Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AS 891/12
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 78/13 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 SGB III erfolgt ohne Verwaltungsakt. Dagegen kann grundsätzlich eine echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erhoben werden.
Durch den Erlass des Änderungsbescheids, die die neu bekannt gewordenen Tatsachen für die Zeit der Zahlungseinstellung berücksichtigt, erledigt sich die vorläufige Zahlungseinstellung und die Hauptsache der dagegen gerichteten allgemeinen Leistungsklage.
Durch den Erlass des Änderungsbescheids, die die neu bekannt gewordenen Tatsachen für die Zeit der Zahlungseinstellung berücksichtigt, erledigt sich die vorläufige Zahlungseinstellung und die Hauptsache der dagegen gerichteten allgemeinen Leistungsklage.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom
4. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen eine vorläufige Einstellung der Zahlung von Arbeitslosengeld II.
Dem 1957 geborenen Kläger wurde mit Bescheid vom 04.12.2012 Arbeitslosengeld II für die Zeit von 01.01.2013 bis 30.06.2013 in Höhe von monatlich 644,79 Euro bewilligt. Er steht unter Betreuung.
Am 14.12.2012 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er beginnend ab 17.12.2012 eine dreijährige Erwerbstätigkeit in Teilzeit ausüben werde. Der Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 17.12.2012 mit, dass bis zur endgültigen Klärung der Einkommensverhältnisse die Leistung vorläufig eingestellt werde. Beigefügte Einkommensbescheinigung sei durch den Arbeitgeber auszufüllen und umgehend vorzulegen. Am 20. und 21.12.2012 übersandte die Betreuerin des Klägers Einkommensbescheinigungen per Telefax.
Am 21.12.2012 erhob der Bevollmächtigte des Klägers zugleich Widerspruch gegen das Schreiben vom 17.12.2012, beantragte beim Sozialgericht ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 11 AS 890/12 ER) und erhob zugleich Klage auf Gewährung von Leistungen ab 01.01.2013. In diesem Klageverfahren stellte er zugleich einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Mit Änderungsbescheid ebenfalls vom 21.12.2012 setzte der Beklagte die Leistungen ab 01.01.2013 unter Anrechnung des Arbeitseinkommens (brutto monatlich 880,65 Euro, nach Bereinigung angerechnet 440,20 Euro) neu fest. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2013 zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 04.02.2013 lehnte das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klage gegen das Schreiben vom 17.12.2012 ab. Streitgegenständlich sei allein die vorläufige Zahlungseinstellung, die kein Verwaltungsakt sei. Prozesskostenhilfe sei mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abzulehnen. Der Klage habe von Anfang an das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gefehlt. Für den Kläger sei aufgrund des Schreibens vom 17.12.2012 ersichtlich gewesen, dass nach Vorlage der Einkommensbescheinigung die neue Leistung errechnet und gewährt werden werde. Es habe daher kein Anlass bestanden, ohne weiteres Zuwarten Klage zu erheben.
Der Kläger hat am 14.02.2013 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Das Rechtsschutzbedürfnis und die Erfolgsaussicht hätten bestanden. Der Kläger sei kurz vor Weihnachten mit der Zahlungseinstellung konfrontiert worden und hätte ohne zeitnahe Neuberechnung der Leistungen im Januar keine ausreichenden existenzsichernden Mittel zur Verfügung gehabt. Die Neuberechnung der Leistungen durch Änderungsbescheid vom 21.12.2012 sei nicht absehbar gewesen.
II.
Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist auch statthaft, da sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen ist.
Die Beschwerde ist aber unbegründet, weil das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt hat. Das Sozialgericht hat zutreffend dargelegt, dass für die Klage gegen die vorläufige Zahlungseinstellung keine Erfolgsaussicht bestand.
Prozesskostenhilfe ist nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) einem Kläger bzw. Antragsteller zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Gegen eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 SGB III ist grundsätzlich eine echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft, weil es sich dabei nach dem Gesetzeswortlaut nicht um einen Bescheid handelt (vgl. Hauck/Noftz, SGB III, § 331 Rn. 13; Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 40 Rn. 73). Dies entspricht auch dem Regelungszweck der vorläufigen Zahlungseinstellung, der Behörde eine schnelle tatsächliche Reaktion auf leistungsschädliche Erkenntnisse zu ermöglichen. Durch den Erlass des Änderungsbescheids, der die neuen Tatsachen für die strittige Zeit berücksichtigt, erledigt sich die bescheidlose vorläufige Zahlungseinstellung und die Hauptsache der dagegen gerichteten echten Leistungsklage.
Allerdings lagen hier die Voraussetzungen der vorläufigen Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 331 SGB III vor und die Klage war schon deswegen ohne Erfolgsaussicht. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, welchem Rechtsschutzbedürfnis die Klage in der Zeit bis zur Bekanntgabe des Änderungsbescheids vom 21.12.2012 neben dem parallelen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz diente. Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Damit ist keine Aussage darüber getroffen, ob im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz Prozesskostenhilfe zustand oder zusteht.
Ob der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei dieser Konstellation und dem geschilderten Zeitablauf (Klageerhebung am Tag der Einreichung der offenkundig notwendigen Einkommensnachweise und parallel zum einstweiligen Rechtsschutz) auch wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung abzulehnen war, kann dahinstehen.
Eine Kostenentscheidung unterbleibt im Beschwerdeverfahren gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
4. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen eine vorläufige Einstellung der Zahlung von Arbeitslosengeld II.
Dem 1957 geborenen Kläger wurde mit Bescheid vom 04.12.2012 Arbeitslosengeld II für die Zeit von 01.01.2013 bis 30.06.2013 in Höhe von monatlich 644,79 Euro bewilligt. Er steht unter Betreuung.
Am 14.12.2012 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er beginnend ab 17.12.2012 eine dreijährige Erwerbstätigkeit in Teilzeit ausüben werde. Der Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 17.12.2012 mit, dass bis zur endgültigen Klärung der Einkommensverhältnisse die Leistung vorläufig eingestellt werde. Beigefügte Einkommensbescheinigung sei durch den Arbeitgeber auszufüllen und umgehend vorzulegen. Am 20. und 21.12.2012 übersandte die Betreuerin des Klägers Einkommensbescheinigungen per Telefax.
Am 21.12.2012 erhob der Bevollmächtigte des Klägers zugleich Widerspruch gegen das Schreiben vom 17.12.2012, beantragte beim Sozialgericht ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 11 AS 890/12 ER) und erhob zugleich Klage auf Gewährung von Leistungen ab 01.01.2013. In diesem Klageverfahren stellte er zugleich einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Mit Änderungsbescheid ebenfalls vom 21.12.2012 setzte der Beklagte die Leistungen ab 01.01.2013 unter Anrechnung des Arbeitseinkommens (brutto monatlich 880,65 Euro, nach Bereinigung angerechnet 440,20 Euro) neu fest. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2013 zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 04.02.2013 lehnte das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klage gegen das Schreiben vom 17.12.2012 ab. Streitgegenständlich sei allein die vorläufige Zahlungseinstellung, die kein Verwaltungsakt sei. Prozesskostenhilfe sei mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abzulehnen. Der Klage habe von Anfang an das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gefehlt. Für den Kläger sei aufgrund des Schreibens vom 17.12.2012 ersichtlich gewesen, dass nach Vorlage der Einkommensbescheinigung die neue Leistung errechnet und gewährt werden werde. Es habe daher kein Anlass bestanden, ohne weiteres Zuwarten Klage zu erheben.
Der Kläger hat am 14.02.2013 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Das Rechtsschutzbedürfnis und die Erfolgsaussicht hätten bestanden. Der Kläger sei kurz vor Weihnachten mit der Zahlungseinstellung konfrontiert worden und hätte ohne zeitnahe Neuberechnung der Leistungen im Januar keine ausreichenden existenzsichernden Mittel zur Verfügung gehabt. Die Neuberechnung der Leistungen durch Änderungsbescheid vom 21.12.2012 sei nicht absehbar gewesen.
II.
Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist auch statthaft, da sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen ist.
Die Beschwerde ist aber unbegründet, weil das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt hat. Das Sozialgericht hat zutreffend dargelegt, dass für die Klage gegen die vorläufige Zahlungseinstellung keine Erfolgsaussicht bestand.
Prozesskostenhilfe ist nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) einem Kläger bzw. Antragsteller zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Gegen eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 SGB III ist grundsätzlich eine echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft, weil es sich dabei nach dem Gesetzeswortlaut nicht um einen Bescheid handelt (vgl. Hauck/Noftz, SGB III, § 331 Rn. 13; Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 40 Rn. 73). Dies entspricht auch dem Regelungszweck der vorläufigen Zahlungseinstellung, der Behörde eine schnelle tatsächliche Reaktion auf leistungsschädliche Erkenntnisse zu ermöglichen. Durch den Erlass des Änderungsbescheids, der die neuen Tatsachen für die strittige Zeit berücksichtigt, erledigt sich die bescheidlose vorläufige Zahlungseinstellung und die Hauptsache der dagegen gerichteten echten Leistungsklage.
Allerdings lagen hier die Voraussetzungen der vorläufigen Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 331 SGB III vor und die Klage war schon deswegen ohne Erfolgsaussicht. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, welchem Rechtsschutzbedürfnis die Klage in der Zeit bis zur Bekanntgabe des Änderungsbescheids vom 21.12.2012 neben dem parallelen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz diente. Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Damit ist keine Aussage darüber getroffen, ob im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz Prozesskostenhilfe zustand oder zusteht.
Ob der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei dieser Konstellation und dem geschilderten Zeitablauf (Klageerhebung am Tag der Einreichung der offenkundig notwendigen Einkommensnachweise und parallel zum einstweiligen Rechtsschutz) auch wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung abzulehnen war, kann dahinstehen.
Eine Kostenentscheidung unterbleibt im Beschwerdeverfahren gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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