Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 93 AS 12674/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 1552/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juni 2013 aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird in vollem Umfang abgelehnt. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren vor dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt J R, M Straße, B, beigeordnet. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1976 geborene Antragsteller ist polnischer Staatsbürger und nach seinen eigenen Angaben im Frühjahr 2011 zum Zwecke der Arbeitsaufnahme in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Mit der B P Hservice GmbH schloss der Antragsteller einen vom 22. Juni 2011 bis zum 21. September 2011 befristeten Arbeitsvertrag. Ausweislich vorgelegter Verdienstabrechnungen für die Monate Juli, August und September 2011 war der Antragsteller in diesen Monaten bei der B P Hservic GmbH mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt und erhielt Nettoarbeitsentgelte von 459,32 EUR (Juli 2011), 632,60 EUR (August 2011) und 503,35 EUR (September 2011). Nach einer Gewerbeanmeldung vom 30. Januar 2012 meldete der
Antragsteller an diesem Tag bei dem Bezirksamt Mitte von Berlin ein Gewerbe mit der Tätigkeit "Trockenbau" an, welches er nach der Gewerbeabmeldung vom 26. November 2012 mit diesem Datum wieder abmeldete.
Am 22. März 2013 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Im Antragsverfahren legte er eine schriftliche Erklärung der Bundesagentur für Arbeit vom 25. März 2013 vor, nach der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I nicht bestehe und ein Bewerberangebot (für den Antragsteller) nicht aufgenommen worden sei.
Mit Bescheid vom 27. März 2013 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II ab. Hiergegen erhob der Antragsteller mit der Begründung
Widerspruch, er habe durch seine Tätigkeit für die B P Hservice GmbH einen Arbeitnehmerstatus erworben und leite sein Aufenthaltsrecht daher nicht lediglich aus einer Arbeitsuche ab.
Diesen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2013 zurück. Der Antragsteller habe insbesondere kein fortwirkendes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU erworben, da die nichtselbständige Tätigkeit am 21. September 2011 geendet habe und ein sich hieraus ergebendes Aufenthaltsrecht am 21. März 2013 abgelaufen sei. Auch aus einer selbständigen Tätigkeit sei kein Aufenthaltsrecht erwachsen, da die Tätigkeit weniger als ein Jahr angedauert habe.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller am 23. Mai 2013 Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben (S 93 AS 12674/13) und am 5. Juni 2013 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistungsgewährung beantragt. Er sei mehr als ein Jahr in Deutschland tätig gewesen und habe daher ein fortwirkendes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU. Er habe Tätigkeiten mit einer Gesamtdauer von insgesamt mehr als einem Jahr ausgeübt, wobei es im Rahmen der Regelung gleichgültig sei, ob es sich um abhängige oder selbständige Tätigkeiten gehandelt habe und auch zwischenzeitliche Unterbrechungen seien unerheblich. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation sei er gezwungen gewesen, die selbständige Tätigkeit aufzugeben.
Das Sozialgericht Berlin hat den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab 5. Juni 2013 bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis 30. November 2013, Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 562 EUR monatlich zu gewähren. Es könne dahinstehen, ob der Antragsteller ein fortwirkendes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU habe. Denn jedenfalls stünde einem Leistungsanspruch ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II nicht entgegen. Die sich stellenden Fragen der Europarechtskonformität dieser Ausschlussnorm könnten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geklärt werden, so dass der Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache offen sei und daher eine Folgenabwägung zu treffen sei. Diese Folgenabwägung führe angesichts der Funktion der Leistungen nach dem SGB II - Sicherung einer menschenwürdigen Lebensführung - dazu, dass Leistungen zu bewilligen seien und das rein fiskalische Interesse des Antragsgegners zurücktreten müsse. Sollte sich die Leistungsgewährung später als unrichtig herausstellen, so könne der Antragsgegner immerhin auf den Regressweg verwiesen werden.
Gegen diesen dem Antragsgegner am 12. Juni 2013 per Fax übersandten Beschluss hat der Antragsgegner am 17. Juni 2013 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
Der Antragsteller hat auf Nachfrage des Senats zu Nachweisen für die behauptete selbständigen Tätigkeit als Trockenbauer im Beschwerdeverfahren Kopien einer Einnahmeüberschussrechnung für das Finanzamt Wedding für das Kalenderjahr 2012 vom 29. Mai 2013 mit Betriebseinnahmen in Höhe von 7416 EUR und Rechnungen für den Zeitraum April 2012 bis November 2012 vorgelegt. Im Einzelnen sind dies Rechnungen jeweils über einen "Lieferservice" mit einem "Stundenlohn" an "HP" (Inh. G C) vom 30. April 2012 über 87 Stunden und 609 EUR (Rechnungnummer 01/12), vom 31. Mai 2012 über 93 Stunden und 651 EUR (Rechnungsnummer 02/12), vom 30. Juni 2012 über 112 Stunden und 784 EUR (Rechnungsnummer 03/12), vom 31. Juli 2012 über 27,25 Stunden und 190,75 EUR (Rechnungsnummer 06/12), vom 31. August 2012 über 29 Stunden und 203 EUR (Rechnungsnummer 07/12), vom 30. September 2012 über 33,25 Stunden und 232 EUR (Rechnungsnummer 08/12) und vom 31. Oktober 2012 über 6,5 Stunden und 45,50 EUR (Rechnungsnummer 09/12). Die Rechnungen 04 und 05/12 sind adressiert an Herrn M D und weisen für zeitlich nicht bezifferte "Boden- und Hilfsarbeiten" Pauschalbeträge von 1200 EUR und 1300 EUR aus. Die Rechnungen Nr. 10 und 11/2012 richten sich ebenfalls an Herrn M D, datierend vom 15. und 18. November 2012 und weisen für Bodenarbeiten und Maler-, Fliesen- und Hilfsarbeiten ebenfalls Pauschalbeträge von 1000 EUR und 1200 EUR ohne Angabe des zeitlichen Umfangs auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss den Antragsgegner zu Unrecht vorläufig zur Leistung verpflichtet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten
Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Auch im Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (OVG Hamburg, NVwZ 1990, 975).
Für den Zeitraum bis zur Entscheidung des erkennenden Senates ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Derartige Ansprüche für die Vergangenheit können regelmäßig nicht im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens anerkannt werden. Diese sind in einem Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Etwas Anderes kann nur dann in Betracht kommen, wenn die sofortige Verfügbarkeit von für zurückliegende Zeiträume zu zahlenden Hilfen zur Abwendung eines gegenwärtig drohenden Nachteils erforderlich ist. Hierzu sind Tatsachen jedoch weder glaubhaft gemacht worden, noch sonst für das Gericht ersichtlich.
Darüber hinaus ist auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Zumindest dieser fehlende Anordnungsanspruch steht der begehrten einstweiligen Anordnung auch für die Zukunft entgegen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Ausgenommen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitneh- mer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt (§ 7 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB II).
Nach diesen Regelungen ist der begehrte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht überwiegend wahrscheinlich im Sinne der Legaldefinition des § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X und damit nicht glaubhaft gemacht.
Ob die einzelnen Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach § 7 SGB II vorliegen würden kann dahinstehen, weil der Antragsteller jedenfalls nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen wäre, da für ihn als Ausländer vorliegend ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allenfalls zum Zweck der Arbeitsuche in Betracht kommt.
Schon am Bestehen eines Aufenthaltsrechts zum Zweck der Arbeitsuche bestehen Zweifel, nachdem der Antragsteller selbst nach seinen eigenen Erklärungen zumindest seit November 2012 einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgegangen ist und eine konkrete Arbeitssuche nicht einmal behauptet wird. Hierzu verweist der Senat auf den Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. August 2012 (3 B 202/12 m.w.N., zitiert nach juris), wonach für eine Arbeitsuche zwar keine starren Fristen gelten, ein unbeschränktes Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt jedoch auch nicht gewährt wird. Deshalb seien nach Ablauf eines Zeitraums von sechs Monaten sogar aufenthaltsbeendigende Maßnahmen grundsätzlich zulässig, wenn der Unionsbürger nicht nachweisen könne, mit konkreter Aussicht auf Erfolg nach Arbeit gesucht zu haben. Vorliegend sind seit der Aufgabe der Erwerbstätigkeit weit über sechs Monate vergangen, ohne dass eine Arbeitsuche mit konkreter Aussicht auf Erfolg ersichtlich wäre, so dass deshalb schon ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche kaum als glaubhaft gemacht angesehen werden könnte.
Ob ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche tatsächlich besteht, kann bei einem dann nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greifenden Leistungsausschluss jedoch dahinstehen.
Ein anderes Aufenthaltsrecht des Antragstellers lässt sich jedenfalls nicht erkennen.
Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2004, 1950, 1986) haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.
Gemäß § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU in der seit dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 86) sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt: 1. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen, 2. Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), 3. Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, 4. Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, 5. nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4, 6. Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4, 7. Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Freizügigkeitsgesetz/EU bleibt das Recht nach Absatz 1 für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei
1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Freizügigkeitsgesetz/EU).
Nach diesen Regelungen ist eine Freizügigkeitsberechtigung und ein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland für den Antragsteller insbesondere nicht aufgrund einer selbständigen Tätigkeit oder als Arbeitnehmer ersichtlich. Denn jedenfalls seit Ende November 2012 übt der Antragsteller weder als Arbeitnehmer noch selbständig eine Erwerbstätigkeit aus.
Er verfügt auch nicht über ein fortwirkendes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU.
Für den hier streitigen Zeitraum seit Antragstellung beim Sozialgericht (5. Juni 2013) kommt ein fortwirkendes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU schon deshalb nicht in Betracht, weil seit der Beendigung der letzten Erwerbstätigkeit im November 2012 mehr als sechs Monate verstrichen sind.
Auch ein Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU ist vorliegend nicht glaubhaft gemacht.
Hier ist zunächst anzumerken, dass schon Zweifel an Art und Umfang der behaupteten selbständigen Erwerbstätigkeit im Zeitraum von Januar 2012 bis November 2012 angebracht sind. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Antragsteller ausweislich der Gewerbeanmeldung vom 30. Januar 2012 und entsprechend seines bisherigen Vortrages eine selbständige Erwerbstätigkeit im Bereich "Trockenbau" angemeldet und ausgeübt haben will. Diese Behauptung steht jedoch zumindest teilweise im Widerspruch zu den nunmehr vorgelegten Unterlagen. Nach den erst auf Anforderung des Gerichts im Beschwerdeverfahren vorgelegten "Rechnungen" hat er im Zeitraum vom 1. April 2012 (Rechnung Nr. 01/2012) bis zum 31. Oktober 2012 (Rechnung Nr. 09/2012) ausschließlich für H P mit einem "Stundenlohn" den Lieferservice übernommen. Lediglich in den Monaten Juni 2012 (Rechnungen 04 und 05/2012) und November 2012 (Rechnungen 10 und 11/2012) rechnete der Antragsteller Tätigkeiten ab (beispielsweise "Boden- und Hilfsarbeiten") die eventuell dem angemeldeten Gewerbe als Trockenbauer zugerechnet werden könnten. Danach ist schon zweifelhaft, ob zumindest in der Zeit von April 2012 bis Oktober 2012, in der der Antragsteller fast ausschließlich für H P als Auslieferungsfahrer tätig war, überhaupt von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen wäre.
Außerdem sind Zweifel an dem Beweiswert der vorgelegten "Rechnungen" angebracht. Hierbei handelt es sich erkennbar weder um Originalrechnungen, noch um Durchschriften von Originalrechnungen, sondern lediglich um nicht unterschriebene Computerausdrucke. Bemerkenswert ist insoweit, dass auf diesen Rechnungen jeweils mit einem Datum einige Tage nach dem Rechnungsdatum der Satz enthalten ist "Bar Geld am erhalten". Damit ist weder das Stellen einer Rechnung noch der Erhalt des Rechnungsbetrages durch einen Originalbeleg (Quittung, Kontoauszug etc.) dokumentiert.
Letztlich kann dies jedoch alles dahinstehen, da der Antragsteller jedenfalls nicht "mehr als ein Jahr Tätigkeit" im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU zurückgelegt hat. Selbst bei der Annahme einer Glaubhaftmachung von Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit in dem Zeitraum vom 1. April 2012 (Rechnung Nr. 01/2012) bis einschließlich November 2012 (Rechnung Nr. 11/2012) durch die vorgelegten "Rechnungen" und einer Zusammenrechnung dieser Zeiten mit den Zeiten als Arbeitnehmer könnte nur von einer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit innerhalb von April 2012 bis November 2012, d.h. von acht Monaten, als Selbständiger ausgegangen werden und es ergäbe sich unter Hinzurechnung der drei Monate als Arbeitnehmer im Jahre 2011 nur insgesamt ein Zeitraum von elf Monaten, also unter einem Jahr.
Darüber hinaus hat der Antragsteller weder eine Bestätigung der zuständigen Agentur für Arbeit über eine unfreiwillig eingetretener Arbeitslosigkeit vorgelegt, noch ist ersichtlich, dass er eine selbständige Tätigkeit aufgrund von Umständen eingestellt hat, auf die er keinen Einfluss hatte.
Allein die Behauptung des Antragstellers, aufgrund der wirtschaftlichen Situation sei er hierzu gezwungen gewesen, genügt zu einer Glaubhaftmachung nicht annähernd aus. So hat beispielsweise schon das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss vom 3. November 1995 (18 B 815/94, m.w.N., zitiert nach juris) darauf hingewiesen, dass die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit eine ernst zu nehmende Gewinnerzielungsabsicht erfordert, die sich nicht allein in verbalen Äußerungen erschöpfen darf, sondern auch in der tatsächlichen Umsetzung des verfolgten Zieles manifestieren muss. Im vorliegenden Fall wäre daher, entsprechend der Anforderungen zum Nachweis einer konkreten Arbeitssuche, zu erwarten, dass der Antragsteller sich als Selbständiger um Aufträge bemühte und diese Bemühungen beispielsweise durch Vorlage entsprechender Unterlagen (Anschreiben, Zeitungsannoncen, Absageschreiben etc.) auch belegt.
Würde im Übrigen bei einem ehemals selbstständig Tätigen allein die Behauptung ausreichen, er habe keinen Einfluss auf die Umstände gehabt, die zur Aufgabe der selbständigen Tätigkeit führten, so würde dies zu einer Privilegierung gegenüber einem unfreiwillig arbeitslos gewordenen Arbeitnehmer führen, da dieser sogar eine entsprechende Bestätigung der Agentur für Arbeit beibringen muss, um in den Genuss des § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU zu gelangen.
Lässt sich danach aber ein Aufenthaltsrecht allenfalls aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, so greift der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist nach Ansicht des Senats § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch anwendbar.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass er eine Europarechtswidrigkeit dieser Regelung nicht feststellen kann. Im Anschluss an die Entscheidung des 20. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 29. Februar 2012 ( L 20 AS 2347/11 B ER, zitiert nach juris) hat der Senat schon mehrfach darauf hingewiesen (unter anderen in den Beschlüssen vom 5. März 2012, L 29 AS 414/12 B ER, vom 7. Juni 2012, L 29 AS 920/12 B ER, vom 12. Juni 2012, L 29 AS 914/12 B ER, vom 22. Juni 2012, L 29 AS 1252/12 B ER und vom 9. November 2012, L 29 AS 1782/12 B ER, jeweils zitiert nach juris), dass nur eine Überzeugung von der Europarechtswidrigkeit dieser Regelung ausnahmsweise berechtigen könnte, dieses formelle Gesetz nicht anzuwenden. Die Nichtanwendung eines in Kraft getretenen Gesetzes (hier § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II) stellt einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar (vgl. zur Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009, 1 BvR 2492/08, zitiert nach juris) und birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG). Nicht zuletzt deshalb ist nach Art. 100 des Grundgesetzes ein Gesetz auch nur dann nicht anzuwenden und das Verfassungsgericht anzurufen, wenn das zur Entscheidung berufene Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist. Dieser Maßstab gilt nach Ansicht des Senats auch bei einer vermeintlichen Europarechtswidrigkeit der anzuwendenden einfachgesetzlichen Regelung. Es wäre ein eklatanter Wertungswiderspruch, wenn lediglich "Zweifel" an der Vereinbarkeit einer einfachgesetzlichen Norm mit der Verfassung noch zur Anwendung des Gesetzes führen, solche Zweifel im Hinblick auf Europarechtliche Regelungen, die nicht einmal den Rang von Verfassungsrecht haben, aber zur Nichtanwendung der gesetzlichen Regelung berechtigen würden. Entsprechend kann eine Nichtanwendung allenfalls dann in Betracht kommen, wenn das erkennende Gericht zu der Überzeugung eines Verstoßes der anzuwendenden Regelung gegen höherrangiges europäisches Recht kommt.
Eine solche Überzeugung von einem Verstoß des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gegen Recht der Europäischen Union konnte und kann der Senat aus den in den oben genannten Beschlüssen genannten Gründen nicht gewinnen.
Insbesondere in seinem oben genannten Beschluss vom 9. November 2012 (L 29 AS 1782/12 B ER, zitiert nach juris) hat der Senat ausführlich dargelegt, dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vielmehr europarechtskonform ist (vgl. so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2012, L 5 AS 2157/11 B ER, Beschluss vom 2. August 2012, L 5 AS 1297/12 B ER, Beschluss vom 29. Februar 2012, L 20 AS 2347/11 B ER, Urteil vom 17. April 2012, L 20 AS 618/10, Beschluss vom 12. Juni 2012, L 20 AS 2/12 B ER, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012, L 3 AS 1477/11 (anhängig BSG, B 4 AS 54/12 R), LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Februar 2010, L 15 AS 30/10 B ER, Beschluss vom 23. Mai 2012, L 9 AS 347/12 B ER, aA LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2011, L 14 AS 148/11 B ER, 30. November 2010, L 34 AS 1501/10 B ER, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. November 2011, L 5 AS 406/11 B ER, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Oktober 2011, L 12 AS 3938/11 ER B, LSG Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 11. August 2011, L 15 AS 188/11 B ER, Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Juli 2011, L 7 AS 107/11 B ER, jeweils zitiert nach juris).
Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist insbesondere mit der seit 1. Mai 2010 geltenden Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union L 166, S. 1, im Folgenden: VO 883/2004) vereinbar und mit Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl L 158, S. 77, 112, vgl. zur Vereinbarkeit von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit der Unionsbürgerrichtlinie LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2012, L 5 AS 2157/11 B ER, Beschluss vom 21. Juni 2012, L 20 AS 1322/12 B ER, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012, L 3 AS 1477/11, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Februar 2010, L 15 AS 30/10 B ER). Zudem verstößt § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch nicht gegen Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) vom 11.
Dezember 1953 (BGBl. II 1956, S. 564) als unmittelbar geltendes Bundesrecht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 23/10 R), da aufgrund des von der Bundesregierung mit Wirkung vom 19. Dezember 2011 unter Berufung auf Art. 16 b EFA für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erklärten Vorbehalts, ein Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II erfolgte. Der Senat verweist insoweit auf seine bisherige Rechtsprechung, insbesondere die oben genannten Beschlüsse, und sieht von einer Wiederholung der Ausführungen hierzu ab.
Schließlich sieht der Senat trotz entgegenstehender Rechtsprechung anderer Senate des hiesigen Landessozialgerichts zur Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. April 2012, L 14 AS 763/ 12 B ER, Beschluss vom 29. Juni 2012, L 14 AS 1460/12 B ER, Beschluss vom 23. Mai 2012, L 19 AS 1106/12 B ER, Beschluss vom 23. Mai 2012, L 25 AS 837/12 B ER, Beschluss vom 14. August 2012, L 16 AS 568/12 B ER, jeweils zitiert nach juris) bzw. anderer Landessozialgerichte (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 14. August 2012, L 16 AS 568/12 B ER, LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. August 2012, L 3 AS 250/12 B ER, jeweils zitiert nach juris) wegen der nicht feststellbaren Europarechts- bzw. Völkerrechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses auch nicht die Möglichkeit einer Entscheidung über eine Folgenabwägung.
Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seine Entscheidungen zu existenzsichernden Leistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei offenen Erfolgsaussichten grundsätzlich auf Grundlage einer Folgenabwägung trifft (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, zitiert nach juris), kommt in der vorliegenden Konstellation eine Folgenabwägung aus den bereits oben genannten Gründen für die Instanzgerichte jedenfalls nicht in Betracht.
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass Entscheidungen des BVerfG nach § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) erfolgen und daher aufgrund einer Regelung, die dem hier anzuwendenden § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) weder systematisch noch inhaltlich entspricht. So entscheidet das BVerfG beispielsweise grundsätzlich ohne Berücksichtigung der Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden (ständige Rechtsprechung, u.a. Beschluss vom 22. März 2005, 1 BvQ 2/05, 1 BvR 2357/04, m.w.N., zitiert nach juris) während die Sozialgerichte bei der Anwendung des § 86 b SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) insbesondere die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches zu prüfen haben. Außerdem binden die Entscheidungen des BVerfG als "oberster Hüter der Verfassung" (vgl. Maunz in Maunz/Dürig, Komm. zum Grundgesetz, Art. 94 Rn.3) die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden (vgl. § 31 Abs. 1 BVerfGG) und haben teilweise sogar selbst Gesetzeskraft (vgl. § 31 Abs. 2 BVerfGG).
Selbst das mit diesen weitreichenden Kompetenzen ausgestattete BVerfG legt aber bei seiner Folgenabwägung besonders strenge Maßstäbe an, wenn die Aussetzung des Vollzuges eines Gesetzes begehrt wird (u.a. Beschluss vom 22. März 2005, 1 BvQ 2/05, 1 BvR 2357/04, a.a.O., m.w.N.). Auch das BVerfG dürfe von seiner Befugnis, dass In-Kraft-Treten eines Gesetzes zu verzögern, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, da der Erlass einer solchen
einstweiligen Anordnung stets ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers sei. Ein Gesetz dürfe deshalb nur dann vorläufig am In- Kraft- Treten gehindert werden, wenn die Nachteile, die mit seinem In-Kraft-Treten nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, in Ausmaß und Schwere die Nachteile deutlich überwiegen, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten. Bei dieser Folgenabwägung seien die Auswirkungen auf alle von dem Gesetz Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur bezogen auf den Antragsteller.
Wenn aber selbst das zur Prüfung berufene BVerfG bei seinen Entscheidungen größte Zurückhaltung für geboten hält, wenn es letztlich um die Nichtanwendung eines Gesetzes geht, so gilt dies erst recht für die Rechtsprechung der Instanzgerichte, die wie bei jeder rechtsprechenden Tätigkeit der staatlichen Gerichte im Sinne von Art. 92 GG nach Art. 20 Abs. 3 GG an "Gesetz und Recht" gebunden ist (vgl. Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. zum Grundgesetz, Art. 20 - VI. Die Verfassungsgrundsätze des Art. 20 III - Rn.71). Da der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt ist, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II europa- bzw. völkerrechtswidrig ist (oder anderweitig gegen höherrangiges Recht verstößt), ist deshalb in einer solchen Konstellation auch für eine Folgenabwägung kein Raum (in diesem Sinne vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Juni 2012, L 20 AS 1322/12 B ER m. w. N., zitiert nach juris), weil dies die Nichtanwendung der gesetzlichen Ausschlussregelung des § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II und damit letztlich eine unzulässige Durchbrechung des Prinzips der Gewaltenteilung bedeuten würde.
Eine andere Sichtweise würde im Übrigen regelmäßig im einstweiligen Rechtsschutz zu einer umfassenderen Leistungsgewährung führen, als in einem Hauptsacheverfahren durchsetzbar wäre. Während im Hauptsacheverfahren das Gericht die vermeintlich europarechtswidrige oder gar verfassungsrechtswidrige gesetzliche Regelung nicht einfach unter Nichtanwendung dieser Regelung Leistungen zusprechen könnte, sondern beispielsweise bei einer vermeintlichen Verfassungswidrigkeit die Regelung nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen müsste, wäre eine solche Leistungsgewährung im nur "vorläufigen Rechtsschutz" möglich. Dies würde jedoch letztlich regelmäßig zu einem endgültigen Leistungserhalt führen. Denn zum einen werden in Fällen der vorliegenden Art nach der Erfahrung des Gerichts oft gar keine Hauptsacheverfahren bei dem Gericht anhängig gemacht, in denen die Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung und damit der Leistungsanspruch dann endgültig geklärt werden könnte. Zum anderen dürften selbst für den Fall der Feststellung der Wirksamkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II im Hauptsacheverfahren und damit der Feststellung eines nicht bestehenden Leistungsanspruches und eines unrechtmäßigen Leistungserhalts die gewährten Leistungen oft nicht zurück zu erlangen sein. Denn im Hinblick auf die meist fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit der "bedürftigen" Antragsteller und die insbesondere im Ausland zweifelhafte Vollstreckbarkeit eines sich nun erweisenden Erstattungsanspruches des Antragsgegners führt eine Leistungsbewilligung im einstweiligen Rechtsschutz in dieser Konstellation regelmäßig letztlich zu einem endgültigen Leistungserhalt und damit zur Vorwegnahme der Hauptsache (vergleiche hierzu Beschluss des erkennenden Senats vom 21. September 2012, Aktenzeichen L 29 AS 1628/12 B ER, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen).
Danach ist abschließend festzustellen, dass jedenfalls zumindest aufgrund des anzuwendenden Leistungsausschlusses § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches nicht gelungen ist.
Dem Antragsteller war Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG i.V.m. § 119 Absatz 1 S. 2 ZPO ohne Prüfung zu bewilligen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, weil der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.
Durch diesen Beschluss hat sich der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts (§ 199 Abs. 2 SGG) erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt J R, M Straße, B, beigeordnet. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1976 geborene Antragsteller ist polnischer Staatsbürger und nach seinen eigenen Angaben im Frühjahr 2011 zum Zwecke der Arbeitsaufnahme in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Mit der B P Hservice GmbH schloss der Antragsteller einen vom 22. Juni 2011 bis zum 21. September 2011 befristeten Arbeitsvertrag. Ausweislich vorgelegter Verdienstabrechnungen für die Monate Juli, August und September 2011 war der Antragsteller in diesen Monaten bei der B P Hservic GmbH mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt und erhielt Nettoarbeitsentgelte von 459,32 EUR (Juli 2011), 632,60 EUR (August 2011) und 503,35 EUR (September 2011). Nach einer Gewerbeanmeldung vom 30. Januar 2012 meldete der
Antragsteller an diesem Tag bei dem Bezirksamt Mitte von Berlin ein Gewerbe mit der Tätigkeit "Trockenbau" an, welches er nach der Gewerbeabmeldung vom 26. November 2012 mit diesem Datum wieder abmeldete.
Am 22. März 2013 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Im Antragsverfahren legte er eine schriftliche Erklärung der Bundesagentur für Arbeit vom 25. März 2013 vor, nach der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I nicht bestehe und ein Bewerberangebot (für den Antragsteller) nicht aufgenommen worden sei.
Mit Bescheid vom 27. März 2013 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II ab. Hiergegen erhob der Antragsteller mit der Begründung
Widerspruch, er habe durch seine Tätigkeit für die B P Hservice GmbH einen Arbeitnehmerstatus erworben und leite sein Aufenthaltsrecht daher nicht lediglich aus einer Arbeitsuche ab.
Diesen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2013 zurück. Der Antragsteller habe insbesondere kein fortwirkendes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU erworben, da die nichtselbständige Tätigkeit am 21. September 2011 geendet habe und ein sich hieraus ergebendes Aufenthaltsrecht am 21. März 2013 abgelaufen sei. Auch aus einer selbständigen Tätigkeit sei kein Aufenthaltsrecht erwachsen, da die Tätigkeit weniger als ein Jahr angedauert habe.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller am 23. Mai 2013 Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben (S 93 AS 12674/13) und am 5. Juni 2013 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistungsgewährung beantragt. Er sei mehr als ein Jahr in Deutschland tätig gewesen und habe daher ein fortwirkendes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU. Er habe Tätigkeiten mit einer Gesamtdauer von insgesamt mehr als einem Jahr ausgeübt, wobei es im Rahmen der Regelung gleichgültig sei, ob es sich um abhängige oder selbständige Tätigkeiten gehandelt habe und auch zwischenzeitliche Unterbrechungen seien unerheblich. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation sei er gezwungen gewesen, die selbständige Tätigkeit aufzugeben.
Das Sozialgericht Berlin hat den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab 5. Juni 2013 bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis 30. November 2013, Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 562 EUR monatlich zu gewähren. Es könne dahinstehen, ob der Antragsteller ein fortwirkendes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU habe. Denn jedenfalls stünde einem Leistungsanspruch ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II nicht entgegen. Die sich stellenden Fragen der Europarechtskonformität dieser Ausschlussnorm könnten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geklärt werden, so dass der Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache offen sei und daher eine Folgenabwägung zu treffen sei. Diese Folgenabwägung führe angesichts der Funktion der Leistungen nach dem SGB II - Sicherung einer menschenwürdigen Lebensführung - dazu, dass Leistungen zu bewilligen seien und das rein fiskalische Interesse des Antragsgegners zurücktreten müsse. Sollte sich die Leistungsgewährung später als unrichtig herausstellen, so könne der Antragsgegner immerhin auf den Regressweg verwiesen werden.
Gegen diesen dem Antragsgegner am 12. Juni 2013 per Fax übersandten Beschluss hat der Antragsgegner am 17. Juni 2013 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
Der Antragsteller hat auf Nachfrage des Senats zu Nachweisen für die behauptete selbständigen Tätigkeit als Trockenbauer im Beschwerdeverfahren Kopien einer Einnahmeüberschussrechnung für das Finanzamt Wedding für das Kalenderjahr 2012 vom 29. Mai 2013 mit Betriebseinnahmen in Höhe von 7416 EUR und Rechnungen für den Zeitraum April 2012 bis November 2012 vorgelegt. Im Einzelnen sind dies Rechnungen jeweils über einen "Lieferservice" mit einem "Stundenlohn" an "HP" (Inh. G C) vom 30. April 2012 über 87 Stunden und 609 EUR (Rechnungnummer 01/12), vom 31. Mai 2012 über 93 Stunden und 651 EUR (Rechnungsnummer 02/12), vom 30. Juni 2012 über 112 Stunden und 784 EUR (Rechnungsnummer 03/12), vom 31. Juli 2012 über 27,25 Stunden und 190,75 EUR (Rechnungsnummer 06/12), vom 31. August 2012 über 29 Stunden und 203 EUR (Rechnungsnummer 07/12), vom 30. September 2012 über 33,25 Stunden und 232 EUR (Rechnungsnummer 08/12) und vom 31. Oktober 2012 über 6,5 Stunden und 45,50 EUR (Rechnungsnummer 09/12). Die Rechnungen 04 und 05/12 sind adressiert an Herrn M D und weisen für zeitlich nicht bezifferte "Boden- und Hilfsarbeiten" Pauschalbeträge von 1200 EUR und 1300 EUR aus. Die Rechnungen Nr. 10 und 11/2012 richten sich ebenfalls an Herrn M D, datierend vom 15. und 18. November 2012 und weisen für Bodenarbeiten und Maler-, Fliesen- und Hilfsarbeiten ebenfalls Pauschalbeträge von 1000 EUR und 1200 EUR ohne Angabe des zeitlichen Umfangs auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss den Antragsgegner zu Unrecht vorläufig zur Leistung verpflichtet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten
Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Auch im Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (OVG Hamburg, NVwZ 1990, 975).
Für den Zeitraum bis zur Entscheidung des erkennenden Senates ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Derartige Ansprüche für die Vergangenheit können regelmäßig nicht im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens anerkannt werden. Diese sind in einem Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Etwas Anderes kann nur dann in Betracht kommen, wenn die sofortige Verfügbarkeit von für zurückliegende Zeiträume zu zahlenden Hilfen zur Abwendung eines gegenwärtig drohenden Nachteils erforderlich ist. Hierzu sind Tatsachen jedoch weder glaubhaft gemacht worden, noch sonst für das Gericht ersichtlich.
Darüber hinaus ist auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Zumindest dieser fehlende Anordnungsanspruch steht der begehrten einstweiligen Anordnung auch für die Zukunft entgegen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Ausgenommen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitneh- mer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt (§ 7 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB II).
Nach diesen Regelungen ist der begehrte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht überwiegend wahrscheinlich im Sinne der Legaldefinition des § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X und damit nicht glaubhaft gemacht.
Ob die einzelnen Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach § 7 SGB II vorliegen würden kann dahinstehen, weil der Antragsteller jedenfalls nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen wäre, da für ihn als Ausländer vorliegend ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allenfalls zum Zweck der Arbeitsuche in Betracht kommt.
Schon am Bestehen eines Aufenthaltsrechts zum Zweck der Arbeitsuche bestehen Zweifel, nachdem der Antragsteller selbst nach seinen eigenen Erklärungen zumindest seit November 2012 einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgegangen ist und eine konkrete Arbeitssuche nicht einmal behauptet wird. Hierzu verweist der Senat auf den Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. August 2012 (3 B 202/12 m.w.N., zitiert nach juris), wonach für eine Arbeitsuche zwar keine starren Fristen gelten, ein unbeschränktes Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt jedoch auch nicht gewährt wird. Deshalb seien nach Ablauf eines Zeitraums von sechs Monaten sogar aufenthaltsbeendigende Maßnahmen grundsätzlich zulässig, wenn der Unionsbürger nicht nachweisen könne, mit konkreter Aussicht auf Erfolg nach Arbeit gesucht zu haben. Vorliegend sind seit der Aufgabe der Erwerbstätigkeit weit über sechs Monate vergangen, ohne dass eine Arbeitsuche mit konkreter Aussicht auf Erfolg ersichtlich wäre, so dass deshalb schon ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche kaum als glaubhaft gemacht angesehen werden könnte.
Ob ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche tatsächlich besteht, kann bei einem dann nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greifenden Leistungsausschluss jedoch dahinstehen.
Ein anderes Aufenthaltsrecht des Antragstellers lässt sich jedenfalls nicht erkennen.
Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2004, 1950, 1986) haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.
Gemäß § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU in der seit dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 86) sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt: 1. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen, 2. Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), 3. Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, 4. Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, 5. nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4, 6. Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4, 7. Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Freizügigkeitsgesetz/EU bleibt das Recht nach Absatz 1 für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei
1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Freizügigkeitsgesetz/EU).
Nach diesen Regelungen ist eine Freizügigkeitsberechtigung und ein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland für den Antragsteller insbesondere nicht aufgrund einer selbständigen Tätigkeit oder als Arbeitnehmer ersichtlich. Denn jedenfalls seit Ende November 2012 übt der Antragsteller weder als Arbeitnehmer noch selbständig eine Erwerbstätigkeit aus.
Er verfügt auch nicht über ein fortwirkendes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU.
Für den hier streitigen Zeitraum seit Antragstellung beim Sozialgericht (5. Juni 2013) kommt ein fortwirkendes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU schon deshalb nicht in Betracht, weil seit der Beendigung der letzten Erwerbstätigkeit im November 2012 mehr als sechs Monate verstrichen sind.
Auch ein Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU ist vorliegend nicht glaubhaft gemacht.
Hier ist zunächst anzumerken, dass schon Zweifel an Art und Umfang der behaupteten selbständigen Erwerbstätigkeit im Zeitraum von Januar 2012 bis November 2012 angebracht sind. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Antragsteller ausweislich der Gewerbeanmeldung vom 30. Januar 2012 und entsprechend seines bisherigen Vortrages eine selbständige Erwerbstätigkeit im Bereich "Trockenbau" angemeldet und ausgeübt haben will. Diese Behauptung steht jedoch zumindest teilweise im Widerspruch zu den nunmehr vorgelegten Unterlagen. Nach den erst auf Anforderung des Gerichts im Beschwerdeverfahren vorgelegten "Rechnungen" hat er im Zeitraum vom 1. April 2012 (Rechnung Nr. 01/2012) bis zum 31. Oktober 2012 (Rechnung Nr. 09/2012) ausschließlich für H P mit einem "Stundenlohn" den Lieferservice übernommen. Lediglich in den Monaten Juni 2012 (Rechnungen 04 und 05/2012) und November 2012 (Rechnungen 10 und 11/2012) rechnete der Antragsteller Tätigkeiten ab (beispielsweise "Boden- und Hilfsarbeiten") die eventuell dem angemeldeten Gewerbe als Trockenbauer zugerechnet werden könnten. Danach ist schon zweifelhaft, ob zumindest in der Zeit von April 2012 bis Oktober 2012, in der der Antragsteller fast ausschließlich für H P als Auslieferungsfahrer tätig war, überhaupt von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen wäre.
Außerdem sind Zweifel an dem Beweiswert der vorgelegten "Rechnungen" angebracht. Hierbei handelt es sich erkennbar weder um Originalrechnungen, noch um Durchschriften von Originalrechnungen, sondern lediglich um nicht unterschriebene Computerausdrucke. Bemerkenswert ist insoweit, dass auf diesen Rechnungen jeweils mit einem Datum einige Tage nach dem Rechnungsdatum der Satz enthalten ist "Bar Geld am erhalten". Damit ist weder das Stellen einer Rechnung noch der Erhalt des Rechnungsbetrages durch einen Originalbeleg (Quittung, Kontoauszug etc.) dokumentiert.
Letztlich kann dies jedoch alles dahinstehen, da der Antragsteller jedenfalls nicht "mehr als ein Jahr Tätigkeit" im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU zurückgelegt hat. Selbst bei der Annahme einer Glaubhaftmachung von Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit in dem Zeitraum vom 1. April 2012 (Rechnung Nr. 01/2012) bis einschließlich November 2012 (Rechnung Nr. 11/2012) durch die vorgelegten "Rechnungen" und einer Zusammenrechnung dieser Zeiten mit den Zeiten als Arbeitnehmer könnte nur von einer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit innerhalb von April 2012 bis November 2012, d.h. von acht Monaten, als Selbständiger ausgegangen werden und es ergäbe sich unter Hinzurechnung der drei Monate als Arbeitnehmer im Jahre 2011 nur insgesamt ein Zeitraum von elf Monaten, also unter einem Jahr.
Darüber hinaus hat der Antragsteller weder eine Bestätigung der zuständigen Agentur für Arbeit über eine unfreiwillig eingetretener Arbeitslosigkeit vorgelegt, noch ist ersichtlich, dass er eine selbständige Tätigkeit aufgrund von Umständen eingestellt hat, auf die er keinen Einfluss hatte.
Allein die Behauptung des Antragstellers, aufgrund der wirtschaftlichen Situation sei er hierzu gezwungen gewesen, genügt zu einer Glaubhaftmachung nicht annähernd aus. So hat beispielsweise schon das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss vom 3. November 1995 (18 B 815/94, m.w.N., zitiert nach juris) darauf hingewiesen, dass die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit eine ernst zu nehmende Gewinnerzielungsabsicht erfordert, die sich nicht allein in verbalen Äußerungen erschöpfen darf, sondern auch in der tatsächlichen Umsetzung des verfolgten Zieles manifestieren muss. Im vorliegenden Fall wäre daher, entsprechend der Anforderungen zum Nachweis einer konkreten Arbeitssuche, zu erwarten, dass der Antragsteller sich als Selbständiger um Aufträge bemühte und diese Bemühungen beispielsweise durch Vorlage entsprechender Unterlagen (Anschreiben, Zeitungsannoncen, Absageschreiben etc.) auch belegt.
Würde im Übrigen bei einem ehemals selbstständig Tätigen allein die Behauptung ausreichen, er habe keinen Einfluss auf die Umstände gehabt, die zur Aufgabe der selbständigen Tätigkeit führten, so würde dies zu einer Privilegierung gegenüber einem unfreiwillig arbeitslos gewordenen Arbeitnehmer führen, da dieser sogar eine entsprechende Bestätigung der Agentur für Arbeit beibringen muss, um in den Genuss des § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU zu gelangen.
Lässt sich danach aber ein Aufenthaltsrecht allenfalls aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, so greift der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist nach Ansicht des Senats § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch anwendbar.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass er eine Europarechtswidrigkeit dieser Regelung nicht feststellen kann. Im Anschluss an die Entscheidung des 20. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 29. Februar 2012 ( L 20 AS 2347/11 B ER, zitiert nach juris) hat der Senat schon mehrfach darauf hingewiesen (unter anderen in den Beschlüssen vom 5. März 2012, L 29 AS 414/12 B ER, vom 7. Juni 2012, L 29 AS 920/12 B ER, vom 12. Juni 2012, L 29 AS 914/12 B ER, vom 22. Juni 2012, L 29 AS 1252/12 B ER und vom 9. November 2012, L 29 AS 1782/12 B ER, jeweils zitiert nach juris), dass nur eine Überzeugung von der Europarechtswidrigkeit dieser Regelung ausnahmsweise berechtigen könnte, dieses formelle Gesetz nicht anzuwenden. Die Nichtanwendung eines in Kraft getretenen Gesetzes (hier § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II) stellt einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar (vgl. zur Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009, 1 BvR 2492/08, zitiert nach juris) und birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG). Nicht zuletzt deshalb ist nach Art. 100 des Grundgesetzes ein Gesetz auch nur dann nicht anzuwenden und das Verfassungsgericht anzurufen, wenn das zur Entscheidung berufene Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist. Dieser Maßstab gilt nach Ansicht des Senats auch bei einer vermeintlichen Europarechtswidrigkeit der anzuwendenden einfachgesetzlichen Regelung. Es wäre ein eklatanter Wertungswiderspruch, wenn lediglich "Zweifel" an der Vereinbarkeit einer einfachgesetzlichen Norm mit der Verfassung noch zur Anwendung des Gesetzes führen, solche Zweifel im Hinblick auf Europarechtliche Regelungen, die nicht einmal den Rang von Verfassungsrecht haben, aber zur Nichtanwendung der gesetzlichen Regelung berechtigen würden. Entsprechend kann eine Nichtanwendung allenfalls dann in Betracht kommen, wenn das erkennende Gericht zu der Überzeugung eines Verstoßes der anzuwendenden Regelung gegen höherrangiges europäisches Recht kommt.
Eine solche Überzeugung von einem Verstoß des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gegen Recht der Europäischen Union konnte und kann der Senat aus den in den oben genannten Beschlüssen genannten Gründen nicht gewinnen.
Insbesondere in seinem oben genannten Beschluss vom 9. November 2012 (L 29 AS 1782/12 B ER, zitiert nach juris) hat der Senat ausführlich dargelegt, dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vielmehr europarechtskonform ist (vgl. so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2012, L 5 AS 2157/11 B ER, Beschluss vom 2. August 2012, L 5 AS 1297/12 B ER, Beschluss vom 29. Februar 2012, L 20 AS 2347/11 B ER, Urteil vom 17. April 2012, L 20 AS 618/10, Beschluss vom 12. Juni 2012, L 20 AS 2/12 B ER, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012, L 3 AS 1477/11 (anhängig BSG, B 4 AS 54/12 R), LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Februar 2010, L 15 AS 30/10 B ER, Beschluss vom 23. Mai 2012, L 9 AS 347/12 B ER, aA LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2011, L 14 AS 148/11 B ER, 30. November 2010, L 34 AS 1501/10 B ER, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. November 2011, L 5 AS 406/11 B ER, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Oktober 2011, L 12 AS 3938/11 ER B, LSG Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 11. August 2011, L 15 AS 188/11 B ER, Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Juli 2011, L 7 AS 107/11 B ER, jeweils zitiert nach juris).
Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist insbesondere mit der seit 1. Mai 2010 geltenden Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union L 166, S. 1, im Folgenden: VO 883/2004) vereinbar und mit Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl L 158, S. 77, 112, vgl. zur Vereinbarkeit von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit der Unionsbürgerrichtlinie LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2012, L 5 AS 2157/11 B ER, Beschluss vom 21. Juni 2012, L 20 AS 1322/12 B ER, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012, L 3 AS 1477/11, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Februar 2010, L 15 AS 30/10 B ER). Zudem verstößt § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch nicht gegen Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) vom 11.
Dezember 1953 (BGBl. II 1956, S. 564) als unmittelbar geltendes Bundesrecht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 23/10 R), da aufgrund des von der Bundesregierung mit Wirkung vom 19. Dezember 2011 unter Berufung auf Art. 16 b EFA für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erklärten Vorbehalts, ein Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II erfolgte. Der Senat verweist insoweit auf seine bisherige Rechtsprechung, insbesondere die oben genannten Beschlüsse, und sieht von einer Wiederholung der Ausführungen hierzu ab.
Schließlich sieht der Senat trotz entgegenstehender Rechtsprechung anderer Senate des hiesigen Landessozialgerichts zur Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. April 2012, L 14 AS 763/ 12 B ER, Beschluss vom 29. Juni 2012, L 14 AS 1460/12 B ER, Beschluss vom 23. Mai 2012, L 19 AS 1106/12 B ER, Beschluss vom 23. Mai 2012, L 25 AS 837/12 B ER, Beschluss vom 14. August 2012, L 16 AS 568/12 B ER, jeweils zitiert nach juris) bzw. anderer Landessozialgerichte (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 14. August 2012, L 16 AS 568/12 B ER, LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. August 2012, L 3 AS 250/12 B ER, jeweils zitiert nach juris) wegen der nicht feststellbaren Europarechts- bzw. Völkerrechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses auch nicht die Möglichkeit einer Entscheidung über eine Folgenabwägung.
Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seine Entscheidungen zu existenzsichernden Leistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei offenen Erfolgsaussichten grundsätzlich auf Grundlage einer Folgenabwägung trifft (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, zitiert nach juris), kommt in der vorliegenden Konstellation eine Folgenabwägung aus den bereits oben genannten Gründen für die Instanzgerichte jedenfalls nicht in Betracht.
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass Entscheidungen des BVerfG nach § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) erfolgen und daher aufgrund einer Regelung, die dem hier anzuwendenden § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) weder systematisch noch inhaltlich entspricht. So entscheidet das BVerfG beispielsweise grundsätzlich ohne Berücksichtigung der Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden (ständige Rechtsprechung, u.a. Beschluss vom 22. März 2005, 1 BvQ 2/05, 1 BvR 2357/04, m.w.N., zitiert nach juris) während die Sozialgerichte bei der Anwendung des § 86 b SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) insbesondere die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches zu prüfen haben. Außerdem binden die Entscheidungen des BVerfG als "oberster Hüter der Verfassung" (vgl. Maunz in Maunz/Dürig, Komm. zum Grundgesetz, Art. 94 Rn.3) die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden (vgl. § 31 Abs. 1 BVerfGG) und haben teilweise sogar selbst Gesetzeskraft (vgl. § 31 Abs. 2 BVerfGG).
Selbst das mit diesen weitreichenden Kompetenzen ausgestattete BVerfG legt aber bei seiner Folgenabwägung besonders strenge Maßstäbe an, wenn die Aussetzung des Vollzuges eines Gesetzes begehrt wird (u.a. Beschluss vom 22. März 2005, 1 BvQ 2/05, 1 BvR 2357/04, a.a.O., m.w.N.). Auch das BVerfG dürfe von seiner Befugnis, dass In-Kraft-Treten eines Gesetzes zu verzögern, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, da der Erlass einer solchen
einstweiligen Anordnung stets ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers sei. Ein Gesetz dürfe deshalb nur dann vorläufig am In- Kraft- Treten gehindert werden, wenn die Nachteile, die mit seinem In-Kraft-Treten nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, in Ausmaß und Schwere die Nachteile deutlich überwiegen, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten. Bei dieser Folgenabwägung seien die Auswirkungen auf alle von dem Gesetz Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur bezogen auf den Antragsteller.
Wenn aber selbst das zur Prüfung berufene BVerfG bei seinen Entscheidungen größte Zurückhaltung für geboten hält, wenn es letztlich um die Nichtanwendung eines Gesetzes geht, so gilt dies erst recht für die Rechtsprechung der Instanzgerichte, die wie bei jeder rechtsprechenden Tätigkeit der staatlichen Gerichte im Sinne von Art. 92 GG nach Art. 20 Abs. 3 GG an "Gesetz und Recht" gebunden ist (vgl. Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. zum Grundgesetz, Art. 20 - VI. Die Verfassungsgrundsätze des Art. 20 III - Rn.71). Da der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt ist, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II europa- bzw. völkerrechtswidrig ist (oder anderweitig gegen höherrangiges Recht verstößt), ist deshalb in einer solchen Konstellation auch für eine Folgenabwägung kein Raum (in diesem Sinne vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Juni 2012, L 20 AS 1322/12 B ER m. w. N., zitiert nach juris), weil dies die Nichtanwendung der gesetzlichen Ausschlussregelung des § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II und damit letztlich eine unzulässige Durchbrechung des Prinzips der Gewaltenteilung bedeuten würde.
Eine andere Sichtweise würde im Übrigen regelmäßig im einstweiligen Rechtsschutz zu einer umfassenderen Leistungsgewährung führen, als in einem Hauptsacheverfahren durchsetzbar wäre. Während im Hauptsacheverfahren das Gericht die vermeintlich europarechtswidrige oder gar verfassungsrechtswidrige gesetzliche Regelung nicht einfach unter Nichtanwendung dieser Regelung Leistungen zusprechen könnte, sondern beispielsweise bei einer vermeintlichen Verfassungswidrigkeit die Regelung nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen müsste, wäre eine solche Leistungsgewährung im nur "vorläufigen Rechtsschutz" möglich. Dies würde jedoch letztlich regelmäßig zu einem endgültigen Leistungserhalt führen. Denn zum einen werden in Fällen der vorliegenden Art nach der Erfahrung des Gerichts oft gar keine Hauptsacheverfahren bei dem Gericht anhängig gemacht, in denen die Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung und damit der Leistungsanspruch dann endgültig geklärt werden könnte. Zum anderen dürften selbst für den Fall der Feststellung der Wirksamkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II im Hauptsacheverfahren und damit der Feststellung eines nicht bestehenden Leistungsanspruches und eines unrechtmäßigen Leistungserhalts die gewährten Leistungen oft nicht zurück zu erlangen sein. Denn im Hinblick auf die meist fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit der "bedürftigen" Antragsteller und die insbesondere im Ausland zweifelhafte Vollstreckbarkeit eines sich nun erweisenden Erstattungsanspruches des Antragsgegners führt eine Leistungsbewilligung im einstweiligen Rechtsschutz in dieser Konstellation regelmäßig letztlich zu einem endgültigen Leistungserhalt und damit zur Vorwegnahme der Hauptsache (vergleiche hierzu Beschluss des erkennenden Senats vom 21. September 2012, Aktenzeichen L 29 AS 1628/12 B ER, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen).
Danach ist abschließend festzustellen, dass jedenfalls zumindest aufgrund des anzuwendenden Leistungsausschlusses § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches nicht gelungen ist.
Dem Antragsteller war Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG i.V.m. § 119 Absatz 1 S. 2 ZPO ohne Prüfung zu bewilligen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, weil der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.
Durch diesen Beschluss hat sich der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts (§ 199 Abs. 2 SGG) erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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