Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 26 AS 2855/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 67/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte für die Zeit vom 19. Juli 2007 bis zum 31. Januar 2008 die vom Kläger geltend gemachten Kosten der Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) übernehmen muss.
Der am ... 1963 geborene Kläger bewohnte im streitigen Zeitraum eine Wohnung, die im Eigentum seiner Mutter, Frau G. G., stand.
Er beantragte am 19. Juli 2007 bei dem Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Im Leistungsantrag hatte er zunächst keine Angaben zum Vermieter seiner Wohnung gemacht. In Grünschrift trug ein Mitarbeiter des Beklagten den Namen und die Anschrift der Mutter sowie 343,20 EUR monatlich als Kaltmiete ein. Unterhalb des Leistungsantrags befindet sich ebenfalls in Grünschrift ein Vermerk: "Kein Mietvertrag, Mutter hat auf dem Grundstück mehrere Wohnungen, eine bewohnt Herr G ...
Der Kläger reichte im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens eine Mietbescheinigung seiner Mutter vom 24. Juli 2007 ein. Hierin bestätigt diese, dass ihr Sohn die Miete in Höhe von 343,20 EUR monatlich seit dem Mietbeginn am 1. Januar bis Mai 2007 bezahlt habe. Mietschulden bestünden aus den Monaten Juni und Juli 2007 in Höhe von 686,40 EUR. Neben der Miete sei für die Nebenkosten ein Betrag von 80,00 EUR zu entrichten. Die Wohnfläche betrage 66 qm. Mit Schreiben vom 1. August 2007 forderte der Beklagte vom Kläger unter anderem Nachweise über die Zahlung der Miete für die letzten sechs Monate sowie für den Fall, dass die Mietzahlung nicht nachgewiesen werden könne, Nebenkostennachweise für den Wohnraum einzureichen. Unter dem 16. August 2007 übersandte der Kläger Kontoauszüge, Kopien von zwei Quittungen sowie einen Mietvertrag. Bei den Kontoauszügen handelt es sich um Auszüge seines Girokontos bei der O.-Sparkasse für den Zeitraum vom 14. Mai bis zum 4. Juli 2007. Der Kläger reichte diese Auszüge ungeordnet ein und kopierte sie so, dass nicht alle Angaben ersichtlich waren. Desweiteren übersandte er zwei Quittungen vom 2. Februar 2007 und vom 3. März 2007, in denen seine Mutter den Erhalt von 846,40 EUR für zwei Monatsmieten sowie 423,20 EUR für die Miete März 2007 bestätigt. Der Kläger führte hierzu aus, er habe leider keine weitere Miete bezahlen können. Seinem Schreiben war auch die Kopie eines Mietvertrags beigefügt, der als Vertragsparteien ihn und seine Mutter ausweist und der von seiner Mutter am 1. Januar 2007 unterzeichnet worden ist. In diesem Vertrag war die Zahlung des Mietzinses auf ein Girokonto der Mutter vorgesehen.
Mit Bescheid vom 30. August 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 19. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2007 monatliche Leistungen in Höhe von 150,37 EUR und für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 in Höhe von 347,00 EUR. Die vom Kläger geltend gemachten Wohnkosten wurden nicht berücksichtigt. Die Mietzahlungen an seine Mutter seien nicht plausibel. Er möge Nachweise über Nebenkosten und Heizkosten vorlegen. Bis zu deren Vorlage werde ihm nur die Regelleistung gewährt.
Am 1. Oktober 2007 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid ein. Bezüglich der Zahlung der Miete an seinen Vermieter verweise er auf den Mietvertrag. Er zahle eine Nebenkostenpauschale und müsse in Kürze Heizöl kaufen. Er bitte darum, die Mietzahlungen zu übernehmen. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2007 forderte der Beklagte den Kläger auf, die tatsächliche Zahlung der Miet-, Heiz- und Nebenkosten für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2007 nachzuweisen. Dazu solle er die entsprechenden Kontoauszüge vorlegen, aus denen die Kontenbewegungen hervorgingen, die die Zahlungen plausibel machen würden. Ohne diese Nachweise müsse davon ausgegangen werden, dass Zahlungen tatsächlich nicht erfolgt seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Tatsächliche Zahlungen für die Kosten der Unterkunft seien trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden. Dies könne zum Beispiel durch Kontenbewegungen erfolgen. Anhand der eingereichten Quittungen sei nicht erkennbar, dass der Kläger irgendwelche Zahlungen vorgenommen habe. Es sei daher davon auszugehen, dass er diese Kosten tatsächlich nicht bezahle und eine Hilfebedürftigkeit diesbezüglich nicht gegeben sei.
Unter dem 15. November 2007 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er wehre sich gegen die Unterstellung, dass die Zahlungen tatsächlich nicht erfolgt seien. Er bemühe sich derzeit um die Kostenvoranschläge für 1.500 l Heizöl, damit er seine Heizkosten für Winter 2007/2008 beantragen könne. Nach Vorlage einer Rechnung über die Lieferung von 1.508 l Heizöl bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Januar 2009 unter anderem 1.184,03 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung, die direkt an den Energielieferanten überwiesen wurden.
Der Kläger hat am 19. Dezember 2007 beim Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2007 erhoben. Er hat bemängelt, dass sein Antrag auf Kosten für Unterkunft und Heizung nicht berücksichtigt worden sei. Selbstverständlich habe er die Miete an seine Vermieterin zu bezahlen, auch wenn diese seine Mutter sei. Zum 1. Januar 2007 sei er von einer größeren Wohnung in die nunmehr bewohnte kleinere Wohnung auf dem Anwesen seiner Mutter umgezogen. Der Beklagte hat vorgetragen, bei einem Mietverhältnis zwischen Verwandten würden höhere Anforderungen an den Nachweis der tatsächlichen Zahlungen gelten. Regelmäßige Geldabgänge, die auf eine tatsächliche Mietzahlung schließen ließen, seien aus den eingereichten Kontoauszügen nicht ersichtlich. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 27. November 2008 die Klage angewiesen. Die Entscheidung des Beklagten, die Wohnkosten nicht zu übernehmen, sei nicht zu beanstanden. Es habe dem Kläger oblegen, die von ihm behaupteten Mietzahlungen durch Vorlage der Kontoauszüge plausibel nachzuweisen. Dem sei er nicht nachgekommen.
Der Kläger hat gegen den ihm am 31. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 28. Januar 2009 Berufung beim SG eingelegt, das diese an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Er sei, nachdem er sich das große Wohnhaus nicht mehr habe leisten können, in die Wohnung Nr. 7 auf dem Anwesen seiner Mutter umgezogen. Wäre ihm der Umstand bekannt gewesen, dass Mietzahlungen zu dokumentieren seien, hätte er die letzten Zahlungen über sein Konto bezahlt. Er werde versuchen, seine "Mietschulden (von August 2007 bis Februar 2009 = 6.520,80 EUR)" zu begleichen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat er ausgeführt, er habe am 15. September 2009 durch den Verkauf seiner Plattensammlung an einen Herrn R. 1.500,00 EUR erlöst. Damit habe er seine "Mietschulden für April, Mai, Juni bis zum 19. Juli 2007 in Höhe von 1.481,20 EUR" an seine Mutter zahlen können. Zum Beleg hat er u. a. eine Kopie der von seiner Mutter ausgestellten Quittung vom 15. September 2009 eingereicht, mit der diese bestätigt, den Betrag von 1.481,20 EUR als Miete für April, Mai, Juni bis 19. Juli 2007 erhalten zu haben. Er habe den Preis für seine Plattensammlung "speziell auf seine Mietschulden abgestellt". Seine Mutter habe sich in der Mietbescheinigung, die am 24. Juli 2007 ausgestellt worden sei, geirrt. Die Mietzahlung sei richtigerweise für die Monate April, Mai, Juni und bis zum 19. Juli 2007 offen gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. November 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2007 zu verurteilen, ihm für den Monat Juli 2007 183,39 EUR sowie für die Monate August 2007 bis Januar 2008 jeweils 423,20 EUR Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. November 2008 zurückzuweisen.
Er hat erwidert, die nachgeholte Bezahlung der Miete bis zur Antragstellung Mitte Juli 2007 sei als Versuch zu werten, im Nachhinein einen Zustand herzustellen, der die Gewährung von Unterkunftskosten ermöglichen solle. Auffällig sei, dass (1.) die Miete für April bis Mitte Juli 2007 erst über zwei Jahre später im September 2009 an die Mutter gezahlt worden sei, dass (2.) der Kläger einen Kaufpreis von 1.500,00 EUR erzielt habe, was für eine Plattensammlung recht hoch erscheine und (3.) dieser Betrag fast genau dem Betrag der zu zahlenden Miete von 1.481,20 EUR entsprochen habe. Auffällig sei ferner, dass der Kläger rückständige Miete seit April 2007 gezahlt habe, obwohl die Vermieterin am 24. Juli 2007 bestätigt habe, dass nur für die beiden Monate Juni und Juli 2007 noch Mietrückstände bestünden. Es scheine zwischen Mutter und Sohn keine Übereinstimmung hinsichtlich der noch ausstehenden Mietzahlungen zu herrschen. Dies könne nur darauf hindeuten, dass der Mietvertrag ohnehin nie vollzogen worden sei und daher auch nach zwei bis drei Jahren nicht klar sei, welche Miete schon bestätigt worden sei und welche noch ausstehen solle. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass fast drei Jahre lang Mietschulden bestanden hätten. Konsequenzen seien dem Kläger daraus jedoch nicht erwachsen. Insbesondere habe ihm durch die Nichtzahlung der Miete keine Wohnungslosigkeit gedroht.
Der Senat hat den Kläger gebeten, Kopien der Kontoauszüge für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Januar 2008 zu übersenden, seine Mietzahlungen vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2006 zu belegen sowie eine Kopie des Mietvertrags für die von ihm im Jahr 2006 bewohnte Wohnung vorzulegen. Der Kläger hat hierzu mitgeteilt, er hebe Kontoauszüge nur zwei Jahre auf. Die Miete habe er in bar an seine Mutter gezahlt. Unterlagen hat er nicht beigebracht.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Mutter des Klägers, Frau G. G., als Zeugin gehört. Hierzu wird auf das Protokoll der Sitzung verwiesen.
Die Gerichts- und Verwaltungsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und anschließenden Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Er hat keinen Anspruch auf die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Beklagten. Der die Verwaltungsentscheidung bestätigende Gerichtsbescheid des SG ist deshalb nicht zu beanstanden.
Der Streitgegenstand ist hier, dem Vorbringen des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren entsprechend, auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt. Insoweit handelt es sich um einen abtrennbare Verfügungssatz (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. März 2008 - B 11 B AS 41/06 R - juris).
Der Kläger ist in dem hier streitigen Zeitraum dem Grunde nach anspruchsberechtigt gewesen.
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 Abs.1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die
das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
erwerbsfähig sind,
hilfebedürftig sind und
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht
durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,
aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Der Kläger ist im passenden Alter und hilfebedürftig gewesen und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Der Senat geht auch von seiner Erwerbsfähigkeit aus, da zwar Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt worden sind, aber zu einer Erwerbsunfähigkeit keine Feststellung gemäß § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II getroffen wurde (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R – juris).
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit sie angemessen sind.
Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu übernehmen hat, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Dies sind in erster Linie Kosten, die durch Mietvertrag begründet sind, wie sie der Kläger vorliegend auch geltend macht. Es reicht aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 31/07 R - juris). Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist. Entscheidend ist der entsprechende rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. So ist ein Mietverhältnis auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige "Gefälligkeitsmiete" vereinbart ist, oder wenn der Mieter lediglich die Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat. Grundsicherungsrechtlich ist es sogar erwünscht, wenn der vereinbarte Mietzins etwa aus Gründen der verwandtschaftlichen Verbundenheit niedriger ist, als dies in einem Vermietverhältnis unter Fremden der Fall wäre (BSG, a.a.O.). Die Umstände des behaupteten Mietverhältnisses sind im Einzelnen zu ermitteln und zu würdigen. Bei dieser Gesamtwürdigung und bei der Auslegung der Vereinbarungen muss jedoch die tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, berücksichtigt werden. Im Übrigen sind die Kriterien, die der Bundesfinanzhof im Hinblick auf den sogenannten Fremdvergleich entwickelt hat, nach der Rechtsprechung des BSG im Grundsicherungsrecht nicht anwendbar (BSG, a.a.O.).
Der Senat geht von einem sogenannten Rechtsbindungswillen aus, wenn die vertragsbegründenden Erklärungen beider Vertragsparteien aus Sicht eines verständigen Adressaten den Willen des Erklärenden erkennen lassen, mit der Erklärung jeweils eine rechtliche Bindung zu bewirken. Dies führt dazu, dass die Erklärung nicht mehr einseitig widerrufen oder geändert werden kann. Beiden Willenerklärungen muss also ein Geltungswille ("sic volo sic iubeo" = "So will ich, so befehle ich") entnommen werden können. Sie sind insoweit abzugrenzen von der bloßen Erklärung der Vertragsbereitschaft, die als solche noch unverbindlich ist (Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 145 Rn. 7). Hierbei ist für den Fall des Mietvertrags unter nahen Angehörigen im Grundsicherungsrecht zu berücksichtigen, dass einem Missbrauch auch dann vorgebeugt werden muss, wenn die Vertragsparteien Mietpreise unterhalb der Angemessenheitsgrenze vereinbaren oder diese ausschöpfen.
Der Senat konnte nach umfassender Gesamtwürdigung der Umstände des Vertragsschlusses, unter Auswertung des Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten unter Berücksichtigung des - widersprüchlichen - Vortrags des Klägers sowie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (Einvernahme der Mutter als Zeugin) mit hinreichender Sicherheit weder einen Bindungswillen des Klägers noch einen Bindungswillen der Zeugin bezüglich des Mietvertrages vom 1. Januar 2007 feststellen.
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Bei der mündlichen Antragstellung am 19. Juli 2007 hatte der Kläger im Antragsformular keine Angaben zum Vermieter seiner Wohnung und zur Miethöhe gemacht, obwohl er im Januar desselben Jahres einen Mietvertrag mit seiner Mutter abgeschlossen haben will. Es erscheint lebensfremd, dass er die später vorgetragenen mietvertraglichen Verpflichtungen zu diesem Zeitpunkt nicht im Antragsformular eingetragen hat. Erst auf Nachfrage eines Mitarbeiters des Beklagten, was sich nach Auffassung des Senats aus der in Grünschrift vorgenommenen Ergänzung ergibt, sind der Name der Vermieterin sowie eine Kaltmiete in das Formular eingetragen worden. Unter dem Formular ist ebenfalls in Grünschrift vermerkt worden, dass kein Mietvertrag bestehe. Die Mutter habe auf dem Grundstück mehrere Wohnungen, von denen eine vom Kläger bewohnt werde. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger den Mietvertrag im Antragsformular zunächst nicht aufgeführt hatte, erscheint dieser Vermerk zutreffend, zumal es sich um eine dem Leistungszeitraum zeitlich näher liegende unterbliebene Äußerung des Klägers handelt, die unbeeinflusst von zukünftigen leistungsbezogenen Erwägungen gewesen sein dürfte.
Gegen die Glaubhaftigkeit des tatsächlichen Vollzugs des Mietvertrages spricht weiterhin, dass nach der Mietbescheinigung der Mutter vom 24. Juli 2007 Mietschulden für die Monate Juni bis Juli 2007 bestehen sollten, während der Kläger selbst bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, er habe bereits "nach dem März 2007 leider keine weitere Miete bezahlen können". Zwar lässt allein dieser einmalige Widerspruch, der auf einem Irrtum beruhen könnte, nicht mit hinreichender Sicherheit auf den fehlenden Vollzug des Vertrags schließen. Aber auch im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens sind neue Widersprüche im Hinblick auf die Mietzahlungen vom Kläger an die Mutter hinzugetreten. So hat er im Berufungsverfahren vorgetragen, er versuche seine "Mietschulden (von August 2007 bis Februar 2009)" zu begleichen. Im weiteren Verlauf hat er abweichend hiervon mitgeteilt, nach dem Verkauf seiner Plattensammlung "Mietschulden für April, Mai, Juni bis 19. Juli 2007" an seine Mutter bezahlt zu haben und hat eine Kopie der von seiner Mutter ausgestellten Quittung vom 15. September 2009 eingereicht. Diese Widersprüche der Vertragsparteien im Hinblick auf die Umsetzung des Mietvertrags sprechen nicht dafür, dass der Mietvertrag tatsächlich vollzogen worden ist. Sie lassen vielmehr erkennen, dass die Mietzahlungsverpflichtungen nicht ernsthaft erfüllt werden sollten. Gerade vor dem Hintergrund der vom Kläger behaupteten geringen finanziellen Mittel erscheint es unglaubhaft, dass beide Vertragsparteien nicht mehr wissen, welche Mietzahlungen erfolgt sind und welche nicht. Auch ein mehrfacher Irrtum der Vertragsparteien, wie ihn der Kläger unter anderem seiner Mutter im Hinblick auf deren Mietbescheinigung vom 24. Juli 2007 unterstellt, erscheint in der Gesamtwürdigung unglaubhaft.
Dies gilt auch deshalb, da die Beteiligten im Mietvertrag eine Überweisung des Mietzinses auf das Konto der Mutter vereinbart hatten, diese aber nie praktiziert wurde. Nach Auskunft des Klägers sei auch zuvor der Mietzins in der größeren, ebenfalls von der Mutter angemieteten Wohnung, immer in bar bezahlt worden. Er habe - so der Vortrag des Klägers - die Mittel aus der Barschaft nach dem Erbfall seines Vaters verwendet. Es erscheint dem Senat jedoch wenig lebensnah, dass die Beteiligten ab Januar 2007 eine Überweisung auf das Konto vereinbarten, wenn zwischen ihnen klar war, dass die Miete immer bar bezahlt wurde und auch nachfolgend bar bezahlt worden ist.
Zudem spricht gegen den Rechtsbindungswillen und den tatsächlichen Vollzug des Vertrages, dass der Kläger laut den im Verwaltungsverfahren eingereichten Kontoauszügen am 30. Mai 2007 100,00 EUR, am 31. Mai 2007 250,00 EUR, am 19. Juni 2007 100,00 EUR sowie am 26. Juli 2007 100,00 EUR auf sein Konto eingezahlt hat. Sollte - wie der Kläger im Berufungsverfahren zuletzt vorgetragen hat - die Miete für die Monate April, Mai, Juni bis zum 19. Juli 2007 noch nicht bezahlt worden sein, ist es nicht nachvollziehbar, dass er die genannten Barbeträge nicht für die Begleichung seiner Mietschulden eingesetzt, sondern auf sein Konto einzahlt hat. Nach Auffassung des Senats spricht diese Verfahrensweise gerade dafür, dass er keiner Mietzinszahlungsverpflichtung gegenüber seiner Mutter ausgesetzt war. Anderenfalls hätte er den Betrag zunächst zur Schuldentilgung nutzen müssen, anstatt sie auf seinem Konto gutschreiben zu lassen.
Weiterhin spricht gegen die Ernsthaftigkeit der vertraglichen Vereinbarung zwischen Kläger und Mutter, dass jene die Nichtzahlung der Miete im Jahr 2007 bis zum 15. September 2009, dem Tag des behaupteten Verkaufs einer Plattensammlung, offenbar beanstandungslos hingenommen hat. Es ist auch lebensfremd, dass der Kläger - wie er im Berufungsverfahren vorgetragen hat - den Preis für seine Plattensammlung "speziell auf die Höhe seiner Mietschulden abstimmen" konnte.
Es ist ebenfalls nicht erklärbar, warum er die oben genannten Barbeträge im Jahr 2007 auf sein Konto einzahlen konnte, obwohl er sein Barvermögen nach dem letzten Schriftsatz vom 31. Mai 2012 "bis Ende 2006" verbraucht haben will. Insbesondere erscheint damit auch zweifelhaft, ob die von der Mutter ausgestellten Quittungen vom 2. Februar 2007 und vom 3. März 2007 für bare Mietzahlungen in den Monaten Januar bis März 2007 zutreffend sind, da zu diesem Zeitpunkt die Barschaft nach den Angaben des Klägers bereits verbraucht war.
Auch die Vernehmung der Mutter als Zeugin sowie die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2012 haben nicht dazu geführt, dass der Senat die dargestellten Widersprüche entkräften und den rechtlichen Bindungswillen beider Vertragsparteien feststellen konnte. Vielmehr haben sich eine Vielzahl weiterer Widersprüche ergeben, die gegen den jeweiligen Bindungswillen sprechen:
So hat der Kläger im Hinblick auf die bis Ende 2006 von ihm bewohnte Wohnung zunächst angegeben, er habe den Mietvertrag über diese Wohnung nicht aufgehoben. Auf Vorhalt seiner früheren Angaben hat er diesen Vortrag dahingehend verändert, dass der Mietvertrag mündlich geschlossen worden sei. Während der Kläger mitgeteilt hat, dass die Mietzahlungen für diese Wohnung regelmäßig zum Ersten eines Monats in der Küche der Zeugin erfolgt seien und er dafür Quittungen erhalten habe, hat die Zeugin ausgesagt, sie habe zwar monatlich 400,- EUR erhalten, aber keine Quittungen ausgestellt. Nicht miteinander zu vereinbaren sind auch die Angaben des Klägers und die Aussagen der Zeugin bezüglich des Einzugs in die ab dem Jahr 2007 vom Kläger bewohnte Wohnung. Während der Kläger mitgeteilt hat, er sei Weihnachten 2006 umgezogen, hat die Zeugin erklärt, dass der Umzug erst nach Abschluss des Mietvertrags im Januar 2007 erfolgt sei. Nicht nachvollziehbar für den Senat ist weiterhin, dass der Kläger nicht erklären konnte, warum er zwischen Mai und Juli 2007 insgesamt 550,- EUR auf sein Girokonto eingezahlt hat, obwohl er zur Begründung seines Anspruchs ausgeführt hatte, er habe keine finanziellen Mittel mehr gehabt und die seiner Mutter geschuldete Miete nicht bezahlen können. Er hat auch auf ausdrückliche Befragung in der mündlichen Verhandlung hierfür keine Erklärung angeben können. Der Kläger und seine Mutter konnten auch nicht erklären, warum sie trotz der in den Jahren 2006 und 2007 immer durchgeführten Barzahlungen in dem Mietvertrag, der unter dem 1. Januar 2007 geschlossen worden sein soll, eine Kontoüberweisung vereinbart und das Konto der Mutter angegeben hatten. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung hierzu vorgetragen, dass er diese Vereinbarung selbst nicht nachvollziehen könne.
Beide Vertragsparteien konnten in der mündlichen Verhandlung auch nicht erklären, wie der Mietpreis für die Wohnung ermittelt worden sein soll. Wenn tatsächlich – wie der Kläger ausgesagt hat – seit dem Jahr 2000 keine Mietverträge mit Dritten mehr geschlossen werden konnten, erscheint die hier vereinbarte Miete bei weitem überhöht und dürfte im Bereich der Sittenwidrigkeit liegen, so dass auch aus diesem Grund eine Unwirksamkeit des Mietvertrags anzunehmen wäre. Auch die Widersprüche im Hinblick auf die noch ausstehenden Mieten konnten weder Sohn noch Mutter in der mündlichen Verhandlung erklären. Vielmehr haben sie vorgetragen, sie könnten sich diese nicht erklären bzw. hätten sich geirrt. Gegensätzliche Angaben haben der Kläger und die Zeugin schließlich im Hinblick darauf gemacht, wer die Summe in der Quittung vom 15. September 2009 ermittelt hat. Während der Kläger erklärt hat, er habe die Summe ausgerechnet, hat die Zeugin ausgesagt, sie habe dies getan.
Gegen ein ernsthaften Bindungswillen spricht zudem, dass nicht nur im Hinblick auf den Mietpreis, sondern auch auf die vermieteten Räume keine Übereinstimmung zwischen Vermieter und Mieter bestanden. Während der Kläger vorgetragen hat, der Wintergarten sei nicht vom Mietvertrag umfasst worden, hat die Mutter ausgesagt, der Kläger habe den Wintergarten nutzen können. Auch im Hinblick auf die Quadratmeterzahl der vermieteten Räumlichkeiten, die in der vom Beklagten beigezogenen Objektbeschreibung mit 80 m² angegeben ist, im Mietvertrag aber mit 66 m² Wohnfläche ausgewiesen wird, konnten die Vertragsparteien keine näheren Erklärungen abgeben.
Gegen die Ernsthaftigkeit spricht ferner, dass schriftliche Mahnungen oder Kündigungen seitens der Zeugin nicht erfolgt sind. Der Umstand, dass die Zeugin keine Steuererklärung im Hinblick auf die in den Jahren 2006, 2007 und 2009 vereinnahmten Mieten abgegeben hat, stützt die Behauptung eines ernsthaften Bindungswillens nicht. Im Jahr 2006 hatte sie immerhin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung 4.800,00 EUR Mieteinnahmen erzielt, die der Sohn ihr in bar übergeben haben soll. Obwohl die Zeugin weiß, dass eine Steuererklärung im Hinblick auf diese Mieteinnahmen erforderlich ist, hat sie auf ausdrückliche Nachfrage mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt sei, ihre Mieteinnahmen nachträglich zu erklären.
Gegen den Bindungswillen spricht auch, dass der Betrag von 1.481,20 EUR, den die Zeugin auf der Quittung vom 15. September 2009 aufgeführt hat, nicht der Summe entspricht, die für den quittierten Zeitraum an Mietschulden bestanden haben müsste. Weder die Zeugin noch der Kläger konnten erklären, wie sie zu diesem Betrag gekommen sind. Das gleiche gilt für die vom Kläger als Mietschulden angeführte Summe von 6.520,80 EUR, die nur der Kaltmiete ohne die vereinbarte Nebenkostenpauschale entspricht. Gegen die Glaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers spricht ferner, dass er die Kontoauszüge, die der Senat kurz vor der mündlichen Verhandlung angefordert hat, nicht aufgehoben hat. Ihm war bereits während des Verwaltungsverfahrens klar, dass es auf die Zahlungsausgänge und die Zahlungseingänge ankommen könnte. Er hat insoweit in der mündlichen Verhandlung auch keine Erklärung dafür abgeben können, warum er die Unterlagen nicht aufgehoben hat.
Gegen die Richtigkeit des Vortrags von Kläger und Zeugin spricht schließlich, dass die Zeugin erklärt hat, der Mietvertrag zum 1. Januar 2007 sei abgeschlossen worden, da die Zeugin nicht mehr "Hotel Mama" habe sein wollen. Denn nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und seiner Mutter hatte diese als Vermieterin bereits im Jahr 2006 monatlich 400,00 EUR Mietzins von ihrem Sohn eingenommen. Der Vortrag der Zeugin, sie habe mit dem Mietvertrag zum 1. Januar 2007 das kostenfreie Wohnen im "Hotel Mama" beenden wollen, kann damit nicht zutreffend sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte für die Zeit vom 19. Juli 2007 bis zum 31. Januar 2008 die vom Kläger geltend gemachten Kosten der Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) übernehmen muss.
Der am ... 1963 geborene Kläger bewohnte im streitigen Zeitraum eine Wohnung, die im Eigentum seiner Mutter, Frau G. G., stand.
Er beantragte am 19. Juli 2007 bei dem Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Im Leistungsantrag hatte er zunächst keine Angaben zum Vermieter seiner Wohnung gemacht. In Grünschrift trug ein Mitarbeiter des Beklagten den Namen und die Anschrift der Mutter sowie 343,20 EUR monatlich als Kaltmiete ein. Unterhalb des Leistungsantrags befindet sich ebenfalls in Grünschrift ein Vermerk: "Kein Mietvertrag, Mutter hat auf dem Grundstück mehrere Wohnungen, eine bewohnt Herr G ...
Der Kläger reichte im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens eine Mietbescheinigung seiner Mutter vom 24. Juli 2007 ein. Hierin bestätigt diese, dass ihr Sohn die Miete in Höhe von 343,20 EUR monatlich seit dem Mietbeginn am 1. Januar bis Mai 2007 bezahlt habe. Mietschulden bestünden aus den Monaten Juni und Juli 2007 in Höhe von 686,40 EUR. Neben der Miete sei für die Nebenkosten ein Betrag von 80,00 EUR zu entrichten. Die Wohnfläche betrage 66 qm. Mit Schreiben vom 1. August 2007 forderte der Beklagte vom Kläger unter anderem Nachweise über die Zahlung der Miete für die letzten sechs Monate sowie für den Fall, dass die Mietzahlung nicht nachgewiesen werden könne, Nebenkostennachweise für den Wohnraum einzureichen. Unter dem 16. August 2007 übersandte der Kläger Kontoauszüge, Kopien von zwei Quittungen sowie einen Mietvertrag. Bei den Kontoauszügen handelt es sich um Auszüge seines Girokontos bei der O.-Sparkasse für den Zeitraum vom 14. Mai bis zum 4. Juli 2007. Der Kläger reichte diese Auszüge ungeordnet ein und kopierte sie so, dass nicht alle Angaben ersichtlich waren. Desweiteren übersandte er zwei Quittungen vom 2. Februar 2007 und vom 3. März 2007, in denen seine Mutter den Erhalt von 846,40 EUR für zwei Monatsmieten sowie 423,20 EUR für die Miete März 2007 bestätigt. Der Kläger führte hierzu aus, er habe leider keine weitere Miete bezahlen können. Seinem Schreiben war auch die Kopie eines Mietvertrags beigefügt, der als Vertragsparteien ihn und seine Mutter ausweist und der von seiner Mutter am 1. Januar 2007 unterzeichnet worden ist. In diesem Vertrag war die Zahlung des Mietzinses auf ein Girokonto der Mutter vorgesehen.
Mit Bescheid vom 30. August 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 19. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2007 monatliche Leistungen in Höhe von 150,37 EUR und für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 in Höhe von 347,00 EUR. Die vom Kläger geltend gemachten Wohnkosten wurden nicht berücksichtigt. Die Mietzahlungen an seine Mutter seien nicht plausibel. Er möge Nachweise über Nebenkosten und Heizkosten vorlegen. Bis zu deren Vorlage werde ihm nur die Regelleistung gewährt.
Am 1. Oktober 2007 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid ein. Bezüglich der Zahlung der Miete an seinen Vermieter verweise er auf den Mietvertrag. Er zahle eine Nebenkostenpauschale und müsse in Kürze Heizöl kaufen. Er bitte darum, die Mietzahlungen zu übernehmen. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2007 forderte der Beklagte den Kläger auf, die tatsächliche Zahlung der Miet-, Heiz- und Nebenkosten für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2007 nachzuweisen. Dazu solle er die entsprechenden Kontoauszüge vorlegen, aus denen die Kontenbewegungen hervorgingen, die die Zahlungen plausibel machen würden. Ohne diese Nachweise müsse davon ausgegangen werden, dass Zahlungen tatsächlich nicht erfolgt seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Tatsächliche Zahlungen für die Kosten der Unterkunft seien trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden. Dies könne zum Beispiel durch Kontenbewegungen erfolgen. Anhand der eingereichten Quittungen sei nicht erkennbar, dass der Kläger irgendwelche Zahlungen vorgenommen habe. Es sei daher davon auszugehen, dass er diese Kosten tatsächlich nicht bezahle und eine Hilfebedürftigkeit diesbezüglich nicht gegeben sei.
Unter dem 15. November 2007 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er wehre sich gegen die Unterstellung, dass die Zahlungen tatsächlich nicht erfolgt seien. Er bemühe sich derzeit um die Kostenvoranschläge für 1.500 l Heizöl, damit er seine Heizkosten für Winter 2007/2008 beantragen könne. Nach Vorlage einer Rechnung über die Lieferung von 1.508 l Heizöl bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Januar 2009 unter anderem 1.184,03 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung, die direkt an den Energielieferanten überwiesen wurden.
Der Kläger hat am 19. Dezember 2007 beim Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2007 erhoben. Er hat bemängelt, dass sein Antrag auf Kosten für Unterkunft und Heizung nicht berücksichtigt worden sei. Selbstverständlich habe er die Miete an seine Vermieterin zu bezahlen, auch wenn diese seine Mutter sei. Zum 1. Januar 2007 sei er von einer größeren Wohnung in die nunmehr bewohnte kleinere Wohnung auf dem Anwesen seiner Mutter umgezogen. Der Beklagte hat vorgetragen, bei einem Mietverhältnis zwischen Verwandten würden höhere Anforderungen an den Nachweis der tatsächlichen Zahlungen gelten. Regelmäßige Geldabgänge, die auf eine tatsächliche Mietzahlung schließen ließen, seien aus den eingereichten Kontoauszügen nicht ersichtlich. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 27. November 2008 die Klage angewiesen. Die Entscheidung des Beklagten, die Wohnkosten nicht zu übernehmen, sei nicht zu beanstanden. Es habe dem Kläger oblegen, die von ihm behaupteten Mietzahlungen durch Vorlage der Kontoauszüge plausibel nachzuweisen. Dem sei er nicht nachgekommen.
Der Kläger hat gegen den ihm am 31. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 28. Januar 2009 Berufung beim SG eingelegt, das diese an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Er sei, nachdem er sich das große Wohnhaus nicht mehr habe leisten können, in die Wohnung Nr. 7 auf dem Anwesen seiner Mutter umgezogen. Wäre ihm der Umstand bekannt gewesen, dass Mietzahlungen zu dokumentieren seien, hätte er die letzten Zahlungen über sein Konto bezahlt. Er werde versuchen, seine "Mietschulden (von August 2007 bis Februar 2009 = 6.520,80 EUR)" zu begleichen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat er ausgeführt, er habe am 15. September 2009 durch den Verkauf seiner Plattensammlung an einen Herrn R. 1.500,00 EUR erlöst. Damit habe er seine "Mietschulden für April, Mai, Juni bis zum 19. Juli 2007 in Höhe von 1.481,20 EUR" an seine Mutter zahlen können. Zum Beleg hat er u. a. eine Kopie der von seiner Mutter ausgestellten Quittung vom 15. September 2009 eingereicht, mit der diese bestätigt, den Betrag von 1.481,20 EUR als Miete für April, Mai, Juni bis 19. Juli 2007 erhalten zu haben. Er habe den Preis für seine Plattensammlung "speziell auf seine Mietschulden abgestellt". Seine Mutter habe sich in der Mietbescheinigung, die am 24. Juli 2007 ausgestellt worden sei, geirrt. Die Mietzahlung sei richtigerweise für die Monate April, Mai, Juni und bis zum 19. Juli 2007 offen gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. November 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2007 zu verurteilen, ihm für den Monat Juli 2007 183,39 EUR sowie für die Monate August 2007 bis Januar 2008 jeweils 423,20 EUR Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. November 2008 zurückzuweisen.
Er hat erwidert, die nachgeholte Bezahlung der Miete bis zur Antragstellung Mitte Juli 2007 sei als Versuch zu werten, im Nachhinein einen Zustand herzustellen, der die Gewährung von Unterkunftskosten ermöglichen solle. Auffällig sei, dass (1.) die Miete für April bis Mitte Juli 2007 erst über zwei Jahre später im September 2009 an die Mutter gezahlt worden sei, dass (2.) der Kläger einen Kaufpreis von 1.500,00 EUR erzielt habe, was für eine Plattensammlung recht hoch erscheine und (3.) dieser Betrag fast genau dem Betrag der zu zahlenden Miete von 1.481,20 EUR entsprochen habe. Auffällig sei ferner, dass der Kläger rückständige Miete seit April 2007 gezahlt habe, obwohl die Vermieterin am 24. Juli 2007 bestätigt habe, dass nur für die beiden Monate Juni und Juli 2007 noch Mietrückstände bestünden. Es scheine zwischen Mutter und Sohn keine Übereinstimmung hinsichtlich der noch ausstehenden Mietzahlungen zu herrschen. Dies könne nur darauf hindeuten, dass der Mietvertrag ohnehin nie vollzogen worden sei und daher auch nach zwei bis drei Jahren nicht klar sei, welche Miete schon bestätigt worden sei und welche noch ausstehen solle. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass fast drei Jahre lang Mietschulden bestanden hätten. Konsequenzen seien dem Kläger daraus jedoch nicht erwachsen. Insbesondere habe ihm durch die Nichtzahlung der Miete keine Wohnungslosigkeit gedroht.
Der Senat hat den Kläger gebeten, Kopien der Kontoauszüge für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Januar 2008 zu übersenden, seine Mietzahlungen vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2006 zu belegen sowie eine Kopie des Mietvertrags für die von ihm im Jahr 2006 bewohnte Wohnung vorzulegen. Der Kläger hat hierzu mitgeteilt, er hebe Kontoauszüge nur zwei Jahre auf. Die Miete habe er in bar an seine Mutter gezahlt. Unterlagen hat er nicht beigebracht.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Mutter des Klägers, Frau G. G., als Zeugin gehört. Hierzu wird auf das Protokoll der Sitzung verwiesen.
Die Gerichts- und Verwaltungsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und anschließenden Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Er hat keinen Anspruch auf die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Beklagten. Der die Verwaltungsentscheidung bestätigende Gerichtsbescheid des SG ist deshalb nicht zu beanstanden.
Der Streitgegenstand ist hier, dem Vorbringen des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren entsprechend, auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt. Insoweit handelt es sich um einen abtrennbare Verfügungssatz (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. März 2008 - B 11 B AS 41/06 R - juris).
Der Kläger ist in dem hier streitigen Zeitraum dem Grunde nach anspruchsberechtigt gewesen.
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 Abs.1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die
das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
erwerbsfähig sind,
hilfebedürftig sind und
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht
durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,
aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Der Kläger ist im passenden Alter und hilfebedürftig gewesen und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Der Senat geht auch von seiner Erwerbsfähigkeit aus, da zwar Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt worden sind, aber zu einer Erwerbsunfähigkeit keine Feststellung gemäß § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II getroffen wurde (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R – juris).
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit sie angemessen sind.
Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu übernehmen hat, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Dies sind in erster Linie Kosten, die durch Mietvertrag begründet sind, wie sie der Kläger vorliegend auch geltend macht. Es reicht aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 31/07 R - juris). Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist. Entscheidend ist der entsprechende rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. So ist ein Mietverhältnis auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige "Gefälligkeitsmiete" vereinbart ist, oder wenn der Mieter lediglich die Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat. Grundsicherungsrechtlich ist es sogar erwünscht, wenn der vereinbarte Mietzins etwa aus Gründen der verwandtschaftlichen Verbundenheit niedriger ist, als dies in einem Vermietverhältnis unter Fremden der Fall wäre (BSG, a.a.O.). Die Umstände des behaupteten Mietverhältnisses sind im Einzelnen zu ermitteln und zu würdigen. Bei dieser Gesamtwürdigung und bei der Auslegung der Vereinbarungen muss jedoch die tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, berücksichtigt werden. Im Übrigen sind die Kriterien, die der Bundesfinanzhof im Hinblick auf den sogenannten Fremdvergleich entwickelt hat, nach der Rechtsprechung des BSG im Grundsicherungsrecht nicht anwendbar (BSG, a.a.O.).
Der Senat geht von einem sogenannten Rechtsbindungswillen aus, wenn die vertragsbegründenden Erklärungen beider Vertragsparteien aus Sicht eines verständigen Adressaten den Willen des Erklärenden erkennen lassen, mit der Erklärung jeweils eine rechtliche Bindung zu bewirken. Dies führt dazu, dass die Erklärung nicht mehr einseitig widerrufen oder geändert werden kann. Beiden Willenerklärungen muss also ein Geltungswille ("sic volo sic iubeo" = "So will ich, so befehle ich") entnommen werden können. Sie sind insoweit abzugrenzen von der bloßen Erklärung der Vertragsbereitschaft, die als solche noch unverbindlich ist (Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 145 Rn. 7). Hierbei ist für den Fall des Mietvertrags unter nahen Angehörigen im Grundsicherungsrecht zu berücksichtigen, dass einem Missbrauch auch dann vorgebeugt werden muss, wenn die Vertragsparteien Mietpreise unterhalb der Angemessenheitsgrenze vereinbaren oder diese ausschöpfen.
Der Senat konnte nach umfassender Gesamtwürdigung der Umstände des Vertragsschlusses, unter Auswertung des Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten unter Berücksichtigung des - widersprüchlichen - Vortrags des Klägers sowie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (Einvernahme der Mutter als Zeugin) mit hinreichender Sicherheit weder einen Bindungswillen des Klägers noch einen Bindungswillen der Zeugin bezüglich des Mietvertrages vom 1. Januar 2007 feststellen.
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Bei der mündlichen Antragstellung am 19. Juli 2007 hatte der Kläger im Antragsformular keine Angaben zum Vermieter seiner Wohnung und zur Miethöhe gemacht, obwohl er im Januar desselben Jahres einen Mietvertrag mit seiner Mutter abgeschlossen haben will. Es erscheint lebensfremd, dass er die später vorgetragenen mietvertraglichen Verpflichtungen zu diesem Zeitpunkt nicht im Antragsformular eingetragen hat. Erst auf Nachfrage eines Mitarbeiters des Beklagten, was sich nach Auffassung des Senats aus der in Grünschrift vorgenommenen Ergänzung ergibt, sind der Name der Vermieterin sowie eine Kaltmiete in das Formular eingetragen worden. Unter dem Formular ist ebenfalls in Grünschrift vermerkt worden, dass kein Mietvertrag bestehe. Die Mutter habe auf dem Grundstück mehrere Wohnungen, von denen eine vom Kläger bewohnt werde. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger den Mietvertrag im Antragsformular zunächst nicht aufgeführt hatte, erscheint dieser Vermerk zutreffend, zumal es sich um eine dem Leistungszeitraum zeitlich näher liegende unterbliebene Äußerung des Klägers handelt, die unbeeinflusst von zukünftigen leistungsbezogenen Erwägungen gewesen sein dürfte.
Gegen die Glaubhaftigkeit des tatsächlichen Vollzugs des Mietvertrages spricht weiterhin, dass nach der Mietbescheinigung der Mutter vom 24. Juli 2007 Mietschulden für die Monate Juni bis Juli 2007 bestehen sollten, während der Kläger selbst bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, er habe bereits "nach dem März 2007 leider keine weitere Miete bezahlen können". Zwar lässt allein dieser einmalige Widerspruch, der auf einem Irrtum beruhen könnte, nicht mit hinreichender Sicherheit auf den fehlenden Vollzug des Vertrags schließen. Aber auch im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens sind neue Widersprüche im Hinblick auf die Mietzahlungen vom Kläger an die Mutter hinzugetreten. So hat er im Berufungsverfahren vorgetragen, er versuche seine "Mietschulden (von August 2007 bis Februar 2009)" zu begleichen. Im weiteren Verlauf hat er abweichend hiervon mitgeteilt, nach dem Verkauf seiner Plattensammlung "Mietschulden für April, Mai, Juni bis 19. Juli 2007" an seine Mutter bezahlt zu haben und hat eine Kopie der von seiner Mutter ausgestellten Quittung vom 15. September 2009 eingereicht. Diese Widersprüche der Vertragsparteien im Hinblick auf die Umsetzung des Mietvertrags sprechen nicht dafür, dass der Mietvertrag tatsächlich vollzogen worden ist. Sie lassen vielmehr erkennen, dass die Mietzahlungsverpflichtungen nicht ernsthaft erfüllt werden sollten. Gerade vor dem Hintergrund der vom Kläger behaupteten geringen finanziellen Mittel erscheint es unglaubhaft, dass beide Vertragsparteien nicht mehr wissen, welche Mietzahlungen erfolgt sind und welche nicht. Auch ein mehrfacher Irrtum der Vertragsparteien, wie ihn der Kläger unter anderem seiner Mutter im Hinblick auf deren Mietbescheinigung vom 24. Juli 2007 unterstellt, erscheint in der Gesamtwürdigung unglaubhaft.
Dies gilt auch deshalb, da die Beteiligten im Mietvertrag eine Überweisung des Mietzinses auf das Konto der Mutter vereinbart hatten, diese aber nie praktiziert wurde. Nach Auskunft des Klägers sei auch zuvor der Mietzins in der größeren, ebenfalls von der Mutter angemieteten Wohnung, immer in bar bezahlt worden. Er habe - so der Vortrag des Klägers - die Mittel aus der Barschaft nach dem Erbfall seines Vaters verwendet. Es erscheint dem Senat jedoch wenig lebensnah, dass die Beteiligten ab Januar 2007 eine Überweisung auf das Konto vereinbarten, wenn zwischen ihnen klar war, dass die Miete immer bar bezahlt wurde und auch nachfolgend bar bezahlt worden ist.
Zudem spricht gegen den Rechtsbindungswillen und den tatsächlichen Vollzug des Vertrages, dass der Kläger laut den im Verwaltungsverfahren eingereichten Kontoauszügen am 30. Mai 2007 100,00 EUR, am 31. Mai 2007 250,00 EUR, am 19. Juni 2007 100,00 EUR sowie am 26. Juli 2007 100,00 EUR auf sein Konto eingezahlt hat. Sollte - wie der Kläger im Berufungsverfahren zuletzt vorgetragen hat - die Miete für die Monate April, Mai, Juni bis zum 19. Juli 2007 noch nicht bezahlt worden sein, ist es nicht nachvollziehbar, dass er die genannten Barbeträge nicht für die Begleichung seiner Mietschulden eingesetzt, sondern auf sein Konto einzahlt hat. Nach Auffassung des Senats spricht diese Verfahrensweise gerade dafür, dass er keiner Mietzinszahlungsverpflichtung gegenüber seiner Mutter ausgesetzt war. Anderenfalls hätte er den Betrag zunächst zur Schuldentilgung nutzen müssen, anstatt sie auf seinem Konto gutschreiben zu lassen.
Weiterhin spricht gegen die Ernsthaftigkeit der vertraglichen Vereinbarung zwischen Kläger und Mutter, dass jene die Nichtzahlung der Miete im Jahr 2007 bis zum 15. September 2009, dem Tag des behaupteten Verkaufs einer Plattensammlung, offenbar beanstandungslos hingenommen hat. Es ist auch lebensfremd, dass der Kläger - wie er im Berufungsverfahren vorgetragen hat - den Preis für seine Plattensammlung "speziell auf die Höhe seiner Mietschulden abstimmen" konnte.
Es ist ebenfalls nicht erklärbar, warum er die oben genannten Barbeträge im Jahr 2007 auf sein Konto einzahlen konnte, obwohl er sein Barvermögen nach dem letzten Schriftsatz vom 31. Mai 2012 "bis Ende 2006" verbraucht haben will. Insbesondere erscheint damit auch zweifelhaft, ob die von der Mutter ausgestellten Quittungen vom 2. Februar 2007 und vom 3. März 2007 für bare Mietzahlungen in den Monaten Januar bis März 2007 zutreffend sind, da zu diesem Zeitpunkt die Barschaft nach den Angaben des Klägers bereits verbraucht war.
Auch die Vernehmung der Mutter als Zeugin sowie die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2012 haben nicht dazu geführt, dass der Senat die dargestellten Widersprüche entkräften und den rechtlichen Bindungswillen beider Vertragsparteien feststellen konnte. Vielmehr haben sich eine Vielzahl weiterer Widersprüche ergeben, die gegen den jeweiligen Bindungswillen sprechen:
So hat der Kläger im Hinblick auf die bis Ende 2006 von ihm bewohnte Wohnung zunächst angegeben, er habe den Mietvertrag über diese Wohnung nicht aufgehoben. Auf Vorhalt seiner früheren Angaben hat er diesen Vortrag dahingehend verändert, dass der Mietvertrag mündlich geschlossen worden sei. Während der Kläger mitgeteilt hat, dass die Mietzahlungen für diese Wohnung regelmäßig zum Ersten eines Monats in der Küche der Zeugin erfolgt seien und er dafür Quittungen erhalten habe, hat die Zeugin ausgesagt, sie habe zwar monatlich 400,- EUR erhalten, aber keine Quittungen ausgestellt. Nicht miteinander zu vereinbaren sind auch die Angaben des Klägers und die Aussagen der Zeugin bezüglich des Einzugs in die ab dem Jahr 2007 vom Kläger bewohnte Wohnung. Während der Kläger mitgeteilt hat, er sei Weihnachten 2006 umgezogen, hat die Zeugin erklärt, dass der Umzug erst nach Abschluss des Mietvertrags im Januar 2007 erfolgt sei. Nicht nachvollziehbar für den Senat ist weiterhin, dass der Kläger nicht erklären konnte, warum er zwischen Mai und Juli 2007 insgesamt 550,- EUR auf sein Girokonto eingezahlt hat, obwohl er zur Begründung seines Anspruchs ausgeführt hatte, er habe keine finanziellen Mittel mehr gehabt und die seiner Mutter geschuldete Miete nicht bezahlen können. Er hat auch auf ausdrückliche Befragung in der mündlichen Verhandlung hierfür keine Erklärung angeben können. Der Kläger und seine Mutter konnten auch nicht erklären, warum sie trotz der in den Jahren 2006 und 2007 immer durchgeführten Barzahlungen in dem Mietvertrag, der unter dem 1. Januar 2007 geschlossen worden sein soll, eine Kontoüberweisung vereinbart und das Konto der Mutter angegeben hatten. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung hierzu vorgetragen, dass er diese Vereinbarung selbst nicht nachvollziehen könne.
Beide Vertragsparteien konnten in der mündlichen Verhandlung auch nicht erklären, wie der Mietpreis für die Wohnung ermittelt worden sein soll. Wenn tatsächlich – wie der Kläger ausgesagt hat – seit dem Jahr 2000 keine Mietverträge mit Dritten mehr geschlossen werden konnten, erscheint die hier vereinbarte Miete bei weitem überhöht und dürfte im Bereich der Sittenwidrigkeit liegen, so dass auch aus diesem Grund eine Unwirksamkeit des Mietvertrags anzunehmen wäre. Auch die Widersprüche im Hinblick auf die noch ausstehenden Mieten konnten weder Sohn noch Mutter in der mündlichen Verhandlung erklären. Vielmehr haben sie vorgetragen, sie könnten sich diese nicht erklären bzw. hätten sich geirrt. Gegensätzliche Angaben haben der Kläger und die Zeugin schließlich im Hinblick darauf gemacht, wer die Summe in der Quittung vom 15. September 2009 ermittelt hat. Während der Kläger erklärt hat, er habe die Summe ausgerechnet, hat die Zeugin ausgesagt, sie habe dies getan.
Gegen ein ernsthaften Bindungswillen spricht zudem, dass nicht nur im Hinblick auf den Mietpreis, sondern auch auf die vermieteten Räume keine Übereinstimmung zwischen Vermieter und Mieter bestanden. Während der Kläger vorgetragen hat, der Wintergarten sei nicht vom Mietvertrag umfasst worden, hat die Mutter ausgesagt, der Kläger habe den Wintergarten nutzen können. Auch im Hinblick auf die Quadratmeterzahl der vermieteten Räumlichkeiten, die in der vom Beklagten beigezogenen Objektbeschreibung mit 80 m² angegeben ist, im Mietvertrag aber mit 66 m² Wohnfläche ausgewiesen wird, konnten die Vertragsparteien keine näheren Erklärungen abgeben.
Gegen die Ernsthaftigkeit spricht ferner, dass schriftliche Mahnungen oder Kündigungen seitens der Zeugin nicht erfolgt sind. Der Umstand, dass die Zeugin keine Steuererklärung im Hinblick auf die in den Jahren 2006, 2007 und 2009 vereinnahmten Mieten abgegeben hat, stützt die Behauptung eines ernsthaften Bindungswillens nicht. Im Jahr 2006 hatte sie immerhin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung 4.800,00 EUR Mieteinnahmen erzielt, die der Sohn ihr in bar übergeben haben soll. Obwohl die Zeugin weiß, dass eine Steuererklärung im Hinblick auf diese Mieteinnahmen erforderlich ist, hat sie auf ausdrückliche Nachfrage mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt sei, ihre Mieteinnahmen nachträglich zu erklären.
Gegen den Bindungswillen spricht auch, dass der Betrag von 1.481,20 EUR, den die Zeugin auf der Quittung vom 15. September 2009 aufgeführt hat, nicht der Summe entspricht, die für den quittierten Zeitraum an Mietschulden bestanden haben müsste. Weder die Zeugin noch der Kläger konnten erklären, wie sie zu diesem Betrag gekommen sind. Das gleiche gilt für die vom Kläger als Mietschulden angeführte Summe von 6.520,80 EUR, die nur der Kaltmiete ohne die vereinbarte Nebenkostenpauschale entspricht. Gegen die Glaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers spricht ferner, dass er die Kontoauszüge, die der Senat kurz vor der mündlichen Verhandlung angefordert hat, nicht aufgehoben hat. Ihm war bereits während des Verwaltungsverfahrens klar, dass es auf die Zahlungsausgänge und die Zahlungseingänge ankommen könnte. Er hat insoweit in der mündlichen Verhandlung auch keine Erklärung dafür abgeben können, warum er die Unterlagen nicht aufgehoben hat.
Gegen die Richtigkeit des Vortrags von Kläger und Zeugin spricht schließlich, dass die Zeugin erklärt hat, der Mietvertrag zum 1. Januar 2007 sei abgeschlossen worden, da die Zeugin nicht mehr "Hotel Mama" habe sein wollen. Denn nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und seiner Mutter hatte diese als Vermieterin bereits im Jahr 2006 monatlich 400,00 EUR Mietzins von ihrem Sohn eingenommen. Der Vortrag der Zeugin, sie habe mit dem Mietvertrag zum 1. Januar 2007 das kostenfreie Wohnen im "Hotel Mama" beenden wollen, kann damit nicht zutreffend sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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SAN
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