Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 22 AS 2693/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AS 1082/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Auf einen am 01.04.2011 beginnenden Bewilligungszeitraum ist § 11 Abs 3 Satz 3 SGB II in der Fassung vom 13.05.2011 anzuwenden.
Eine mehr als sechs Monate zurückliegende einmalige Einnahme kann gemäß § 11 Abs 3 Satz 3 SGB II in der Fassung vom 13.05.2011 nach dem 01.04.2011 nicht mehr als Einkommen angerechnet werden.
Eine mehr als sechs Monate zurückliegende einmalige Einnahme kann gemäß § 11 Abs 3 Satz 3 SGB II in der Fassung vom 13.05.2011 nach dem 01.04.2011 nicht mehr als Einkommen angerechnet werden.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Chemnitz vom 07.11.2011, S 22 AS 2693/11 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 11.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2011, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.06.2011 für die Zeit vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende in Höhe von 644,00 EUR monatlich abzüglich bereits erbrachter Leistungen zu gewähren.
II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung einer Erbschaft auf Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum 01.04.2011 bis 31.07.2011.
Die 1985 geborene Klägerin beantragte erstmals zum 01.12.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten. Sie lebte damals in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Lebensgefährten und ihrem 2006 geborenen Kind.
2009 musste die Klägerin mehrere Monate stationär behandelt werden. Dem Lebensgefährte wurden nach vielfachen Sanktionen ab 01.06.2009 die Leistungen versagt, nach Nachholung der Mitwirkung nachgezahlt.
Vom 27.05.2009 bis 16.09.2009 erhielt die Klägerin eine Eingliederungsmaßnahme des Rentenversicherungsträgers. Auch danach wurde sie weiter stationär behandelt.
Am 16. Oktober 2009 wurde der Klägerin eine Betreuerin bestellt. Ihr Aufgabenkreis umfasst die Sorge für die Gesundheit, die Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über die Unterbringung, die generelle Vertretung vor Behörden, Institutionen und Versicherungen, die Entgegennahme, das Anhalten, das Öffnen und Bearbeiten der amtlichen Post, die Vermögenssorge, die Geltendmachung von Ansprüchen auf familienrechtlichem Gebiet und die Klärung aller Wohnungsangelegenheiten. Die Klägerin zog wegen ihrer Alkoholsucht zum 01.11.2009 in ein betreutes Wohnen. Die Beklagte hob die Bewilligung für die Klägerin auf, da sie nicht mehr örtlich zuständig war.
Zum 01.12.2009 zogen der Lebensgefährte und das Kind der Klägerin zurück nach Hohenstein.
Am 10.03.2010 stellte die Klägerin einen neuen Leistungsantrag bei dem Beklagten, nachdem ihr im betreuten Wohnen fristlos gekündigt worden war.
Zum 01.04.2010 mietete die Klägerin eine 43 m² große Wohnung für 180,00 EUR kalt, 45,00 EUR Nebenkostenvorauszahlung und 55,00 EUR Heizkostenvorauszahlung an.
Mit Bescheid vom 08.04.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 02.03.2010 bis 31.03.2010 359,00 EUR und vom 01.04.2010 bis 30.09.2010 monatlich 632,53 EUR. Die Kaution für die Wohnung erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 16.04.2010 darlehensweise und rechnete ab 01.05.2010 in Höhe von 50,00 EUR monatlich auf.
Am 23.07.2010 sprach die Betreuerin vor und übergab Unterlagen zu einer Erbschaft zu einem Anteil von einem Zehntel nach dem am 10.03.2010 verstorbenen Großvater der Klägerin. Die Klägerin hatte aus dem Erbe am 15.07.2010 per Scheck 5415,96 EUR ausgezahlt erhalten. Dazu erklärte die Betreuerin, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld II wegen der Krankenversicherung nicht wegfallen solle. Das Geld müsse zur Schuldentilgung herangezogen werden.
Mit Änderungsbescheid vom 27.07.2010 berücksichtigte der Beklagte das Erbe ab 01.08.2010 zu 1/12 und bewilligte für die Zeit vom 01.08.2010 bis 30.09.2010 monatlich 211,20 EUR.
Mit dem Fortzahlungsantrag ab 01.10.2010 machte die Klägerin geltend, dass ihr aus dem Erbe ein Freibetrag zu belassen sei. Mit Bescheid vom 13.09.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.10.2010 bis 31.03.2011 weiterhin unter Abzug eines sonstigen Einkommens von 451,33 EUR abzüglich einer Versicherungspauschale von 30,00 EUR monatlich 211,20 EUR.
Am 21.09.2010 wurde die Klägerin wieder stationär aufgenommen.
Unter dem 24.09.2010 bat die Klägerin um kurzfristige Überprüfung des Bewilligungsbescheides. Das Erbe sei im neuen Bewilligungszeitraum Vermögen.
Mit Bescheid vom 28.09.2010 teilte der Beklagte mit, dass das Erbe vollständig als Einkommen anzurechnen sei.
Gegen den Bescheid vom 13.09.2010 erhob die Klägerin über ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten am 18.10.2010 Widerspruch. Die Regelleistung ab 01.01.2011 sei verfassungswidrig. Die Anrechnung des Erbes als sonstiges Einkommen sei rechtswidrig. Bei der Gesamtrechtsnachfolge finde nicht ein Zugewinn an Vermögen, sondern ein Wechsel der Inhaberschaft statt.
Ab 07.02.2011 war die Klägerin in einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung beschäftigt. Am 08.03.2011 trat die Klägerin eine für 26 Wochen geplante stationäre Rehabilitationsmaßnahme an. Der Beklagte meldete insoweit Erstattung an.
Mit Bescheid vom 11.03.2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 weiterhin monatlich 211,20 EUR (Bedarf 359,00 EUR + 273,53 EUR - 451,33 EUR sonstiges Einkommen abzüglich Versicherungspauschale 30,00 EUR) und vom 01.08.2011 bis 30.09.2011 monatlich 632,53 EUR.
Mit Änderungsbescheiden vom 26.03.2011 bewilligte der Beklagte vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 und vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 unter Berücksichtigung des Regelsatzes von 364,00 EUR monatlich 216,20 EUR. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 11.03.2011 erhob die Klägerin am 11.04.2011 Widerspruch. Am 20.04.2011 wurde die Klägerin aus der stationären Behandlung entlassen.
Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 13.05.2011 zurück. Die im laufenden Leistungsbezug zugeflossene Erbschaft sei Einkommen. Dieses einmalige Einkommen sei nach pflichtgemäßem Ermessen auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen. Die Aufteilung erfolge hier auf 12 Monate vom 01.08.2010 bis 31.07.2011 in Höhe von monatlich 451,33 EUR.
Mit Änderungsbescheiden vom 03.06.2011 bewilligte der Beklagte vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 und vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 monatlich 222,67 EUR ohne Abzug der Warmwasserpauschale
Die Klägerin hat am 14.06.2011 Klage erhoben, mit der sie sich gegen die Anrechnung der Erbschaft als Einkommen für die Zeit vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 zur Wehr setzte.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2011 abgewiesen. Die Erbschaft bleibe über den Bewilligungszeitraum hinaus als Einkommen anzurechnen. Die Aufteilung sei auch nach der ab 01.04.2011 geltenden Rechtslage nicht zu beanstanden.
Gegen die am 09.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheide hat die Klägerin am 09.12.2011 Berufung eingelegt. Die Klägerin trägt vor, dass das zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheides geltende Recht anzuwenden sei. Daher sei die Anrechnung der Erbschaft gemäß § 11 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) auf sechs Monate beschränkt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Gerichtsbescheides des SG Chemnitz vom 07.11.2011 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2011 zu verurteilen, der Klägerin weitere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen nebst Zinsen gem. § 44 SGB I zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist begründet.
Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 11.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.06.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat in der Zeit vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ohne Anrechnung eines Einkommens aus der Erbschaft.
Die Klägerin hatte im Bewilligungszeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 gem. §§ 7 – 9 SGB II dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Sie war 25 Jahre alt, erwerbsfähig und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin war auch hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II.
Sie konnte ihren Lebensunterhalt nicht aus dem gemäß §§ 11, 12 SGB II zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen decken. Über einsetzbares Vermögen verfügt die Klägerin nicht. Das Vermögen der Klägerin zum 01.04.2011 lag unter dem Grundfreibetrag von 4650,00 EUR gem. § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 4 SGB II.
Die Klägerin hatte im Bewilligungszeitraum ab 01.04.2011 kein gemäß § 11 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit hier nicht einschlägigen Ausnahmen zu berücksichtigen. Einkommen ist dabei grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 25. Januar 2012 – B 14 AS 101/11 R –, juris). Die Einnahmen der Klägerin aus der Erbschaft sind kein Vermögen, sondern Einkommen. Der Erbfall ist am 10.03.2010 und damit am Tag der erneuten Antragstellung und während des bis zu diesem Zeitpunkt ununterbrochenen Bezuges von Leistungen nach dem SGB II eingetreten. Eine einmalige Einnahme bleibt im Verteilungszeitraum auch über das Ende eines Bewilligungszeitraumes Einkommen. Ist nach der Antragstellung eine als Einkommen zu berücksichtigende einmalige Einnahme zugeflossen, die bei Aufhebung der Bewilligungsentscheidung oder Ende des Bewilligungsabschnitts noch nicht völlig verbraucht war, ändert das Ende des Bewilligungszeitraumes und erneute Antragstellung allein die Bewertung der Einnahme nicht. Das Einkommen verwandelt sich nicht gleichsam durch eine neue Antragstellung in Vermögen (BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – juris). Auf den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2011 bis 31.09.2011 ist jedoch § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung (n.F.) anzuwenden. Bei der Anrechnung der Erbschaft handelt es sich nicht um ein vor Inkrafttreten der Norm abgeschlossenes Sozialleistungsverhältnis. Ein Rechtssatz ist grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes richtet sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt. Auch unter Berücksichtigung des Geltungszeitraumprinzips werden bereits vor einer Rechtsänderung eingetretene Rechtswirkungen nicht mehr erfasst; auf bereits eingetretene Rechtsfolgen wirkt das neue Recht nicht zurück (BSG, Urteil vom 02. Mai 2012 – B 11 AL 18/11 R –, juris). Umgekehrt kann ein Rechtssatz nur dann über das Inkrafttreten einer Neuregelung hinaus fortwirken, wenn die Rechtswirkung des außer Kraft getretenen Rechtssatzes bereits verwirklicht ist.
Die Aufteilung und Anrechnung des Einkommens war nicht vor dem 01.04.2011 abgeschlossen. Gemäß § 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld, Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung in der Fassung vom 18.12.2008 (ALG II-VO a.F.) sind für andere Einnahmen als Erwerbseinkommen die Regelungen des § 2 ALG II-VO entsprechend anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 4 ALG II-VO a.F. sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Eine Aufteilung des Einkommens war hier erforderlich, um – wie von der Betreuerin der Klägerin ausdrücklich gewünscht – den Leistungsanspruch und damit die Mitgliedschaft in den gesetzlichen Sozialversicherungen aufrechtzuerhalten. Durch die Aufteilung auf zwölf Monate war die Klägerin zunächst auch nicht beschwert.
Die Aufteilung von einmaligen Einnahmen und Anrechnung als Einkommen in der Folgezeit ist aber kein abtrennbarer Streitgegenstand, der einer isolierten Regelung zugänglich wäre, die dann in Bestandskraft erwachsen könnte. Eine Entscheidung über die Anrechnung der einmaligen Einnahme in Folgezeiträumen wird mit der erstmaligen Aufteilung einer Einnahme nicht getroffen. Sie wäre nicht einmal möglich. Die Leistungsbewilligung für einen weiteren Bewilligungszeitraum setzt zunächst gemäß § 37 SGB II einen Antrag des Leistungsberechtigten voraus, der zur Zeit der Entscheidung über eine Aufteilung keineswegs gewiss ist. Weiterhin ist auf einen Weiterbewilligungsantrag die Hilfebedürftigkeit und damit das Vorhandensein von Einkommen unabhängig von der vorgenommenen Aufteilung tatsächlich zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 33/12 R –, juris). Eine einmalige, aufgeteilte Einnahme ist kein fiktives Einkommen. Eine bedarfsmindernde Anrechnung kann nur erfolgen, soweit die aufgeteilte Einnahme als bereites Mittel noch zur Verfügung steht und eine Anrechnung auch noch zulässig ist. Die Einkommens- und Bedarfslage zu Beginn eines neuen Bewilligungszeitraumes nach einem einmaligen Einkommenszufluss ist damit ohne Bindung an die in einem vorhergehenden Bewilligungszeitraum getroffene Entscheidung über die Aufteilung zu beurteilen. Eine Rechtswirkung für den am 01.04.2011 beginnenden Bewilligungszeitraum war damit noch nicht eingetreten.
Die Klägerin hatte im Bewilligungszeitraum ab 01.04.2011 nach der dann geltenden Rechtslage kein zu berücksichtigendes Einkommen. Nach § 11 Abs. 3 SGB II n.F. sind einmalige Einnahmen in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.
In der BT-Drucksache 17/3404 ist dazu ausgeführt (S. 94): " In Absatz 3 wird unter Streichung der bisherigen Regelung in der Arbeitslo- sengeld II/Sozialgeld-Verordnung die Verteilung einmaliger Einnahmen gere- gelt. Einmalige Einnahmen sind, je nach dem, ob Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den laufenden Monat bereits erbracht worden sind, im Zufluss- oder Folgemonat zu berücksichtigen. Führt eine einmalige Einnahme nicht zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit, ist sie vollständig im Zufluss- oder Folgemonat unter Berücksichtigung der Absetzbeträge nach § 11 b zu be- rücksichtigen. Andernfalls ist sie gleichmäßig auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuteilen, unabhängig davon, ob dann für diesen Zeitraum Hilfebe- dürftigkeit entfällt oder nicht. Die Aufteilung auf sechs Monate gilt auch dann, wenn die Leistungsberechtigung absehbar innerhalb einer kürzeren Frist en- det. "
Die Folge einer weniger weitgehenden Anrechnung einmaliger Einnahmen war nach dieser Begründung erkannt und gewollt. Diesem Willen des Gesetzgebers entspricht die Anwen¬dung des § 11 Abs. 3 SGB II n.F. auf den am 01.04.2011 beginnenden Bewilligungszeit¬raum. Der letzte Einkommenszufluss fand bereits im Juli 2010 statt. Es fand eine Auftei¬lung auf 8 Monate vor Inkrafttreten der Neuregelung statt. Eine Aufteilung über sechs Mo¬nate hinaus ist nach der ab 01.04.2011 geltenden Rechtslage ausdrücklich ausgeschlossen. Damit besteht für eine Anrechnung der mehr als sechs Monate zurückliegenden Einnahme keine Rechtsgrundlage mehr.
Eine abweichende Regelung oder Übergangsregelung für eine vor dem 01.04.2011 begon¬nene, nicht abgeschlossene Aufteilung eines einmaligen Einkommens besieht nicht. Eine Übergangsregelung zu dieser Frage ist in § 77 SGB II nicht enthalten.
Noch vorhandene Teile der zugeflossenen Summe sind nach Ende der Anrechnung Vermögen, das evtl. zur Bestreitung des Lebensunterhaltes einzusetzen ist. Nach der erfolgten Anrechnung war ein Betrag von 1805,48 EUR als Vermögen anzunehmen (vgl. Geiger in Münchner, LPK-SGB II, 5. Auflage, Baden-Baden 2013, Rz. 42 zu § 11 SGB II). Dieser Betrag ist nicht gemäß § 12 SGB II zum Lebensunterhalt einzusetzen. Die Klägerin verfügt, wie aus der Erklärung zum PKH-Antrag zu entnehmen, nicht über weiteres Vermögen.
Die Klägerin hat danach Anspruch auf monatliche Leistungen in Höhe von 644,00 EUR (364,00 EUR RS und 280,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Die Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls wie § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung auf eine vor dem 01.04.2011 zugeflossene, gemäß § 2 Abs. 4 ALG II VO in der bis 31.03.2011 geltenden Fassung aufgeteilte einmalige Einnahme anzuwenden ist, ist bislang nicht geklärt.
Schmidt Koar Tröger
II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung einer Erbschaft auf Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum 01.04.2011 bis 31.07.2011.
Die 1985 geborene Klägerin beantragte erstmals zum 01.12.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten. Sie lebte damals in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Lebensgefährten und ihrem 2006 geborenen Kind.
2009 musste die Klägerin mehrere Monate stationär behandelt werden. Dem Lebensgefährte wurden nach vielfachen Sanktionen ab 01.06.2009 die Leistungen versagt, nach Nachholung der Mitwirkung nachgezahlt.
Vom 27.05.2009 bis 16.09.2009 erhielt die Klägerin eine Eingliederungsmaßnahme des Rentenversicherungsträgers. Auch danach wurde sie weiter stationär behandelt.
Am 16. Oktober 2009 wurde der Klägerin eine Betreuerin bestellt. Ihr Aufgabenkreis umfasst die Sorge für die Gesundheit, die Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über die Unterbringung, die generelle Vertretung vor Behörden, Institutionen und Versicherungen, die Entgegennahme, das Anhalten, das Öffnen und Bearbeiten der amtlichen Post, die Vermögenssorge, die Geltendmachung von Ansprüchen auf familienrechtlichem Gebiet und die Klärung aller Wohnungsangelegenheiten. Die Klägerin zog wegen ihrer Alkoholsucht zum 01.11.2009 in ein betreutes Wohnen. Die Beklagte hob die Bewilligung für die Klägerin auf, da sie nicht mehr örtlich zuständig war.
Zum 01.12.2009 zogen der Lebensgefährte und das Kind der Klägerin zurück nach Hohenstein.
Am 10.03.2010 stellte die Klägerin einen neuen Leistungsantrag bei dem Beklagten, nachdem ihr im betreuten Wohnen fristlos gekündigt worden war.
Zum 01.04.2010 mietete die Klägerin eine 43 m² große Wohnung für 180,00 EUR kalt, 45,00 EUR Nebenkostenvorauszahlung und 55,00 EUR Heizkostenvorauszahlung an.
Mit Bescheid vom 08.04.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 02.03.2010 bis 31.03.2010 359,00 EUR und vom 01.04.2010 bis 30.09.2010 monatlich 632,53 EUR. Die Kaution für die Wohnung erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 16.04.2010 darlehensweise und rechnete ab 01.05.2010 in Höhe von 50,00 EUR monatlich auf.
Am 23.07.2010 sprach die Betreuerin vor und übergab Unterlagen zu einer Erbschaft zu einem Anteil von einem Zehntel nach dem am 10.03.2010 verstorbenen Großvater der Klägerin. Die Klägerin hatte aus dem Erbe am 15.07.2010 per Scheck 5415,96 EUR ausgezahlt erhalten. Dazu erklärte die Betreuerin, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld II wegen der Krankenversicherung nicht wegfallen solle. Das Geld müsse zur Schuldentilgung herangezogen werden.
Mit Änderungsbescheid vom 27.07.2010 berücksichtigte der Beklagte das Erbe ab 01.08.2010 zu 1/12 und bewilligte für die Zeit vom 01.08.2010 bis 30.09.2010 monatlich 211,20 EUR.
Mit dem Fortzahlungsantrag ab 01.10.2010 machte die Klägerin geltend, dass ihr aus dem Erbe ein Freibetrag zu belassen sei. Mit Bescheid vom 13.09.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.10.2010 bis 31.03.2011 weiterhin unter Abzug eines sonstigen Einkommens von 451,33 EUR abzüglich einer Versicherungspauschale von 30,00 EUR monatlich 211,20 EUR.
Am 21.09.2010 wurde die Klägerin wieder stationär aufgenommen.
Unter dem 24.09.2010 bat die Klägerin um kurzfristige Überprüfung des Bewilligungsbescheides. Das Erbe sei im neuen Bewilligungszeitraum Vermögen.
Mit Bescheid vom 28.09.2010 teilte der Beklagte mit, dass das Erbe vollständig als Einkommen anzurechnen sei.
Gegen den Bescheid vom 13.09.2010 erhob die Klägerin über ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten am 18.10.2010 Widerspruch. Die Regelleistung ab 01.01.2011 sei verfassungswidrig. Die Anrechnung des Erbes als sonstiges Einkommen sei rechtswidrig. Bei der Gesamtrechtsnachfolge finde nicht ein Zugewinn an Vermögen, sondern ein Wechsel der Inhaberschaft statt.
Ab 07.02.2011 war die Klägerin in einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung beschäftigt. Am 08.03.2011 trat die Klägerin eine für 26 Wochen geplante stationäre Rehabilitationsmaßnahme an. Der Beklagte meldete insoweit Erstattung an.
Mit Bescheid vom 11.03.2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 weiterhin monatlich 211,20 EUR (Bedarf 359,00 EUR + 273,53 EUR - 451,33 EUR sonstiges Einkommen abzüglich Versicherungspauschale 30,00 EUR) und vom 01.08.2011 bis 30.09.2011 monatlich 632,53 EUR.
Mit Änderungsbescheiden vom 26.03.2011 bewilligte der Beklagte vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 und vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 unter Berücksichtigung des Regelsatzes von 364,00 EUR monatlich 216,20 EUR. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 11.03.2011 erhob die Klägerin am 11.04.2011 Widerspruch. Am 20.04.2011 wurde die Klägerin aus der stationären Behandlung entlassen.
Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 13.05.2011 zurück. Die im laufenden Leistungsbezug zugeflossene Erbschaft sei Einkommen. Dieses einmalige Einkommen sei nach pflichtgemäßem Ermessen auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen. Die Aufteilung erfolge hier auf 12 Monate vom 01.08.2010 bis 31.07.2011 in Höhe von monatlich 451,33 EUR.
Mit Änderungsbescheiden vom 03.06.2011 bewilligte der Beklagte vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 und vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 monatlich 222,67 EUR ohne Abzug der Warmwasserpauschale
Die Klägerin hat am 14.06.2011 Klage erhoben, mit der sie sich gegen die Anrechnung der Erbschaft als Einkommen für die Zeit vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 zur Wehr setzte.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2011 abgewiesen. Die Erbschaft bleibe über den Bewilligungszeitraum hinaus als Einkommen anzurechnen. Die Aufteilung sei auch nach der ab 01.04.2011 geltenden Rechtslage nicht zu beanstanden.
Gegen die am 09.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheide hat die Klägerin am 09.12.2011 Berufung eingelegt. Die Klägerin trägt vor, dass das zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheides geltende Recht anzuwenden sei. Daher sei die Anrechnung der Erbschaft gemäß § 11 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) auf sechs Monate beschränkt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Gerichtsbescheides des SG Chemnitz vom 07.11.2011 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2011 zu verurteilen, der Klägerin weitere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen nebst Zinsen gem. § 44 SGB I zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist begründet.
Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 11.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.06.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat in der Zeit vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ohne Anrechnung eines Einkommens aus der Erbschaft.
Die Klägerin hatte im Bewilligungszeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 gem. §§ 7 – 9 SGB II dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Sie war 25 Jahre alt, erwerbsfähig und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin war auch hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II.
Sie konnte ihren Lebensunterhalt nicht aus dem gemäß §§ 11, 12 SGB II zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen decken. Über einsetzbares Vermögen verfügt die Klägerin nicht. Das Vermögen der Klägerin zum 01.04.2011 lag unter dem Grundfreibetrag von 4650,00 EUR gem. § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 4 SGB II.
Die Klägerin hatte im Bewilligungszeitraum ab 01.04.2011 kein gemäß § 11 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit hier nicht einschlägigen Ausnahmen zu berücksichtigen. Einkommen ist dabei grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 25. Januar 2012 – B 14 AS 101/11 R –, juris). Die Einnahmen der Klägerin aus der Erbschaft sind kein Vermögen, sondern Einkommen. Der Erbfall ist am 10.03.2010 und damit am Tag der erneuten Antragstellung und während des bis zu diesem Zeitpunkt ununterbrochenen Bezuges von Leistungen nach dem SGB II eingetreten. Eine einmalige Einnahme bleibt im Verteilungszeitraum auch über das Ende eines Bewilligungszeitraumes Einkommen. Ist nach der Antragstellung eine als Einkommen zu berücksichtigende einmalige Einnahme zugeflossen, die bei Aufhebung der Bewilligungsentscheidung oder Ende des Bewilligungsabschnitts noch nicht völlig verbraucht war, ändert das Ende des Bewilligungszeitraumes und erneute Antragstellung allein die Bewertung der Einnahme nicht. Das Einkommen verwandelt sich nicht gleichsam durch eine neue Antragstellung in Vermögen (BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – juris). Auf den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2011 bis 31.09.2011 ist jedoch § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung (n.F.) anzuwenden. Bei der Anrechnung der Erbschaft handelt es sich nicht um ein vor Inkrafttreten der Norm abgeschlossenes Sozialleistungsverhältnis. Ein Rechtssatz ist grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes richtet sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt. Auch unter Berücksichtigung des Geltungszeitraumprinzips werden bereits vor einer Rechtsänderung eingetretene Rechtswirkungen nicht mehr erfasst; auf bereits eingetretene Rechtsfolgen wirkt das neue Recht nicht zurück (BSG, Urteil vom 02. Mai 2012 – B 11 AL 18/11 R –, juris). Umgekehrt kann ein Rechtssatz nur dann über das Inkrafttreten einer Neuregelung hinaus fortwirken, wenn die Rechtswirkung des außer Kraft getretenen Rechtssatzes bereits verwirklicht ist.
Die Aufteilung und Anrechnung des Einkommens war nicht vor dem 01.04.2011 abgeschlossen. Gemäß § 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld, Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung in der Fassung vom 18.12.2008 (ALG II-VO a.F.) sind für andere Einnahmen als Erwerbseinkommen die Regelungen des § 2 ALG II-VO entsprechend anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 4 ALG II-VO a.F. sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Eine Aufteilung des Einkommens war hier erforderlich, um – wie von der Betreuerin der Klägerin ausdrücklich gewünscht – den Leistungsanspruch und damit die Mitgliedschaft in den gesetzlichen Sozialversicherungen aufrechtzuerhalten. Durch die Aufteilung auf zwölf Monate war die Klägerin zunächst auch nicht beschwert.
Die Aufteilung von einmaligen Einnahmen und Anrechnung als Einkommen in der Folgezeit ist aber kein abtrennbarer Streitgegenstand, der einer isolierten Regelung zugänglich wäre, die dann in Bestandskraft erwachsen könnte. Eine Entscheidung über die Anrechnung der einmaligen Einnahme in Folgezeiträumen wird mit der erstmaligen Aufteilung einer Einnahme nicht getroffen. Sie wäre nicht einmal möglich. Die Leistungsbewilligung für einen weiteren Bewilligungszeitraum setzt zunächst gemäß § 37 SGB II einen Antrag des Leistungsberechtigten voraus, der zur Zeit der Entscheidung über eine Aufteilung keineswegs gewiss ist. Weiterhin ist auf einen Weiterbewilligungsantrag die Hilfebedürftigkeit und damit das Vorhandensein von Einkommen unabhängig von der vorgenommenen Aufteilung tatsächlich zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 33/12 R –, juris). Eine einmalige, aufgeteilte Einnahme ist kein fiktives Einkommen. Eine bedarfsmindernde Anrechnung kann nur erfolgen, soweit die aufgeteilte Einnahme als bereites Mittel noch zur Verfügung steht und eine Anrechnung auch noch zulässig ist. Die Einkommens- und Bedarfslage zu Beginn eines neuen Bewilligungszeitraumes nach einem einmaligen Einkommenszufluss ist damit ohne Bindung an die in einem vorhergehenden Bewilligungszeitraum getroffene Entscheidung über die Aufteilung zu beurteilen. Eine Rechtswirkung für den am 01.04.2011 beginnenden Bewilligungszeitraum war damit noch nicht eingetreten.
Die Klägerin hatte im Bewilligungszeitraum ab 01.04.2011 nach der dann geltenden Rechtslage kein zu berücksichtigendes Einkommen. Nach § 11 Abs. 3 SGB II n.F. sind einmalige Einnahmen in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.
In der BT-Drucksache 17/3404 ist dazu ausgeführt (S. 94): " In Absatz 3 wird unter Streichung der bisherigen Regelung in der Arbeitslo- sengeld II/Sozialgeld-Verordnung die Verteilung einmaliger Einnahmen gere- gelt. Einmalige Einnahmen sind, je nach dem, ob Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den laufenden Monat bereits erbracht worden sind, im Zufluss- oder Folgemonat zu berücksichtigen. Führt eine einmalige Einnahme nicht zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit, ist sie vollständig im Zufluss- oder Folgemonat unter Berücksichtigung der Absetzbeträge nach § 11 b zu be- rücksichtigen. Andernfalls ist sie gleichmäßig auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuteilen, unabhängig davon, ob dann für diesen Zeitraum Hilfebe- dürftigkeit entfällt oder nicht. Die Aufteilung auf sechs Monate gilt auch dann, wenn die Leistungsberechtigung absehbar innerhalb einer kürzeren Frist en- det. "
Die Folge einer weniger weitgehenden Anrechnung einmaliger Einnahmen war nach dieser Begründung erkannt und gewollt. Diesem Willen des Gesetzgebers entspricht die Anwen¬dung des § 11 Abs. 3 SGB II n.F. auf den am 01.04.2011 beginnenden Bewilligungszeit¬raum. Der letzte Einkommenszufluss fand bereits im Juli 2010 statt. Es fand eine Auftei¬lung auf 8 Monate vor Inkrafttreten der Neuregelung statt. Eine Aufteilung über sechs Mo¬nate hinaus ist nach der ab 01.04.2011 geltenden Rechtslage ausdrücklich ausgeschlossen. Damit besteht für eine Anrechnung der mehr als sechs Monate zurückliegenden Einnahme keine Rechtsgrundlage mehr.
Eine abweichende Regelung oder Übergangsregelung für eine vor dem 01.04.2011 begon¬nene, nicht abgeschlossene Aufteilung eines einmaligen Einkommens besieht nicht. Eine Übergangsregelung zu dieser Frage ist in § 77 SGB II nicht enthalten.
Noch vorhandene Teile der zugeflossenen Summe sind nach Ende der Anrechnung Vermögen, das evtl. zur Bestreitung des Lebensunterhaltes einzusetzen ist. Nach der erfolgten Anrechnung war ein Betrag von 1805,48 EUR als Vermögen anzunehmen (vgl. Geiger in Münchner, LPK-SGB II, 5. Auflage, Baden-Baden 2013, Rz. 42 zu § 11 SGB II). Dieser Betrag ist nicht gemäß § 12 SGB II zum Lebensunterhalt einzusetzen. Die Klägerin verfügt, wie aus der Erklärung zum PKH-Antrag zu entnehmen, nicht über weiteres Vermögen.
Die Klägerin hat danach Anspruch auf monatliche Leistungen in Höhe von 644,00 EUR (364,00 EUR RS und 280,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Die Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls wie § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung auf eine vor dem 01.04.2011 zugeflossene, gemäß § 2 Abs. 4 ALG II VO in der bis 31.03.2011 geltenden Fassung aufgeteilte einmalige Einnahme anzuwenden ist, ist bislang nicht geklärt.
Schmidt Koar Tröger
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