Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 20 AS 143/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1155/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 76/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Auf Rev. d.Bekl. wird Urteil des LSG geändert!
Im übirgen wird die Rev. d.Bekl. zurückgewiesen.
Im übirgen wird die Rev. d.Bekl. zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.05.2010 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 16.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Erwerbseinkommen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers aus dem erstinstanzlichen Verfahren zu 2/3 und aus dem Berufungsrechtszug in vollem Umfang. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger auch für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem Zeiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen kann.
Der Kläger steht seit Januar 2006 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Am 18./19.06.2007 verstarb Frau L, nach Angaben des Kläger seine Großmutter.
Mit Bescheid vom 12.01.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 in Höhe von monatlich 707,40 Euro. Am 20.01.2009 floss ihm als Miterbe seiner Großmutter eine Erbschaft in Höhe von 6.477,47 Euro zu.
Mit Bescheid vom 04.02.2009 hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 12.01.2009 ab 01.02.2009 mit der Begründung auf, dass der Kläger im Hinblick auf die Erbschaft für die Dauer von mindestens sieben Monaten nicht bedürftig sei. Gegen diesen Aufhebungsbescheid erhob der Kläger am 26.02.2009 Widerspruch. Er habe einmal in seinem Leben geerbt und sich Dinge gekauft, die nötig seien, z.B. eine Digitalkamera. Er sei ab 01.03.2009 mittellos. Durch Vorlage von Kontoauszügen und Rechnungsbelegen wies er Ausgaben in Höhe von ca. 4.900,00 Euro nach. Er trug vor, seine Möbel stammten aus den Anfängen seiner Ehezeit und seien völlig verschlissen gewesen. Der Fernseher sei defekt gewesen und hätte durch einen neuen ausgetauscht werden müssen. Auch bei der Anschaffung eines Laptops habe es sich nicht um eine Luxusanschaffung gehandelt. Ein PC bzw. Laptop gehöre zur Standardausrüstung eines jeden Haushalts und werde darüber hinaus für Bewerbungen benötigt. Des Weiteren habe er aus dem Erbe preiswerte Kleidungsstücke angeschafft und in größerem Umfang Lebensmittel eingekauft. Ferner habe er diverse Schulden in nicht unerheblicher Höhe getilgt. Er habe eine preiswerte Pauschalreise in die Türkei gebucht und sich in diesem Zusammenhang eine Digitalkamera gekauft. Dies sei im Hinblick darauf, dass er seit Jahren keinen Urlaub mehr gemacht habe, nicht zu beanstanden.
Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2009 zurück. Gegen den Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 08.06.2009 Klage erhoben zum Sozialgericht Düsseldorf (Az. S 20 AS 144/09).
Am 01.03.2009 nahm der Kläger eine geringfügige Beschäftigung bei der Firma T in N auf. Im März 2009 erhielt er ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 68 Euro, im Juni 2009 betrug das Bruttoarbeitsentgelt ebenfalls 68 Euro und in den Monaten Juli und August 2009 jeweils 80 Euro.
Bereits am 16.03.2009 stellte der Kläger einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, weil er die Erbschaft bereits vollständig verbraucht habe. Er habe in der Folgezeit von Unterstützungsleistungen von Freunden gelebt, weil sein kleiner Nebenverdienst zum Leben nicht ausgereicht habe. Vor allem seine Chefin habe dafür gesorgt, dass er ein Mittagessen bekommen habe. Nachmittags sei er dann auch schon mal von Freunden versorgt worden. Diesen Antrag lehnte der Beklagte wegen fehlender Mitwirkung mit Bescheid vom 16.04.2009 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2009 wies der Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Hilfebedürftigkeit des Klägers aufgrund der ihm im Januar 2009 zugeflossenen Erbschaft zurück. Nach der Rechtsprechung des LSG NRW (Urteil vom 02.04.2009, Az.: L 9 AS 58/07) könne es dahinstehen, ob der Kläger das ihm angerechnete Einkommen tatsächlich schon verbraucht habe, denn ein Anspruch des Klägers bestehe auch dann nicht, wenn ihm zum fraglichen Zeitpunkt kein Geld aus der Erbschaft (mehr) zur Verfügung steht. Auch hiergegen hat der Kläger am 08.06.2009 Klage erhoben (Az. S 20 AS 143/09).
Ab dem 01.09.2009 wurden dem Kläger wieder Leistungen nach dem SGB II bewilligt.
Die Streitsachen mit den Aktenzeichen S 20 AS 143/09 und S 20 AS 144/09 sind mit Beschluss vom 05.01.2010 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden, wobei die Streitsache mit dem Aktenzeichen S 20 AS 143/09 zur führenden Sache erklärt worden ist.
Gleichzeitig mit seinen Klagen hat der Kläger ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren anhängig gemacht (S 20 AS 145/09 ER, L 7 B 275/09 AS ER). Nachdem die Kammer die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 02.07.2009 abgelehnt hatte, hat sich der Beklagte im Beschwerdeverfahren am 19.11.2009 vergleichsweise bereit erklärt, die Mietrückstände des Klägers in Höhe von insgesamt 2030,00 Euro vorläufig als Darlehen zu gewähren.
Zur Begründung seines Klagebegehrens hat sich der Kläger auf sein Vorbringen im Widerspruchs- und einstweiligen Anordnungsverfahren bezogen und darüber hinaus vorgetragen, dass die völlige Versagung von Leistungen für einen Zeitraum von sieben Monaten einen eindeutigen Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot sowie die Grundrechte darstelle.
Der Kläger hat nach seinem schriftlichen Vorbringen beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat an der angefochtenen Entscheidung festgehalten.
Mit Urteil vom 28.05.2010 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht die Leistungsbewilligung ab 01.02.2009 aufgehoben und den Leistungsantrag vom 12.03.2009 abgelehnt. Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - sei ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden, soweit nach AntragsteIlung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall des oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Die wesentliche Änderung sei durch den Zufluss der Erbschaft am 20.01.2009 nach AntragsteIlung und Bescheiderteilung eingetreten. Hierdurch sei der Kläger für die Zeit ab 01.02.2009 bis zum Ende des Verteilzeitraums (30.08.2009) nicht mehr hilfebedürftig gewesen. Er habe über Einkommen verfügt, das seinen grundsicherungsrechtlichen Bedarf gedeckt habe. Die am 20.01.2009 zugeflossene Erbschaft in Höhe von 6477,47 Euro sei Einkommen i. S. d. § 11 SGB II. Dieses Einkommen sei gegenüber den vom Kläger dargelegten Bedürfnissen vorrangig zur Deckung seines grundsicherungsrechtlichen Bedarfs einzusetzen gewesen. Die rechtliche Wirkung des Zuflussprinzips erstreckt sich über den "sogenannten Verteilzeitraum". Die als Einkommen zu qualifizierende Einnahme bleibe Einkommen und werde nicht etwa im Folgemonat des Zuflusses zu Vermögen.
Das im Januar 2009 erzielte Einkommen von 6477,47 Euro sei gem. § 2 b i. V. m. § 2 Abs. 3 Satz 1 Alg lI-V grundsätzlich ab dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen gewesen. Falls im Monat des Zuflusses - wie hier - die Leistungen bereits erbracht waren, erlaube § 2 Abs. 3 Satz 2 Alg lI-V die Berücksichtigung von Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses erfolgt, im vorliegenden Fall also ab Februar 2009.
Die von der Beklagten gewählte Verteilung des Einkommens auf insgesamt sieben Monate sei angemessen i. S. d. § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg lI-V. Nach alledem sei die Aufhebungsentscheidung nicht zu beanstanden.
Aber auch der Antrag vom 12.03.2009 sei zu Recht abgelehnt worden.
Es könne dahinstehen, ob der Antragsteller das ihm angerechnete Einkommen tatsächlich schon vor dem 12.03.2009 verbraucht habe. Die Kammer folge insoweit der Rechtsprechung des LSG NRW in seinem Urteil vom 02.04.2009, Az.: L 9 AS 58/07, wonach im Falle von einmaligen Einnahmen der nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Alg lI-V errechnete Teilbetrag selbst dann bis zum Ende des Verteilzeitraums anzurechnen sei, wenn das Einkommen vorzeitig verbraucht wurde.
Im Fall echter Mittellosigkeit hätte der Kläger auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 SGB II die Gewährung eines Darlehens beantragen können. Ein solcher Antrag sei aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Zur Tilgung von Mietrückständen sei dem Kläger von dem Beklagten ein Darlehen gewährt worden.
Der Kläger hat gegen das ihm am 09.06.2010 zugestellte Urteil am 09.07.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Bewertung der Erbschaft als Einkommen richtig sei, Einkommen sei auch vorrangig zur Deckung des grundsicherungsrechtlichen Bedarfs einzusetzen. Falsch sei jedoch die Ansicht des SG Düsseldorf, dass dieses Einkommen sich über einen Verteilzeitraum bis zum 30.08.2009 erstrecken soll, dies entspräche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten des Falls. Der Kläger sei spätestens ab dem 01.03.2009 wieder hilfebedürftig gewesen, weil der Erbschaftsbetrag dann vollständig aufgebraucht gewesen sei. Ein Abgrenzungsproblem zwischen Vermögen und Einkommen stelle sich nicht, weil der Kläger unter dem 16.03.2009 einen Antrag auf Weiterbewilligung gestellt habe, bei dem es sich um einen Neuantrag handele. Er wehre sich nicht gegen die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 12.01.2009, sondern gegen den Bescheid vom 16.04.2009, mit dem der Antrag vom 16.03.2009 auf Weiterbewilligung versagt worden sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.07.2012 hat der Kläger die Klage und die Berufung hinsichtlich der Anfechtung des Aufhebungsbescheides vom 04.02.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragt nunmehr nur noch,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.05.2010 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 16.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Streitig sei die Frage, ob eine einmalige Einnahme aus einer Erbschaft trotz Verbrauch eines gewissen Anteils weiterhin als Einkommen nach dem SGB II anzurechnen sei. Einkommen sei regelmäßig und mit erster Priorität zur Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes einzusetzen, anderweitiger Verbrauch sei unerheblich. Auf den vorzeitigen Verbrauch komme es nicht an. In solchen Fällen sei allenfalls ein Darlehen zu gewähren. Auch mit einer Leistungsunterbrechung könne nach dem Urteil des BSG vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R, die gesetzlich vorgeschriebene Anrechnung einmaliger Einnahmen nach der Alg II-V nicht geändert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu hinsichtlich des Leistungszeitraums ab neuer Antragstellung am 16.03.2009 zu Unrecht abgewiesen.
Der Ablehnungsbescheid vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009.
Der Senat konnte durch Grundurteil entscheiden (§ 130 SGG). Ein Grundurteil ist hier zulässig, weil der Kläger keinen konkreten Leistungsantrag gestellt hat. Nach dem im Verhandlungstermin getroffenen Feststellungen steht fest, dass ein Anspruch auf Gewährungen von Leistungen nach dem SGB II für den noch streitigen Zeitraum bestanden hat mit der Folge, dass ein Geldbetrag zur Auszahlung kommt.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben bzw. die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).
Der Kläger erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nummern 1, 2 und 4 des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Zudem war der Kläger im streitigen Zeitpunkt auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II.
Hilfebedürftig ist nach § 9 Satz 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen lagen im streitigen Zeitraum vor.
Zwar handelt es sich bei der dem Kläger zugeflossenen Erbschaft auch nach der erneuten Antragstellung nicht um Vermögen, sondern um Einkommen. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 30.07.2008, Az.: B 14 AS 26/07 R und vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R) ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Dabei ist ein während des SGB II Leistungsbezugs aus einer Erbschaft zufließender Geldbetrag Vermögen, wenn der Erbfall vor der Beantragung von Grundsicherungsleistungen eingetreten ist (BSG, Urteil vom 24.02.2011, Az.: B 14 AS 45/09 R). Im vorliegenden Fall ist der Erbfall im Juni 2007 und damit während des laufenden Leistungsbezuges des Klägers eingetreten, so dass die Erbschaft als Einkommen zu werten ist.
Das Einkommen ist nach den Regelungen der Alg II-V auf sich an den Bewilligungszeitraum anschließende Zeiträume zu verteilen. Der Verteilzeitraum wird weder durch den Ablauf eines Bewilligungszeitraums, noch durch die erneute Antragstellung begrenzt. Der Verteilzeitraum wird vielmehr nur dann unterbrochen, wenn für mindestens einen Monat die Hilfebedürftigkeit - ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme - entfällt (BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R).
Die dem Kläger zugeflossene Erbschaft war zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung am 16.03.2009 jedoch bereits verbraucht. Die entsprechende Erklärung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung ist glaubhaft. Ihr Inhalt deckt sich mit seinen Angaben bei der Antragstellung. Die größeren von der Erbschaft getätigten Ausgaben hat der Kläger zudem in Höhe von 4.934 Euro belegen können. Schließlich sprechen auch die Mietrückstände, die zur Kündigung seiner Wohnung führten (Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 20 AS 145/09 ER, L 7 B 275/09 AS ER) für die Richtigkeit der Feststellung, dass dem Kläger keine bereiten Mittel mehr zur Verfügung standen. Auch weitere Mittel standen dem Kläger - abgesehen von nicht anrechenbaren Zuwendungen Dritter - nicht zur Verfügung. Soweit in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten wird, ein vorzeitiger Verbrauch von einmaligen Einnahmen sei unbeachtlich (Bayerisches Landessozialgericht - LSG -, Urteil vom 13.04.2007, Az.: L 7 AS 309/06; in diese Richtung BSG, Urteil vom 30.09.20008, Az.; B 4 AS 29/07 R), wird diese Auffassung vom erkennenden Senat nicht geteilt. Eine fiktive Anrechnung ist im Hinblick auf die Regelungen der §§ 31, 31 a Abs. 1, 34 SGB II nicht gerechtfertigt. Die Sanktionsregelung des §§ 31, 31a Abs. 1 SGB II besagt, dass auch dem Verschwender gekürztes Alg II zu gewähren ist, belastet mit der Ersatzforderung nach § 34 SGB II. Mögliche Ersatzansprüche gegen den Hilfebedürftigen stehen der Annahme der Hilfebedürftigkeit nicht entgegen (erkennender Senat, Urteil vom 22.04.2010, Az.: L 7 AS 107/09; so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2007, Az.: L 1 B 1845/07 AS ER und Beschluss vom 27.11.2007, Az.: L 14 B 1818/08 AS ER). Ist von einem Geldbetrag nichts mehr vorhanden, kommen öffentliche Hilfeleistungen in Betracht (Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 09.01.2008, Az.: S 2 B 483/07, S 2 B 484/07). Es bleibt dem Beklagten unbenommen zu überprüfen, ob beim Kläger die Voraussetzungen der §§ 31a Abs. 1, 34 SGB II gegeben sind.
Während des streitigen Zeitraums hatte der Kläger keinen Verdienst, der über 100 Euro gelegen hat. Auch insoweit hat der Senat an der Richtigkeit der im Termin zur mündlichen Verhandlung erteilten Auskunft des Klägers keine Zweifel. Soweit zu dem hier streitigen Zeitraum noch Verdienstbescheinigungen vorgelegt werden konnten, bestätigen sie die Aussage des Klägers. Dieses Einkommen war damit gemäß § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II anrechnungsfrei.
Der Bedarf des für Unterkunft und Heizung hat im streitigen Zeitraum in Höhe der für Januar 2009 bewilligten Leistungen fortbestanden. Die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses konnte durch die im Verfahren S 20 AS 145/09 ER, L 7 B 275/09 AS ER getroffenen Regelung wieder rückgängig gemacht werden.
Aufgrund seiner Hilfebedürftigkeit sind dem Kläger für den streiten Zeitraum Leistungen zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger auch für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem Zeiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen kann.
Der Kläger steht seit Januar 2006 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Am 18./19.06.2007 verstarb Frau L, nach Angaben des Kläger seine Großmutter.
Mit Bescheid vom 12.01.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 in Höhe von monatlich 707,40 Euro. Am 20.01.2009 floss ihm als Miterbe seiner Großmutter eine Erbschaft in Höhe von 6.477,47 Euro zu.
Mit Bescheid vom 04.02.2009 hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 12.01.2009 ab 01.02.2009 mit der Begründung auf, dass der Kläger im Hinblick auf die Erbschaft für die Dauer von mindestens sieben Monaten nicht bedürftig sei. Gegen diesen Aufhebungsbescheid erhob der Kläger am 26.02.2009 Widerspruch. Er habe einmal in seinem Leben geerbt und sich Dinge gekauft, die nötig seien, z.B. eine Digitalkamera. Er sei ab 01.03.2009 mittellos. Durch Vorlage von Kontoauszügen und Rechnungsbelegen wies er Ausgaben in Höhe von ca. 4.900,00 Euro nach. Er trug vor, seine Möbel stammten aus den Anfängen seiner Ehezeit und seien völlig verschlissen gewesen. Der Fernseher sei defekt gewesen und hätte durch einen neuen ausgetauscht werden müssen. Auch bei der Anschaffung eines Laptops habe es sich nicht um eine Luxusanschaffung gehandelt. Ein PC bzw. Laptop gehöre zur Standardausrüstung eines jeden Haushalts und werde darüber hinaus für Bewerbungen benötigt. Des Weiteren habe er aus dem Erbe preiswerte Kleidungsstücke angeschafft und in größerem Umfang Lebensmittel eingekauft. Ferner habe er diverse Schulden in nicht unerheblicher Höhe getilgt. Er habe eine preiswerte Pauschalreise in die Türkei gebucht und sich in diesem Zusammenhang eine Digitalkamera gekauft. Dies sei im Hinblick darauf, dass er seit Jahren keinen Urlaub mehr gemacht habe, nicht zu beanstanden.
Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2009 zurück. Gegen den Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 08.06.2009 Klage erhoben zum Sozialgericht Düsseldorf (Az. S 20 AS 144/09).
Am 01.03.2009 nahm der Kläger eine geringfügige Beschäftigung bei der Firma T in N auf. Im März 2009 erhielt er ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 68 Euro, im Juni 2009 betrug das Bruttoarbeitsentgelt ebenfalls 68 Euro und in den Monaten Juli und August 2009 jeweils 80 Euro.
Bereits am 16.03.2009 stellte der Kläger einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, weil er die Erbschaft bereits vollständig verbraucht habe. Er habe in der Folgezeit von Unterstützungsleistungen von Freunden gelebt, weil sein kleiner Nebenverdienst zum Leben nicht ausgereicht habe. Vor allem seine Chefin habe dafür gesorgt, dass er ein Mittagessen bekommen habe. Nachmittags sei er dann auch schon mal von Freunden versorgt worden. Diesen Antrag lehnte der Beklagte wegen fehlender Mitwirkung mit Bescheid vom 16.04.2009 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2009 wies der Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Hilfebedürftigkeit des Klägers aufgrund der ihm im Januar 2009 zugeflossenen Erbschaft zurück. Nach der Rechtsprechung des LSG NRW (Urteil vom 02.04.2009, Az.: L 9 AS 58/07) könne es dahinstehen, ob der Kläger das ihm angerechnete Einkommen tatsächlich schon verbraucht habe, denn ein Anspruch des Klägers bestehe auch dann nicht, wenn ihm zum fraglichen Zeitpunkt kein Geld aus der Erbschaft (mehr) zur Verfügung steht. Auch hiergegen hat der Kläger am 08.06.2009 Klage erhoben (Az. S 20 AS 143/09).
Ab dem 01.09.2009 wurden dem Kläger wieder Leistungen nach dem SGB II bewilligt.
Die Streitsachen mit den Aktenzeichen S 20 AS 143/09 und S 20 AS 144/09 sind mit Beschluss vom 05.01.2010 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden, wobei die Streitsache mit dem Aktenzeichen S 20 AS 143/09 zur führenden Sache erklärt worden ist.
Gleichzeitig mit seinen Klagen hat der Kläger ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren anhängig gemacht (S 20 AS 145/09 ER, L 7 B 275/09 AS ER). Nachdem die Kammer die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 02.07.2009 abgelehnt hatte, hat sich der Beklagte im Beschwerdeverfahren am 19.11.2009 vergleichsweise bereit erklärt, die Mietrückstände des Klägers in Höhe von insgesamt 2030,00 Euro vorläufig als Darlehen zu gewähren.
Zur Begründung seines Klagebegehrens hat sich der Kläger auf sein Vorbringen im Widerspruchs- und einstweiligen Anordnungsverfahren bezogen und darüber hinaus vorgetragen, dass die völlige Versagung von Leistungen für einen Zeitraum von sieben Monaten einen eindeutigen Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot sowie die Grundrechte darstelle.
Der Kläger hat nach seinem schriftlichen Vorbringen beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat an der angefochtenen Entscheidung festgehalten.
Mit Urteil vom 28.05.2010 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht die Leistungsbewilligung ab 01.02.2009 aufgehoben und den Leistungsantrag vom 12.03.2009 abgelehnt. Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - sei ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden, soweit nach AntragsteIlung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall des oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Die wesentliche Änderung sei durch den Zufluss der Erbschaft am 20.01.2009 nach AntragsteIlung und Bescheiderteilung eingetreten. Hierdurch sei der Kläger für die Zeit ab 01.02.2009 bis zum Ende des Verteilzeitraums (30.08.2009) nicht mehr hilfebedürftig gewesen. Er habe über Einkommen verfügt, das seinen grundsicherungsrechtlichen Bedarf gedeckt habe. Die am 20.01.2009 zugeflossene Erbschaft in Höhe von 6477,47 Euro sei Einkommen i. S. d. § 11 SGB II. Dieses Einkommen sei gegenüber den vom Kläger dargelegten Bedürfnissen vorrangig zur Deckung seines grundsicherungsrechtlichen Bedarfs einzusetzen gewesen. Die rechtliche Wirkung des Zuflussprinzips erstreckt sich über den "sogenannten Verteilzeitraum". Die als Einkommen zu qualifizierende Einnahme bleibe Einkommen und werde nicht etwa im Folgemonat des Zuflusses zu Vermögen.
Das im Januar 2009 erzielte Einkommen von 6477,47 Euro sei gem. § 2 b i. V. m. § 2 Abs. 3 Satz 1 Alg lI-V grundsätzlich ab dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen gewesen. Falls im Monat des Zuflusses - wie hier - die Leistungen bereits erbracht waren, erlaube § 2 Abs. 3 Satz 2 Alg lI-V die Berücksichtigung von Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses erfolgt, im vorliegenden Fall also ab Februar 2009.
Die von der Beklagten gewählte Verteilung des Einkommens auf insgesamt sieben Monate sei angemessen i. S. d. § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg lI-V. Nach alledem sei die Aufhebungsentscheidung nicht zu beanstanden.
Aber auch der Antrag vom 12.03.2009 sei zu Recht abgelehnt worden.
Es könne dahinstehen, ob der Antragsteller das ihm angerechnete Einkommen tatsächlich schon vor dem 12.03.2009 verbraucht habe. Die Kammer folge insoweit der Rechtsprechung des LSG NRW in seinem Urteil vom 02.04.2009, Az.: L 9 AS 58/07, wonach im Falle von einmaligen Einnahmen der nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Alg lI-V errechnete Teilbetrag selbst dann bis zum Ende des Verteilzeitraums anzurechnen sei, wenn das Einkommen vorzeitig verbraucht wurde.
Im Fall echter Mittellosigkeit hätte der Kläger auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 SGB II die Gewährung eines Darlehens beantragen können. Ein solcher Antrag sei aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Zur Tilgung von Mietrückständen sei dem Kläger von dem Beklagten ein Darlehen gewährt worden.
Der Kläger hat gegen das ihm am 09.06.2010 zugestellte Urteil am 09.07.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Bewertung der Erbschaft als Einkommen richtig sei, Einkommen sei auch vorrangig zur Deckung des grundsicherungsrechtlichen Bedarfs einzusetzen. Falsch sei jedoch die Ansicht des SG Düsseldorf, dass dieses Einkommen sich über einen Verteilzeitraum bis zum 30.08.2009 erstrecken soll, dies entspräche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten des Falls. Der Kläger sei spätestens ab dem 01.03.2009 wieder hilfebedürftig gewesen, weil der Erbschaftsbetrag dann vollständig aufgebraucht gewesen sei. Ein Abgrenzungsproblem zwischen Vermögen und Einkommen stelle sich nicht, weil der Kläger unter dem 16.03.2009 einen Antrag auf Weiterbewilligung gestellt habe, bei dem es sich um einen Neuantrag handele. Er wehre sich nicht gegen die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 12.01.2009, sondern gegen den Bescheid vom 16.04.2009, mit dem der Antrag vom 16.03.2009 auf Weiterbewilligung versagt worden sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.07.2012 hat der Kläger die Klage und die Berufung hinsichtlich der Anfechtung des Aufhebungsbescheides vom 04.02.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragt nunmehr nur noch,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.05.2010 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 16.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Streitig sei die Frage, ob eine einmalige Einnahme aus einer Erbschaft trotz Verbrauch eines gewissen Anteils weiterhin als Einkommen nach dem SGB II anzurechnen sei. Einkommen sei regelmäßig und mit erster Priorität zur Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes einzusetzen, anderweitiger Verbrauch sei unerheblich. Auf den vorzeitigen Verbrauch komme es nicht an. In solchen Fällen sei allenfalls ein Darlehen zu gewähren. Auch mit einer Leistungsunterbrechung könne nach dem Urteil des BSG vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R, die gesetzlich vorgeschriebene Anrechnung einmaliger Einnahmen nach der Alg II-V nicht geändert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu hinsichtlich des Leistungszeitraums ab neuer Antragstellung am 16.03.2009 zu Unrecht abgewiesen.
Der Ablehnungsbescheid vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009.
Der Senat konnte durch Grundurteil entscheiden (§ 130 SGG). Ein Grundurteil ist hier zulässig, weil der Kläger keinen konkreten Leistungsantrag gestellt hat. Nach dem im Verhandlungstermin getroffenen Feststellungen steht fest, dass ein Anspruch auf Gewährungen von Leistungen nach dem SGB II für den noch streitigen Zeitraum bestanden hat mit der Folge, dass ein Geldbetrag zur Auszahlung kommt.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben bzw. die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).
Der Kläger erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nummern 1, 2 und 4 des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Zudem war der Kläger im streitigen Zeitpunkt auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II.
Hilfebedürftig ist nach § 9 Satz 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen lagen im streitigen Zeitraum vor.
Zwar handelt es sich bei der dem Kläger zugeflossenen Erbschaft auch nach der erneuten Antragstellung nicht um Vermögen, sondern um Einkommen. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 30.07.2008, Az.: B 14 AS 26/07 R und vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R) ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Dabei ist ein während des SGB II Leistungsbezugs aus einer Erbschaft zufließender Geldbetrag Vermögen, wenn der Erbfall vor der Beantragung von Grundsicherungsleistungen eingetreten ist (BSG, Urteil vom 24.02.2011, Az.: B 14 AS 45/09 R). Im vorliegenden Fall ist der Erbfall im Juni 2007 und damit während des laufenden Leistungsbezuges des Klägers eingetreten, so dass die Erbschaft als Einkommen zu werten ist.
Das Einkommen ist nach den Regelungen der Alg II-V auf sich an den Bewilligungszeitraum anschließende Zeiträume zu verteilen. Der Verteilzeitraum wird weder durch den Ablauf eines Bewilligungszeitraums, noch durch die erneute Antragstellung begrenzt. Der Verteilzeitraum wird vielmehr nur dann unterbrochen, wenn für mindestens einen Monat die Hilfebedürftigkeit - ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme - entfällt (BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R).
Die dem Kläger zugeflossene Erbschaft war zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung am 16.03.2009 jedoch bereits verbraucht. Die entsprechende Erklärung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung ist glaubhaft. Ihr Inhalt deckt sich mit seinen Angaben bei der Antragstellung. Die größeren von der Erbschaft getätigten Ausgaben hat der Kläger zudem in Höhe von 4.934 Euro belegen können. Schließlich sprechen auch die Mietrückstände, die zur Kündigung seiner Wohnung führten (Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 20 AS 145/09 ER, L 7 B 275/09 AS ER) für die Richtigkeit der Feststellung, dass dem Kläger keine bereiten Mittel mehr zur Verfügung standen. Auch weitere Mittel standen dem Kläger - abgesehen von nicht anrechenbaren Zuwendungen Dritter - nicht zur Verfügung. Soweit in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten wird, ein vorzeitiger Verbrauch von einmaligen Einnahmen sei unbeachtlich (Bayerisches Landessozialgericht - LSG -, Urteil vom 13.04.2007, Az.: L 7 AS 309/06; in diese Richtung BSG, Urteil vom 30.09.20008, Az.; B 4 AS 29/07 R), wird diese Auffassung vom erkennenden Senat nicht geteilt. Eine fiktive Anrechnung ist im Hinblick auf die Regelungen der §§ 31, 31 a Abs. 1, 34 SGB II nicht gerechtfertigt. Die Sanktionsregelung des §§ 31, 31a Abs. 1 SGB II besagt, dass auch dem Verschwender gekürztes Alg II zu gewähren ist, belastet mit der Ersatzforderung nach § 34 SGB II. Mögliche Ersatzansprüche gegen den Hilfebedürftigen stehen der Annahme der Hilfebedürftigkeit nicht entgegen (erkennender Senat, Urteil vom 22.04.2010, Az.: L 7 AS 107/09; so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2007, Az.: L 1 B 1845/07 AS ER und Beschluss vom 27.11.2007, Az.: L 14 B 1818/08 AS ER). Ist von einem Geldbetrag nichts mehr vorhanden, kommen öffentliche Hilfeleistungen in Betracht (Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 09.01.2008, Az.: S 2 B 483/07, S 2 B 484/07). Es bleibt dem Beklagten unbenommen zu überprüfen, ob beim Kläger die Voraussetzungen der §§ 31a Abs. 1, 34 SGB II gegeben sind.
Während des streitigen Zeitraums hatte der Kläger keinen Verdienst, der über 100 Euro gelegen hat. Auch insoweit hat der Senat an der Richtigkeit der im Termin zur mündlichen Verhandlung erteilten Auskunft des Klägers keine Zweifel. Soweit zu dem hier streitigen Zeitraum noch Verdienstbescheinigungen vorgelegt werden konnten, bestätigen sie die Aussage des Klägers. Dieses Einkommen war damit gemäß § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II anrechnungsfrei.
Der Bedarf des für Unterkunft und Heizung hat im streitigen Zeitraum in Höhe der für Januar 2009 bewilligten Leistungen fortbestanden. Die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses konnte durch die im Verfahren S 20 AS 145/09 ER, L 7 B 275/09 AS ER getroffenen Regelung wieder rückgängig gemacht werden.
Aufgrund seiner Hilfebedürftigkeit sind dem Kläger für den streiten Zeitraum Leistungen zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
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