L 5 AS 301/10 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 13 AS 1838/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 301/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller und Beschwerdeführer wenden sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein rechtskräftig beendetes einstweiliges Rechtsschutzverfahren bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG), mit dem sie die vorläufige Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) begehrt hatten.

Die Antragsteller zu 1. und zu 2. sind miteinander verheiratet und lebten mit ihren gemeinsamen Kindern, den Antragstellern zu 3. und 4. in einer Wohnung in der L. straße, für die sie eine Miete iHv 450,00 EUR monatlich zuzüglich einer Heizkostenvorauszahlung iHv 80,00 EUR von November 2009 bis Februar 2010 und iHv 95,00 EUR ab März 2010 zu zahlen hatten.

Sie bezogen seit dem Jahr 2009 ergänzende Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 2. September 2009 bewilligte der Antragsgegner vorläufige Leistungen für den Zeitraum von September 2009 bis Februar 2010 iHv 971,81 EUR monatlich. Zudem bezog der Antragsteller zu 2. Arbeitslosengeld I und die Antragstellerin zu 1. erzielte ein Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung.

Seit dem 1. Oktober 2009 ist der Antragsteller zu 2. mit einem Einzelhandelsgeschäft und Onlineversand selbstständig tätig. Für die Aufnahme dieser selbstständigen Tätigkeit bewilligte die Agentur für Arbeit einen Gründungszuschuss nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) zunächst für neun Monate ab Oktober 2009 iHv 971,40 EUR monatlich.

Mit Bescheid vom 6. November 2009 bewilligte die Familienkasse D. –R. für die Antragsteller zu 3. und 4. für den Zeitraum von August 2009 bis Januar 2010 einen Kinderzuschlag iHv je 140,00 EUR/Monat. Der Anspruch für die Monate August und September 2009 gelte nach § 107 SGB X erfüllt. Für den Monat Oktober 2009 erfolge eine Nachzahlung. Die Antragsteller zu 3. und 4. bezogen weiter Kindergeld iHv je 164,00 EUR monatlich. Nach einer Wohngeldnachzahlung iHv 558,00 EUR im Oktober 2009 floss den Antragstellern in der Folge ein Wohngeld iHv 186,00 EUR/Monat zu.

Der Antragsgegner stellte ab Oktober 2009 die Auszahlung der SGB II-Leistungen vorläufig ein und hob mit Bescheid vom 3. Februar 2010 die Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen ab dem 1. Oktober 2009 vollständig auf. Die monatlichen Einnahmen aus Wohngeld, Kinderzuschlag und Existenzgründungszuschuss genügten nunmehr zur Bedarfsdeckung. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2010 zurück. Im Oktober 2009 übersteige das Einkommen den Bedarf um 744,08 EUR, sodass kein Leistungsanspruch verbleibe. Ab November 2009 übersteige das Gesamteinkommen den Bedarf um monatlich 48,34 EUR. Dabei legte der Antragsgegner einen Gesamtbedarf iHv 1.639,30 bzw. 1.657,30 EUR zugrunde (Regelleistung: 2 x 323,00 EUR, Sozialgeld: 2 x 251,00 EUR, KdU: Grundmiete 450,00 EUR sowie eine um den Anteil der Warmwasserbereitung reduzierte Heizkostenvorauszahlung iHv 59,30 EUR). Der Gründungszuschuss sei nach Abzug der Versicherungspauschale iHv 30,00 EUR sowie des Kfz-Haftpflichtversicherungsbeitrags iHv 29,76 EUR als Einkommen anzurechnen. Dagegen haben die Antragsteller bei dem SG Klage erhoben (Az.: S 13 AS 1572/10).

Am 9. Juni 2010 haben sie bei dem SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen SGB II-Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zugleich haben sie einen PKH-Antrag gestellt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, der Gründungszuschuss sei nicht auf den SGB II-Leistungsanspruch anrechenbar. Er sei zunächst für die betriebsbezogenen Ausgaben zu verwenden. Der Antragsteller zu 2. habe monatliche "feste" Ausgaben iHv 250,00 EUR für die Ladenmiete und iHv 60,00 EUR für Versicherungen. Zudem fielen monatlich durchschnittlich 300,00 EUR an Materialkosten an. Die Warmwasserkosten seien fehlerhaft berechnet. Es dürften nur 18 % von den Heizkostenvorauszahlungen abgezogen werden. Es bestehe ein Anordnungsgrund. Die Bedarfsgemeinschaft sei von Obdachlosigkeit bedroht, denn aufgrund der unzureichenden Leistungen seien Mietschulden aufgelaufen. Die Vermieterin habe am 3. März 2010 die Kündigung des Mietverhältnisses angedroht und mit Schreiben vom 2. Juni 2010 fristlos zum 6. Juni 2010 gekündigt.

Mit Beschluss vom 30. Juni 2010 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und den PKH-Antrag abgelehnt. Es bestehe kein Leistungsanspruch. Im Juni 2010 betrage der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft 1.671,28 EUR. Er setze sich aus den Regelleistungssätzen für die Antragsteller (2 x 323,00 EUR und 2 x 251,00 EUR) und den KdU iHv 450,00 EUR für den Mietzins und iHv 73,28 für die bereinigte Heizkostenvorauszahlung (95,00 EUR - 21,72 EUR) zusammen. Dem stehe ein Einkommen iHv 1.675,64 EUR gegenüber. Es ergebe sich aus dem Wohngeld iHv 186,00 EUR, welches für die das Wohngeld beziehende Antragstellerin zu 1. um die Versicherungspauschale iHv 30,00 EUR zu bereinigen sei, dem Kindergeld iHv 328,00 EUR, dem Kinderzuschlag iHv 280,00 EUR und dem Gründungszuschuss iHv anrechenbaren 911,64 EUR. Letzterer (971,40 EUR) sei nur um die Versicherungspauschale und die Kfz-Haftpflichtversicherung zu bereinigen. Das BSG habe bereits im Urteil vom 6. Dezember 2007 (Az.: B 14/7b AS 16/06 R) entschieden, der früher gewährte Existenzgründungszuschuss nach § 421 Abs. 1 SGB III sei keine zweckbestimmte Einnahme iSv § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II. Der nunmehr in § 57 SGB III geregelte Gründungszuschuss ersetze als einheitliches Förderungsinstrument das frühere Überbrückungsgeld nach § 57 Abs. 3 SGB III und den zum 30. Juni 2006 ausgelaufenen Existenzgründungszuschuss. Der Gründungszuschuss solle das Wegfallen des Arbeitslosengelds mit Beginn einer selbstständigen Tätigkeit kompensieren und diene der Sicherung des Lebensunterhalts. Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit entstünden, könnten nicht abgezogen werden. Es handele sich um eine Sozialleistung, die nicht als Einnahme aus der selbstständigen Tätigkeit betrachtet werden könne. Insbesondere könnten Verluste aus der selbstständigen Tätigkeit nicht damit verrechnet werden. Aus dem Vortrag der Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergebe sich, dass diese wohl auch Leistungen für die Vergangenheit ab Oktober 2009 begehrten. Selbst wenn sie durch die Vorlage des Kündigungsschreibens wegen Mietschulden einen sog. Nachholbedarf glaubhaft gemacht hätten, bestehe jedoch auch für die Zeit ab Oktober 2009 bis zur Antragstellung am 9. Juni 2010 kein Leistungsanspruch, da das Einkommen den Bedarf jeweils überstiegen habe. Daher habe die Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgaussicht gehabt.

Gegen den ihnen am 5. Juli 2010 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller Beschwerde – nur gegen die Ablehnung der PKH – am 26. Juli 2010 eingelegt. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren werde nicht fortgeführt, weil das Eilbedürfnis entfallen sei. Die vom Antragsgegner und dem SG zugrunde gelegten Werte der Bedarfsfeststellung und der Einkommenspositionen seien zutreffend. Indes seien zu Unrecht die Betriebsausgaben, die die Einnahmen überstiegen hätten, nicht hinreichend berücksichtigt worden. Zumindest das monatliche Betriebsdefizit iHv ca. 174,00 EUR sei vom Gründungszuschuss abzusetzen. Denn dieser bewirke eine fiktive Gewinnerzielung aus der selbstständigen Tätigkeit. Daher müssten Verluste aus dem Zuschuss ausgeglichen werden. Ziehe man 174,00 EUR von dem bereinigten Gründungszuschuss iHv 911,64 EUR ab, verbleibe zumindest ab November 2009 ein Restbedarf der Bedarfsgemeinschaft und damit ein Leistungsanspruch iHv 125,66 EUR. Weiter sei zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die SGB II-Leistungen für minderjährige Kinder nicht verfassungsgemäß seien. Daher sei anstelle des Sozialgelds der derzeitige Mindestunterhalt iHv 272,00 EUR bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen. Hieraus resultiere ein weiterer Leistungsanspruch von 21,00 EUR/Monat pro Kind. Aufgrund der durchaus komplexen Sach- und Rechtslage hätte das SG die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht verneinen dürfen.

Auf den Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, Az.: B 4 AS 67/09 R) haben die Antragsteller ausgeführt, eine ungekürzte Anrechnung der Leistungen nach § 57 SGB III als Einkommen sei mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel der Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt nicht vereinbar. Die Anrechnung setze voraus, dass das Unternehmen bereits im ersten Monat der selbstständigen Tätigkeit zumindest kostendeckend geführt werden könne. Finanzielle Mittel zum Ausgleich von Anlaufschwierigkeiten seien nicht berücksichtigt. Schließlich sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13. Mai 2009, Az.: B 4 AS 39/08 R) bei der Ermittlung des Hilfebedarfs von Kindern von deren Einkommen vorab die Versicherungspauschale iHv 30,00 EUR abzuziehen, was nicht erfolgt sei.

Die Antragsteller beantragten sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. Juni 2010 aufzuheben und ihnen für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 13 AS 1838/10 ER Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. aus D. –R. zu gewähren.

Der Antragsgegner hält den erstinstanzlichen Beschluss für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und das Prozesskostenhilfebeiheft ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung des Senats waren.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des SG vom 30. Juni 2010 ist zulässig, aber unbegründet.

Sie ist nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Das SG hat die Bewilligung von PKH ausschließlich wegen der mangelnden Erfolgsaussichten verneint. Der nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) für die Zulässigkeit erforderliche Beschwerdewert von 750,00 EUR ist überschritten. Zwar haben die Antragsteller erstinstanzlich weder einen bezifferten Leistungsbetrag geltend gemacht, noch einen konkreten Zeitraum genannt, für den sie SGB II-Leistungen beantragen. Insoweit ist ihr Begehren auszulegen (§ 123 SGG). Grundsätzlich kommt eine Gewährung von Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nur für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht in Betracht, aber die Antragsteller haben unzureichende Leistungen in der Vergangenheit beanstandet und einen sog. Nachholbedarf geltend gemacht. Aus ihren Angaben zu den Mietschulden und der fristlosen Kündigung des Wohnraummietvertrags durch ihre Vermieterin ergibt sich, dass sie die Beseitigung der nunmehr bestehenden Notlage im Wege des Eilrechtsschutzes – und damit auch Leistungen für die Vergangenheit – erstrebten. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass erstinstanzlich eine Leistungsgewährung ab Oktober 2009 begehrt war. Für den bis zur erstinstanzlichen Entscheidung neunmonatigen Zeitraum ging es ihnen um eine (teilweise) Nichtberücksichtigung des Gründungszuschusses bei der Berechnung des SGB II-Bedarfs. Nach ihren (modifizierten) Angaben im Beschwerdeverfahren ist zumindest ein monatlicher Leistungsbetrag iHv 125,00 EUR streitgegenständlich, der für den streitigen Zeitraum den Beschwerdewert von 750,00 EUR übersteigt.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Nach § 73a Abs. 1 SGG iVm den §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag PKH zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.

Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990, Az.: 1 BvR 94/88, NJW 1991 S. 413 f.). PKH kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998, Az.: B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500, § 62 Nr. 19).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe hatte die Rechtsverfolgung der Antragsteller keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Denn die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung lagen nicht vor. Die Antragsteller hatten weder im Juni 2010 noch in den vorhergehenden Monaten seit Oktober 2009 einen Anspruch auf Gewährung von (ergänzenden) SGB II-Leistungen gegen den Antragsgegner. In allen Monaten des vorgenannten Zeitraums überstieg das ihnen zur Verfügung stehende anrechenbare Einkommen iHv mindestens 1.675,64 EUR ihren unstreitigen Bedarf iHv 1.671,28 EUR.

Der Senat verweist wegen der Berechnungen in den einzelnen Monaten und der Begründung im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angegriffenen Beschluss und macht sie sich zu eigen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.

Ergänzend ist anzumerken: Da die Antragsteller im Oktober 2009 über ein Wohngeldeinkommen iHv 558,00 EUR (Nachzahlung für August und September und regulärer Betrag für Oktober 2009) sowie zusätzlich über das Erwerbseinkommen der Antragstellerin zu 1. verfügen konnten (bereinigt 304,74 EUR), wirkt es sich auf den geltend gemachten Leistungsanspruch nicht erheblich aus, dass der für Oktober 2009 bewilligte Kinderzuschlag (280,00 EUR) erst im November 2009 nachgezahlt wurde. Die Antragsteller waren in der Lage, aus den ihnen im Oktober 2009 zur Verfügung stehenden Gesamtmitteln von mehr als 2.000,00 EUR ihren Lebensunterhalt sicherzustellen.

Die Nachzahlung des Kinderzuschlags für Oktober 2009 führte dazu, dass Ihnen auch im November 2009 Beträge zur Verfügung standen, die ihren Bedarf deutlich überstiegen.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller war der dem Antragsteller zu 2. zufließende Gründungszuschuss nach § 57 Abs. 3 SGB III nicht weitergehend zu bereinigen, als dies ausweislich des Beschlusses des SG (Versicherungspauschale, Kfz-Haftpflicht-versicherungsbeitrag) erfolgt ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 1. Juni 2010, Az.: B 4 AS 67/09 R, juris RN 18) ist das Überbrückungsgeld bei der Leistungsberechnung als Einkommen vollständig zu berücksichtigen, denn es dient demselben Zweck wie die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts. Es unterscheidet sich nach seiner gesetzgeberischen Zielrichtung nicht von dem Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III, für den das BSG bereits Zweckidentität angenommen hatte (vgl. Urteil vom 6. Dezember 2007, Az.: B 14/7b AS 16/06 R, juris). Es handelt sich um eine Leistung der sozialen Absicherung für SGB II-Leistungsempfänger in der Anfangsphase einer selbstständigen Tätigkeit. Sie soll Existenzgründer in der Startphase ihres Unternehmens insoweit unterstützen, als ihnen die Sorge um das Bestreiten der Lebenshaltungskosten abgenommen wird. Solange aus der neu aufgenommenen selbstständigen Tätigkeit noch keine vollen Einnahmen zu erwarten sind, soll der Gründungszuschuss den Lebensunterhalt des vorher Arbeitslosen sichern (vgl. Strathmann in: Niesel, SGB III, 4. Auflage 2007, § 57 RN 3).

Die Auffassung der Antragsteller, das Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III sei zum Ausgleich des Betriebsdefizits zu verwenden, ist demnach falsch. Sie verkennt die Funktion dieser Sozialleistung, die keine Wirtschaftssubvention darstellt. Die Förderung dient nicht dem Unternehmen, sondern sichert den Lebensunterhalt des Unternehmers und ggf. seiner Angehörigen. Verluste aus der selbstständigen Tätigkeit können daher nicht als Abzugsposten berücksichtigt werden (vgl. SG Berlin, Beschluss vom 28. Juli 2008, Az.: S 159 AS 21256/08 ER, juris RN 23). Die Rechtsansicht der Antragsteller war – unabhängig davon, ob ihnen bei Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes das Urteil des BSG vom 1. Juni 2010 seinem Tenor nach bereits bekannt war – auf der Grundlage der Rechtsprechung zum Existenzgründungszuschuss kaum vertretbar und daher nicht geeignet, hinreichende Erfolgsaussichten für die Rechtsverfolgung zu begründen.

Soweit die Antragsteller im Beschwerdeverfahren ausführen, nach der Entscheidung des BVerfG vom 9. Februar 2010 (Az.: 1 BvL 1/09) sei das Kindern im Alter zwischen sechs und elf Jahren zustehende Sozialgeld um mindestens 21,00 EUR monatlich zu erhöhen, ergibt sich dies nicht aus der zitierten Entscheidung. Das BVerfG hat die gesetzlich geregelte Höhe der SGB II-Leistungen – auch für Kinder – hinsichtlich der herangezogenen Bemessungsgrundlagen beanstandet, aber diese nicht als evident unzureichend erachtet. Es hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2010 die Regelsätze in einem verfassungsgemäßen Verfahren neu zu berechnen, was erfolgt ist. Ausdrücklich hat es den Gesetzgeber nicht dazu verpflichtet, Leistungen rückwirkend für die Zeit ab 1. Januar 2005 höher festzusetzen. Lediglich hat es bei atypischen Bedarfslagen die Gewährung bislang gesetzlich nicht vorgesehener, zusätzlicher Leistungen wegen des Fehlens einer Härtefallklausel im SGB II für erforderlich gehalten.

Soweit die Antragsteller unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 13. Mai 2009 (Az.: B 4 AS 39/08 R, juris) eine "Vorab-Bereinigung" des Kindergeldeinkommens um die Versicherungspauschale geltend machen, ist dies der zitierten Entscheidung nicht zu entnehmen. Vielmehr ist die Versicherungspauschale nur dann zu berücksichtigen, wenn ein Kind aufgrund eigenen Einkommens "aus der Bedarfsgemeinschaft herausfällt" (BSG; a.a.O., RN 22). Vorliegend betrug der Bedarf der Antragsteller zu 3. und 4. im Juni 2010 monatlich je 382,73 EUR (Sozialgeld 251,00 EUR und 131,72 EUR KdU). Diesen Bedarf konnten sie aus Kindergeld und Kinderzuschlag iHv insgesamt 304,00 EUR nicht decken, sodass sie in der Bedarfsgemeinschaft blieben. Selbst wenn man – wie es das SG in seiner kursorischen Bedarfsberechnung getan hat – den auf die Antragsteller zu 3. und 4. entfallenen Anteil des Wohngelds, das die Antragstellerin zu 1. für die Familie bezog (186,00 EUR), als Einkommen der Antragsteller zu 3. und 4. iHv 46,50 EUR monatlich berücksichtigte, würde sich diese Beurteilung nicht ändern.

Daher hatte der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes von Anfang an keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, sodass das SG den PKH-Antrag zu Recht abgelehnt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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