Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 2698/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Es kann nur eine Eingliederungsvereinbarung zulässig durch Verwaltungsakt ersetzt werden, über die zuvor mit dem Leistungsberechtigten verhandelt worden ist. Der Erlass eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes mit einem von der verhandelten Eingliederungsvereinbarung abweichenden Inhalt ist rechtswidrig.
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 06.05.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.04.2014 wird angeordnet. 2. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin richtet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt der Antragsgegnerin.
Die am XX.XX.XXXX geborene Antragstellerin steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin übt eine selbständige Erwerbstätigkeit als Fachdozentin Mode aus. Im Rahmen des Weiterbewilligungsantrags vom 03.03.2014 für die Zeit ab 01.04.2014 prognostizierte sie hierfür für die Zeit von 01.04.2014 bis 30.09.2014 Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt 2.024,00 EUR und Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 1.800,00 EUR. Für eine weitere selbständige Tätigkeit im Bereich der Immobilienbetreuung gab die Antragstellerin für denselben Zeitraum Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben von jeweils 0,00 EUR an.
Mit Bescheid vom 01.04.2014 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.09.2013 in Höhe von 870,99 EUR monatlich.
Bereits im Rahmen eines Beratungsgesprächs am 30.01.2014 bot die Antragsgegnerin der Antragstellerin den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit den Zielen der Abklärung der gesundheitlichen Situation und des Umfangs der Erwerbsfähigkeit bis zum 30.06.2014 sowie der Stabilisierung der Selbständigkeit an.
Den Abschluss der Eingliederungsvereinbarung lehnte die Antragstellerin unter Berufung auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen, welche nicht berücksichtigt worden seien, ab.
Ein weiteres, für den 03.03.2014 geplantes Beratungsgespräch fand aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit der Antragstellerin nicht statt.
Mit Datum vom 05.03.2014 erließ die Antragsgegnerin eine bis 04.09.2014 gültige Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt mit den Inhalten der angebotenen Eingliederungsvereinbarung vom 30.01.2014, wobei die Abklärung der gesundheitlichen Situation und des Umfangs der Erwerbsfähigkeit nunmehr bis zum 31.07.2014 erfolgen sollte.
Diesen Verwaltungsakt hob die Antragsgegnerin auf den Widerspruch der Antragstellerin mit Bescheid vom 16.04.2014 wieder auf.
Zugleich erließ die Antragsgegnerin unter dem 16.04.2014 erneut eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt mit Gültigkeit vom 23.04.2014 bis 14.10.2014 folgenden Inhalts:
Ziele: Beendigung der Selbständigkeit als Integrationsstrategie im Haupterwerb zum 31.07.2014 und Änderung der Integrationsstrategie ab 01.08.2014. Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit in der Bekleidungsindustrie oder im Bekleidungshandel oder einer anderen zumutbaren sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit, im die Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu reduzieren.
1. Ihr Träger für Grundsicherung, das Jobcenter ( ...), unterstützt Sie mit folgenden Leistungen zur Eingliederung - Beratung zu Ihren Leistungen nach dem SGB II bei Ihrem persönlichen Ansprechpartner. - Tatsächlich entstandene Fahrtkosten, die aus Anlass der Meldung nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III (schriftliche Einladung des Jobcenters zu Meldeterminen) sowie durch Einladungen des Medizinisch-Psychologischen Dienstes entstehen, können auf Antrag und nach Vorlage des Nachweises übernommen werden (§ 309 Abs. 4 SGB III). Förderung aus dem Vermittlungsbudget 1.) Gewährung eines Bewerbungskostenzuschusses nach Erbringen der erforderlichen Nachweise; Ihr Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse durch die Übernahme von Kosten für Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit §§ 44 SGB III. Für die in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Anzahl der Bewerbungen können Sie auf Antrag folgende Kostenerstattung erhalten: Für qualifizierte, zielführende Bewerbungsunterlagen 5,- EUR je Bewerbungsunterlage, für eine qualifizierte Online-Bewerbung können jeweils 0,20 EUR erstattet werden. 2.) Ihr Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit §§ 44 SGB III durch die Übernahme von Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen, insbesondere in den Regionen ( ...) auf Antrag und Nachweis des Arbeitgebers (Vorstellungstermin und Fahrtkosten), sofern dies im Voraus per Email oder schriftlich beantragt worden ist. Bitte setzen Sie sich diesbezüglich mit Ihrem persönlichen Ansprechpartner des Jobcenters in Verbindung. 3.) Für die Förderung aus dem Vermittlungsbudget sind eine vorherige schriftliche Antragstellung, ordnungsgemäße Bewerbungsunterlagen und die Vorlage der geforderten Nachweise Voraussetzung. Dies gilt für die Punkte 1.) und 2.). 2. Bemühungen von Frau ( ...) zur Eingliederung in Arbeit - Sie sind verpflichtet, alle Möglichkeiten zur Verringerung und zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit zu nutzen. Sie müssen Ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit Ihnen in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. - Ihre Bemühungen um Arbeit haben in allen Bereichen, auf alle zumutbaren Tätigkeiten, sowohl sozialversicherungspflichtig als auch geringfügig, befristet oder unbefristet, nicht nur auf erlernte oder bereits ausgeübte Tätigen, zu erfolgen. Regelmäßige Bewerbungen - Sie verpflichten sich zu den folgenden Eigenbemühungen: o Sie unternehmen während der Gültigkeit der Eingliederungsvereinbarung monatlich mindestens 3 Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse (in Teilzeit oder Vollzeit, mehr als 15 Stunden pro Woche), insbesondere bezüglich der Berufsbilder als Modedesignerin, Schneiderin oder Verkaufsberaterin oder sonstige zumutbare sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten insbesondere in den Regionen ( ...) und legen hierüber Ihrem persönlichen Ansprechpartner in Ihrem Jobcenter folgende Nachweise vor: &61607; Vollständiges, aussagekräftiges und individuelles Anschreiben an den Arbeitgeber, &61607; Eingangsbestätigungen oder/und Absagen des Arbeitgebers, bei Online-Bewerbungen reichen Sie bitte den jeweiligen Sendebericht ein. - Die Nachweise sind monatlich, jeweils zum 10. des Monats, erstmals am 10.06.2014, Ihrem persönlichen Ansprechpartner im Jobcenter vorzulegen. - Sie bewerben sich zeitnah, d.h. spätestens am dritten Tage nach Erhalt des Stellenangebotes, auf Vermittlungsvorschläge, die Sie von Ihrem Jobcenter erhalten haben. Als Nachweis über Ihre unternommenen Bemühungen füllen Sie die dem Vermittlungsvorschlag beigefügte Antwortmöglichkeit aus und legen diese Ihrem persönlichen Ansprechpartner vor. - BEACHTEN SIE: Vermittlungsvorschläge und Stellenangebote des Jobcenters zählen nicht zu denen von Ihnen zu erbringenden Eigenbemühungen! Bewerbungsunterlagen Bis zum 19.05.2014 ist eine Musterbewerbungsmappe (bestehend aus Anschreiben, Lebenslauf, Lichtbild, Zeugnisse) bei Ihrem persönlichen Ansprechpartner in Ihrem Jobcenter einzureichen. Sonstiges Außerdem teilen Sie alle leistungs- und arbeitsvermittlungsrelevanten Änderungen Ihrem Jobcenter zeitnah mit. Rechtsfolgenbelehrung: "
Mit Schreiben vom 06.05.2014 legte die Antragstellerin gegen die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt Widerspruch ein. Die Voraussetzungen gemäß § 15 SGB II lägen nicht vor. Zum einen sei noch nicht hinreichend geklärt, ob die Antragstellerin erwerbsfähig sei. Beim Sozialgericht ( ...) sei ein Verfahren wegen Erwerbsminderungsrente anhängig. Selbst die beratende Ärztin der Antragsgegnerin sei der Ansicht, dass zunächst der Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens abzuwarten sei. Zudem dürfe die Behörde die Eingliederungsvereinbarung lediglich dann durch einen Verwaltungsakt ersetzen, falls ein Gespräch zwischen dem Betroffenen und dem Jobcenter scheiterte und die Eingliederungsvereinbarung schließlich vom Hilfebedürftigen abgelehnt werde. Selbst, wenn man davon ausgehe, dass die Voraussetzungen gegeben seien, stelle sich die Frage, warum die Eingliederungsvereinbarung vom 16.04.2014 entgegen den Zielen der Eingliederungsvereinbarung vom 05.03.2014 erlassen worden sei. Aus Sicht der Antragstellerin sei eine Einigung dahingehend erzielt worden, dass zunächst die gesundheitliche Situation und die Erwerbsfähigkeit abgeklärt werden solle. Auch seien die Gründe für die Anordnung einer Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt in der angegriffenen Entscheidung nicht aufgeführt worden. Schließlich erschließe sich nicht, warum die Antragstellerin nunmehr ihre selbständige Tätigkeit beenden solle. Sinn und Zweck einer solchen Vereinbarung erschlössen sich insbesondere im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustand der Antragstellerin nicht.
Am 07.05.2014 hat die Antragstellerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zum Sozialgericht Stuttgart gestellt. Die Eingliederungsvereinbarung vom 16.04.2014 berücksichtige in keiner Weise die gesundheitliche Situation der Antragstellerin. Ebenso werde die berufliche Situation der Antragstellerin verkannt. Dazu verweist die Antragstellerin auf die Widerspruchsbegründung. Die Durchsetzung der Ziele in der angegriffenen Eingliederungsvereinbarung beinhalte die Gefahr einer Vereitelung der Rechte der Antragstellerin. Die Antragstellerin sei auf selbständiger Basis als pädagogische Fachkraft an einer Schule im Bereich Modedesign tätig. Soweit diese Selbständigkeit aufgegeben werde, sei nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin von der Fachschule in der Zukunft wieder beauftragt werde. Zudem sei noch nicht hinreichend geklärt, inwiefern die Antragstellerin erwerbsfähig sei. Ob eine Tätigkeit in Festanstellung leidensgerecht sei, müsse gleichfalls noch geklärt werden. Es gebe somit zurzeit keinen vernünftigen Grund, die Antragstellerin zur Beendigung ihres erlernten und ausgeübten Berufes zu verpflichten.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 06.05.2014 gegen die Eingliederungsvereinbarung vom 16.04.2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vollziehung der Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt. Ziel der Eingliederungsvereinbarung sei die Beendigung der Selbständigkeit im Haupterwerb und Änderung der Integrationsstrategie zum 01.08.2014 sowie die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit. Die Pflichten seien bestimmt und zumutbar und entsprächen der verfolgten Eingliederungsstrategie. Die Antragstellerin sei bei persönlichen Gesprächen nicht bereit gewesen, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen. Die Frage der Erwerbsfähigkeit sei hier nicht relevant. Insbesondere werde darauf hingewiesen, dass von Seiten der Antragstellerin unterschiedliche Angaben zu ihrer Erwerbsfähigkeit gemacht würden. Einerseits wolle sie nicht erwerbsfähig sein, andererseits gebe sie an, in ihrer selbständigen Tätigkeit erwerbsfähig zu sein. Zum Abwarten des Verfahrens vor dem Sozialgericht bezüglich der Erwerbsfähigkeit sei die Antragstellerin nicht verpflichtet. Beim Erlass der Eingliederungsvereinbarung seien die Leistungsfähigkeiten und persönlichen Verhältnisse hinreichend berücksichtigt. Die Verpflichtung zur Vorlage von 3 Eigenbemühungen sei überaus niedrig angesetzt. Es sei der Antragstellerin nicht nahegelegt worden, die aktuelle Tätigkeit als Selbständige aufzugeben, vielmehr sei das Ziel, dies im Haupterwerb zu beenden, was nicht heiße, dass diese Tätigkeit nicht weiterhin nebenbei ausgeführt werden könne. Vielmehr solle ein weiteres Tätigkeitsfeld erschlossen werden. In der Vergangenheit sei die Antragstellerin seit 2010 nicht in der Lage, nur aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit unabhängig von Leistungen nach dem SGB II den Lebensunterhalt zu bestreiten. Zusätzlich seien die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten als zumutbar anzusehen, um für die Zukunft eine optimale Eingliederung in Arbeit zu ermöglichen und die Antragstellerin auf den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Ziele, die Leistungen des Grundsicherungsträgers sowie die Verpflichtungen der Antragstellerin würden konkret benannt. Dies genüge den diesbezüglichen Anforderungen an die Bestimmtheit. Im Übrigen sei der Eingliederungsverwaltungsakt auch ausreichend begründet. Der Bescheid sei erlassen worden, da Eingliederungsvereinbarungen in persönlichen Gesprächen nicht zustande gekommen seien.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend hat der Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund von § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Je größer die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Bei der Abwägung ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht besteht. Ist der Widerspruch oder die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung (vgl. zum Ganzen Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 12b - 12f.).
Nach diesen Grundsätzen ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 16.4.2014 anzuordnen. Der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt wird sich nach summarischer Prüfung voraussichtlich als rechtswidrig erweisen.
Nach summarischer Prüfung fehlt es bereits am Vorliegen der Voraussetzungen für die Ersetzung einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Der Wortlaut der Regelung weist darauf, dass der Verwaltungsakt erst erlassen werden darf, wenn nach einer hinreichenden Verhandlungsphase keine Einigung über Abschluss oder Inhalte einer Eingliederungsvereinbarung zustande gekommen ist. Eine konsensuale Lösung hat demnach gegenüber dem hoheitlichen Handeln durch Verwaltungsakt Vorrang. Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt kommt damit nur in Betracht, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen hat, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen oder im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen, was im ersetzenden Verwaltungsakt im Einzelnen darzulegen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 14.2.2013 – B 14 AS 195/11 R). Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt ohne jede vorausgehende Verhandlung ist bereits aus diesem Grund rechtswidrig (Berlit in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 15 Rn. 43). Die Beklagte hat zwar einen Versuch unternommen, mit der Antragstellerin die Eingliederungsvereinbarung vom 30.01.2014 abzuschließen. Nachdem die Antragstellerin den Abschluss dieser Eingliederungsvereinbarung abgelehnt hat, hat die Antragsgegnerin diese Eingliederungsvereinbarung am 05.03.2014 als Verwaltungsakt erlassen. Zweifelhaft ist schon hier das Vorliegen einer hinreichenden Verhandlungsphase, wenn ein Eingliederungsverwaltungsakt unmittelbar nach der Ablehnung der unterbreiteten Eingliederungsvereinbarung durch den Leistungsberechtigten erlassen wird, ohne den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung erneut unter Diskussion der Ablehnungsgründe zu versuchen. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Verwaltungsakt vom 05.03.2014 wieder aufgehoben worden ist. Hinsichtlich des am 16.04.2014 erlassenen Verwaltungsaktes fehlt es gänzlich an einer vorangegangenen Verhandlungsphase. Die Unterbreitung des Angebots zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung am 30.01.2014 kann dieser Voraussetzung zum Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes keinesfalls genügen. Der am 16.04.2014 erlassene Eingliederungsverwaltungsakt hat gegenüber der am 30.01.2014 angebotenen Eingliederungsvereinbarung einen völlig anderen Inhalt. War das Ziel der Eingliederungsvereinbarung am 30.01.2014 noch die Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit, hat der Eingliederungsverwaltungsakt vom 16.04.2014 nun die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung unter einer zeitlichen Reduzierung der selbständigen Tätigkeit zum Ziel. Dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Eingliederungsvereinbarung dieses Inhalts zum Abschluss angeboten und zur Verhandlung gestellt hat, ist nicht ersichtlich. Wenn jedoch der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes das Nichtzustandekommen einer Einigung hinsichtlich Abschluss oder Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung voraussetzt, kann der Eingliederungsverwaltungsakt richtigerweise nur einen Inhalt haben, über welchen zuvor mit dem Hilfeempfänger verhandelt worden ist. Dies legt schon der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II nahe, wonach "die" Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II und nicht irgendwelche Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II durch Verwaltungsakt erlassen werden sollen. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1615 S. 54) lässt sich entnehmen, dass im Falle des Nichtzustandekommens einer Eingliederungsvereinbarung die mit der Eingliederungsvereinbarung vorgesehenen Festlegungen durch Verwaltungsakt getroffen werden können sollen. Auch daraus wird ersichtlich, dass nur die ursprünglich vorgesehene und verhandelte Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ersetzt werden soll. Sofern die Antragsgegnerin der Auffassung sein sollte, dass der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht sachgerecht ist, und aus diesem Grund eine Verhandlung mit der Antragstellerin unterlassen haben sollte, fehlt es dem die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt jedenfalls an entsprechenden Darlegungen.
Offen ist, ob die von der Antragstellerin verlangten Eingliederungsbemühungen um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche und mit dem Ziel der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit als Haupterwerbstätigkeit zulässig sind. Nach § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II ist eine Arbeit zwar nicht allein deshalb unzumutbar, weil sie mit der Beendigung einer Erwerbstätigkeit verbunden ist. Dies steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass keine begründeten Anhaltspunkte vorliegen, dass durch die bisherige Tätigkeit künftig die Hilfebedürftigkeit beendet werden kann. Aus welchen Umständen die Antragsgegnerin darauf schließt, dass die selbständige Tätigkeit der Antragstellerin nicht soweit ausgebaut werden kann, dass die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt allein aus dieser Tätigkeit bestreiten kann, ist für die Kammer nicht erkennbar, zumal die Antragsgegnerin bei Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 05.03.2014 offenbar noch anderer Ansicht war, wenn dort als Ziel die Stabilisierung der Selbständigkeit genannt wird, also scheinbar begründete Anhaltspunkte für die Beendigung der Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Erwerbstätigkeit gesehen worden sind. Insoweit dürfte jedenfalls noch Klärungsbedarf bestehen.
Schließlich hat die Antragsgegnerin bei Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 05.03.2014 die gesundheitliche Situation und den Umfang der Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin noch für aufklärungsbedürftig erachtet. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage der Zumutbarkeit der nun in dem Verwaltungsakt vom 16.04.2014 abverlangten Eingliederungsbemühungen, ist doch scheinbar zweifelhaft, ob der Antragstellerin eine Erwerbstätigkeit von mehr als 15 Stunden pro Woche abverlangt werden kann.
Nachdem bereits die Voraussetzungen für den Erlass des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes nach summarischer Prüfung nicht vorliegen, ist dieser offenbar rechtswidrig, weshalb ein öffentliches Interesse am Vollzug desselben nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin richtet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt der Antragsgegnerin.
Die am XX.XX.XXXX geborene Antragstellerin steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin übt eine selbständige Erwerbstätigkeit als Fachdozentin Mode aus. Im Rahmen des Weiterbewilligungsantrags vom 03.03.2014 für die Zeit ab 01.04.2014 prognostizierte sie hierfür für die Zeit von 01.04.2014 bis 30.09.2014 Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt 2.024,00 EUR und Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 1.800,00 EUR. Für eine weitere selbständige Tätigkeit im Bereich der Immobilienbetreuung gab die Antragstellerin für denselben Zeitraum Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben von jeweils 0,00 EUR an.
Mit Bescheid vom 01.04.2014 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.09.2013 in Höhe von 870,99 EUR monatlich.
Bereits im Rahmen eines Beratungsgesprächs am 30.01.2014 bot die Antragsgegnerin der Antragstellerin den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit den Zielen der Abklärung der gesundheitlichen Situation und des Umfangs der Erwerbsfähigkeit bis zum 30.06.2014 sowie der Stabilisierung der Selbständigkeit an.
Den Abschluss der Eingliederungsvereinbarung lehnte die Antragstellerin unter Berufung auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen, welche nicht berücksichtigt worden seien, ab.
Ein weiteres, für den 03.03.2014 geplantes Beratungsgespräch fand aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit der Antragstellerin nicht statt.
Mit Datum vom 05.03.2014 erließ die Antragsgegnerin eine bis 04.09.2014 gültige Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt mit den Inhalten der angebotenen Eingliederungsvereinbarung vom 30.01.2014, wobei die Abklärung der gesundheitlichen Situation und des Umfangs der Erwerbsfähigkeit nunmehr bis zum 31.07.2014 erfolgen sollte.
Diesen Verwaltungsakt hob die Antragsgegnerin auf den Widerspruch der Antragstellerin mit Bescheid vom 16.04.2014 wieder auf.
Zugleich erließ die Antragsgegnerin unter dem 16.04.2014 erneut eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt mit Gültigkeit vom 23.04.2014 bis 14.10.2014 folgenden Inhalts:
Ziele: Beendigung der Selbständigkeit als Integrationsstrategie im Haupterwerb zum 31.07.2014 und Änderung der Integrationsstrategie ab 01.08.2014. Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit in der Bekleidungsindustrie oder im Bekleidungshandel oder einer anderen zumutbaren sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit, im die Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu reduzieren.
1. Ihr Träger für Grundsicherung, das Jobcenter ( ...), unterstützt Sie mit folgenden Leistungen zur Eingliederung - Beratung zu Ihren Leistungen nach dem SGB II bei Ihrem persönlichen Ansprechpartner. - Tatsächlich entstandene Fahrtkosten, die aus Anlass der Meldung nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III (schriftliche Einladung des Jobcenters zu Meldeterminen) sowie durch Einladungen des Medizinisch-Psychologischen Dienstes entstehen, können auf Antrag und nach Vorlage des Nachweises übernommen werden (§ 309 Abs. 4 SGB III). Förderung aus dem Vermittlungsbudget 1.) Gewährung eines Bewerbungskostenzuschusses nach Erbringen der erforderlichen Nachweise; Ihr Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse durch die Übernahme von Kosten für Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit §§ 44 SGB III. Für die in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Anzahl der Bewerbungen können Sie auf Antrag folgende Kostenerstattung erhalten: Für qualifizierte, zielführende Bewerbungsunterlagen 5,- EUR je Bewerbungsunterlage, für eine qualifizierte Online-Bewerbung können jeweils 0,20 EUR erstattet werden. 2.) Ihr Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit §§ 44 SGB III durch die Übernahme von Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen, insbesondere in den Regionen ( ...) auf Antrag und Nachweis des Arbeitgebers (Vorstellungstermin und Fahrtkosten), sofern dies im Voraus per Email oder schriftlich beantragt worden ist. Bitte setzen Sie sich diesbezüglich mit Ihrem persönlichen Ansprechpartner des Jobcenters in Verbindung. 3.) Für die Förderung aus dem Vermittlungsbudget sind eine vorherige schriftliche Antragstellung, ordnungsgemäße Bewerbungsunterlagen und die Vorlage der geforderten Nachweise Voraussetzung. Dies gilt für die Punkte 1.) und 2.). 2. Bemühungen von Frau ( ...) zur Eingliederung in Arbeit - Sie sind verpflichtet, alle Möglichkeiten zur Verringerung und zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit zu nutzen. Sie müssen Ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit Ihnen in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. - Ihre Bemühungen um Arbeit haben in allen Bereichen, auf alle zumutbaren Tätigkeiten, sowohl sozialversicherungspflichtig als auch geringfügig, befristet oder unbefristet, nicht nur auf erlernte oder bereits ausgeübte Tätigen, zu erfolgen. Regelmäßige Bewerbungen - Sie verpflichten sich zu den folgenden Eigenbemühungen: o Sie unternehmen während der Gültigkeit der Eingliederungsvereinbarung monatlich mindestens 3 Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse (in Teilzeit oder Vollzeit, mehr als 15 Stunden pro Woche), insbesondere bezüglich der Berufsbilder als Modedesignerin, Schneiderin oder Verkaufsberaterin oder sonstige zumutbare sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten insbesondere in den Regionen ( ...) und legen hierüber Ihrem persönlichen Ansprechpartner in Ihrem Jobcenter folgende Nachweise vor: &61607; Vollständiges, aussagekräftiges und individuelles Anschreiben an den Arbeitgeber, &61607; Eingangsbestätigungen oder/und Absagen des Arbeitgebers, bei Online-Bewerbungen reichen Sie bitte den jeweiligen Sendebericht ein. - Die Nachweise sind monatlich, jeweils zum 10. des Monats, erstmals am 10.06.2014, Ihrem persönlichen Ansprechpartner im Jobcenter vorzulegen. - Sie bewerben sich zeitnah, d.h. spätestens am dritten Tage nach Erhalt des Stellenangebotes, auf Vermittlungsvorschläge, die Sie von Ihrem Jobcenter erhalten haben. Als Nachweis über Ihre unternommenen Bemühungen füllen Sie die dem Vermittlungsvorschlag beigefügte Antwortmöglichkeit aus und legen diese Ihrem persönlichen Ansprechpartner vor. - BEACHTEN SIE: Vermittlungsvorschläge und Stellenangebote des Jobcenters zählen nicht zu denen von Ihnen zu erbringenden Eigenbemühungen! Bewerbungsunterlagen Bis zum 19.05.2014 ist eine Musterbewerbungsmappe (bestehend aus Anschreiben, Lebenslauf, Lichtbild, Zeugnisse) bei Ihrem persönlichen Ansprechpartner in Ihrem Jobcenter einzureichen. Sonstiges Außerdem teilen Sie alle leistungs- und arbeitsvermittlungsrelevanten Änderungen Ihrem Jobcenter zeitnah mit. Rechtsfolgenbelehrung: "
Mit Schreiben vom 06.05.2014 legte die Antragstellerin gegen die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt Widerspruch ein. Die Voraussetzungen gemäß § 15 SGB II lägen nicht vor. Zum einen sei noch nicht hinreichend geklärt, ob die Antragstellerin erwerbsfähig sei. Beim Sozialgericht ( ...) sei ein Verfahren wegen Erwerbsminderungsrente anhängig. Selbst die beratende Ärztin der Antragsgegnerin sei der Ansicht, dass zunächst der Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens abzuwarten sei. Zudem dürfe die Behörde die Eingliederungsvereinbarung lediglich dann durch einen Verwaltungsakt ersetzen, falls ein Gespräch zwischen dem Betroffenen und dem Jobcenter scheiterte und die Eingliederungsvereinbarung schließlich vom Hilfebedürftigen abgelehnt werde. Selbst, wenn man davon ausgehe, dass die Voraussetzungen gegeben seien, stelle sich die Frage, warum die Eingliederungsvereinbarung vom 16.04.2014 entgegen den Zielen der Eingliederungsvereinbarung vom 05.03.2014 erlassen worden sei. Aus Sicht der Antragstellerin sei eine Einigung dahingehend erzielt worden, dass zunächst die gesundheitliche Situation und die Erwerbsfähigkeit abgeklärt werden solle. Auch seien die Gründe für die Anordnung einer Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt in der angegriffenen Entscheidung nicht aufgeführt worden. Schließlich erschließe sich nicht, warum die Antragstellerin nunmehr ihre selbständige Tätigkeit beenden solle. Sinn und Zweck einer solchen Vereinbarung erschlössen sich insbesondere im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustand der Antragstellerin nicht.
Am 07.05.2014 hat die Antragstellerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zum Sozialgericht Stuttgart gestellt. Die Eingliederungsvereinbarung vom 16.04.2014 berücksichtige in keiner Weise die gesundheitliche Situation der Antragstellerin. Ebenso werde die berufliche Situation der Antragstellerin verkannt. Dazu verweist die Antragstellerin auf die Widerspruchsbegründung. Die Durchsetzung der Ziele in der angegriffenen Eingliederungsvereinbarung beinhalte die Gefahr einer Vereitelung der Rechte der Antragstellerin. Die Antragstellerin sei auf selbständiger Basis als pädagogische Fachkraft an einer Schule im Bereich Modedesign tätig. Soweit diese Selbständigkeit aufgegeben werde, sei nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin von der Fachschule in der Zukunft wieder beauftragt werde. Zudem sei noch nicht hinreichend geklärt, inwiefern die Antragstellerin erwerbsfähig sei. Ob eine Tätigkeit in Festanstellung leidensgerecht sei, müsse gleichfalls noch geklärt werden. Es gebe somit zurzeit keinen vernünftigen Grund, die Antragstellerin zur Beendigung ihres erlernten und ausgeübten Berufes zu verpflichten.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 06.05.2014 gegen die Eingliederungsvereinbarung vom 16.04.2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vollziehung der Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt. Ziel der Eingliederungsvereinbarung sei die Beendigung der Selbständigkeit im Haupterwerb und Änderung der Integrationsstrategie zum 01.08.2014 sowie die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit. Die Pflichten seien bestimmt und zumutbar und entsprächen der verfolgten Eingliederungsstrategie. Die Antragstellerin sei bei persönlichen Gesprächen nicht bereit gewesen, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen. Die Frage der Erwerbsfähigkeit sei hier nicht relevant. Insbesondere werde darauf hingewiesen, dass von Seiten der Antragstellerin unterschiedliche Angaben zu ihrer Erwerbsfähigkeit gemacht würden. Einerseits wolle sie nicht erwerbsfähig sein, andererseits gebe sie an, in ihrer selbständigen Tätigkeit erwerbsfähig zu sein. Zum Abwarten des Verfahrens vor dem Sozialgericht bezüglich der Erwerbsfähigkeit sei die Antragstellerin nicht verpflichtet. Beim Erlass der Eingliederungsvereinbarung seien die Leistungsfähigkeiten und persönlichen Verhältnisse hinreichend berücksichtigt. Die Verpflichtung zur Vorlage von 3 Eigenbemühungen sei überaus niedrig angesetzt. Es sei der Antragstellerin nicht nahegelegt worden, die aktuelle Tätigkeit als Selbständige aufzugeben, vielmehr sei das Ziel, dies im Haupterwerb zu beenden, was nicht heiße, dass diese Tätigkeit nicht weiterhin nebenbei ausgeführt werden könne. Vielmehr solle ein weiteres Tätigkeitsfeld erschlossen werden. In der Vergangenheit sei die Antragstellerin seit 2010 nicht in der Lage, nur aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit unabhängig von Leistungen nach dem SGB II den Lebensunterhalt zu bestreiten. Zusätzlich seien die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten als zumutbar anzusehen, um für die Zukunft eine optimale Eingliederung in Arbeit zu ermöglichen und die Antragstellerin auf den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Ziele, die Leistungen des Grundsicherungsträgers sowie die Verpflichtungen der Antragstellerin würden konkret benannt. Dies genüge den diesbezüglichen Anforderungen an die Bestimmtheit. Im Übrigen sei der Eingliederungsverwaltungsakt auch ausreichend begründet. Der Bescheid sei erlassen worden, da Eingliederungsvereinbarungen in persönlichen Gesprächen nicht zustande gekommen seien.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend hat der Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund von § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Je größer die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Bei der Abwägung ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht besteht. Ist der Widerspruch oder die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung (vgl. zum Ganzen Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 12b - 12f.).
Nach diesen Grundsätzen ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 16.4.2014 anzuordnen. Der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt wird sich nach summarischer Prüfung voraussichtlich als rechtswidrig erweisen.
Nach summarischer Prüfung fehlt es bereits am Vorliegen der Voraussetzungen für die Ersetzung einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Der Wortlaut der Regelung weist darauf, dass der Verwaltungsakt erst erlassen werden darf, wenn nach einer hinreichenden Verhandlungsphase keine Einigung über Abschluss oder Inhalte einer Eingliederungsvereinbarung zustande gekommen ist. Eine konsensuale Lösung hat demnach gegenüber dem hoheitlichen Handeln durch Verwaltungsakt Vorrang. Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt kommt damit nur in Betracht, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen hat, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen oder im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen, was im ersetzenden Verwaltungsakt im Einzelnen darzulegen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 14.2.2013 – B 14 AS 195/11 R). Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt ohne jede vorausgehende Verhandlung ist bereits aus diesem Grund rechtswidrig (Berlit in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 15 Rn. 43). Die Beklagte hat zwar einen Versuch unternommen, mit der Antragstellerin die Eingliederungsvereinbarung vom 30.01.2014 abzuschließen. Nachdem die Antragstellerin den Abschluss dieser Eingliederungsvereinbarung abgelehnt hat, hat die Antragsgegnerin diese Eingliederungsvereinbarung am 05.03.2014 als Verwaltungsakt erlassen. Zweifelhaft ist schon hier das Vorliegen einer hinreichenden Verhandlungsphase, wenn ein Eingliederungsverwaltungsakt unmittelbar nach der Ablehnung der unterbreiteten Eingliederungsvereinbarung durch den Leistungsberechtigten erlassen wird, ohne den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung erneut unter Diskussion der Ablehnungsgründe zu versuchen. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Verwaltungsakt vom 05.03.2014 wieder aufgehoben worden ist. Hinsichtlich des am 16.04.2014 erlassenen Verwaltungsaktes fehlt es gänzlich an einer vorangegangenen Verhandlungsphase. Die Unterbreitung des Angebots zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung am 30.01.2014 kann dieser Voraussetzung zum Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes keinesfalls genügen. Der am 16.04.2014 erlassene Eingliederungsverwaltungsakt hat gegenüber der am 30.01.2014 angebotenen Eingliederungsvereinbarung einen völlig anderen Inhalt. War das Ziel der Eingliederungsvereinbarung am 30.01.2014 noch die Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit, hat der Eingliederungsverwaltungsakt vom 16.04.2014 nun die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung unter einer zeitlichen Reduzierung der selbständigen Tätigkeit zum Ziel. Dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Eingliederungsvereinbarung dieses Inhalts zum Abschluss angeboten und zur Verhandlung gestellt hat, ist nicht ersichtlich. Wenn jedoch der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes das Nichtzustandekommen einer Einigung hinsichtlich Abschluss oder Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung voraussetzt, kann der Eingliederungsverwaltungsakt richtigerweise nur einen Inhalt haben, über welchen zuvor mit dem Hilfeempfänger verhandelt worden ist. Dies legt schon der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II nahe, wonach "die" Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II und nicht irgendwelche Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II durch Verwaltungsakt erlassen werden sollen. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1615 S. 54) lässt sich entnehmen, dass im Falle des Nichtzustandekommens einer Eingliederungsvereinbarung die mit der Eingliederungsvereinbarung vorgesehenen Festlegungen durch Verwaltungsakt getroffen werden können sollen. Auch daraus wird ersichtlich, dass nur die ursprünglich vorgesehene und verhandelte Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ersetzt werden soll. Sofern die Antragsgegnerin der Auffassung sein sollte, dass der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht sachgerecht ist, und aus diesem Grund eine Verhandlung mit der Antragstellerin unterlassen haben sollte, fehlt es dem die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt jedenfalls an entsprechenden Darlegungen.
Offen ist, ob die von der Antragstellerin verlangten Eingliederungsbemühungen um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche und mit dem Ziel der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit als Haupterwerbstätigkeit zulässig sind. Nach § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II ist eine Arbeit zwar nicht allein deshalb unzumutbar, weil sie mit der Beendigung einer Erwerbstätigkeit verbunden ist. Dies steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass keine begründeten Anhaltspunkte vorliegen, dass durch die bisherige Tätigkeit künftig die Hilfebedürftigkeit beendet werden kann. Aus welchen Umständen die Antragsgegnerin darauf schließt, dass die selbständige Tätigkeit der Antragstellerin nicht soweit ausgebaut werden kann, dass die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt allein aus dieser Tätigkeit bestreiten kann, ist für die Kammer nicht erkennbar, zumal die Antragsgegnerin bei Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 05.03.2014 offenbar noch anderer Ansicht war, wenn dort als Ziel die Stabilisierung der Selbständigkeit genannt wird, also scheinbar begründete Anhaltspunkte für die Beendigung der Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Erwerbstätigkeit gesehen worden sind. Insoweit dürfte jedenfalls noch Klärungsbedarf bestehen.
Schließlich hat die Antragsgegnerin bei Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 05.03.2014 die gesundheitliche Situation und den Umfang der Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin noch für aufklärungsbedürftig erachtet. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage der Zumutbarkeit der nun in dem Verwaltungsakt vom 16.04.2014 abverlangten Eingliederungsbemühungen, ist doch scheinbar zweifelhaft, ob der Antragstellerin eine Erwerbstätigkeit von mehr als 15 Stunden pro Woche abverlangt werden kann.
Nachdem bereits die Voraussetzungen für den Erlass des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes nach summarischer Prüfung nicht vorliegen, ist dieser offenbar rechtswidrig, weshalb ein öffentliches Interesse am Vollzug desselben nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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