.01.2011 eine gesetzliche Neuregelung nach den Vorgaben des BVerfG zu erfolgen hat und damit keine Pflicht zur rückwirkenden Neuregelung begründet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der vom BVerfG in der vorgenannten Entscheidung entwickelten Härteklausel für die Fälle eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfes. Es kann dahinstehen, ob der vorliegende Sachverhalt die tatsächlichen Voraussetzungen eines Härtefalles erfüllt, denn eine Geltung für Zeiträume vor dem 09.02.2010 ist nicht angeordnet worden ist (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2010 - 1 BvR 395/09 - entgegen BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 29/09 R).

2. Bedarf des Klägers zu 2)

Ausgehend von der Regelung des Sozialgeldes nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB II (hier in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954), wonach die Regelleistung bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert der nach § 20 Abs. 2 Satz1 maßgebenden Regelleistung beträgt, ist der monatliche Bedarf mit 207 EUR für die Zeit bis 30.6.2007 und 208 EUR ab der erstmaligen Erhöhung der Regelleistung zum 1.7.2007 zutreffend festgesetzt worden. Auch die verfassungsrechtlich beanstandete Bemessung des Sozialgeldes für Kinder bis 14 Jahren mit 60 % der Regelleistung für einen alleinstehenden Erwachsenen führt nicht zur rückwirkenden, den Streitgegenstand dieses Verfahrens beeinflussenden Verbesserung. Auf die oben dargestellten Regelungen der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 wird verwiesen.

Die dargelegten erhöhten Aufwendungen im Zusammenhang mit der ADHS - Erkrankung des Klägers (Beiträge OGS, Fahrtkosten zur Therapie) führen nicht zu einer berücksichtigungsfähigen Bedarfserhöhung. Dabei kann dahinstehen, ob im Hinblick auf die Nachrangigkeit der Grundsicherung bezüglich der OGS-Beiträge möglicherweise vorrangig Erziehungshilfen der Jugendhilfe nach §§ 27, 35a SGB VII in Betracht kommen. Die Kläger haben, nachdem ihnen die Anfrage an das Jugendamt zur Kenntnis gebracht wurde, ausdrücklich klargestellt, dass sie nicht die Übernahme der Betreuungskosten sondern lediglich deren einkommensbereinigende Berücksichtigung beim Einkommen begehren.

Die Berücksichtigung von Fahrtkosten zur Therapie machen die Kläger nach der ausdrücklichen Erklärung im Verhandlungstermin in diesem Verfahren nicht mehr geltend.

III. Einkommensanrechnung

Dem Bedarf ist das Einkommen der Kläger entgegenzustellen, das sich in gleichbleibender Höhe aus Unterhaltsleistungen in Höhe von 771 bei der Klägerin und in Höhe von 222,92 EUR monatlich bei dem Kläger sowie Kindergeld für den Kläger in Höhe von 154 EUR monatlich zusammengesetzt hat.

1.Einkommen der Klägerin

Der Beklagte hat mit den Änderungsbescheiden die nach § 3 Alg II-V in den bis zum 31.12.2007 geltenden Fassungen zu berücksichtigende Versicherungspauschale iHv monatlich 30 EUR und die Kfz-Haftpflichtbeiträge iHv 16,99 EUR monatlich vom Unterhaltseinkommen in Abzug gebracht. Die Nichteinbeziehung der Kfz-Haftpflichtbeiträge in den Pauschbetrag von 30 EUR steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R). Danach ist die Höhe der Festsetzung einer Pauschale für private Versicherungen iHv 30 EUR nicht zu beanstanden, wenn davon ausgegangen wird, dass von der Pauschale nicht die Beiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen privaten Versicherungen erfasst sind, die nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II gesondert vom Einkommen absetzbar sind und hierzu auch die Beiträge zu einer Kfz-Haftpflichtversicherung zählen.

Demgegenüber sind die Voraussetzungen für eine Absetzung der Beiträge zur privaten Rentenversicherung nach § 11 Abs. 2 Nr. 3b bzw. Nr. 4 SGB II nicht erfüllt.

Nach Nr. 3b ist Voraussetzung für eine Absetzbarkeit, dass es sich um Beiträge zur Altersvorsorge von Personen handelt, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind.

Die Klägerin ist nicht von der Rentenversicherungspflicht befreit.

Nach Nr. 4 sind vom Einkommen geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abzusetzen.

§ 82 Abs 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in dem hier in Betracht zu ziehenden Abs. 1 Satz 1 lautet:

Geförderte Altersvorsorgebeiträge sind im Rahmen der in § 10a genannten Grenzen

1. Beiträge,

2. Tilgungsleistungen, die der Zulageberechtigte (§ 79) bis zum Beginn der Auszahlungsphase zugunsten eines auf seinen Namen lautenden Vertrags leistet, der nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist (Altersvorsorgevertrag).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beitragsberücksichtigung auf reine Riesterbeiträge beschränkt bleibt (vgl. BSG zur vergleichbaren Problematik bei der Vermögensanrechnung gem § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 68/06). Erforderlich ist insoweit nach geltendem Recht zumindest, dass der Sicherung ein nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) vom 26. Juni 2001, BGBl I 1310, 1322) durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierter Altersvorsorgevertrag zu Grunde liegt. Das ist hier nicht der Fall. Bei dem von der Klägerin abgeschlossenen Vertrag handelt es sich um eine private Kapital-Rentenversicherung, die der Versicherungsnehmer, dies folgt aus dem Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Versicherungsunterlagen, nach vertraglich zugesicherten Rückkaufwerten vorzeitig in Anspruch nehmen kann.

Das BSG hat zwar den Anwendungsbereich der vom Einkommen absetzbaren Altersvorsorge jüngst auf die Beiträge zu einer betrieblichen Altersvorsorge erweitert (BSG 9.11.2010 - B 4 AS 7/10 R) und dabei durchaus iSd Begehrens der Klägerin anerkannt, dass Alterssicherung innerhalb des SGB II eine Zielsetzung ist, die dem Grunde nach auch einem SGB II-Leistungsbezieher zugebilligt wird. Entscheidend für die Erweiterung war aber, dass die Ausrichtung der Systeme der ergänzenden Alterssicherung nach der betrieblichen Altersversorgung und nach § 10a EStG keine gravierenden Unterschiede aufweist.

Die Privilegierung des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens gegenüber anderen Anlageformen wie einer Kapitallebensversicherung stellt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung iSd Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar. Sie setzt vor allem voraus, dass die Bestimmung von Vermögenswerten zur Alterssicherung vom Inhaber nicht, wie hier, ohne weiteres geändert werden kann (vgl. BSG Urteil vom 15.4.2008 am angeführten Ort). Die Klägerin begehrt weiter eine Absetzbarkeit ihrer Fortbildungs- und Betreuungsaufwendungen für U im Rahmen der sog. "Werbungskostenregelung" gem. § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II iVm § 3 Alg II-V i.d.F. vom 20.10.2004 bis 31.12.2007). Nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II sind vom Einkommen die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Auslagen abzusetzen. § 3 Abs. 1 Nr. 3 AlgII-V in den hier maßgebenden Fassungen sah hierfür u.a. einen Absetz-Pauschbetrag von dem Einkommen Erwerbstätiger in Höhe von einem Sechzigstel der steuerrrechtlichen Werbungskostenpauschale (§ 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG) als mit der Erzielung verbundene notwendige Ausgaben vor, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist.

Hier fehlt es an der erforderlichen inhaltlichen Verbindung der geltend gemachten Aufwendungen zu der Einkommensart "Unterhalt".

Wie eng die Verbundenheit zwischen Einkommen und Auslagen sein muss, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht ganz einheitlich beurteilt (vgl. Brühl in Lehr- und Praxiskommentar (LPK) § 11 Abs. 2 Nr. 5 mwN). Nach dem LSG Berlin-Brandenburg L 25 B 2043/08 AS ER reicht eine mittelbare Kausalität aus. Einigkeit besteht aber insoweit, dass bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens nach § 11 Abs.2 Nr. 5 SGB II die notwendigen Ausgaben für jede festgestellte Einkommensart gesondert festzustellen sind (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. März 2007 - L 7 AS 134/06 - und LSG Berlin-Brandenburg 06.03.2008 - L 28 AS 1276/07). Nach dem letztgenannten Urteil ist insoweit der Begriff der "notwendigen Ausgaben" nicht mit dem steuerrechtlichen Begriff der "Werbungskosten" gleichzusetzen. Eine Ausgabe ist mit der Erzielung von Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II deshalb schon dann "verbunden", wenn der Zweck der Ausgabe zu diesem Einkommen in Beziehung steht. Dafür ist nicht eine Unmittelbarkeit in dem Sinne erforderlich, dass die Erzielung von Einkommen ohne die Ausgabe undenkbar wäre. Im selben Sinne ist auch der Begriff der "Notwendigkeit" der Ausgabe im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II zu verstehen, so dass es genügt, wenn die Ausgabe einen "Nutzen" für die Einkommenserzielung aufweist. Diese mindestens erforderliche Verknüpfung ist hier zwischen den Aufwendungen für Fortbildung und Betreuung nicht erkennbar.

In diesem Sinne hat das BSG zu den Betreuungskosten entschieden, dass solche Aufwendungen zwar grundsätzlich von dem zu berücksichtigenden Einkommen in Absatz gebracht werden können. Eine Absetzung als "Werbungskosten" kann danach nur dann erfolgen, wenn die Betreuungsaufwendungen im Sinne einer finalen Verknüpfung infolge der Erwerbstätigkeit entstanden sind (BSG 9.11.2010 - B 4 AS 7/10 R). Zur Erzielung des Unterhaltseinkommens war die Betreuung von U in der OGS nicht erforderlich. Nach der Argumentation der Klägerin auch nicht, um ihr entsprechend der finalen Ausrichtung des SGB II einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen. Maßgebend für die Betreuung waren Verhaltensauffälligkeiten von U infolge seiner ADHS - Erkrankung, die eine pädagogisch geschulte Betreuung notwendig machte.

2.Einkommen des Klägers (U)

Von dem Unterhalts- und Kindergeldeinkommen ist der (gegenüber den tatsächlich anerkannten Versicherungsbeiträgen höhere) Pauschbetrag für private Versicherungen nicht in Abzug zu bringen ist. In dem hier streitigen Zeitraum regelte § 3 Nr. 1 Alg II-V (ursprüngliche Fassung bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 1 der ab 1.10.2005 geltenden Fassung), dass ein Pauschbetrag von dem Einkommen minderjähriger Hilfebedürftiger abzusetzen ist, soweit diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II leben. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Regelung, weil hinreichend Gründe bestehen, minderjährige Kinder in einer Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern von dem Abzug einer Pauschale auszuschließen (BSG 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R).

Mit der zum 1.8.2009 in Kraft getretenen 2. Verordnung zur Änderung der AlgII-V ist mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 neu geregelt worden, dass vom Einkommen Minderjähriger ein Pauschbetrag von 30 EUR monatlich abzusetzen ist, für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, die nach Grund und Höhe angemessen sind, wenn der Minderjährige eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat. Diese Rechtsänderung kommt dem Kläger in diesem Rechtsstreit noch nicht zugute.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved