Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 14 SO 144/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 283/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 31. August 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges nach dem Sechsten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der 1959 geborene Kläger leidet an Multipler Sklerose. Bei ihm sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche G, aG und H festgestellt. Der Kläger ist rollstuhlpflichtig. Er wohnt in zentraler Lage in der Innenstadt von BP. und verfügt über einen Rollstuhl mit Elektroantrieb (Elektroscooter).
Aufgrund der zunehmenden Reparaturbedürftigkeit seines bisher benutzten Kraftfahrzeuges beantragte der Kläger am 22. April 2008 bei dem Beklagten die Bewilligung einer Beihilfe für die Anschaffung eines neuen behindertengerechten Kraftfahrzeuges, was der Beklagte mit Bescheid vom 19. Juni 2008 ablehnte. Der Kläger sei nicht ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen. Seine Eingliederung könne auch durch andere Hilfen, wie die Nutzung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs sowie des Behindertenfahrdienstes des Landkreises, erfolgen. Den Widerspruch des Klägers vom 17. Juli 2008 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2008 zurück.
Der Kläger hat am 22. Oktober 2008 Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben und vorgetragen, für seine gesellschaftliche Eingliederung sei er auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Er benötige das Kraftfahrzeug beispielsweise für fünf monatliche Gottesdienstbesuche in OJ. Dort besuche er auch zwei bis dreimal pro Woche den Friedhof, wo sein Sohn beerdigt sei. Darüber hinaus nehme er einmal die Woche an einem Tanzkurs für Behinderte und regelmäßig an Billardturnieren teil. Ferner besuche er die XY-Gruppe in OJ. Darüber hinaus besuche er Fortbildungsveranstaltungen zu Krankheitsthemen und die Osteoporosegruppen in BP. und OJ. Viermal im Jahr fahre er zu Heimspielen des FC Bayern NL. Auf die Nutzung des Elektroscooters könne er nicht verwiesen werden. Mit diesem komme man oft in Läden und Geschäfte nicht hinein. Die Nutzung der Bahn sei ihm nicht möglich, weil die Fahrten längerfristig angemeldet werden müssten und bestimmte Ziele z. B. in OJ. damit nicht erreichbar seien. Die Nutzung des Behindertenfahrdienstes des Beklagten, der monatlich lediglich vier kostenfreie Fahrten im Umkreis von 50 km anbiete, sei unter diesen Voraussetzungen nicht ausreichend, um die Besuche von Verwandten und Freunden sowie die Teilnahme an den bezeichneten Veranstaltungen zu ermöglichen.
Das Sozialgericht hat ein Sachverständigengutachten bei der Fachärztin für Neurologie Dr. QQ. zu den Teilhabebeeinträchtigungen des Klägers und seiner Fahrtauglichkeit eingeholt, welches diese am 5. Januar 2010 erstattet hat. Die Sachverständige diagnostiziert eine Multiple Sklerose mit schwerer Paraparese und Paraspastik der Beine sowie eine einschießende Spastik der Hände. Ein Kraftfahrzeug könne grundsätzlich geführt werden. Der Kläger hat ergänzend ein Gutachten des TÜV Rheinland vom 18. Januar 2011 vorgelegt, welches aufgrund einer Fahrprobe dem Kläger unter Auflagen und Einschränkungen Fahrtauglichkeit bescheinigt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Beklagte erklärt, anstelle des Behindertenfahrdienstes könne eine Mobilitätspauschale von ca. 300,00 Euro angeboten werden.
Mit Urteil vom 31. August 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges. Zwar sei der Kläger im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII in seiner Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, aufgrund seiner Erkrankung wesentlich eingeschränkt. Voraussetzung für die Bewilligung einer Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges sei aber die sozialhilferechtlich gebotene Notwendigkeit der Leistung. Die Notwendigkeit der Gewährung der Sozialhilfe trete erst dann ein, wenn der Leistungsberechtigte soweit in seiner Lebensführung, gemessen an seiner Umwelt, absinke, dass seine Menschenwürde Schaden nehme (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1977 - V C 15.77). Die Bemessung eines menschenwürdigen Existenzminimums in Regelsätzen habe sich an den Einkommensverhältnissen unterer Einkommensgruppen zu orientieren (Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung habe der Gesetzgeber in § 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz die regelbedarfsrelevanten monatlichen Verbrauchsausgaben eines Einpersonenhaushalt für Freizeit, Unterhaltung und Kultur mit monatlich 39,96 Euro und für Verkehr mit 22,78 Euro beziffert und damit das Maß für den sozialhilferechtlich gebotenen Umfang der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft vorgegeben. Bei der Frage, ob der behinderte Mensch zur Realisierung seines Anspruchs auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft - vergleichbar der Teilnahme eines nicht behinderten Menschen aus bescheidenen Einkommensverhältnissen - auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sei müsse berücksichtigt werden, dass der Schwerpunkt der Ausstattung mit Kraftfahrzeugen bei der Hilfe zur Ermöglichung der Eingliederung in das Arbeitsleben liege. Bei anderen Maßnahmen der Eingliederungshilfe sei die Gewährung einer Kraftfahrzeugbeihilfe zwar nicht ausgeschlossen, aber strenger zu beurteilen. Dabei seien in einer Gesamtbetrachtung die Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere die Art und Schwere der Behinderung, sowie die örtlichen Wohn- und Lebensverhältnisse zu berücksichtigen. Der Kläger sei nach Überzeugung der Kammer nicht ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen. Der Kläger wohne in zentraler Lage in der Innenstadt von BP. Er sei mit einem Rollstuhl mit Elektroantrieb ausgestattet, was die Mobilität im Nahbereich der Wohnung gewährleiste. Die Nutzung eines Kraftfahrzeuges würde die Mobilität des Klägers im Nahbereich nicht verbessern, denn die Wege vom Parkplatz zu den jeweiligen Zielorten dürften in der Regel nur unwesentlich kürzer sein als die mit dem Rollstuhl zurückzulegenden Wege von der Wohnung zu den jeweiligen Zielorten. Dies gelte auch bei schlechtem Wetter. Im Fernbereich habe der Kläger als schwerbehinderter Mensch einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Seit dem 1. September 2011 könnten schwerbehinderte Reisende durchgängig mit allen Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn AG in der 2. Klasse kostenlos fahren. Die Deutsche Bahn AG habe eine Mobilitätsservice-Zentrale eingerichtet, die mit einer Vorlaufzeit von 24 Stunden vor der Fahrt einen Ein-, Um- und Aussteigeservice anbiete. Sofern der Kläger bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel infolge seiner Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sei, habe gemäß § 145 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX auch die Begleitperson Anspruch auf unentgeltliche Beförderung. Die Nachteile des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, insbesondere die Bindung an den Fahrplan sowie gelegentliche Defizite im Service der Unternehmen, die den Personenverkehr betreiben würden, träfen den Kläger ebenso wie jeden anderen Bürger, der aufgrund seiner bescheidenen Einkommensverhältnisse kein eigenes Kraftfahrzeug vorhalten könne und seien daher auch unter Eingliederungsgesichtspunkten hinnehmbar. Sie werden durch den Vorteil einer uneingeschränkten und nicht auf den Transportkostenanteil im Regelsatz beschränkte Beförderungsmöglichkeit im gesamten Bundesgebiet kompensiert. Dem Einwand des Klägers, dass er aufgrund eines Blasenkatheders auch auf Reisen auf einen bestimmten Hygienestandard angewiesen sei, sei zu entgegnen, dass auch bei der Fahrt mit dem eigenen Kraftfahrzeug die Nutzung öffentlicher Toiletten in der Regel nicht vermieden werden könne. Darüber hinaus habe der Kläger einen Anspruch auf die Nutzung des Behindertenfahrdienstes des Beklagten für bis zu vier Fahrten monatlich im Umkreis von 50 Kilometern um den Wohnort des Klägers. Bei Bedarf habe der Beklagte auch eine Erhöhung dieser Dienstleistung in Aussicht gestellt. Im Übrigen habe der Kläger gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII einen Anspruch auf Mehrbedarf in Höhe von 17 vom Hundert des maßgeblichen Regelsatzes. Dieser Betrag diene der Kompensation von Nachteilen der Behinderung und sei daher u. a. zur Deckung von höheren Fahrtkosten einzusetzen. Eine Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges könne im Übrigen nur zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gewährt werden. Die Hilfe könne nicht für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung oder für Haushaltseinkäufe gewährt werden. Leistungen für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung würden nach § 60 SGB V i. V. m. der Krankentransport-Richtlinie des Gemeinsamen Bundessausschusses erbracht und Leistungen für Haushaltseinkäufe können bei Bedarf als Hilfe zur Pflege erbracht werden.
Gegen das am 10. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. November 2011 Berufung eingelegt.
Er führt unter weitgehender Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags aus, dem Urteil des Sozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Dieses berücksichtige insbesondere Art. 30 der UN-Menschenrechtskonvention nicht. Es gehe ihm sowohl um Mobilität als auch um Teilhabe am Leben. Für seine vielfältigen Aktivitäten im sozialen und kulturellen Bereich sei er auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Das Sozialgericht berücksichtige nicht, dass er seine Fahrzeit nach seinem körperlichen Befinden ausrichten und dabei keine Rücksicht auf Bahn- oder Busfahrpläne nehmen könne. Auch sei eine Blasenentleerung z. B. auf einer Busfahrt nicht ohne weiteres möglich. Er könne auch nicht ständig eine Begleitperson mit auf Reisen oder Fahrten nehmen, sondern ihm müsse eine selbstbestimmte Teilnahme am Leben möglich sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 31. August 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Kraftfahrzeugfinanzierungshilfe zwecks Neubeschaffung eines Kraftfahrzeugs einschließlich des behindertengerechten Umbaus im Rahmen der Eingliederungshilfe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Beschluss der Berufsrichter/innen des Senats ohne mündliche Verhandlung gehört worden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in ihren Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf die begehrte Hilfe zum Erwerb und zum behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs.
Hilfe zur Beschaffung eines Kfz kann als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. §§ 33 und 55 SGB IX erbracht werden, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kfz angewiesen ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EinglHV). Der vom Gesetz vorgesehene Schwerpunkt der Versorgung mit einem Kraftfahrzeug liegt damit, wie bereits das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, in der Eingliederung in das Arbeitsleben. Dies bedeutet nicht, dass andere Eingliederungsziele ausgeschlossen sind; sie müssen aber vergleichbar gewichtig sein. Dazu gehört, dass die Notwendigkeit der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs ständig bzw. regelmäßig (vgl. § 10 Abs. 6 EinglHV) und nicht nur vereinzelt bzw. gelegentlich besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juli 2000, 5 C 43/99 = BVerwGE 111, 328). Regelmäßig bedeutet allerdings nicht, dass das Fahrzeug gleichsam täglich benötigt wird. Entscheidend ist, ob der behinderte Mensch mit Blick auf das Ziel der Eingliederungshilfe auf ein eigenes Kraftfahrzeug angewiesen ist, wobei einerseits auf die Art und Schwere der Behinderung, andererseits auf die gesamten Lebensumstände des Behinderten abzustellen ist. Sofern die Eingliederung durch andere Hilfen, zum Beispiel durch Benutzung eines Krankenfahrzeuges oder von öffentlichen Verkehrsmitteln oder durch die Übernahme der Kosten eines Taxis oder Mietautos erreicht werden kann, ist der Behinderte nicht auf die Benutzung eines (eigenen) Kraftfahrzeuges ständig angewiesen (Bayerisches LSG, Urteil vom 29. Juni 2010, L 8 SO 132/09, juris Rdnr. 35; Urteil des Senats vom 24. Oktober 2012, L 4 SO 198/11). Bei behinderten Menschen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, ist die Frage nach dem regelmäßigen Angewiesensein auf ein Kraftfahrzeug dabei aus der Sicht des nicht berufstätigen behinderten Menschen zu beantworten. Die Hilfe zur Teilnahme am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben umfasst nach § 58 SGB IX vor allem Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen (Nr. 1) und Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen (Nr. 2). Dabei ist die Hilfsmittelversorgung nicht auf eine "Grundversorgung" im Sinne einer von den Wünschen des behinderten Menschen losgelösten, nach Anzahl und Entfernung von vorneherein eng limitierte Versorgung mit Transportdiensten beschränkt. Gesellschaftliche Kontakte sind in einem ausreichenden Umfang zu gewährleisten, wobei als Vergleichsmaßstab gleichaltrige nichtbehinderte Personen dienen (BSG, Urteil vom 2. Februar 2012, B 8 SO 9/10 R, juris Rdnr. 26 f).
Hiervon ausgehend benötigt der jetzt 53jährige Kläger zur Überzeugung des Senats kein Kfz, um am Leben in der Gemeinschaft in ausreichendem Maße teilnehmen zu können. Er übt keine Erwerbstätigkeit aus. Er ist auch nicht für andere, gesellschaftlich besonders anerkannte und geförderte Aktivitäten - wie bspw. Tätigkeiten im Ehrenamt, in der Sozialarbeit etc. - auf ein Kfz angewiesen. Dieses wird vielmehr für private Aktivitäten begehrt. Dafür stehen dem Kläger jedoch genügend andere Mobilitätshilfen in Form seines Elektrorollstuhls, des (bei Erwerb einer entsprechenden Wertmarke) unentgeltlich nutzbaren öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs und des Behindertenfahrdienstes des Beklagten zur Verfügung. Auf die ausführlichen und umfassenden Ausführungen des Sozialgerichts hierzu nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich Folgendes zu bemerken:
Die Behauptung des Klägers, Busse und Bahnen seien für ihn wegen seiner Behinderung nicht bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand nutzbar, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Medizinische Gründe, welche der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und der damit verbundenen Fahrplanbindung entgegen stehen, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt und sind aus dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten auch nicht ersichtlich. Seinen Einwand, öffentliche Verkehrsmittel seien für ihn aufgrund seines Blasenkatheders aus hygienischen Gründen nicht zumutbar nutzbar, hat das Sozialgericht zu Recht mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass der Kläger auch bei der Nutzung des eigenen Kraftfahrzeugs auf öffentliche Toiletten angewiesen ist. Soweit Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln betroffen sind, in denen keine Toiletten vorhanden sind, wird es sich zudem typischerweise um Busverbindungen auf innerörtlichen Strecken handeln, bei denen an einer Zwischen- oder an der Endstation eine Toilette regelmäßig schnell erreichbar sein wird. Auch unter Berücksichtigung der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht angegebenen Frequenz für die Kathederleerung von mindestens drei Mal am Tag ist dies nicht unzumutbar, zumal davon auszugehen ist, dass sich der mit seiner Krankheit und ihren Auswirkungen vertraute Kläger auf eine derartige Belastung einzurichten weiß.
Ebenso wenig ist zu erkennen, dass dem Kläger als Rollstuhlfahrer eine Nutzung öffentlicher Verkehrmittel aufgrund der konkreten Umstände an seinem Heimatort nicht möglich wäre. Der Beklagte hat unter Hinweis auf aktuelle Auskünfte der Deutschen Bahn dargelegt, dass jedenfalls die Bahnhöfe BP., OJ., OO. und KD. für Rollstuhlfahrer barrierefrei befahrbar sind. Auch sonst stellt die Deutsche Bahn für mobilitätseingeschränkte Reisende ein umfängliches Hilfeprogramm bereit. Deutschlandweit verfügen fast alle Bahnhöfe des Personenfernverkehrs über Hublifte oder Rampen als mobile Einstiegshilfen, während im Personennahverkehr Einstiegshilfen wie Hublifte, automatische Rampen und manuelle Überfahrbrücken bereits in vielen Zügen integriert sind (vgl. http://www.bahn.de/p/view/service/barriere- frei/barrierefreies reisen handicap.shtml). Das gilt, wie der Beklagte unwidersprochen dargelegt hat, auch für die ab BP. verkehrenden Vectus- und Regionalexpresszüge, die über eine vom Rollstuhlfahrer selbst zu bedienende absenkbare Rampe verfügen. Auch im Stadtbereich BP. ist der Kläger von der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausgeschlossen, da hier ausschließlich Niederflurbusse verkehren, die mit dem Rollstuhl befahren werden können.
Soweit der Kläger die Anzahl der mittels des Behindertenfahrdienstes möglichen Fahrten zu Orten außerhalb BPs. als zu gering kritisiert, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Dem Kläger wird damit zusätzlich zu den Mobilitätsangeboten des öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs die Möglichkeit eröffnet, mittels individueller Beförderungsdienste viermal im Monat Fahrten zu Freunden, Veranstaltungen oder Einrichtungen im Umkreis von 50 Kilometer um seinen Wohnort zu unternehmen; dieser Radius schließt OJ. ein, wo der Kläger nach seinen Darlegungen in verschiedene Aktivitäten eingebunden ist. Darüber hinaus hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht alternativ die Gewährung einer Mobilitätspauschale von ca. 300,00 Euro im Monat angeboten.
Auch diese Förderung beinhaltet nicht das Maß an Mobilität, wie es mit dem Vorhandensein eines PKW verbunden ist. Bei der Bestimmung des soziokulturellen Existenzminimums muss jedoch, wie das Sozialgericht zu Recht ausführt, auf die Lebensgewohnheiten abgestellt werden, welche von Menschen in bescheidenen Verhältnissen geteilt werden (Bayerisches LSG, Urteil vom 29. Juni 2010, L 8 SO 132/09, juris Rdnr. 49 m. w. N.; Urteil des Senats vom 24. Oktober 2012, L 4 SO 198/11). Bei einem Abstellen auf die Lebensgewohnheiten der in bescheidenen Verhältnissen lebenden Bevölkerungskreise, die oftmals nicht über ein Kraftfahrzeug verfügen, kann das dem Kläger unter Nutzung der aufgezählten Mobilitätshilfen mögliche Maß der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft aber nicht als unzureichend bezeichnet werden.
Aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK), welches durch Vertragsgesetz zum Übereinkommen vom 21. Dezember 2008 (BGBl. II 2008, 1419 f) für die Bundesrepublik Deutschland innerstaatlich verbindlich geworden ist, können keine weitergehenden Leistungsansprüche hergeleitet werden. Völkerrechtliche Verträge wie die UN-BRK, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, stehen im Range eines Bundesgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004, 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307, 317). Über das nationale Fachrecht hinausgehende Leistungsansprüche können daraus nur abgeleitet werden, soweit sich unmittelbar aus der völkerrechtlichen Norm ein subjektives Recht des Einzelnen auf eine bestimmte Leistung ergibt (vgl. BSG; Urteil vom 6. März 2012, B 1 KR 10/11 R, juris Rdnr. 24). Das ist hier nicht der Fall. Nach Art. 20 UN-BRK treffen die Vertragsstaaten "wirksame Maßnahmen", um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherstellen, indem sie unter anderem a) die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen in der Art und Weise und zum Zeitpunkt ihrer Wahl und zu erschwinglichen Kosten erleichtern; b) den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu hochwertigen Mobilitätshilfen, Geräten, unterstützenden Technologien und menschlicher und tierischer Hilfe sowie Mittelspersonen erleichtern, auch durch deren Bereitstellung zu erschwinglichen Kosten. Art. 30 UN-BRK verpflichtet die Vertragsstaaten unter anderem dazu, "geeignete Maßnahmen" treffen, um den behinderten Menschen Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, zu Sport-, Erholungs- und Tourismusstätten zu verschaffen. Aus diesen Regelungen ergibt sich kein unmittelbarer Anspruch eines auf einen Rollstuhl angewiesenen behinderten Menschen, mit einem Kraftfahrzeug versorgt zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges nach dem Sechsten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der 1959 geborene Kläger leidet an Multipler Sklerose. Bei ihm sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche G, aG und H festgestellt. Der Kläger ist rollstuhlpflichtig. Er wohnt in zentraler Lage in der Innenstadt von BP. und verfügt über einen Rollstuhl mit Elektroantrieb (Elektroscooter).
Aufgrund der zunehmenden Reparaturbedürftigkeit seines bisher benutzten Kraftfahrzeuges beantragte der Kläger am 22. April 2008 bei dem Beklagten die Bewilligung einer Beihilfe für die Anschaffung eines neuen behindertengerechten Kraftfahrzeuges, was der Beklagte mit Bescheid vom 19. Juni 2008 ablehnte. Der Kläger sei nicht ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen. Seine Eingliederung könne auch durch andere Hilfen, wie die Nutzung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs sowie des Behindertenfahrdienstes des Landkreises, erfolgen. Den Widerspruch des Klägers vom 17. Juli 2008 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2008 zurück.
Der Kläger hat am 22. Oktober 2008 Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben und vorgetragen, für seine gesellschaftliche Eingliederung sei er auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Er benötige das Kraftfahrzeug beispielsweise für fünf monatliche Gottesdienstbesuche in OJ. Dort besuche er auch zwei bis dreimal pro Woche den Friedhof, wo sein Sohn beerdigt sei. Darüber hinaus nehme er einmal die Woche an einem Tanzkurs für Behinderte und regelmäßig an Billardturnieren teil. Ferner besuche er die XY-Gruppe in OJ. Darüber hinaus besuche er Fortbildungsveranstaltungen zu Krankheitsthemen und die Osteoporosegruppen in BP. und OJ. Viermal im Jahr fahre er zu Heimspielen des FC Bayern NL. Auf die Nutzung des Elektroscooters könne er nicht verwiesen werden. Mit diesem komme man oft in Läden und Geschäfte nicht hinein. Die Nutzung der Bahn sei ihm nicht möglich, weil die Fahrten längerfristig angemeldet werden müssten und bestimmte Ziele z. B. in OJ. damit nicht erreichbar seien. Die Nutzung des Behindertenfahrdienstes des Beklagten, der monatlich lediglich vier kostenfreie Fahrten im Umkreis von 50 km anbiete, sei unter diesen Voraussetzungen nicht ausreichend, um die Besuche von Verwandten und Freunden sowie die Teilnahme an den bezeichneten Veranstaltungen zu ermöglichen.
Das Sozialgericht hat ein Sachverständigengutachten bei der Fachärztin für Neurologie Dr. QQ. zu den Teilhabebeeinträchtigungen des Klägers und seiner Fahrtauglichkeit eingeholt, welches diese am 5. Januar 2010 erstattet hat. Die Sachverständige diagnostiziert eine Multiple Sklerose mit schwerer Paraparese und Paraspastik der Beine sowie eine einschießende Spastik der Hände. Ein Kraftfahrzeug könne grundsätzlich geführt werden. Der Kläger hat ergänzend ein Gutachten des TÜV Rheinland vom 18. Januar 2011 vorgelegt, welches aufgrund einer Fahrprobe dem Kläger unter Auflagen und Einschränkungen Fahrtauglichkeit bescheinigt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Beklagte erklärt, anstelle des Behindertenfahrdienstes könne eine Mobilitätspauschale von ca. 300,00 Euro angeboten werden.
Mit Urteil vom 31. August 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges. Zwar sei der Kläger im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII in seiner Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, aufgrund seiner Erkrankung wesentlich eingeschränkt. Voraussetzung für die Bewilligung einer Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges sei aber die sozialhilferechtlich gebotene Notwendigkeit der Leistung. Die Notwendigkeit der Gewährung der Sozialhilfe trete erst dann ein, wenn der Leistungsberechtigte soweit in seiner Lebensführung, gemessen an seiner Umwelt, absinke, dass seine Menschenwürde Schaden nehme (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1977 - V C 15.77). Die Bemessung eines menschenwürdigen Existenzminimums in Regelsätzen habe sich an den Einkommensverhältnissen unterer Einkommensgruppen zu orientieren (Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung habe der Gesetzgeber in § 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz die regelbedarfsrelevanten monatlichen Verbrauchsausgaben eines Einpersonenhaushalt für Freizeit, Unterhaltung und Kultur mit monatlich 39,96 Euro und für Verkehr mit 22,78 Euro beziffert und damit das Maß für den sozialhilferechtlich gebotenen Umfang der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft vorgegeben. Bei der Frage, ob der behinderte Mensch zur Realisierung seines Anspruchs auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft - vergleichbar der Teilnahme eines nicht behinderten Menschen aus bescheidenen Einkommensverhältnissen - auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sei müsse berücksichtigt werden, dass der Schwerpunkt der Ausstattung mit Kraftfahrzeugen bei der Hilfe zur Ermöglichung der Eingliederung in das Arbeitsleben liege. Bei anderen Maßnahmen der Eingliederungshilfe sei die Gewährung einer Kraftfahrzeugbeihilfe zwar nicht ausgeschlossen, aber strenger zu beurteilen. Dabei seien in einer Gesamtbetrachtung die Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere die Art und Schwere der Behinderung, sowie die örtlichen Wohn- und Lebensverhältnisse zu berücksichtigen. Der Kläger sei nach Überzeugung der Kammer nicht ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen. Der Kläger wohne in zentraler Lage in der Innenstadt von BP. Er sei mit einem Rollstuhl mit Elektroantrieb ausgestattet, was die Mobilität im Nahbereich der Wohnung gewährleiste. Die Nutzung eines Kraftfahrzeuges würde die Mobilität des Klägers im Nahbereich nicht verbessern, denn die Wege vom Parkplatz zu den jeweiligen Zielorten dürften in der Regel nur unwesentlich kürzer sein als die mit dem Rollstuhl zurückzulegenden Wege von der Wohnung zu den jeweiligen Zielorten. Dies gelte auch bei schlechtem Wetter. Im Fernbereich habe der Kläger als schwerbehinderter Mensch einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Seit dem 1. September 2011 könnten schwerbehinderte Reisende durchgängig mit allen Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn AG in der 2. Klasse kostenlos fahren. Die Deutsche Bahn AG habe eine Mobilitätsservice-Zentrale eingerichtet, die mit einer Vorlaufzeit von 24 Stunden vor der Fahrt einen Ein-, Um- und Aussteigeservice anbiete. Sofern der Kläger bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel infolge seiner Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sei, habe gemäß § 145 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX auch die Begleitperson Anspruch auf unentgeltliche Beförderung. Die Nachteile des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, insbesondere die Bindung an den Fahrplan sowie gelegentliche Defizite im Service der Unternehmen, die den Personenverkehr betreiben würden, träfen den Kläger ebenso wie jeden anderen Bürger, der aufgrund seiner bescheidenen Einkommensverhältnisse kein eigenes Kraftfahrzeug vorhalten könne und seien daher auch unter Eingliederungsgesichtspunkten hinnehmbar. Sie werden durch den Vorteil einer uneingeschränkten und nicht auf den Transportkostenanteil im Regelsatz beschränkte Beförderungsmöglichkeit im gesamten Bundesgebiet kompensiert. Dem Einwand des Klägers, dass er aufgrund eines Blasenkatheders auch auf Reisen auf einen bestimmten Hygienestandard angewiesen sei, sei zu entgegnen, dass auch bei der Fahrt mit dem eigenen Kraftfahrzeug die Nutzung öffentlicher Toiletten in der Regel nicht vermieden werden könne. Darüber hinaus habe der Kläger einen Anspruch auf die Nutzung des Behindertenfahrdienstes des Beklagten für bis zu vier Fahrten monatlich im Umkreis von 50 Kilometern um den Wohnort des Klägers. Bei Bedarf habe der Beklagte auch eine Erhöhung dieser Dienstleistung in Aussicht gestellt. Im Übrigen habe der Kläger gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII einen Anspruch auf Mehrbedarf in Höhe von 17 vom Hundert des maßgeblichen Regelsatzes. Dieser Betrag diene der Kompensation von Nachteilen der Behinderung und sei daher u. a. zur Deckung von höheren Fahrtkosten einzusetzen. Eine Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges könne im Übrigen nur zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gewährt werden. Die Hilfe könne nicht für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung oder für Haushaltseinkäufe gewährt werden. Leistungen für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung würden nach § 60 SGB V i. V. m. der Krankentransport-Richtlinie des Gemeinsamen Bundessausschusses erbracht und Leistungen für Haushaltseinkäufe können bei Bedarf als Hilfe zur Pflege erbracht werden.
Gegen das am 10. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. November 2011 Berufung eingelegt.
Er führt unter weitgehender Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags aus, dem Urteil des Sozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Dieses berücksichtige insbesondere Art. 30 der UN-Menschenrechtskonvention nicht. Es gehe ihm sowohl um Mobilität als auch um Teilhabe am Leben. Für seine vielfältigen Aktivitäten im sozialen und kulturellen Bereich sei er auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Das Sozialgericht berücksichtige nicht, dass er seine Fahrzeit nach seinem körperlichen Befinden ausrichten und dabei keine Rücksicht auf Bahn- oder Busfahrpläne nehmen könne. Auch sei eine Blasenentleerung z. B. auf einer Busfahrt nicht ohne weiteres möglich. Er könne auch nicht ständig eine Begleitperson mit auf Reisen oder Fahrten nehmen, sondern ihm müsse eine selbstbestimmte Teilnahme am Leben möglich sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 31. August 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Kraftfahrzeugfinanzierungshilfe zwecks Neubeschaffung eines Kraftfahrzeugs einschließlich des behindertengerechten Umbaus im Rahmen der Eingliederungshilfe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Beschluss der Berufsrichter/innen des Senats ohne mündliche Verhandlung gehört worden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in ihren Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf die begehrte Hilfe zum Erwerb und zum behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs.
Hilfe zur Beschaffung eines Kfz kann als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. §§ 33 und 55 SGB IX erbracht werden, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kfz angewiesen ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EinglHV). Der vom Gesetz vorgesehene Schwerpunkt der Versorgung mit einem Kraftfahrzeug liegt damit, wie bereits das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, in der Eingliederung in das Arbeitsleben. Dies bedeutet nicht, dass andere Eingliederungsziele ausgeschlossen sind; sie müssen aber vergleichbar gewichtig sein. Dazu gehört, dass die Notwendigkeit der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs ständig bzw. regelmäßig (vgl. § 10 Abs. 6 EinglHV) und nicht nur vereinzelt bzw. gelegentlich besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juli 2000, 5 C 43/99 = BVerwGE 111, 328). Regelmäßig bedeutet allerdings nicht, dass das Fahrzeug gleichsam täglich benötigt wird. Entscheidend ist, ob der behinderte Mensch mit Blick auf das Ziel der Eingliederungshilfe auf ein eigenes Kraftfahrzeug angewiesen ist, wobei einerseits auf die Art und Schwere der Behinderung, andererseits auf die gesamten Lebensumstände des Behinderten abzustellen ist. Sofern die Eingliederung durch andere Hilfen, zum Beispiel durch Benutzung eines Krankenfahrzeuges oder von öffentlichen Verkehrsmitteln oder durch die Übernahme der Kosten eines Taxis oder Mietautos erreicht werden kann, ist der Behinderte nicht auf die Benutzung eines (eigenen) Kraftfahrzeuges ständig angewiesen (Bayerisches LSG, Urteil vom 29. Juni 2010, L 8 SO 132/09, juris Rdnr. 35; Urteil des Senats vom 24. Oktober 2012, L 4 SO 198/11). Bei behinderten Menschen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, ist die Frage nach dem regelmäßigen Angewiesensein auf ein Kraftfahrzeug dabei aus der Sicht des nicht berufstätigen behinderten Menschen zu beantworten. Die Hilfe zur Teilnahme am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben umfasst nach § 58 SGB IX vor allem Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen (Nr. 1) und Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen (Nr. 2). Dabei ist die Hilfsmittelversorgung nicht auf eine "Grundversorgung" im Sinne einer von den Wünschen des behinderten Menschen losgelösten, nach Anzahl und Entfernung von vorneherein eng limitierte Versorgung mit Transportdiensten beschränkt. Gesellschaftliche Kontakte sind in einem ausreichenden Umfang zu gewährleisten, wobei als Vergleichsmaßstab gleichaltrige nichtbehinderte Personen dienen (BSG, Urteil vom 2. Februar 2012, B 8 SO 9/10 R, juris Rdnr. 26 f).
Hiervon ausgehend benötigt der jetzt 53jährige Kläger zur Überzeugung des Senats kein Kfz, um am Leben in der Gemeinschaft in ausreichendem Maße teilnehmen zu können. Er übt keine Erwerbstätigkeit aus. Er ist auch nicht für andere, gesellschaftlich besonders anerkannte und geförderte Aktivitäten - wie bspw. Tätigkeiten im Ehrenamt, in der Sozialarbeit etc. - auf ein Kfz angewiesen. Dieses wird vielmehr für private Aktivitäten begehrt. Dafür stehen dem Kläger jedoch genügend andere Mobilitätshilfen in Form seines Elektrorollstuhls, des (bei Erwerb einer entsprechenden Wertmarke) unentgeltlich nutzbaren öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs und des Behindertenfahrdienstes des Beklagten zur Verfügung. Auf die ausführlichen und umfassenden Ausführungen des Sozialgerichts hierzu nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich Folgendes zu bemerken:
Die Behauptung des Klägers, Busse und Bahnen seien für ihn wegen seiner Behinderung nicht bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand nutzbar, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Medizinische Gründe, welche der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und der damit verbundenen Fahrplanbindung entgegen stehen, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt und sind aus dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten auch nicht ersichtlich. Seinen Einwand, öffentliche Verkehrsmittel seien für ihn aufgrund seines Blasenkatheders aus hygienischen Gründen nicht zumutbar nutzbar, hat das Sozialgericht zu Recht mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass der Kläger auch bei der Nutzung des eigenen Kraftfahrzeugs auf öffentliche Toiletten angewiesen ist. Soweit Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln betroffen sind, in denen keine Toiletten vorhanden sind, wird es sich zudem typischerweise um Busverbindungen auf innerörtlichen Strecken handeln, bei denen an einer Zwischen- oder an der Endstation eine Toilette regelmäßig schnell erreichbar sein wird. Auch unter Berücksichtigung der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht angegebenen Frequenz für die Kathederleerung von mindestens drei Mal am Tag ist dies nicht unzumutbar, zumal davon auszugehen ist, dass sich der mit seiner Krankheit und ihren Auswirkungen vertraute Kläger auf eine derartige Belastung einzurichten weiß.
Ebenso wenig ist zu erkennen, dass dem Kläger als Rollstuhlfahrer eine Nutzung öffentlicher Verkehrmittel aufgrund der konkreten Umstände an seinem Heimatort nicht möglich wäre. Der Beklagte hat unter Hinweis auf aktuelle Auskünfte der Deutschen Bahn dargelegt, dass jedenfalls die Bahnhöfe BP., OJ., OO. und KD. für Rollstuhlfahrer barrierefrei befahrbar sind. Auch sonst stellt die Deutsche Bahn für mobilitätseingeschränkte Reisende ein umfängliches Hilfeprogramm bereit. Deutschlandweit verfügen fast alle Bahnhöfe des Personenfernverkehrs über Hublifte oder Rampen als mobile Einstiegshilfen, während im Personennahverkehr Einstiegshilfen wie Hublifte, automatische Rampen und manuelle Überfahrbrücken bereits in vielen Zügen integriert sind (vgl. http://www.bahn.de/p/view/service/barriere- frei/barrierefreies reisen handicap.shtml). Das gilt, wie der Beklagte unwidersprochen dargelegt hat, auch für die ab BP. verkehrenden Vectus- und Regionalexpresszüge, die über eine vom Rollstuhlfahrer selbst zu bedienende absenkbare Rampe verfügen. Auch im Stadtbereich BP. ist der Kläger von der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausgeschlossen, da hier ausschließlich Niederflurbusse verkehren, die mit dem Rollstuhl befahren werden können.
Soweit der Kläger die Anzahl der mittels des Behindertenfahrdienstes möglichen Fahrten zu Orten außerhalb BPs. als zu gering kritisiert, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Dem Kläger wird damit zusätzlich zu den Mobilitätsangeboten des öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs die Möglichkeit eröffnet, mittels individueller Beförderungsdienste viermal im Monat Fahrten zu Freunden, Veranstaltungen oder Einrichtungen im Umkreis von 50 Kilometer um seinen Wohnort zu unternehmen; dieser Radius schließt OJ. ein, wo der Kläger nach seinen Darlegungen in verschiedene Aktivitäten eingebunden ist. Darüber hinaus hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht alternativ die Gewährung einer Mobilitätspauschale von ca. 300,00 Euro im Monat angeboten.
Auch diese Förderung beinhaltet nicht das Maß an Mobilität, wie es mit dem Vorhandensein eines PKW verbunden ist. Bei der Bestimmung des soziokulturellen Existenzminimums muss jedoch, wie das Sozialgericht zu Recht ausführt, auf die Lebensgewohnheiten abgestellt werden, welche von Menschen in bescheidenen Verhältnissen geteilt werden (Bayerisches LSG, Urteil vom 29. Juni 2010, L 8 SO 132/09, juris Rdnr. 49 m. w. N.; Urteil des Senats vom 24. Oktober 2012, L 4 SO 198/11). Bei einem Abstellen auf die Lebensgewohnheiten der in bescheidenen Verhältnissen lebenden Bevölkerungskreise, die oftmals nicht über ein Kraftfahrzeug verfügen, kann das dem Kläger unter Nutzung der aufgezählten Mobilitätshilfen mögliche Maß der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft aber nicht als unzureichend bezeichnet werden.
Aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK), welches durch Vertragsgesetz zum Übereinkommen vom 21. Dezember 2008 (BGBl. II 2008, 1419 f) für die Bundesrepublik Deutschland innerstaatlich verbindlich geworden ist, können keine weitergehenden Leistungsansprüche hergeleitet werden. Völkerrechtliche Verträge wie die UN-BRK, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, stehen im Range eines Bundesgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004, 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307, 317). Über das nationale Fachrecht hinausgehende Leistungsansprüche können daraus nur abgeleitet werden, soweit sich unmittelbar aus der völkerrechtlichen Norm ein subjektives Recht des Einzelnen auf eine bestimmte Leistung ergibt (vgl. BSG; Urteil vom 6. März 2012, B 1 KR 10/11 R, juris Rdnr. 24). Das ist hier nicht der Fall. Nach Art. 20 UN-BRK treffen die Vertragsstaaten "wirksame Maßnahmen", um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherstellen, indem sie unter anderem a) die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen in der Art und Weise und zum Zeitpunkt ihrer Wahl und zu erschwinglichen Kosten erleichtern; b) den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu hochwertigen Mobilitätshilfen, Geräten, unterstützenden Technologien und menschlicher und tierischer Hilfe sowie Mittelspersonen erleichtern, auch durch deren Bereitstellung zu erschwinglichen Kosten. Art. 30 UN-BRK verpflichtet die Vertragsstaaten unter anderem dazu, "geeignete Maßnahmen" treffen, um den behinderten Menschen Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, zu Sport-, Erholungs- und Tourismusstätten zu verschaffen. Aus diesen Regelungen ergibt sich kein unmittelbarer Anspruch eines auf einen Rollstuhl angewiesenen behinderten Menschen, mit einem Kraftfahrzeug versorgt zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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