Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 5677/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 12.12.2013 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 31.03.2014, Leistungen nach dem SGB II – mit Ausnahme von Bedarfen für Unterkunft und Heizung – zu gewähren. Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers. Dem Antragsteller wird für diesen Rechtszug für die Zeit ab dem 12.12.2013 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt XXX aus Dortmund beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II).
Der am 23.12.1961 geborene Antragsteller ist marokkanischer Staatsangehöriger.
Am 15.10.2013 stellte er bei dem Antragsgegner erstmals einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II.
Er gab ausweislich des bei Antragstellung gefertigten Vermerks am 15.10.2013 nebst "Lebenslauf" vom gleichen Tag mündlich und in den am 08.11.2013 abgegebenen Antragsformulare schriftlich u. a. an, dass er am 24.07.2012 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei, vom 10.12.2012 bis zum 06.03.2013 in einer Nebenbeschäftigung als Gerüstbauer für die XXX gearbeitet habe und seitdem bzw. nun arbeitslos sei, ohne einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben zu haben. Er sei vollkommen einkommens- und vermögenslos. Seit dem 19.05.2006 sei er mit Frau XXX einer spanischen Staatsangehörigen, verheiratet. Er und seine Ehefrau seien die Eltern einer siebenjährigen Tochter. Seine Ehefrau und die Tochter halten sich nicht mit ihm in Deutschland auf, da seine Schwiegermutter krank sei und gepflegt werden müsse. Sein Lebensunterhalt werde durch geliehenes Geld sichergestellt und sein Wohnbedarf dadurch, dass er derzeit mietfrei bei seiner – selbst Leistungen nach dem SGB II beziehenden – Schwester wohne.
Er legte anlässlich der Antragstellung bzw. der Abgabe der Formulare u. a. folgende Unterlagen vor: Einen marokkanischen Pass, eine Ummeldebestätigung der Stadt Dortmund, seinen von der Deutschen Rentenversicherung Westfalen am 04.09.2012 ausgestellten Sozialversicherungsausweis, eine Verhandlungsniederschrift der Stadt Dortmund – Ordnungsamt – vom 08.07.2013 über eine Vorsprache des Antragstellers und seiner Ehefrau bei der Ausländerbehörde vom gleichen Tag, eine spanische Daueraufenthaltskarte und seine am 23.07.2013 von der Stadt Dortmund ausgestellte und bis zum 22.07.2014 gültige Aufenthaltskarte nach § 5 FreizügG/EU.
Aus der Verhandlungsniederschrift der Stadt Dortmund – Ordnungsamt – vom 08.07.2013 ergibt sich, dass der "Die/der Og." erklärt: "Ich bin im August zusammen mit meiner Tochter nach Spanien gereist, da meine Mutter schwer erkrankt ist. Unsere Tochter geht in Spanien zur Schule. Ich bin seit dem 04.07.2013 wieder hier in Deutschland für drei Wochen. Dann geht es wieder nach Spanien da ich meine Mutter pflegen muss. Ich kann nur nach Deutschland kommen wenn einer auf meine Mutter aufpassen kann, ich kann sie leider nicht allein lassen. Ich will irgendwann komplett in Deutschland bleiben aber leider kann ich noch nicht sagen wann."
Mit Bescheid vom 08.11.2013 wurde der Antrag abgelehnt. Zur Begründung verwies der Antragsgegner auf den Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
Gegen diesen Verwaltungsakt erhob der Antragsteller am 28.11.2013 durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2013 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung verwies er wiederum auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Es liege ein Aufenthalt allein zur Arbeitssuche vor.
Gegen den Bescheid vom 08.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2013 richtet sich die am 12.12.2013 erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage des Antragstellers, die bei der Kammer unter dem Az. S 32 AS 5736/13 anhängig ist.
Ebenfalls am 12.12.2013 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
Er trägt u. a. – wie schon im Widerspruchsverfahren – vor, dass er zwar marokkanischer Staatsangehöriger sei, aufgrund seiner Eheschließung mit einer spanischen Staatsangehörigen aber einem Unionsbürger gleich gestellt sei. Er lebe nicht von seiner Ehefrau getrennt. Diese halte sich nur zur Pflege ihrer schwer erkrankten Mutter noch in Melilla, Spanien, auf. Die Familie wolle zukünftig gemeinsam in Dortmund wohnen. Er habe ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der EU. Bei dieser Sachlage seien ihm Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Er leide derzeit Not und könne nicht zum Arzt gehen. Er werde zurzeit von seiner Familie mit Naturalien unterstützt. Der Antragsteller hat als Anlagen zur Antragsschrift und seinen ergänzenden Schriftsätzen in Ergänzung zu den bereits im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen u. a. folgende Dokumente eingereicht: Die Heiratsurkunde mit deutscher Übersetzung, eine Bitte um Vorsprache der Stadt Dortmund – Ordnungsamt / Bürgerdienste International – vom 17.01.2013 zwecks Klärung der aufenthaltsrechtlichen Verhältnisse, zwei Bescheinigungen gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU der Stadt Dortmund – Ordnungsamt / Bürgerdienste International – vom 13.08.2012 und vom 07.05.2013, eine eidesstattliche Versicherung vom 11.12.2013, eine nicht datierte ergänzende persönliche Erklärung und Kontoauszüge.
Der Antragsteller beantragt,
1. ihm für das Verfahren im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe zu bewilligen und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte seinen Bevollmächtigten beizuordnen, 2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab sofort Leistungen nach SGB II zu bewilligen und 3. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verweist zunächst auf die Ausführungen in seinem Widerspruchsbescheid. Des Weiteren führt er u. a. aus, dass zweifelhaft sei, ob das FreizügG/EU überhaupt zur Anwendung gelangen könne, da sich die Ehefrau des Antragstellers als diejenige Person, von der als drittstaatsangehöriger Familienangehöriger seine Freizügigkeitsberechtigung ableiten wolle, in Spanien befinde und daher nicht von ihrer eigenen Freizügigkeitsberechtigung Gebrauch mache. Aber auch bei Anwendbarkeit des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) liege ein Aufenthalt allein zur Arbeitssuche i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vor (§§ 18-21 AufenthG).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten S 32 AS 5677/13 ER und S 32 AS 5736/13 und der Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung.
II.
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch) und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund).
Eilbedarf besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – NVwZ 2005, 927 = juris (Rn. 23); BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 – BVerfGE 93, 1 = juris (Rn. 28)). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 a. a. O.).
Der geltend gemachte (Anordnungs-)Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B – juris (Rn. 5) m. w. N.), wenn also mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2013 – L 5 AS 107/13 B ER – juris (Rn. 32) m. w. N.).
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 25)). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 26); Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rn. 29, 29a).
Nach diesen Maßstäben musste der Antrag im tenorierten Umfang Erfolg haben.
Der Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht worden.
Der Antragsteller gehört zunächst zu dem Personenkreis, für den die im SGB II aufgeführten Leistungen vorgesehen sind, denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II).
Er ist ferner erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 8 SGB II. An der gesundheitlichen Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 SGB II bestehen keine Zweifel. Auch die rechtliche Erwerbsfähigkeit gem. § 8 Abs. 2 SGB II, die nur vorliegt, wenn eine Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte, ist gegeben. Da der Antragsteller als drittstaatsangehöriger Familienangehöriger – jedenfalls derzeit – in den persönlichen Anwendungsbereich des FreizügG/EU fällt (§ 2 Abs. 1 und 2 Nr. 6 i. V. m. §§ 3, 4 FreizügG/EU i. V. m. § 11 Abs. 2 FreizügG/EU, dazu sogleich näher), ergibt sich das daraus, dass er aufgrund dieser Stellung den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt besitzt wie der Unionsbürger, von dem er seine Freizügigkeitsberechtigung ableitet, hier also wie seine spanische Ehefrau. Denn den Familienangehörigen der Unionsbürger wird das sich aus § 2 Abs. 1 FreizügG/EU bzw. aus den dieser Norm zugrunde liegenden europäischen Rechtsvorschriften über die Freizügigkeit ergebende Recht auf Einreise und Aufenthalt mit allen damit zusammenhängenden Rechtsvorteilen, hier konkret das Recht aus der Grundfreiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV), den Arbeitsplatz frei von nationalen Behinderungen zu suchen (freier Arbeitsmarktzugang), unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit gewährt; ihre Rechtsstellung ist akzessorisch zu der des Stammberechtigten (vgl. Tewocht in: BeckOK FreizügG/EU § 2 Rn. 16 und § 3 Rn. 5). Spanische Staatsangehörige müssen wiederum wie alle anderen Unionsbürger mit Ausnahme von (heute nur noch) den Staatsangehörigen Kroatiens keine Arbeitsgenehmigung mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr einholen, bevor sie einer unselbständigen Beschäftigung nachgehen (vgl. §§ 13 FreizügG/EU, 284 SGB III, 39 Abs. 2-4 und Abs. 6 AufenthG). Dem Antragsteller ist die Aufnahme einer Beschäftigung daher ohne weiteres erlaubt. Rechtliche Erwerbsfähigkeit läge aber auch dann vor, wenn er nicht in den Anwendungsbereich des FreizügG/EU sondern in den des AufenthG fiele, und zwar unabhängig vom tatsächlichen Vorliegen einer Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung nach §§ 18 Abs. 2, 39 AufenthG. Denn für die Annahme, dass eine Beschäftigung i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II "erlaubt ist oder erlaubt werden könnte", reicht es aus, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne einer rechtlich-theoretischen Möglichkeit mit einer Zustimmung der Bundesagentur zur Beschäftigungsaufnahme erlaubt sein könnte, auch wenn dies im Einzelfall bezogen auf einen konkreten Arbeitsplatz durch die Verfügbarkeit geeigneter bevorrechtigter Bewerber (§ 39 Abs. 2 AufenthG) verhindert wird. Dass auf eine abstrakt-rechtliche Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abzustellen ist, ergibt sich ausdrücklich aus § 8 Abs. 2 Satz 2 SGB II, wonach die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ausreichend ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 15 f.); LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 35)). Daran, dass hier eine solche abstrakte Möglichkeit besteht, hat die Kammer keine Zweifel.
Der Antragsteller hat auch i. S. v. § 294 ZPO im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit hinreichend glaubhaft gemacht, dass er nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen in Bezug auf den Regelbedarf nach § 20 SGB II – Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II sind bei verständiger Auslegung des Eilantrags schon wegen der unstreitig mietfreien Unterkunft des Antragstellers nicht Streitgegenstand (dazu später näher) – als hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. §§ 9 ff. SGB II einzustufen ist. Zwar weisen seine Kontoauszüge bis auf Abbuchungen des Kontoführungsentgelts keine Buchungsvorgänge auf, was es als denkbar erscheinen lässt, dass der Regelbedarf des Antragstellers ganz oder teilweise durch den Zufluss von Bargeld gedeckt ist. Er hat jedoch eidesstattlich versichert, dass er derzeit über keinerlei Einkommen oder Vermögen verfügt und nur durch Hilfeleistungen von Verwandten – gemeint ist hier erkennbar jedenfalls seine Schwester, bei der auch mietfrei wohnt – unterstützt wird. Soweit danach Barzahlungen zunächst nicht ausgeschlossen erscheinen, versteht die Kammer diesen Vortrag dahingehend, dass die Schwester dem Antragsteller als Hilfebedürftigem nur zur Überbrückung der akuten Notlage durch Zur-Verfügung-Stellung von entsprechenden Barmitteln helfen will. In einer solchen Situation sollten diese Einnahmen nicht als Einkommen auf den Bedarf angerechnet werden (vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 9 Rn. 38 m. w. N.). Es ist aber auch nicht davon auszugehen, dass diese Unterstützungsleistungen, soweit sie nach § 9 Abs. 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen sein sollten, vollständig bedarfsdeckend sind. Es wird sich schon deshalb nicht um nennenswerte Beträge handeln, weil die Schwester selbst Leistungen nach dem SGB II bezieht. Aus diesem Grund kommt auch die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II von vornherein nicht zur Anwendung. Soweit es sich bei der Unterstützung durch die Schwester und ggf. andere Verwandte nur um Leistungen in Form von "Naturalien" handelt, wie der Antragsteller an anderer Stelle vorgetragen hat, sind diese ohnehin leistungsrechtlich irrelevant bzw. nicht als Einkommen anzurechnen (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 11 Alg II-V). Verbleibenden Zweifeln an der Hilfebedürftigkeit bzw. Fragen nach ihrem Ausmaß wird ggf. im Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein.
Der Antragsteller hat nach Auffassung der Kammer auch hinreichend glaubhaft gemacht, dass er in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) – Allgemeiner Teil –), denn der örtliche Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse ist faktisch dauerhaft – nämlich nicht auf Beendigung angelegt, sondern zukunftsoffen – im Inland (vgl. insoweit z. B. BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 18); LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 35)). Dass diese Voraussetzung erfüllt ist, ergibt sich hier in zeitlicher Hinsicht aus seinem unstreitig schon seit dem 24.07.2012 und damit seit immerhin eineinhalb Jahren währenden Aufenthalt in Deutschland und auch aus der Anwesenheit von Familienmitgliedern, jedenfalls der Schwester, bei der momentan wohnt, und aus der Absicht, seine Ehefrau und Tochter nach Deutschland zu holen, sobald die Pflege der Mutter anderweitig sichergestellt ist.
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu Lasten des Antragstellers eingreift, ist nach der Überzeugung der Kammer zu verneinen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II werden Ausländerinnen und Ausländer einschließlich ihrer Familienangehörigen aus dem Kreis der Leistungsberechtigten ausgenommen, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU) ergibt. Diese Vorschrift ist als Ausschlussregelung von existenzsichernden Sozialleistungen eng auszulegen. Auch aus dem Aufbau der Norm ist abzuleiten, dass positiv feststellt werden muss, dass dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 26 ff.); LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 57 ff.)).
Das Vorliegen eines solchen Sachverhalts lässt sich hier nicht positiv feststellen. Es ist entgegen der Begründung des Ablehnungsbescheides und des Widerspruchsbescheides nicht davon auszugehen, dass sich ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers (allein) aus dem Zweck der Arbeitssuche i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU ergibt. Und entgegen der Antragserwiderung ergibt sich auch aus Normen des AufenthG kein Aufenthaltsrecht allein zum Zweck der Arbeitssuche i. S. d. Leistungsausschlusses.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wäre § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht anwendbar, wenn der aufenthaltsrechtliche Status des Antragstellers sich nach dem AufenthG richten würde.
Selbst wenn der Antragsteller einen Aufenthaltstitel nach §§ 4, 7 AufenthG i. V. m. §§ 18 ff. AufenthG hätte oder bräuchte und mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (§ 39 AufenthG) erhalten könnte, wäre dies kein Aufenthaltsrecht zum Zweck der "Arbeitssuche". Ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche kennt das AufenthG – mit Ausnahme des hier nicht einschlägigen § 16 Abs. 4 AufenthG, über den Ausländern nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsuche gewährt werden kann – nicht. Anders als Unionsbürgern steht Drittstaatenangehörigen, für die das AufenthG gilt, daher grundsätzlich kein Aufenthaltsrecht in Deutschland zum Zweck der Arbeitsuche zu (vgl. Hackethal in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 7 Rn. 41; vgl. ferner Schreiber, info also 2008, 3 ff.).
Das VG München hat in einer Entscheidung insofern folgendes ausgeführt (Urteil vom 24.03.2011 – M 24 K 11.658 – juris (Rn. 31-35)):
"Eine von einem bestimmten Beschäftigungsverhältnis unabhängige Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit kommt ( ) nicht in Betracht, da es hierfür keine einschlägige Rechtsgrundlage gibt. 2.1 Nach § 4 Abs. 1 AufenthG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht u.a. durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anders bestimmt ist. Eine derartige Ausnahme liegt hier - wie im Folgenden ausgeführt wird - jedoch nicht vor. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG dürfen Ausländer eine Erwerbstätigkeit nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt, wobei sich dies nach dem Aufenthaltsgesetz bestimmt. In Betracht kommt im vorliegenden Fall eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 2 i. V. m. § 18 AufenthG, da der Kläger einer Beschäftigung nachgehen möchte. Einschlägig ist insoweit die Bestimmung des § 18 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn die Bundesagentur nach § 39 AufenthG zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur zulässig ist. Für Beschäftigungen, die - wie die vom Kläger bisher ins Auge gefassten - keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzen, gilt nach § 18 Abs. 3 AufenthG, dass eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden darf, wenn dies durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist oder wenn auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG die Erteilung der Zustimmung zu einer Aufenthaltserlaubnis für diese Beschäftigung zulässig ist. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 3 Alternative 2 AufenthG zum Zwecke der Beschäftigung würde dabei in jedem Fall nach § 32 Abs. 1 i. V. m. § 34 BeschV die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG voraussetzen. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG kann die Bundesagentur der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis zustimmen, wenn sich durch die Beschäftigung von Ausländern nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigungsstruktur, der Regionen und Wirtschaftszweige, nicht ergeben und für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen beschäftigungsrechtlich gleichgestellt sind oder die nach europarechtlichen Bestimmungen vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen. Wie sich aus den genannten Vorschriften ergibt, setzen diese in jedem Fall voraus, dass ein konkretes Beschäftigungsverhältnis Gegenstand der Erlaubnis ist, denn andernfalls kann weder beurteilt werden, ob im Hinblick auf die angestrebte Tätigkeit die Zustimmung der Arbeitsagentur erforderlich ist und ob diese gegebenenfalls erteilt werden kann. Eine abstrakte, d.h. von der Beschäftigung losgelöste Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung kann daher nach den angeführten Vorschriften nicht erteilt werden."
Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen vollumfänglich an.
Die Vorschriften des AufenthG sind hier jedoch ohnehin nicht anwendbar, da der Antragsteller in den Anwendungsbereich des FreizügG/EU fällt. Da – soweit ersichtlich – weder das Verfahren gem. § 2 Abs. 7 Satz 1 oder Satz 2 i. V. m. Satz 3 FreizügG/EU noch das das Verfahren gem. § 5 Abs. 4 FreizügG/EU (Feststellung des Nichtbestehens bzw. Verlusts des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU und bei Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, Einziehung der Aufenthaltskarte) durchgeführt worden ist (dazu später näher) und der Antragsteller mithin noch über seine am 23.07.2013 ausgestellte und bis zum 22.07.2014 geltende Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU (in der seit dem 29.01.2013 geltenden Fassung vom 21.01.2013) verfügt, steht 11 Abs. 2 FreizügG/EU einer Anwendung des AufenthG entgegen.
Zwar ist der Antragsteller nach Meinung der Kammer entweder noch nie materiell freizügigkeitsberechtigt gewesen oder zumindest mittlerweile nicht (mehr) materiell freizügigkeitsberechtigt und steht auch die Existenz der Aufenthaltskarte dieser Bewertung auch nicht entgegen. Jedoch findet § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in dieser Konstellation keine, auch keine analoge Anwendung:
Der Antragsteller besitzt kein originäres Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1-5 oder Nr. 7 FreizügG/EU oder § 11 Abs. 1 Satz 5 FreizügG/EU (i. V. m. etwaigen im Vergleich zum FreizügG/EU günstigeren Vorschriften des AufenthG), insbesondere kein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU), da er nicht Un ionsbürger sondern marokkanischer Staatsangehöriger ist.
Das Gericht nimmt zugunsten des Antragstellers an, dass ihm in der Vergangenheit nach Ablauf der ersten drei Monate eines "voraussetzungslosen" Aufenthalts (vgl. insoweit § 2 Abs. 5 FreizügG/EU) deshalb ein abgeleitetes materielles Aufenthaltsrecht, also eine abgeleitete Freizügigkeitsberechtigung, als Familienangehöriger nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 3 oder § 4 FreizügG/EU zugestanden haben mag, weil möglicherweise seine Ehefrau als Unionsbürgerin für eine gewisse Zeitspanne in Deutschland lebte und insofern ein materielles Aufenthaltsrecht (Freizügigkeitsberechtigung) nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, 4 oder 5 (nicht: Nr. 7) FreizügG/EU besaß.
Ferner nimmt das Gericht zugunsten des Antragstellers an, dass er seine Ehefrau (und vermutlich die gemeinsame Tochter) zunächst entweder begleitete oder ihr nachzog, also in Deutschland zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihr zusammen lebte (vgl. zu den Begriffen "begleiten" und "Nachziehen" Dienelt in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 3 FreizügG/EU Rn. 9; EuGH, Urteil vom 25.07.2008 – C-127/08 "Metock" – juris).
Für diese Annahme besteht deshalb Veranlassung, weil der Antragsteller am 24.07.2012 eingereist sein will und sich aus der Verhandlungsniederschrift des Ordnungsamtes der Stadt Dortmund vom 08.07.2013 ergibt, dass der "Die/der Og." – womit wegen der erwähnten eigenen Pflege der Mutter nur die Ehefrau des Antragstellers und nicht er selbst gemeint sein kann – "im August" wegen einer schwer Erkrankung der Mutter zusammen mit der Tochter nach Spanien gereist sei und die Tochter nun in Spanien zur Schule gehe. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass die Ehefrau des Antragstellers entweder schon vor ihm oder spätestens mit ihm am 24.07.2012 nach Deutschland einreiste und irgendwann im August – womit nur der August 2012 gemeint sein kann – mit der Tochter wieder ausreiste und nach Spanien zurückkehrte, um die Mutter zu pflegen.
Das Gericht geht davon aus, dass diese nicht nur kurzzeitig sondern nun schon für einen längeren Zeitraum bzw. auf unbestimmte Zeit zur Pflege der kranken Mutter vorgenommene (und allenfalls durch kurze Besuche wie den ausweislich des Datums der Verhandlungsniederschrift offenbar im Juli 2013 stattgefundenen dreiwöchigen Besuch unterbrochene) zusammen mit der Tochter vorgenommene Rückkehr der Ehefrau des Antragstellers nach Melilla als Wegzug zu werten ist und hierdurch eine etwaige ursprüngliche materielle Freizügigkeitsberechtigung der Ehefrau wieder entfallen ist.
Dadurch ist wiederum materiell auch das abgeleitete, insoweit akzessorische Aufenthaltsrecht des Antragstellers entfallen. Von einem "Begleiten" oder "Nachziehen" i. S. v. § 3 FreizügG/EU kann nach einem solchen Wegzug keine Rede mehr sein. Das einem Drittstaatsangehörigen zustehende Recht, bei einem Unionsbürger, dessen Familienangehöriger er ist und der sein Recht auf Freizügigkeit ausgeübt hat, Wohnung zu nehmen, kann auch nur im Aufnahmemitgliedstaat in Anspruch genommen werden, in dem dieser Bürger wohnt (vgl. Tewocht in: BeckOK FreizügG/EU § 3 Rn. 6; EuGH, Urteil vom 08.11.2012 – C-40/11 "Iida" – juris). Da die Ehefrau des Antragstellers derzeit nicht in Deutschland wohnt, kann der Antragsteller sich hier nicht auf ein akzessorisches Aufenthaltsrecht berufen. Dies ist zwar im FreizügG/EU nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber bereits aus der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (nachfolgend: Unionsbürger-Richtlinie bzw. Richtlinie 2004/38/EG). Konkret ergibt es sich aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. Tewocht a. a. O.) und aus Sicht der Kammer nicht zuletzt daraus, dass Abs. 1 von Artikel 12 der Richtlinie 2004/38/EG ("Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts der Familienangehörigen bei Tod oder Wegzug des Unionsbürgers") –
"Unbeschadet von Unterabsatz 2 berührt der Tod des Unionsbürgers oder sein Wegzug aus dem Aufnahmemitgliedstaat nicht das Aufenthaltsrecht seiner Familienangehörigen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen."
– vorsieht, dass der Wegzug des Unionsbürgers (nur) für das Aufenthaltsrecht solcher Familienangehörigen unerheblich ist, die selbst die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedsstaates besitzen. Der einzige die Wegzugskonstellation betreffende Ausnahmefall von dem beschriebenen Akzessorietätsgrundsatz (vgl. auch Tewocht a. a. O. Rn. 19) ist in § 3 Abs. 4 FreizügG/EU geregelt und beruht auf Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift –
"Die Kinder eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers und der Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich ausübt, behalten auch nach dem Tod oder Wegzug des Unionsbürgers, von dem sie ihr Aufenthaltsrecht ableiten, bis zum Abschluss einer Ausbildung ihr Aufenthaltsrecht, wenn sich die Kinder im Bundesgebiet aufhalten und eine Ausbildungseinrichtung besuchen."
– liegen hier aber nicht vor, da sich die Tochter des Antragstellers nicht in Deutschland sondern bei der Mutter in Melilla aufhält.
Die Kammer geht sodann nicht davon aus, dass die Ausstellung bzw. der Besitz einer Aufenthaltskarte einer von einer fehlenden bzw. wieder entfallenen Freizügigkeitsberechtigung eines Familienangehörigen ausgehenden Bewertung durch Behörden oder Gerichte – hier durch die erkennende Kammer – entgegensteht.
Im vorliegenden Fall ist zwar – soweit ersichtlich – bislang weder das eine noch das andere der beiden hier potentiell anwendbaren, auf Feststellung des Fehlens oder Verlusts der Freizügigkeitsberechtigung gerichteten Feststellungsverfahren durchgeführt worden. Es ist offenbar nicht gem. § 5 Abs. 4 FreizügG/EU der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt und die Aufenthaltskarte eingezogen worden, was immer dann möglich ist, wenn "die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen" sind, was hier durch den Wegzug Ehefrau als originär freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerin der Fall sein dürfte. Dabei könnte das Stellen eines Antrags auf SGB II-Leistungen im Übrigen Veranlassung für eine Prüfung der Freizügigkeitsvoraussetzungen gem. § 5 Abs. 3 FreizügG/EU bieten (vgl. Dienelt a. a. O. § 5 FreizügG/EU Rn. 50). Auch ist offenbar bislang nicht nach der im Verhältnis zu § 5 Abs. 4 FreizügG/EU vorrangigen Spezialregelung des § 2 Abs. 7 Satz 1 oder Satz 2 i. V. m. Satz 3 FreizügG/EU –
"Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann festgestellt werden, wenn feststeht, dass die betreffende Person das Vorliegen einer Voraussetzung für dieses Recht durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat. Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, außerdem festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet."
– das Nichtbestehen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt und die Aufenthaltskarte eingezogen worden, wobei bei summarischer Betrachtung durchaus denkbar ist, dass der hier – möglicherweise – vorliegende Sachverhalt einer von Beginn an bestehenden Planung, dass nur der Familienangehörige und nicht auch der Unionsbürger längerfristig in Deutschland bleiben soll – unter § 2 Abs. 7 Satz 2 FreizügG/EU zu fassen sein könnte.
Die Kammer sieht sich dennoch nicht daran gehindert, einen Fortfall der materiellen Freizügigkeitsberechtigung anzunehmen.
Einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU n. F., die für Familienmitglieder von Unionsbürgern erteilt wird, die selbst – wie hier der Antragsteller – keine Unionsbürger sind, und deren Ausstellung nach § 5 Abs. 2 FreizügG/EU n. F. nicht einmal notwendigerweise eine Prüfung der Freizügigkeitsvoraussetzungen erfordert, kommt aus Sicht der Kammer genau so wenig eine Tatbestandswirkung, etwa für den Bereich des SGB II, zu, wie es bei einer Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU in der bis zum 28.01.2013 geltenden Fassung vom 19.08.2007 der Fall war. Es handelt sich nach Auffassung der Kammer bei einer Aufenthaltskarte, die, wie hier, unter der Geltung von § 5 FreizügG/EU n. F. ausgestellt worden ist, nicht um einen Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X, dem eine solche Tatbestandswirkung zukommen könnte. Die Aufenthaltskarte weist nämlich ein durch § 2 Abs. 1 FreizügG/EU gesetzlich begründetes Aufenthaltsrecht nur nach, sie begründet es nicht. Das ergibt sich unmittelbar aus dem gesetzlichen Wortlaut, wonach die Aufenthaltskarte nicht erteilt, sondern ausgestellt wird (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25.09.2013 – 4 V 715/13 – juris) und aus Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG, in dem der Aufenthaltskarte explizit die Funktion eines "Nachweises" zugeschrieben wird. Schon dies spricht gegen eine Regelung, jedenfalls gegen eine Regelung mit rechtsgestaltendem Charakter. Eine nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU n. F. ausgestellte Aufenthaltskarte besitzt aber nach Meinung der Kammer auch nicht das Wesen einer feststellenden Regelung, denn in den Neufassungen von §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU wurde auf das vorher normierte Erfordernis verzichtet, dass Aufenthaltskarten widerrufen werden müssen; nunmehr müssen sie nur noch eingezogen werden. Folgerichtig wurde auch in § 7 Abs. 1 FreizügG/EU der Satz 2 gestrichen, der die Ausreisepflicht von drittstaatsangehörigen Familienangehörigen von Unionsbürgern von dem Widerruf oder der Rücknahme der Aufenthaltskarte abhängig machte. Der Bescheinigungscharakter der neuen Aufenthaltskarte kommt auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck, in der der Gesetzgeber ausdrücklich klarstellt, dass ein Widerruf nicht mehr erforderlich ist (vgl. Dienelt a. a. O. § 5 FreizügG/EU Rn. 31; gegen eine Einordnung der Aufenthaltskarte als Verwaltungsakt tendenziell auch Kurzidem in: BeckOK FreizügG/EU § 5 Rn. 5).
Aus dem Besitz der hier nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU n. F. ausgestellten Aufenthaltskarte als solchem dürfte sich daher nicht einmal eine Vermutung einer Freizügigkeitsberechtigung ergeben (so auch Dienelt a. a. O. Rn. 29-31, der nur für nach § 5 Abs. 2 FreizügG/EU a. F. ausgestellte Aufenthaltskarten eine Vermutung bejaht).
Bei dem Antragsteller handelt es sich daher um eine Person ohne materielles Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU (vgl. zu dieser Personengruppe z. B. LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 37 ff., insbes. Rn. 57 ff.) m. w. N.; VG Dresden, Beschluss vom 01.08.2013 – 3 L 300/13 – juris).
Auf diese Personengruppe ist der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nach der – aus Sicht der Kammer überzeugenden – Auffassung des 19. Senats des LSG NRW nicht, auch nicht im Wege eines "Erst-recht-Schlusses", anwendbar, weil der Aufenthaltszweck der Arbeitssuche keinen Auffangtatbestand darstellt, der zur Anwendung gelangt, wenn ein anderer Zweck nicht feststellbar ist (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 a. a. O.; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris (Rn. 22)).
Sonstige Leistungsausschlüsse sind ebenfalls nicht ersichtlich. Dem Antragsteller steht damit ein Leistungsanspruch nach dem SGB II dem Grunde nach zu.
An diesem Ergebnis ändert sich nach Auffassung der Kammer auch dann nichts, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung davon ausgeht, dass durch die Aufenthaltskarte – etwa, weil man sie trotz der Änderungen im FreizügG/EU als feststellenden Verwaltungsakt einstuft – bindend feststeht, dass der Antragsteller freizügigkeitsberechtigt ist.
Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass der Antragsteller sich faktisch zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhält. Damit ist er selbst aber noch keiner der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 SGB II in Bezug genommenen Ausländer, "deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt". Denn es kommt nicht auf den faktischen Aufenthaltszweck sondern auf ein entsprechendes Aufenthaltsrecht an. Sein eigenes Aufenthaltsrecht ergibt bzw. ergab sich gerade nicht aus dem Zweck der Arbeitssuche (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU), der nur Unionsbürgern offen steht, sondern – wie bereits dargelegt worden ist – aus § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 3 oder § 4 FreizügG/EU.
Der Antragsteller kann deshalb nur dann in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses fallen, wenn er i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 SGB II ein Familienangehöriger eines Ausländers ist, dessen Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Das ist indessen nicht der Fall.
Der Antragsteller ist zwar zweifellos Familienangehöriger eines Unionsbürgers, dessen Aufenthaltsrecht sich aus der Arbeitssuche ergeben könnte (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU). Es handelt sich dabei um seine Ehefrau. Der Begriff in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 SGB II stellt dabei erkennbar auf die Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 2 FreizügG/EU ab und als Ehegatte fällt der Antragsteller unter § 3 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 FreizügG/EU.
Im Übrigen kommt es jedoch auf den Aufenthaltszweck bzw. die Art der Freizügigkeitsberechtigung der Ehefrau als derjenigen Unionsbürgerin an, von der er als Familienangehöriger sein Aufenthaltsrecht ableiten kann.
Die Existenz der Aufenthaltskarte ist – nach der der vorliegenden Hilfserwägung zugrunde liegenden Prämisse – insofern bindend, als sie dem Antragsteller bis zum Abschluss eines Verfahrens nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU eine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt. Sie sagt aber nichts über die Art der bei Ausstellung der Aufenthaltskarte vorhandenen (oder zumindest von der Ausstellungsbehörde angenommenen) Freizügigkeitsberechtigung des Unionsbürgers aus, von dem der Familienangehörige sein Aufenthaltsrecht ableitet. Aus der Aufenthaltskarte des Antragstellers folgt also nicht, dass sich seine Ehefrau damals ausgerechnet allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhielt bzw. aufhalten wollte (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU). Zwar könnte man den damals angegebenen und von der Ausstellungsbehörde angenommenen Zweck wohl anhand der Ausländerakte des Antragstellers ermitteln. Jedoch kommt es darauf nicht entscheidend an. Es kommt nach Meinung der Kammer für die Prüfung der Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vielmehr entscheidend darauf an, ob die Ehefrau sich gerade zum Zeitpunkt des beabsichtigten Leistungsbezuges allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhält. Hierüber sagen weder die Existenz der Aufenthaltskarte noch die Ausländerakten etwas aus.
Daher ist durch die Kammer eigenständig zu prüfen, ob sich ein Aufenthaltsrecht der Ehefrau des Antragstellers bei Antragstellung nach dem SGB II bzw. aktuell allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies ist zu verneinen, denn die Antragstellerin hält sich derzeit unstreitig überhaupt nicht in Deutschland auf.
Der Antragsteller ist damit selbst bei Annahme einer Bindungswirkung der Aufenthaltskarte nicht Familienangehöriger einer Ausländerin, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Bei dieser Sachlage ist der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II seinem Wortlaut nach nicht anwendbar.
Die Vorschrift kann auch in dieser Situation nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass der für Familienangehörige von EU-Bürgern, deren Aufenthaltsrecht allein auf Arbeitsuche beruht, vorgesehene Leistungsausschluss "erst recht" für Familienangehörige ohne materielles Aufenthaltsrecht (bzw. für Angehörige von EU-Bürgern ohne tatsächlichen Aufenthalt in Deutschland) gilt. Insoweit hält die Kammer die bereits erwähnte Rechtsprechung des 19.Senats des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen für übertragbar, nach der § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass der EU-Bürger, deren Aufenthaltsrecht allein auf Arbeitsuche beruht, erfassende Leistungsausschluss "erst recht" für EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht gilt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 57 ff.)).
Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung davon ausgehen würde, dass kein "grundloser Aufenthalt" sondern ein Aufenthalt allein zur Arbeitssuche vorliegt und damit der Anwendungsbereich der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eigentlich eröffnet ist, wäre er vorliegend nicht anwendbar. Denn der Leistungsausschluss ist in zweierlei Hinsicht nicht europarechtskonform und daher wegen des Anwendungsvorrangs des Europarechts nicht anzuwenden.
Der Leistungsausschluss verstößt zum einen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Zum anderen und unabhängig davon widerspricht er dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 24 Abs. 1 der Unionsbürger-Richtlinie (oder: Freizügigkeits-Richtlinie) 2004/38/EG und ist auch nicht von der Ermächtigung in Art. 24 Abs. 2 dieser Richtlinie gedeckt, denn er ist von genereller, nur auf die Staatsangehörigkeit abstellender Natur, nimmt nicht auf individuelle Lebensumstände bzw. Einzelfallgesichtspunkte Rücksicht und ermöglicht keine Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. insoweit – mit teilweise unterschiedlichen Begründungen bzw. dogmatischen Ansätzen – insbes.: Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (insbes. Rn. 25-38); LSG NRW, Urteil vom 28.11.2013 – L 6 AS 130/13 – juris (bislang nur Pressemitteilung veröffentlicht); Bayerisches LSG, Urteil vom 19.06.2013 – L 16 AS 847/12 – juris (Rn. 44-67); Hessisches LSG, Beschluss vom 18.12.2012 – L 7 AS 624/12 B ER – juris; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris (Rn. 23 ff.); vgl. zum Ganzen ferner: Frings, ZAR 2012, 317).
Zunächst verstößt der Leistungsausschluss gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 (vgl. insoweit insbesondere Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (Rn. 25-35); Bayerisches LSG, Urteil vom 19.06.2013 – L 16 AS 847/12 – juris (Rn. 44-67)). Der Antragsteller unterfällt als Familienangehöriger einer Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaates dem persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 883/2004). Auch der sachliche Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 ist für den Antragsteller eröffnet sein, denn für ihn galten aufgrund der glaubhaft gemachten früheren Tätigkeit für die GB Gerüstbau GmbH vom 10.12.2012 bis zum 06.03.2013 – bei der es sich im Zweifel um eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit handelte – mehrere der in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Rechtsvorschriften. Insbesondere dürfte er in Deutschland gesetzlich krankenversichert gewesen sein. Dabei wird die Geltung von in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Rechtsvorschriften hinsichtlich seiner Person hier auch dadurch indiziert, dass der Antragsteller über einen am 04.09.2012 ausgestellten Sozialversicherungsausweis der Deutschen Rentenversicherung Westfalen verfügt. Der "Wohnort" i. S. v. Art. 1 lit. j und Art. 70 VO (EG) 883/2004 i. V. m. den Kriterien für die Feststellung des Wohnortes in Art. 11 VO (EG) 987/2009, der Durchführungsverordnung zu VO (EG) 883/2004, befindet sich – wie der "gewöhnliche Aufenthalt" gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II (s. o.) – nach Auffassung der Kammer in Deutschland. Zur Bestimmung des Wohnorts ist insbesondere auf Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im betreffenden Mitgliedstaat und die Situation der Person abzustellen. Für die Situation sind insbesondere die Qualität ihrer (un)selbstständigen Tätigkeit (Beschäftigungsort, Dauerhaftigkeit, Laufzeit des Vertrages), die familiären Verhältnisse und Bindungen, die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit, die Finanzierungsform eines etwaigen Studiums, die Wohnsituation (Dauerhaftigkeit) und der steuerliche Wohnsitz bedeutsam. Nach Art. 11 Abs. 2 VO (EG) 987/2009 ist zudem in Zweifelsfällen der Wille der Person, insbesondere der Grund für einen Wohnortwechsel ausschlaggebend (vgl. Schreiber, NZS 2012, 647 (649)). Nach diesen Kriterien und dem insoweit besonders wichtigen subjektiven Faktor des "Mittelpunktes des Interesses" des Antragstellers befindet sich sein Wohnort in Deutschland, und zwar aus den Gründen, die bereits im Zusammenhang mit der Anspruchsvoraussetzung des "gewöhnlichen Aufenthalts" gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II genannt worden sind. Nach der Überzeugung der Kammer gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch für die besonderen beitragsunabhängigen Leistungen gem. Art. 3 Abs. 3 i. V. m. Art. 70 VO (EG) 883/2004, und zwar völlig unabhängig vom Vorliegen eines Aufenthaltsgrundes nach Art. 7 I der Unionsbürger-RL 2004/38/EG oder § 2 FreizügG/EU (vgl. zum Ganzen auch Frings, ZAR 2012, 317 (321 f.)) und verschafft dem Antragsteller einen individuellen Anspruch auf Gewährung der besonderen beitragsunabhängigen Leistungen nach den gleichen Voraussetzungen, wie sie auch für Deutsche gelten (a. A. offenbar Bayerisches LSG, Beschluss vom 19.11.2013 – L 7 AS 753/13 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 06.11.2013 – L 7 AS 639/13 B ER – juris).
Unabhängig davon ist der Leistungsausschluss auch europarechtswidrig, weil er nicht von der Ermächtigung in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG gedeckt ist (vgl. insoweit insbesondere: Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (Rn. 36-37); Bayerisches LSG, Urteil vom 19.06.2013 – L 16 AS 847/12 – juris (Rn. 44-67)). Zwar ist nach der "Brey"-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 19.09.2013 – C-140/12 –) davon auszugehen, dass die Leistungen nach dem SGB II zugleich "besondere beitragsunabhängige Leistungen" i. S. d. VO (EG) 883/2004 und "Sozialhilfeleistungen" i. S. d. RL 2004/38/EG sein können, weil es sich bei diesen Begriffen nicht um Gegensätze handelt (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 19.11.2013 – L 7 AS 753/13 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 06.11.2013 – L 7 AS 639/13 B ER – juris; anders insoweit noch Bayerisches LSG, Urteil vom 19.06.2013 – L 16 AS 847/12 – juris (Rn. 47-54)). Selbst wenn jedoch danach eine deutsche Regelung möglich wäre, die in Umsetzung von Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG den Bezug besonderer beitragsunabhängiger Leistungen i. S. d. VO (EG) 883/2004 ausschließt, so erfüllt der derzeitige Leistungsausschluss nicht die an eine solche Regelung zu stellenden Anforderungen.
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.09.2013 – C-140/12 "Brey" – (Rn. 64 ff.) betont, dass ein "automatischer", nur an die Staatsangehörigkeit anknüpfender, nicht auf individuelle Lebensumstände bzw. Einzelfallgesichtspunkte abstellender und keine Verhältnismäßigkeitsprüfung ermöglichender Leistungsausschluss wie der für die im dortigen Ausgangsverfahren streitige österreichische Ausgleichszulage nach § 292 Abs. 1 ASVG nicht von Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG gedeckt und daher nicht europarechtskonform ist. Er hat insbesondere (Rn. 76 ff.) bemängelt, dass bei der dort fraglichen österreichischen Regelung "bereits der bloße Umstand, dass ein wirtschaftlich nicht aktiver Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats sie beantragt, ausreichend ist, um ihn unabhängig von der Dauer des Aufenthalts, der Höhe dieser Leistung und dem Zeitraum ihrer Gewährung, und somit unabhängig von der aus dieser Leistung für das gesamte Sozialhilfesystem dieses Staates erwachsenden Belastung, von dem Bezug" der Leistung auszuschließen. Es sei "festzustellen, dass ein solcher automatischer Ausschluss der wirtschaftlich nicht aktiven Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten von der Gewährung einer bestimmten Sozialhilfeleistung durch den Aufnahmemitgliedstaat selbst für die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 genannte Zeit nach einem dreimonatigen Aufenthalt es den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats nicht erlaubt, im Einklang mit den Anforderungen, die sich insbesondere aus den Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und 8 Abs. 4 dieser Richtlinie sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, in Fällen, in denen die Existenzmittel des Betroffenen geringer sind als der Richtsatz für die Gewährung dieser Leistung, eine umfassende Beurteilung der Frage vorzunehmen, welche Belastung die Gewährung dieser Leistung nach Maßgabe der die Lage des Betroffenen kennzeichnenden individuellen Umstände konkret für das gesamte Sozialhilfesystem darstellen würde."
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ermöglicht nicht ansatzweise die Berücksichtigung von Einzelfallgesichtspunkten. Die Regelung entspricht vielmehr dem vom EuGH kritisierten Automatismus; sie erschöpft sich im Falle der Arbeitssuche in einem automatischen Ausschluss vom Leistungsbezug ohne Prüfung nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (Rn. 37)). Dies scheint auch die Auffassung des 6. Senats des LSG NRW zu sein, in dessen Pressemitteilung zum Urteil vom 28.11.2013 – L 6 AS 130/13 – es heißt, der Senat "sei – insofern noch weitergehend als frühere Entscheidungen anderer Senate des Landessozialgerichts – der Auffassung, der Leistungsausschluss in dieser ausnahmslosen Automatik widerspreche dem zwischen den EU-Staaten vereinbarten gesetzlich wirksamen Gleichbehandlungsgebot (Art. 4 Verordnung EU 883/2004). Soweit die sogenannte Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38) den Mitgliedstaaten erlaube, einschränkende Regelungen zur Vermeidung von sog. Sozialtourismus vorzusehen, sei dies nicht in dieser im SGB II enthaltenen unbedingten und umfassenden Form möglich. Die Richtlinie verlange eine bestimmte Solidarität des aufnehmenden Staates Deutschland mit den anderen Mitgliedstaaten. Das erfordere unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit Regelungen, wonach abhängig von den individuellen Umständen Leistungen im Einzelfall jedenfalls ausnahmsweise möglich sein müssen."
Zusammenfassend ist festzustellen, dass "die allein an der Ausländereigenschaft anknüpfende Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II am Maßstab von Art. 70 i. V. m. Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG in Bezug auf die Rechtstellung der Antragsteller nicht zu rechtfertigen ist; sie bleibt aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorranges unangewendet" (so wörtlich Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (Rn. 37)).
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist dabei auch dann europarechtswidrig und im vorliegenden Fall nicht anwendbar, wenn man entweder im Falle des Antragstellers den sachlichen Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 nicht für eröffnet hält, oder anders als die Kammer davon ausgeht, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 4 VO (EG) 883/2004 selbst keinen Anspruch auf eine besondere beitragsunabhängige Leistung vermitteln könne, weil diese Norm – wie die Verordnung insgesamt – nur der Koordinierung, nicht der Festlegung von Anspruchsvoraussetzungen, diene (so Bayerisches LSG, Beschlüsse vom 19. und 06.11.2013 a. a. O.). Denn auch dann stimmt der Leistungsausschluss nicht mit seiner europarechtlichen Grundlage, Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG, überein (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 a. a. O.; so auch das Bayerische LSG, Beschluss vom 06.11.2013 a. a. O. (Rn. 36-40), das allerdings anders als das Hessische LSG und die erkennende Kammer der Auffassung ist, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II könne europarechtskonform einschränkend ausgelegt werden).
Dass das Bundessozialgericht mit dem Beschluss vom 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R – ein Verfahren, in dem es um die Europarechtskonformität von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II geht, ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf der Grundlage von Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der den Mitgliedstaaten eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Unionsrechts ermöglichen soll, Fragen zu Art. 4 und Art. 70 VO (EG) 883/2004, Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG sowie Art. 45 Abs. 2 AEUV i. V. m. Art. 18 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, ändert nichts an der Überzeugung der Kammer bzgl. der Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgebots des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch auf die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen i. S. v. Art. 70 VO (EG) 883/2004, bzgl. der Nichtkonformität des "automatischen" Leistungsausschlusses mit der Ermächtigung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG und der Unmöglichkeit einer europarechtskonformen Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Insbesondere hat der EuGH aus Sicht der Kammer schon in seinem Urteil vom 19.09.2013 – C-140/12 "Brey" – hinreichend deutlich gemacht, dass ein "automatischer", nur an die Staatsangehörigkeit anknüpfender, nicht auf Einzelfallgesichtspunkte abstellender und keine Verhältnismäßigkeitsprüfung ermöglichender Leistungsausschluss wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II jedenfalls nicht von Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürger-RL 2004/38/EG gedeckt und schon daher nicht europarechtskonform ist.
Auch soweit entgegen der hier vertretenen Auffassung die Frage der Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses – etwa wegen des genannten Vorabentscheidungsersuchens des BSG – als offen anzusehen wäre, wären im Rahmen einer vom Gericht angestellten Folgen- bzw. Interessenabwägung die Folgen, die für den Antragsteller entstehen würden, wenn die einstweilige Anordnung zu seinen Gunsten nicht erlassen würde, als wesentlich erheblicher anzusehen als die Folgen, die im umgekehrten Fall entstünden. Denn es geht hier um die Gewährung oder Nichtgewährung existenzsichernder Leistungen und damit um eine drohende Verletzung des Grundrechts auf Gewährung eines soziokulturellen Existenzminimums. Umgekehrt bestünde für den Antragsgegner lediglich das Risiko der Nichtdurchsetzbarkeit eines Rückforderungsanspruchs, wenn in der Hauptsache festgestellt würde, dass ein Leistungsanspruch des Antragstellers tatsächlich nicht bestanden hat. Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache wäre für den Antragsteller hingegen unzumutbar hart.
Es ist auch – im tenorierten Umfang – ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Eilbedürftigkeit ergibt sich aus dem existenzsichernden Charakter der begehrten Leistung. Es ist dem Anspruchsteller nicht zuzumuten, bis zum Ende des Hauptsacheverfahrens und ggf. eines sich anschließenden Rechtsmittelverfahrens auf Leistungen für den Regelbedarf zu verzichten. Dem Umstand, dass es nicht ausgeschlossen erscheint, dass der Antragsgegner einen etwaigen Rückforderungsanspruch im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren nicht würde realisieren können und die Zuerkennung der Leistungen deshalb im Ergebnis einen Zustand schaffen könnte, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache gleichzusetzen wäre, trägt die Kammer bei der inhaltlichen Ausgestaltung der einstweiligen Anordnung Rechnung, indem sie die nachteiligen Folgen auf Seiten des Antragsgegners zeitlich begrenzt und zudem der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes hohe Bedeutung beimisst.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund bzgl. der Regelbedarfe gem. § 20 SGB II für die Zeit vom 12.12.2013 (Eingang des Antrags bei Gericht) bis längstens zum 31.03.2014 glaubhaft gemacht, da am 31.03.2014 der sechsmonatige, ab dem 01.10.2013 als dem ersten Tag des Monats der Antragstellung (15.10.2013) laufende Bewilligungszeitraum (§§ 37 Abs. 2 Satz 2, 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) enden würde.
Im Hinblick auf die Zeiträume ab dem 01.04.2014 geht die Kammer davon aus, dass es bei einer noch längeren zeitlichen Erstreckung der einstweiligen Anordnung nicht oder nur unzureichend möglich wäre, den Leistungsfall unter Kontrolle zu halten und etwaigen Veränderungen in der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers Rechnung zu tragen, die im Bereich des SGB II etwa auch in der Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit bestehen können.
Die Kammer geht aber davon aus, dass der Antragsgegner bei unveränderter Situation auch weiterhin Leistungen erbringen wird.
In Bezug auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II liegt zwar keine ausdrückliche "Ausklammerung" aus dem Streitgegenstand vor.
Jedoch ergibt sich aus Sicht der Kammer aus den Antragsunterlagen und dem übrigen Inhalt der Verwaltungsakte, dass von vornherein keine Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung beansprucht werden sollten, weil der Antragsteller mietfrei bei seiner Schwester wohnt. Das Gericht hat daher den vorliegenden Eilantrag dahingehend ausgelegt, dass auch dieser nicht auf eine vorläufige Gewährung solcher Leistungen gerichtet ist. Insoweit war zwar zur Klarstellung die Entscheidungsformel einzuschränken, der Antrag aber nicht teilweise abzulehnen.
Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Die Entscheidung über den am 12.12.2013 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a SGG i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblich sind aufgrund des Zeitpunktes der Antragstellung nach § 40 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung (EGZPO), der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts, die §§ 114 ff. ZPO in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung.
Der Antragsteller kann die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot aus den vorstehenden Gründen zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife die im Rahmen des § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht. Die Rechtsverfolgung erscheint auch nicht mutwillig und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes war unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II).
Der am 23.12.1961 geborene Antragsteller ist marokkanischer Staatsangehöriger.
Am 15.10.2013 stellte er bei dem Antragsgegner erstmals einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II.
Er gab ausweislich des bei Antragstellung gefertigten Vermerks am 15.10.2013 nebst "Lebenslauf" vom gleichen Tag mündlich und in den am 08.11.2013 abgegebenen Antragsformulare schriftlich u. a. an, dass er am 24.07.2012 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei, vom 10.12.2012 bis zum 06.03.2013 in einer Nebenbeschäftigung als Gerüstbauer für die XXX gearbeitet habe und seitdem bzw. nun arbeitslos sei, ohne einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben zu haben. Er sei vollkommen einkommens- und vermögenslos. Seit dem 19.05.2006 sei er mit Frau XXX einer spanischen Staatsangehörigen, verheiratet. Er und seine Ehefrau seien die Eltern einer siebenjährigen Tochter. Seine Ehefrau und die Tochter halten sich nicht mit ihm in Deutschland auf, da seine Schwiegermutter krank sei und gepflegt werden müsse. Sein Lebensunterhalt werde durch geliehenes Geld sichergestellt und sein Wohnbedarf dadurch, dass er derzeit mietfrei bei seiner – selbst Leistungen nach dem SGB II beziehenden – Schwester wohne.
Er legte anlässlich der Antragstellung bzw. der Abgabe der Formulare u. a. folgende Unterlagen vor: Einen marokkanischen Pass, eine Ummeldebestätigung der Stadt Dortmund, seinen von der Deutschen Rentenversicherung Westfalen am 04.09.2012 ausgestellten Sozialversicherungsausweis, eine Verhandlungsniederschrift der Stadt Dortmund – Ordnungsamt – vom 08.07.2013 über eine Vorsprache des Antragstellers und seiner Ehefrau bei der Ausländerbehörde vom gleichen Tag, eine spanische Daueraufenthaltskarte und seine am 23.07.2013 von der Stadt Dortmund ausgestellte und bis zum 22.07.2014 gültige Aufenthaltskarte nach § 5 FreizügG/EU.
Aus der Verhandlungsniederschrift der Stadt Dortmund – Ordnungsamt – vom 08.07.2013 ergibt sich, dass der "Die/der Og." erklärt: "Ich bin im August zusammen mit meiner Tochter nach Spanien gereist, da meine Mutter schwer erkrankt ist. Unsere Tochter geht in Spanien zur Schule. Ich bin seit dem 04.07.2013 wieder hier in Deutschland für drei Wochen. Dann geht es wieder nach Spanien da ich meine Mutter pflegen muss. Ich kann nur nach Deutschland kommen wenn einer auf meine Mutter aufpassen kann, ich kann sie leider nicht allein lassen. Ich will irgendwann komplett in Deutschland bleiben aber leider kann ich noch nicht sagen wann."
Mit Bescheid vom 08.11.2013 wurde der Antrag abgelehnt. Zur Begründung verwies der Antragsgegner auf den Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
Gegen diesen Verwaltungsakt erhob der Antragsteller am 28.11.2013 durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2013 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung verwies er wiederum auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Es liege ein Aufenthalt allein zur Arbeitssuche vor.
Gegen den Bescheid vom 08.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2013 richtet sich die am 12.12.2013 erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage des Antragstellers, die bei der Kammer unter dem Az. S 32 AS 5736/13 anhängig ist.
Ebenfalls am 12.12.2013 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
Er trägt u. a. – wie schon im Widerspruchsverfahren – vor, dass er zwar marokkanischer Staatsangehöriger sei, aufgrund seiner Eheschließung mit einer spanischen Staatsangehörigen aber einem Unionsbürger gleich gestellt sei. Er lebe nicht von seiner Ehefrau getrennt. Diese halte sich nur zur Pflege ihrer schwer erkrankten Mutter noch in Melilla, Spanien, auf. Die Familie wolle zukünftig gemeinsam in Dortmund wohnen. Er habe ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der EU. Bei dieser Sachlage seien ihm Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Er leide derzeit Not und könne nicht zum Arzt gehen. Er werde zurzeit von seiner Familie mit Naturalien unterstützt. Der Antragsteller hat als Anlagen zur Antragsschrift und seinen ergänzenden Schriftsätzen in Ergänzung zu den bereits im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen u. a. folgende Dokumente eingereicht: Die Heiratsurkunde mit deutscher Übersetzung, eine Bitte um Vorsprache der Stadt Dortmund – Ordnungsamt / Bürgerdienste International – vom 17.01.2013 zwecks Klärung der aufenthaltsrechtlichen Verhältnisse, zwei Bescheinigungen gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU der Stadt Dortmund – Ordnungsamt / Bürgerdienste International – vom 13.08.2012 und vom 07.05.2013, eine eidesstattliche Versicherung vom 11.12.2013, eine nicht datierte ergänzende persönliche Erklärung und Kontoauszüge.
Der Antragsteller beantragt,
1. ihm für das Verfahren im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe zu bewilligen und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte seinen Bevollmächtigten beizuordnen, 2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab sofort Leistungen nach SGB II zu bewilligen und 3. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verweist zunächst auf die Ausführungen in seinem Widerspruchsbescheid. Des Weiteren führt er u. a. aus, dass zweifelhaft sei, ob das FreizügG/EU überhaupt zur Anwendung gelangen könne, da sich die Ehefrau des Antragstellers als diejenige Person, von der als drittstaatsangehöriger Familienangehöriger seine Freizügigkeitsberechtigung ableiten wolle, in Spanien befinde und daher nicht von ihrer eigenen Freizügigkeitsberechtigung Gebrauch mache. Aber auch bei Anwendbarkeit des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) liege ein Aufenthalt allein zur Arbeitssuche i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vor (§§ 18-21 AufenthG).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten S 32 AS 5677/13 ER und S 32 AS 5736/13 und der Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung.
II.
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch) und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund).
Eilbedarf besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – NVwZ 2005, 927 = juris (Rn. 23); BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 – BVerfGE 93, 1 = juris (Rn. 28)). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 a. a. O.).
Der geltend gemachte (Anordnungs-)Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B – juris (Rn. 5) m. w. N.), wenn also mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2013 – L 5 AS 107/13 B ER – juris (Rn. 32) m. w. N.).
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 25)). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 26); Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rn. 29, 29a).
Nach diesen Maßstäben musste der Antrag im tenorierten Umfang Erfolg haben.
Der Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht worden.
Der Antragsteller gehört zunächst zu dem Personenkreis, für den die im SGB II aufgeführten Leistungen vorgesehen sind, denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II).
Er ist ferner erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 8 SGB II. An der gesundheitlichen Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 SGB II bestehen keine Zweifel. Auch die rechtliche Erwerbsfähigkeit gem. § 8 Abs. 2 SGB II, die nur vorliegt, wenn eine Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte, ist gegeben. Da der Antragsteller als drittstaatsangehöriger Familienangehöriger – jedenfalls derzeit – in den persönlichen Anwendungsbereich des FreizügG/EU fällt (§ 2 Abs. 1 und 2 Nr. 6 i. V. m. §§ 3, 4 FreizügG/EU i. V. m. § 11 Abs. 2 FreizügG/EU, dazu sogleich näher), ergibt sich das daraus, dass er aufgrund dieser Stellung den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt besitzt wie der Unionsbürger, von dem er seine Freizügigkeitsberechtigung ableitet, hier also wie seine spanische Ehefrau. Denn den Familienangehörigen der Unionsbürger wird das sich aus § 2 Abs. 1 FreizügG/EU bzw. aus den dieser Norm zugrunde liegenden europäischen Rechtsvorschriften über die Freizügigkeit ergebende Recht auf Einreise und Aufenthalt mit allen damit zusammenhängenden Rechtsvorteilen, hier konkret das Recht aus der Grundfreiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV), den Arbeitsplatz frei von nationalen Behinderungen zu suchen (freier Arbeitsmarktzugang), unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit gewährt; ihre Rechtsstellung ist akzessorisch zu der des Stammberechtigten (vgl. Tewocht in: BeckOK FreizügG/EU § 2 Rn. 16 und § 3 Rn. 5). Spanische Staatsangehörige müssen wiederum wie alle anderen Unionsbürger mit Ausnahme von (heute nur noch) den Staatsangehörigen Kroatiens keine Arbeitsgenehmigung mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr einholen, bevor sie einer unselbständigen Beschäftigung nachgehen (vgl. §§ 13 FreizügG/EU, 284 SGB III, 39 Abs. 2-4 und Abs. 6 AufenthG). Dem Antragsteller ist die Aufnahme einer Beschäftigung daher ohne weiteres erlaubt. Rechtliche Erwerbsfähigkeit läge aber auch dann vor, wenn er nicht in den Anwendungsbereich des FreizügG/EU sondern in den des AufenthG fiele, und zwar unabhängig vom tatsächlichen Vorliegen einer Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung nach §§ 18 Abs. 2, 39 AufenthG. Denn für die Annahme, dass eine Beschäftigung i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II "erlaubt ist oder erlaubt werden könnte", reicht es aus, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne einer rechtlich-theoretischen Möglichkeit mit einer Zustimmung der Bundesagentur zur Beschäftigungsaufnahme erlaubt sein könnte, auch wenn dies im Einzelfall bezogen auf einen konkreten Arbeitsplatz durch die Verfügbarkeit geeigneter bevorrechtigter Bewerber (§ 39 Abs. 2 AufenthG) verhindert wird. Dass auf eine abstrakt-rechtliche Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abzustellen ist, ergibt sich ausdrücklich aus § 8 Abs. 2 Satz 2 SGB II, wonach die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ausreichend ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 15 f.); LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 35)). Daran, dass hier eine solche abstrakte Möglichkeit besteht, hat die Kammer keine Zweifel.
Der Antragsteller hat auch i. S. v. § 294 ZPO im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit hinreichend glaubhaft gemacht, dass er nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen in Bezug auf den Regelbedarf nach § 20 SGB II – Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II sind bei verständiger Auslegung des Eilantrags schon wegen der unstreitig mietfreien Unterkunft des Antragstellers nicht Streitgegenstand (dazu später näher) – als hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. §§ 9 ff. SGB II einzustufen ist. Zwar weisen seine Kontoauszüge bis auf Abbuchungen des Kontoführungsentgelts keine Buchungsvorgänge auf, was es als denkbar erscheinen lässt, dass der Regelbedarf des Antragstellers ganz oder teilweise durch den Zufluss von Bargeld gedeckt ist. Er hat jedoch eidesstattlich versichert, dass er derzeit über keinerlei Einkommen oder Vermögen verfügt und nur durch Hilfeleistungen von Verwandten – gemeint ist hier erkennbar jedenfalls seine Schwester, bei der auch mietfrei wohnt – unterstützt wird. Soweit danach Barzahlungen zunächst nicht ausgeschlossen erscheinen, versteht die Kammer diesen Vortrag dahingehend, dass die Schwester dem Antragsteller als Hilfebedürftigem nur zur Überbrückung der akuten Notlage durch Zur-Verfügung-Stellung von entsprechenden Barmitteln helfen will. In einer solchen Situation sollten diese Einnahmen nicht als Einkommen auf den Bedarf angerechnet werden (vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 9 Rn. 38 m. w. N.). Es ist aber auch nicht davon auszugehen, dass diese Unterstützungsleistungen, soweit sie nach § 9 Abs. 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen sein sollten, vollständig bedarfsdeckend sind. Es wird sich schon deshalb nicht um nennenswerte Beträge handeln, weil die Schwester selbst Leistungen nach dem SGB II bezieht. Aus diesem Grund kommt auch die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II von vornherein nicht zur Anwendung. Soweit es sich bei der Unterstützung durch die Schwester und ggf. andere Verwandte nur um Leistungen in Form von "Naturalien" handelt, wie der Antragsteller an anderer Stelle vorgetragen hat, sind diese ohnehin leistungsrechtlich irrelevant bzw. nicht als Einkommen anzurechnen (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 11 Alg II-V). Verbleibenden Zweifeln an der Hilfebedürftigkeit bzw. Fragen nach ihrem Ausmaß wird ggf. im Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein.
Der Antragsteller hat nach Auffassung der Kammer auch hinreichend glaubhaft gemacht, dass er in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) – Allgemeiner Teil –), denn der örtliche Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse ist faktisch dauerhaft – nämlich nicht auf Beendigung angelegt, sondern zukunftsoffen – im Inland (vgl. insoweit z. B. BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 18); LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 35)). Dass diese Voraussetzung erfüllt ist, ergibt sich hier in zeitlicher Hinsicht aus seinem unstreitig schon seit dem 24.07.2012 und damit seit immerhin eineinhalb Jahren währenden Aufenthalt in Deutschland und auch aus der Anwesenheit von Familienmitgliedern, jedenfalls der Schwester, bei der momentan wohnt, und aus der Absicht, seine Ehefrau und Tochter nach Deutschland zu holen, sobald die Pflege der Mutter anderweitig sichergestellt ist.
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu Lasten des Antragstellers eingreift, ist nach der Überzeugung der Kammer zu verneinen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II werden Ausländerinnen und Ausländer einschließlich ihrer Familienangehörigen aus dem Kreis der Leistungsberechtigten ausgenommen, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU) ergibt. Diese Vorschrift ist als Ausschlussregelung von existenzsichernden Sozialleistungen eng auszulegen. Auch aus dem Aufbau der Norm ist abzuleiten, dass positiv feststellt werden muss, dass dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 26 ff.); LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 57 ff.)).
Das Vorliegen eines solchen Sachverhalts lässt sich hier nicht positiv feststellen. Es ist entgegen der Begründung des Ablehnungsbescheides und des Widerspruchsbescheides nicht davon auszugehen, dass sich ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers (allein) aus dem Zweck der Arbeitssuche i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU ergibt. Und entgegen der Antragserwiderung ergibt sich auch aus Normen des AufenthG kein Aufenthaltsrecht allein zum Zweck der Arbeitssuche i. S. d. Leistungsausschlusses.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wäre § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht anwendbar, wenn der aufenthaltsrechtliche Status des Antragstellers sich nach dem AufenthG richten würde.
Selbst wenn der Antragsteller einen Aufenthaltstitel nach §§ 4, 7 AufenthG i. V. m. §§ 18 ff. AufenthG hätte oder bräuchte und mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (§ 39 AufenthG) erhalten könnte, wäre dies kein Aufenthaltsrecht zum Zweck der "Arbeitssuche". Ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche kennt das AufenthG – mit Ausnahme des hier nicht einschlägigen § 16 Abs. 4 AufenthG, über den Ausländern nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsuche gewährt werden kann – nicht. Anders als Unionsbürgern steht Drittstaatenangehörigen, für die das AufenthG gilt, daher grundsätzlich kein Aufenthaltsrecht in Deutschland zum Zweck der Arbeitsuche zu (vgl. Hackethal in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 7 Rn. 41; vgl. ferner Schreiber, info also 2008, 3 ff.).
Das VG München hat in einer Entscheidung insofern folgendes ausgeführt (Urteil vom 24.03.2011 – M 24 K 11.658 – juris (Rn. 31-35)):
"Eine von einem bestimmten Beschäftigungsverhältnis unabhängige Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit kommt ( ) nicht in Betracht, da es hierfür keine einschlägige Rechtsgrundlage gibt. 2.1 Nach § 4 Abs. 1 AufenthG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht u.a. durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anders bestimmt ist. Eine derartige Ausnahme liegt hier - wie im Folgenden ausgeführt wird - jedoch nicht vor. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG dürfen Ausländer eine Erwerbstätigkeit nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt, wobei sich dies nach dem Aufenthaltsgesetz bestimmt. In Betracht kommt im vorliegenden Fall eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 2 i. V. m. § 18 AufenthG, da der Kläger einer Beschäftigung nachgehen möchte. Einschlägig ist insoweit die Bestimmung des § 18 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn die Bundesagentur nach § 39 AufenthG zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur zulässig ist. Für Beschäftigungen, die - wie die vom Kläger bisher ins Auge gefassten - keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzen, gilt nach § 18 Abs. 3 AufenthG, dass eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden darf, wenn dies durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist oder wenn auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG die Erteilung der Zustimmung zu einer Aufenthaltserlaubnis für diese Beschäftigung zulässig ist. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 3 Alternative 2 AufenthG zum Zwecke der Beschäftigung würde dabei in jedem Fall nach § 32 Abs. 1 i. V. m. § 34 BeschV die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG voraussetzen. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG kann die Bundesagentur der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis zustimmen, wenn sich durch die Beschäftigung von Ausländern nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigungsstruktur, der Regionen und Wirtschaftszweige, nicht ergeben und für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen beschäftigungsrechtlich gleichgestellt sind oder die nach europarechtlichen Bestimmungen vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen. Wie sich aus den genannten Vorschriften ergibt, setzen diese in jedem Fall voraus, dass ein konkretes Beschäftigungsverhältnis Gegenstand der Erlaubnis ist, denn andernfalls kann weder beurteilt werden, ob im Hinblick auf die angestrebte Tätigkeit die Zustimmung der Arbeitsagentur erforderlich ist und ob diese gegebenenfalls erteilt werden kann. Eine abstrakte, d.h. von der Beschäftigung losgelöste Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung kann daher nach den angeführten Vorschriften nicht erteilt werden."
Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen vollumfänglich an.
Die Vorschriften des AufenthG sind hier jedoch ohnehin nicht anwendbar, da der Antragsteller in den Anwendungsbereich des FreizügG/EU fällt. Da – soweit ersichtlich – weder das Verfahren gem. § 2 Abs. 7 Satz 1 oder Satz 2 i. V. m. Satz 3 FreizügG/EU noch das das Verfahren gem. § 5 Abs. 4 FreizügG/EU (Feststellung des Nichtbestehens bzw. Verlusts des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU und bei Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, Einziehung der Aufenthaltskarte) durchgeführt worden ist (dazu später näher) und der Antragsteller mithin noch über seine am 23.07.2013 ausgestellte und bis zum 22.07.2014 geltende Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU (in der seit dem 29.01.2013 geltenden Fassung vom 21.01.2013) verfügt, steht 11 Abs. 2 FreizügG/EU einer Anwendung des AufenthG entgegen.
Zwar ist der Antragsteller nach Meinung der Kammer entweder noch nie materiell freizügigkeitsberechtigt gewesen oder zumindest mittlerweile nicht (mehr) materiell freizügigkeitsberechtigt und steht auch die Existenz der Aufenthaltskarte dieser Bewertung auch nicht entgegen. Jedoch findet § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in dieser Konstellation keine, auch keine analoge Anwendung:
Der Antragsteller besitzt kein originäres Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1-5 oder Nr. 7 FreizügG/EU oder § 11 Abs. 1 Satz 5 FreizügG/EU (i. V. m. etwaigen im Vergleich zum FreizügG/EU günstigeren Vorschriften des AufenthG), insbesondere kein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU), da er nicht Un ionsbürger sondern marokkanischer Staatsangehöriger ist.
Das Gericht nimmt zugunsten des Antragstellers an, dass ihm in der Vergangenheit nach Ablauf der ersten drei Monate eines "voraussetzungslosen" Aufenthalts (vgl. insoweit § 2 Abs. 5 FreizügG/EU) deshalb ein abgeleitetes materielles Aufenthaltsrecht, also eine abgeleitete Freizügigkeitsberechtigung, als Familienangehöriger nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 3 oder § 4 FreizügG/EU zugestanden haben mag, weil möglicherweise seine Ehefrau als Unionsbürgerin für eine gewisse Zeitspanne in Deutschland lebte und insofern ein materielles Aufenthaltsrecht (Freizügigkeitsberechtigung) nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, 4 oder 5 (nicht: Nr. 7) FreizügG/EU besaß.
Ferner nimmt das Gericht zugunsten des Antragstellers an, dass er seine Ehefrau (und vermutlich die gemeinsame Tochter) zunächst entweder begleitete oder ihr nachzog, also in Deutschland zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihr zusammen lebte (vgl. zu den Begriffen "begleiten" und "Nachziehen" Dienelt in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 3 FreizügG/EU Rn. 9; EuGH, Urteil vom 25.07.2008 – C-127/08 "Metock" – juris).
Für diese Annahme besteht deshalb Veranlassung, weil der Antragsteller am 24.07.2012 eingereist sein will und sich aus der Verhandlungsniederschrift des Ordnungsamtes der Stadt Dortmund vom 08.07.2013 ergibt, dass der "Die/der Og." – womit wegen der erwähnten eigenen Pflege der Mutter nur die Ehefrau des Antragstellers und nicht er selbst gemeint sein kann – "im August" wegen einer schwer Erkrankung der Mutter zusammen mit der Tochter nach Spanien gereist sei und die Tochter nun in Spanien zur Schule gehe. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass die Ehefrau des Antragstellers entweder schon vor ihm oder spätestens mit ihm am 24.07.2012 nach Deutschland einreiste und irgendwann im August – womit nur der August 2012 gemeint sein kann – mit der Tochter wieder ausreiste und nach Spanien zurückkehrte, um die Mutter zu pflegen.
Das Gericht geht davon aus, dass diese nicht nur kurzzeitig sondern nun schon für einen längeren Zeitraum bzw. auf unbestimmte Zeit zur Pflege der kranken Mutter vorgenommene (und allenfalls durch kurze Besuche wie den ausweislich des Datums der Verhandlungsniederschrift offenbar im Juli 2013 stattgefundenen dreiwöchigen Besuch unterbrochene) zusammen mit der Tochter vorgenommene Rückkehr der Ehefrau des Antragstellers nach Melilla als Wegzug zu werten ist und hierdurch eine etwaige ursprüngliche materielle Freizügigkeitsberechtigung der Ehefrau wieder entfallen ist.
Dadurch ist wiederum materiell auch das abgeleitete, insoweit akzessorische Aufenthaltsrecht des Antragstellers entfallen. Von einem "Begleiten" oder "Nachziehen" i. S. v. § 3 FreizügG/EU kann nach einem solchen Wegzug keine Rede mehr sein. Das einem Drittstaatsangehörigen zustehende Recht, bei einem Unionsbürger, dessen Familienangehöriger er ist und der sein Recht auf Freizügigkeit ausgeübt hat, Wohnung zu nehmen, kann auch nur im Aufnahmemitgliedstaat in Anspruch genommen werden, in dem dieser Bürger wohnt (vgl. Tewocht in: BeckOK FreizügG/EU § 3 Rn. 6; EuGH, Urteil vom 08.11.2012 – C-40/11 "Iida" – juris). Da die Ehefrau des Antragstellers derzeit nicht in Deutschland wohnt, kann der Antragsteller sich hier nicht auf ein akzessorisches Aufenthaltsrecht berufen. Dies ist zwar im FreizügG/EU nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber bereits aus der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (nachfolgend: Unionsbürger-Richtlinie bzw. Richtlinie 2004/38/EG). Konkret ergibt es sich aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. Tewocht a. a. O.) und aus Sicht der Kammer nicht zuletzt daraus, dass Abs. 1 von Artikel 12 der Richtlinie 2004/38/EG ("Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts der Familienangehörigen bei Tod oder Wegzug des Unionsbürgers") –
"Unbeschadet von Unterabsatz 2 berührt der Tod des Unionsbürgers oder sein Wegzug aus dem Aufnahmemitgliedstaat nicht das Aufenthaltsrecht seiner Familienangehörigen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen."
– vorsieht, dass der Wegzug des Unionsbürgers (nur) für das Aufenthaltsrecht solcher Familienangehörigen unerheblich ist, die selbst die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedsstaates besitzen. Der einzige die Wegzugskonstellation betreffende Ausnahmefall von dem beschriebenen Akzessorietätsgrundsatz (vgl. auch Tewocht a. a. O. Rn. 19) ist in § 3 Abs. 4 FreizügG/EU geregelt und beruht auf Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift –
"Die Kinder eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers und der Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich ausübt, behalten auch nach dem Tod oder Wegzug des Unionsbürgers, von dem sie ihr Aufenthaltsrecht ableiten, bis zum Abschluss einer Ausbildung ihr Aufenthaltsrecht, wenn sich die Kinder im Bundesgebiet aufhalten und eine Ausbildungseinrichtung besuchen."
– liegen hier aber nicht vor, da sich die Tochter des Antragstellers nicht in Deutschland sondern bei der Mutter in Melilla aufhält.
Die Kammer geht sodann nicht davon aus, dass die Ausstellung bzw. der Besitz einer Aufenthaltskarte einer von einer fehlenden bzw. wieder entfallenen Freizügigkeitsberechtigung eines Familienangehörigen ausgehenden Bewertung durch Behörden oder Gerichte – hier durch die erkennende Kammer – entgegensteht.
Im vorliegenden Fall ist zwar – soweit ersichtlich – bislang weder das eine noch das andere der beiden hier potentiell anwendbaren, auf Feststellung des Fehlens oder Verlusts der Freizügigkeitsberechtigung gerichteten Feststellungsverfahren durchgeführt worden. Es ist offenbar nicht gem. § 5 Abs. 4 FreizügG/EU der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt und die Aufenthaltskarte eingezogen worden, was immer dann möglich ist, wenn "die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen" sind, was hier durch den Wegzug Ehefrau als originär freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerin der Fall sein dürfte. Dabei könnte das Stellen eines Antrags auf SGB II-Leistungen im Übrigen Veranlassung für eine Prüfung der Freizügigkeitsvoraussetzungen gem. § 5 Abs. 3 FreizügG/EU bieten (vgl. Dienelt a. a. O. § 5 FreizügG/EU Rn. 50). Auch ist offenbar bislang nicht nach der im Verhältnis zu § 5 Abs. 4 FreizügG/EU vorrangigen Spezialregelung des § 2 Abs. 7 Satz 1 oder Satz 2 i. V. m. Satz 3 FreizügG/EU –
"Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann festgestellt werden, wenn feststeht, dass die betreffende Person das Vorliegen einer Voraussetzung für dieses Recht durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat. Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, außerdem festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet."
– das Nichtbestehen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt und die Aufenthaltskarte eingezogen worden, wobei bei summarischer Betrachtung durchaus denkbar ist, dass der hier – möglicherweise – vorliegende Sachverhalt einer von Beginn an bestehenden Planung, dass nur der Familienangehörige und nicht auch der Unionsbürger längerfristig in Deutschland bleiben soll – unter § 2 Abs. 7 Satz 2 FreizügG/EU zu fassen sein könnte.
Die Kammer sieht sich dennoch nicht daran gehindert, einen Fortfall der materiellen Freizügigkeitsberechtigung anzunehmen.
Einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU n. F., die für Familienmitglieder von Unionsbürgern erteilt wird, die selbst – wie hier der Antragsteller – keine Unionsbürger sind, und deren Ausstellung nach § 5 Abs. 2 FreizügG/EU n. F. nicht einmal notwendigerweise eine Prüfung der Freizügigkeitsvoraussetzungen erfordert, kommt aus Sicht der Kammer genau so wenig eine Tatbestandswirkung, etwa für den Bereich des SGB II, zu, wie es bei einer Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU in der bis zum 28.01.2013 geltenden Fassung vom 19.08.2007 der Fall war. Es handelt sich nach Auffassung der Kammer bei einer Aufenthaltskarte, die, wie hier, unter der Geltung von § 5 FreizügG/EU n. F. ausgestellt worden ist, nicht um einen Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X, dem eine solche Tatbestandswirkung zukommen könnte. Die Aufenthaltskarte weist nämlich ein durch § 2 Abs. 1 FreizügG/EU gesetzlich begründetes Aufenthaltsrecht nur nach, sie begründet es nicht. Das ergibt sich unmittelbar aus dem gesetzlichen Wortlaut, wonach die Aufenthaltskarte nicht erteilt, sondern ausgestellt wird (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25.09.2013 – 4 V 715/13 – juris) und aus Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG, in dem der Aufenthaltskarte explizit die Funktion eines "Nachweises" zugeschrieben wird. Schon dies spricht gegen eine Regelung, jedenfalls gegen eine Regelung mit rechtsgestaltendem Charakter. Eine nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU n. F. ausgestellte Aufenthaltskarte besitzt aber nach Meinung der Kammer auch nicht das Wesen einer feststellenden Regelung, denn in den Neufassungen von §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU wurde auf das vorher normierte Erfordernis verzichtet, dass Aufenthaltskarten widerrufen werden müssen; nunmehr müssen sie nur noch eingezogen werden. Folgerichtig wurde auch in § 7 Abs. 1 FreizügG/EU der Satz 2 gestrichen, der die Ausreisepflicht von drittstaatsangehörigen Familienangehörigen von Unionsbürgern von dem Widerruf oder der Rücknahme der Aufenthaltskarte abhängig machte. Der Bescheinigungscharakter der neuen Aufenthaltskarte kommt auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck, in der der Gesetzgeber ausdrücklich klarstellt, dass ein Widerruf nicht mehr erforderlich ist (vgl. Dienelt a. a. O. § 5 FreizügG/EU Rn. 31; gegen eine Einordnung der Aufenthaltskarte als Verwaltungsakt tendenziell auch Kurzidem in: BeckOK FreizügG/EU § 5 Rn. 5).
Aus dem Besitz der hier nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU n. F. ausgestellten Aufenthaltskarte als solchem dürfte sich daher nicht einmal eine Vermutung einer Freizügigkeitsberechtigung ergeben (so auch Dienelt a. a. O. Rn. 29-31, der nur für nach § 5 Abs. 2 FreizügG/EU a. F. ausgestellte Aufenthaltskarten eine Vermutung bejaht).
Bei dem Antragsteller handelt es sich daher um eine Person ohne materielles Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU (vgl. zu dieser Personengruppe z. B. LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 37 ff., insbes. Rn. 57 ff.) m. w. N.; VG Dresden, Beschluss vom 01.08.2013 – 3 L 300/13 – juris).
Auf diese Personengruppe ist der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nach der – aus Sicht der Kammer überzeugenden – Auffassung des 19. Senats des LSG NRW nicht, auch nicht im Wege eines "Erst-recht-Schlusses", anwendbar, weil der Aufenthaltszweck der Arbeitssuche keinen Auffangtatbestand darstellt, der zur Anwendung gelangt, wenn ein anderer Zweck nicht feststellbar ist (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 a. a. O.; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris (Rn. 22)).
Sonstige Leistungsausschlüsse sind ebenfalls nicht ersichtlich. Dem Antragsteller steht damit ein Leistungsanspruch nach dem SGB II dem Grunde nach zu.
An diesem Ergebnis ändert sich nach Auffassung der Kammer auch dann nichts, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung davon ausgeht, dass durch die Aufenthaltskarte – etwa, weil man sie trotz der Änderungen im FreizügG/EU als feststellenden Verwaltungsakt einstuft – bindend feststeht, dass der Antragsteller freizügigkeitsberechtigt ist.
Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass der Antragsteller sich faktisch zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhält. Damit ist er selbst aber noch keiner der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 SGB II in Bezug genommenen Ausländer, "deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt". Denn es kommt nicht auf den faktischen Aufenthaltszweck sondern auf ein entsprechendes Aufenthaltsrecht an. Sein eigenes Aufenthaltsrecht ergibt bzw. ergab sich gerade nicht aus dem Zweck der Arbeitssuche (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU), der nur Unionsbürgern offen steht, sondern – wie bereits dargelegt worden ist – aus § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 3 oder § 4 FreizügG/EU.
Der Antragsteller kann deshalb nur dann in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses fallen, wenn er i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 SGB II ein Familienangehöriger eines Ausländers ist, dessen Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Das ist indessen nicht der Fall.
Der Antragsteller ist zwar zweifellos Familienangehöriger eines Unionsbürgers, dessen Aufenthaltsrecht sich aus der Arbeitssuche ergeben könnte (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU). Es handelt sich dabei um seine Ehefrau. Der Begriff in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 SGB II stellt dabei erkennbar auf die Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 2 FreizügG/EU ab und als Ehegatte fällt der Antragsteller unter § 3 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 FreizügG/EU.
Im Übrigen kommt es jedoch auf den Aufenthaltszweck bzw. die Art der Freizügigkeitsberechtigung der Ehefrau als derjenigen Unionsbürgerin an, von der er als Familienangehöriger sein Aufenthaltsrecht ableiten kann.
Die Existenz der Aufenthaltskarte ist – nach der der vorliegenden Hilfserwägung zugrunde liegenden Prämisse – insofern bindend, als sie dem Antragsteller bis zum Abschluss eines Verfahrens nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU eine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt. Sie sagt aber nichts über die Art der bei Ausstellung der Aufenthaltskarte vorhandenen (oder zumindest von der Ausstellungsbehörde angenommenen) Freizügigkeitsberechtigung des Unionsbürgers aus, von dem der Familienangehörige sein Aufenthaltsrecht ableitet. Aus der Aufenthaltskarte des Antragstellers folgt also nicht, dass sich seine Ehefrau damals ausgerechnet allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhielt bzw. aufhalten wollte (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU). Zwar könnte man den damals angegebenen und von der Ausstellungsbehörde angenommenen Zweck wohl anhand der Ausländerakte des Antragstellers ermitteln. Jedoch kommt es darauf nicht entscheidend an. Es kommt nach Meinung der Kammer für die Prüfung der Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vielmehr entscheidend darauf an, ob die Ehefrau sich gerade zum Zeitpunkt des beabsichtigten Leistungsbezuges allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhält. Hierüber sagen weder die Existenz der Aufenthaltskarte noch die Ausländerakten etwas aus.
Daher ist durch die Kammer eigenständig zu prüfen, ob sich ein Aufenthaltsrecht der Ehefrau des Antragstellers bei Antragstellung nach dem SGB II bzw. aktuell allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies ist zu verneinen, denn die Antragstellerin hält sich derzeit unstreitig überhaupt nicht in Deutschland auf.
Der Antragsteller ist damit selbst bei Annahme einer Bindungswirkung der Aufenthaltskarte nicht Familienangehöriger einer Ausländerin, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Bei dieser Sachlage ist der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II seinem Wortlaut nach nicht anwendbar.
Die Vorschrift kann auch in dieser Situation nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass der für Familienangehörige von EU-Bürgern, deren Aufenthaltsrecht allein auf Arbeitsuche beruht, vorgesehene Leistungsausschluss "erst recht" für Familienangehörige ohne materielles Aufenthaltsrecht (bzw. für Angehörige von EU-Bürgern ohne tatsächlichen Aufenthalt in Deutschland) gilt. Insoweit hält die Kammer die bereits erwähnte Rechtsprechung des 19.Senats des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen für übertragbar, nach der § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass der EU-Bürger, deren Aufenthaltsrecht allein auf Arbeitsuche beruht, erfassende Leistungsausschluss "erst recht" für EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht gilt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 57 ff.)).
Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung davon ausgehen würde, dass kein "grundloser Aufenthalt" sondern ein Aufenthalt allein zur Arbeitssuche vorliegt und damit der Anwendungsbereich der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eigentlich eröffnet ist, wäre er vorliegend nicht anwendbar. Denn der Leistungsausschluss ist in zweierlei Hinsicht nicht europarechtskonform und daher wegen des Anwendungsvorrangs des Europarechts nicht anzuwenden.
Der Leistungsausschluss verstößt zum einen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Zum anderen und unabhängig davon widerspricht er dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 24 Abs. 1 der Unionsbürger-Richtlinie (oder: Freizügigkeits-Richtlinie) 2004/38/EG und ist auch nicht von der Ermächtigung in Art. 24 Abs. 2 dieser Richtlinie gedeckt, denn er ist von genereller, nur auf die Staatsangehörigkeit abstellender Natur, nimmt nicht auf individuelle Lebensumstände bzw. Einzelfallgesichtspunkte Rücksicht und ermöglicht keine Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. insoweit – mit teilweise unterschiedlichen Begründungen bzw. dogmatischen Ansätzen – insbes.: Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (insbes. Rn. 25-38); LSG NRW, Urteil vom 28.11.2013 – L 6 AS 130/13 – juris (bislang nur Pressemitteilung veröffentlicht); Bayerisches LSG, Urteil vom 19.06.2013 – L 16 AS 847/12 – juris (Rn. 44-67); Hessisches LSG, Beschluss vom 18.12.2012 – L 7 AS 624/12 B ER – juris; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris (Rn. 23 ff.); vgl. zum Ganzen ferner: Frings, ZAR 2012, 317).
Zunächst verstößt der Leistungsausschluss gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 (vgl. insoweit insbesondere Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (Rn. 25-35); Bayerisches LSG, Urteil vom 19.06.2013 – L 16 AS 847/12 – juris (Rn. 44-67)). Der Antragsteller unterfällt als Familienangehöriger einer Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaates dem persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 883/2004). Auch der sachliche Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 ist für den Antragsteller eröffnet sein, denn für ihn galten aufgrund der glaubhaft gemachten früheren Tätigkeit für die GB Gerüstbau GmbH vom 10.12.2012 bis zum 06.03.2013 – bei der es sich im Zweifel um eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit handelte – mehrere der in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Rechtsvorschriften. Insbesondere dürfte er in Deutschland gesetzlich krankenversichert gewesen sein. Dabei wird die Geltung von in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Rechtsvorschriften hinsichtlich seiner Person hier auch dadurch indiziert, dass der Antragsteller über einen am 04.09.2012 ausgestellten Sozialversicherungsausweis der Deutschen Rentenversicherung Westfalen verfügt. Der "Wohnort" i. S. v. Art. 1 lit. j und Art. 70 VO (EG) 883/2004 i. V. m. den Kriterien für die Feststellung des Wohnortes in Art. 11 VO (EG) 987/2009, der Durchführungsverordnung zu VO (EG) 883/2004, befindet sich – wie der "gewöhnliche Aufenthalt" gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II (s. o.) – nach Auffassung der Kammer in Deutschland. Zur Bestimmung des Wohnorts ist insbesondere auf Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im betreffenden Mitgliedstaat und die Situation der Person abzustellen. Für die Situation sind insbesondere die Qualität ihrer (un)selbstständigen Tätigkeit (Beschäftigungsort, Dauerhaftigkeit, Laufzeit des Vertrages), die familiären Verhältnisse und Bindungen, die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit, die Finanzierungsform eines etwaigen Studiums, die Wohnsituation (Dauerhaftigkeit) und der steuerliche Wohnsitz bedeutsam. Nach Art. 11 Abs. 2 VO (EG) 987/2009 ist zudem in Zweifelsfällen der Wille der Person, insbesondere der Grund für einen Wohnortwechsel ausschlaggebend (vgl. Schreiber, NZS 2012, 647 (649)). Nach diesen Kriterien und dem insoweit besonders wichtigen subjektiven Faktor des "Mittelpunktes des Interesses" des Antragstellers befindet sich sein Wohnort in Deutschland, und zwar aus den Gründen, die bereits im Zusammenhang mit der Anspruchsvoraussetzung des "gewöhnlichen Aufenthalts" gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II genannt worden sind. Nach der Überzeugung der Kammer gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch für die besonderen beitragsunabhängigen Leistungen gem. Art. 3 Abs. 3 i. V. m. Art. 70 VO (EG) 883/2004, und zwar völlig unabhängig vom Vorliegen eines Aufenthaltsgrundes nach Art. 7 I der Unionsbürger-RL 2004/38/EG oder § 2 FreizügG/EU (vgl. zum Ganzen auch Frings, ZAR 2012, 317 (321 f.)) und verschafft dem Antragsteller einen individuellen Anspruch auf Gewährung der besonderen beitragsunabhängigen Leistungen nach den gleichen Voraussetzungen, wie sie auch für Deutsche gelten (a. A. offenbar Bayerisches LSG, Beschluss vom 19.11.2013 – L 7 AS 753/13 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 06.11.2013 – L 7 AS 639/13 B ER – juris).
Unabhängig davon ist der Leistungsausschluss auch europarechtswidrig, weil er nicht von der Ermächtigung in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG gedeckt ist (vgl. insoweit insbesondere: Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (Rn. 36-37); Bayerisches LSG, Urteil vom 19.06.2013 – L 16 AS 847/12 – juris (Rn. 44-67)). Zwar ist nach der "Brey"-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 19.09.2013 – C-140/12 –) davon auszugehen, dass die Leistungen nach dem SGB II zugleich "besondere beitragsunabhängige Leistungen" i. S. d. VO (EG) 883/2004 und "Sozialhilfeleistungen" i. S. d. RL 2004/38/EG sein können, weil es sich bei diesen Begriffen nicht um Gegensätze handelt (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 19.11.2013 – L 7 AS 753/13 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 06.11.2013 – L 7 AS 639/13 B ER – juris; anders insoweit noch Bayerisches LSG, Urteil vom 19.06.2013 – L 16 AS 847/12 – juris (Rn. 47-54)). Selbst wenn jedoch danach eine deutsche Regelung möglich wäre, die in Umsetzung von Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG den Bezug besonderer beitragsunabhängiger Leistungen i. S. d. VO (EG) 883/2004 ausschließt, so erfüllt der derzeitige Leistungsausschluss nicht die an eine solche Regelung zu stellenden Anforderungen.
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.09.2013 – C-140/12 "Brey" – (Rn. 64 ff.) betont, dass ein "automatischer", nur an die Staatsangehörigkeit anknüpfender, nicht auf individuelle Lebensumstände bzw. Einzelfallgesichtspunkte abstellender und keine Verhältnismäßigkeitsprüfung ermöglichender Leistungsausschluss wie der für die im dortigen Ausgangsverfahren streitige österreichische Ausgleichszulage nach § 292 Abs. 1 ASVG nicht von Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG gedeckt und daher nicht europarechtskonform ist. Er hat insbesondere (Rn. 76 ff.) bemängelt, dass bei der dort fraglichen österreichischen Regelung "bereits der bloße Umstand, dass ein wirtschaftlich nicht aktiver Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats sie beantragt, ausreichend ist, um ihn unabhängig von der Dauer des Aufenthalts, der Höhe dieser Leistung und dem Zeitraum ihrer Gewährung, und somit unabhängig von der aus dieser Leistung für das gesamte Sozialhilfesystem dieses Staates erwachsenden Belastung, von dem Bezug" der Leistung auszuschließen. Es sei "festzustellen, dass ein solcher automatischer Ausschluss der wirtschaftlich nicht aktiven Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten von der Gewährung einer bestimmten Sozialhilfeleistung durch den Aufnahmemitgliedstaat selbst für die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 genannte Zeit nach einem dreimonatigen Aufenthalt es den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats nicht erlaubt, im Einklang mit den Anforderungen, die sich insbesondere aus den Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und 8 Abs. 4 dieser Richtlinie sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, in Fällen, in denen die Existenzmittel des Betroffenen geringer sind als der Richtsatz für die Gewährung dieser Leistung, eine umfassende Beurteilung der Frage vorzunehmen, welche Belastung die Gewährung dieser Leistung nach Maßgabe der die Lage des Betroffenen kennzeichnenden individuellen Umstände konkret für das gesamte Sozialhilfesystem darstellen würde."
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ermöglicht nicht ansatzweise die Berücksichtigung von Einzelfallgesichtspunkten. Die Regelung entspricht vielmehr dem vom EuGH kritisierten Automatismus; sie erschöpft sich im Falle der Arbeitssuche in einem automatischen Ausschluss vom Leistungsbezug ohne Prüfung nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (Rn. 37)). Dies scheint auch die Auffassung des 6. Senats des LSG NRW zu sein, in dessen Pressemitteilung zum Urteil vom 28.11.2013 – L 6 AS 130/13 – es heißt, der Senat "sei – insofern noch weitergehend als frühere Entscheidungen anderer Senate des Landessozialgerichts – der Auffassung, der Leistungsausschluss in dieser ausnahmslosen Automatik widerspreche dem zwischen den EU-Staaten vereinbarten gesetzlich wirksamen Gleichbehandlungsgebot (Art. 4 Verordnung EU 883/2004). Soweit die sogenannte Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38) den Mitgliedstaaten erlaube, einschränkende Regelungen zur Vermeidung von sog. Sozialtourismus vorzusehen, sei dies nicht in dieser im SGB II enthaltenen unbedingten und umfassenden Form möglich. Die Richtlinie verlange eine bestimmte Solidarität des aufnehmenden Staates Deutschland mit den anderen Mitgliedstaaten. Das erfordere unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit Regelungen, wonach abhängig von den individuellen Umständen Leistungen im Einzelfall jedenfalls ausnahmsweise möglich sein müssen."
Zusammenfassend ist festzustellen, dass "die allein an der Ausländereigenschaft anknüpfende Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II am Maßstab von Art. 70 i. V. m. Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG in Bezug auf die Rechtstellung der Antragsteller nicht zu rechtfertigen ist; sie bleibt aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorranges unangewendet" (so wörtlich Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER – juris (Rn. 37)).
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist dabei auch dann europarechtswidrig und im vorliegenden Fall nicht anwendbar, wenn man entweder im Falle des Antragstellers den sachlichen Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 nicht für eröffnet hält, oder anders als die Kammer davon ausgeht, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 4 VO (EG) 883/2004 selbst keinen Anspruch auf eine besondere beitragsunabhängige Leistung vermitteln könne, weil diese Norm – wie die Verordnung insgesamt – nur der Koordinierung, nicht der Festlegung von Anspruchsvoraussetzungen, diene (so Bayerisches LSG, Beschlüsse vom 19. und 06.11.2013 a. a. O.). Denn auch dann stimmt der Leistungsausschluss nicht mit seiner europarechtlichen Grundlage, Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG, überein (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 a. a. O.; so auch das Bayerische LSG, Beschluss vom 06.11.2013 a. a. O. (Rn. 36-40), das allerdings anders als das Hessische LSG und die erkennende Kammer der Auffassung ist, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II könne europarechtskonform einschränkend ausgelegt werden).
Dass das Bundessozialgericht mit dem Beschluss vom 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R – ein Verfahren, in dem es um die Europarechtskonformität von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II geht, ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf der Grundlage von Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der den Mitgliedstaaten eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Unionsrechts ermöglichen soll, Fragen zu Art. 4 und Art. 70 VO (EG) 883/2004, Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG sowie Art. 45 Abs. 2 AEUV i. V. m. Art. 18 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, ändert nichts an der Überzeugung der Kammer bzgl. der Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgebots des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch auf die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen i. S. v. Art. 70 VO (EG) 883/2004, bzgl. der Nichtkonformität des "automatischen" Leistungsausschlusses mit der Ermächtigung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG und der Unmöglichkeit einer europarechtskonformen Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Insbesondere hat der EuGH aus Sicht der Kammer schon in seinem Urteil vom 19.09.2013 – C-140/12 "Brey" – hinreichend deutlich gemacht, dass ein "automatischer", nur an die Staatsangehörigkeit anknüpfender, nicht auf Einzelfallgesichtspunkte abstellender und keine Verhältnismäßigkeitsprüfung ermöglichender Leistungsausschluss wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II jedenfalls nicht von Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürger-RL 2004/38/EG gedeckt und schon daher nicht europarechtskonform ist.
Auch soweit entgegen der hier vertretenen Auffassung die Frage der Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses – etwa wegen des genannten Vorabentscheidungsersuchens des BSG – als offen anzusehen wäre, wären im Rahmen einer vom Gericht angestellten Folgen- bzw. Interessenabwägung die Folgen, die für den Antragsteller entstehen würden, wenn die einstweilige Anordnung zu seinen Gunsten nicht erlassen würde, als wesentlich erheblicher anzusehen als die Folgen, die im umgekehrten Fall entstünden. Denn es geht hier um die Gewährung oder Nichtgewährung existenzsichernder Leistungen und damit um eine drohende Verletzung des Grundrechts auf Gewährung eines soziokulturellen Existenzminimums. Umgekehrt bestünde für den Antragsgegner lediglich das Risiko der Nichtdurchsetzbarkeit eines Rückforderungsanspruchs, wenn in der Hauptsache festgestellt würde, dass ein Leistungsanspruch des Antragstellers tatsächlich nicht bestanden hat. Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache wäre für den Antragsteller hingegen unzumutbar hart.
Es ist auch – im tenorierten Umfang – ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Eilbedürftigkeit ergibt sich aus dem existenzsichernden Charakter der begehrten Leistung. Es ist dem Anspruchsteller nicht zuzumuten, bis zum Ende des Hauptsacheverfahrens und ggf. eines sich anschließenden Rechtsmittelverfahrens auf Leistungen für den Regelbedarf zu verzichten. Dem Umstand, dass es nicht ausgeschlossen erscheint, dass der Antragsgegner einen etwaigen Rückforderungsanspruch im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren nicht würde realisieren können und die Zuerkennung der Leistungen deshalb im Ergebnis einen Zustand schaffen könnte, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache gleichzusetzen wäre, trägt die Kammer bei der inhaltlichen Ausgestaltung der einstweiligen Anordnung Rechnung, indem sie die nachteiligen Folgen auf Seiten des Antragsgegners zeitlich begrenzt und zudem der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes hohe Bedeutung beimisst.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund bzgl. der Regelbedarfe gem. § 20 SGB II für die Zeit vom 12.12.2013 (Eingang des Antrags bei Gericht) bis längstens zum 31.03.2014 glaubhaft gemacht, da am 31.03.2014 der sechsmonatige, ab dem 01.10.2013 als dem ersten Tag des Monats der Antragstellung (15.10.2013) laufende Bewilligungszeitraum (§§ 37 Abs. 2 Satz 2, 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) enden würde.
Im Hinblick auf die Zeiträume ab dem 01.04.2014 geht die Kammer davon aus, dass es bei einer noch längeren zeitlichen Erstreckung der einstweiligen Anordnung nicht oder nur unzureichend möglich wäre, den Leistungsfall unter Kontrolle zu halten und etwaigen Veränderungen in der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers Rechnung zu tragen, die im Bereich des SGB II etwa auch in der Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit bestehen können.
Die Kammer geht aber davon aus, dass der Antragsgegner bei unveränderter Situation auch weiterhin Leistungen erbringen wird.
In Bezug auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II liegt zwar keine ausdrückliche "Ausklammerung" aus dem Streitgegenstand vor.
Jedoch ergibt sich aus Sicht der Kammer aus den Antragsunterlagen und dem übrigen Inhalt der Verwaltungsakte, dass von vornherein keine Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung beansprucht werden sollten, weil der Antragsteller mietfrei bei seiner Schwester wohnt. Das Gericht hat daher den vorliegenden Eilantrag dahingehend ausgelegt, dass auch dieser nicht auf eine vorläufige Gewährung solcher Leistungen gerichtet ist. Insoweit war zwar zur Klarstellung die Entscheidungsformel einzuschränken, der Antrag aber nicht teilweise abzulehnen.
Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Die Entscheidung über den am 12.12.2013 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a SGG i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblich sind aufgrund des Zeitpunktes der Antragstellung nach § 40 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung (EGZPO), der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts, die §§ 114 ff. ZPO in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung.
Der Antragsteller kann die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot aus den vorstehenden Gründen zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife die im Rahmen des § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht. Die Rechtsverfolgung erscheint auch nicht mutwillig und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes war unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich.
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