L 9 SO 17/11

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 17 SO 269/07
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 9 SO 17/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Neben den aus § 14 SGB IX als erstangegangenen - formellen - Kostenträger kann auch der aus materiellem Recht verpflichtete Kostenträger zuständiger Träger sein und verklagt werden.

2. Zur den Voraussetzungen Petö-Therapie als sozialer Rehabilitation.

3. Dient eine Petö-Therapie im Einzelfall auch der Verbesserung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, steht dabei aber der medizinische Leistungszweck eindeutig im Vordergrund, so ist sie allein der medizinischen Rehabilitation zuzuordnen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 13. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Beklagte in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), für eine Konduktive Förderung nach Petö (Petö-Therapie).

Die Klägerin ist am -. - 2001 geboren. Sie leidet laut einer Stellungnahme des Fachbereichs Gesundheit der Beklagten vom 24. Januar 2007 an einer zerebralen Myelinisierungsstörung, Kleinhirnatrophie, progredienter Spastik, globalem Entwicklungsrückstand und Hüftgelenksdysplasie beidseitig. Unter Vorlage eines Kostenvoranschlages für eine Petö-Therapie für die Zeit vom 9. Oktober bis zum 10. Novem¬ber 2006 des Vereins "S für S e. V." vom 28. Juli 2006 beantragten die Eltern der Klägerin zunächst bei der Beigeladenen die Kostenübernahme. Diese lehnte die Kostenübernahme am 3. August 2006 mündlich ab und versah den Kostenvoranschlag mit einem entsprechenden Stempel. Am 6. Februar 2007 fertigte die Beigeladene darüber einen schriftlichen Ablehnungsbescheid.

Bereits mit Schreiben vom 20. August 2006 hatten die Eltern der Klägerin am 22. Au-gust 2006 bei der Beklagten unter Hinweis darauf, dass die Krankenkasse die Kostenübernahme abgelehnt habe, beantragt, nunmehr die Kosten für eine Kon¬duktive Förderung nach Petö für den Zeitraum vom 9. Oktober bis zum 10. Novem¬ber 2006 zu übernehmen.

Mit Bescheid vom 30. August 2006 hatte die Beklagte diesen Antrag abgelehnt mit der Begründung, bei der Petö-Therapie handele es sich um eine medizinische Rehabilitation. Solange diese nicht im Heilmittelkatalog der Krankenkassen aufgenommen sei, könnten die Therapiekosten nicht im Rahmen der Eingliederungshilfe übernommen werden. Dagegen hatten die Eltern der Klägerin mit Schreiben vom 25. am 26. Sep¬tember 2006 Widerspruch eingelegt. In Stellungnahmen des Fachbereichs Gesundheit der Beklagten vom 24. Januar 2007 und 29. Juni 2007 hatte Frau Dr. T ausgeführt, dass es sich bei der Petö-Therapie um eine medizinisch therapeutische Leistung mit nachgewiesener Wirksamkeit handele, die als medizinische Leistung allerdings nicht der Eingliederungshilfe unterfalle, sondern von der Krankenkasse übernommen werden müsste. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2007 zurück. Dieser wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. August 2007 zugestellt.

Die Klägerin hat am 28. September 2007 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und vorgetragen, bei Petö handele es sich nicht schwerpunktmäßig um eine medizinische Rehabilitation, sondern es sei eine ganzheitliche Methode, die pädagogische, logopädische, ergothera¬peutische und physiotherapeutische Anteile kombiniere. Sie sei eine pädagogisch geprägte Methode zur Förderung von Kindern mit überwiegend motorischen Störungen und Behinderungen. Primäres Ziel sei die Eingliederung in die Gesellschaft, wobei Sprachentwicklung und Kommunikation sowie Selbstständigkeit und Teilhabemöglichkeiten gefördert würden. Neben den motorischen Fähigkeiten würden auch das soziale Verhalten und die Sauberkeitserziehung gefördert. Durch die zwischenzeitlich erfolgte Therapie seien auch schon gewisse Erfolge erzielt worden. Außerdem hat die Klägerin darauf verwiesen, dass ihr behandelnder Arzt Dr. K , Facharzt für Orthopädie, die Petö-Therapie empfohlen und einen gewissen Fortschritt durch diese Therapie bestätigt habe. Hierzu hat sie Berichte von Dr. K vom 16. November 2006, 13. Februar und 13. Juni 2007, 18. Februar sowie 21. Juli 2008, vom 27. Oktober 2009 und 7. September 2010 vorgelegt. Dieser sieht eine Verbesserung auf orthopädischem Fachgebiet und empfiehlt, die Petö-Therapie fortzusetzen. Außerdem hat die Klägerin Abschlussberichte des "S für S e. V." über die Petö-Therapien vom 9. Oktober bis zum 10. November 2006, vom 7. Januar bis zum 26. Januar 2007, vom 12. März bis zum 5. April 2007 und vom 13. Oktober bis zum 24. Oktober 2008 vorgelegt. In diesen ist aufgeführt, dass die Klägerin insbesondere bei der motorischen Förderung erhebliche Fortschritte gemacht habe. Zusätzlich wird angemerkt, dass sich erhebliche Verbesserungen bei der sprachlichen Entwicklung, der Kontinenz, der Selbstversorgung, bei dem Verhalten in der Gruppe, dem An- und Ausziehen, der Eingliederung in die Gruppe, der Konzentrationsfähigkeit und bei den lebenspraktischen Tätigkeiten ergeben hätten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Petö-Therapie für die Klägerin für die Zeit ab 9. Oktober 2006 bis zum 23. November 2009 im Wege der Eingliederungshilfe zu übernehmen, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, die Ablehnung der Kostenübernahme vom 3. August 2006 und den Bescheid vom 6. Februar 2007 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), aufzuheben und die Beigeladene zu verurteilen, die Kosten der Petö-Therapie für die Klägerin für die Zeit ab 9. Oktober 2006 bis zum 23. November 2009 im Wege der Eingliederungshilfe zu übernehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, dass der Antrag zunächst bei der Beigeladenen gestellt worden sei, so dass diese, da sie ihn nicht weitergeleitet habe, über den Antrag zu entscheiden habe. Im Übrigen könne die Petö-Therapie nicht im Rahmen der Eingliederungshilfe gefördert werden, denn es sei keine geeignete und erforderliche Maßnahme und im Übrigen der medizinischen Rehabilitation zuzurechnen. Die Petö-Thera¬pie sei auch keine Hilfe zur angemessenen Schulbildung, wie sich aus den Therapiezielen ergebe. Sie sei vielmehr auf die physische Beweglichkeit ausgerichtet. Die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers sei daher nachrangig.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und darauf verwiesen, dass die Petö-Therapie keine Kassenleistung sei.

Das Sozialgericht Schleswig hat mit Beschluss vom 13. Juli 2010 die Beigeladene beigeladen und nach Anhörung der Konduktorin G. K. in der mündlichen Verhandlung mit Urteil vom 13. April 2011 den Bescheid der Beklagten vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Kosten der Petö-Therapie für die Klägerin in der Zeit von 9. Oktober 2006 bis zum 23. November 2009 im Wege der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der streitgegenständliche Zeitraum reiche bis zum 23. November 2009, denn die Klägerin habe am 24. November 2009 einen erneuten Antrag auf Übernahme der Petö-Therapie bei der inzwischen maßgeblichen Krankenversicherung gestellt. Dadurch sei eine zeitliche Zäsur eingetreten. Auch vor dem Hintergrund des § 14 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), sei die Beklagte richtige Anspruchsgegnerin. Selbst wenn die formale Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auch bei einer bestandskräftigen Ablehnungsentscheidung bestehen bleibe, sei die Beklagte materiell die richtige Anspruchsgegnerin für das auf Eingliederungshilfe gerichtete Begehren der Klägerin und auch im Außenverhältnis gegenüber der Klägerin zuständig, zumal die vierjährige bzw. ab 1. April 2011 nach § 116a SGB XII die einjährige Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X bei der entsprechenden Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2011 abgelaufen sei. Die Petö-Therapie gehöre nicht zum Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung und sei damit auch als Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Rahmen der Eingliederungshilfe ausgeschlossen. Es handele sich bei dieser jedoch um eine Maßnahme der sozialen Rehabilitation im Rahmen der Leistung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und insbesondere zur Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung. Davon seien auch Leistungen erfasst, die der Vorbereitung der Schulfähigkeit dienten. Für die Zeit vor der Einschulung im Sommer 2007 komme auch heilpädagogische Hilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit §§ 55 Abs. 2 Nr. 2, 56 SGB IX in Betracht bzw. nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX. Bei Förderungen – wie der Petö-Therapie –, die aus einem Bündel verschiedener Ziele und Maßnahmen bestünden, sei eine Überschneidung verschiedener Leistungszwecke wahrscheinlich. Daher sei eine strikte Trennung zwischen medizinischer und sozialer Rehabilitation nicht möglich. Zwar habe die Förderung der Klägerin eine erhebliche motorische Ausrichtung. Durch die Förderung des Laufens, Sitzens und Stehens werde aber insgesamt eine größere Selbstständigkeit erreicht. Außerdem bestehe nach der Zielsetzung der Petö-Förde-rung ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Förderungselementen, also Förderung der Motorik, der Sprach- und Kommunikationsfähigkeit. Aus den späteren Abschlussberichten werde deutlich, dass die Förderung der Selbstständigkeit als übergeordnetes Ziel angestrebt werde und sowohl die Beweglichkeit als auch die Kommunikationsfähigkeit und die lebenspraktischen Fähigkeiten im Zusammenhang gesehen werden müssten. Die Therapie sei als primäre Zielsetzung ausgerichtet auf die sozialen Teilhabefähigkeiten. Die Petö-Therapie sei für die Klägerin auch die geeignete und erforderliche Maßnahme. Das Urteil ist der Beklagten am 20. Juni 2011 zugestellt worden.

Diese hat am 30. Juni 2011 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie sei nach § 14 SGB IX nicht zuständig. Die Beigeladene sei der erstangegangene Träger und bleibe auch für Verfahren nach § 44 SGB X zuständig. Spätestens nach der Beiladung durch Beschluss vom 13. Juli 2010 hätte die anwaltlich vertretene Klägerin einen Antrag nach § 44 SGB X stellen müssen. Zu dem Zeitpunkt wäre ein solcher Antrag noch rechtzeitig gewesen. Im Übrigen handele es sich bei der Petö-Therapie um keine Maßnahme der sozialen Rehabilitation. Die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 SGB IX aufgeführten Hilfen seien nachrangig. Die soziale Rehabilitation im Rahmen der Eingliederungshilfe sei darauf ausgerichtet, das Leben mit einer Behinderung zu erleichtern. Demgegenüber sei die Petö-Therapie darauf ausgerichtet, nicht lediglich die Folgen der Behinderung, sondern die Behinderung selbst zu bessern. Sie sei daher einer Akutbehandlung zuzuordnen und gehöre damit zur medizinischen Rehabilitation.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 13. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen bis zur Entscheidung der Beigeladenen über ihren Antrag – den der Klägerin – auf Kostenübernahme für die im Zeitraum 20. Au-gust 2006 bis 23. November 2009 in Anspruch genommenen Petö-Therapien als Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff. SGB XII.

Sie meint, die Beklagte sei zuständig als erstangegangener Träger, denn ihre Mutter habe sich bei der Beigeladenen nur vergewissern wollen, dass diese nicht der richtige Leistungsträger sei. Den richtigen Antrag habe diese bei der Beklagten stellen wollen. Im Übrigen habe die Beigeladene aber die Ablehnung des Antrages lediglich auf das Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V), gestützt. Eine Entscheidung nach dem SGB XII habe sie bisher noch nicht getroffen. Im Übrigen bezieht die Klägerin sich auf die Gründe des angegriffenen Urteils.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2013 hat die Mutter der Klägerin mitgeteilt, dass die Kosten der Petö-Therapien jeweils von den Eltern der Klägerin getragen worden seien.

Die Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Petö-Therapie durch die Beklagte. Das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 13. April 2011, das sie zur Kostenübernahme verpflichtet hat, ist daher fehlerhaft und aufzuheben. Die die Kostenübernahme versagenden Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und daher nicht aufzuheben. Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.

Ein Erstattungsanspruch der Klägerin für die von ihren Eltern gezahlten Kosten der Petö-Therapie nach § 3 Abs. 1 SGB XII i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 4, 2. Alternative Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), besteht nicht (zur Anspruchsgrundlage Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R –, recherchiert bei juris, Rdn. 17; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. August 2012 – L 20 SO 25/09 –, recherchiert bei juris, Rdn. 51).

Dies folgt allerdings noch nicht daraus, dass die Beklagte nicht der zuständige Leistungsträger gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGB IX wäre. Nach diesen Vorschriften ist der erstangegangene Rehabilitationsträger zuständig, wenn er den Antrag nicht innerhalb der Zweiwochenfrist weiterleitet. Die Beigeladene war zunächst erstangegangener Träger und hat den Antrag auf Kostenübernahme für die Therapie im Oktober und November 2006 nicht weitergeleitet. Das Sozialgericht hat in dem angegriffenen Urteil aber zutreffend ausgeführt, dass nicht die Beigeladene, sondern die Beklagte hier der zuständige Leistungsträger ist. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen.

Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt (Urteil vom 21. August 2008 – B 13 R 33/07 R, recherchiert bei juris, Rn. 31; Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 19/08 R, recherchiert bei juris, Rn. 12) entschieden, dass der erstangegangene Träger grundsätzlich zuständig bleibe, und dies auch dann der Fall sei, wenn er die Leistung bereits bestandskräftig abgelehnt habe. Für diesen Fall bleibe er der zuständige Träger bei einem Antrag gemäß § 44 SGB X. Andererseits hat das BSG (Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 4 R 19/06 R, recherchiert bei juris, Rn. 32) entschieden, dass der erstangegangene Träger aufgrund der Sonderregelung des § 14 SGB IX neben den weiterhin aus materiellem Recht verpflichteten Träger trete. Dessen materiell rechtliche Verpflichtung bleibe dem Bürger gegenüber unberührt. Der Bürger behalte seine gegen den wirklich zuständigen und verpflichteten Träger gerichteten Rechte, erhalte aber einen weiteren Schuldner zugewiesen, den sonderzuständigen Träger. Damit werde der zweite Träger, falls er nicht passivlegitimiert und somit materiell unzuständig sei, zum gesetzlich bestimmten berechtigten Geschäftsführer eines auch fremden Geschäfts. Die Sonderzuständigkeit führe also, falls der zweite Träger nicht passivlegitimiert sei, zu einer gleichzeitigen, wenn auch verschiedenartigen Verpflichtung zweier Leistungsträger gegenüber dem Bürger. Dem folgt der Senat, denn diese Lösung entspricht auch der Zielsetzung des § 14 SGB IX. Dieser will vermeiden, dass der Bürger aufgrund eines Zuständigkeitskonflikts zwischen einzelnen Rehabilitationsträgern nicht oder verspätet seine Leistung erhält. Die Vorschrift richtet sich ausschließlich an die Rehabilitationsträger und soll die Durchsetzung von Leistungsansprüchen des Bürgers erleichtern, nicht verhindern. Es widerspräche dem Sinn und Zweck des § 14 SGB IX, nunmehr die Beigeladene als zuständigen Träger evtl. zu verurteilen, die begehrte Leistung zu erbringen und ein weiteres (Kostenerstattungs)Verfahren zu verursachen. Im Übrigen folgt das auch daraus, dass die hier geltend gemachte Therapie nicht zum Leistungskatalog der Krankenkasse gehört und deswegen deren Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nicht gegeben ist (BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R –, a. a. O., Rdn. 11; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. Au-gust 2012 – L 20 SO 25/09 –, a. a. O., Rdn. 49).

Soweit das Sozialgericht die Beklagte verpflichtet hat, die Kosten für die Petö-Therapien im Januar 2007, März und April 2007, Oktober 2008 und März 2009 zu übernehmen, hat die Berufung schon deswegen Erfolg, weil die Kostenübernahme für diese Maßnahmen nicht Streitgegenstand im Klageverfahren war. Der mit der Klage angegriffene Bescheid vom 30. August 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2007 hat lediglich die Kosten für die Maßnahme vom 9. Oktober bis 10. November 2006 abgelehnt. Nur insoweit und in Höhe dieser Kosten von 3.150,00 EUR ist Klage erhoben worden. Hinsichtlich der Kostenübernahme für die übrigen Therapieblöcke sind keine Entscheidungen der Beklagten ergangen, sodass es nicht zulässig war, die Kosten für die übrigen Petö-Therapien von Januar 2007 bis einschließlich März 2009 in das Klageverfahren einzubeziehen.

Aber auch eine Erstattung der 3.150,00 EUR für die Maßnahme vom 9. Oktober bis zum 10. November 2006 seitens der Beklagten kommt nicht in Betracht.

Der Beklagten ist allerdings nicht darin zu folgen, dass es sich bei der Petö-Therapie ausschließlich und grundsätzlich um eine medizinische Rehabilitation handele, sodass eine Kostenübernahme nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ausgeschlossen sei. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 28. September 2011 (Az.: L 9 SO 37/10) ausgeführt:

"Zwar ist zutreffend, dass die Förderung nach Petö in der Neufassung der Heilmittelrichtlinie vom 20. Januar 2011 erneut als nicht verordnungsfähiges Hilfsmittel eingestuft ist, weil der therapeutische Nutzen nicht nachgewiesen sei. Die Krankenkassen können daher die Kosten im Rahmen der medizinischen Rehabilitation nicht übernehmen. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII darf der Sozialhilfeträger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben jeweils nur im Rahmen der Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung gewähren. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift gilt das aber nur für die medizinische Rehabilitation und die Teilhabe am Arbeitsleben, nicht für die soziale Rehabilitation. Hilfsmittel bzw. Maßnahmen können sowohl der medizinischen Rehabilitation als auch der sozialen Rehabilitation dienen. Maßgebend ist dabei, welche Bedürfnisse Hilfsmittel bzw. Maßnahmen befriedigen sollen, also welchen Zwecken und Zielen das Hilfsmittel bzw. eine Maßnahme dienen soll. Zu den Hilfsmitteln hat das Bundessozialgericht (BSG) ausgeführt (Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 32/07 R), dass "andere" Hilfsmittel im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX über die Aufgabenbestimmung nach § 31 SGB IX hinaus der gesamten Alltagsbewältigung dienten. Sie hätten die Aufgabe, dem Behinderten den Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen und hierdurch insgesamt die Begegnung und den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern. Ihre Zweckbestimmung überschneide sich dabei zwangsläufig mit der des Hilfsmittels im Sinne von § 31 SGB IX (BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 32/07 R, recherchiert bei juris, Rn. 17). Überschnitten sich medizinische und soziale Rehabilitation, sei eine Leistung nicht in der Weise teilbar, dass gegebenenfalls nur Teile der Kosten im Rahmen der sozialen Rehabilitation übernommen werden könnten. Es liege in der Natur der Sache, dass sich die Aufgaben der Hilfsmittel in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der medizinischen Rehabilitation und der sozialen Rehabilitation überschnitten, die soziale Rehabilitation aber über die medizinische Rehabilitation hinausgehen könne. Leistungen der sozialen Rehabilitation seien dann nicht identisch mit Leistungen der medizinischen Rehabilitation und könnten auch nur als Ganzes, als unteilbare Leistung, erbracht werden (BSG, Urteil vom 19. Mai 2005, a.a.O., Rn. 23). Es spricht nichts dagegen, diese Ausführungen des BSG auch auf Eingliederungshilfemaßnahmen bzw. auf die Petö-Therapie zu erstrecken. Dem folgend hat das BSG (Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 19/08 R, recherchiert bei juris, Rn. 21) ebenfalls entschieden, dass Zwecksetzung der Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft mit der Zwecksetzung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht identisch sei und insbesondere die Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII der Erleichterung des Schulbesuchs dienen könne und somit über die Zwecke der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehende Ziele verfolge. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in Verbindung mit § 12 Nr. 1 EingliederungsHVO liege dabei ein stärker individualisiertes Förderverständnis zugrunde. Dieser individualisierende Ansatz zeige sich auch in § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII und § 9 Abs. 1 SGB IX, die es ermöglichten, den Wünschen der Leistungsberechtigten Rechnung zu tragen. Daher stelle das SGB XII bei den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die Besonderheit des Einzelfalls in den Vordergrund. Jedenfalls könne nicht darauf verwiesen werden, dass die Petö-Therapie generell ungeeignet sei, die Schulfähigkeit eines an Cerebralparese leidenden Kindes zu verbessern (BSG, Urteil v. 29. September 2010, a.a.O., Rn. 22)."

Auch im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII können daher die Kosten für eine Petö-Therapie übernommen werden. Als Anspruchsgrundlage kommen insoweit für die Anerkennung als soziale Rehabilitation § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfeverordnung in Betracht (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. September 2011 – L 9 SO 37/10 –, m. w. N.) bzw. § 55 Abs. 2 SGB IX und insbesondere § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (BSG, Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 19/08 R –, recherchiert bei juris, Rdn. 18), bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 2 und 7 (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. August 2012 – L 20 SO 25/09 –, recherchiert bei juris, Rdn. 56). Hier kämen heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX in Betracht. Voraussetzung ist aber immer die Erforderlichkeit und Geeignetheit im Einzelfall (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Februar 2011 – L 9 SO 11/08 –, recherchiert bei juris, Rdn. 41) und die individuell zu bestimmende Aussicht auf Erfolg (vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 19/08 R –, recherchiert bei juris, Rdn. 22). Dabei erfolgt die Abgrenzung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation von Leistungen zur sozialen Rehabilitation nach dem Leistungszweck; maßgebend ist, welche Bedürfnisse mit dem Hilfsmittel oder der Maßnahme befriedigt werden sollen (BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 32/07 R –, recherchiert bei juris, Rdn. 17). Dabei können sich die Leistungszwecke überschneiden (a. a. O., Rdn. 23). Um eine soziale Rehabilitation handelt es sich somit immer dann, wenn die begehrten Leistungen über die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hinausreichen und über die Zwecke der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehende Ziele, z. B. nach § 55 Abs. 1 SGB IX die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen oder zu sichern. Hinsichtlich der Petö-Therapie ist es dabei unerheblich, dass sie ihrem Schwerpunkt nach eine medizinische Maßnahme im Sinne eines Heilmittels ist, wenn dadurch auch kognitive Prozesse gebessert werden und die schulische Situation wesentlich gefördert wird (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Februar 2011 – L 9 SO 11/08 –, recherchiert bei juris, Rdn. 44). Dient eine Therapie im Einzelfall zwar auch der Verbesserung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, steht dabei aber der medizinische Leistungszweck eindeutig im Vordergrund, so ist sie allein der medizinischen Rehabilitation zuzuordnen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. August 2012 – L 20 SO 25/09 –, a. a. O., Rdn. 62 ff.).

Nach diesen Grundsätzen diente die Petö-Therapie in der Zeit vom 9. Oktober bis zum 10. November 2006 nahezu ausschließlich der medizinischen Rehabilitation. Der Antrag auf Kostenübernahme am 22. August 2006 war auf die Stellungnahme des behandelnden Orthopäden Dr. K vom 15. August 2006 gestützt. Darin heißt es u. a.:

"N ist wegen der deutlich motorischen Entwicklungsverzögerung seit April 2004 in meiner ambulanten Behandlung. Ich führe regelmäßig als Ergänzung zu der krankengymnastischen Behandlung Mobilisationen des Achsenskeletts und der Extremitätengelenke durch in Verbindung mit einer Tonusregulation über den Atlasimpuls nach Arlen.

Trotz der regelmäßig durchgeführten kompetenten krankengymnastischen Behandlung hat N bis jetzt noch nicht begonnen allein zu laufen. Im Rahmen eines Blocks mit der konduktiven Behandlung nach Petö soll versucht werden, die bei der bisherigen Therapie erworbenen motorischen Leistungen zu bündeln unter der Vorstellung, dass N dann frei läuft oder zumindest die Möglichkeiten des Rollators nutzt."

Dementsprechend ist im Abschlussbericht über die Petö-Therapie vom 9. Oktober bis zum 10. November 2006 u. a. aufgeführt:

"Ausgangssituation: Allgemeiner Entwicklungsgrad: Normal. Gestalt und Proportionen: Entsprechen ihrem Alter. Tonussteigerung in den unteren Extremitäten. Keine augenfällige statische Veränderungen oder Deformitäten. Laut Aussage der Eltern wird N s Hüfte regelmäßig kontrolliert und sie ist belastbar. Die oberen Extremitäten sind intakt, aber man kann eine schwache Ungeschicklichkeit in der Feinmotorik beobachten. Auge-Hand-Koordination: In Ordnung. Möglichkeiten der Kontaktaufnahme: Vielversprechend. Sie ist empfindlich und hat eine sehr starke Verbindung zu ihrer Mutter. Sie verhält sich ängstlich und ablehnend in der neuen Umgebung, aber sie ist gut motivierbar. Sprachliche Unterentwicklung: Sie drückt sich mit ein paar Worten und einfachen, unvollständigen Sätzen aus. Ihr Wortschatz ist beschränkt. Auf Fragen gibt sie adäquate Antworten. Sie intendiert die Bewegungen. Sie ändert ihre Lage auf dem Boden krabbelnd. Sie zieht sich alleine an Möbelstücken hoch und setzt sich. Selbstversorgung: Sie trägt Windel und meldet ihre Bedürfnisse nicht zuverlässig. Essen und Trinken: Normal.

Ergebnisse N nahm erstmalig an der Konduktiven Förderung teil. Das Kind braucht viel Zeit, um sich anzupassen, aber ist sehr entwicklungsfähig. Nach einer schweren Eingewöhnungsphase wurde sie in die Gruppe gut integriert. Der Prozess der Eingliederung erfolgte also wie geplant. Nach einigen Tagen akzeptierte sie die neuen Bedingungen und die Kindergesellschaft. Ihr Verhalten in der Kindergruppe war ruhig und ausgeglichen (Nur morgens, nach der Trennung von den Eltern weinte sie eine Weile.). N bekam einige Wochen vor der Fördereinheit Botoxspritzen in die Beine. Anfangs waren sie kraftfos (oft half sie mit Händen bei den Aufgaben), dann optimalisierte sich die Wirkung und durch die intensive Therapie wurden die Beine stärker und geschickter. Aus der Rückenlage kann sie sich alleine aufsetzen und hinlegen. Dabei stützt sie sich auf die Handflächen und hebt den Kopf. Sie kann nach dem Aufsitzen sitzen bleiben (dabei ist Armheben möglich &8594; auch im Schneidersitz). Auf dem Stuhl (ohne Rückenlehne) sitzt sie selbstständig. Sie hat gelernt dabei die Füße auf dem Boden zu halten. Die Sicherheit des Sitzens ist stabil. Auf diese Weise kann sie mit den Händen verschiedene Bewegungen durchführen, ohne ihr Gleichgewicht zu verlieren (z. B. einen Ball fangen und wegwerfen; einen Ring halten; Gegenstände vom Boden emporheben). Mit Hilfe des Sprossenstuhls steht sie vom Stuhl alleine auf. In der Bauchlage kann sie nach vorne und nach hinten "kriechen". Sie macht alleine Vierfüßlerstand, krabbelt nach vorne und versucht sich an der Sprossenwand hochzuziehen. Das alternierende Krabbeln wird bei ihr mündlich von der Therapeutin fazilitiert. Beim Aufstehen braucht sie manuelle Hilfe. Sie steht am Stuhl unter Aufsicht der Konduktorin selbstständig. An die Belastung des betroffeneren Beines muss sie oft erinnert werden. Loslassen der Stütze mit einer Hand ist möglich (abwechselnd die Hände hochheben &8594; z. B, winken; Hände zur Hüfte führen). Die Stellung der Fersen ist korrekt. Sie läuft mit Hilfe des Sprossenstuhles. Sie kann den Stuhl selbstständig schieben und korrigiert sich dabei. Beim Treten hilft sie mit dem Oberkörper. Ihr Laufen wurde folgenderweise aufgebaut: Stuhl schieben; Schritt 1; daneben treten: 2; gerade stehen und sich korrigieren usw ...

Selbstversorgung: Nach der regelmäßigen Benutzung des Topfes waren die trockenen Phasen bei ihr immer länger. Am Ende der Fördereinheit könnten wir die Windel weglassen (Es passierte ab und zu ein "Unfall". &8594; Nur wenn sie sehr abgelenkt war.). Auf Fragen meldete sie ihre Bedürfnisse meistens richtig. An- und Auskleiden: Man kann sie in diese Tätigkeit einbeziehen (z. B. beim Sitzen: Schuhen aufmachen; beim Stehen Hose runter- und hochziehen). Essen und Trinken: Sie isst ästhetisch mit Normalbestecken und trinkt aus dem Glas."

Das zeigt, dass die Therapie nahezu ausschließlich auf die motorische Förderung gerichtet war und sich lediglich bei der Sauberkeitserziehung eine Verbesserung ergeben hat, wobei beim An- und Auskleiden und Essen und Trinken offensichtlich keine Verbesserung angestrebt war. Dementsprechend führt Dr. K in seinem nach der Therapie aufgesetzten Bericht vom 16. November 2006 u. a. aus:

"Befund vom 14. November 2006: Das Gehen mit Halt an den Schultern ist jetzt deutlich bewusster. Der Fuß wird nach vorne geführt und es kommt zu einer Lastübernahme. N pendelt dabei verstärkt mit dem Oberkörper. Auch in gehaltenem Stand gute Lastübernahme bds. und Fersenaufsatz. Ganz offensichtlich hat der Behandlungsblock nach Petö zu einer Verbesserung der Lastübernahme und der Aufrichtung geführt."

Auch daraus wird ersichtlich, dass sich im Wesentlichen die motorischen Fähigkeiten geringfügig verbessert haben, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass Dr. K als Orthopäde über das Erlernen von über motorische Fähigkeiten hinausgehende Verbesserungen keine schwerpunktmäßige Stellungnahme abgegeben hat. Diesen Berichten ist aber insgesamt zu entnehmen, dass die mit der Petö-Therapie grundsätzlich auch verfolgten Ziele der Eingliederung in die Gesellschaft, die Förderung der intellektuellen und sozial-emotionalen Fähigkeiten wie Sprache, Kultur, Technik und psychosoziales Handeln sowie die Förderung des lebenspraktischen Handelns bei der Klägerin – noch – offensichtlich keinerlei wesentliche Rolle gespielt haben. Auch wenn die motorischen Fähigkeiten dazu führen, dass eine Eingliederung in die Gesellschaft leichter fallen kann, müssen dahingehende Ziele zunächst formuliert und möglich sein und es muss dargelegt werden, dass Ansätze vorhanden sind, dass an diesen Zielen gearbeitet wird und sie erreicht werden können. Das fehlt hier. Das Ziel der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die Klägerin durch die Petö-Therapie in die Gesellschaft einzugliedern, ist hier bei der Maßnahme im Oktober und November 2006 weder formuliert noch ersichtlich. Eine Kostenübernahme kann daher nicht erfolgen. Auch wenn insoweit die Anforderungen an eine Prognoseentscheidung zur Erreichbarkeit der Ziele nicht überspannt werden sollen (Majerski-Pahlen in Neumann u. a., Kommentar zum SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 96 Rdn. 8), lassen sich hier weder in der Prognose noch in der Nachschau der maßgeblichen Therapie Ansätze für die Eingliederungshilfe finden.

Der Hilfsantrag der Klägerin, das Berufungsverfahren bis zur Entscheidung der Beigeladenen über den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme der Petö-Therapien als Eingliederungshilfe auszusetzen, hat ebenfalls keinen Erfolg.

Nach § 114 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ein Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, das u. a. von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist, abhängt. Soweit ersichtlich, meint die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag, die Beigeladene habe lediglich über Ansprüche nach dem Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V), entschieden. Als erstangegangener Leistungsträger hätte sie aber auch über Ansprüche der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII entscheiden müssen. Dies habe sie noch nicht getan und müsse das nachholen. Auf ein derart gestaltetes Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen kommt es hier nicht an, denn nach Auffassung des Senats ist die Beklagte der zuständige Leistungsträger. Zudem hat die Klägerin auf Leistungen nach dem SGB XII im Rahmen der Eingliederungshilfe hinsichtlich der Kostenübernahme für die Petö-Therapie im Oktober/November 2006 keinen Anspruch, so dass die Beigeladene darüber auch keine positive Entscheidung treffen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision durch den Senat zuzulassen gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 SGG, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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