S 11 AS 97/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 97/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2008 in Gestalt des Änderungsbe-scheids vom 09.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2010 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemein-schaft und die Rechtmäßigkeit eines hierauf beruhenden Aufhebungs- und Erstattungs-bescheides betreffend den Zeitraum Dezember 2005 bis Oktober 2007.

Die 1962 geborene Klägerin ist im März 2005 nach der Trennung von ihrem Ehemann gemeinsam mit ihrem 1987 geborenen Sohn N L sowie dem 1988 geborenen Sohn G L in das Haus des Zeugen O eingezogen. Bei dem Haus in der N1-straße 0 in Q handelt es sich um ein Einfamilienhaus, welches bis zu diesem Zeitpunkt vom Zeugen O allein bewohnt worden ist. Die Klägerin und der Zeuge O schlossen einen Mietvertrag, nach welchem die Klägerin drei Zimmer, eine Küche und ein Bad zu einer Kaltmiete von 360,00 EUR zuzüglich 140,00 EUR für Heiz- und Nebenkosten mietete. Die Klägerin richtete einen entsprechenden Dauerauftrag bei der Sparkasse I ein. Der Betrag von 500,00 EUR wurde monatlich von Ihrem dortigen Konto auf ein Konto des Zeugen O überwiesen.

Die Klägerin erhielt nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes ab dem 01.12.2005 von der Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Die Klägerin erwarb Ende des Jahres 2005 ein Kraftfahrzeug. Der Darlehensvertrag zur Finanzierung dieses Fahrzeugs wurde durch den Zeugen O abgeschlossen. Die monatlichen Raten in Höhe von 157,00 EUR zur Rückführung des Darlehens wurden durch die Klägerin entrichtet.

Am 14.09.2007 erhielt die Beklagte ein anonymes Schreiben, welches die Behauptung enthielt, die Klägerin lebe mit dem Zeugen O in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Bei einer Überprüfung durch den Außendienst der Beklagten am 18.10.2007 stellte dieser fest, dass ein eigenes Zimmer der Klägerin besteht, Küche und Bad jedoch gemeinsam genutzt werden. In der Küche befand sich ein Bild der Klägerin und des Zeugen O, welches diese Hand in Hand spazieren gehend zeigt. Die Söhne der Klägerin waren zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Haus des Zeugen O ausgezogen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Berichts des Außendienstes wird auf Blatt 256 der Verwal-tungsakte Bezug genommen.

Die Klägerin meldete sich zum 29.10.2007 in die O1-straße 0 in C um. Die Leistungen durch die Beklagte wurden zum 31.10.2007 eingestellt.

Mit Datum vom 13.03.2008 erließ die Beklagte einen an die Klägerin adressierten Aufhe-bungs- und Erstattungsbescheid, mit welchem sie die Leistungsbewilligung an die Klägerin sowie deren Söhne für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.10.2007 vollständig aufhob und erbrachte Leistungen von insgesamt 20.709,11 EUR zurückforderte. Die Beklagte lebe in eheähnlicher Gemeinschaft mit dem Zeugen O. Da Nachweise über dessen Einkommen und Vermögen auf Anforderung nicht eingereicht worden seien, sei von einem ausreichenden Einkommen oder Vermögen auszugehen. Eine Hilfebedürftigkeit habe daher nicht bestanden.

Mit Schreiben vom 26.03.2008 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ein. Sie lebe nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem Zeugen O, dieser sei lediglich ihr Vermieter.

Mit Bescheid vom 09.12.2009 änderte die Beklagte ihren Aufhebungs- und Erstattungs-bescheid vom 13.03.2008 ab. Sie forderte von der Klägerin nunmehr nur noch die an sie gezahlten Leistungen sowie die für sie erbrachten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 01.12.2005 bis 31.10.2007, insgesamt 11.222,33 EUR, zurück.

Die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit übersandte der Klägerin mit Datum vom 14.12.2009 eine Zahlungsaufforderung über einen Betrag von 11.222,41 EUR. Diese Forderung resultiere in Höhe von 11.202,73 EUR aus einem Bescheid der Beklagten vom 09.12.2009. Die Klägerin wandte gegenüber der Regionaldirektion ein, dass ihr kein Bescheid der Beklagten vom 09.12.2009 vorliege. Die Regionaldirektion teilte ihr daraufhin mit, dass mit Datum vom 09.12.2009 ein Widerspruchsbescheid der Beklagten ergangen sei.

Die Klägerin hat am 13.01.2010 Klage gegen den Bescheid vom 13.08.2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 09.12.2009, welchen sie nie erhalten habe, erhoben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klä-gerin vom 26.03.2008 unter Berücksichtigung des Änderungsbescheides vom 09.12.2009 als im Übrigen unbegründet zurück. Die Klägerin habe mit dem Zeugen O in einer ehe-ähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) SGB II a.F. bzw. einer Ve-rantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c) SGB II n.F. zusammen gelebt. Einkommen und Vermögend des Zeugen O seien daher auch bei der Klägerin zu berücksichtigen, wobei davon auszugehen sei, dass dies die Hilfebedürftigkeit der Klägerin ausschließe.

Mit Schreiben vom 18.02.2010 erklärte die Klägerin, die Klage nun gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2010 richten zu wollen.

Die Klägerin meint, es habe nie eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen dem Zeugen O und ihr bestanden. Dies folge daraus, dass sie monatlich Miete gezahlt habe, sie nicht befugt sei, über Einkommen oder Vermögen des Herrn O zu verfügen, und aus der Tat-sache, dass sie aus dem Haus des Zeugen O habe ausziehen müssen, als die Beklagte die Leistungen zum 31.10.2007 eingestellt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 09.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2010 aufzu-heben.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass die Klägerin und der Zeuge O im Zeitraum Dezember 2005 bis Oktober 2007 eine Verantwortungs- und Ein-standsgemeinschaft gebildet haben.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G L, N L und G1 O. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift des Erörterungstermins am 29.07.2010.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ergänzend Bezug ge-nommen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass diese bereits erhoben worden ist, bevor der Widerspruchsbescheid ergangen ist. Zwar ist der Abschluss des Vorverfahrens gemäß §§ 78ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich Voraussetzung für die Durch-führung des Klageverfahrens, jedoch ist dieser Verfahrensmangel durch den Erlass des Widerspruchsbescheids am 03.02.2010 geheilt worden. Eine Heilung des fehlenden Ab-schlusses des Vorverfahrens ist bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsa-cheninstanz möglich (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 78 Rn. 3).

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid vom 13.03.2008 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 09.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.

Die Klägerin lebte nicht mit dem Zeugen O in einer eheähnlichen Gemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) SGB II a. F. (bis 31.07.2006) oder einer Verantwortungs- und Ein-standsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c) SGB II (ab 01.08.2006).

Nach Auffassung der Kammer bestand zwischen der Klägerin und dem Zeugen O kein solches Zusammenleben, aufgrund dessen ein wechselseitiger Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.

Eine Vermutung für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft folgt für den Zeitraum ab dem 01.08.2006 nicht aus § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II. Zwar wohnten die Klägerin und der Zeuge O zum Zeitpunkt der Einführung des Vermutungstatbestandes mit Wirkung vom 01.08.2006 bereits mehr als ein Jahr zusammen, jedoch setzt das Zusammenleben im Sinne der Norm mehr voraus als ein bloßes zusammen Wohnen. Erforderlich ist ein Zusammenleben in Form einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft als Abgrenzung zu einer bloßen Wohngemeinschaft. Der Vermutungstatbestand greift nur dann ein, wenn ein Wirtschaften "aus einem Topf" vorliegt (LSG Nds.-Bremen, Beschluss v. 02.12.2008, Az.: L 9 AS 509/08 ER; LSG Hamburg, Beschluss v. 29.06.2011, Az.:L 5 AS 197/11 B ER; LSG Nds.-Bremen, Urteil v. 08.09.2011, Az.: L 15 AS 654/09). Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass eine solche Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht gegeben ist. Gegen das Bestehen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft spricht die Nutzung eines Waschsalons durch die Klägerin, obwohl der Zeuge O über eine Waschmaschine verfügte. Die Zeugen O und N L haben übereinstimmend bekundet, dass die Klägerin und ihre Söhne nicht die Waschmaschine des Zeugen O mitbenutzt haben, sondern ihre Wäsche jeweils in einem Waschsalon gewaschen haben. Diese Aussage deckt sich mit den Angaben der Klägerin. Der Zeuge G L ist hierzu nicht befragt worden. Die Kammer geht davon aus, dass das Unterlassen des gemeinsamen Gebrauch einer Waschmaschine, wie er sogar auch in reinen Wohngemeinschaften üblich ist, gegen ein solches Zusammenleben spricht, welches den Schluss auf eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zulässt.

Weiter spricht das Reinigen der jeweiligen persönlichen Bereiche zum einen durch die Klägerin und ihre Söhne sowie zum anderen durch den Zeugen O selbst gegen das Vor-liegen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft. Dass dies so erfolge, wurde von der Klägerin angegeben und von den drei Zeugen so bekundet. Auch dies lässt das Zusammenwohnen der Klägerin und des Zeugen O eher als Wohngemeinschaft denn als Zusammenwohnen aufgrund einer persönlichen Bindung erscheinen.

Schließlich haben die Zeugen O und G L übereinstimmend mit den Angaben der Klägerin ausgesagt, Einkäufe seien getrennt zwischen der Klägerin mit ihren Söhnen und dem Zeugen O erfolgt. Zwar sei man teilweise gemeinsam zum Einkaufen gefahren, es sei jedoch getrennt eingekauft und bezahlt worden. Der Zeuge N L hat bekundet, er glaube, man habe "alles für alle" gekauft. Der Beweiswert dieser Aussage wird jedoch dadurch gemindert, dass der Zeuge durch die Einleitung, er glaube dies, selbst zum Ausdruck gebracht hat, dass er keine genaue Kenntnis hierüber hat. Die Kammer hält die Erklärung der Klägerin, der damals gerade volljährige Sohn habe aufgrund seines Alters kein Interesse daran gehabt, sie bei den Einkäufen zu begleiten und habe daher auch keine Kenntnis von deren Ablauf, für nachvollziehbar. Die Kammer geht daher von getrennten Einkäufen der Klägerin und des Zeugen O aus und hält auch dies für ein deutliches Indiz gegen das Vorliegen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Die Kammer lässt nicht außer Acht, dass die Zeugen angegeben haben, dass ein gele-gentliches gemeinsames Kochen stattgefunden hat. Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch in Anbetracht der gegen das Vorliegen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft sprechenden Umstände nicht ausreichend, eine solche zu begründen. Ein gelegentliches gemeinsames Kochen ist auch für bloße Wohngemeinschaften nicht untypisch.

Die Kammer hat zwar Bedenken bezüglich der Glaubwürdigkeit der Klägerin, da diese ihre Angaben, insbesondere zum Erwerb des Kraftfahrzeugs, mehrfach geändert hat, hält die Zeugenaussagen jedoch für glaubhaft. Insbesondere die Zeugen N und G L haben auch über solche Umstände berichtet, welche für die Klägerin nachteilig hätten sein können, wie etwa das gelegentliche gemeinsame Kochen mit dem Zeugen O oder die Vermutung des Zeugen N L, man habe gemeinsam mit dem Zeugen O eingekauft.

Die Kammer geht schließlich auch davon aus, dass der Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a Nr. 3 SGB II nicht erfüllt ist. Unabhängig von der Frage, ob der Zeuge O die Zeugen N und G L im Sinne dieser Norm versorgt hat, stellen diese keine Kinder im Sinne der Norm dar. Die Zeugen waren zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums 17 und 18 Jahre alt und bedurften daher nicht mehr einer solchen Sorge, dass diese die Vermutung für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft begründen könnte.

Nachdem die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II nicht eingreift, ist die Beklagte mit der materiellen Beweislast hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit der Aufhebung der Leis-tungsbewilligung belastet (BSG, Urteil v. 21.03.2007, Az.: B 11a AL 21/06 R; BSG, Urteil v. 28.08.2007, Az.: B 7/7a AL 10/06 R ). Die Beklagte stützt die streitgegenständliche Auf-hebungs- und Erstattungsentscheidung darauf, dass aufgrund des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft kein Leistungsanspruch bestanden habe. Die Bewilligungsentscheidung sei daher von Beginn an rechtswidrig gewesen und somit nach § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben. Die Kammer ist jedoch nicht in dem gemäß § 128 Abs. 1 SGG erforderlichen Maß davon überzeugt, dass die Klägerin mit dem Zeugen O eine eheähnliche Gemeinschaft bzw. eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft gebildet hat. Der streitgegenständliche Aufhebungs- und Erstattungsbescheid war daher aufzuheben.

Voraussetzung für eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft ist das Bestehen einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft, die daneben keine weiteren Lebens-gemeinschaften gleicher Art zulässt und sich – im Sinne einer Verantwortungs- und Ein-standsgemeinschaft – durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Ein-stehen füreinander begründen, d.h. über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemein-schaft hinausgeht. Zu beurteilen ist das Vorliegen einer solchen Gemeinschaft anhand von Kriterien, durch welche der entsprechende Wille zu einer solchen Gemeinschaft nach außen in Erscheinung tritt. Dazu gehören insbesondere die Dauerhaftigkeit und Kontinuität der Beziehung, das Bestehen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, die gemeinsame Versorgung von Angehörigen oder gemeinsamer Kinder (so der Gesetzentwurf zu § 7 Abs. 3, 3a SGB II n.F., BT-Drs. 16/1410, S. 19 m.w.N.).

Anhaltspunkte für das Bestehen einer solchen Gemeinschaft sieht die Kammer in der Finanzierung des Kraftfahrzeugs der Klägerin durch den Zeugen O sowie in dem Foto, welches die Klägerin und den Zeugen O Hand in Hand zeigt. Hinsichtlich der Finan-zierung des Kraftfahrzeugs hat die Klägerin durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung der Frau C1 L1 jedoch nachgewiesen, dass der Zeuge O durch Übernahme einer Bürgschaft zumindest einer weiteren Person den Erwerb eines Fahrzeugs ermöglicht hat. Dies verringert die Indizwirkung für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft, welche der Finanzierung des Fahrzeugs zukommt, da eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft dadurch gekennzeichnet ist, dass sie keine weiteren gleichartigen Gemeinschaften zulässt (so die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1410, S. 19), der Zeuge O einen solchen "Freundschaftsdienst" aber auch anderen Personen erwiesen hat. Dem Foto misst die Kammer ebenfalls eine Indizwirkung zu. Sie geht jedoch nicht davon aus, dass dies zwingend für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft spricht, sondern hält es auch für möglich, dass es sich hierbei um ein scherzhaft gemeintes Verhalten gehandelt hat.

Die Kammer misst dem gemeinsamen Begehen von Weihnachten und Geburtstagen durch die Klägerin und den Zeugen O keine besondere Bedeutung bei, da dies eine nahezu zwingende Folge der tatsächlichen Wohnverhältnisse ist. Wenn lediglich ein Wohnzimmer vorhanden ist, belegt das gemeinsame dort sitzen zu Anlässen wie Weihnachten oder einem Geburtstag nach Auffassung der Kammer nicht, dass eine enge persönliche Bindung der dort wohnenden Personen besteht.

Gegen das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft spricht insbe-sondere, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen O bereits im März 2005 und somit deutlich vor Beginn des Leistungsbezugs ein Mietvertrag geschlossen worden ist. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Mietvertrag im Hinblick auf den Beginn des Leistungsbezugs abgeschlossen wurde. Dass der Mietvertrag tatsächlich bereits zu diesem Zeitpunkt geschlossen worden ist, folgt aus den entsprechenden Überweisungen, welche durch die Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen worden sind. Die Kammer ist der Auffassung, dass Personen, welche einander so nah stehen, dass bei ihnen der Wille anzunehmen ist, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, nach allgemeiner Lebenserfahrung miteinander keinen Mietvertrag schließen, wenn einer von ihnen in die Immobilie des anderen mit einzieht.

Bei einer Gesamtbetrachtung der genannten Umstände kommt die Kammer nicht zu einer hinreichenden Überzeugung dahingehend, dass es sich bei der Klägerin und dem Zeugen O um eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft bzw. eine eheähnliche Gemeinschaft handelt. Neben dem Abschluss des Mietvertrages sprechen vor allem die tatsächlichen Umstände des miteinander Wohnens, wie das getrennte Einkaufen, das getrennte Putzen und das Waschen durch die Klägerin in einem Waschsalon, gegen die Annahme einer solchen Gemeinschaft. Diese Umstände lassen die Beziehung zwischen der Klägerin und dem Zeugen O nicht als eine solche erscheinen, in welcher ein Partner für den anderen einzustehen und Verantwortung zu tragen bereit ist, sondern geben ihr das Gepräge einer reinen Wohngemeinschaft.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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