L 6 AS 89/12

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 13 AS 817/09
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 89/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 393/13 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Regelung über die Residenzpflicht iS einer Verpflichtung zum grundsätzlichen Aufenthalt im "zeit- und ortsnahen Bereich" in einem Eingliederungsverwaltungsakt genügt rechtlichen Bestimmtheitserfordernissen und begegnet auch sonst keinen rechtlichen Bedenken.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 10. Mai 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtsmäßigkeit einer in einem Eingliederungs-verwaltungsakt enthaltenen Regelung zur Ortsabwesenheit.

Die am 1960 geborene kongolesische Klägerin, ihr Ehemann und ihre 3 Kin-der bezogen seit Januar 2005 mit Unterbrechungen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Am 11. Juni 2009 bot der Beklagte der Klägerin den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung an. Die Klägerin erhielt eine Frist zur Einreichung der unterschriebenen Eingliederungsvereinbarung bis zum 15. Juni 2009.

Nachdem die Klägerin die Eingliederungsvereinbarung nicht unterschrieben zurückreichte, erließ der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2009 einen auf § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II gestützten Eingliederungsverwaltungsakt mit Wirkung für die Zeit vom 6. Juli 2009 bis 5. Januar 2010. Ziel des Eingliederungsverwaltungsaktes war die Integration der Klägerin in existenzsichernde Arbeit. Der Beklagte verpflichtete sich, Vermittlungsvorschläge, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen würden, zu unterbreiten, das Bewerberprofil der Klägerin unter www.arbeitsagentur.de aufzunehmen, sowie Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme der Kosten und der Aushändigung eines Vermittlungsgutscheines für die Inanspruchnahme eines privaten Arbeitsvermittlers zu fördern. Außerdem wurde die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für einen zukünftigen Arbeitgeber in Aussicht gestellt.

Für die Klägerin enthielt der Eingliederungsverwaltungsakt insbesondere die Verpflichtung, an der Maßnahme "GANZIL" in der Zeit vom 4. Mai 2009 bis 20. Oktober 2009 teilzunehmen und sich intensiv um sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen in Teilzeit zu bewerben und dies zu dokumentieren. Ferner hieß es unter "Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit:

"Sie verpflichten sich, dass Sie sich nur nach Absprache und mit Zustimmung Ihrer lntegrationsfachkraft außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalten. Insbesondere holen Sie sich spätestens 1 Woche vor Ihrer Ortsabwesenheit die Zustimmung ein und melden sich am nächsten Werktag nach Ihrer Ortsabwesenheit wieder persönlich vormittags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr bei Ihrer lntegrations-fachkraft zurück. Insgesamt kann Ihnen eine Ortsabwesenheit von höchstens 21 Ka-lendertagen im Kalenderjahr genehmigt werden. Dies obliegt der Entscheidung Ihrer lntegrationsfachkraft. Sie stellen sicher, dass Sie an jedem Werktag an Ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort erreichbar sind."

Mit ihrem dagegen am 20. Juli 2009 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Regelung zur Ortsabwesenheit – 1-wöchige vorherige Zustimmung, persönliche Meldung am nächsten Tag nach der Ortsabwesenheit zu festgelegten Zeiten – unzulässig sei, weil ihr neben der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4a SGB II darüber hinausgehende weitere Verpflichtungen auferlegt würden. Ihr werde durch die Regelung ein nicht zu rechtfertigender Ortsarrest auferlegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2009 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Inhalte des Bescheides entsprächen den Vorgaben des § 15 SGB II. Jegliche Verhältnismäßigkeit sei gewahrt und Willkür könne ausgeschlossen werden. So entspreche der Bescheid den vergleichbaren Eingliederungsvereinbarungen anderer Kunden, berücksichtigte jedoch die Situation und die persönlichen Belange der Klägerin. Insbesondere die geforderte Teilnahme an der Maßnahme "GANZIL" sei angemessen und zumutbar. Die in der Eingliederungsvereinbarung festgeschriebenen Regelungen sollten dem Hilfeempfänger ermöglichen, wieder unabhängig von Sozialleistungen zu leben. Die Regelung zur Ortsabwesenheit orientiere sich im Übrigen an der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 4a SGB II. Danach erhalte Leistungen nach dem SGB II nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung definierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalte. Genau dieser Gesetzestext finde sich in der Eingliederungsvereinbarung wieder. Es handele sich daher nicht um eine unzulässige Regelung, die neben der gesetzlichen Regelung der Klägerin noch eine weitere Verpflichtung auferlege, sondern gerade um die Verpflichtung aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4a SGB II.

&8195; Mit ihrer dagegen am 3. September 2009 beim Sozialgericht Itzehoe eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass der Gesetzgeber den Fall der Ortsabwesenheit in § 7 Abs. 4a SGB II abschließend geregelt habe. Die Regelung in der Eingliederungsvereinbarung sei daher unzulässig. Durch die Aufnahme der Regelung werde die Möglichkeit der Sanktion geschaffen, gleichzeitig sei aber nicht ausgeschlossen, dass für den Zeitraum der Abwesenheit keinerlei Leistungen gezahlt würden. Damit werde eine doppelt nachteilige Rechtsfolge begründet. Dass aufgrund der Vorschrift des § 7 Abs. 4a SGB II kein Raum für die Aufnahme von Regelungen zur Ortsabwesenheit in einer Eingliederungsvereinbarung mehr sei, habe bereits die 14. Kammer des Sozialgerichts ltzehoe entschieden. Im Übrigen sei die Regelung in dem Eingliederungsbescheid enger als die gesetzliche Bestimmung, die in bestimmten Fällen eine Ortsabwesenheit auch von mehr als 21 Tagen ermögliche und keine zeitliche Fristen für eine vorherige Regelung enthalte. Die Regelung verkürze damit ihre Rechte. Die Klage solle – nach Ablauf der Gültigkeit des Eingliederungsbescheides – als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden. Es bestehe eine Wiederholungsgefahr, weil der Beklagte ihr bereits am 28. Dezember 2009 eine gleichlautende Eingliederungsvereinbarung zur Unterschrift übersandt und ihr am 24. Februar 2012 eine weitere Eingliederungsvereinbarung mit gleicher Regelung zur Ortsabwesenheit vorgelegt habe.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10. Mai 2012 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei in Form einer Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 131 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, denn die zunächst fristgerecht erhobene Anfechtungsklage habe sich nach Rechtshängigkeit durch Zeitablauf erledigt. Es bestehe wegen Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Der Beklagte habe der Klägerin bereits erneut zumindest zwei Eingliederungsvereinbarungen vorgelegt, die hinsichtlich der Ortsabwesenheit identische Regelungen beinhalteten. Die Klage sei aber unbegründet, weil der Bescheid des Beklagten vom 6. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 rechtmäßig sei. Rechtsgrundlage für den Erlass des Eingliederungsbescheides sei § 15 Abs. 1 Satz 6 i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung. Danach sollten die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn – wie hier – eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande komme. Die in der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 6. Juli 2009 getroffene streitige Regelung über die Ortsabwesenheit sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Aufnahme dieser Verpflichtung in die Eingliederungsvereinbarung sei nicht bereits aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 4a SGB II unzulässig. Nach § 7 Abs. 4a SGB II in der bis 31. Dezember 2010 gültigen Fassung, die zugrunde zu legen sei, erhalte Leistungen nach diesem Buch nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeitsanordnung vom 23. Oktober 1997, geändert durch die Anordnung vom 16. November 2001, definierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalte; die übrigen Bestimmungen dieser Anordnung gelten entsprechend. Angesichts der einschneidenden Rechtsfolge bei unerlaubter Ortsabwesenheit müsse dem Leistungsempfänger das Erfordernis, eine Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners vor der Ortsabwesenheit einholen zu müssen, deutlich gemacht werden. Dies sei möglich u. a. durch Aufnahme der Verpflichtung in die Eingliederungsvereinbarung. Die in der Eingliederungsvereinbarung getroffene Regelung zur Ortsabwesenheit stehe auch in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 4a SGB II a. F ... Es sei nicht ersichtlich, dass durch die Regelung in dem angefochtenen Eingliederungsbescheid eine zusätzliche, über die gesetzliche Regelung hinausgehende Einschränkung erfolgt sei. Selbst wenn dies, etwa durch die Begrenzung der Ortsabwesenheit auf maximal 21 Tage der Fall wäre, folge daraus nicht die Rechtswidrigkeit dieser Regelung. Durch den Wortlaut in § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II "Die Eingliederungsvereinbarung soll insbesondere bestimmen" werde deutlich, dass es möglich sei, in einer Eingliederungsvereinbarung die Ortsabwesenheit/Verfügbarkeit über die Regelungen der Erreichbarkeits-Anordnung hinaus festzulegen. Zu berücksichtigen sei zudem, dass auch nach der Erreichbarkeits-Anordnung die Ortsabwesenheit im Regelfall nicht länger als 3 Wochen je Kalenderjahr andauern könne, Ausnahmen müssten deshalb besonders begründbar sein. Der Eingliederungsbescheid vom 6. Juli 2009 lasse jedoch ebenfalls eine Abänderung der Eingliederungsvereinbarung zu. Insoweit sei auch hier keine Abweichung von der Erreichbarkeits-Anordnung zu erkennen. Die Regelung erweise sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt als rechtswidrig, dass neben dem gesetzlich in § 7 Abs. 4a SGB II festgelegten Wegfall der Leistung bei unerlaubter Ortsabwesenheit eine zusätzliche Sanktionsmöglichkeit geschaffen werde. Dass dies nicht der Fall sei, ergebe sich aus dem Eingliederungsbescheid selbst. Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, dass bei einer unangemeldeten oder unerlaubten Ortsabwesenheit der Anspruch auf Arbeitslosengeld II, auch bei nachträglichem Bekanntwerden, entfalle. Damit sei die Rechtsfolge festgelegt.

Gegen dieses ihr am 18. Juni 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Juli 2012 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, dass die Regelung des § 7 Abs. 4a SGB II abschließend sei. Andernfalls wäre der Hilfebedürftige neben dem völligen Verlust des Leistungsausschlusses auch noch Sanktionen ausgesetzt. Zwar sei es so, dass in der Regel die Ortsabwesenheit nach der Erreichbarkeits-Anordnung gleich laufe mit der Ortsabwesenheit, wie sie im Eingliederungsverwal¬tungsakt bestimmt sei, die Erreichbarkeits-Anordnung ermögliche aber darüber hinaus zusätzliche Ortsabwesenheiten, u. a. zur Teilnahme an religiösen oder politischen Veranstaltungen. Der Umstand, dass dies in dem Eingliederungsbescheid nicht geregelt sei, schränke ihre Rechte insbesondere aus Art. 4 und 9 Grundgesetz (GG) erheblich ein. Der Beklagte habe hier für Deutlichkeit zu sorgen, die es dem Bürger ermögliche, seine Rechte ungehindert wahrzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 10. Mai 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Eingliederungsbescheid vom 6. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 rechtswidrig war soweit er unter Ziffer 2 folgende Formulierung enthält: Sie verpflichten sich, dass Sie sich nur nach Absprache und mit Zustimmung ihrer Integrationsfachkraft außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalten. Insbesondere holen Sie sich spätestens eine Woche vor Ihrer Ortsabwesenheit die Zustimmung ein und melden sich am nächsten Werktag nach Ihrer Ortsabwesenheit wieder persönlich vormittags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr bei Ihrer Integrationsfachkraft zurück. Insgesamt kann Ihnen eine Ortsabwesenheit von höchstens 21 Kalendertagen im Kalenderjahr genehmigt werden. Dies obliegt der Entscheidung Ihrer Integrationsfachkraft. Sie stellen sicher, dass Sie an jedem Werktag an Ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort erreichbar sind.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die den Rechtsstreit betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten haben dem Senat vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf ihren Inhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung (§§ 143,144 Abs. 1,151 Sozialgerichtsgesetz) ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Eingliederungsbescheid des Beklagten vom 6. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit des Eingliederungs¬verwaltungsaktes.

Unstreitig hat sich der streitgegenständliche Eingliederungsverwaltungsakt mit dem Ablauf seiner Gültigkeit am 5. Januar 2010 nach § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erledigt, da er aktuell keine rechtliche Beschwer mehr für die Klägerin enthält. Damit ist die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage unzulässig geworden. Die Klägerin kann jedoch in diesem Fall zulässigerweise ihre Klage umstellen und im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage einen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides weiterverfolgen.

Zusätzlich zu den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen, die hier vorliegen, setzt die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG voraus, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes hat. Insoweit genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 10a mit weiteren Nachweisen). Dieses notwendige Interesse liegt hier vor, da die Klägerin in diesem Verfahren klären lassen will, ob der Beklagte grundsätzlich einen Eingliederungsverwaltungsakt mit dem hier streitgegenständlichen Inhalt erlassen kann. Die Klärung dieser Frage verliert nicht mit dem Auslaufen der Gültigkeitsdauer des Eingliederungsverwaltungsaktes an Bedeutung, da die Klägerin grundsätzlich auch zukünftig, solange sie im Leistungsbezug des Beklagten steht, mit entsprechenden Eingliederungsverwaltungsakten rechnen muss. Da im Regelfall innerhalb der Gültigkeitsdauer eines Eingliederungsverwaltungsaktes nicht mit einer gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zu rechnen ist, hat die Klägerin nur die Möglichkeit, diese Überprüfung im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage zu erreichen. Die Klägerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, sich gegebenenfalls gegen Sanktionsbescheide, die bei Nichtbeachtung der Regelungen der Eingliederungsvereinbarung gegebenenfalls zu erwarten sind, mit den entsprechenden Rechtsbehelfen zu wenden, da sie insoweit Gefahr läuft, ihren Leistungsanspruch zu verlieren, wenn die getroffenen Regelungen nicht zu beanstanden sind. Dies gilt insbesondere deshalb, da die Klägerin hier im Wesentlichen grundsätzliche Einwände gegen die Regelungen im Eingliederungsverwaltungsakt vorträgt, die auch für künftige Eingliederungsvereinbarungen von Bedeutung sind und davon auszugehen ist, dass der Beklagte erneut – wie auch bereits geschehen – einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II mit einem gleichlautendem Inhalt erlassen wird.

Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da der Eingliederungsverwaltungsakt vom 6. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 materiell-rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Rechtsgrundlage des Eingliederungsverwaltungsakts ist § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung. Hiernach kann der Beklagte, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht zustande kommt, die Regelungen nach Satz 2 des § 15 Abs. 1 SGB II durch Verwaltungsakt vornehmen. Der zulässige Regelungsinhalt des nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ergangenen Bescheides bestimmt sich damit nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II. In den Verwaltungsakt sind sämtliche Regelungen der beabsichtigten Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen, insbesondere die Eingliederungsleistungen, die Eigenbemühungen und deren Nachweis (Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 129). Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung, mit der die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erforderlichen Leistungen vereinbart werden, insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nachzuweisen hat, und 3. welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, der erwerbsfähige Hilfebedürftige zu beantragen hat. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate geschlossen werden (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Danach soll eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden (§ 15 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Bei jeder folgenden Eingliederungsvereinbarung sind die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen (§ 15 Abs. 1 Satz 5 SGB II). Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung und damit auch eines Eingliederungsverwaltungsaktes können nach § 15 Abs. 2 SGB II nicht die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 19 ff. SGB II sein (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 15 Rn. 22). Eine Eingliederungsvereinbarung soll nach systematischer Stellung des § 15 SGB II insbesondere die in § 16 SGB II aufgeführten Eingliederungsleistungen möglichst verbindlich konkretisieren.

Im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung/Eingliederungsverwaltungsakts sind auch Regelungen über die Ortsabwesenheit/Verfügbarkeit des Hilfebedürftigen trotz des seit dem 1. August 2006 in § 7 Abs. 4a SGB II aufgenommenen Verweises zur Anwendbarkeit der Erreichbarkeits-Anordnung grundsätzlich möglich. Nach § 7 Abs. 4a SGB II erhält keine Leistungen nach dem SGB II, wer sich ohne Zustimmung des zuständigen Trägers außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung definierten zeit- und ortsnahen Bereichs aufhält. Nach der Gesetzesbegründung war die bisherige Regelung der Erreichbarkeit in der Eingliederungsvereinbarung und die Sankti¬onsfolge des § 31 SGB II bei einem Verstoß gegen die Absprache, insbesondere bei länge¬ren Auslandsaufenthalten, nicht ausreichend, um die Mitwirkung des Leistungsbe¬rechtigten bei seiner Eingliederung sicherzustellen. Deswegen hat der Gesetzgeber eine abstrakt generelle Regelung in § 7 Abs. 4a SGB II eingeführt. Damit sind gesonderte Vereinbarungen zwar regelmäßig entbehrlich (Berlit in: LPK – SGB II, 3. Aufl. 2009, § 15 Rn. 29), aber auch seit der Einführung des § 7 Abs. 4a SGB II nicht ausgeschlossen (LSG Hamburg, Urteil vom 15. November 2012 – L 4 AS 73/12 - ; Bay. LSG, Beschluss vom 22. Januar 2013 – L 16 AS 381/11 -, zitiert nach juris; Kadov in: Eicher, 3. Aufl. 2013, § 15 Rn. 28). Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 1 S. 2 SGB II, wonach die Aufzählung in Satz 2 dieser Vorschrift nicht abschließend ist. Angesichts der mit der unerlaubten Ortsabwesenheit verbundenen Rechtsfolgen, auf die die Klägerin selbst hingewiesen hat (Wegfall des Leistungsanspruchs, Sanktion), besteht auch unter dem Gesichtspunkt der Beratung und Aufklärung über die einem Leistungsempfänger obliegenden Pflichten Anlass, in einer Eingliederungsvereinbarung darauf hinzuweisen, dass gemäß § 7 Abs. 4a SGB II eine Zustimmung des bei der Beklagten zuständigen persönlichen Ansprechpartners vor Ortsabwesenheit einholen ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. No¬vember 2008 – L 12 B 129/08 AS -, zitiert nach juris).

Die hier getroffene Regelung begegnet auch inhaltlich keinen Bedenken. Sie deckt sich, wie der Beklagte zu Recht ausführt, mit der für Bezieher von Arbeitslosengeld I getroffenen Regelung in § 119 Abs. 5 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Verbindung mit §§ 1 ff. der Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) über die Verfügbarkeit des Arbeitslosen, um Vorschlägen der Agentur für Arbeit (AA) zur beruflichen Eingliederung Folge leisten zu können. Nach den genannten Bestimmungen hängt die Verfügbarkeit von Arbeitslosen mit Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III davon ab, dass sie Vorschlägen der BA zur Eingliederung in Arbeit zeit- und ortsnah nachkommen können. Sie müssen deshalb an allen Werktagen persönlich an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt erreichbar sein. Entfernen dürfen sie sich von ihrem Wohnort für mehr als 24 Stunden nur an Feiertagen und mit Zustimmung der AA. Es genügt, wenn der Arbeitslose statt am Samstag oder einem Tag vor dem gesetzlichen Feiertag am Sonntag oder dem Feiertag eingehende Post zur Kenntnis nehmen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 3 EAO). § 3 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 3 EAO erlaubt außerdem die Abwesenheit für drei Wochen wegen Urlaubs, wegen einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder wegen einer Kur, wenn die Agentur für Arbeit vorher ihre Zustimmung erteilt hat. Die von dem Beklagten geregelte Residenzpflicht genügt insoweit diesen Bestimmungen und angesichts der klaren und ohne Weiteres verständlichen Regelung im Übrigen auch dem Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs. 1 SGB X. In dem Bescheid heißt es ausdrücklich, dass die Klägerin sicherzustellen hat, dass sie an jedem Werktag – und dementsprechend nicht an Sonn– und Feiertagen – an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort erreichbar ist. Ferner werden ihr entsprechend § 3 EAO 21 Kalendertage – in § 3 EAO heißt es dazu 3 Wochen – Ortsabwesenheit zugebilligt. Mit der Verpflichtung, die Zustimmung zur Ortsabwesenheit eine Woche vorher einzuholen, ermöglicht der Beklagte nur die rechtzeitige und im Interesse des Hilfebedürftigen liegende Prüfung, dass die Vermittlung des Hilfebedürftigen durch die Abwesenheit nicht beeinträchtigt wird. Die rechtzeitige Beantragung einer Ortsabwesenheit z. B. wegen Urlaub oder der Teilnahme an staatspolitischen, kirchlichen oder gewerkschaftlichen Veranstaltungen konkretisiert darüber hinaus auch nur eine Obliegenheit, die auch jeden Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber trifft. Im Übrigen hat der Beklagte – was auch das Sozialgericht zu Recht hervorgehoben hat – in dem Eingliederungsverwaltungsakt darauf hingewiesen, dass andere Vereinbarungen während der Laufzeit möglich sind. Auf diese Regelung konnte zur Auslegung in Zweifelsfällen oder zur Klärung weiterer über die 21 Tage hinausgehender Abwesenheitszeiten der Klägerin im Einzelfall zurückgegriffen werden.

Der Rechtmäßigkeit des Bescheides steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt hätte. Durch die Wendung "soll" in § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II verdeutlicht der Gesetzgeber, dass für den Fall, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt, der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes den Regelfall darstellt. Des bestehenden Ermessens ist sich der Beklagte auch bewusst gewesen, in dem er jedenfalls in dem Widerspruchsbescheid durch Verweis auf vergleichbare Eingliederungsvereinbarungen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Willkürverbot das Vorliegen dieses Regelfalles aus seiner Sicht im vorliegenden Fall verdeutlicht. Gründe, von dem Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes ausnahmsweise abzusehen, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt das volle Unterliegen der Klägerin.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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