Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 27 AS 4206/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 1574/12 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ob ein abweichender Mehrbedarf für die Warmwasserbereitung nach § 21 Abs. 7 Satz 1 letzter Halbsatz SGB II besteht, wenn im Einzelfall konkret ermittelt werden kann, welcher Energieanteil auf die Warmwasserversorgung entfällt und ob dieser in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten zu übernehmen ist, oder ob auch in diesen Fällen ein begründeter Ausnahmefall vom Leistungsberechtigten geltend zu machen ist, bedarf einer grundsätzlichen Klärung, ebenso wie die Frage, ob eine abstrakte Grenze für unangemessene Kosten der Warmwasserbereitung bestehen könnte und wo diese ggf. zu ziehen wäre.
I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 19. Dezember 2012 zugelassen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Warmwasserversorgung nach § 21 Abs. 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; in der seit 01.04.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuches vom 24.03.2011, BGBl. I. S. 453, in der Bekanntmachung der Neufassung vom 13.05.2011, BGBl. I S. 850) für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.11.2011 zu gewähren sind.
Die 1954 geborene Klägerin steht seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Auf ihre Weiterbewilligungsanträge hatte der Beklagte ihr zunächst monatliche Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 01.10.2010 bis 31.05.2011 in Höhe von 666,00 EUR (Bescheid vom 14.10.2010) und für den Bewilligungszeitraum vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 in Höhe von 671,00 EUR (Bescheid vom 02.05.2011; davon jeweils monatlich 307,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) bewilligt.
Am 01.07.2011 beschwerte sich die Klägerin beim Beklagten, weil ihr ab Beginn des Jahres Heizkosten für Warmwasser zustünden. Darauf bestehe sie selbstverständlich rückwirkend. Ihre letzte Jahresabrechnung habe 162,08 EUR betragen. Eine telefonische Nachfrage beim Vermieter der Klägerin ergab, dass die Versorgung nur mit Fernwärme ohne Warmwasseraufbereitung erfolge. Daraufhin gewährte der Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheiden vom 05.07.2011 für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 bzw. vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 monatliche Leistungen in Höhe von 679,00 EUR inklusive eines monatlichen Mehrbedarf für Warmwasserbereitung von 8,00 EUR. Der Widerspruch der Klägerin dagegen, den sie damit begründete, dass die pauschale Erstattung bei Warmwasserversorgung durch Strom unzureichend sei, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29.07.2011).
Am 09.08.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass sich ihr letzter Betrag für die Warmwasserbereitung auf monatlich 13,60 EUR belaufen habe. Da ihr Verbrauch im Durchschnitt liege, stehe ihr auch die vollständige Erstattung zu und nicht ein fiktiv festgelegter Betrag von 8,00 EUR. Die sonstigen Mietkosten würden nicht fiktiv sondern tatsächlich übernommen, was selbstverständlich auch für die Warmwasserkosten gelten müsse. Bei der ungenügenden Pauschalierung sei sie benachteiligt gegenüber den Mietern, bei denen die Warmwasserversorgung in der Gesamtmiete in den Betriebskosten mit verrechnet werde, was größtenteils der Fall sei. Das verstoße gegen den Gleichheitssatz. Die genaue Warmwasserabrechnung könne von ihr vorgelegt werden, da die Gasabrechnung nur das Warmwasser betreffe, sodass hier wie bei den Mietern, bei denen die Warmwasserkosten in den Betriebskosten enthalten seien, der tatsächliche Betrag zu erstatten sei. Es bestehe ein großer Unterscheid, ob früher 8,00 EUR abgezogen oder jetzt gezahlt würden. Bei einer Jahresabrechnung, die noch anderen Verbrauch beinhalte, z.B. Gasherd, sollte ein Pauschbetrag nochmals neu ermittelt werden. Auf die gerichtliche Anfrage, ob ein im Einzelfall abweichender Bedarf als Ausnahme geltend gemacht werde, hat die Klägerin an ihrem bisherigen Vorbringen festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage nach vorheriger Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2012 abgewiesen. Die streitbefangenen Änderungsbescheide vom 05.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2012 seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht habe der Beklagte den nach § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II errechneten Betrag von 8,37 EUR gemäß § 77 Abs. 5 SGB II auf 8,00 EUR abgerundet. Ein weiterer Anspruch auf die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen der dezentralen Warmwassererzeugung, der über den mit den angegriffenen Bescheiden bewilligten Mehrbedarf hinaus gehe, sei nicht gegeben. Umstände des Einzelfalls i.S.v. § 21 Abs. 7 Satz 2 Halbsatz 2 SGB II, die eine abweichende Bewertung ergeben könnten, seien nicht ersichtlich. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Daraufhin hat die Klägerin gegen den am 22.12.2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 27.12.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, weil eine grundsätzliche Entscheidung notwendig sei. In diesem Verfahren sei nicht auf ihre Argumente eingegangen worden. Die Kostenerstattung der Wohnkosten werde durch die unterschiedlichen Abrechnungsarten nicht für alle gleich gewährt. Ein Teil müsse dadurch Wohnkosten von der Regelleistung bezahlen. Der angegebene Mehrbedarf von 2,3 % werde nur den Empfängern von getrennten Abrechnungen gewährt. Ist die Warmwasserabrechnung in den gesamten Betriebskosten enthalten, werde grundsätzlich der volle Betrag erstattet. Eine Ungleichbehandlung bei den Wohnkosten sei nicht zulässig. Eine grundsätzliche Entscheidung für alle Alg II-Empfänger sei demnach von außerordentlicher Bedeutung.
Sie beantragt sinngemäß, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 19. Dezember 2012 zuzulassen und das Verfahren als Berufungsverfahren fortzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte des Beklagten (Band II Bl. 155-274) verwiesen.
II.
Die statthafte und zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist begründet.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier maßgeblichen, ab 01.04.2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand ist vorliegend die Verpflichtung des Beklagten zur Mehrleistung von monatlich (13,60 – 8,00 =) 5,60 EUR für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.11.2011 an die Klägerin. Auch in der Summe liegt dieser Betrag weit unter der 750,00-EUR-Grenze. Die Berufung bedurfte somit der ausdrücklichen Zulassung, die vom Sozialgericht nicht ausgesprochen wurde.
Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Indivi¬dualinteresse genügt nicht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 144 RdNr. 28). Eine solche grundsätzlich klärungsbedürftige Frage macht die Klägerin geltend, in dem sie auf die – aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigte – Ungleichbehandlung von Leistungsberechtigten, bei denen die Warmwasserbereitung zusammen mit der Heizung der Wohnung erfolgt, und denen, die dezentral ihr Warmwasser erzeugen, hinweist.
Mit Wirkung vom 01.01.2011 gehört zum Regelbedarf nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II u.a. die Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile. Dementsprechend werden gemäß § 21 Abs. 7 Satz 1 a.E. SGB II (auch nachträglich; vgl. § 77 Abs. 6 SGB II) die tatsächlichen Aufwendungen für die Erzeugung von Warmwasser als Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erbracht. § 21 Abs. 7 Satz 1 SGB II sieht ferner vor, bei Leistungsberechtigten einen Mehrbedarf anzuerkennen, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung). Während im ersten Fall die Kosten für das verbrauchte Warmwasser zusammen mit den übrigen Heizkosten grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Kosten übernommen werden, sofern diese angemessen sind oder keine Kostensenkungsaufforderung ergangen ist, stehen den Leistungsberechtigten, die ihr Wasser unabhängig von der Heizungsanlage dezentral in der eigenen Wohnung erwärmen, zunächst nur die in § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II normierten Pauschalen für Mehrbedarf zu, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf nach § 21 Abs. 7 Satz 2 letzter Halbsatz SGB II besteht und anerkannt wird. Aus dieser zum 01.01.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderung resultiert eine indirekte Erhöhung des Regelbedarfs (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 12.07.2012 – B 14 AS 153/11 R, RdNr. 61, zitiert nach Juris). Denn nunmehr ist regelmäßig vorgesehen, die tatsächlich anfallenden und angemessenen Kosten für die Warmwasserversorgung gemeinsam mit den übrigen Kosten für die Heizung als Mietnebenkosten nach § 22 SGB II zu übernehmen, wenn keine dezentrale Warmwasserversorgung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 28.03.2013 – B 4 AS 47/12 R, RdNr. 14), während vorher eine Warmwasserpauschale von den tatsächlichen (angemessenen) Heizkosten abgezogen wurde (seit BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 14/11b AS 15/07 R).
Für die Fälle der dezentralen Warmwasserversorgung – wie bei der Klägerin – ergeben sich rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II. So hat das Landssozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, dass die in § 21 Abs. 7 Satz 2 1. Halbsatz SGB II festgelegten Pauschalen nicht als gesetzlich normierte Angemessenheitsgrenzen zu verstehen seien, sondern dann zur Anwendung kämen, wenn sich die Warmwassererzeugungskosten in Ermangelung entsprechender technischer Vorrichtung nicht konkret ermitteln lassen (Beschluss vom 28.05.2013 – L 9 AS 541/13 B; RdNr. 14). Ein höherer abweichender Bedarf könne geltend gemacht werden, wenn tatsächlich im streitgegenständlichen Zeitraum höhere Aufwendungen fällig geworden seien (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 28.05.2013 – L 9 AS 540/13 B, RdNr. 5). Ferner halten Münder (in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 21 RdNr. 46) und von Boetticher (in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013; § 21 RdNr. 46) eine sachgerechte, transparente und begründete Ermittlung auch für den in § 21 Abs. 7 SGB II normierten Mehrbedarf für erforderlich, da auch die Kosten der Warmwasserversorgung zum verfassungsrechtlich verbürgten Existenzminimum gehörten. Knickrehm/Hahn halten die Möglichkeit, im Einzelfall einen abweichenden Bedarf anzuerkennen, aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten für nötig, um den existenzsichernden Bedarf sicherzustellen (in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 21 RdNr. 18). In welcher Höhe Warmwasserbereitungskosten als Bedarf für Unterkunft und Heizung oder als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II als angemessen anerkannt werden, wird in der Praxis zudem unterschiedlich gehandhabt (vgl. Darstellung für Nürnberg, Berlin und München bei Eckhardt, Zur Frage der Angemessenheit der Energiekosten zur Bereitung von Warmwasser im SGB II, in info also 2012, S. 200ff.). Eckhardt gelangt zudem zu der Feststellung, dass der Mehrbedarf für Warmwasser in der Regel den Bedarf für dezentrale Warmwasserbereitung nicht deckt (a.a.O., S. 204). Ob also – wie im Falle der Klägerin – ein abweichender (Mehr-)Bedarf für die Warmwasserbereitung nach § 21 Abs. 7 Satz 1 letzter Halbsatz SGB II besteht, wenn in Einzelfall konkret ermittelt werden kann, welcher Energieanteil auf die Warmwasserversorgung entfällt und ob dieser in Höhe der angefallenen Kosten zu übernehmen ist, oder ob auch in diesen Fällen ein begründeter Ausnahmefall vom Leistungsberechtigten geltend zu machen ist, bedarf einer grundsätzlichen Klärung, ebenso wie die Frage, ob eine abstrakte Grenze für unangemessene Kosten der Warmwasserbereitung bestehen könnte und wo diese ggf. zu ziehen wäre.
Nach alledem ist die Berufung zuzulassen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Dr. Anders Brügmann Wagner
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Warmwasserversorgung nach § 21 Abs. 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; in der seit 01.04.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuches vom 24.03.2011, BGBl. I. S. 453, in der Bekanntmachung der Neufassung vom 13.05.2011, BGBl. I S. 850) für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.11.2011 zu gewähren sind.
Die 1954 geborene Klägerin steht seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Auf ihre Weiterbewilligungsanträge hatte der Beklagte ihr zunächst monatliche Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 01.10.2010 bis 31.05.2011 in Höhe von 666,00 EUR (Bescheid vom 14.10.2010) und für den Bewilligungszeitraum vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 in Höhe von 671,00 EUR (Bescheid vom 02.05.2011; davon jeweils monatlich 307,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) bewilligt.
Am 01.07.2011 beschwerte sich die Klägerin beim Beklagten, weil ihr ab Beginn des Jahres Heizkosten für Warmwasser zustünden. Darauf bestehe sie selbstverständlich rückwirkend. Ihre letzte Jahresabrechnung habe 162,08 EUR betragen. Eine telefonische Nachfrage beim Vermieter der Klägerin ergab, dass die Versorgung nur mit Fernwärme ohne Warmwasseraufbereitung erfolge. Daraufhin gewährte der Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheiden vom 05.07.2011 für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 bzw. vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 monatliche Leistungen in Höhe von 679,00 EUR inklusive eines monatlichen Mehrbedarf für Warmwasserbereitung von 8,00 EUR. Der Widerspruch der Klägerin dagegen, den sie damit begründete, dass die pauschale Erstattung bei Warmwasserversorgung durch Strom unzureichend sei, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29.07.2011).
Am 09.08.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass sich ihr letzter Betrag für die Warmwasserbereitung auf monatlich 13,60 EUR belaufen habe. Da ihr Verbrauch im Durchschnitt liege, stehe ihr auch die vollständige Erstattung zu und nicht ein fiktiv festgelegter Betrag von 8,00 EUR. Die sonstigen Mietkosten würden nicht fiktiv sondern tatsächlich übernommen, was selbstverständlich auch für die Warmwasserkosten gelten müsse. Bei der ungenügenden Pauschalierung sei sie benachteiligt gegenüber den Mietern, bei denen die Warmwasserversorgung in der Gesamtmiete in den Betriebskosten mit verrechnet werde, was größtenteils der Fall sei. Das verstoße gegen den Gleichheitssatz. Die genaue Warmwasserabrechnung könne von ihr vorgelegt werden, da die Gasabrechnung nur das Warmwasser betreffe, sodass hier wie bei den Mietern, bei denen die Warmwasserkosten in den Betriebskosten enthalten seien, der tatsächliche Betrag zu erstatten sei. Es bestehe ein großer Unterscheid, ob früher 8,00 EUR abgezogen oder jetzt gezahlt würden. Bei einer Jahresabrechnung, die noch anderen Verbrauch beinhalte, z.B. Gasherd, sollte ein Pauschbetrag nochmals neu ermittelt werden. Auf die gerichtliche Anfrage, ob ein im Einzelfall abweichender Bedarf als Ausnahme geltend gemacht werde, hat die Klägerin an ihrem bisherigen Vorbringen festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage nach vorheriger Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2012 abgewiesen. Die streitbefangenen Änderungsbescheide vom 05.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2012 seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht habe der Beklagte den nach § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II errechneten Betrag von 8,37 EUR gemäß § 77 Abs. 5 SGB II auf 8,00 EUR abgerundet. Ein weiterer Anspruch auf die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen der dezentralen Warmwassererzeugung, der über den mit den angegriffenen Bescheiden bewilligten Mehrbedarf hinaus gehe, sei nicht gegeben. Umstände des Einzelfalls i.S.v. § 21 Abs. 7 Satz 2 Halbsatz 2 SGB II, die eine abweichende Bewertung ergeben könnten, seien nicht ersichtlich. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Daraufhin hat die Klägerin gegen den am 22.12.2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 27.12.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, weil eine grundsätzliche Entscheidung notwendig sei. In diesem Verfahren sei nicht auf ihre Argumente eingegangen worden. Die Kostenerstattung der Wohnkosten werde durch die unterschiedlichen Abrechnungsarten nicht für alle gleich gewährt. Ein Teil müsse dadurch Wohnkosten von der Regelleistung bezahlen. Der angegebene Mehrbedarf von 2,3 % werde nur den Empfängern von getrennten Abrechnungen gewährt. Ist die Warmwasserabrechnung in den gesamten Betriebskosten enthalten, werde grundsätzlich der volle Betrag erstattet. Eine Ungleichbehandlung bei den Wohnkosten sei nicht zulässig. Eine grundsätzliche Entscheidung für alle Alg II-Empfänger sei demnach von außerordentlicher Bedeutung.
Sie beantragt sinngemäß, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 19. Dezember 2012 zuzulassen und das Verfahren als Berufungsverfahren fortzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte des Beklagten (Band II Bl. 155-274) verwiesen.
II.
Die statthafte und zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist begründet.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier maßgeblichen, ab 01.04.2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand ist vorliegend die Verpflichtung des Beklagten zur Mehrleistung von monatlich (13,60 – 8,00 =) 5,60 EUR für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.11.2011 an die Klägerin. Auch in der Summe liegt dieser Betrag weit unter der 750,00-EUR-Grenze. Die Berufung bedurfte somit der ausdrücklichen Zulassung, die vom Sozialgericht nicht ausgesprochen wurde.
Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Indivi¬dualinteresse genügt nicht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 144 RdNr. 28). Eine solche grundsätzlich klärungsbedürftige Frage macht die Klägerin geltend, in dem sie auf die – aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigte – Ungleichbehandlung von Leistungsberechtigten, bei denen die Warmwasserbereitung zusammen mit der Heizung der Wohnung erfolgt, und denen, die dezentral ihr Warmwasser erzeugen, hinweist.
Mit Wirkung vom 01.01.2011 gehört zum Regelbedarf nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II u.a. die Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile. Dementsprechend werden gemäß § 21 Abs. 7 Satz 1 a.E. SGB II (auch nachträglich; vgl. § 77 Abs. 6 SGB II) die tatsächlichen Aufwendungen für die Erzeugung von Warmwasser als Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erbracht. § 21 Abs. 7 Satz 1 SGB II sieht ferner vor, bei Leistungsberechtigten einen Mehrbedarf anzuerkennen, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung). Während im ersten Fall die Kosten für das verbrauchte Warmwasser zusammen mit den übrigen Heizkosten grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Kosten übernommen werden, sofern diese angemessen sind oder keine Kostensenkungsaufforderung ergangen ist, stehen den Leistungsberechtigten, die ihr Wasser unabhängig von der Heizungsanlage dezentral in der eigenen Wohnung erwärmen, zunächst nur die in § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II normierten Pauschalen für Mehrbedarf zu, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf nach § 21 Abs. 7 Satz 2 letzter Halbsatz SGB II besteht und anerkannt wird. Aus dieser zum 01.01.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderung resultiert eine indirekte Erhöhung des Regelbedarfs (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 12.07.2012 – B 14 AS 153/11 R, RdNr. 61, zitiert nach Juris). Denn nunmehr ist regelmäßig vorgesehen, die tatsächlich anfallenden und angemessenen Kosten für die Warmwasserversorgung gemeinsam mit den übrigen Kosten für die Heizung als Mietnebenkosten nach § 22 SGB II zu übernehmen, wenn keine dezentrale Warmwasserversorgung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 28.03.2013 – B 4 AS 47/12 R, RdNr. 14), während vorher eine Warmwasserpauschale von den tatsächlichen (angemessenen) Heizkosten abgezogen wurde (seit BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 14/11b AS 15/07 R).
Für die Fälle der dezentralen Warmwasserversorgung – wie bei der Klägerin – ergeben sich rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II. So hat das Landssozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, dass die in § 21 Abs. 7 Satz 2 1. Halbsatz SGB II festgelegten Pauschalen nicht als gesetzlich normierte Angemessenheitsgrenzen zu verstehen seien, sondern dann zur Anwendung kämen, wenn sich die Warmwassererzeugungskosten in Ermangelung entsprechender technischer Vorrichtung nicht konkret ermitteln lassen (Beschluss vom 28.05.2013 – L 9 AS 541/13 B; RdNr. 14). Ein höherer abweichender Bedarf könne geltend gemacht werden, wenn tatsächlich im streitgegenständlichen Zeitraum höhere Aufwendungen fällig geworden seien (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 28.05.2013 – L 9 AS 540/13 B, RdNr. 5). Ferner halten Münder (in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 21 RdNr. 46) und von Boetticher (in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013; § 21 RdNr. 46) eine sachgerechte, transparente und begründete Ermittlung auch für den in § 21 Abs. 7 SGB II normierten Mehrbedarf für erforderlich, da auch die Kosten der Warmwasserversorgung zum verfassungsrechtlich verbürgten Existenzminimum gehörten. Knickrehm/Hahn halten die Möglichkeit, im Einzelfall einen abweichenden Bedarf anzuerkennen, aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten für nötig, um den existenzsichernden Bedarf sicherzustellen (in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 21 RdNr. 18). In welcher Höhe Warmwasserbereitungskosten als Bedarf für Unterkunft und Heizung oder als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II als angemessen anerkannt werden, wird in der Praxis zudem unterschiedlich gehandhabt (vgl. Darstellung für Nürnberg, Berlin und München bei Eckhardt, Zur Frage der Angemessenheit der Energiekosten zur Bereitung von Warmwasser im SGB II, in info also 2012, S. 200ff.). Eckhardt gelangt zudem zu der Feststellung, dass der Mehrbedarf für Warmwasser in der Regel den Bedarf für dezentrale Warmwasserbereitung nicht deckt (a.a.O., S. 204). Ob also – wie im Falle der Klägerin – ein abweichender (Mehr-)Bedarf für die Warmwasserbereitung nach § 21 Abs. 7 Satz 1 letzter Halbsatz SGB II besteht, wenn in Einzelfall konkret ermittelt werden kann, welcher Energieanteil auf die Warmwasserversorgung entfällt und ob dieser in Höhe der angefallenen Kosten zu übernehmen ist, oder ob auch in diesen Fällen ein begründeter Ausnahmefall vom Leistungsberechtigten geltend zu machen ist, bedarf einer grundsätzlichen Klärung, ebenso wie die Frage, ob eine abstrakte Grenze für unangemessene Kosten der Warmwasserbereitung bestehen könnte und wo diese ggf. zu ziehen wäre.
Nach alledem ist die Berufung zuzulassen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Dr. Anders Brügmann Wagner
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