Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 48 AS 2726/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 3/13 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Bestandskraft der Hauptsache im ER
a) Wenn ein Ablehnungsbescheid bestandskräftig wird, wird ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unzulässig. Es ist dann kein Raum mehr für eine vorläufige Zwischenregelung durch das Gericht (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.04.2010, L 7 AS 144/10 B ER).
b) Wenn ein Ablehnungsbescheid nach Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Gericht bestandskräftig wird, kann die zur Leistung verpflichtete Behörde dies in einem Antrag auf Abänderung des Beschlusses an das Gericht geltend machen. Es obliegt nicht der Behörde, die vom Gericht angeordnete Leistungsverpflichtung eigenmächtig einzustellen. Aus diesem Grund bedarf es in einer einstweiligen Anordnung nicht des Zusatzes "längstens bis zur Bestandskraft in der Hauptsache".
2. Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II
a) § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II gestattet es der Behörde, aus wirtschaftlichen Gründen (insb. wegen Umzugskosten) etwas höhere Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen, als es die Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erlaubt. Daraus ergibt sich kein Anspruch, auch für eine viel zu teuere Wohnung einen Zuschlag zur Angemessenheitsgrenze zu erhalten.
b) Bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat das BSG darauf hingewiesen, dass eine "Ghettobildung" zu vermeiden ist. Dies bedeutet, dass die Angemessenheitsgrenze nicht nur aus Wohnungen aus "Ghettos" ermittelt werden darf. Das bedeutet aber nicht, dass die Angemessenheitsgrenze für besonders teure und beliebte Stadtviertel gesondert zu ermitteln ist.
a) Wenn ein Ablehnungsbescheid bestandskräftig wird, wird ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unzulässig. Es ist dann kein Raum mehr für eine vorläufige Zwischenregelung durch das Gericht (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.04.2010, L 7 AS 144/10 B ER).
b) Wenn ein Ablehnungsbescheid nach Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Gericht bestandskräftig wird, kann die zur Leistung verpflichtete Behörde dies in einem Antrag auf Abänderung des Beschlusses an das Gericht geltend machen. Es obliegt nicht der Behörde, die vom Gericht angeordnete Leistungsverpflichtung eigenmächtig einzustellen. Aus diesem Grund bedarf es in einer einstweiligen Anordnung nicht des Zusatzes "längstens bis zur Bestandskraft in der Hauptsache".
2. Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II
a) § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II gestattet es der Behörde, aus wirtschaftlichen Gründen (insb. wegen Umzugskosten) etwas höhere Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen, als es die Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erlaubt. Daraus ergibt sich kein Anspruch, auch für eine viel zu teuere Wohnung einen Zuschlag zur Angemessenheitsgrenze zu erhalten.
b) Bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat das BSG darauf hingewiesen, dass eine "Ghettobildung" zu vermeiden ist. Dies bedeutet, dass die Angemessenheitsgrenze nicht nur aus Wohnungen aus "Ghettos" ermittelt werden darf. Das bedeutet aber nicht, dass die Angemessenheitsgrenze für besonders teure und beliebte Stadtviertel gesondert zu ermitteln ist.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom
14. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Eilverfahren, in welcher Höhe der Antragsgegner ab 01.12.2012 Kosten der Unterkunft zu übernehmen hat.
Die 1959 geborene Antragstellerin und Beschwerdeführerin bewohnt alleine eine Wohnung mit 48 qm Wohnfläche in A-Stadt. Nach dem Mietvertrag vom 27.03.2006 hat diese eine Grundmiete von monatlich 690,- Euro zuzüglich einer Abschlagszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 55,- Euro EUR. Zum 01.02.2013 erhöht der Vermieter die Grundmiete auf 768,70 Euro. Für die Heizung mittels Gas zahlt die Antragstellerin an die Stadtwerke monatlich 115,- Euro. Zusammen ergibt sich eine Gesamtmiete von 860,- Euro, ab Februar 2013 von 938,70 Euro.
Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin ab 01.03.2007 nach entsprechender Kostensenkungsaufforderung lediglich die Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach seinen Vorgaben angemessen seien. Dies ist ab Mitte 2008 eine Grundmiete von monatlich 449,21 Euro. Die Antragstellerin führte deswegen mehrere Eilverfahren und Klageverfahren durch. Zuletzt entschied das Bayerische Landessozialgericht nach umfangreichen statistischen Ermittlungen mit Urteil vom 11.07.2012, Az. L 16 AS 127/10, dass der Antragstellerin für die Zeit bis November 2008 bis auf wenige Cent keine höheren Unterkunftskosten zustehen. Hierzu ist unter B 4 AS 77/12 R die Revision anhängig.
Mit Bescheid vom 18.10.2012 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin für die Zeit vom 01.12.2012 bis zum 31.05.2013 Arbeitslosengeld II in Höhe von 993,21 Euro monatlich. Darin enthalten war der Regelbedarf in Höhe von 374,- Euro und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 619,21 Euro. Dabei wurden eine Grundmiete von 449,21 Euro sowie die vollen Neben- und Heizkosten übernommen. Am 30.10.2012 legte die Antragstellerin gegen diese Entscheidung Widerspruch ein.
Ebenfalls am 30.10.2012 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und begehrte ab 01.12.2012 vorläufig höhere Leistungen. Es seien monatlich mindestens 600,- Euro an Grundmiete anzusetzen, mithin mindestens monatlich um 150,79 Euro höhere Leistungen.
Mit Beschluss vom 14.12.2012 verpflichtete das Sozialgericht München den Antragsgegner für die Zeit ab 01.12.2012 vorläufig bis zum 31.05.2013, längstens aber bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, weitere Leistungen für die Unterkunft in Höhe von 16,54 Euro monatlich zu gewähren. Im Übrigen lehnte es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Bereits in den Jahren 2006/2007 sei ein ordnungsgemäßes Kostensenkungsverfahren durchgeführt worden. Das Konzept des Antragsgegners für die Angemessenheit der Unterkunftskosten sei nicht schlüssig (vgl. o.g. Urteil des BayLSG). Die angemessenen Kosten der Unterkunft könnten im Eilverfahren ausgehend vom bestehenden Mietspiegel lediglich geschätzt werden. Danach betrage die durchschnittliche Grundmiete (Nettokaltmiete) für eine Wohnung der Wohnfläche von 50 qm in der mittleren Baujahreskategorie von 1989 bis 1994 517,50 Euro (10,35 Euro pro qm). Da lediglich Wohnungen im einfachen unteren Marktsegment liegenden Standard zugrunde zu legen seien, werde hiervon ein Abzug von 10 % vorgenommen. Damit ergebe sich ein Betrag von 465,75 Euro, der um 16,54 Euro über die vom Antragsgegner festgelegten Obergrenze von 449,21 Euro liege. Der Anordnungsgrund folge aus dem existenzsichernden Charakter der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Antragstellerin hat am 21.12.2012 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Gemäß dem Urteil des BSG vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, Rn. 38, sei die Miete in voller tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Der vom Sozialgericht zugesprochene Betrag von 16,54 Euro gleiche nicht annähernd die Mietsteigerung der letzten Jahre aus. Das untere Marktsegment sei vollständig verschwunden. Pro Quadratmeter seien 12,- Euro zu bezahlen. Um eine Ghettobildung zu vermeiden, sei die Miete im Stadtteil Maxvorstadt zu übernehmen. Der Antragsgegner würde anderen Empfängern 10 % höhere Leistungen gewähren. Dass dieser Zuschlag ihr nicht gewährt werde, sei eine Verletzung von Art. 3 Grundgesetz (GG). Nach der zum 01.02.2013 erfolgenden Mieterhöhung drohe ihr die Obdachlosigkeit.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 14.12.2012 abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 01.12.2012 bis 31.05.2013 höhere Leistungen (monatlich um mindestens 134,25 Euro höher) zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akten des Sozialgerichts und des Beschwerdegerichts sowie auf das Urteil des BayLSG vom 11.07.2012, L 16 AS 127/10 verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Beschwerdewert von 750,- Euro wird erreicht, 134,25 Euro mal sechs Monate sind 805,50 Euro. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Antragstellerin stehen im Eilverfahren keine weiteren Leistungen zu.
Das Beschwerdegericht schließt sich gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Das gilt auch für die maßvolle Anhebung der Angemessenheitsgrenze. In der Sache muss sich der Antragsgegner fragen lassen, wieso die Angemessenheitsgrenze seit Mitte 2008 unverändert bei 449,21 Euro Grundmiete liegt.
Wenn ein Ablehnungsbescheid bestandskräftig wird, wird ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unzulässig. Es ist dann kein Raum mehr für eine vorläufige Zwischenregelung durch das Gericht (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2010, § 86b Rn. 7 und 26d; BayLSG, Beschluss vom 12.04.2010, L 7 AS 144/10 B ER). Das Beschwerdegericht versteht den Tenor des Sozialgerichts dahingehend, dass der Antragsgegner die zusätzliche Leistung von 16,54 Euro monatlich bis zum 31.05.2013 zu übernehmen hat. Falls vor diesem Zeitpunkt die Entscheidung in der Hautsache (Bescheid vom 18.10.2012) bestandskräftig werden würde, hätte dies der Antragsgegner in einem Antrag an das Sozialgericht auf Abänderung der ergangenen einstweiligen Anordnung (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2010, § 86b Rn. 45) geltend zu machen. Es obliegt nicht der Behörde den Eintritt dieses Ereignisses zu prüfen und die vom Gericht angeordnete Leistungsverpflichtung eigenmächtig einzustellen. Im Übrigen würde eine Leistungsverpflichtung "längstens bis zur Bestandskraft in der Hauptsache" Probleme für die Vollstreckbarkeit dieser Leistungsverpflichtung bereiten.
Weil lediglich die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt hat, war nicht zu prüfen, ob ein Anordnungsgrund bestand.
Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass dem Urteil des BSG vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, nicht zu entnehmen ist, dass der Antragsgegner der Antragstellerin auf Jahre hinaus die tatsächlichen Kosten der Unterkunft, die offensichtlich weit über der Angemessenheitsgrenze des § 22 SGB II liegen, zu gewähren hat. Dort hatte das BSG in Rn. 38 ausgeführt, dass ein Fall der Unmöglichkeit einer Kostensenkung vorliegen könne, wenn der Betroffene gerade deshalb keine andere Wohnung finden könne, weil die Behörde neben der von der Behörde als angemessen angesehenen Referenzmiete weitere Richtgrößen (Parameter) mitteile, die unrichtig seien, etwa zu große Wohnungsgrößen nenne oder den Kreis der bei der Suche einzubeziehenden Wohnungen falsch beschreibe. Das Beschwerdegericht kann sich eine derartige Kausalität generell kaum vorstellen, weil es allein Sache des Betroffenen ist, sich eine andere Wohnung zu suchen, und seit Jahren allseits bekannt ist, dass die Wohnfläche oder die Quadratmetermiete als solche für die Übernahme der Grundmiete nicht relevant sind. Im vorliegenden Fall ist eine derartige Kausalität einer Fehlinformation ohnehin ausgeschlossen, weil der Antragstellerin aus zahlreichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren bekannt ist, auf welche Richtgrößen es bei der Wohnungssuche ankommt.
Es ist denkbar und mit dem Gesetz vereinbar, wenn der Antragsgegner in anderen Fällen eine geringe Überschreitung seiner Angemessenheitsgrenzen hinnimmt und entsprechende zusätzliche Leistungen erbringt. Dies gestattet § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, wonach eine Absenkung nicht angemessener Aufwendungen nicht gefordert werden muss, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Ein derartiger Fall liegt bei der Antragstellerin nicht vor. Die Grundmiete der Antragstellerin liegt um rund 241,- Euro bzw. ab Februar 2013 um rund 319,- Euro über der Angemessenheitsgrenze von 449,21 Euro. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG liegt offensichtlich nicht vor.
Die Antragstellerin missversteht die Rechtsprechung des BSG zur Vermeidung einer Ghettobildung. Diese wird nach dem o.g. Urteil dadurch verhindert, dass bei der Ermittlung von Referenzmieten nicht nur einzelne, besonders heruntergekommene und daher "billige" Stadtteile herausgegriffen werden dürfen (BSG, a.a.O., Rn. 21). Es sollen also nicht ausschließlich "Ghettos" als Maßstab der Angemessenheitsgrenze herangezogen werden. Daraus kann der Antragstellerin nicht umgekehrt ableiten, dass die Angemessenheitsgrenze für einzelne, besonders beliebte und teure Stadtteile gesondert und höher festgelegt werden muss. Ein Leistungsberechtigter ist im Übrigen nicht gehindert, eine Wohnung von weniger als 50 qm anzumieten, wenn er denn besonderen Wert auf eine gehobene Wohnlage legt.
Anhaltspunkte für eine drohende Obdachlosigkeit sind nicht ersichtlich. Die Antragstellerin finanziert seit März 2007 eine monatliche Mietdifferenz von 241,- Euro, ohne dass ein Zahlungsverzug oder eine Kündigung der Wohnung geltend gemacht wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
14. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Eilverfahren, in welcher Höhe der Antragsgegner ab 01.12.2012 Kosten der Unterkunft zu übernehmen hat.
Die 1959 geborene Antragstellerin und Beschwerdeführerin bewohnt alleine eine Wohnung mit 48 qm Wohnfläche in A-Stadt. Nach dem Mietvertrag vom 27.03.2006 hat diese eine Grundmiete von monatlich 690,- Euro zuzüglich einer Abschlagszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 55,- Euro EUR. Zum 01.02.2013 erhöht der Vermieter die Grundmiete auf 768,70 Euro. Für die Heizung mittels Gas zahlt die Antragstellerin an die Stadtwerke monatlich 115,- Euro. Zusammen ergibt sich eine Gesamtmiete von 860,- Euro, ab Februar 2013 von 938,70 Euro.
Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin ab 01.03.2007 nach entsprechender Kostensenkungsaufforderung lediglich die Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach seinen Vorgaben angemessen seien. Dies ist ab Mitte 2008 eine Grundmiete von monatlich 449,21 Euro. Die Antragstellerin führte deswegen mehrere Eilverfahren und Klageverfahren durch. Zuletzt entschied das Bayerische Landessozialgericht nach umfangreichen statistischen Ermittlungen mit Urteil vom 11.07.2012, Az. L 16 AS 127/10, dass der Antragstellerin für die Zeit bis November 2008 bis auf wenige Cent keine höheren Unterkunftskosten zustehen. Hierzu ist unter B 4 AS 77/12 R die Revision anhängig.
Mit Bescheid vom 18.10.2012 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin für die Zeit vom 01.12.2012 bis zum 31.05.2013 Arbeitslosengeld II in Höhe von 993,21 Euro monatlich. Darin enthalten war der Regelbedarf in Höhe von 374,- Euro und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 619,21 Euro. Dabei wurden eine Grundmiete von 449,21 Euro sowie die vollen Neben- und Heizkosten übernommen. Am 30.10.2012 legte die Antragstellerin gegen diese Entscheidung Widerspruch ein.
Ebenfalls am 30.10.2012 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und begehrte ab 01.12.2012 vorläufig höhere Leistungen. Es seien monatlich mindestens 600,- Euro an Grundmiete anzusetzen, mithin mindestens monatlich um 150,79 Euro höhere Leistungen.
Mit Beschluss vom 14.12.2012 verpflichtete das Sozialgericht München den Antragsgegner für die Zeit ab 01.12.2012 vorläufig bis zum 31.05.2013, längstens aber bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, weitere Leistungen für die Unterkunft in Höhe von 16,54 Euro monatlich zu gewähren. Im Übrigen lehnte es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Bereits in den Jahren 2006/2007 sei ein ordnungsgemäßes Kostensenkungsverfahren durchgeführt worden. Das Konzept des Antragsgegners für die Angemessenheit der Unterkunftskosten sei nicht schlüssig (vgl. o.g. Urteil des BayLSG). Die angemessenen Kosten der Unterkunft könnten im Eilverfahren ausgehend vom bestehenden Mietspiegel lediglich geschätzt werden. Danach betrage die durchschnittliche Grundmiete (Nettokaltmiete) für eine Wohnung der Wohnfläche von 50 qm in der mittleren Baujahreskategorie von 1989 bis 1994 517,50 Euro (10,35 Euro pro qm). Da lediglich Wohnungen im einfachen unteren Marktsegment liegenden Standard zugrunde zu legen seien, werde hiervon ein Abzug von 10 % vorgenommen. Damit ergebe sich ein Betrag von 465,75 Euro, der um 16,54 Euro über die vom Antragsgegner festgelegten Obergrenze von 449,21 Euro liege. Der Anordnungsgrund folge aus dem existenzsichernden Charakter der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Antragstellerin hat am 21.12.2012 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Gemäß dem Urteil des BSG vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, Rn. 38, sei die Miete in voller tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Der vom Sozialgericht zugesprochene Betrag von 16,54 Euro gleiche nicht annähernd die Mietsteigerung der letzten Jahre aus. Das untere Marktsegment sei vollständig verschwunden. Pro Quadratmeter seien 12,- Euro zu bezahlen. Um eine Ghettobildung zu vermeiden, sei die Miete im Stadtteil Maxvorstadt zu übernehmen. Der Antragsgegner würde anderen Empfängern 10 % höhere Leistungen gewähren. Dass dieser Zuschlag ihr nicht gewährt werde, sei eine Verletzung von Art. 3 Grundgesetz (GG). Nach der zum 01.02.2013 erfolgenden Mieterhöhung drohe ihr die Obdachlosigkeit.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 14.12.2012 abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 01.12.2012 bis 31.05.2013 höhere Leistungen (monatlich um mindestens 134,25 Euro höher) zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akten des Sozialgerichts und des Beschwerdegerichts sowie auf das Urteil des BayLSG vom 11.07.2012, L 16 AS 127/10 verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Beschwerdewert von 750,- Euro wird erreicht, 134,25 Euro mal sechs Monate sind 805,50 Euro. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Antragstellerin stehen im Eilverfahren keine weiteren Leistungen zu.
Das Beschwerdegericht schließt sich gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Das gilt auch für die maßvolle Anhebung der Angemessenheitsgrenze. In der Sache muss sich der Antragsgegner fragen lassen, wieso die Angemessenheitsgrenze seit Mitte 2008 unverändert bei 449,21 Euro Grundmiete liegt.
Wenn ein Ablehnungsbescheid bestandskräftig wird, wird ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unzulässig. Es ist dann kein Raum mehr für eine vorläufige Zwischenregelung durch das Gericht (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2010, § 86b Rn. 7 und 26d; BayLSG, Beschluss vom 12.04.2010, L 7 AS 144/10 B ER). Das Beschwerdegericht versteht den Tenor des Sozialgerichts dahingehend, dass der Antragsgegner die zusätzliche Leistung von 16,54 Euro monatlich bis zum 31.05.2013 zu übernehmen hat. Falls vor diesem Zeitpunkt die Entscheidung in der Hautsache (Bescheid vom 18.10.2012) bestandskräftig werden würde, hätte dies der Antragsgegner in einem Antrag an das Sozialgericht auf Abänderung der ergangenen einstweiligen Anordnung (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2010, § 86b Rn. 45) geltend zu machen. Es obliegt nicht der Behörde den Eintritt dieses Ereignisses zu prüfen und die vom Gericht angeordnete Leistungsverpflichtung eigenmächtig einzustellen. Im Übrigen würde eine Leistungsverpflichtung "längstens bis zur Bestandskraft in der Hauptsache" Probleme für die Vollstreckbarkeit dieser Leistungsverpflichtung bereiten.
Weil lediglich die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt hat, war nicht zu prüfen, ob ein Anordnungsgrund bestand.
Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass dem Urteil des BSG vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, nicht zu entnehmen ist, dass der Antragsgegner der Antragstellerin auf Jahre hinaus die tatsächlichen Kosten der Unterkunft, die offensichtlich weit über der Angemessenheitsgrenze des § 22 SGB II liegen, zu gewähren hat. Dort hatte das BSG in Rn. 38 ausgeführt, dass ein Fall der Unmöglichkeit einer Kostensenkung vorliegen könne, wenn der Betroffene gerade deshalb keine andere Wohnung finden könne, weil die Behörde neben der von der Behörde als angemessen angesehenen Referenzmiete weitere Richtgrößen (Parameter) mitteile, die unrichtig seien, etwa zu große Wohnungsgrößen nenne oder den Kreis der bei der Suche einzubeziehenden Wohnungen falsch beschreibe. Das Beschwerdegericht kann sich eine derartige Kausalität generell kaum vorstellen, weil es allein Sache des Betroffenen ist, sich eine andere Wohnung zu suchen, und seit Jahren allseits bekannt ist, dass die Wohnfläche oder die Quadratmetermiete als solche für die Übernahme der Grundmiete nicht relevant sind. Im vorliegenden Fall ist eine derartige Kausalität einer Fehlinformation ohnehin ausgeschlossen, weil der Antragstellerin aus zahlreichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren bekannt ist, auf welche Richtgrößen es bei der Wohnungssuche ankommt.
Es ist denkbar und mit dem Gesetz vereinbar, wenn der Antragsgegner in anderen Fällen eine geringe Überschreitung seiner Angemessenheitsgrenzen hinnimmt und entsprechende zusätzliche Leistungen erbringt. Dies gestattet § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, wonach eine Absenkung nicht angemessener Aufwendungen nicht gefordert werden muss, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Ein derartiger Fall liegt bei der Antragstellerin nicht vor. Die Grundmiete der Antragstellerin liegt um rund 241,- Euro bzw. ab Februar 2013 um rund 319,- Euro über der Angemessenheitsgrenze von 449,21 Euro. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG liegt offensichtlich nicht vor.
Die Antragstellerin missversteht die Rechtsprechung des BSG zur Vermeidung einer Ghettobildung. Diese wird nach dem o.g. Urteil dadurch verhindert, dass bei der Ermittlung von Referenzmieten nicht nur einzelne, besonders heruntergekommene und daher "billige" Stadtteile herausgegriffen werden dürfen (BSG, a.a.O., Rn. 21). Es sollen also nicht ausschließlich "Ghettos" als Maßstab der Angemessenheitsgrenze herangezogen werden. Daraus kann der Antragstellerin nicht umgekehrt ableiten, dass die Angemessenheitsgrenze für einzelne, besonders beliebte und teure Stadtteile gesondert und höher festgelegt werden muss. Ein Leistungsberechtigter ist im Übrigen nicht gehindert, eine Wohnung von weniger als 50 qm anzumieten, wenn er denn besonderen Wert auf eine gehobene Wohnlage legt.
Anhaltspunkte für eine drohende Obdachlosigkeit sind nicht ersichtlich. Die Antragstellerin finanziert seit März 2007 eine monatliche Mietdifferenz von 241,- Euro, ohne dass ein Zahlungsverzug oder eine Kündigung der Wohnung geltend gemacht wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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