Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 SO 333/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 28.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012 verurteilt, den Klägern für den Zeitraum von Juli bis September 2012 Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung des tatsächlichen Einkommens aus ihrer selbstständigen Tätigkeit zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zur Hälfte.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Fall darum, ob die Kläger im Zeitraum von Juli bis September 2012 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung lediglich des tatsächlichen Einkommens aus ihrer selbstständigen Tätigkeit haben.
Der am 00.00.1947 geborene Kläger zu 1) ist der Ehemann der am 00.00.1947 geborenen Klägerin zu 2). Die Kläger sind seit dem 01.07.2011 selbstständig tätig mit dem Betrieb einer Eisdiele. Am 05.06.2012 beantragten sie die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII bei der Beklagten unter Vorlage der betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Zeit vom 01.07.2011 bis 30.04.2012, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Mit Bescheid vom 28.06.2012 gewährte die Beklagte den Klägern sodann Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII in Höhe von 657 EUR monatlich für den Zeitraum Juli bis September 2012, wobei sie ein Erwerbseinkommen in Höhe von 905,50 EUR der Berechnung zugrunde legte.
Hiergegen legten die Kläger am 19.07.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus: Die errechneten Umsatzerlöse passten nicht annähernd mit der betriebswirtschaftlichen Auswertung überein. Das Einkommen belaufe sich im ersten Halbjahr 2012 auf 784 EUR monatlich. Auch wenn im zweiten Halbjahr die Erlöse stiegen, sei nicht davon auszugehen, dass ein Erwerbseinkommen in Höhe von 905 EUR erreicht werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2012 wies der Kreis Minden-Lübbecke den Wider-spruch als unbegründet zurück. Die Einkünfte seien gemäß §§ 82 SGB XII, 4 DVO§82SGBXII für das Jahr zu berechnen, in dem der Bedarfszeitraum liege, mithin das Jahr 2012. Im Rahmen der zu erstellenden Prognose habe nicht lediglich auf die im Jahr 2012 bereits erzielten Einkünfte zurückgegriffen werden können, sondern sei auch das Vorjahresergebnis heranzuziehen gewesen. Für die Zeit von Juli bis Dezember 2012 sei das Ergebnis für Juli bis Dezember 2011 der Prognose zugrunde gelegt worden. Für Mai und Juni sei auf das Vorjahresergebnis für September und Oktober zurückgegriffen worden. Insgesamt habe sich hieraus ein voraussichtliches Jahresergebnis von 11.595,27 EUR errechnet, monatlich 966,27 EUR. Das zugrunde gelegte Einkommen von 905,50 EUR liege noch unterhalb dieses Betrages.
Am 20.12.2012 haben die Kläger hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus: Die von der Beklagten vorgelegten Umsatzschätzungen seien nicht korrekt. Die betriebswirtschaftliche Auswertung für das erste Halbjahr 2012 weise ein geringeres monatliches Einkommen aus. Dennoch habe die Beklagte einen Betrag von 905 EUR in Ansatz gebracht. Die kalkulierten Beträge seien nicht zutreffend. Die PKW-Kosten seien nicht berücksichtigt.
Im Rahmen der Folgeantragstellung am 20.02.2013 für die Zeit ab 01.04.2013 haben die Kläger der Beklagten die betriebswirtschaftliche Auswertung für das gesamte Jahr 2012 vorgelegt, aus der sich ein Jahresergebnis von 7.672,09 EUR ergibt. Auf die betriebswirtschaftliche Auswertung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012 zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum von Juli 2012 bis September 2012 Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung des tatsächlichen Einkommens aus ihrer selbstständigen Tätigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Kläger sind durch den Bescheid der Beklagten vom 28.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012 beschwert gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil der Bescheid rechtswidrig ist. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung des aus ihrer selbstständigen Tätigkeit tatsächlich erzielten Einkommens anstelle des von der Beklagten prognostisch der Leistungsbewilligung zugrunde gelegten Einkommens.
Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren. Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der dort genannten Leistungen. Als Einnahmen in Geld zählen hierzu auch die Einkünfte der Kläger aus ihrer selbstständigen Tätigkeit mit dem Betrieb einer Eisdiele.
Die Berechnungsmodalitäten der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sind in § 4 DVO§82SGBXII näher konkretisiert. Gemäß § 4 Abs. 1 DVO§82SGBXII bestimmt sich nach § 13 Abs. 1 und 2, § 15 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 EStG, welche Einkünfte zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit gehören; der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus bleibt unberücksichtigt. Gemäß § 4 Abs. 2 DVO§82SGBXII sind die Einkünfte für das Jahr zu berechnen, in dem der Bedarfszeitraum liegt (Berechnungsjahr). Gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 DVO§82SGBXII ist als Einkünfte bei den einzelnen Einkunftsarten ein Betrag anzusetzen, der auf der Grundlage früherer Betriebsergebnisse aus der Gegenüberstellung der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr bereits erzielten Einnahmen und geleisteten notwendigen Ausgaben sowie der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr noch zu erwartenden Einnahmen und notwendigen Ausgaben zu errechnen ist. Gemäß Satz 2 der Vorschrift kann bei der Ermittlung früherer Betriebsergebnisse ein durch das Finanzamt festgestellter Gewinn berücksichtigt werden. Gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 DVO§82SGBXII kann, soweit im Einzelfall geboten, abweichend von der Regelung des Absatzes 3 als Einkünfte ein Betrag angesetzt werden, der nach Ablauf des Berechnungsjahres aus der Gegenüberstellung der im Rahmen des Betriebes im Be-rechnungsjahr erzielten Einnahmen und geleisteten notwendigen Ausgaben zu errechnen ist; auch hier kann nach Abs. 4 S. 2 auf einen durch das Finanzamt festgestellten Gewinn zurückgegriffen werden.
Hiervon ausgehend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass im streitgegenständlichen Zeitraum Juli bis September 2012 ein monatliches Einkommen in Höhe von 639,34 EUR der Berechnung der Leistungen nach dem SGB XII zugrunde zu legen ist. Dieses errechnet sich aus dem im Berechnungsjahr 2012 ausweislich der in der Verwaltungsakte befindlichen betriebswirtschaftlichen Auswertung für das Jahr 2012 erzielten Jahresergebnis in Höhe von 7.672,09 EUR, verteilt auf zwölf Monate. Die Kläger haben dieses Ergebnis selbst ermittelt und der Beklagten mitgeteilt; dass hierin einzelne Kosten, insbesondere PKW-Kosten, nicht berücksichtigt seien, ist nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte zunächst prognostisch ein zu berücksichtigendes Einkommen von 905,50 EUR ermittelt hat, vermag die Kammer diesem Ansatz jedenfalls nach Feststellung des tatsächlichen Jahresergebnisses für das Jahr 2012 nicht zu folgen. Dabei legt die Kammer die Vorschrift des § 4 Abs. 3 S. 1 DVO§82SGBXII, der die Berücksichtigung eines prognostischen Einkommens regelt, ermächtigungskonform dahingehend aus, dass jedenfalls auch unter Berücksichtigung der dort geregelten Be-rechnungsmodalitäten nicht mehr als das tatsächliche Einkommen bei der Leistungsbewilligung zu berücksichtigen ist, insbesondere, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - noch vor Eintritt der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides herausstellt, dass das Einkommen tatsächlich geringer ist als im Rahmen der prognostischen Entscheidung angenommen. Dies entspricht dem Grundsatz, dass gemäß § 82 SGB XII als Einkommen nur bereite Mittel berücksichtigt werden können, also solche, die zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auch tatsächlich eingesetzt werden können (vgl. hierzu Grube / Wahrendorff, SGB XII, 4. Auflage, § 82, Rn. 29) und berücksichtigt, dass gemäß der Verordnungsermächtigung des § 96 Abs. 1 SGB XII, der die Ermächtigungsgrundlage für die DVO§82SGBXII darstellt, lediglich die Berechnungsmodalitäten des Einkommens durch Verordnung geregelt werden können, nicht aber, was überhaupt Einkommen darstellt, sodass die Grundsätze des § 82 SGB XII bei der Anwendung der DVO§82SGBXII zu berücksichtigen sind. Das Festhalten an der gemäß § 4 Abs. 3 DVO§82SGBXII zu tätigenden prognostischen Einschätzung auch bei tatsächlich geringerem Einkommen würde letztlich auch dem existenzsichernden Charakter der Leistungen des SGB XII auch nicht gerecht, da die Gefahr der Bedarfsunterdeckung und damit der Existenzgefährdung der Leistungsberechtigten bestünde. Dabei verkennt die Kammer nicht die Problematik, dass eine prognostische Einschätzung zunächst erforderlich und auch im Interesse des Leistungsberechtigten insoweit ist, dass, wenn ein Hilfebedarf besteht, regelmäßig kaum das Berechnungsjahr abgewartet werden kann, bevor Leistungen für diesen Zeitraum gewährt werden, sodass hier nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte zunächst eine prognostische Einschätzung vorgenommen hat. Als sich aber während des Widerspruchs- und Klageverfahrens herausstellte, dass die Prognose weit über dem tatsächlichen Betriebsergebnis lag, hätte unter Berücksichtigung des § 82 SGB XII, der lediglich die Anrechnung tatsächlich auch erzielten Einkommens vorsieht, eine Korrektur der Einkommensanrechnung erfolgen müssen. Umgekehrt bedeutet dies für die Kläger selbstverständlich auch, dass in Leistungszeiträumen, in denen sich abschließend herausstellt, dass aufgrund der prognostischen Einschätzung der Beklagten ein zu geringer Einkommensbetrag der Leistungsberechnung zugrunde gelegt worden ist, Leistungen von den Klägern gemäß § 48 SGB X zurückgefordert werden müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt, dass die Beklagte zunächst lediglich eine prognostische Einschätzung des Einkommens der Kläger treffen konnte und dies auch zutreffend getan hat, sodann aber nach Mitteilung des tatsächlichen Jahresergebnisses an dieser Einschätzung festgehalten und keine entsprechende Korrektur des Einkommens vorgenommen hat.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Fall darum, ob die Kläger im Zeitraum von Juli bis September 2012 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung lediglich des tatsächlichen Einkommens aus ihrer selbstständigen Tätigkeit haben.
Der am 00.00.1947 geborene Kläger zu 1) ist der Ehemann der am 00.00.1947 geborenen Klägerin zu 2). Die Kläger sind seit dem 01.07.2011 selbstständig tätig mit dem Betrieb einer Eisdiele. Am 05.06.2012 beantragten sie die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII bei der Beklagten unter Vorlage der betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Zeit vom 01.07.2011 bis 30.04.2012, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Mit Bescheid vom 28.06.2012 gewährte die Beklagte den Klägern sodann Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII in Höhe von 657 EUR monatlich für den Zeitraum Juli bis September 2012, wobei sie ein Erwerbseinkommen in Höhe von 905,50 EUR der Berechnung zugrunde legte.
Hiergegen legten die Kläger am 19.07.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus: Die errechneten Umsatzerlöse passten nicht annähernd mit der betriebswirtschaftlichen Auswertung überein. Das Einkommen belaufe sich im ersten Halbjahr 2012 auf 784 EUR monatlich. Auch wenn im zweiten Halbjahr die Erlöse stiegen, sei nicht davon auszugehen, dass ein Erwerbseinkommen in Höhe von 905 EUR erreicht werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2012 wies der Kreis Minden-Lübbecke den Wider-spruch als unbegründet zurück. Die Einkünfte seien gemäß §§ 82 SGB XII, 4 DVO§82SGBXII für das Jahr zu berechnen, in dem der Bedarfszeitraum liege, mithin das Jahr 2012. Im Rahmen der zu erstellenden Prognose habe nicht lediglich auf die im Jahr 2012 bereits erzielten Einkünfte zurückgegriffen werden können, sondern sei auch das Vorjahresergebnis heranzuziehen gewesen. Für die Zeit von Juli bis Dezember 2012 sei das Ergebnis für Juli bis Dezember 2011 der Prognose zugrunde gelegt worden. Für Mai und Juni sei auf das Vorjahresergebnis für September und Oktober zurückgegriffen worden. Insgesamt habe sich hieraus ein voraussichtliches Jahresergebnis von 11.595,27 EUR errechnet, monatlich 966,27 EUR. Das zugrunde gelegte Einkommen von 905,50 EUR liege noch unterhalb dieses Betrages.
Am 20.12.2012 haben die Kläger hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus: Die von der Beklagten vorgelegten Umsatzschätzungen seien nicht korrekt. Die betriebswirtschaftliche Auswertung für das erste Halbjahr 2012 weise ein geringeres monatliches Einkommen aus. Dennoch habe die Beklagte einen Betrag von 905 EUR in Ansatz gebracht. Die kalkulierten Beträge seien nicht zutreffend. Die PKW-Kosten seien nicht berücksichtigt.
Im Rahmen der Folgeantragstellung am 20.02.2013 für die Zeit ab 01.04.2013 haben die Kläger der Beklagten die betriebswirtschaftliche Auswertung für das gesamte Jahr 2012 vorgelegt, aus der sich ein Jahresergebnis von 7.672,09 EUR ergibt. Auf die betriebswirtschaftliche Auswertung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012 zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum von Juli 2012 bis September 2012 Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung des tatsächlichen Einkommens aus ihrer selbstständigen Tätigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Kläger sind durch den Bescheid der Beklagten vom 28.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012 beschwert gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil der Bescheid rechtswidrig ist. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung des aus ihrer selbstständigen Tätigkeit tatsächlich erzielten Einkommens anstelle des von der Beklagten prognostisch der Leistungsbewilligung zugrunde gelegten Einkommens.
Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren. Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der dort genannten Leistungen. Als Einnahmen in Geld zählen hierzu auch die Einkünfte der Kläger aus ihrer selbstständigen Tätigkeit mit dem Betrieb einer Eisdiele.
Die Berechnungsmodalitäten der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sind in § 4 DVO§82SGBXII näher konkretisiert. Gemäß § 4 Abs. 1 DVO§82SGBXII bestimmt sich nach § 13 Abs. 1 und 2, § 15 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 EStG, welche Einkünfte zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit gehören; der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus bleibt unberücksichtigt. Gemäß § 4 Abs. 2 DVO§82SGBXII sind die Einkünfte für das Jahr zu berechnen, in dem der Bedarfszeitraum liegt (Berechnungsjahr). Gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 DVO§82SGBXII ist als Einkünfte bei den einzelnen Einkunftsarten ein Betrag anzusetzen, der auf der Grundlage früherer Betriebsergebnisse aus der Gegenüberstellung der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr bereits erzielten Einnahmen und geleisteten notwendigen Ausgaben sowie der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr noch zu erwartenden Einnahmen und notwendigen Ausgaben zu errechnen ist. Gemäß Satz 2 der Vorschrift kann bei der Ermittlung früherer Betriebsergebnisse ein durch das Finanzamt festgestellter Gewinn berücksichtigt werden. Gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 DVO§82SGBXII kann, soweit im Einzelfall geboten, abweichend von der Regelung des Absatzes 3 als Einkünfte ein Betrag angesetzt werden, der nach Ablauf des Berechnungsjahres aus der Gegenüberstellung der im Rahmen des Betriebes im Be-rechnungsjahr erzielten Einnahmen und geleisteten notwendigen Ausgaben zu errechnen ist; auch hier kann nach Abs. 4 S. 2 auf einen durch das Finanzamt festgestellten Gewinn zurückgegriffen werden.
Hiervon ausgehend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass im streitgegenständlichen Zeitraum Juli bis September 2012 ein monatliches Einkommen in Höhe von 639,34 EUR der Berechnung der Leistungen nach dem SGB XII zugrunde zu legen ist. Dieses errechnet sich aus dem im Berechnungsjahr 2012 ausweislich der in der Verwaltungsakte befindlichen betriebswirtschaftlichen Auswertung für das Jahr 2012 erzielten Jahresergebnis in Höhe von 7.672,09 EUR, verteilt auf zwölf Monate. Die Kläger haben dieses Ergebnis selbst ermittelt und der Beklagten mitgeteilt; dass hierin einzelne Kosten, insbesondere PKW-Kosten, nicht berücksichtigt seien, ist nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte zunächst prognostisch ein zu berücksichtigendes Einkommen von 905,50 EUR ermittelt hat, vermag die Kammer diesem Ansatz jedenfalls nach Feststellung des tatsächlichen Jahresergebnisses für das Jahr 2012 nicht zu folgen. Dabei legt die Kammer die Vorschrift des § 4 Abs. 3 S. 1 DVO§82SGBXII, der die Berücksichtigung eines prognostischen Einkommens regelt, ermächtigungskonform dahingehend aus, dass jedenfalls auch unter Berücksichtigung der dort geregelten Be-rechnungsmodalitäten nicht mehr als das tatsächliche Einkommen bei der Leistungsbewilligung zu berücksichtigen ist, insbesondere, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - noch vor Eintritt der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides herausstellt, dass das Einkommen tatsächlich geringer ist als im Rahmen der prognostischen Entscheidung angenommen. Dies entspricht dem Grundsatz, dass gemäß § 82 SGB XII als Einkommen nur bereite Mittel berücksichtigt werden können, also solche, die zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auch tatsächlich eingesetzt werden können (vgl. hierzu Grube / Wahrendorff, SGB XII, 4. Auflage, § 82, Rn. 29) und berücksichtigt, dass gemäß der Verordnungsermächtigung des § 96 Abs. 1 SGB XII, der die Ermächtigungsgrundlage für die DVO§82SGBXII darstellt, lediglich die Berechnungsmodalitäten des Einkommens durch Verordnung geregelt werden können, nicht aber, was überhaupt Einkommen darstellt, sodass die Grundsätze des § 82 SGB XII bei der Anwendung der DVO§82SGBXII zu berücksichtigen sind. Das Festhalten an der gemäß § 4 Abs. 3 DVO§82SGBXII zu tätigenden prognostischen Einschätzung auch bei tatsächlich geringerem Einkommen würde letztlich auch dem existenzsichernden Charakter der Leistungen des SGB XII auch nicht gerecht, da die Gefahr der Bedarfsunterdeckung und damit der Existenzgefährdung der Leistungsberechtigten bestünde. Dabei verkennt die Kammer nicht die Problematik, dass eine prognostische Einschätzung zunächst erforderlich und auch im Interesse des Leistungsberechtigten insoweit ist, dass, wenn ein Hilfebedarf besteht, regelmäßig kaum das Berechnungsjahr abgewartet werden kann, bevor Leistungen für diesen Zeitraum gewährt werden, sodass hier nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte zunächst eine prognostische Einschätzung vorgenommen hat. Als sich aber während des Widerspruchs- und Klageverfahrens herausstellte, dass die Prognose weit über dem tatsächlichen Betriebsergebnis lag, hätte unter Berücksichtigung des § 82 SGB XII, der lediglich die Anrechnung tatsächlich auch erzielten Einkommens vorsieht, eine Korrektur der Einkommensanrechnung erfolgen müssen. Umgekehrt bedeutet dies für die Kläger selbstverständlich auch, dass in Leistungszeiträumen, in denen sich abschließend herausstellt, dass aufgrund der prognostischen Einschätzung der Beklagten ein zu geringer Einkommensbetrag der Leistungsberechnung zugrunde gelegt worden ist, Leistungen von den Klägern gemäß § 48 SGB X zurückgefordert werden müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt, dass die Beklagte zunächst lediglich eine prognostische Einschätzung des Einkommens der Kläger treffen konnte und dies auch zutreffend getan hat, sodann aber nach Mitteilung des tatsächlichen Jahresergebnisses an dieser Einschätzung festgehalten und keine entsprechende Korrektur des Einkommens vorgenommen hat.
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