Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 39 SO 227/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 307/13 B ER; L 9 SO 308/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.06.2013 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässigen Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 19.06.2013 betreffend die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung einerseits und die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Eilverfahren andererseits sind unbegründet.
I. Das SG hat den sinngemäßen Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihr vorläufig ab dem 01.04.2013 bis zur Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) zu gewähren, zur Recht abgelehnt, weil der zulässige Antrag unbegründet ist.
1. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. BSG, Beschl v. 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B - juris Rn. 6).
Allerdings ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) und Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn die Gewährung existenzsichernder Leistungen im Streit steht.
Aus Art. 19 Abs. 4 GG folgen dabei Vorgaben für den Prüfungsmaßstab. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfGE 79, 69 (75)). Wenn es, wie hier, um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums geht, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Dies bedeutet, dass das Fachgericht diejenigen Ermittlungsmaßnahmen von Amts wegen (vgl. § 103 SGG) durchführen muss, die aus seiner Sicht zur Überzeugungsbildung und zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig sind, wobei eine Entscheidung aufgrund objektiver Indizien oder der Beweislastverteilung, vor allem bei nicht ausreichender Mitwirkung des Antragstellers bei der Aufklärung des Sachverhalts, nicht ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 05.05.2009 - 1 BvR 255/09 -, juris Rn. 4 - NZS 2010, 29-30; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010 - 1 BvR 20/10 - juris, Rn. 2). Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage in diesem Sinne im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927; zurückhaltender nunmehr BVerfG, Beschluss der 1. Kammer vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/13 -, juris Rn. 3).
Aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG folgen darüber hinaus inhaltliche Anforderungen an die Feststellung der Hilfebedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht: Es darf nur auf die gegenwärtige Lage abgestellt werden; Umstände der Vergangenheit dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Hilfesuchende ermöglichen. In keinem Fall dürfen existenzsichernde Leistungen nur aufgrund bloßer Mutmaßungen verweigert werden, insbesondere wenn diese sich auf vergangene Umstände stützen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
2. Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht vor.
a) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
aa) Der Senat hält es nach eingehender Prüfung aller gegenwärtig bekannten Umstände und Indizien für überwiegend wahrscheinlich und ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon überzeugt, dass die Antragstellerin neben ihrer Rente in Höhe von 500,46 Euro monatlich über weitere Einnahmen verfügt, die sie bislang nicht angegeben hat. Es liegen insoweit Indizien vor, die nach Auffassung des Senats nur den Schluss zulassen, dass der Antragstellerin fortlaufend weitere Mittel zufließen, sei es in Form unmittelbarer finanzieller Zuwendungen (Einkommen aus etwaiger Schwarzarbeit oder Geldgeschenke von Dritten), sei es in Form von Naturalien (z.B. Lebensmittel), die die Antragstellerin zur Deckung ihres Lebensbedarfs einsetzen kann.
(1) Nach den von der Antragstellerin zu den Akten gereichten Kontoauszügen ist unklar, wie die Antragstellerin in der Zeit ab April 2012 ihren Lebensunterhalt in Bezug auf Ernährung, Körperpflege, Gesundheitspflege und Kleidung sichergestellt hat. Die der Antragstellerin auf ihr Konto überwiesenen Sozialleistungen (Rente und Grundsicherungsleistungen bis zum 31.03.2013 in Höhe von 335,37 Euro monatlich) wurden nach den eingereichten Kontoauszügen nahezu vollständig durch feste monatliche Ausgaben (Daueraufträge und Lastschriften) verbraucht. Lastschriften infolge EC-Karten-Bezahlung in Supermärkten gehen aus den Kontoauszügen nicht hervor. Es finden sich lediglich vereinzelte Barabhebungen in Höhe von 100,- Euro im April 2012, Mai 2012, Juli 2012 und März 2013, in Höhe von 50,- Euro im September 2012, November 2012, Januar 2013 und April 2013, in Höhe von 45,- Euro im Dezember 2012 und in Höhe von 40,- Euro im Februar 2013. Im Juni 2012, im August 2012, im Oktober 2012 und ab Mai 2013 sind sogar gar keine Barabhebungen erfolgt.
Mit den abgehobenen Beträgen konnte der Lebensunterhalt in Bezug auf Ernährung, Körperpflege und Kleidung im Zeitraum ab April 2012 nach der Überzeugung des Senats offensichtlich nicht sichergestellt werden. Die der Regelbedarfsbemessung zugrunde liegende Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 hat allein in Bezug auf Ernährung einschließlich Getränke (Abteilungen 1 und 11 der EVS) einen Bedarf bezogen auf das Jahr 2008 in Höhe von 135,62 Euro ergeben; für Gesundheitspflege (Abteilung 6 der EVS) ergaben sich regelsatzrelevante Verbrauchsausgaben in Höhe von 15,55 Euro, für andere Waren und Dienstleistungen, insbesondere für Körperpflege, (Abteilung 12 der EVS) 26,50 Euro (vgl. insoweit § 5 Abs. 1 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG)). In Anbetracht dieser statistisch aus dem tatsächlichen Verbrauchsverhalten der unteren 15% der nach Einkommen geschichteten Ein-Personen-Haushalte ermittelten Werte ist es schlechthin undenkbar, dass die Antragstellerin in dem 13 Monate umfassenden Zeitraum von April 2012 bis April 2013 mit insgesamt 685,- Euro auch nur ihren Ernährungsbedarf decken konnte. Die abgehobenen Beträge machen noch nicht einmal 40% des statistisch bezogen auf das Jahr 2008 ermittelten Ernährungsbedarfs aus. Unter Berücksichtigung von Preissteigerungen bis zum Jahre 2013 ergibt sich sogar noch ein niedrigerer Prozentsatz.
Selbst eine lediglich das Überleben sichernde Ernährung ist mit den abgehobenen Beträgen nicht möglich. Nach den auf empirischen Untersuchungen beruhenden Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe vom 01.10.2008, S. 19, deckt der Regelsatz für Haushaltsvorstände und allein Lebende mit einem Ansatz von 4,52 Euro pro Tag bezogen auf die Ergebnisse der EVS 2003 (135,55 Euro für Ernährung einschließlich Tabakwaren) für Nahrungsmittel und Getränke (einschl. Tabakwaren) den Mindestaufwand für eine Vollkost. Nach einer in den Empfehlungen des Deutschen Vereins wiedergegebenen wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Thema Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung aus April 2008 beträgt der Bedarf eines Erwachsenen deckende durchschnittliche Aufwand für Vollkost sogar 6,21 Euro täglich, ausgehend von einem Verbrauch von 2.200 Kilokalorien pro Tag. Von daher konnte die Antragstellerin nach der Überzeugung des Senats, ohne zu verhungern, nicht mit einem Betrag von weniger als 2,- Euro pro Tag (40% von 4,52 Euro = 1,81 Euro) - eine entsprechende Rücklagenbildung aus den insgesamt abgehobenen Barbeträgen für die Monate ohne Barabhebung unterstellt - auskommen, um sich die zum Überleben notwendigen Lebensmittel zu beschaffen. Für Gesundheits- und Körperpflegeprodukte sowie für Kleidung hätte die Antragstellerin darüber hinaus gar keine Mittel zur Verfügung gehabt.
Allein dieser Befund lässt nur den Schluss zu, dass die Antragstellerin in der Zeit ab April 2012 über weitere Einnahmen verfügt haben muss. Die Antragstellerin ist nicht verhungert und wiegt nach der eingereichten ärztlichen Bescheinigung vom 19.07.2013 aktuell sogar 66 kg bei einer Körpergröße von 167 cm, was einem Normalgewicht im oberen Bereich entspricht. Dass sie sich seit April 2012 nicht mehr mit Körperpflegeprodukten gewaschen hat, nicht mehr zum Arzt gegangen ist (Praxisgebühr im Jahre 2012) und auch keinen Friseur mehr besucht hat, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen und wird von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Die Antragstellerin muss deshalb ihren Bedarf insoweit durch zusätzliche Einnahmen oder Naturalleistungen Dritter gedeckt haben.
(2) Dafür, dass die Antragstellerin über weitere Einnahmen verfügt, spricht auch, dass sie in der Vergangenheit in großem Umfang laufende Abbuchungen veranlasst hat, die offensichtlich nicht der Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums dienen. So zahlte die Antragstellerin zuletzt monatlich 28,34 Euro für private Sach- und Haftpflichtversicherungen, 93,40 Euro für eine Monatsfahrkarte der Deutschen Bahn, 44,80 Euro für eine Kfz-Versicherung und jedenfalls bis Februar 2013 123,78 Euro Kreditraten an die D Finanz GmbH. Diese Ausgaben, die zusammen 76% des aktuellen Regelsatzes für eine alleinstehende Person ausmachen, zeigen deutlich, dass die Antragstellerin einen Lebensstil praktiziert hat, der von dem eines durchschnittlichen Sozialhilfebeziehers erheblich abweicht und allein durch die die Rente aufstockenden Sozialhilfeleistungen nicht finanzierbar wäre.
(3) Vor allem zeigen die Kontoauszüge für Oktober 2012, dass die Antragstellerin über zusätzliche finanzielle Mittel verfügen muss, die sie vor der Antragsgegnerin geheim hält. Aus den entsprechenden Kontoauszügen gehen Bareinzahlungen in Höhe von 50,57 Euro am 18.10.2012 und 42,22 Euro am 23.10.2012 hervor. Die hierfür notwendigen Mittel konnte die Antragstellerin weder aus den Leistungen der Antragsgegnerin noch aus der am 30.09.2012 überwiesenen Rente für September 2012 erlangt haben, da sie seit dem 30.09.2012 überhaupt keine Beträge von ihrem Konto abgehoben hatte. Die betreffenden eingezahlten Geldbeträge müssen deshalb aus einer anderen Quelle stammen.
(4) Aus den Einlassungen der Antragstellerin vor dem SG und im Beschwerdeverfahren folgt keine andere Bewertung. Die mit einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung unterlegte Behauptung der Antragstellerin:
"Für meinen Lebensbedarf komme ich mit einem Minimum an Produkten und billigsten Produkten aus. Ich esse kein Fleisch und ernähre mich im Wesentlichen von Milchprodukten, Kartoffeln und Brot. Mit dem mir zur Verfügung stehenden und vom Konto abgehobenen Bargeld habe ich meinen Lebensunterhalt finanziert und kein weiteres Geld zur Verfügung gehabt und keine Sachzuwendungen erhalten mit Ausnahme von Verpflegung anlässlich Einladungen."
hält der Senat für nicht glaubhaft und unwahr. Mit einem nach den Ausführungen zu (1) ausgehend von den gesamten Barabhebungen im Zeitraum ab April 2012 durchschnittlich zur Verfügung stehenden Barbetrag von weniger als 2,- Euro pro Tag kann auch bei Kauf billigster Produkte der notwendige Ernährungsbedarf nicht sichergestellt werden. Mangelerscheinungen liegen bei der Antragstellerin ausweislich der von ihr eingereichten ärztlichen Bescheinigung vom 19.07.2013 nicht vor. Der Ernährungsbedarf kann auch nicht durch die von der Antragstellerin behaupteten, allerdings nicht im Hinblick auf die Häufigkeit substantiierten Einladungen sichergestellt worden sein. Nach ihrem eigenen Vortrag pflegt die Antragstellerin "unregelmäßige" Kontakte zu ihrem großen Bekanntenkreis. Etwaige Besuche zum "Essen/Kaffee" sind daher nicht geeignet, den regelmäßigen Ernährungsbedarf auch nur teilweise abzudecken. Wie es die Antragstellerin geschafft haben will, ihren Bedarf an Kleidung, Körper- und Gesundheitspflege zu decken, hat sie schließlich nicht mitgeteilt.
(5) Schließlich stellt auch der Umstand, dass die laufenden Verbindlichkeiten der Antragstellerin (Abschläge für Strom, Miete etc.) seit Einstellung der Leistungen der Antragsgegnerin ganz oder teilweise nicht mehr bedient wurden, weil das Konto der Antragstellerin keine ausreichende Deckung aufwies, die auf die dargestellten greifbaren Anhaltspunkte gestützte Schlussfolgerung, dass die Antragstellerin auch aktuell noch über zusätzliche Einnahmen verfügt, nicht in Frage. Auch in der Vergangenheit ist es trotz der Leistungen der Antragsgegnerin ausweislich der zu den Akten gereichten Kontoauszüge häufiger zu Rücklastschriften mangels Deckung auf dem Konto der Antragstellerin gekommen. Die Antragstellerin hat offensichtlich auch in der Vergangenheit trotz vorhandener Einnahmen nicht immer den Stand ihres Kontos im Auge gehabt und musste deshalb z.B. im Oktober 2012 aus den nach den vorstehenden Ausführungen vorhandenen, bislang verschwiegenen Einnahmen für einen Ausgleich des Kontos sorgen. Vor allem liegt es nahe, dass die Antragstellerin, die ihre nach den vorstehenden Ausführungen zur Überzeugung des Senats vorhandenen Einnahmen auch nach einem entsprechenden Hinweis des Berichterstatters nicht offengelegt hat, bewusst auf einen Ausgleich ihres Kontos verzichtet, um den Eindruck zu erwecken, ihr fehlten die zur Sicherung ihres Lebensunterhalts notwendigen Mittel. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin nur dann ergänzende Leistungen in Höhe des anteiligen Regelsatzes für Lebensmittel erbringt, wenn das Konto am Vorlagetag keine ausreichende Deckung aufweist.
bb) Steht nach den vorstehenden Ausführungen zur Überzeugung des Senats fest, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit und aktuell über zusätzliche, bislang verheimlichte Einnahmen in Gestalt finanzieller Zuflüsse oder in Form von Naturalleistungen verfügt hat und verfügt, ist unter Berücksichtigung der Verteilung der materiellen Beweislast zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Antragstellerin nach § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 41 ff. SGB XII keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hat. Nach diesen Vorschriften wird Grundsicherung im Alter nur geleistet, wenn und soweit die betreffende Person ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem nach Maßgabe von §§ 82 bis 84 und 90 zu berücksichtigenden und anzurechnenden Einkommen und Vermögen, bestreiten kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es kann zwar gegenwärtig nicht festgestellt werden, ob und in welcher Höhe die nach der Überzeugung des Senats vorhandenen Einnahmen bzw. Zuflüsse als Einkommen der Antragstellerin nach Maßgabe von §§ 82 ff. SGB XII zu berücksichtigen und anzurechnen sind (vgl. bezüglich Naturalleistungen z.B. BSG, Urt. v. 23.03.2010 - B 8 SO 17/09 R -, juris Rn. 36 ff.). Dies liegt jedoch allein daran, dass sich die Antragstellerin trotz des entsprechenden ausdrücklichen Hinweises im Richterbrief vom 29.07.2013 geweigert hat anzugeben, über welche bislang nicht angezeigten Einnahmen (z.B. finanzielle Zuwendungen Dritter) sie in der Vergangenheit verfügt hat und vom wem sie sonst durch finanzielle Leistungen oder Sachzuwendungen unterstützt wird. Sie hat noch nicht einmal offen gelegt, zu wem genau sie ihre "unregelmäßigen" Kontakte pflegt und wer sie hin und wieder zum Essen einlädt. Ohne die geforderten Angaben der Antragstellerin kommen weitere Ermittlungen von Amts wegen, z.B. in Gestalt der Einvernahme von Zeugen, nicht in Betracht. Sind mithin infolge der unzureichenden Mitwirkung der Antragstellerin die möglichen Ermittlungsmaßnahmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschöpft, kann nur eine Entscheidung auf der Grundlage der materiellen Beweislast (Feststellungslast) erfolgen. Diese geht zu Lasten der Antragstellerin, die die materielle Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII zu tragen hat. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit den neben ihrer Rente und den ergänzenden Leistungen der Antragsgegnerin vorhandenen zusätzlichen, bislang verschwiegenen Einnahmen ihren notwendigen Lebensunterhalt bestreiten kann.
b) Die Antragstellerin hat darüber hinaus einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung an und nimmt auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Bewertung.
aa) Mit der weiterhin gezahlten Rente in Höhe von monatlich 500,46 Euro kann die Antragstellerin ihren notwendigen Lebensunterhalt, wie er durch den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII in Höhe von 382,- Euro monatlich abgebildet wird, sicherstellen. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin bei Nachweis von Mittellosigkeit Leistungen in Form des entsprechenden anteiligen Regelbedarfs für Lebensmittel gewährt.
Eine andere Bewertung folgt nicht daraus, dass mittlerweile Energiekostenrückstände in Höhe von 167,58 Euro aufgelaufen sind und auch im Übrigen laufende Verbindlichkeiten der Antragstellerin nicht mehr bzw. nicht mehr vollständig bedient werden. Eine Unterbrechung der Energieversorgung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht erfolgt und vom Energieversorger auch noch nicht angekündigt worden. Die Kündigung des Abonnements über die Monatskarte sowie der Versicherungen stellt keinen schweren Nachteil im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG dar, zumal der Regelsatz nicht zur Finanzierung entsprechender Aufwendungen gedacht ist. Gleiches gilt für die drohende Kündigung des Festnetztelefonanschlusses (Rückstände in Höhe von 118,51 Euro), da die Antragstellerin zur Gewährleistung ihres Kommunikationsbedarfs zu einem anderen Anbieter wechseln könnte. Vor allem ist die Antragstellerin in der Lage, durch die ihr gezahlte Rente sämtliche regelsatzrelevanten Verbindlichkeiten zu tilgen. Dies gelingt der Antragstellerin gegenwärtig nur deshalb nicht, weil ihre Bank ihr keinen Dispositionskredit mehr einräumt und deshalb die monatlich gezahlte Rente stets primär zur Tilgung der Schulden der Antragstellerin bei ihrer Bank verwendet wird. Es obliegt vor diesem Hintergrund der Antragstellerin, ggf. für eine andere Auszahlung der Rente (z.B. per Scheck) zu sorgen oder ein Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen.
bb) Soweit die nach den vorstehenden Ausführungen nach Deckung des notwendigen Lebensunterhalts verbleibenden Einnahmen nicht ausreichen, um die Kosten für Unterkunft und Heizung von gegenwärtig 450,- Euro monatlich vollständig begleichen zu können, vermag dies einen Anordnungsgrund nicht zu begründen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowie der übrigen für das Recht der Sozialhilfe und das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des LSG Nordrhein-Westfalen liegt ein Anordnungsgrund in einem auf die Gewährung von Leistungen für die Unterkunft gerichteten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erst dann vor, wenn eine Räumungsklage anhängig ist und der Antragsteller konkret von Wohnungslosigkeit bedroht ist (vgl. insoweit zuletzt den Beschluss des Senats vom 20.09.2012 - L 9 SO 333/12 B ER -, juris Rn. 2 m.w.N.). Hierfür ist nichts ersichtlich. Die nach dem Vorbringen der Antragstellerin aufgelaufenen Mietrückstände führen nach gegenwärtigem Sachstand offensichtlich nicht zu einer Kündigung des Mietverhältnisses. Der Vermieter der Antragstellerin hat ausweislich der Ausführungen der Antragstellerin bislang nur erklärt, er hoffe, dass die Probleme mit der Antragsgegnerin kurzfristig geklärt werden. Eine Kündigung hat er bislang aber weder angekündigt noch erklärt.
II. Das SG hat auch den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Ein Erfolg des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war nach den vorstehenden Ausführungen zu keinem Zeitpunkt möglich oder wahrscheinlich. Vielmehr war der Antrag von Anfang an bis zur Entscheidung des Senats unbegründet.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG, sowie, soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe richtet, auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässigen Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 19.06.2013 betreffend die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung einerseits und die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Eilverfahren andererseits sind unbegründet.
I. Das SG hat den sinngemäßen Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihr vorläufig ab dem 01.04.2013 bis zur Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) zu gewähren, zur Recht abgelehnt, weil der zulässige Antrag unbegründet ist.
1. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. BSG, Beschl v. 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B - juris Rn. 6).
Allerdings ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) und Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn die Gewährung existenzsichernder Leistungen im Streit steht.
Aus Art. 19 Abs. 4 GG folgen dabei Vorgaben für den Prüfungsmaßstab. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfGE 79, 69 (75)). Wenn es, wie hier, um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums geht, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Dies bedeutet, dass das Fachgericht diejenigen Ermittlungsmaßnahmen von Amts wegen (vgl. § 103 SGG) durchführen muss, die aus seiner Sicht zur Überzeugungsbildung und zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig sind, wobei eine Entscheidung aufgrund objektiver Indizien oder der Beweislastverteilung, vor allem bei nicht ausreichender Mitwirkung des Antragstellers bei der Aufklärung des Sachverhalts, nicht ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 05.05.2009 - 1 BvR 255/09 -, juris Rn. 4 - NZS 2010, 29-30; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010 - 1 BvR 20/10 - juris, Rn. 2). Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage in diesem Sinne im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927; zurückhaltender nunmehr BVerfG, Beschluss der 1. Kammer vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/13 -, juris Rn. 3).
Aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG folgen darüber hinaus inhaltliche Anforderungen an die Feststellung der Hilfebedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht: Es darf nur auf die gegenwärtige Lage abgestellt werden; Umstände der Vergangenheit dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Hilfesuchende ermöglichen. In keinem Fall dürfen existenzsichernde Leistungen nur aufgrund bloßer Mutmaßungen verweigert werden, insbesondere wenn diese sich auf vergangene Umstände stützen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
2. Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht vor.
a) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
aa) Der Senat hält es nach eingehender Prüfung aller gegenwärtig bekannten Umstände und Indizien für überwiegend wahrscheinlich und ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon überzeugt, dass die Antragstellerin neben ihrer Rente in Höhe von 500,46 Euro monatlich über weitere Einnahmen verfügt, die sie bislang nicht angegeben hat. Es liegen insoweit Indizien vor, die nach Auffassung des Senats nur den Schluss zulassen, dass der Antragstellerin fortlaufend weitere Mittel zufließen, sei es in Form unmittelbarer finanzieller Zuwendungen (Einkommen aus etwaiger Schwarzarbeit oder Geldgeschenke von Dritten), sei es in Form von Naturalien (z.B. Lebensmittel), die die Antragstellerin zur Deckung ihres Lebensbedarfs einsetzen kann.
(1) Nach den von der Antragstellerin zu den Akten gereichten Kontoauszügen ist unklar, wie die Antragstellerin in der Zeit ab April 2012 ihren Lebensunterhalt in Bezug auf Ernährung, Körperpflege, Gesundheitspflege und Kleidung sichergestellt hat. Die der Antragstellerin auf ihr Konto überwiesenen Sozialleistungen (Rente und Grundsicherungsleistungen bis zum 31.03.2013 in Höhe von 335,37 Euro monatlich) wurden nach den eingereichten Kontoauszügen nahezu vollständig durch feste monatliche Ausgaben (Daueraufträge und Lastschriften) verbraucht. Lastschriften infolge EC-Karten-Bezahlung in Supermärkten gehen aus den Kontoauszügen nicht hervor. Es finden sich lediglich vereinzelte Barabhebungen in Höhe von 100,- Euro im April 2012, Mai 2012, Juli 2012 und März 2013, in Höhe von 50,- Euro im September 2012, November 2012, Januar 2013 und April 2013, in Höhe von 45,- Euro im Dezember 2012 und in Höhe von 40,- Euro im Februar 2013. Im Juni 2012, im August 2012, im Oktober 2012 und ab Mai 2013 sind sogar gar keine Barabhebungen erfolgt.
Mit den abgehobenen Beträgen konnte der Lebensunterhalt in Bezug auf Ernährung, Körperpflege und Kleidung im Zeitraum ab April 2012 nach der Überzeugung des Senats offensichtlich nicht sichergestellt werden. Die der Regelbedarfsbemessung zugrunde liegende Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 hat allein in Bezug auf Ernährung einschließlich Getränke (Abteilungen 1 und 11 der EVS) einen Bedarf bezogen auf das Jahr 2008 in Höhe von 135,62 Euro ergeben; für Gesundheitspflege (Abteilung 6 der EVS) ergaben sich regelsatzrelevante Verbrauchsausgaben in Höhe von 15,55 Euro, für andere Waren und Dienstleistungen, insbesondere für Körperpflege, (Abteilung 12 der EVS) 26,50 Euro (vgl. insoweit § 5 Abs. 1 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG)). In Anbetracht dieser statistisch aus dem tatsächlichen Verbrauchsverhalten der unteren 15% der nach Einkommen geschichteten Ein-Personen-Haushalte ermittelten Werte ist es schlechthin undenkbar, dass die Antragstellerin in dem 13 Monate umfassenden Zeitraum von April 2012 bis April 2013 mit insgesamt 685,- Euro auch nur ihren Ernährungsbedarf decken konnte. Die abgehobenen Beträge machen noch nicht einmal 40% des statistisch bezogen auf das Jahr 2008 ermittelten Ernährungsbedarfs aus. Unter Berücksichtigung von Preissteigerungen bis zum Jahre 2013 ergibt sich sogar noch ein niedrigerer Prozentsatz.
Selbst eine lediglich das Überleben sichernde Ernährung ist mit den abgehobenen Beträgen nicht möglich. Nach den auf empirischen Untersuchungen beruhenden Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe vom 01.10.2008, S. 19, deckt der Regelsatz für Haushaltsvorstände und allein Lebende mit einem Ansatz von 4,52 Euro pro Tag bezogen auf die Ergebnisse der EVS 2003 (135,55 Euro für Ernährung einschließlich Tabakwaren) für Nahrungsmittel und Getränke (einschl. Tabakwaren) den Mindestaufwand für eine Vollkost. Nach einer in den Empfehlungen des Deutschen Vereins wiedergegebenen wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Thema Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung aus April 2008 beträgt der Bedarf eines Erwachsenen deckende durchschnittliche Aufwand für Vollkost sogar 6,21 Euro täglich, ausgehend von einem Verbrauch von 2.200 Kilokalorien pro Tag. Von daher konnte die Antragstellerin nach der Überzeugung des Senats, ohne zu verhungern, nicht mit einem Betrag von weniger als 2,- Euro pro Tag (40% von 4,52 Euro = 1,81 Euro) - eine entsprechende Rücklagenbildung aus den insgesamt abgehobenen Barbeträgen für die Monate ohne Barabhebung unterstellt - auskommen, um sich die zum Überleben notwendigen Lebensmittel zu beschaffen. Für Gesundheits- und Körperpflegeprodukte sowie für Kleidung hätte die Antragstellerin darüber hinaus gar keine Mittel zur Verfügung gehabt.
Allein dieser Befund lässt nur den Schluss zu, dass die Antragstellerin in der Zeit ab April 2012 über weitere Einnahmen verfügt haben muss. Die Antragstellerin ist nicht verhungert und wiegt nach der eingereichten ärztlichen Bescheinigung vom 19.07.2013 aktuell sogar 66 kg bei einer Körpergröße von 167 cm, was einem Normalgewicht im oberen Bereich entspricht. Dass sie sich seit April 2012 nicht mehr mit Körperpflegeprodukten gewaschen hat, nicht mehr zum Arzt gegangen ist (Praxisgebühr im Jahre 2012) und auch keinen Friseur mehr besucht hat, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen und wird von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Die Antragstellerin muss deshalb ihren Bedarf insoweit durch zusätzliche Einnahmen oder Naturalleistungen Dritter gedeckt haben.
(2) Dafür, dass die Antragstellerin über weitere Einnahmen verfügt, spricht auch, dass sie in der Vergangenheit in großem Umfang laufende Abbuchungen veranlasst hat, die offensichtlich nicht der Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums dienen. So zahlte die Antragstellerin zuletzt monatlich 28,34 Euro für private Sach- und Haftpflichtversicherungen, 93,40 Euro für eine Monatsfahrkarte der Deutschen Bahn, 44,80 Euro für eine Kfz-Versicherung und jedenfalls bis Februar 2013 123,78 Euro Kreditraten an die D Finanz GmbH. Diese Ausgaben, die zusammen 76% des aktuellen Regelsatzes für eine alleinstehende Person ausmachen, zeigen deutlich, dass die Antragstellerin einen Lebensstil praktiziert hat, der von dem eines durchschnittlichen Sozialhilfebeziehers erheblich abweicht und allein durch die die Rente aufstockenden Sozialhilfeleistungen nicht finanzierbar wäre.
(3) Vor allem zeigen die Kontoauszüge für Oktober 2012, dass die Antragstellerin über zusätzliche finanzielle Mittel verfügen muss, die sie vor der Antragsgegnerin geheim hält. Aus den entsprechenden Kontoauszügen gehen Bareinzahlungen in Höhe von 50,57 Euro am 18.10.2012 und 42,22 Euro am 23.10.2012 hervor. Die hierfür notwendigen Mittel konnte die Antragstellerin weder aus den Leistungen der Antragsgegnerin noch aus der am 30.09.2012 überwiesenen Rente für September 2012 erlangt haben, da sie seit dem 30.09.2012 überhaupt keine Beträge von ihrem Konto abgehoben hatte. Die betreffenden eingezahlten Geldbeträge müssen deshalb aus einer anderen Quelle stammen.
(4) Aus den Einlassungen der Antragstellerin vor dem SG und im Beschwerdeverfahren folgt keine andere Bewertung. Die mit einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung unterlegte Behauptung der Antragstellerin:
"Für meinen Lebensbedarf komme ich mit einem Minimum an Produkten und billigsten Produkten aus. Ich esse kein Fleisch und ernähre mich im Wesentlichen von Milchprodukten, Kartoffeln und Brot. Mit dem mir zur Verfügung stehenden und vom Konto abgehobenen Bargeld habe ich meinen Lebensunterhalt finanziert und kein weiteres Geld zur Verfügung gehabt und keine Sachzuwendungen erhalten mit Ausnahme von Verpflegung anlässlich Einladungen."
hält der Senat für nicht glaubhaft und unwahr. Mit einem nach den Ausführungen zu (1) ausgehend von den gesamten Barabhebungen im Zeitraum ab April 2012 durchschnittlich zur Verfügung stehenden Barbetrag von weniger als 2,- Euro pro Tag kann auch bei Kauf billigster Produkte der notwendige Ernährungsbedarf nicht sichergestellt werden. Mangelerscheinungen liegen bei der Antragstellerin ausweislich der von ihr eingereichten ärztlichen Bescheinigung vom 19.07.2013 nicht vor. Der Ernährungsbedarf kann auch nicht durch die von der Antragstellerin behaupteten, allerdings nicht im Hinblick auf die Häufigkeit substantiierten Einladungen sichergestellt worden sein. Nach ihrem eigenen Vortrag pflegt die Antragstellerin "unregelmäßige" Kontakte zu ihrem großen Bekanntenkreis. Etwaige Besuche zum "Essen/Kaffee" sind daher nicht geeignet, den regelmäßigen Ernährungsbedarf auch nur teilweise abzudecken. Wie es die Antragstellerin geschafft haben will, ihren Bedarf an Kleidung, Körper- und Gesundheitspflege zu decken, hat sie schließlich nicht mitgeteilt.
(5) Schließlich stellt auch der Umstand, dass die laufenden Verbindlichkeiten der Antragstellerin (Abschläge für Strom, Miete etc.) seit Einstellung der Leistungen der Antragsgegnerin ganz oder teilweise nicht mehr bedient wurden, weil das Konto der Antragstellerin keine ausreichende Deckung aufwies, die auf die dargestellten greifbaren Anhaltspunkte gestützte Schlussfolgerung, dass die Antragstellerin auch aktuell noch über zusätzliche Einnahmen verfügt, nicht in Frage. Auch in der Vergangenheit ist es trotz der Leistungen der Antragsgegnerin ausweislich der zu den Akten gereichten Kontoauszüge häufiger zu Rücklastschriften mangels Deckung auf dem Konto der Antragstellerin gekommen. Die Antragstellerin hat offensichtlich auch in der Vergangenheit trotz vorhandener Einnahmen nicht immer den Stand ihres Kontos im Auge gehabt und musste deshalb z.B. im Oktober 2012 aus den nach den vorstehenden Ausführungen vorhandenen, bislang verschwiegenen Einnahmen für einen Ausgleich des Kontos sorgen. Vor allem liegt es nahe, dass die Antragstellerin, die ihre nach den vorstehenden Ausführungen zur Überzeugung des Senats vorhandenen Einnahmen auch nach einem entsprechenden Hinweis des Berichterstatters nicht offengelegt hat, bewusst auf einen Ausgleich ihres Kontos verzichtet, um den Eindruck zu erwecken, ihr fehlten die zur Sicherung ihres Lebensunterhalts notwendigen Mittel. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin nur dann ergänzende Leistungen in Höhe des anteiligen Regelsatzes für Lebensmittel erbringt, wenn das Konto am Vorlagetag keine ausreichende Deckung aufweist.
bb) Steht nach den vorstehenden Ausführungen zur Überzeugung des Senats fest, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit und aktuell über zusätzliche, bislang verheimlichte Einnahmen in Gestalt finanzieller Zuflüsse oder in Form von Naturalleistungen verfügt hat und verfügt, ist unter Berücksichtigung der Verteilung der materiellen Beweislast zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Antragstellerin nach § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 41 ff. SGB XII keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hat. Nach diesen Vorschriften wird Grundsicherung im Alter nur geleistet, wenn und soweit die betreffende Person ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem nach Maßgabe von §§ 82 bis 84 und 90 zu berücksichtigenden und anzurechnenden Einkommen und Vermögen, bestreiten kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es kann zwar gegenwärtig nicht festgestellt werden, ob und in welcher Höhe die nach der Überzeugung des Senats vorhandenen Einnahmen bzw. Zuflüsse als Einkommen der Antragstellerin nach Maßgabe von §§ 82 ff. SGB XII zu berücksichtigen und anzurechnen sind (vgl. bezüglich Naturalleistungen z.B. BSG, Urt. v. 23.03.2010 - B 8 SO 17/09 R -, juris Rn. 36 ff.). Dies liegt jedoch allein daran, dass sich die Antragstellerin trotz des entsprechenden ausdrücklichen Hinweises im Richterbrief vom 29.07.2013 geweigert hat anzugeben, über welche bislang nicht angezeigten Einnahmen (z.B. finanzielle Zuwendungen Dritter) sie in der Vergangenheit verfügt hat und vom wem sie sonst durch finanzielle Leistungen oder Sachzuwendungen unterstützt wird. Sie hat noch nicht einmal offen gelegt, zu wem genau sie ihre "unregelmäßigen" Kontakte pflegt und wer sie hin und wieder zum Essen einlädt. Ohne die geforderten Angaben der Antragstellerin kommen weitere Ermittlungen von Amts wegen, z.B. in Gestalt der Einvernahme von Zeugen, nicht in Betracht. Sind mithin infolge der unzureichenden Mitwirkung der Antragstellerin die möglichen Ermittlungsmaßnahmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschöpft, kann nur eine Entscheidung auf der Grundlage der materiellen Beweislast (Feststellungslast) erfolgen. Diese geht zu Lasten der Antragstellerin, die die materielle Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII zu tragen hat. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit den neben ihrer Rente und den ergänzenden Leistungen der Antragsgegnerin vorhandenen zusätzlichen, bislang verschwiegenen Einnahmen ihren notwendigen Lebensunterhalt bestreiten kann.
b) Die Antragstellerin hat darüber hinaus einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung an und nimmt auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Bewertung.
aa) Mit der weiterhin gezahlten Rente in Höhe von monatlich 500,46 Euro kann die Antragstellerin ihren notwendigen Lebensunterhalt, wie er durch den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII in Höhe von 382,- Euro monatlich abgebildet wird, sicherstellen. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin bei Nachweis von Mittellosigkeit Leistungen in Form des entsprechenden anteiligen Regelbedarfs für Lebensmittel gewährt.
Eine andere Bewertung folgt nicht daraus, dass mittlerweile Energiekostenrückstände in Höhe von 167,58 Euro aufgelaufen sind und auch im Übrigen laufende Verbindlichkeiten der Antragstellerin nicht mehr bzw. nicht mehr vollständig bedient werden. Eine Unterbrechung der Energieversorgung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht erfolgt und vom Energieversorger auch noch nicht angekündigt worden. Die Kündigung des Abonnements über die Monatskarte sowie der Versicherungen stellt keinen schweren Nachteil im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG dar, zumal der Regelsatz nicht zur Finanzierung entsprechender Aufwendungen gedacht ist. Gleiches gilt für die drohende Kündigung des Festnetztelefonanschlusses (Rückstände in Höhe von 118,51 Euro), da die Antragstellerin zur Gewährleistung ihres Kommunikationsbedarfs zu einem anderen Anbieter wechseln könnte. Vor allem ist die Antragstellerin in der Lage, durch die ihr gezahlte Rente sämtliche regelsatzrelevanten Verbindlichkeiten zu tilgen. Dies gelingt der Antragstellerin gegenwärtig nur deshalb nicht, weil ihre Bank ihr keinen Dispositionskredit mehr einräumt und deshalb die monatlich gezahlte Rente stets primär zur Tilgung der Schulden der Antragstellerin bei ihrer Bank verwendet wird. Es obliegt vor diesem Hintergrund der Antragstellerin, ggf. für eine andere Auszahlung der Rente (z.B. per Scheck) zu sorgen oder ein Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen.
bb) Soweit die nach den vorstehenden Ausführungen nach Deckung des notwendigen Lebensunterhalts verbleibenden Einnahmen nicht ausreichen, um die Kosten für Unterkunft und Heizung von gegenwärtig 450,- Euro monatlich vollständig begleichen zu können, vermag dies einen Anordnungsgrund nicht zu begründen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowie der übrigen für das Recht der Sozialhilfe und das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des LSG Nordrhein-Westfalen liegt ein Anordnungsgrund in einem auf die Gewährung von Leistungen für die Unterkunft gerichteten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erst dann vor, wenn eine Räumungsklage anhängig ist und der Antragsteller konkret von Wohnungslosigkeit bedroht ist (vgl. insoweit zuletzt den Beschluss des Senats vom 20.09.2012 - L 9 SO 333/12 B ER -, juris Rn. 2 m.w.N.). Hierfür ist nichts ersichtlich. Die nach dem Vorbringen der Antragstellerin aufgelaufenen Mietrückstände führen nach gegenwärtigem Sachstand offensichtlich nicht zu einer Kündigung des Mietverhältnisses. Der Vermieter der Antragstellerin hat ausweislich der Ausführungen der Antragstellerin bislang nur erklärt, er hoffe, dass die Probleme mit der Antragsgegnerin kurzfristig geklärt werden. Eine Kündigung hat er bislang aber weder angekündigt noch erklärt.
II. Das SG hat auch den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Ein Erfolg des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war nach den vorstehenden Ausführungen zu keinem Zeitpunkt möglich oder wahrscheinlich. Vielmehr war der Antrag von Anfang an bis zur Entscheidung des Senats unbegründet.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG, sowie, soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe richtet, auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved