Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 22 AS 128/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 568/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. aus H. bewilligt.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer wendet sich gegen ein Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg (SG), das ihn im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, die anteiligen Unterkunftskosten der Antragstellerin für die im Mai 2013 bezogene Wohnung in der N-straße, ... Etage rechts, in T., sowie die Kosten für den Umzug dorthin zu übernehmen.
Die 1956 geborene alleinstehende Antragstellerin bezieht vom Antragsgegner laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Aus einer Nebenbeschäftigung erzielt sie ein monatliches Einkommen in wechselnder Höhe (bis zu 100 EUR). Sie bewohnte alleine eine 50,9 m² große Wohnung in der S.-straße in T., für die sie eine monatliche Gesamtmiete von 274,26 EUR zu zahlen hatte.
Mit Bewilligungsbescheid vom 3. September 2012 bewilligte der Antragsgegner für den Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013 monatliche Leistungen iHv 648,26 EUR. Dabei gewährte er die Wohnkosten vollständig als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU). Mit Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2012 verringerte er die Leistungsbewilligung für Januar und Februar 2013, da in diesen Monaten ein Betriebskostenguthaben zur Anrechnung gelangte. Für März 2013 erhöhte er die Leistung auf insgesamt 656,26 EUR.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Q. vom 4. Dezember 2012 wurde der Antragstellerin für ihre Enkelkinder L. R., geboren am ... 2007, und P. R., geboren am ... 2009, die Vormundschaft übertragen, da die Eltern zur Erziehung nicht in der Lage seien. Seit dem 5. Dezember 2012 wohnten die Kinder, die zuvor in einer Pflegefamilie untergebracht waren, mit in der Wohnung in der S.-straße.
Am 13. Dezember 2012 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Zusicherung zur Übernahme der KdU für eine neue Wohnung. Sie beabsichtige, Anfang Januar 2013 umzuziehen. Wegen der Aufnahme ihrer Enkelkinder benötige sie eine größere Wohnung. Ihrem Antrag fügte sie eine Kopie des Beschlusses des Amtsgerichtes sowie drei Wohnungsangebote ihrer bisherigen Vermieterin, der Wohnungsgenossenschaft T., bei. Sie bezogen sich auf 71,8 m² große Wohnungen in der N-straße in T., für die Gesamtmieten zwischen 500 und 511 EUR zu bezahlen waren. Die Antragstellerin gab an, sie interessiere besonders die Wohnung in der N.- straße, ... Etage rechts. Für diese war eine Gesamtmiete iHv 500 EUR (Grundmiete iHv 326 EUR, Müllpauschale iHv 5,76 EUR, Vorauszahlungen für Betriebskosten iHv 33,24 EUR, für Wasser iHv 45 EUR, für Heizung einschließlich Warmwasser iHv 90 EUR) zu zahlen.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Zusicherung ab. Wegen der Aufnahme der Enkelkinder in den Haushalt sei der Umzug erforderlich. Jedoch entsprächen die Mietangebote nicht seinen Richtlinienwerten. Daher könne dem Umzug nicht zugestimmt werden. Es würden keine Kosten für den Umzug und die Kaution übernommen. Wenn sie gleichwohl umziehe, würden maximal die bisherigen KdU berücksichtigt werden. Dagegen legte die Antragstellerin am 5. Januar 2013 Widerspruch ein, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden worden ist.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 9. Januar 2013 senkte der Antragsgegner die Leistungsbewilligung für die Monate Februar und März 2013 erneut ab. Er berücksichtigte nunmehr nur noch 1/3 der Aufwendungen für die bisherige Wohnung iHv 91,42 EUR. Zugleich bewilligte er der Antragstellerin einen Mehrbedarf für Alleinerziehung.
Am 17. Januar 2013 hat die Antragstellerin beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Übernahme der Umzugskosten und Berücksichtigung der nach dem Umzug tatsächlich anfallenden KdU für die Wohnung in der N.-Straße. gestellt. Die vom Antragsgegner vorgegebenen Höchstwerte für die KdU beruhten nicht auf einem schlüssigen Konzept und seien zu niedrig. Sie könne keine dementsprechende Wohnung in T. finden Die vorgelegten Mietangebote hätten nur einen einfachen Wohnstandard. Ein Abwarten und eine weitere Suche seien nicht möglich, da die Wohnsituation unzumutbar sei. Sie sei auf den Wohnungsmarkt der Stadt T. beschränkt, weil die Kinder ihr soziales Umfeld beibehalten sollten und sie ihre Arbeitsstelle in T. habe. Da sie keine Fahrerlaubnis habe, sei sie nur eingeschränkt mobil.
Der Antragsgegner hat eine von der Fa. A. mbH (Ham.) erstellte "Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten im Landkreis H." aus dem Juli 2012 vorgelegt. Dabei handele es sich um sein sog. schlüssiges Konzept, das zum 1. August 2012 in Kraft getreten sei. Danach sei in der Stadt T. für einen Dreipersonenhaushalt eine Wohnfläche von 60 bis zu 75 m² und eine Bruttokaltmiete von bis zu 357,75 EUR zuzüglich Heizkosten von bis zu 106,50 EUR angemessen. Die von der Antragstellerin vorgelegten Wohnungsangebote überstiegen mit Bruttokaltmieten von mindestens 410 EUR die Angemessenheitsgrenze beträchtlich, sodass eine Zustimmung nicht erteilt werden könne. Entgegen den Angaben der Antragstellerin seien auf dem Wohnungsmarkt in T. Wohnungen den Vorgaben entsprechende Wohnungen verfügbar. Er hat drei Wohnungsangebote vorgelegt: Bei zwei Wohnungen handelt es sich um ca. 60 m² große Zweieinhalbzimmerwohnungen mit Bruttokaltmieten iHv 344 EUR und 337 EUR; für eine 58 m² große Dreizimmerwohnung wird eine Bruttokaltmiete iHv 327,70 EUR gefordert.
Dazu hat die Antragstellerin ausgeführt, diese Angebote richteten sich an Zweipersonenhaushalte, die eine Wohnfläche von bis zu 60 m² beanspruchen könnten, und erfüllten ihre Bedürfnisse an die Wohnungsgröße nicht. Zudem befänden sich die Wohnungen in einem schlechten technischen und baulichen Zustand.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins hat das SG mit Beschluss vom 22. März 2013 eine einstweilige Anordnung erlassen und den Antragsgegner verpflichtet, vorläufig die für die Wohnung in der N-Straße anteilig auf die Antragstellerin entfallenden Kosten im Rahmen der KdU zu berücksichtigen und die Übernahme der Umzugskosten zum Bezug dieser Wohnung zuzusichern. Ein Anordnungsgrund sei gegeben, denn der Umzug in eine größere Wohnung sei dringend. Es bestehe auch ein Anordnungsanspruch. Die Angemessenheitswerte des Antragsgegners beruhten nach den dem SG bekannten Daten nicht auf einem den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) entsprechenden schlüssigen Konzept. Daher stellten diese Werte keine taugliche Begrenzung der KdU dar. Es sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, das wegen seiner Eilbedürftigkeit keine Nachbesserung eines Konzeptes zulasse, auf die Tabellenwerte nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) – erhöht um einen Sicherheitszuschlag von 10 % – abzustellen. Ausgehend von dem Tabellenwert für einen Dreipersonenhaushalt iHv 451 EUR ergebe sich ein Betrag iHv 496,10 EUR als Angemessenheitsgrenze. Diese erreichten die Kosten für die von der Antragstellerin bevorzugte Wohnung nicht. Auch die Vorauszahlungen für die Heizkosten seien angemessen. Der Antragsgegner habe den Vortrag der Antragstellerin, sie habe keine preisgünstigere Wohnung finden können, nicht entkräftet, denn die von ihm vorgelegten Angebote hätten Wohnflächen von 58 bis 60 m² gehabt und entsprächen nicht seiner Vorgabe von 60 bis 75 m² für einen Dreipersonenhaushalt. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten ergebe sich aus § 22 Abs. 6 SGB II. Der Umzug sei erforderlich, da sich der Raumbedarf der Antragstellerin nach dem Einzug der beiden Kinder erhöht habe. Da die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zusicherung vorlägen, habe der Antragsgegner allenfalls einen eingeschränkten Ermessensspielraum bei der Entscheidung über die Übernahme von Umzugskosten. Diese seien zu übernehmen, da kein atypischer Fall vorliege.
Dagegen hat der Antragsgegner am 17. April 2013 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die Bruttokaltmiete der von der Antragstellerin bevorzugten Wohnung überschreite seine Angemessenheitswerte, die auf einem schlüssigen Konzept beruhten. Dies habe bereits das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz zu einem vom selben Unternehmen nach denselben Vorgaben erstellten Konzept für den Landkreis B.-P festgestellt. Die Einteilung in Wohnungsmarkttypen diene lediglich dazu, für einzelne Gemeinden mit ähnlich strukturierten Wohnungsmärkten seines Landkreises, der insgesamt den Vergleichsraum darstelle, repräsentative Werte zu ermitteln. Die von ihm vorgelegten Mietangebote seien für einen Dreipersonenhaushalt geeignet und nach der Wohnfläche angemessen.
Der Antragsgegner hat jeweils vorläufig, unter Vorbehalt des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens, mit Bescheid vom 11. April 2013 Umzugskosten iHv 872,27 EUR in Form eines Wertgutscheins und mit Bescheid vom 22. April 2013 Leistungen für die Monate Mai bis September 2013 iHv 686,18 EUR/Mt. – darin enthalten anteilige KdU iHv 166,66 EUR – bewilligt.
Auf den Hinweis der Berichterstatterin mit Schreiben vom 27. Mai 2013, ein fehlendes tatsächliches Angebot an kostenangemessenen Unterkunftsalternativen könne dazu führen, dass die Aufwendungen für die nunmehr angemietete Wohnung als konkret angemessen zu erachten seien, hat der Antragsgegner ausgeführt, er habe verfügbaren angemessenen Wohnraum nachgewiesen. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch darauf, die Wohnflächengrenze von 75 m² auszuschöpfen. Dies sei angesichts des Alters der Kinder nicht erforderlich. Es wäre ihr zumutbar gewesen, über einen längeren Zeitraum nach einer passenden Wohnung zu suchen. Er führe einen eigenen "Mietpool" mit Wohnungsangeboten. Dort seien zum Stichtag 21. Juni 2013 sechs Wohnungen in T. mit Wohnflächen zwischen 58 und 75 m² verzeichnet gewesen, die den Angemessenheitswerten entsprächen.
Der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. März 2013 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Enkelkinder der Antragstellerin erhalten seit Mai 2013 vom Sozialamt des Antragsgegners Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) iHv 237,66 bzw. 206,66 EUR monatlich unter Berücksichtigung der anteiligen Unterkunftskosten. Zudem bezieht die Antragstellerin für sie Kindergeld iHv je 184 EUR/Mt. Sie hat am 31. Mai 2013 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners und die "Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten im Landkreis H." ergänzend Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des SG ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der Beschwerdewert von 750 EUR ist überschritten, denn der Antragsgegner hat aufgrund der ihm auferlegten Leistungsverpflichtung allein Umzugskosten iHv 872,27 EUR vorläufig gewährt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur vorläufigen Leistungsgewährung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes liegen vor. Das SG hat dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin im tenorierten Umfang zu Recht entsprochen. Der Antragsgegner ist verpflichtet, die vollständigen Kosten für die von der Antragstellerin nunmehr bezogene Wohnung bei der Bewilligung der KdU zu berücksichtigen sowie ihre angefallenen notwendigen Umzugskosten vorläufig zu übernehmen.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b RN 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden.
Ein Anordnungsgrund besteht, denn es war der Antragstellerin in der konkreten Wohnsituation nicht zumutbar, längerfristig – für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens – in ihrer bisherigen Wohnung zu verbleiben. Nach Aufnahme der beiden Enkelkinder in den Haushalt der Antragstellerin war ihre knapp 51 m² große Wohnung für drei Personen zu klein.
Vorliegend ist auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner war – nach der vorläufigen Einschätzung des Senats – zur Erteilung der Zustimmung nach § 22 Abs. 4 SGB II verpflichtet, denn der Umzug war erforderlich, und die Aufwendungen für die neue Unterkunft sind angemessen. Wegen der Erforderlichkeit des Bezugs einer größeren Wohnung besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Die Aufwendungen für die neue Unterkunft sind auch angemessen. Vorliegend kommt es rechtlich zur Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten allein auf den Unterkunftsbedarf der Antragstellerin sein, denn nur für diese hat der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II zu erbringen. Die beiden haushaltsangehörigen Kinder unterfallen nicht dem SGB II-Leistungssystem. Ihr Lebensunterhalt wird aktuell aus Kindergeld und Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII sichergestellt.
Dementsprechend ist zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche allein auf die Antragstellerin abzustellen. Diese beträgt in Sachsen-Anhalt für Einpersonenhaushalte 50 m². Denn nach der Rechtsprechung des BSG kann die Frage der Angemessenheit von Unterkunftskosten stets nur im Hinblick auf den SGB II-Leistungsberechtigten und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, Az.: B 14/11b AS 61/06 R, juris RN 21; Urteil vom 18. Februar 2010, Az.: B 14 AS 73/08 R, juris RN 23f.).
Denn nur für den Personenkreis der SGB II-Leistungsberechtigten ergeben sich durch das Kriterium der Angemessenheit Begrenzungen. Zwar stellen Wohnraumförderungsbestimmungen regelmäßig auf die Zahl der Haushaltsmitglieder ab. Indes kennt das SGB II die Kategorie der Haushaltsgemeinschaft – abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 5 SGB II – nicht.
Für das Sozialleistungsrecht nach dem SGB II ist die gemeinschaftliche Nutzung einer Wohnung nur dann rechtlich relevant, wenn sie durch eine Bedarfsgemeinschaft iSv § 7 Abs. 3 SGB II erfolgt. Zu einer solchen gehören nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 und Nr. 2 SGB II jedoch nur die in einem Haushalt lebenden Eltern mit ihren unter 25-jährigen Kindern. Ein Zusammenleben von Großeltern mit Enkeln wird von der gesetzlichen Regelung der Bedarfsgemeinschaft nicht erfasst. Die vorliegende familiäre Struktur des Zusammenlebens einer Großmutter mit ihren minderjährigen Enkeln in einem Haushalt stellt keine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II dar.
Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG ist bei Vorliegen einer Personenmehrheit zunächst zu prüfen, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt oder lediglich eine Wohnung von mehreren Personen gemeinschaftlich genutzt wird. Im letzteren Fall sind die für Einzelpersonen geltenden Richtwerte anzuwenden, was sowohl die Wohnflächengrenzen als auch die Unterkunftskosten betrifft. Dies gilt sowohl in Ansehung einer Wohngemeinschaft (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, a.a.O.) als auch für den Fall des Zusammenwohnens eines Elternteils mit einem über 25-jährigen Kind (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, Az.: B 14 AS 14/08 R, juris RN 27). Auch wenn Verwandte, die keine Bedarfsgemeinschaft bilden, eine Wohnung gemeinsam nutzen, handelt es sich lediglich um ein gemeinschaftliches Wohnen im o.g. Sinne mit der Folge, dass für jede Einzelperson der Richtlinienwert der für sie maßgeblichen Wohnungsgröße anzuwenden ist.
Fälschlich sind daher der Antragsgegner und das SG davon ausgegangen, dass für das hier vorliegende familienhafte Zusammenwohnen von drei Personen auch die auf eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft anzuwendenden Angemessenheitskriterien gelten. Dies dürfte nach den obigen Ausführungen aus Rechtsgründen nicht haltbar sein. Vielmehr ist maßgeblich für die Beurteilung der Kosten der neuen Unterkunft und für den auf die Antragstellerin entfallenden 1/3 Mietanteil der auf einen Einpersonenhaushalt mit einer Wohnfläche von 50 m² entfallende Angemessenheitswert. Dieser beträgt nach dem Konzept des Antragsgegners im hier zutreffenden Wohnungsmarkttyp I für die Stadt T. 258,50 EUR (Bruttokaltmiete).
Diesen Wert erreicht der von der Antragstellerin zu zahlende Drittelanteil der KdU bei weitem nicht. Ihr Anteil einschließlich Heizkosten liegt bei 166,67 EUR. Mithin sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen.
Mithin kann vorliegend dahinstehen, ob die Angemessenheitswerte für die KdU des Antragsgegners auf einem, den Vorgaben des BSG entsprechenden, sog. schlüssigen Konzept beruhen. Ebenso ist es rechtlich nicht relevant, inwieweit ein fehlendes tatsächliches Angebot an Wohnungen mit als angemessen erachteten Mietpreisen auf dem Mietwohnungsmarkt der Stadt T. zur konkreten Angemessenheit der nunmehr angemieteten Wohnung geführt hätte, oder ob der Antragstellerin der Bezug einer deutlich kleineren Wohnung, bzw. eine längerfristige Wohnungssuche zuzumuten war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Antragstellerin war antragsgemäß PKH für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen liegen vor. Da der Antragsgegner das Rechtsmittel eingelegt hat, waren die Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. aus H. bewilligt.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer wendet sich gegen ein Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg (SG), das ihn im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, die anteiligen Unterkunftskosten der Antragstellerin für die im Mai 2013 bezogene Wohnung in der N-straße, ... Etage rechts, in T., sowie die Kosten für den Umzug dorthin zu übernehmen.
Die 1956 geborene alleinstehende Antragstellerin bezieht vom Antragsgegner laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Aus einer Nebenbeschäftigung erzielt sie ein monatliches Einkommen in wechselnder Höhe (bis zu 100 EUR). Sie bewohnte alleine eine 50,9 m² große Wohnung in der S.-straße in T., für die sie eine monatliche Gesamtmiete von 274,26 EUR zu zahlen hatte.
Mit Bewilligungsbescheid vom 3. September 2012 bewilligte der Antragsgegner für den Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013 monatliche Leistungen iHv 648,26 EUR. Dabei gewährte er die Wohnkosten vollständig als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU). Mit Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2012 verringerte er die Leistungsbewilligung für Januar und Februar 2013, da in diesen Monaten ein Betriebskostenguthaben zur Anrechnung gelangte. Für März 2013 erhöhte er die Leistung auf insgesamt 656,26 EUR.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Q. vom 4. Dezember 2012 wurde der Antragstellerin für ihre Enkelkinder L. R., geboren am ... 2007, und P. R., geboren am ... 2009, die Vormundschaft übertragen, da die Eltern zur Erziehung nicht in der Lage seien. Seit dem 5. Dezember 2012 wohnten die Kinder, die zuvor in einer Pflegefamilie untergebracht waren, mit in der Wohnung in der S.-straße.
Am 13. Dezember 2012 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Zusicherung zur Übernahme der KdU für eine neue Wohnung. Sie beabsichtige, Anfang Januar 2013 umzuziehen. Wegen der Aufnahme ihrer Enkelkinder benötige sie eine größere Wohnung. Ihrem Antrag fügte sie eine Kopie des Beschlusses des Amtsgerichtes sowie drei Wohnungsangebote ihrer bisherigen Vermieterin, der Wohnungsgenossenschaft T., bei. Sie bezogen sich auf 71,8 m² große Wohnungen in der N-straße in T., für die Gesamtmieten zwischen 500 und 511 EUR zu bezahlen waren. Die Antragstellerin gab an, sie interessiere besonders die Wohnung in der N.- straße, ... Etage rechts. Für diese war eine Gesamtmiete iHv 500 EUR (Grundmiete iHv 326 EUR, Müllpauschale iHv 5,76 EUR, Vorauszahlungen für Betriebskosten iHv 33,24 EUR, für Wasser iHv 45 EUR, für Heizung einschließlich Warmwasser iHv 90 EUR) zu zahlen.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Zusicherung ab. Wegen der Aufnahme der Enkelkinder in den Haushalt sei der Umzug erforderlich. Jedoch entsprächen die Mietangebote nicht seinen Richtlinienwerten. Daher könne dem Umzug nicht zugestimmt werden. Es würden keine Kosten für den Umzug und die Kaution übernommen. Wenn sie gleichwohl umziehe, würden maximal die bisherigen KdU berücksichtigt werden. Dagegen legte die Antragstellerin am 5. Januar 2013 Widerspruch ein, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden worden ist.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 9. Januar 2013 senkte der Antragsgegner die Leistungsbewilligung für die Monate Februar und März 2013 erneut ab. Er berücksichtigte nunmehr nur noch 1/3 der Aufwendungen für die bisherige Wohnung iHv 91,42 EUR. Zugleich bewilligte er der Antragstellerin einen Mehrbedarf für Alleinerziehung.
Am 17. Januar 2013 hat die Antragstellerin beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Übernahme der Umzugskosten und Berücksichtigung der nach dem Umzug tatsächlich anfallenden KdU für die Wohnung in der N.-Straße. gestellt. Die vom Antragsgegner vorgegebenen Höchstwerte für die KdU beruhten nicht auf einem schlüssigen Konzept und seien zu niedrig. Sie könne keine dementsprechende Wohnung in T. finden Die vorgelegten Mietangebote hätten nur einen einfachen Wohnstandard. Ein Abwarten und eine weitere Suche seien nicht möglich, da die Wohnsituation unzumutbar sei. Sie sei auf den Wohnungsmarkt der Stadt T. beschränkt, weil die Kinder ihr soziales Umfeld beibehalten sollten und sie ihre Arbeitsstelle in T. habe. Da sie keine Fahrerlaubnis habe, sei sie nur eingeschränkt mobil.
Der Antragsgegner hat eine von der Fa. A. mbH (Ham.) erstellte "Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten im Landkreis H." aus dem Juli 2012 vorgelegt. Dabei handele es sich um sein sog. schlüssiges Konzept, das zum 1. August 2012 in Kraft getreten sei. Danach sei in der Stadt T. für einen Dreipersonenhaushalt eine Wohnfläche von 60 bis zu 75 m² und eine Bruttokaltmiete von bis zu 357,75 EUR zuzüglich Heizkosten von bis zu 106,50 EUR angemessen. Die von der Antragstellerin vorgelegten Wohnungsangebote überstiegen mit Bruttokaltmieten von mindestens 410 EUR die Angemessenheitsgrenze beträchtlich, sodass eine Zustimmung nicht erteilt werden könne. Entgegen den Angaben der Antragstellerin seien auf dem Wohnungsmarkt in T. Wohnungen den Vorgaben entsprechende Wohnungen verfügbar. Er hat drei Wohnungsangebote vorgelegt: Bei zwei Wohnungen handelt es sich um ca. 60 m² große Zweieinhalbzimmerwohnungen mit Bruttokaltmieten iHv 344 EUR und 337 EUR; für eine 58 m² große Dreizimmerwohnung wird eine Bruttokaltmiete iHv 327,70 EUR gefordert.
Dazu hat die Antragstellerin ausgeführt, diese Angebote richteten sich an Zweipersonenhaushalte, die eine Wohnfläche von bis zu 60 m² beanspruchen könnten, und erfüllten ihre Bedürfnisse an die Wohnungsgröße nicht. Zudem befänden sich die Wohnungen in einem schlechten technischen und baulichen Zustand.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins hat das SG mit Beschluss vom 22. März 2013 eine einstweilige Anordnung erlassen und den Antragsgegner verpflichtet, vorläufig die für die Wohnung in der N-Straße anteilig auf die Antragstellerin entfallenden Kosten im Rahmen der KdU zu berücksichtigen und die Übernahme der Umzugskosten zum Bezug dieser Wohnung zuzusichern. Ein Anordnungsgrund sei gegeben, denn der Umzug in eine größere Wohnung sei dringend. Es bestehe auch ein Anordnungsanspruch. Die Angemessenheitswerte des Antragsgegners beruhten nach den dem SG bekannten Daten nicht auf einem den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) entsprechenden schlüssigen Konzept. Daher stellten diese Werte keine taugliche Begrenzung der KdU dar. Es sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, das wegen seiner Eilbedürftigkeit keine Nachbesserung eines Konzeptes zulasse, auf die Tabellenwerte nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) – erhöht um einen Sicherheitszuschlag von 10 % – abzustellen. Ausgehend von dem Tabellenwert für einen Dreipersonenhaushalt iHv 451 EUR ergebe sich ein Betrag iHv 496,10 EUR als Angemessenheitsgrenze. Diese erreichten die Kosten für die von der Antragstellerin bevorzugte Wohnung nicht. Auch die Vorauszahlungen für die Heizkosten seien angemessen. Der Antragsgegner habe den Vortrag der Antragstellerin, sie habe keine preisgünstigere Wohnung finden können, nicht entkräftet, denn die von ihm vorgelegten Angebote hätten Wohnflächen von 58 bis 60 m² gehabt und entsprächen nicht seiner Vorgabe von 60 bis 75 m² für einen Dreipersonenhaushalt. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten ergebe sich aus § 22 Abs. 6 SGB II. Der Umzug sei erforderlich, da sich der Raumbedarf der Antragstellerin nach dem Einzug der beiden Kinder erhöht habe. Da die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zusicherung vorlägen, habe der Antragsgegner allenfalls einen eingeschränkten Ermessensspielraum bei der Entscheidung über die Übernahme von Umzugskosten. Diese seien zu übernehmen, da kein atypischer Fall vorliege.
Dagegen hat der Antragsgegner am 17. April 2013 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die Bruttokaltmiete der von der Antragstellerin bevorzugten Wohnung überschreite seine Angemessenheitswerte, die auf einem schlüssigen Konzept beruhten. Dies habe bereits das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz zu einem vom selben Unternehmen nach denselben Vorgaben erstellten Konzept für den Landkreis B.-P festgestellt. Die Einteilung in Wohnungsmarkttypen diene lediglich dazu, für einzelne Gemeinden mit ähnlich strukturierten Wohnungsmärkten seines Landkreises, der insgesamt den Vergleichsraum darstelle, repräsentative Werte zu ermitteln. Die von ihm vorgelegten Mietangebote seien für einen Dreipersonenhaushalt geeignet und nach der Wohnfläche angemessen.
Der Antragsgegner hat jeweils vorläufig, unter Vorbehalt des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens, mit Bescheid vom 11. April 2013 Umzugskosten iHv 872,27 EUR in Form eines Wertgutscheins und mit Bescheid vom 22. April 2013 Leistungen für die Monate Mai bis September 2013 iHv 686,18 EUR/Mt. – darin enthalten anteilige KdU iHv 166,66 EUR – bewilligt.
Auf den Hinweis der Berichterstatterin mit Schreiben vom 27. Mai 2013, ein fehlendes tatsächliches Angebot an kostenangemessenen Unterkunftsalternativen könne dazu führen, dass die Aufwendungen für die nunmehr angemietete Wohnung als konkret angemessen zu erachten seien, hat der Antragsgegner ausgeführt, er habe verfügbaren angemessenen Wohnraum nachgewiesen. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch darauf, die Wohnflächengrenze von 75 m² auszuschöpfen. Dies sei angesichts des Alters der Kinder nicht erforderlich. Es wäre ihr zumutbar gewesen, über einen längeren Zeitraum nach einer passenden Wohnung zu suchen. Er führe einen eigenen "Mietpool" mit Wohnungsangeboten. Dort seien zum Stichtag 21. Juni 2013 sechs Wohnungen in T. mit Wohnflächen zwischen 58 und 75 m² verzeichnet gewesen, die den Angemessenheitswerten entsprächen.
Der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. März 2013 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Enkelkinder der Antragstellerin erhalten seit Mai 2013 vom Sozialamt des Antragsgegners Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) iHv 237,66 bzw. 206,66 EUR monatlich unter Berücksichtigung der anteiligen Unterkunftskosten. Zudem bezieht die Antragstellerin für sie Kindergeld iHv je 184 EUR/Mt. Sie hat am 31. Mai 2013 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners und die "Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten im Landkreis H." ergänzend Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des SG ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der Beschwerdewert von 750 EUR ist überschritten, denn der Antragsgegner hat aufgrund der ihm auferlegten Leistungsverpflichtung allein Umzugskosten iHv 872,27 EUR vorläufig gewährt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur vorläufigen Leistungsgewährung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes liegen vor. Das SG hat dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin im tenorierten Umfang zu Recht entsprochen. Der Antragsgegner ist verpflichtet, die vollständigen Kosten für die von der Antragstellerin nunmehr bezogene Wohnung bei der Bewilligung der KdU zu berücksichtigen sowie ihre angefallenen notwendigen Umzugskosten vorläufig zu übernehmen.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b RN 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden.
Ein Anordnungsgrund besteht, denn es war der Antragstellerin in der konkreten Wohnsituation nicht zumutbar, längerfristig – für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens – in ihrer bisherigen Wohnung zu verbleiben. Nach Aufnahme der beiden Enkelkinder in den Haushalt der Antragstellerin war ihre knapp 51 m² große Wohnung für drei Personen zu klein.
Vorliegend ist auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner war – nach der vorläufigen Einschätzung des Senats – zur Erteilung der Zustimmung nach § 22 Abs. 4 SGB II verpflichtet, denn der Umzug war erforderlich, und die Aufwendungen für die neue Unterkunft sind angemessen. Wegen der Erforderlichkeit des Bezugs einer größeren Wohnung besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Die Aufwendungen für die neue Unterkunft sind auch angemessen. Vorliegend kommt es rechtlich zur Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten allein auf den Unterkunftsbedarf der Antragstellerin sein, denn nur für diese hat der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II zu erbringen. Die beiden haushaltsangehörigen Kinder unterfallen nicht dem SGB II-Leistungssystem. Ihr Lebensunterhalt wird aktuell aus Kindergeld und Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII sichergestellt.
Dementsprechend ist zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche allein auf die Antragstellerin abzustellen. Diese beträgt in Sachsen-Anhalt für Einpersonenhaushalte 50 m². Denn nach der Rechtsprechung des BSG kann die Frage der Angemessenheit von Unterkunftskosten stets nur im Hinblick auf den SGB II-Leistungsberechtigten und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, Az.: B 14/11b AS 61/06 R, juris RN 21; Urteil vom 18. Februar 2010, Az.: B 14 AS 73/08 R, juris RN 23f.).
Denn nur für den Personenkreis der SGB II-Leistungsberechtigten ergeben sich durch das Kriterium der Angemessenheit Begrenzungen. Zwar stellen Wohnraumförderungsbestimmungen regelmäßig auf die Zahl der Haushaltsmitglieder ab. Indes kennt das SGB II die Kategorie der Haushaltsgemeinschaft – abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 5 SGB II – nicht.
Für das Sozialleistungsrecht nach dem SGB II ist die gemeinschaftliche Nutzung einer Wohnung nur dann rechtlich relevant, wenn sie durch eine Bedarfsgemeinschaft iSv § 7 Abs. 3 SGB II erfolgt. Zu einer solchen gehören nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 und Nr. 2 SGB II jedoch nur die in einem Haushalt lebenden Eltern mit ihren unter 25-jährigen Kindern. Ein Zusammenleben von Großeltern mit Enkeln wird von der gesetzlichen Regelung der Bedarfsgemeinschaft nicht erfasst. Die vorliegende familiäre Struktur des Zusammenlebens einer Großmutter mit ihren minderjährigen Enkeln in einem Haushalt stellt keine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II dar.
Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG ist bei Vorliegen einer Personenmehrheit zunächst zu prüfen, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt oder lediglich eine Wohnung von mehreren Personen gemeinschaftlich genutzt wird. Im letzteren Fall sind die für Einzelpersonen geltenden Richtwerte anzuwenden, was sowohl die Wohnflächengrenzen als auch die Unterkunftskosten betrifft. Dies gilt sowohl in Ansehung einer Wohngemeinschaft (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, a.a.O.) als auch für den Fall des Zusammenwohnens eines Elternteils mit einem über 25-jährigen Kind (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, Az.: B 14 AS 14/08 R, juris RN 27). Auch wenn Verwandte, die keine Bedarfsgemeinschaft bilden, eine Wohnung gemeinsam nutzen, handelt es sich lediglich um ein gemeinschaftliches Wohnen im o.g. Sinne mit der Folge, dass für jede Einzelperson der Richtlinienwert der für sie maßgeblichen Wohnungsgröße anzuwenden ist.
Fälschlich sind daher der Antragsgegner und das SG davon ausgegangen, dass für das hier vorliegende familienhafte Zusammenwohnen von drei Personen auch die auf eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft anzuwendenden Angemessenheitskriterien gelten. Dies dürfte nach den obigen Ausführungen aus Rechtsgründen nicht haltbar sein. Vielmehr ist maßgeblich für die Beurteilung der Kosten der neuen Unterkunft und für den auf die Antragstellerin entfallenden 1/3 Mietanteil der auf einen Einpersonenhaushalt mit einer Wohnfläche von 50 m² entfallende Angemessenheitswert. Dieser beträgt nach dem Konzept des Antragsgegners im hier zutreffenden Wohnungsmarkttyp I für die Stadt T. 258,50 EUR (Bruttokaltmiete).
Diesen Wert erreicht der von der Antragstellerin zu zahlende Drittelanteil der KdU bei weitem nicht. Ihr Anteil einschließlich Heizkosten liegt bei 166,67 EUR. Mithin sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen.
Mithin kann vorliegend dahinstehen, ob die Angemessenheitswerte für die KdU des Antragsgegners auf einem, den Vorgaben des BSG entsprechenden, sog. schlüssigen Konzept beruhen. Ebenso ist es rechtlich nicht relevant, inwieweit ein fehlendes tatsächliches Angebot an Wohnungen mit als angemessen erachteten Mietpreisen auf dem Mietwohnungsmarkt der Stadt T. zur konkreten Angemessenheit der nunmehr angemieteten Wohnung geführt hätte, oder ob der Antragstellerin der Bezug einer deutlich kleineren Wohnung, bzw. eine längerfristige Wohnungssuche zuzumuten war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Antragstellerin war antragsgemäß PKH für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen liegen vor. Da der Antragsgegner das Rechtsmittel eingelegt hat, waren die Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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