L 19 AS 708/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 17 AS 268/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 708/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 32/12 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31.03.2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Zahlung eines Wertersatzes für geleistete Arbeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 5.214,19 EUR im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches.

Bis 1993 studierte die am 00.00.1968 geborene Klägerin an der Fernuniversität I das Fach Elektrotechnik ohne Abschluss. In der Zeit vom 01.09.1992 bis 28.04.2001 war sie als Botenfahrerin selbständig tätig. Sie absolvierte in der Zeit vom 01.04.2001 bis 30.06.2003 erfolgreich eine außerbetriebliche Ausbildung zur IT-System-Elektronikerin. Anschließend nahm sie in der Zeit vom 01.07.2003 bis 31.07.2004 an einem Praktikum im Bereich der digitalen Nachrichtentechnik teil. Seit dem 01.08.2004 ist die Klägerin arbeitssuchend. In der Zeit vom 30.11.2004 bis 30.06.2005 nahm sie an einer Weiterbildung zur Software- Entwicklerin an der C Akademie teil. Die Klägerin war in der Zeit vom 22.09.2006 bis 31.03.2007 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung beschäftigt. Seit dem 22.01.2005 bezieht die Klägerin durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der Stadtteilverein E e. V. ist ein anerkannter gemeinnütziger Verein. Zweck des Vereins ist die aktive Beteiligung an der städtebaulichen Entwicklung des Stadtteils E, die Förderung des Dialogs und Gedankenaustauschs zwischen Bewohnern, Institutionen, Behörden über die zukünftige Entwicklung der Infrastruktur und des Wohnungsbaus im Stadtteil F Förderung der stadtteilorientierten Bildungs-, Beratungs- und Freizeitangebote für Kinder, Jugendliche Erwachsenen und Senioren Durch Bescheid vom 15.11.2007 bewilligte die Koordinierungsstelle für Integrationsdienstleistungen im Amt für Soziales und Wohnen der Stadt C dem Verein teilnehmerbezogene Fallpauschalen für die Bereitstellung von gemeinnützigen und zusätzlichen Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 SGB II in den Bereichen Garten- und Landschaftsbau, Schulbegleiter, Medienbetreuer und Senioren-Alltagshilfe für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2008. Der Beklagte hatte die Koordinierungsstelle nach § 18 Abs. 3 SGB II beauftragt, Arbeitsgelegenheiten i.S.v. § 16 Abs. 3 SGB II bereitzustellen.

Am 10.01.2008 bot die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagter) der Klägerin den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung an. In der Eingliederungsvereinbarung verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin eine Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs. 3 SGB II beim Stadtteilverein E e.V., M-Straße 00, C, im IT-Bereich bis zum 31.08.2008 zur Verfügung zu stellen. In der Eingliederungsvereinbarung heißt es:

"Hierfür erhält Frau E - neben den Regelleistungen nach §§ 19 ff. SGB II - eine Mehraufwandsentschädigung von 1,- EUR pro geleisteter Arbeitsstunde. Die Arbeitszeit beträgt wöchentlich 30 Stunden. Die Arbeitsgelegenheit endet mit Ablauf dieser Eingliederungsvereinbarung bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder in einer anderen im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung getroffenen Maßnahme. Fragen zu Arbeitskleidung und Fahrtkosten sind unmittelbar mit dem Träger der Gemeinwohlarbeit abzustimmen."

Die Klägerin sollte sich verpflichten, sich am 10.01.2008 telefonisch beim Stadtteilverein E e.V. zu melden und einen Vorstellungstermin zu vereinbaren sowie an der Gemeinwohlarbeit nach Anleitung durch den Träger der Gemeinwohlarbeit und seine Mitarbeiter regelmäßig teilzunehmen. Nach einem persönlichen Gespräch mit dem Zeugen L, einem Mitarbeiter des Stadtteilvereins E e. V., unterzeichnete die Klägerin am 15.01.2008 die Eingliederungsvereinbarung und übersandte diese postalisch an den Beklagten. Die Eingliederungsvereinbarung ging beim Beklagten am 21.01.2008 ein.

Am 17.01.2008 nahm die Klägerin die Tätigkeit beim Stadtteilverein E e. V. auf. Sie war im Januar 2008 60 Stunden und im Februar 2008 101 Stunden für den Verein im Bereich Informatik, Projekt "V", tätig. In der Zeit vom 01.03. bis 07.05.2003 war die Klägerin arbeitsunfähig. Am 22.02.2008 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Projekts "V", in dem sie im Rahmen der Gemeinwohlarbeit beim Stadtteilverein E e.V. mitarbeite. Nach ihrem Kenntnisstand verfolge das Projekt "V" kommerzielle Interessen und werde mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben. Sie erwarte einen Nachweis der Rechtmäßigkeit dieses Projektes bis zum 03.03.2008, andernfalls werde sie die Maßnahme wegen Rechtswidrigkeit abbrechen.

Ab dem 10.03.2008 übte die Klägerin keine Tätigkeit mehr beim Stadtteilverein E e.V. aus. Daraufhin hörte der Beklagte die Klägerin hinsichtlich einer beabsichtigten Absenkung des Arbeitslosengeldes II wegen Verletzung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten an. Die Klägerin machte geltend, dass vor der Zuweisung einer Maßnahme nach § 16 Abs. 3 SGB II der Beklagte die gesetzliche Verpflichtung habe, die Arbeiten im Hinblick auf Zusätzlichkeit, Gemeinnützigkeit und Wettbewerbsneutralität zu prüfen. Im persönlichen Gespräch am 10.01.2008 hätten die Bediensteten des Beklagten nicht einmal gewusst, welche Arbeiten konkret von ihr bei Aufnahme der Arbeitsgelegenheit verlangt werden würden. Wäre das Projekt "V", wie vom Gesetzgeber gefordert, vorher geprüft worden, hätte der Beklagte belegen können, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Da der Beklagte seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen sei, sei die Maßnahme rechtswidrig. Die kommerziellen, gewinnorientierten Teile des Projekts "V" würden inzwischen unter dem Namen "K-Projekt" weitergeführt. Durch Bescheid vom 29.05.2008 senkte der Beklagte das Arbeitslosengeld II der Klägerin für die Zeit vom 01.07. bis 30.09.2008 um 104,00 EUR mtl. der maßgebenden Regelleistung ab und hob die Bewilligungsentscheidung vom 15.05.2008 insoweit nach § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, dem der Beklagte abhalf.

Mit Schreiben vom 20.10.2008 meldete die Klägerin beim Beklagten einen Erstattungsanspruch für ihre Tätigkeit bei dem Stadtteilverein E e. V. für den Zeitraum vom 17.01. bis 05.03.2008 in Höhe von 5.214,19 EUR an. Durch Bescheid vom 27.10.2008 lehnte der Beklagte das Begehren der Klägerin ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2008 zurück. Die Voraussetzung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches seien nicht gegeben, da die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der Arbeitsgelegenheit als Gemeinwohlarbeit durchaus vom öffentlichen Interesse erfasst worden sei.

Am 15.12.2008 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie hat vorgetragen, dass die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gegeben seien. Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruches nehme sie auf den Gehaltsindex für die IT-Branche 2006/2007 der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Bezug, wonach in der Gehaltsgruppe 5 ein Monatsgehalt von 3.962,00 EUR erzielt werde.

Durch Urteil vom 31.03.2010 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 09.04.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.04.2010 beim Sozialgericht Köln Berufung eingelegt.

Sie verfolgt ihre Begehren weiter und wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Projekt "V", in dem sie eingesetzt gewesen sei, habe einen kommerziellen, auf Gewinnerzielung ausgerichteten Charakter gehabt.

Zur Stützung ihres Begehrens hat die Klägerin ein von dem Zeugen S verfasstes Papier "Das IT-Projekt "V" vom 13.01.2008, einen Merkzettel "Bestandsaufnahme für Verwaltungsnetzwerk der Tabu" zur Vorbereitung eines Gesprächs mit dem Direktor des U-Gymnasiums im Februar 2008 und Ausdrucke eines Internetauftritts bezüglich eines Projekts "K" und einer Chat-Anfrage des Zeugen S vom 20.03.2008 zu den Akten gereicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31.03.2010 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2008 zu verurteilen, ihr einen Betrag von 5.214,19 EUR auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Unterlagen der Koordinierungsstelle für Integrationsdienstleistungen im Amt für Soziales und Wohnen der Stadt C über die Bewilligung von teilnehmerbezogene Fallpauschalen für die Bereitstellung von gemeinnützigen und zusätzlichen Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 SGB II an den Stadtteilverein E e. V. für das Jahr 2008, den Gehaltsindex der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft für die IT-Branche 2006/2007 und des Jahresabschluss des Stadtteilverein E e. V. für das Jahr 2008 beigezogen. In der Tarifgruppe 5 des Gehaltsindex der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft für die IT-Branche 2006/2007 wird ein Monatsgehalt von 3.962,00 EUR ausgewiesen, basierend auf dem Mittelwert (drei- bis fünfjährige Berufserfahrung) mit Bandbreiten innerhalb der Gruppen von - 15%/+15% mit einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden i tarifierten Betrieben. Der Gehaltsindex geht von einer branchenüblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden aus. Zur Ausübung einer Tätigkeit nach der Gehaltsgruppe 5 sind gründliche Kenntnisse erforderlich, die in der Regel durch eine fachbezogene Berufsausbildung ergänzt durch eine sachbezogene Berufserfahrung oder Fortbildung erworben werden.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen H1, H, S, X, S, L und N.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 07.12.2011 und vom 06.02.2012 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der beigezogenen Akte des Sozialgerichts Köln, S 17 AS 112/08 ER, Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 2 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig, da der Beklagte über das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs der Klägerin wegen unstatthafter Beschäftigung gegen eine Mehraufwandsentschädigung in Form eines Verwaltungsakts entscheiden hat.

Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R = juris Rn 11). Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten.

Die Klägerin ist nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG. Der angefochtene Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2008 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wegen unstatthafter Beschäftigung gegen Mehraufwandsentschädigung zu.

Bei dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch handelt es sich um ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes und aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut. Dieser Anspruch gleicht eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage aus und verschafft dem Anspruchsinhaber ein Recht auf Herausgabe des Erlangten, wenn eine Leistung ohne Rechtsgrund oder ohne eine sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebung erfolgt ist. Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs. Im Anwendungsbereich des SGB II kommt ein solcher Anspruch in Betracht, wenn von einem Hilfebedürftigen nach der Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung Arbeiten geleistet worden sind, die sich als rechtsgrundlos erweisen (vgl. BSG Urteil vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 R = juris Rn 24 m.w.N.).

Die Voraussetzungen eines solchen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs sind vorliegend nicht gegeben.

Zwar hat die Klägerin in der Zeit vom 17.01. bis 28.02.2008 eine Arbeitsleistung im Rahmen des Projekts "V" des Stadteilvereins E e. V. erbracht. Nach ihren eigenen Einlassungen hat die Klägerin auf Computern des Stadtteilvereins E e. V., die zur internen Nutzung bestimmt gewesen sind, Betriebssysteme installiert, Software-Programme aufgespielt und konfiguriert, eine Netzwerkumgebung konfiguriert und sich an der Planung einer Netzwerkstruktur beteiligt. Es handelt sich um eine wirtschaftliche verwertbare Arbeitsleistung, auch wenn die Durchführung des Projekts "V" - physikalische Vernetzung der vier Büros des Vereins und Aufbau eines Kommunikationsnetzes - letztendlich wegen technischer Schwierigkeiten gescheitert ist. Diese Arbeitsleistung wurde im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit i.S.d. § 16 Abs. 3 SGB II (hier anzuwenden in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006, BGBl I, 1706 - a. F-; seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 20.12.2008, BGBl I, 2917 zum 01.01.2009 in § 16d Satz 2 SGB II geregelt) erbracht. Diese Arbeitsleistung muss sich der Beklagte zurechnen lassen. Die Koordinierungsstelle für Integrationsdienstleistungen im Amt für Soziales und Wohnen der Stadt C hat im Auftrag des Beklagten nach § 18 Abs. 3 SGB II die Arbeitsgelegenheit bei dem Stadtteilverein E e.V. geschaffen. Der Beklagte hat die Wahrnehmung dieser Arbeitsgelegenheit durch die Klägerin mittels des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung veranlasst und die Klägerin an den Stadtteilverein E e. V. als Maßnahmeteilnehmerin vermittelt (vgl. hierzu BSG Urteile vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 R = juris Rn 26 und vom 13.04.2011 - B 14 AS 98/01 R = juris Rn 19).

Jedoch ist der für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch erforderliche Vermögensvorteil beim Beklagten nicht eingetreten. Eine solche Vermögensvermehrung liegt vor, wenn eine Arbeitsgelegenheit nicht den Anforderungen des § 16 Abs. 2 Satz 3 SGB II a. F. entspricht (vgl. BSG Urteile vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 R = juris Rn 27f und vom 13.04.2011 - B 14 AS 98/01 R = juris Rn 17f). Die von der Klägerin verrichtete Tätigkeit im Rahmen der Arbeitsgelegenheit hat den Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. entsprochen.

§ 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. wie auch § 16d Satz 2 SGB II, in Kraft ab dem 01.01.2009 fordern, dass eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung im "öffentlichen Interesse" liegt und "zusätzlich" ist. Zur Auslegung des Begriffes " im öffentlichen Interesse" kann, wie bei der Auslegung des Begriffs "Zusätzlichkeit" (vgl. hierzu BSG Urteile vom 16.12.2008 - B 4 AS 60/07 R = juris Rn 27 und vom 13.04.2011 B 14 AS 98/01 R = juris Rn 18), aus systematischen Gründen auf die Begrifflichkeit der Vorschrift des § 261 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.d.F. bis 31.03.2012 (in der Fassung des Gesetzes vom 24.03.1997, BGBl. I, 594; in Kraft ab dem 01.01.1998 - a. F. -) zurückgegriffen werden (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 16 Rn 213 mit weiteren Literaturhinweisen; Thie in LPK-SGB II, 4. Aufl. § 16d Rn 13).

Zur Überzeugung des Senats hat die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen des Projekts "V" beim Stadteilverein Ee.V. im öffentlichen Interesse i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F. gelegen. Nach § 261 Abs. 3 SGB III a. F. liegen Arbeiten "im öffentlichen Interesse", wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient (Satz 1). Arbeiten, deren Ergebnis überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen oder den Interessen eines begrenzten Personenkreises dient, liegen nicht im öffentlichen Interesse (Satz 2). Daher liegen Arbeiten im öffentlichen Interesse, wenn ihr Ergebnis unmittelbar oder mittelbar der Allgemeinheit und zumindest nicht überwiegend eigennützigen Interessen dient sowie die Bereicherung einzelner an dem Ergebnis ausgeschlossen ist. Es reicht eine regionale oder lokale Allgemeinheit aus. Das Arbeitsergebnis kann neben der Wertschöpfung für die Allgemeinheit auch erwerbswirtschaftlichen Interessen oder Individualinteressen eines begrenzten Personenkreises dienen. Dies steht einer Förderung unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses solange nicht entgegen, wie der individuelle Nutzen den für die Allgemeinheit nicht überwiegt (vgl. Binder in Hauck/Noftz, SGB III, § 261 Rn 45f; Bieback in Gagel, SGB III/SGB II, § 261 SGB III Rn 38ff mit Rechtsprechungshinweisen). Vorstehende Festlegungen finden sich auch in § 16d Abs. 3 SGB II in der ab dem 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes vom 21.12.2011, BGBl. I, 2854. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der gesetzlichen Neuregelung liegen Arbeiten im öffentlichen Interesse, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Arbeiten, deren Ergebnis überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen oder den Interessen eines begrenzten Personenkreises dient, liegen nicht im öffentlichen Interesse. Das Vorliegen des öffentlichen Interesses wird nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass das Arbeitsergebnis auch den in der Maßnahme beschäftigten Leistungsberechtigten zugutekommt, wenn sichergestellt ist, dass die Arbeiten nicht zu einer Bereicherung Einzelner führen. Der in § 261 SGB III verwandte Begriff "öffentliches Interesse" ist nicht identisch mit dem steuerrechtlichen Begriff der "Gemeinnützigkeit" (vgl. BSG Urteil vom 12.12.1985 - 7 RAr 24/84 = juris Rn 30; Bieback, a.a.O., § 261 SGB III Rn 44 ff mit Rechtsprechungshinweisen).

Das Projekt "V" hat die physikalische Vernetzung der vier Büros des Stadtteilvereins E e. V. und den Aufbau eines Kommunikationsnetzes innerhalb der Räumlichkeiten des Vereins, welches mit dem Programm Java programmiert werden sollte, bezweckt. Dies ergibt sich aus der im Verfahren vorlegten Projektbeschreibung des Projekts "V" sowie den Angaben des Zeugen X, dem damaligen Geschäftsführer des Vereins, gegenüber der Koordinierungsstelle für Integrationsdienstleistungen im Amt für Soziales und Wohnen der Stadt C. Dies wurde von der Klägerin auch im Erörterungstermin vom 07.12.2011 bestätigt. Mithin sollte durch das Projekt "V" die technische Ausstattung des Stadtteilvereins E e.V., dessen Stadtteilstätigkeit als gemeinnützig anerkannt gewesen ist, verbessert und optimiert werden. Als unterstützende Maßnahme für das vom Stadtteilverein betriebene Quartiersmanagement hat die Durchführung des Projekts dem Allgemeininteresse gedient. Ziel des Stadtteilvereins E e. V. ist die aktive Beteiligung an der städtebaulichen Entwicklung des Stadtteils E, die Förderung des Dialogs und Gedankenaustauschs zwischen Bewohnern, Institutionen, Behörden über die zukünftige Entwicklung der Infrastruktur und des Wohnungsbaus im Stadtteil F die Förderung der stadtteilorientierten Bildungs-, Beratungs- und Freizeitangebote für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren. Neben den Betrieb eines Stadtteilcafes, eines Kursraums und Multimediatreffs hat der Stadtteilverein individuelle Hilfen im Rahmen der allgemeinen Sozialberatung und Qualifizierungsprojekte, Hilfen bei Existenzgründungen sowie Hilfen zur Heranführung Arbeitsloser an den ersten Arbeitsmarkt angeboten.

Der Klägerin ist einzuräumen, dass bei den Initiatoren des Projekts "V" , dem Geschäftsführer X und dem Projektleiter S Überlegungen bestanden haben, die bei Durchführung des Projekts "V" gewonnen Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten dahingehend weiter zu verwerten, dass seitens der Stadtteilvereins Schulungen und Softwareangebote Dritten gegen Entgelt angeboten bzw. den Teilnehmern an dem Projekt eine selbständige Existenzgründung ermöglicht werden könnte. Diese Überlegungen sind jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu keinem Zeitpunkt auf Projekt- oder Leitungsebene realisiert worden. Das Stadium einer konkreten Planung oder gar Umsetzung ist damals nicht erreicht gewesen und auch später nicht erreicht worden. Insoweit ergibt sich zwar aus den Aussagen der Zeugen S, H, H1 und L, dass der Zeuge S mit dem Projekt "V" ambitionierte, weit über den Ziel des Projekts hinausgehende Absichten - nämlich den Aufbau einer selbständigen Erwerbstätigkeit der am Projekt beteiligten Personen bzw. die Übernahme der Betreuung von Netzwerken verbunden mit Softwareentwicklung durch den Verein gegen Entgelt - verbunden hat. Diese Vorstellungen sind zunächst von dem Zeugen X, dem damaligen Geschäftsführer, nicht unterbunden worden. Jedoch hat der Zeuge X glaubhaft bekundet, dass er die Ideen des Zeugen S hinsichtlich der Kommerzialisierung des Projekts V im Hinblick auf Gemeinnützigkeit des Vereins abgelehnt bzw. konkrete Projekte, die der Umsetzung dieses Ziels gedient haben, nicht genehmigt hat. Auch tatsächlich haben die Überlegungen des Zeugen S das Planungsstadium nicht überschritten. Vielmehr sind sämtliche angedachten Schritte zur konkreten Umsetzung - Kontaktaufnahme mit potentiellen Auftraggebern, Kooperation mit einem Hardware-Unternehmen, Erstellung eines Referenz-Projekts - gescheitert.

Soweit der Zeuge X bekundet hat, dass er mit dem Projekt "K" die Vorstellung des Aufbaus einer Bildungsakademie, in der Jugendliche in Kooperation mit den Schulen an Computern geschult werden, verbunden hat, sind diese Überlegungen ebenfalls nach Ablehnung der Förderungsanträge nicht weiterverfolgt worden. Mithin haben die mit dem Projekt "V" verbundenen Überlegungen in Richtung auf eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Mitarbeiter des Projekts oder des Vereins den Zweck des Projekts - bessere technische Unterstützung der gemeinnützigen Tätigkeit des Stadtteilvereins E - verändert und hat ein individueller Nutzen nicht den Nutzen für die Allgemeinheit überwogen.

Die Arbeitsgelegenheiten im Rahmen des Projekts "V" sind auch zusätzlich i.S.d. § 16 Abs. 2 Satz 3 SGB II a. F. gewesen (vgl. zum Begriff der Zusätzlichkeit: BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 60/07 R = juris Rn 27). Denn der Stadtteilverein E wäre ohne Förderung personell nicht in der Lage gewesen, dass Projekt "V" durchzuführen. Auch wurde das Projekt "V" nicht in Erfüllung einer Aufgabe erbracht, die in jedem Fall hätte durchgeführt werden müssen.

Selbst wenn unterstellt wird, dass beim Beklagten ein Vermögensvorteil eingetreten ist, ist die Arbeitsleistung der Klägerin im Rahmen des Projekts "V" mit Rechtgrund erbracht worden. Der Arbeitsleistung hat eine wirksame Eingliederungsvereinbarung mit konkreter Benennung der Arbeitsgelegenheit zu Grunde gelegen (vgl. zum Vorliegen eines Rechtsgrundes bei Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung: BSG Urteil vom 27.08.2011 - B 4 AS 1/10 R = juris Rn 31). Zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist die Eingliederungsvereinbarung i.S.v. § 15 Abs. 1 SGB II als öffentlich-rechtlicher Vertrag insofern zustande gekommen, als die Klägerin nach dem Informationsgespräch mit dem Zeugen L den Entwurf der Eingliederungsvereinbarung vom 10.01.2008 unterschrieben und an den Beklagten zurückgesandt hat. Die Eingliederungsvereinbarung entspricht den inhaltlichen Anforderungen des § 15 Abs. 2 SGB II. In der Eingliederungsvereinbarung ist bestimmt, welche Leistungen der Beklagte - Zurverfügungstellung einer Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs. 3 SGB II beim Stadtteilverein E e. V. im IT-Bereich gegen eine Mehraufwandsentschädigung von 1,00 EUR pro Arbeitsstunde mit einer wöchentlichen Arbeitszeit bis zum 31.08.2008 - zu erbringen hat (Nr. 1) und welche Bemühungen die Klägerin - Meldung beim Maßnahmeträger am 10.01.2008 und regelmäßig Teilnahme an der Gemeinwohlarbeit - unternehmen muss (Nr. 2). Die Arbeitsgelegenheit ist in der Eingliederungsvereinbarung ausreichend konkret beschrieben und damit hinreichend bestimmt. In der Eingliederungsvereinbarung ist die Form der Arbeitsgelegenheit - gegen Mehraufwandsentschädigung -, der Maßnahmeträger - der Stadteilverein E e.V. -, der Arbeitsort - M-Straße 00, C -, die Höhe der Mehraufwandsentschädigung - 1,00 EUR pro Arbeitsstunde -, der zeitliche Umfang der Arbeitsgelegenheit - 30 Stunden pro Woche -, der Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit - Vorstellung am 10.01.2008 -, das Ende der Arbeitsgelegenheit - den 31.08.2008 - und das Einsatzfeld - IT-Bereich - festgelegt. Soweit die Klägerin nach der Vorlage des Vertragsentwurfs noch Fragen zur inhaltlichen Gestaltung der Arbeitsgelegenheit gehabt hat, sind diese nach ihren eigenen Einlassungen beim Vorstellungsgespräch mit dem Zeugen L, einem Mitarbeiter des Maßnahmeträgers, am 10.01.2008 geklärt worden. Erst nach der inhaltlichen Konkretisierung des Einsatzfeldes- Einsatz im Projekt "V" - durch den Zeugen L hat die Klägerin den Vertragsentwurf unterschrieben. Entsprechend der Absprache mit dem Zeugen L ist die Klägerin innerhalb des IT-Bereichs des Stadteilvereins E e. V. im Projekt "V" eingesetzt worden, wobei der Inhalt der Tätigkeit, nach den eigenen Einlassungen der Klägerin, den Angaben des Zeugen L im Vorstellungsgespräch entsprochen hat.

Die Eingliederungsvereinbarung ist als öffentlich-rechtlicher Vertrag i. S. v. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X wirksam. Nichtigkeitsgründe i.S.v. § 58 Abs. 1 und Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) liegen nicht vor. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung i.S.v. § 58 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind nicht gegeben. Nicht jeder Verstoß gegen Rechtsvorschriften, der zur Rechtswidrigkeit eines Vertrages führt, bedingt auch seine Nichtigkeit. Auch rechtswidrige Verträge haben grundsätzlich Bestandskraft, wenn das Vertrauen des Vertragspartners schutzwürdig ist. Nichtigkeit ist deshalb nur bei qualifizierten Rechtsverstößen anzunehmen (vgl. BSG Urteile vom 24.01.2008 - B 3 KR 17/07 R = juris Rn 25 und vom 05.11.2008 - B 6 KA 55/07 R = juris Rn 14f; Engelmann in von Wulfen, SGB X, 7. Aufl., § 58 Rn 6 mit Rechtsprechungshinweisen). Maßgeblich ist, ob eine zwingende Rechtsnorm besteht, die nach ihrem Sinn und Zweck die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs verbietet oder einen bestimmten Inhalt des Vertrags ausschließt. Dies ist nicht schon der Fall, wenn gegen das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen wird. Das gesetzliche Verbot muss sich gegen die Vornahme gerade dieses Rechtsgeschäftes richten und beide Vertragspartner als Verbotsadressaten ansprechen (vgl. Engelmann, a.a.O., § 58 Rn 6 m.w.N.; Krasney in Kasseler Kommentar, § 58 SGB X Rn 5). Bei der Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 3 SGB II a. F. handelt es sich nicht um ein solches Verbotsgesetz. Sie hat keinen drittschützenden Charakter gegenüber dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, sondern ist auf den Schutz von Konkurrenten ausgerichtet (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 60/07 R = juris Rn 27). Die Prüfung, ob ein Maßnahmeträger die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 3 SGB II erfüllt, obliegt auch allein dem Beklagten.

Selbst wenn die Eingliederungsvereinbarung die Verpflichtung der Klägerin zur Ausübung einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung zum Gegenstand gehabt hätte, die nicht den Anforderungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II entsprochen hat, ist der Nichtigkeitsgrund des § 58 Abs. 2 Nr. 2 SGB X nicht gegeben. Ein Vertrag ist i.S.v. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X nichtig, wenn ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 SGB X rechtswidrig wäre und dies den Vertragsschließenden bekannt war. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Eingliederungsvereinbarung haben die Klägerin und der Beklagte selbst von den auch nur vereinsinternen Überlegungen, dort gewonnene Ergebnisse entgeltlich zu verwerten, keine Kenntnis gehabt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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