S 82 AS 28836/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
82
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 82 AS 28836/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Wohnaufwendungenverordnung (WAV) in der Fassung vom 3. April 2012 ist wirksam
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung im Zeit-raum von Mai bis September 2012. Die Kläger beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom Beklagten. Sie bewohnen eine 135,33 m² große Vier-Zimmer Wohnung, für welche sie im streitgegenständli-chen Zeitraum von Mai bis September 2012 monatliche Kosten von 1.021,43 EUR aufwenden mussten. Die Miete setzte sich zusammen aus einer Kaltmiete von 706,43 EUR sowie Vor-auszahlung für die Betriebskosten von 135,00 EUR und Vorauszahlungen für die Heizkosten von 180,00 EUR. Die Wohnung verfügt über eine Zentralheizung, welche mit Gas betrieben wird, sowie über eine zentrale Warmwasseraufbereitung. Die Heizanlage versorgt eine Fläche von 1.433,3 m². Im April und Juli 2008 forderte der Beklagte die Kläger zur Kostensenkung auf und berück-sichtigte ab Februar 2009 bei der Berechnung des Bedarfs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nur noch die (nach der damals geltenden AV-Wohnen) für angemessen angesehenen Werte. Mit Bescheid vom 22. März 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Arbeitslosen-geld II für die Monate April bis September 2012. Mit vorläufigem Änderungsbescheid vom 18. Juli 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern auf Basis der zum 1. Mai 2012 in Kraft getrete-nen Wohnaufwendungenverordnung vom 3. April 2012 (i.F. WAV) um monatlich 37,00 EUR höhere Unterkunftskosten von insgesamt 646,00 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 641,00 EUR zuzüglich 15,00 EUR für die zentrale Warmwasseraufbereitung. Hiergegen erhoben die Kläger am 21. August 2012 Widerspruch und begehrten die Berück-sichtigung eines höheren Bedarfs für Kosten der Unterkunft und Heizung. Mit Widerspruchs-bescheid vom 9. Oktober 2012 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zu-rück, dass die höchstens angemessen Kosten für Unterkunft und Heizung sich aus der WAV ergeben und ein höherer Bedarf nicht berücksichtigt werden könne. Mit der am 9. November 2012 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, dass die WAV rechtswidrig und unwirksam sei, da sie geringere Angemessen-heitsgrenzen für die Größe der Wohnung berücksichtige. Für einen 4-Personhaushalt seien nicht 85 m² Wohnfläche, sondern 90 m² Wohnfläche angemessen. Die Kläger räumen ein, dass ihre Miete im streitgegenständlichen Zeitraum höher war, als nach den Regelungen des SGB II für angemessen gehalten werden kann. Die vom Beklagten gewährten und auf Basis der WAV berechneten Werte seien jedoch zu gering. Sie sind der Ansicht, dass Aufwendun-gen von monatlich 702,75 EUR zu berücksichtigen seien – berechnet aus einem Bruttokalt-mietwert von 576,00 EUR zzgl. angemessener Heizkostenvorauszahlung von 111,75 EUR und angemessener Zahlung für die Warmwasseraufbereitung von 15,00 EUR. Mit Bescheid vom 20. März 2013 setzte der Beklagten die den Kläger zuvor vorläufig bewillig-ten Leistungen endgültig fest. Für den streitgegenständlichen Zeitraum berücksichtigte er mo-natliche Unterkunfts-, Heiz- und Warmwasserkosten von 656,00 EUR. Die Kläger beantragen, den Beklagten unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 18. Juli 2012 in Ges-talt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2012 in der Fassung des endgültigen Festsetzungsbescheides vom 20. März 2013 zu verurteilen, den Klägern für den Zeit-raum von Mai bis einschließlich September 2012 Arbeitslosengeld II unter Berücksichti-gung von Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 702,75 EUR zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-richtsakten und die vom Beklagten in Kopie übersandte Leistungsakte verwiesen, die der Kammer bei der Entscheidung vorlagen und Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG zulässig, jedoch nicht begründet. In zulässiger Weise haben die Kläger ihre Klage auf die Überprüfung der ihnen gewährten Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Der Bescheid vom 20. März 2013 ist nach § 96 SGG Gegenstand des laufenden Verfahrens geworden. Der Änderungsbescheid vom 18. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2012 in der Fassung des endgültigen Festsetzungsbescheides vom 20. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. 1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Berücksichtigung höherer Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung sowie der Warmwasserbereitung. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tat-sächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II gilt: Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerken-nen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemein-schaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermie-ten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung überstiegen das nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II angemessene Maß, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Nach Hinweis auf die unangemessen hohen Kosten durch die Kostensenkungsaufforderungen war der Beklagte zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr verpflichtet, höhere als angemesse-ne Kosten zu übernehmen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass es den Klägern nicht möglich oder zumutbar war, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu senken. Die Kläger haben damit (nur) Anspruch auf Berücksichtigung der angemessenen Aufwendun-gen. Diese gewährte der Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden in vollem Umfang. Die den Klägern im streitgegenständlichen Zeitraum bewilligt Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung entsprechend den Angemessenheitswerten nach § 22 Abs. 1. S. 1 SGB II iVm. §§ 3, 4 WAV in der Fassung vom 3. April 2012. Mit dieser Rechtsverordnung wurden die im Land Berlin im Sinne von § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II als angemessen gelten-den Werte für Aufwendungen der Unterkunft und Heizung festgesetzt. Für einen 4-Personen-Haushalt in einer mit Erdgas beheizten Wohnung und einer Heizfläche von mehr als 1.000 m² gilt ein höchstens angemessener Wert im Sinne von § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II von 641,00 EUR pro Monat. Hinzuzurechnen ist ein Zuschlag für die zentrale Wasserbereitung von 15,00 EUR pro Monat. Bei der Bestimmung des monatlichen Bedarfs der vierköpfigen Be-darfsgemeinschaft der Kläger hat der Beklagte zutreffend die nach der WAV für die Kläger vorgegebenen Werte als abstrakt angemessene Unterkunftskosten berücksichtigt. Anhaltspunkte für eine Abweichung von den abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft im Rahmen einer konkreten Angemessenheitsprüfung der Wohnungsaufwendungen für die Kläger sind nicht ersichtlich. Nach geltendem Recht besteht daher kein Anspruch der Kläger auf Gewährung eines höheren Bedarfs für Unterkunft und Heizung. 2. Nach Auffassung der Kammer ist die WAV in der Fassung vom 3. April 2012 – mindestens hinsichtlich der hier anzuwendenden Vorschriften in §§ 3 und 4 WAV – rechtmäßig und wirk-sam. Die WAV ist als Rechtsverordnung geltendes Recht. Die Entscheidungen des Landes-sozialgericht Berlin-Brandenburg über die Unwirksamkeit der WAV – vgl. Urteile vom 25. April 2013 – L 36 AS 2095/12 NK – und 4. September 2013 – L 36 AS 1414/12 NK und L 36 AS 1987/13 NK – sind mit der Revision angefochten und nicht rechtkräftig. Als untergesetzliche Norm könnte die WAV im konkreten Einzelfall zwar durch das Gericht in eigener Verwer-fungskompetenz für unanwendbar gehalten werden. Hierfür sieht die Kammer jedoch keine Anhaltspunkte. Die Kammer folgt nicht den (nicht rechtkräftigen) Entscheidungen des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 25. April und 4. September 2013. Nach Überzeugung der Kammer sind die §§ 3 und 4 WAV in der Fassung vom 3. April 2012 ermächtigungskonform und inhalt-lich nicht zu beanstanden. a. Die Kammer folgt dem Landessozialgericht zunächst in der Entscheidung, dass Ermächti-gungsgrundlage für den Erlass der WAV § 8 AG-SGB II ist, § 22a Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II dem Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz vermittelt, der Senat von Berlin für den Erlass einer Verordnung nach § 22a bis 22c SGB II zuständig ist, die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Verordnungsgebungsverfahrens gewahrt wurden und das Zitiergebot be-achtet ist, vgl. des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. April 2013 – L 36 AS 2095/12 NK – Rdnr. 35-44 zitiert nach juis. Die Kammer folgt dem Landessozialgericht ferner in der Auffassung, dass § 22b Abs. 1 Satz 3 SGB II die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze in Abgrenzung zu dem Ergebnis der bisherigen Rechsprechung des Bundessozialgerichts ausdrücklich ermöglicht und die Er-mächtigungsgrundlage hinreichend bestimmt ist, vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rdnr. 52-60 – zitiert nach juris. b. Nach Überzeugung der Kammer ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 4 Satz 1 WAV in Verbindung mit § 3 WAV mit der Ermächtigungsgrundlage vereinbar. Zu Unrecht geht das Landessozialgericht in den zitierten Entscheidungen zur WAV davon aus, dass diese nicht in ausreichendem Maße den Vorgaben aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Ausformung folge, die diese Norm durch die Rechtsprechung des Bundessozialgericht erfah-ren hat.

Das Landessozialgericht bleibt bei seinen Entscheidungen an der bisherigen Prüfungsstruktur zur Angemessenheit nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II haften und legt die Ermächtigungs-norm allein anhand der bisherigen Rechtsprechung aus, ohne hinreichend zu beachten, dass der Gesetzgeber in § 22a SGB II mit der Möglichkeit der Bestimmung einer Gesamtangemes-senheitsgrenze ausdrücklichen abweichend von den Ergebnissen der Rechtsprechung neue Gestaltungsmöglichkeiten für den Gesetz- und Verordnungsgeber eröffnete. Die Kammer folgt dem Landessozialgericht nicht in der Ansicht, dass die Angemessenheitsgrenze auch im Rahmen einer Wohnaufwendungenverordnung exakt in Höhe des individuellen Existenzmini-mums zu bemessen ist, sondern sieht oberhalb des jeweils zu sichernden Existenzminimums einen Beurteilungsspielraum des Verordnungsgebers. Nach Überzeugung der Kammer bilden die einzelnen Werte zur Berechnung einer Gesamtangemessenheitsgrenze lediglich einzelne Faktoren, die einzeln zwar geeignet sein müssen, die Aufwendungen für Unterkunft und Hei-zung im Land Berlin im unteren Preissegment abzubilden und im Produkt bzw. in der Summe das jeweils versichernde Existenzminimum nicht unterschreiten dürfen. Nach Überzeugung der Kammer ist es jedoch für die Rechtmäßigkeit einer Wohnaufwendungenverordnung nicht von Bedeutung, ob den Leistungsberechtigten nach dem SGB II höhere, als zur Sicherung des Existenzminimums erforderliche Aufwendungen gewährt werden (so die tragenden Grün-der der Entscheidungen des Landessozialgerichts). Eine zwingende Begrenzung der Werte der WAV auf das zu sichernde Existenzminimum würde die Gefahr beinhalten, dass bereits nach kurzer Zeit das Existenzminimum unterschritten wird. Daher ist ein Aufschlag auf das existenzsichernde Minimum nicht zu beanstanden. Die Gewährung höherer Kosten und Un-terkunft und Heizung, als sie nach der bisherigen Auslegung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen wären, hält die Kammer allein für ein fiskalisches, nicht jedoch für ein rechtliches Problem bei der Prüfung der Wirksamkeit der WAV. Im Einzelnen: aa. Die Kammer folgt dem Landessozialgericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des durch die WAV bestimmten Bruttokaltmietelements. Wie die Regelung in § 22b SGB II zeigt, hat sich der Inhalt der Satzung an der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anzuleh-nen. Dabei hat das Land Berlin bei der Erlass der WAV zunächst in zutreffender Weise auf die an-erkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abgestellt und als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin herangezogen. Denn das Land Berlin stellt einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung dar, der aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (so ausdrücklich BSG, Urteile v. 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, Rn. 24; B 14 AS 65/09 R, Rn. 24; B 14 AS 2/10 R, Rn. 18; juris). Die Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in Berlin (WFB) unter-scheiden hinsichtlich der Wohnungsgrößen zwischen Miet- und Eigentumswohnungen und geben hierzu jeweils geringfügig voneinander abweichende Werte vor. So ist die für Mietwoh-nungen geltende Ziff. II 1 a) WFB seit Ende des Jahres 1992 für Ein-, Drei- und Vier-Personen-Haushalte um 5 m² ungünstiger als die für Eigentumswohnungen geltende Ziff. II 1 c) WFB. Zwar sprechen – so auch die Ansicht der Kläger – gute Gründe dafür, die für Eigen-tumswohnungen geltenden (großzügigen) Maßstäbe bei der Bestimmung der Angemessen-heitswerte zu wählen. Denn diese bilden die unterschiedlichen Segmente des Berliner Woh-nungsmarkts in realistischer Weise ab. Dies folgt zum einen daraus, dass die genannten Wer-te noch bis Ende 1992 weitestgehend identisch mit den Werten der WFB für Mietwohnungen waren und das örtliche Wohnungsangebot mithin zu einem großen Teil aus Unterkünften be-steht, die nach diesen Größenbestimmungen errichtet wurden. Nach den Mietspiegeldaten wurden nur 7.700 Wohnungen in der Geltungszeit der aktualisierten Vorschrift errichtet, wäh-rend insgesamt 293.100 Wohnungen zwischen 1973 und 1991 unter Geltung der früheren Verordnung errichtet wurden. Dieser große Teil des Angebotssegments könnte Hilfebedürfti-gen in Ein-, Drei- und Vier-Personen-Haushalten daher auch vollumfänglich abstrakt zur Ver-fügung stehen. Zum anderen wäre zu überlegen, bei der Berücksichtigung der angemessenen Wohnungsgröße auch diejenigen Hilfebedürftigen mit einzubeziehen, die in vermieteten oder selbst erworbenen Eigentumswohnungen leben (vgl. hierzu Schifferdecker, Irgang, Silber-mann, Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin. Ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin, ARCHIV für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 1/2010, S. 32 m.w.N.). Nach Überzeugung der Kammer steht es dem Verordnungsgeber jedoch im Rahmen seines Gestaltungsspielraums frei, die geltenden Werte für den Mietwohnungsbau in Ziff. II 1 a) WFB der Angemessenheitsbestimmung zugrunde zu legen. Hierfür spricht nach der Rechtspre-chung des BSG der Bezug dieser Regelung zu den Bestimmungen über den gefördertem Mietwohnungsraum gilt § 27 Abs 1 bis 5 WoFG vom 13.9.2001 iVm. § 5 Wohnungsbindungs-gesetz (WoBindG); vgl. BSG, Urteil v. 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, Rn. 24. Ferner regeln die Bestimmungen zum sozialen Mietwohnungsbau im Sinne von § 22b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II in aktueller Weise die Förderstruktur des Wohnungs(miet)marktes. Die sich ergebenden Abweichungen sind mit 5 m² pro Haushalt gering. Sollte eine Unterschreitung des Existenzmi-nimums dadurch eintreten, würde diese durch eine großzügige Berücksichtigung von Heizkos-tenanteilen kompensiert. Die Bestimmungen der Bruttokaltmietwerte in der WAV sind auch im Übrigen nicht zu bean-standen. Sie beruht auf einem Konzept der Rechtsprechung des Sozialgericht Berlin (vgl. Schifferdecker, Irgang, Silbermann, Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin, a.a.O.) und folgt den durch die Rechtsprechung des BSG konkretisierten Vorgaben in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II; vgl. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10R, B 14 AS 65/09 R, B 14 AS 2/10 R. Die Mittelwerte des Berliner Mietspiegels zur Kaltmiete sind – ohne Wohnungen mit Substan-dard – gewichtet nach dem Verhältnis der den Wohnungsangaben zugrundeliegenden Woh-nungsanzahl zum insgesamt vom Berliner Mietspiegel erfassten Wohnungsbestand berück-sichtigt. Auch die kalten Betriebskosten sind dem Berliner Mietspiegel entnommen und zutref-fend ausgewertet (bestätigend BSG, Urteile vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, Rn. 32; B 14 AS 65/09 R, Rn. 35; B 14 AS 2/10 R, Rn. 27; zu den Details der Gewichtung anhand des Mietspiegels 2009 sowie zur Berücksichtigung der Berechnungswerte für verschiedene Woh-nungsgrößen vgl. Schifferdecker/Irgang/Silbermann, a.a.O., S. 34 ff.). Dabei hat die Kammer Bedenken zurückgestellt, die sich aus Bestimmung des Berechnungs-elements für die Betriebskostenwerte ergeben. Bei Bestimmung der WAV stellte der Verord-nungsgeber auf die tatsächlich abgerechnete Betriebskosten für das Wirtschaftsjahr 2009 ab. Die Grundlagendaten des Mietspiegels 2011 weisen jedoch die von den Vermietern im Jahr 2010 durchschnittlich geforderten Vorauszahlungen aus. Es wäre überlegenswert, dass bei der Bestimmung der angemessenen&61472;Unterkunftskosten allein den Wert für die durchschnittli-che Vorauszahlung zugrunde gelegt werden, da die leistungsberechtigten Mieter diese tat-sächlich aufwenden müssen. Die WAV setzt hingegen die in einem früheren Zeitraum tatsäch-lich abgerechneten Betriebskosten für das Jahr 2009 an und lässt die (in der Regel) höhere Vorauszahlungslast unberücksichtigt. Nach Überzeugung der Kammer steht diese Berech-nungsmöglichkeit dem Verordnungsgeber jedoch im Rahmen seines Gestaltungsspielraums zu. Er kann das Berechnungselement für die Betriebskostenwerte anhand valider Daten aus Betriebskostenabrechungen bestimmen. Die rechnerischen Abweichungen sind gering. Eine etwaige Unterschreitung des Existenzminimums würde durch eine großzügige Berücksichti-gung von Heizkostenanteilen kompensiert. Die Kammer folgt nicht der Entscheidung des SG Berlin vom 22. Februar 2013, S 37 AS 30006/12, wonach die der WAV zugrunde gelegten Bruttokaltmietwerte des Berliner Mietspie-gels nicht schlüssigen seien. Entgegen dieser Entscheidung hält es die Kammer nicht für er-forderlich, einen separaten "SGB II-relevanten Wohnungsmarkt" abzubilden. Denn bei Be-stimmung einer abstrakten Angemessenheitsgrenze im Land Berlin ist auf den gesamten Ber-liner Wohnungsmarkt abzustellen. Gerade mit Blick auf das hohe Ausmaß der staatlichen Un-terstützung des Berliner Wohnungsmarktes ist es nach Ansicht der Kammer zwingend gebo-ten, die Angemessenheitswerte aus einheitlichen, repräsentativ ermittelten Wohnungsmarkt-daten abzuleiten, was die Auswertung des qualifizierten Berliner Mietspiegels sichert.

bb. Die Kammer folgt dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, a.a.O., nicht in seiner Ent-scheidung – welche im Wesentlichen die Auffassung zur Unwirksamkeit trägt –, die WAV sei wegen Fehlern in der Beurteilung der Heizkosten rechtswidrig. Nach Auffassung der Kammer ist es zulässig, die Werte des bundesweiten Heizkostenspie-gels bei der Bestimmung der angemessen Unterkunfts- und Heizkosten heranzuziehen, da bislang keine gleich feingliedrige Ermittlung von abstrakt angemessenen Heizkosten vorliegt und erhebliche Zweifel bestehen, ob dies mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand mög-lich ist. Die belastbare Bestimmung der Angemessenheit von Heizkosten ist wegen der ver-schiedenen und schwankenden Einflussfaktoren, den unterschiedlichen Energiestandards und den unterschiedlichen Auswirkungen der Lage der Wohnung in Gebäuden auf die Heiz-kosten besonders schwierig. Die Heranziehung des bundesweiten Heizkostenspiegels als einzig zur Verfügung stehendes valides Datenmodell ist nicht zu beanstanden. In der aktuel-len Rechtsprechung bilden die Werte des bundesweiten Heizkostenspiegels den Maßstab für die Bestimmung angemessener Heizkosten, vgl. Urteile des BSG vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R sowie vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R. Nach bisheriger Rechtslage gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gibt erst eine Überschreitung der Grenzwerte im Heizkostenspiegel An-lass, die konkrete Angemessenheit der Heizkosten zu prüfen, erst dann kommt nach der Rechtsprechung des BSG eine individuelle Prüfung unangemessener Aufwendungen in Be-tracht. Heizkostenaufwendungen bis zur Höhe der Grenzwerte des bundesweiten Heizkosten-spiegels gelten als angemessen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Werte des bundesweiten Heizkostenspiegels durch den Verordnungsgeber bei der Bestimmung der Gesamtangemessenheitsgrenze herangezogen werden. Eine Transformation der vorgenannten Wertung in die WAV ist zulässig und ent-spricht dem gesetzgeberischen Willen in Bezug auf eine gewisse Parallelität der Neuregelung zur bisherigen Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts in den Entscheidungen zur WAV dient das Grenzwertmodell zum Heizkostenspiegel nicht allein der Verfahrensvereinfachung, son-dern definiert nach aktueller Rechtlage die Angemessenheitsobergrenzen für Heizkosten. Auch wenn erhebliche ökologische Bedenken bestehen, gebietet die Sicherung des Exis-tenzminimums, sich im Rahmen Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom Umwelt-schutzgedanken zu lösen und eine effektive, praktikable und anpassungsfähige Grundsiche-rungsregelung zu gestalten, vgl. Urteil des BSG vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R –, Rdnr. 22 zitiert nach juris. Das Landessozialgericht übersieht in seinen Entscheidungen zur WAV unter Anhaftungen an die bisherige Rechtsprechung die neue Gestaltungsmöglichkeit, die Schwierigkeit der allge-meinen Bedarfsdeckungsbestimmung bei Heizkosten sowie den Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers. Es vertritt die Auffassung, eine durch Satzung bestimmte Angemessen-heitsgrenze müsse auf Basis des geltenden Rechts präzise das Existenzminimum bestimmen, ohne es zu überschreiten. Jedoch verbietet § 22a Abs. 1 SGB II eine Angemessenheitsbe-stimmung oberhalb des Existenzminimums nicht. Entgegen der Auffassung des Landessozi-algericht folgt die Ermächtigungsgrundlage zur Bestimmung einer Gesamtangemessenheits-grenze nicht dem Ideal einer punktgenauen Bedarfsbestimmung. Nach Auffassung der Kammer ist der dem Verordnungsgeber bei der Bestimmung der Ange-messenheitswerte zustehende Beurteilungsspielraum zum einen "nach unten" durch das Exis-tenzminimum der Leistungsberechtigten begrenzt. Zum anderen ergeben sich Grenzen des Gestaltungsspielraums dort, wo die soziale Wirklichkeit, d.h. die Verhältnisse auf dem regio-nalen Wohnungsmarkt nicht mehr zeit- und realitätsgerecht erfasst werden, die einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt unterschritten werden oder die Berechnungen nicht auf validen Daten beruhen. Bei Erlass der WAV überschritt der Verordnungsgeber den ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum nicht, die Grenzen sind gewahrt. Die herangezogenen Heizkostenwerte sind ausreichend aktuell, ausreichend präzise ermittelt und für die Bestimmung der Angemes-senheit geeignet. Diese Heizkostengrenzwerte führen zu einem Gesamtangemessenheits-wert, der auf validen Werten beruht, den Wohnstandard in Berlin abbildet und im Ergebnis nicht zu gering bemessen ist. Die Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung nach der so genannten Produkttheorie (mit einer separaten Angemessenheitsprüfung bei Bruttokaltmie-te und Heizkosten) ist mit Einführung des Bruttowarmmietekonzepts gesetzlich zulässig ge-worden. Austauschmöglichkeiten zwischen Bruttokaltmiete und Heizkosten sind in Kauf zu nehmen. Sie ermöglichen eine freie Gestaltungsmöglichkeit bei der Auswahl der privaten Unterkunft. Sie sind zulässig, soweit – wie hier – durch die Gesamtangemessenheitsgrenze das Exis-tenzminimum nicht unterschritten wird. Dem vom Gesetzgeber zugelassene Modell der Ge-samtangemessenheitsgrenze ist immanent, dass ein Ausgleich zwischen den einzelnen Fak-toren erfolgt. Dies wird innerhalb der Angemessenheit der Bruttokaltmiete (mit Ausgleichs-möglichkeiten zwischen Kaltmiete und Betriebskosten) in der Rechtsprechung als unproble-matisch angesehen. Die (neue) Gesamtangemessenheitsgrenze ermöglicht denknotwendig auch Umschichtungen zwischen Bruttokaltmiete und Heizkosten. Die Berücksichtigung der Heizkosten nach dem bundesweiten Heizkostenspiegel führt dabei nicht zu einer unzulässigen Pauschalierung der Heizkosten. Denn zum einen handelt es sich um ein gesetzlich geregeltes, neues Modell, welches eine gewisse Pauschalierung zulässt, zum anderen bleiben die Heizkosten nur ein Element bei der Gesamtbetrachtung. Im Einzel-fall sich ergebende Leistungen oberhalb der individuellen, existenzsichernden Angemessen-heitsgrenze führen nicht zu einer Unterdeckung des Existenzminimums und sind daher recht-mäßig. Nicht zu beanstanden ist auch das Aufstockungspotential bei Berücksichtigung der Heizkos-tengrenzwerte nach dem bundesweiten Heizkostenspiegel. Soweit das Landessozialgericht in den zitierten Entscheidungen zur WAV daraus deren Unwirksamkeit ableitet, setzt es voraus, dass sie Bruttokaltmiete im Rahmen des Konzeptes der Gesamtangemessenheit noch eine Einzelbedeutung zukommt. Dem widerspricht aber die Intention des Gesetzgebers, eine ge-samte Angemessenheitsgrenze zuzulassen. Die Einbeziehung der Heizkostengrenzwerte war erforderlich, um mit den Bestimmungen der WAV diejenigen Fälle zu erfassen, bei denen die Bruttokaltmietwerte ausgeschöpft sind und die Heizkosten die Grenzwerte nach dem bundesweiten Heizspiegel erreichen. Diese Auf-wendungen gelten nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II (gerade noch) als angemessen. Auch sie müssen – da sie für diese Fälle die untere Grenze der Existenzsicherung darstellen – von den Werten der WAV erfasst sein. Bei einem Gesamtangemessenheitskonzept hat dies höhere durchschnittliche allgemeine Angemessenheitswerte zur Folge. Es ist im Rahmen der Prüfung der Ermächtigungsgrundlagen der WAV nicht zu beanstanden, wenn sich der Verordnungs-geber - auch aus Verwaltungsvereinfachungsgründen - für ein Bruttowarmmietkonzept ent-scheidet und höhere Angemessenheitswerte mit Umschichtungspotential in Kauf nimmt. Darüber hinaus kompensieren die höheren Heizkostenwerte Bedenken, die sich aus geringfü-gig niedrigeren Werten bei der Bestimmung der Bruttokaltmiete ergeben, was wiederum der Sicherung vor einer Unterschreitung des Existenzminimums über den bis zur Aktualisierung notwendigen Zeitraum dient. c. Hinsichtlich des Zuschlages wegen der Kosten der zentralen Warmwasseraufbereitung beste-hen keine Bedenken. Der Wert ist mit 15,00 EUR abstrakt und konkret angemessen.

3. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid, denen zu fol-gen ist, verwiesen, § 136 Abs. 3 SGG. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Sie berücksichtigt das vollständige Unterliegen der Kläger. Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu. Der Berufungsstreitwert gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR ist zwar nicht erreicht und betrifft die Klage kei-ne wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr, § 144 Abs. 1 S. 2 SGG. Jedoch war die Berufung zuzulassen, da die Kammer von obergerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist, § 144 Abs. 2 SGG.

Dr. Schifferdecker
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