Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AS 670/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 552/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.03.2012 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Februar 2012 in Höhe von 70,77 Euro und ab dem 01. März 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von 70 % der Regelleistung, längstens bis einen Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides, zu gewähren. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers dem Grunde nach.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind bezüglich der Regelleistung in Höhe von 70 % glaubhaft gemacht. Der Antragsteller erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nrn. 1-4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er ist auch erwerbsfähig gemäß § 7 Abs.1 Nr. 2 SGB II. Der Antragsteller hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).
Der Antragsteller hat auch seine Hilfebedürftigkeit glaubhaft gemacht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er derzeit nicht über ausreichendes Einkommen verfügt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Unter Berücksichtigung der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung und des existenzsichernden Charakters der Leistungen nach dem SGB II geht die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebotene Folgenabwägung zugunsten des Antragstellers aus.
Dem Antragsteller stehen auch unter Berücksichtigung der Zahlungen, die aufgrund des Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19.07.2010 an seinen im zivilrechtlichen Verfahren Bevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt G, am 22.11.2011, 19.12.2011 und 05.01.2012 erfolgt sind, keine ausreichende Mittel zur Verfügung, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Zwar sind diese Zahlungen grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen. Durch ihren vorzeitigen Verbrauch zur Schuldentilgung war der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung jedoch hilfebedürftig.
Soweit in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten wird, ein vorzeitiger Verbrauch von einmaligen Einnahmen, z.B. wegen Schuldentilgung, sei unbeachtlich (Bayerisches Landessozialgericht - LSG -, Urteil vom 13.04.2007, Az.: L 7 AS 309/06; in diese Richtung BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R), wird diese Auffassung vom erkennenden Senat nicht geteilt. Eine fiktive Anrechnung ist im Hinblick auf die Regelungen der §§ 31 Abs. 2, 31a, 34 SGB II nicht gerechtfertigt. Die Sanktionsregelung des § 31a Abs. 1 SGB II besagt, dass auch dem Verschwender gekürztes Alg II zu gewähren ist, belastet mit der Ersatzforderung nach § 34 SGB II. Mögliche Ersatzansprüche gegen den Hilfebedürftigen stehen der Annahme der Hilfebedürftigkeit nicht entgegen (Urteil des erkennenden Senates vom 22.04.2010, Az.: L 7 AS 107/09, so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2007, Az.: L 10 B 1845/07 AS ER und Beschluss vom 27.11.2007, Az.: L 14 B 1818/08 AS ER). Ist von einem Geldbetrag nichts mehr vorhanden, kommen öffentliche Hilfeleistungen in Betracht (Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 09.01.2008, S 2 B 483/07, S 2 B 484/07). Es bleibt dem Leistungsträger unbenommen, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der §§ 31 Abs. 2, 31a, 34 SGB II gegeben sind.
Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts waren jedoch in Anwendung des dem Senat nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Zivilprozessordnung (ZPO) zustehenden Ermessens auf 70 % der Regelleistungen zu begrenzen. Obwohl nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Beschluss vom 08.07.2009, Az.: L 7 B 188/09 AS ER m.w.N.) eine Begrenzung der Regelleistung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf 70 % bei Vorliegen eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs im Hinblick auf den existenzsichernden Charakter der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II und des Bedarfsdeckungsgrundsatzes grundsätzlich nicht in Betracht kommt, war hier zu berücksichtigen, dass die Begrenzung hier nicht unter dem Gesichtspunkt einer ansonsten eintretenden Vorwegnahme der Hauptsache, sondern im Hinblick auf die Möglichkeit einer Absenkung des Arbeitslosengeld II gemäß § 31a Abs. 1 SGB II durch den Antragsgegner auszusprechen war. Aufgrund der Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht am 21.02.2012 waren die Leistungen für den Monat Februar anteilig für 9 Tage (337 Euro x 70 % = 235,90 Euro; 235,90 Euro./. 30 Tage, x 9 Tage) zuzusprechen. Die Leistungsverpflichtung des Antragsgegners wird auf den Ablauf der Klagefrist gegen den aufgrund des Widerspruchs des Antragstellers zu erlassenden Widerspruchsbescheid begrenzt. Bei der Begrenzung der Leistungsverpflichtung des Antragsgegners auf höchstens sechs Monate hat sich der Senat an § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II orientiert. Danach sollen Leistungen für jeweils sechs Monate im Voraus erbracht werden. Da der Antragsgegner die Leistung im vorliegenden Fall ohne zeitliche Begrenzung ab dem 01.01.2012 abgelehnt hat, ist in einem Hauptsacheverfahren grundsätzlich über den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit zu befinden (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 07.11.2006, Az.: 7b AS 14/06 R).
Hinsichtlich der Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Kosten für Unterkunft und Heizung fehlt es hingegen am erforderlichen Anordnungsgrund. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist es erforderlich, dass Wohnungs- und Obdachlosigkeit droht. Leistet der Antragsteller einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nicht Folge und räumt die Wohnung nicht, hat sich eine Räumungsklage anzuschließen, mit der die Herausgabe der Mietsache geltend gemacht werden muss. Für den Fall der Räumungsklage enthält § 22 Abs. 9 SGB II in der Fassung vom 24.03.2011 Regelungen zur Sicherung der Unterkunft. So ist das Amtsgericht nach dieser Vorschrift verpflichtet, dem Grundsicherungssicherungsträger unverzüglich Tatsache und näher bezeichnete Einzelheiten einer Räumungsklage nach der Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges mitzuteilen. Dies dient der Prävention von Obdachlosigkeit und soll es den Leistungsträgern ermöglichen, auch unabhängig von einem Antrag zu prüfen, ob die Kündigung durch Übernahme der Mietrückstände abzuwenden ist (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22, Rdn. 200). Denn gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird eine Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Auch angesichts dieser rechtlichen Regelungen sieht der Senat das Vorliegen der Voraussetzungen des erforderlichen Anordnungsgrundes trotz der von seinem Vermieter mit Schreiben vom 12.03.2012 erfolgten Androhung der sofortigen fristlosen Kündigung und der mit Schreiben vom 16.04.2012 gesetzten Zahlungsfrist zum 26.04.2012 zur Abwendung der Räumung zum jetzigen Zeitpunkt als nicht hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2009, Az.: L 12 B 62/09 AS ER, und zur Rechtsprechung des erkennenden Senates Beschluss vom 26.04.2011, Az.: L 7 AS 497/11 B ER).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind bezüglich der Regelleistung in Höhe von 70 % glaubhaft gemacht. Der Antragsteller erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nrn. 1-4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er ist auch erwerbsfähig gemäß § 7 Abs.1 Nr. 2 SGB II. Der Antragsteller hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).
Der Antragsteller hat auch seine Hilfebedürftigkeit glaubhaft gemacht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er derzeit nicht über ausreichendes Einkommen verfügt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Unter Berücksichtigung der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung und des existenzsichernden Charakters der Leistungen nach dem SGB II geht die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebotene Folgenabwägung zugunsten des Antragstellers aus.
Dem Antragsteller stehen auch unter Berücksichtigung der Zahlungen, die aufgrund des Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19.07.2010 an seinen im zivilrechtlichen Verfahren Bevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt G, am 22.11.2011, 19.12.2011 und 05.01.2012 erfolgt sind, keine ausreichende Mittel zur Verfügung, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Zwar sind diese Zahlungen grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen. Durch ihren vorzeitigen Verbrauch zur Schuldentilgung war der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung jedoch hilfebedürftig.
Soweit in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten wird, ein vorzeitiger Verbrauch von einmaligen Einnahmen, z.B. wegen Schuldentilgung, sei unbeachtlich (Bayerisches Landessozialgericht - LSG -, Urteil vom 13.04.2007, Az.: L 7 AS 309/06; in diese Richtung BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R), wird diese Auffassung vom erkennenden Senat nicht geteilt. Eine fiktive Anrechnung ist im Hinblick auf die Regelungen der §§ 31 Abs. 2, 31a, 34 SGB II nicht gerechtfertigt. Die Sanktionsregelung des § 31a Abs. 1 SGB II besagt, dass auch dem Verschwender gekürztes Alg II zu gewähren ist, belastet mit der Ersatzforderung nach § 34 SGB II. Mögliche Ersatzansprüche gegen den Hilfebedürftigen stehen der Annahme der Hilfebedürftigkeit nicht entgegen (Urteil des erkennenden Senates vom 22.04.2010, Az.: L 7 AS 107/09, so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2007, Az.: L 10 B 1845/07 AS ER und Beschluss vom 27.11.2007, Az.: L 14 B 1818/08 AS ER). Ist von einem Geldbetrag nichts mehr vorhanden, kommen öffentliche Hilfeleistungen in Betracht (Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 09.01.2008, S 2 B 483/07, S 2 B 484/07). Es bleibt dem Leistungsträger unbenommen, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der §§ 31 Abs. 2, 31a, 34 SGB II gegeben sind.
Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts waren jedoch in Anwendung des dem Senat nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Zivilprozessordnung (ZPO) zustehenden Ermessens auf 70 % der Regelleistungen zu begrenzen. Obwohl nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Beschluss vom 08.07.2009, Az.: L 7 B 188/09 AS ER m.w.N.) eine Begrenzung der Regelleistung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf 70 % bei Vorliegen eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs im Hinblick auf den existenzsichernden Charakter der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II und des Bedarfsdeckungsgrundsatzes grundsätzlich nicht in Betracht kommt, war hier zu berücksichtigen, dass die Begrenzung hier nicht unter dem Gesichtspunkt einer ansonsten eintretenden Vorwegnahme der Hauptsache, sondern im Hinblick auf die Möglichkeit einer Absenkung des Arbeitslosengeld II gemäß § 31a Abs. 1 SGB II durch den Antragsgegner auszusprechen war. Aufgrund der Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht am 21.02.2012 waren die Leistungen für den Monat Februar anteilig für 9 Tage (337 Euro x 70 % = 235,90 Euro; 235,90 Euro./. 30 Tage, x 9 Tage) zuzusprechen. Die Leistungsverpflichtung des Antragsgegners wird auf den Ablauf der Klagefrist gegen den aufgrund des Widerspruchs des Antragstellers zu erlassenden Widerspruchsbescheid begrenzt. Bei der Begrenzung der Leistungsverpflichtung des Antragsgegners auf höchstens sechs Monate hat sich der Senat an § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II orientiert. Danach sollen Leistungen für jeweils sechs Monate im Voraus erbracht werden. Da der Antragsgegner die Leistung im vorliegenden Fall ohne zeitliche Begrenzung ab dem 01.01.2012 abgelehnt hat, ist in einem Hauptsacheverfahren grundsätzlich über den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit zu befinden (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 07.11.2006, Az.: 7b AS 14/06 R).
Hinsichtlich der Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Kosten für Unterkunft und Heizung fehlt es hingegen am erforderlichen Anordnungsgrund. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist es erforderlich, dass Wohnungs- und Obdachlosigkeit droht. Leistet der Antragsteller einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nicht Folge und räumt die Wohnung nicht, hat sich eine Räumungsklage anzuschließen, mit der die Herausgabe der Mietsache geltend gemacht werden muss. Für den Fall der Räumungsklage enthält § 22 Abs. 9 SGB II in der Fassung vom 24.03.2011 Regelungen zur Sicherung der Unterkunft. So ist das Amtsgericht nach dieser Vorschrift verpflichtet, dem Grundsicherungssicherungsträger unverzüglich Tatsache und näher bezeichnete Einzelheiten einer Räumungsklage nach der Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges mitzuteilen. Dies dient der Prävention von Obdachlosigkeit und soll es den Leistungsträgern ermöglichen, auch unabhängig von einem Antrag zu prüfen, ob die Kündigung durch Übernahme der Mietrückstände abzuwenden ist (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22, Rdn. 200). Denn gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird eine Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Auch angesichts dieser rechtlichen Regelungen sieht der Senat das Vorliegen der Voraussetzungen des erforderlichen Anordnungsgrundes trotz der von seinem Vermieter mit Schreiben vom 12.03.2012 erfolgten Androhung der sofortigen fristlosen Kündigung und der mit Schreiben vom 16.04.2012 gesetzten Zahlungsfrist zum 26.04.2012 zur Abwendung der Räumung zum jetzigen Zeitpunkt als nicht hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2009, Az.: L 12 B 62/09 AS ER, und zur Rechtsprechung des erkennenden Senates Beschluss vom 26.04.2011, Az.: L 7 AS 497/11 B ER).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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