Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 16 AS 490/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 454/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein beim Sozialgericht Magdeburg (SG) anhängiges Klageverfahren.
Die im Jahr 1952 geborene Klägerin bezieht von den Beklagten laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie lebt in einer Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 45 m². Vermieter ist ihr Sohn, der im selben Haus auch eine Wohnung hat. Nach dem am 1. Juni 2002 geschlossenen Mietvertrag hatte sie eine monatliche Kaltmiete iHv 252,90 EUR sowie eine Vorauszahlung auf die Betriebskosten (einschließlich Heizkosten) iHv 68,85 EUR zu zahlen. In der Folge erhöhten sich die monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen auf 120,52 EUR im Jahr 2004 und auf 145,52 EUR ab Juli 2005.
Die Betriebskostenabrechnungen des Vermieters für die Jahre 2004 bis 2006 gelangten zu einem auf die Klägerin entfallenden Kostenanteil iHv 1.446,24 EUR, der dem Jahresbetrag der Vorauszahlungen entsprach. Die "Betriebskostenaufstellung 2007" endete mit einer Forderung iHv 585,00 EUR, die der Beklagte mit Bescheid vom 31. Juli 2008 übernahm.
Mit "Betriebskostenaufstellung 2008" vom 25. August 2009 forderte der Vermieter eine Nachzahlung iHv 990,24 EUR bis zum 1. Oktober 2009. Die Abrechnung erfolgte – wie bereits die Abrechnungen für die Vorjahre – durch Auflistung folgender Positionen:
"Wasserversorgung und Entsorgung: 12 x 101,00 EUR = 1.212,00 EUR
Heizung-Öl/Warmwassser 12 x 100,00 EUR = 1.200,00 EUR
Grundsteuer, Müllabfuhr 12 x 11,50 EUR = 138,00 EUR
Schornsteinfeger: 12 x 4,02 EUR = 48,24 EUR
Nebenkosten Gesamt: 2.598,24 EUR
davon Bezahlt: 1.608,00 EUR
Somit ergeben sich volgende offene Posten:
Offene Posten Vorjahr Wasser/Abwasser –Nachzahlung: 400,00 EUR
Offene Posten Vorjahr Warmwasser/Heizung – Öl –Nachzahlung: 590,24 EUR
Nachzahlung Gesamt: 990,24 EUR"
Die Klägerin beantragte beim Beklagten die Übernahme des Nachzahlungsbetrages. Dieser teilte ihr am 21. September 2009 mit, aus der Betriebskostenabrechnung sei nicht ersichtlich, wie sich die Kosten zusammensetzten und auf welcher Grundlage die einzelnen Kosten umgelegt würden. Sie werde aufgefordert, "Widerspruch" gegen die Betriebskostenabrechnung einzulegen und die Kostenpositionen prüfen zu lassen, um eine Abänderung zu erreichen. Sie könne sich durch Sachverständige (Mieterverein, Verbraucherzentrale u.a.) helfen lassen. Daraufhin erklärte die Klägerin, sie verstehe das nicht und der Beklagte möge die Angelegenheit mit dem Vermieter regeln, was dieser unter Hinweis auf die Vertragsbeziehung von Klägerin und Vermieter ablehnte.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2009 lehnte der Beklagte eine Übernahme der Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung 2008 ab. Da die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei, werde die Übernahme versagt.
Die Klägerin unterrichtete den Beklagten über ihre Intervention beim Vermieter. Dieser habe mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 mitgeteilt, die Betriebskostenabrechnung entspreche dem tatsächlichen Verbrauch. Den von ihr eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010 als unbegründet zurück. Eine Übernahme sei nicht möglich. Nachzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen seien nur dann tatsächliche Aufwendungen, wenn der Anspruch wirksam entstanden sei. Ordnungsgemäß sei eine Abrechnung dann, wenn sie eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalte. Bei Gebäuden mit mehreren Einheiten seien in die Abrechnung als Mindestangaben eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrundeliegenden Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen des Mieters aufzunehmen. Die vorliegende Abrechnung erfülle diese Voraussetzungen nicht. Es fehle bereits eine Zusammenstellung der Gesamtkosten. Mangels ordnungsgemäßer Abrechnung sei die Nachzahlung nicht fällig und die Klägerin müsse die Forderung nicht begleichen.
Die Klägerin hat am 15. Februar 2010 Klage beim SG erhoben und zugleich beantragt, ihr PKH für das Klageverfahren zu bewilligen. Das SG hat den PKH-Antrag mit Beschluss vom 28. Februar 2012 abgelehnt. Die Nebenkostenabrechnung entspreche den mietvertraglichen Anforderungen nicht, sodass die Klägerin die Zahlung ablehnen könne.
Gegen den am 8. März 2012 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 5. April 2012 Beschwerde eingelegt. Sie habe nicht erkennen können, dass die Betriebskostenabrechnung mietvertraglichen Mindestanforderungen nicht entspreche. Die einzelnen Kostenpositionen seien nachvollziehbar.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 28. Februar 2012 aufzuheben und ihr für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe ohne Rahenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwälten W. und Kollegen aus B. zu bewilligen.
Der Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten nebst PKH-Heft verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Beschwerdeausschluss nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) greift nicht, weil in der Hauptsache der Beschwerdewert der Berufung iHv 750 EUR nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten wäre, denn die Klägerin begehrt die Gewährung von weiteren Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) iHv 990,24 EUR.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 der ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einer Klage einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. PKH kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998, Az.: B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
Die Klage bietet keine hinreichenden Erfolgsaussichten im vorgenannten Sinne. Der angefochtene Bescheid des Beklagten lässt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010 erhalten hat, keine Rechtsfehler erkennen. Denn ein Anspruch der Klägerin auf weitere Leistungen für die KdU gemäß § 22 SGB II aufgrund der mit der vorgelegten Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 geltend gemachten Nachzahlung besteht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit.
Eine Nebenkostenabrechnung ist – wie im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt wird – nur dann geeignet, einen Nachzahlungsanspruch des Vermieters gegen den Mieter zu begründen, wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entspricht. Danach hat derjenige, der verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, dem Berechtigten eine geordnete Zusammenstellung über die Einnahmen bzw. die Ausgaben vorzulegen. Im Rahmen eines Mietvertrags hat bei Umlage der tatsächlichen Betriebskosten der Mieter gegen den Vermieter einen Anspruch auf eine Rechnungslegung im vorgenannten Sinne (vgl. Weidenkaff in Palandt: BGB, 67. Auflage 2008, § 535 RN 93). Zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung der Betriebskosten gehört neben der Zusammenstellung der Gesamtkosten die Angabe und Erläuterung des zugrundegelegten Verteilerschlüssels und die sich daraus ergebende Berechnung des Anteils des Mieters. Werden diese Mindestvoraussetzungen nicht erfüllt, liegt eine formell unwirksame Abrechnung vor. Diese löst keine Zahlungspflichten des Mieters aus. Zudem ist eine formell unwirksame Abrechnung nicht geeignet, die Nachforderung innerhalb der gesetzlichen Frist des § 556 Abs. 3 BGB bis zum Ablauf des zwölften Monats des Abrechnungszeitraums wirksam geltend zu machen. Nach Ablauf der vorgenannten Frist ist die Geltendmachung der Nachzahlung überhaupt ausgeschlossen (vgl. z. Vorst.: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. November 2004, Az.: VIII ZR 115/04, juris).
Aus der vorliegenden Abrechnung ergeben sich weder die Gesamtkosten der einzelnen Kostenpositionen (z.B. Gesamtmenge des im Haus verbrauchten Heizöls) noch der Verteilerschlüssel auf die Bewohner/Mieter. Es liegt keine wirksame Abrechnung der Nebenkosten für das Jahr 2008 vor. Die Klägerin schuldet daher ihrem Vermieter keine Nachzahlung. Sie kann die Zahlung verweigern, sodass ihre keine Aufwendungen entstehen. Nach dem Inhalt der Betriebskostenabrechnung hat sie die geschuldeten Vorauszahlungen geleistet. Eine Zahlung an ihren Vermieter in Höhe der Forderung hat die Klägerin weder behauptet noch belegt; sie will erst durch eine Leistung des Beklagten in die Lage versetzt werden, den Betrag zu zahlen. Da zudem der Vermieter innerhalb der o.g. Zwölfmonatsfrist (wohl) keine überarbeitete Abrechnung vorgelegt hat, kann er wegen der im Jahr 2008 entstandenen Nebenkosten überhaupt keine Forderung gegen die Klägerin mehr geltend machen.
Insoweit sind der Klägerin keine weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung iSv § 22 SGB II entstanden, die von dem Beklagten zu übernehmen wären.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG, das im Urteil vom 22. September 2009 (Az.: B 4 AS 8/09 R, juris RN 22-23) ausgeführt hat, grundsätzlich könnten Grundsicherungsträger, die eine Vereinbarung über Unterkunftskosten für unwirksam halten, das Kostensenkungsverfahren betreiben. Denn aufgrund einer unwirksamen Vereinbarung getätigte Zahlungen seien nicht angemessen iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Unangemessenheit der Aufwendungen für die KdU ergebe sich allein aus der zivilrechtlichen Unwirksamkeit der angeblichen Forderung. Bezogen auf den entschiedenen Fall einer möglicherweise unwirksam vereinbarten Staffelmiete hat es weiter ausgeführt, in einem solchen Fall dürfe sich die Kostensenkungsaufforderung ausnahmsweise nicht darauf beschränken, dem Leistungsberechtigten lediglich den nach Auffassung des Grundsicherungsträgers angemessenen Mietzins zu nennen und die Folgen mangelnder Kostensenkung vor Augen zu führen. Vielmehr müsse dem Leistungsberechtigten der Rechtsstandpunkt des Grundsicherungsträgers und das von diesem befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter in einer Weise verdeutlicht werden, die ihn zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Vermieter in die Lage versetze.
Soweit der Entscheidung der Grundgedanke zu entnehmen ist, dass der SGB II-Leistungsträger in Mietvertragsangelegenheiten generell die Leistungsberechtigten unterstützen muss, soweit es um die Durchsetzung deren berechtigter Interessen als Mieter geht, und soweit sie selbst – ohne entsprechende Hilfe – zu einem erfolgversprechenden Vorgehen nicht in der Lage sind, führt dies im vorliegenden Fall nicht weiter. Denn die zugrundeliegende Konstellation ist eine andere: Die Klägerin musste nicht aktiv gegen ihren Vermieter vorgehen, indem sie ihrerseits Forderungen geltend macht oder durchsetzt. Sie musste ihm lediglich mitteilen, dass sie die geltend gemachte Forderung nicht begleichen wird, weil die Abrechnung fehlerhaft ist. Dies hat sie während des Widerspruchsverfahrens bereits getan. Eine weitere Aktivität ihrerseits ist nicht erforderlich.
Bereits im Verwaltungsverfahren hatte der Beklagte der Klägerin erläutert, dass und aus welchen Gründen er die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für unzureichend hält. Mit seinen Hinweisen zum Vorgehen und der darüber hinaus noch erteilten Information, bei welchen Stellen die Klägerin Hilfe bekommen könne, war sie in der Lage, die erforderlichen Schritte zu gehen. Zudem entstehen der Klägerin durch die Verweigerung der Zahlung keine unmittelbaren Nachteile. Der Vermieter müsste die Forderung einklagen, um sie durchzusetzen. Dazu müsste er den Zahlungsanspruch schlüssig darlegen, was mit der vorliegenden Abrechnung nicht möglich ist.
Mangels weiterer tatsächlicher Aufwendungen für die KdU hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf weitere Leistungen gegen den Beklagten.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nach § 202 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein beim Sozialgericht Magdeburg (SG) anhängiges Klageverfahren.
Die im Jahr 1952 geborene Klägerin bezieht von den Beklagten laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie lebt in einer Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 45 m². Vermieter ist ihr Sohn, der im selben Haus auch eine Wohnung hat. Nach dem am 1. Juni 2002 geschlossenen Mietvertrag hatte sie eine monatliche Kaltmiete iHv 252,90 EUR sowie eine Vorauszahlung auf die Betriebskosten (einschließlich Heizkosten) iHv 68,85 EUR zu zahlen. In der Folge erhöhten sich die monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen auf 120,52 EUR im Jahr 2004 und auf 145,52 EUR ab Juli 2005.
Die Betriebskostenabrechnungen des Vermieters für die Jahre 2004 bis 2006 gelangten zu einem auf die Klägerin entfallenden Kostenanteil iHv 1.446,24 EUR, der dem Jahresbetrag der Vorauszahlungen entsprach. Die "Betriebskostenaufstellung 2007" endete mit einer Forderung iHv 585,00 EUR, die der Beklagte mit Bescheid vom 31. Juli 2008 übernahm.
Mit "Betriebskostenaufstellung 2008" vom 25. August 2009 forderte der Vermieter eine Nachzahlung iHv 990,24 EUR bis zum 1. Oktober 2009. Die Abrechnung erfolgte – wie bereits die Abrechnungen für die Vorjahre – durch Auflistung folgender Positionen:
"Wasserversorgung und Entsorgung: 12 x 101,00 EUR = 1.212,00 EUR
Heizung-Öl/Warmwassser 12 x 100,00 EUR = 1.200,00 EUR
Grundsteuer, Müllabfuhr 12 x 11,50 EUR = 138,00 EUR
Schornsteinfeger: 12 x 4,02 EUR = 48,24 EUR
Nebenkosten Gesamt: 2.598,24 EUR
davon Bezahlt: 1.608,00 EUR
Somit ergeben sich volgende offene Posten:
Offene Posten Vorjahr Wasser/Abwasser –Nachzahlung: 400,00 EUR
Offene Posten Vorjahr Warmwasser/Heizung – Öl –Nachzahlung: 590,24 EUR
Nachzahlung Gesamt: 990,24 EUR"
Die Klägerin beantragte beim Beklagten die Übernahme des Nachzahlungsbetrages. Dieser teilte ihr am 21. September 2009 mit, aus der Betriebskostenabrechnung sei nicht ersichtlich, wie sich die Kosten zusammensetzten und auf welcher Grundlage die einzelnen Kosten umgelegt würden. Sie werde aufgefordert, "Widerspruch" gegen die Betriebskostenabrechnung einzulegen und die Kostenpositionen prüfen zu lassen, um eine Abänderung zu erreichen. Sie könne sich durch Sachverständige (Mieterverein, Verbraucherzentrale u.a.) helfen lassen. Daraufhin erklärte die Klägerin, sie verstehe das nicht und der Beklagte möge die Angelegenheit mit dem Vermieter regeln, was dieser unter Hinweis auf die Vertragsbeziehung von Klägerin und Vermieter ablehnte.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2009 lehnte der Beklagte eine Übernahme der Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung 2008 ab. Da die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei, werde die Übernahme versagt.
Die Klägerin unterrichtete den Beklagten über ihre Intervention beim Vermieter. Dieser habe mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 mitgeteilt, die Betriebskostenabrechnung entspreche dem tatsächlichen Verbrauch. Den von ihr eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010 als unbegründet zurück. Eine Übernahme sei nicht möglich. Nachzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen seien nur dann tatsächliche Aufwendungen, wenn der Anspruch wirksam entstanden sei. Ordnungsgemäß sei eine Abrechnung dann, wenn sie eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalte. Bei Gebäuden mit mehreren Einheiten seien in die Abrechnung als Mindestangaben eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrundeliegenden Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen des Mieters aufzunehmen. Die vorliegende Abrechnung erfülle diese Voraussetzungen nicht. Es fehle bereits eine Zusammenstellung der Gesamtkosten. Mangels ordnungsgemäßer Abrechnung sei die Nachzahlung nicht fällig und die Klägerin müsse die Forderung nicht begleichen.
Die Klägerin hat am 15. Februar 2010 Klage beim SG erhoben und zugleich beantragt, ihr PKH für das Klageverfahren zu bewilligen. Das SG hat den PKH-Antrag mit Beschluss vom 28. Februar 2012 abgelehnt. Die Nebenkostenabrechnung entspreche den mietvertraglichen Anforderungen nicht, sodass die Klägerin die Zahlung ablehnen könne.
Gegen den am 8. März 2012 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 5. April 2012 Beschwerde eingelegt. Sie habe nicht erkennen können, dass die Betriebskostenabrechnung mietvertraglichen Mindestanforderungen nicht entspreche. Die einzelnen Kostenpositionen seien nachvollziehbar.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 28. Februar 2012 aufzuheben und ihr für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe ohne Rahenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwälten W. und Kollegen aus B. zu bewilligen.
Der Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten nebst PKH-Heft verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Beschwerdeausschluss nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) greift nicht, weil in der Hauptsache der Beschwerdewert der Berufung iHv 750 EUR nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten wäre, denn die Klägerin begehrt die Gewährung von weiteren Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) iHv 990,24 EUR.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 der ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einer Klage einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. PKH kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998, Az.: B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
Die Klage bietet keine hinreichenden Erfolgsaussichten im vorgenannten Sinne. Der angefochtene Bescheid des Beklagten lässt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010 erhalten hat, keine Rechtsfehler erkennen. Denn ein Anspruch der Klägerin auf weitere Leistungen für die KdU gemäß § 22 SGB II aufgrund der mit der vorgelegten Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 geltend gemachten Nachzahlung besteht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit.
Eine Nebenkostenabrechnung ist – wie im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt wird – nur dann geeignet, einen Nachzahlungsanspruch des Vermieters gegen den Mieter zu begründen, wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entspricht. Danach hat derjenige, der verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, dem Berechtigten eine geordnete Zusammenstellung über die Einnahmen bzw. die Ausgaben vorzulegen. Im Rahmen eines Mietvertrags hat bei Umlage der tatsächlichen Betriebskosten der Mieter gegen den Vermieter einen Anspruch auf eine Rechnungslegung im vorgenannten Sinne (vgl. Weidenkaff in Palandt: BGB, 67. Auflage 2008, § 535 RN 93). Zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung der Betriebskosten gehört neben der Zusammenstellung der Gesamtkosten die Angabe und Erläuterung des zugrundegelegten Verteilerschlüssels und die sich daraus ergebende Berechnung des Anteils des Mieters. Werden diese Mindestvoraussetzungen nicht erfüllt, liegt eine formell unwirksame Abrechnung vor. Diese löst keine Zahlungspflichten des Mieters aus. Zudem ist eine formell unwirksame Abrechnung nicht geeignet, die Nachforderung innerhalb der gesetzlichen Frist des § 556 Abs. 3 BGB bis zum Ablauf des zwölften Monats des Abrechnungszeitraums wirksam geltend zu machen. Nach Ablauf der vorgenannten Frist ist die Geltendmachung der Nachzahlung überhaupt ausgeschlossen (vgl. z. Vorst.: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. November 2004, Az.: VIII ZR 115/04, juris).
Aus der vorliegenden Abrechnung ergeben sich weder die Gesamtkosten der einzelnen Kostenpositionen (z.B. Gesamtmenge des im Haus verbrauchten Heizöls) noch der Verteilerschlüssel auf die Bewohner/Mieter. Es liegt keine wirksame Abrechnung der Nebenkosten für das Jahr 2008 vor. Die Klägerin schuldet daher ihrem Vermieter keine Nachzahlung. Sie kann die Zahlung verweigern, sodass ihre keine Aufwendungen entstehen. Nach dem Inhalt der Betriebskostenabrechnung hat sie die geschuldeten Vorauszahlungen geleistet. Eine Zahlung an ihren Vermieter in Höhe der Forderung hat die Klägerin weder behauptet noch belegt; sie will erst durch eine Leistung des Beklagten in die Lage versetzt werden, den Betrag zu zahlen. Da zudem der Vermieter innerhalb der o.g. Zwölfmonatsfrist (wohl) keine überarbeitete Abrechnung vorgelegt hat, kann er wegen der im Jahr 2008 entstandenen Nebenkosten überhaupt keine Forderung gegen die Klägerin mehr geltend machen.
Insoweit sind der Klägerin keine weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung iSv § 22 SGB II entstanden, die von dem Beklagten zu übernehmen wären.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG, das im Urteil vom 22. September 2009 (Az.: B 4 AS 8/09 R, juris RN 22-23) ausgeführt hat, grundsätzlich könnten Grundsicherungsträger, die eine Vereinbarung über Unterkunftskosten für unwirksam halten, das Kostensenkungsverfahren betreiben. Denn aufgrund einer unwirksamen Vereinbarung getätigte Zahlungen seien nicht angemessen iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Unangemessenheit der Aufwendungen für die KdU ergebe sich allein aus der zivilrechtlichen Unwirksamkeit der angeblichen Forderung. Bezogen auf den entschiedenen Fall einer möglicherweise unwirksam vereinbarten Staffelmiete hat es weiter ausgeführt, in einem solchen Fall dürfe sich die Kostensenkungsaufforderung ausnahmsweise nicht darauf beschränken, dem Leistungsberechtigten lediglich den nach Auffassung des Grundsicherungsträgers angemessenen Mietzins zu nennen und die Folgen mangelnder Kostensenkung vor Augen zu führen. Vielmehr müsse dem Leistungsberechtigten der Rechtsstandpunkt des Grundsicherungsträgers und das von diesem befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter in einer Weise verdeutlicht werden, die ihn zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Vermieter in die Lage versetze.
Soweit der Entscheidung der Grundgedanke zu entnehmen ist, dass der SGB II-Leistungsträger in Mietvertragsangelegenheiten generell die Leistungsberechtigten unterstützen muss, soweit es um die Durchsetzung deren berechtigter Interessen als Mieter geht, und soweit sie selbst – ohne entsprechende Hilfe – zu einem erfolgversprechenden Vorgehen nicht in der Lage sind, führt dies im vorliegenden Fall nicht weiter. Denn die zugrundeliegende Konstellation ist eine andere: Die Klägerin musste nicht aktiv gegen ihren Vermieter vorgehen, indem sie ihrerseits Forderungen geltend macht oder durchsetzt. Sie musste ihm lediglich mitteilen, dass sie die geltend gemachte Forderung nicht begleichen wird, weil die Abrechnung fehlerhaft ist. Dies hat sie während des Widerspruchsverfahrens bereits getan. Eine weitere Aktivität ihrerseits ist nicht erforderlich.
Bereits im Verwaltungsverfahren hatte der Beklagte der Klägerin erläutert, dass und aus welchen Gründen er die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für unzureichend hält. Mit seinen Hinweisen zum Vorgehen und der darüber hinaus noch erteilten Information, bei welchen Stellen die Klägerin Hilfe bekommen könne, war sie in der Lage, die erforderlichen Schritte zu gehen. Zudem entstehen der Klägerin durch die Verweigerung der Zahlung keine unmittelbaren Nachteile. Der Vermieter müsste die Forderung einklagen, um sie durchzusetzen. Dazu müsste er den Zahlungsanspruch schlüssig darlegen, was mit der vorliegenden Abrechnung nicht möglich ist.
Mangels weiterer tatsächlicher Aufwendungen für die KdU hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf weitere Leistungen gegen den Beklagten.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nach § 202 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
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