L 7 AS 79/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 23 (15) AS 247/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 79/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 17.06.2008 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 21.04.2006, 17.05.2006, 30.05.2006 und 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2006 verurteilt, die der Klägerin darlehensweise gewährten Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren. Der Beklagte trägt die außergerichtichen Kosten der Klägerin aus dem gesamten Verfahren. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die der Klägerin gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Darlehen oder als Zuschuss zu leisten sind.

Die am 00.00.1954 geborene Klägerin bewohnt zusammen mit dem Zeugen L seit Dezember 1991 ein Eigenheim in der F-straße 00 in I. Das ca. im Jahr 1930 erbaute Einfamilienhaus steht jeweils zur Hälfte im Eigentum von ihr und dem Zeugen. Es verfügt über sechs Zimmer, die sich auf ein Haupthaus mit Anbau verteilen. Die Wohnfläche beträgt ca. 125,60 qm, die Grundstücksfläche 1003 qm.

Am 13.03.2006 beantragte die Klägerin erstmals bei dem Beklagten Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende. Die Wohnfläche des Hauses gab sie mit ca. 110 qm an. Sie bezifferte die Höhe der bestehenden Belastungen mit 35.790 Euro. Zudem bestünden zwei Kapitallebensversicherungen, die der Hausfinanzierung dienen würden. Mit Bescheid vom 21.04.2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin darlehensweise Leistungen, wobei die Darlehensgewährung vorsorglich erfolgte, da die Vermögensbewertung noch nicht abgeschlossen war. Mit Bescheid vom 17.05.2006 bewilligte er der Klägerin dann Leistungen für den Zeitraum vom 01.04.2006 bis 30.09.2006 in Höhe von monatlich 708,23 Euro. Mit Schreiben vom 30.05.2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Vermögensbewertung gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II abgeschlossen sei. Bei dem von ihr bewohnten Hausgrundstück handele es sich nicht um ein angemessenes Hausgrundstück im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II. Grundsätzlich sei eine Wohnfläche von 130 qm und eine Grundstücksgröße von 800 qm angemessen. Das Hausgrundstück sei 1003 qm groß und damit nicht angemessen. Es habe ein Verkehrswert von 125.411 Euro ermittelt werden können. Die derzeit vorhandenen Grundschulden würden sich nach Anrechnung der Rückkaufswerte der gemeinsamen Lebensversicherungen noch auf ca. 17.328 Euro belaufen, so dass ein wirtschaftlicher Wert von 108.083 Euro vorhanden sei. Bezogen auf ihren hälftigen Eigentumsanteil betrage der Wert noch 54.041 Euro. Hiervon seien die Grundfreibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II abzuziehen, die im vorliegenden Fall 200 Euro je vollendetem Lebensjahr betrügen, sowie ein Freibetrag von 750 Euro für notwendige Anschaffungen, also insgesamt 11.150 Euro. Es errechne sich ein verwertbares Vermögen von 42.981 Euro. Bis zu dieser Höhe seien die SGB-II Leistungen zukünftig als Darlehen gemäß § 23 Abs. 5 SGB II zu erbringen.

Mit bei dem Beklagten am 01.06.2006 eingegangenem Schreiben legte die Klägerin gegen das Schreiben vom 30.05.2006 und gegen den Bescheid vom 17.05.2006 Widerspruch ein. Im ländlichen Raum müsse der Ermessenspielraum bezüglich der Grundstücksgröße deutlich nach oben genutzt werden. Sie sei nur zur Hälfte Eigentümerin des Grundstücks und ihr Grundstücksanteil sei somit auf 501,5 qm beschränkt, so dass die genannte Grenze von 800 qm deutlich unterschritten würde. Auch bei einer Eigentumswohnung werde nicht die Größe des gesamten Hausgrundstückes, sondern nur der entsprechende Miteigentumsanteil zu Grunde gelegt.

Auf Grund eines entsprechenden Fortzahlungsantrags bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 31.03.2007 mit Bescheid vom 14.09.2006 darlehensweise Leistungen in Höhe von monatlich 685,62 Euro. Mit bei dem Beklagten am 28.09.2006 eingegangenem Schreiben legte die Klägerin unter Verweis auf die Begründung des Widerspruchs vom 01.06.2006 gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, da die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wiederum nur auf Darlehensbasis gewährt worden seien. Der Beklagte wies die Widersprüche gegen die Bescheide vom 17.05.2006, 30.05.2006 und 14.09.2006 mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2006 zurück. Grundsätzlich seien eine Wohnfläche von 130 qm und eine Grundstücksgröße von 800 qm angemessen. Die vorhandene Wohnfläche im Haupthaus und im rückwärtigen Anbau betrage 125 qm und sei angemessen. Das Hausgrundstück sei jedoch 1.003 qm groß und damit unangemessen. Es sei nicht zu erkennen, dass die tatsächliche Nutzung sowohl der Wohnfläche als auch der Grundstücksfläche auf einen entsprechenden Teil der Besitzung beschränkt sei. Bei der Beurteilung der angemessenen Wohnungsgröße sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) nur dann auf den tatsächlich genutzten Gebäudeteil abzustellen, wenn die tatsächliche Nutzung auf einen dem Miteigentümer entsprechenden Teil der Besitzung beschränkt sei.

Mit ihrer am 11.12.2006 beim Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass Familienheime mit einer Wohnfläche bis zu 130 qm als angemessen angesehen würden. Alleine die Größe eines Grundstückes ändere nichts daran, dass ein Hausgrundstück als Schonvermögen zu behandeln sei. Eine Abtrennung oder andere Verwertung eines mutmaßlich unangemessenen Grundstückteils sei rechtlich und tatsächlich kaum möglich und wirtschaftlich nicht erfolgsversprechend.

Die Klägerin hat nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 17.05.2006, 30.05.2006 und 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2006 zu verpflichten, die ihr darlehensweise bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte hat nach seinem schrifsätzlichen Vorbringen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ein Anspruch auf zuschussweise Leistungen nach dem SGB II nicht bestehe, weil die Klägerin nicht hilfebedürftig im Sinne der §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 12 SGB II sei. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen in Form eines Hausgrundstücks. Es läge kein Fall des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II vor. Die Grundstücksfläche - und nach der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch die Wohnfläche - seien unangemessen groß. Nach dem Urteil des BSG vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 2/05 R sei bei einer von zwei Personen bewohnten Eigentumswohnung eine Wohnfläche von 90 qm angemessen.

Mit Urteil vom 17.06.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob dem Anspruch auf Gewährung der Leistungen als Zuschuss entgegenstehe, dass gegen den Darlehensbescheid vom 21.04.2006 kein Widerspruch eingelegt wurde. Dagegen spräche, dass der Beklagte in dem Bescheid ausdrücklich auf die bis zur Klärung der Vermögensverhältnisse vorläufig erfolgende Darlehensgewährung hingewiesen habe. Das Hausgrundstück sei nicht angemessen. Nach der Rechtsprechung des BSG seien bei zwei Personen 90 qm als angemessen zu Grunde zu legen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit eines selbstbewohnten Hausgrundstückes sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.05.1990, Az.: 11 RAr 33/88, Urteil vom 17.12.2002, Az.: B 7 AL 126/01 R) grundsätzlich auf die gesamte Wohnfläche des Hauses, nicht nur auf die von der Klägerin bewohnte Fläche abzustellen. Etwas anderes könne ausnahmsweise nur dann gelten, wenn die Nutzung auf einem dem Miteigentumsanteil entsprechenden Teil, so etwa durch Aufteilung der Wohnfläche in getrennte Wohnungen, beschränkt sei (BVerwG, Urteil vom 25.06.1992, 5 C 19/89, BSG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.). Die bloß getrennte Nutzung einzelner Räumlichkeiten im Sinne einer Wohngemeinschaft ohne eine formale Trennung, so etwa im Rahmen zweier getrennter Wohnungen, mit einer daraus folgenden Beschränkung der Nutzung und Einschränkung der Rechte als Miteigentümer reiche nicht aus. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere, dass die Klägerin und der Zeuge L nicht nur über eine gemeinsame Küche verfügten und auch den Keller gemeinsam nutzten. Auch der Eingang, die Diele, ein Abstellraum sowie das Treppenhaus würden gemeinsam genutzt. Die Wohnbereiche würden zudem auch im übrigen ineinander übergreifen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 25.07.2008 zugestellte Urteil am 22.08.2008 Berufung eingelegt. Die Angemessenheit der Wohnung (d.h. die angemessene Größe der Wohnfläche) selbst werde vom Beklagten nicht angezweifelt. Soweit der Beklagte aus der Überschreitung des entsprechenden Grenzwertes für die Grundstücksgröße (800 qm im ländlichen Raum) automatisch auf die Unangemessenheit des Hausgrundstückes schließe, könne sich dem nicht angeschlossen werden. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II solle gerade die eigene Wohnung als Lebensmittelpunkt schützen. Im Zweifel solle dem Hilfebedürftigen nicht auferlegt werden, dass er sein Hausgrundstück insgesamt veräußern müsse, um es wirtschaftlich gleichsam gegen ein angemessenes zu tauschen. Eine wirtschaftlich aussichtsreiche Verwertung komme bereits aus der Pflicht zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsfläche nicht in Betracht. Entgegen der Meinung der Beklagten könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin als Miteigentümerin die Wohnfläche alleine nutze. Es widerspräche dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wenn im Rahmen des SGB II völlig getrennte Wohnungen gefordert würden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Aachen vom 17.06.2008 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 21.04.2006, 17.05.2006, 30.05.2006 und 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2006 zu verpflichten, die ihr darlehensweise bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Schon im erstinstanzlichen Verfahren habe er dargelegt, dass er nunmehr auch die Wohnfläche für unangemessen groß halte. Die darlehensweise Regelung ergebe sich aus dem Umstand, dass über den ersten Bewiligungsabschnitt mit Bescheid vom 21.04.2006 dem Grunde nach für den laufenden Bezug die darlehensweise Bewilligung vorgenommen worden sei. Die Auszahlung der Höhe des Darlehens sei dann mit dem Feststellungsbescheid vom 27.05.2006 erfolgt. Darin werde die Regelung der darlehensweisen Gewährung gesehen.

Auf den Hinweis des Senats, dass geklärt werden müsse, ob die Klägerin und der Zeuge L eine Bedarfsgemeinschaft gem. § 7 Abs. 3 SGB II bilden und der Bitte um diesbezügliche Stellungnahme, insbesondere zu den räumlichen Wohnverhältnissen und zu der zum 01.08.2006 in Kraft getretenen Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II, teilte die Klägerin mit, dass der Erwerb des gemeinsamen Hauses vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Zweckerwägung (Mietbelastung) stattgefunden habe. Zwar würden Küche, Keller, Diele, ein Abstellraum sowie das Treppenhaus gemeinsam genutzt, wobei die übrigen Wohnbereiche von Anfang an streng getrennt worden seien. Es bleibe aber bei dem allgemeinen Grundsatz der Beweislastverteilung, nach der der Leistungsträger das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft beweisen müsse. Bauliche Umbauten hätten schon aus finanziellen und rechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden können. Der Beklagte hat mitgeteilt, dass einiges für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft spreche. Die Klägerin und der Zeuge L hätten dem Beklagten gegenüber offen eingeräumt, früher ein Paar gewesen zu sein. Bevor sie 1991 das noch jetzt bewohnte Haus gemeinsam kauften, hätten sie zusammen ein Haus oder eine Wohnung in E gehabt.

Der Senat hat die Klägerin im Verhandlungstermin befragt und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen H L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30.06.2011 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig. Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eingetretene Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Berufungsverfahren unzulässige Klägeänderung dar (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 10.01.2011, Az.: B 4 AS 108/10 R, Rdn. 9 f, und 10.05.2011, Az.: B 4 AS 11/10 R, Rdn. 13). Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Der Beklagte ist nach § 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig, da er einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleichgestellt ist. Als Jobcenter (§ 6d SGB II i.d.F. des Gesetzes vom 03.08.2010, BGBl I 1112) handelt es sich bei ihm um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II i.d.F des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112), die mit Wirkung vom 01.01.2011 kraft Gesetzes als (teil-)rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis entstanden ist. Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II tritt die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft. Nach dieser Vorschrift tritt bei einem Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt insbesondere für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine unzulässige Klageänderung iS von §§ 99, 168 Satz 1 SGG dar (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18.01.2011, Az.: B 4 AS 108/10 R, Rdn. 9). Das Passivrubrum ist entsprechend von Amts wegen zu berichtigen gewesen.

Die angegriffenen Bescheide vom 21.04.2006, 17.05.2006, 30.05.2006 und 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2006 sind insoweit rechtswidrig, als dass sie der Klägerin Leistungen nach dem SGB II nur als Darlehen und nicht als Zuschuss bewilligen. Auch der der Bescheid vom 21.04.2006 ist zur Klarstellung als mitangefochten anzusehen, obwohl durch diesen Bescheid die Darlehensgewährung bis zur Klärung der Vermögensverhältnisse vorsorglich erfolgte und erst mit Schreiben vom 30.05.2006 der endgültige Abschluss der Vermögensprüfung mitgeteilt wurde.

Dem Begehren der Klägerin entspricht die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als statthafte Rechtsschutzform. Denn mit der nur darlehensweisen Leistungsbewilligung spricht der Grundsicherungsträger einem Hilfebedürftigen nicht die von ihm begehrte Leistung mit einer ggf. isoliert anfecht- und aufhebbaren Nebenbestimmung gemäß § 31 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) zu, sondern gewährt etwas anderes, ein aliud (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - LSG NRW -, Urteil vom 22.10.2009, Az.: L 7 (12) AS 9/07).

Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2006 bis 31.03.2007 als Zuschuss statt als Darlehen.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben bzw. die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Als Vermögen sind gemäß § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.

Die Klägerin erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nummern 1, 2 und 4 des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Zudem war die Klägerin im streitigen Zeitpunkt auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II.

Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin findet das Einkommen und Vermögen des ebenfalls in dem Eigenheim in der F-straße 00 in I wohnenden Zeugen keine Berücksichtigung, da er und die Klägerin auch nach der gesetzlichen Neuregelung keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilden. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehört eine Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein wechselseitiger Wille Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird gemäß § 7 Abs. 3a SGB II in der ab 01.08.2006 in Kraft getretenen Fassung vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (Nr. 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr. 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr. 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr. 4).

Auch wenn der Gesetzgeber in der Neuregelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II den Begriff "eheähnliche Gemeinschaft" aufgegeben hat, um die Zuordnung von zwei in einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebenden Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft zu ermöglichen, ist der Prüfungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft unverändert und knüpft an die Rechtsprechung des Bundesverfassungerichts (BVerfG) an, nach der für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft die Bindungen der Partner so eng sein müssen, dass daneben kein Raum für eine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art ist und von den Partnern ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992, Az.: 1 BvL 8/87 und Beschluss vom 02.09.2004, Az.: 1 BvR 1962/04; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.07.2009, Az.: L 7 AS 606/09 B ER Rn. 12).

Vorliegend ist keines der Merkmale des § 7 Abs. 3a SGB II erfüllt. Insbesondere leben die die Klägerin und der Zeuge nicht im Sinne des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II länger als ein Jahr in einem Haushalt zusammen. Die Dauerhaftigkeit und Kontinuität einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft stellt ein wesentliches Indiz für das Bestehen des Willens zum gegenseitigen Einstehen der Partner in Not- und Wechselfällen dar (BSG, Urteil vom 17.10.2002, Az.: B 7 AL 96/00 R). Allerdings wollte der Gesetzgeber mit der Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II nicht jede Lebensgemeinschaft erfassen, bei der "nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen." Der Anwendungsbereich beschränkt sich auf eheähnliche und lebenspartnerschaftliche Gemeinschaften. Denn mit der Neufassung des § 7 Abs. 3 SGB II hat die Gesetzgebung auf einen Beschluss des SG Düsseldorf vom 22.02.2005 (S 35 SO 35/05 ER) reagiert. Das SG Düsseldorf vertrat in diesem Beschluss die Auffassung, dass die bisherige Rechtslage wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) insoweit verfassungswidrig gewesen sei, als lebenspartnerschaftliche Gemeinschaften von ihr nicht erfasst wurden (zur Entstehungsgeschichte BT-Drucksache 16/1410, S. 19). Dies spricht dafür, dass die Gesetzgebung mit der Neuregelung neben den bisher bereits erfassten eheähnlichen Gemeinschaften ausschließlich lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften einbeziehen wollte (vgl. insoweit LSG NRW, Beschluss vom 27.02.2008, Az.: L 7 B 294/07 AS, Rdn. 7). Ein schlichtes Zuammenwohnen von Personen in einer Wohnung macht diese noch nicht zu Partner. Brauchbare Abgrenzungskriterien sind eine gewisse Ausschließlichkeit (Treue) sowie die rechtliche Möglichkeit, - dies schließt eine Anwendbarkeit auf ein Zusammenleben von Geschwistern aus - dass die Partner grundsätzlich heiraten bzw. eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz eingehen könnten (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7, Rdn. 45). Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Zeugen nicht (mehr) von einer gewissen Ausschließlichkeit (Treue) geprägt war. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war die Bindung der Klägerin und des Zeugen L bereits zu Beginn des Leistungsbezugs nicht mehr so eng, dass kein Raum für eine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art gewesen ist. Zwar hatten die Klägerin und der Zeuge L zum Zeitpunkt des Einzugs in das gemeinsame Haus eine eheähnliche Beziehung, diese zerbrach jedoch Anfang der 90er Jahre. Dies haben die Klägerin und der Zeuge L bei ihrer Befragung im Verhandlungstermin im Weiten übereinstimmend und glaubhaft geschildert. Danach steht fest, dass die Klägerin und der Zeuge das Haus gemeinschaftlich erworben haben, um dort als Paar zu leben. In der Folgezeit veränderte sich die Qualität der Beziehung weg von einer partnerschaftlichen zu einer freundschaftlichen Beziehung. Die Klägerin hat diese Veränderung zeitlich mit einer nach dem Tod ihrer Mutter aufgetretenen psychischen Erkrankung in Verbindung gebracht, während der Zeuge diesen Veränderungsprozess dahingehend beschrieb, dass sie sich auseinander gelebt hätten. Diese Veränderung war die Grundlage für die Entscheidung, für eine wohnliche Trennung in dem gemeinsamen Haus zu sorgen. In der Folgezeit realisierten die Klägerin und der Zeuge L eine bauliche Umgestaltung des Hauses, wodurch sie erreichten, dass durch den Umbau im Anbau des Hauses ein eigenes Schlaf- und Wohnzimmer für den Zeugen L entstehend konnte. Die seitdem bestehende Beziehung erfüllt die Kriterien einer eheähnlichen Beziehung nicht mehr. Zwar bewirtschaften die Klägerin und der Zeuge L das Haus insofern gemeinsam, als dass die auf dem Haus lastenden Darlehensraten vom Konto des Zeugen L abgebucht werden und die Klägerin den Ausgleich bar an Herrn L bezahlt. Zudem werden die anfallenden Kosten für Strom und Wasser hälftig geteilt. Auch begünstigen die zur Finanzierung des Hauses abgeschlossenen Lebensversicherungen die Klägerin und den Zeugen gegenseitig und sie haben sich gegenseitig im Todesfall als Erben eingesetzt. Diese Aspekte dienen jedoch lediglich der Bewirtschaftung bzw. Erhaltung des Wohnungseigentums, haben aber keinen partnerschaftlichen Aspekt. Es handelt sich dabei dabei um Arrangements, die bei einer Wohngemeinschaft typischerweise angetroffen werden. Auch wenn die Klägerin und der Zeuge L füreinander kochen und gemeinsam gegessen wird, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Bei der nunmehr zwischen der Klägerin und dem Zeugen L bestehenden Beziehung fehlt es an der erforderlichen Ausschließlichkeit, weil beide andere Beziehungen eingegangen sind und beide keinen Anspruch darauf erheben, dass es in ihrer Beziehung keine dritte Person gibt. Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sie im Jahr 2008 mit einem Partner im Urlaub war, der sich auch ab und zu in ihrer Wohnung aufgehalten hat. Im Zusammenhang mit einem Krankenhaus- bzw. Kuraufenthalt ist auch der Zeuge im Jahr 2008 eine andere Beziehung eingegangen. Diese Beziehung hat sich in jüngster Zeit durch eine entstandene räumliche Nähe intensiviert. Der Senat hatte keinen Anlass, an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen L und den Einlassungen der Klägerin zu zweifeln, auch wenn der Zeuge L ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Denn die baulichen Änderungen zur räumlichen Trennung sind nicht nur geplant, sondern auch tatsächlich vollzogen worden. Zudem haben die Klägerin und der Zeuge L im Termin nicht versucht, die bestehenden Gemeinsamkeiten in Abrede zu stellen. Sie haben offen geschildert, welche Gemeinsamkeiten noch bestehen. Bei der Beweiswürdigung hat der Senat zudem den vom Zeugen überreichten Entlassungsbericht für eine stationäre Behandlung vom 25.05.2008 bis 05.08.2008 berücksichtigt, aus dem sich ergibt, dass er schon 2008 gegenüber den behandelnden Ärzten angegeben hat, dass er zwar getrennt, aber im gleichen Haus mit seiner früheren Partnerin zusammenlebe. Der Senat ist davon überzeugt, dass sie den Sachverhalt in seinem wesentlichen Kern zutreffend geschildert haben. Bei dieser Sachlage ist nicht davon auszugehen, dass eine Einstandsgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Zeugen in dem hier streitigen Zeitraum bestanden hat.

Der Hilfebedürftigkeit der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass sie im streitigen Zeitraum Miteigentümerin des selbstgenutzten Hausgrundstückes war.

Bei dem Hausgrundstück der Klägerin handelt es sich nicht um verwertbares Vermögen. Unter Vermögen ist der gesamte Bestand an Rechten und Sachen in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten zu verstehen. (Mecke in Eicher/Spellbrink, § 12, Rdn. 13). Das der Klägerin gehörende Hausgrundstück ist jedoch gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II privilegiert, da es sich um ein Hausgrundstück von "angemessener Größe" im Sinne dieser Vorschrift handelt.

Denn auf die Klägerin entfallen gemäß der im Verwaltungsverfahren unter dem 02.05.2006 übersandten Aufstellung lediglich 48,9 qm für das von ihr alleine genutzte Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad und 27 qm für die gemeinsam genutzten Dielen, die Abstellkammer und Küche. Die bei der Klägerin zu berücksichtigende Wohnfläche beträgt somit 75,9 qm und liegt damit sogar unterhalb der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht für Eigentumswohnungen als angemessen zu berücksichtigenden Größe von 90 qm (BSG, Urteile vom 16.05.2007, Az.: B 11b AS 37/06 R, Rdn. 25 f.; 07.11.2006, Az.: B 7b AS 2/05 R, Rdn. 17 ff; 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R, Rdn. 22).

Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten und des SG ist nur auf die von der Klägerin bewohnte Wohnfläche abzustellen. Zwar sind auch beim Miteigentum die eigentumsrechtlichen Einschränkungen zu beachten. So ist jeder Miteigentümer durch die Rechte der anderen Miteigentümer in seinem Nutzungsrecht, auch dem Wohnnutzungsrecht, eingeschränkt. Deswegen ist für die Beurteilung der Größe des Hausgrundstücks auf das Gesamtobjekt abzustellen, wenn ein Miteigentümer durch andere Miteigentümer nicht gehindert wird, das ganz Hausgrundstück zu bewohnen. Nur wenn die Wohnstatt des Miteigentümers durch die ihren Anteilen entsprechende Nutzung der anderen Miteigentümer auf einen seinem ideellen Miteigentumsanteil entsprechenden realen Grundstücks- oder Gebäudeteil beschränkt ist, kann für die Bewertung, ob das im Miteigentum stehende Hausgrundstück angemessen ist, auf den aufgrund des Miteigentumsanteils als Wohnstatt genutzen Teil des Grundstücks abgestellt werden (BVerwG, Urteil vom 25.06.1992, Az.: 5 C 19/89, Rdn. 12; BSG, Urteil vom 30.05.1990, Az.: 11 RAr 33/88, Rdn. 30, Urteil vom 17.12.2002, Az.: B 7 AL 126/01 R, Rdn. 36). Das ist hier der Fall. Entsprechend der von der Klägerin im Verwaltungsverfahren überreichten Aufstellung sind die Wohnräume zwischen ihr und dem Zeugen aufgeteilt, lediglich die Dielen, die Abstellkammer und die Küche werden als Funktionsräume gemeinsam genutzt. Dabei können sowohl die Klägerin als auch der Zeuge die ihnen zugeordneten Räume erreichen, ohne die dem Miteigentümer zugeordneten Räume durchqueren zu müssen. Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass jeder der beiden Miteigentümer bei der Nutzung des Hauses entsprechend der getroffenen Absprachen auf die Nutzung der ihm zugewiesenen Räumlichkeiten beschränkt ist.

Auch die Verwertung der überschießenden Grundstücksflächen zu den Preisen, wie sie im Widerspruchsbescheid des Beklagten unstreitig darlegt worden sind, würde nicht zu einem anrechenbaren Vermögen der Klägerin führen, weil sich der danach zu errechnende fiktive Erlösbetrag von 5.548 Euro in den Grenzen des zutreffend im Widerspruchsbescheid errechneten Schonvermögens bewegen würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da zu der Frage, ob in der ausschließlichen Nutzung einzelner Räume eine Nutzungsabsprache zu sehen ist, die die Nutzung der Miteigentümer entsprechenden realen Grundstücks- und Gebäudeteil beschränkt, bislang keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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