L 1 AS 2713/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 2313/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 2713/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Hilfeempfänger darf bei im Antragsverfahren vorgelegten Kontoauszügen grundsätzlich Empfänger und Verwendungszweck bei Ausgaben (Überweisungen) schwärzen (Anschluss an BSG-Urteile vom 19.09.2008 – B 14 AS 45/07 R – und vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R –). Das gilt allerdings nur für Überweisungen an Dritte und nicht für Überweisungen auf weitere eigene Konten des Hilfeempfängers.

Wurde die Möglichkeit des Schwärzens von Empfängerdaten in Kontoauszügen vom Hilfeempfänger dazu genutzt, die Existenz eines weiteren, bislang nicht angegebenen, Kontos zu verschleiern, kann eine Offenlegung aller geschwärzten Passagen gefordert werden.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung im Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 10.06.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auf seinen Antrag vom 30.01.2014.

Der Antragsteller bezog im Zeitraum von November 2008 bis Juli 2010 gemeinsam mit seiner Ehefrau vom Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II, trennte sich dann von seiner Ehefrau und schied aus der Bedarfsgemeinschaft aus. Zu dieser Zeit war er zur Hälfte Miteigentümer eines von der Ehefrau und ihren Kindern bewohnten Hausgrundstücks in B.

Der Antragsteller war danach selbständig tätig. Er gab seine selbständige Tätigkeit im Tee-Einzelhandel ausweislich der Gewerbe-Abmeldung der Stadt S. vom 14.11.2013 zum 15.11.2013 auf.

Am 30.01.2014 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. In dem Antrag fehlte die Angabe, ob weitere Personen zur Bedarfsgemeinschaft gehören bzw. ob weitere Personen, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, im Haushalt des Antragstellers wohnen.

Beigefügt war eine Anlage KdU und die Kopie eines Mietvertrages vom 14.01.2013. Hiernach beträgt die Grundmiete für die 49qm große Wohnung (Wohnflächenanteil 30qm) mit Gasheizung, die der Antragsteller bewohnt, 300,00 Euro zuzüglich monatlicher Betriebskostenpauschale von 50,00 EUR und Heizkosten von 32,00 EUR monatlich (Gas-Abschlagszahlungen). Der Stromabschlag des Klägers beträgt 30,00 EUR.

Seit März 2014 geht der Antragsteller einer Erwerbstätigkeit bei einem Subunternehmer des Logistikunternehmens G. nach. Nach seinen Angaben im Schreiben vom 25.03.2014 beträgt der Monatslohn ca. 600-700 EUR. Ausweislich der aktenkundigen Lohnabrechnung (Bl. 58 Verwaltungsakte des Beklagten – VA) ist er am 10.03.2014 in das Arbeitsverhältnis eingetreten und hat für den Zeitraum bis zum 31.03.2014 einen Bruttolohn von 696,67 EUR erhalten. Der Nettolohn betrug 556,11 EUR.

Der Antragsteller legte einen Kontoauszug für ein Konto Nummer ... bei der XY AG vor (Saldo 5,39 EUR zum 30.12.2013, Freistellungsauftrag über 801,00 EUR). Er legte das erste Blatt von zwei Blättern eines weiteren Kontoauszuges für das Girokonto Nr ... bei der XY AG vor (Saldo -2.014,87 EUR, Datum des Saldos geschwärzt). Sämtliche Kontobewegungen wurden geschwärzt (Buchungsdatum, Buchung/Verwendungszweck und Betrag). Erkennbar ist, dass für den Zeitraum 01.10.2013 bis 31.12.2013 40,85 EUR Dispozinsen fällig wurden. Er legte Blatt 1 und 2 eines Kontoauszugs Nr ... der V. vom 31.12.2013 für das Konto Nr ... vor. Auch in diesem Kontoauszug wurden sämtliche Angaben über Einzelbuchungen (Buchungsdatum, Umsatzinformationen, Datum der Wertstellung, abgebuchte Beträge und gutgeschriebene Beträge) geschwärzt. Erkennbar ist der Kontostand zum 30.12.2013 (-477,18 EUR).

In der Anlage zur Feststellung der Vermögensverhältnisse gab er neben den drei genannten Konten auch ein Konto bei der S. (BIC ..., IBAN ...) mit einem Kontostand von 4,71 EUR an. Dieses Konto wurde gleichzeitig als Empfängerkonto für SGB II-Leistungen benannt.

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 24.03.2014 forderte der Antragsgegner u.a. ungeschwärzte Kontoauszüge der letzten drei Monate lückenlos von allen Konten an, alternativ Umsatzlisten der Bank.

Mit Schreiben vom 25.03.2014 erklärte der Antragsteller, R. sei bei ihm im November 2013 zur Untermiete eingezogen und Ende Januar 2014 wieder ausgezogen. Beigefügt war eine Umsatzabfrage des Kontos der S. Nr ... über den Zeitraum 30.10.2013 bis 30.01.2014. Auf dieses Konto erfolgten wiederkehrende Einzahlungen in erheblichem Umfang wie folgt: 13.11.2013 445,00 EUR 29.11.2013 730,00 EUR 02.12.2013 750,00 EUR 04.12.2013 250,00 EUR 17.12.2013 70,00 EUR 23.12.2013 250,00 EUR 30.12.2013 1.350,00 EUR 17.01.2014 100,00 EUR

Angaben zur Herkunft einer Überweisungsgutschrift über 35,00 EUR vom 27.12.2013 wurden durch den Antragsteller geschwärzt, ebenso die Angaben zu Empfängern einiger Online-Überweisungen (vom 06.11.2013 über 71,52 EUR und über 105,29 EUR, vom 02.12.2013 über 49,95 EUR und über 301,65 EUR, vom 04.12.2013 über 13,77 EUR, vom 05.12.2013 über 200,00 EUR, vom 23.12.2013 über 140,00 EUR).

Dem Schreiben vom 25.03.2014 als weitere Anlagen beigefügt waren eine ungeschwärzte Kopie des Kontoauszuges Nr. 12 vom 30.12.2013 für das Girokonto Nr ... bei der XY AG (Saldo -2.014,87 EUR) und der Auszug Nr. 11 desselben Kontos, welcher am 15.11.2013 eine Gutschrift " ..." über 100,00 EUR auswies, wie auch der Kontoauszug Nr. 1/2014 (Gutschrift von 100,00 EUR am 02.01.2014).

Für sein Konto Nr ... bei der V. legte der Antragsteller teilgeschwärzte Kopien der Kontoauszüge Nr. 11/2013, 12/2013 und 1/2014 vor. Geschwärzt wurden die Absenderdaten für Gutschriften vom 08.11.2013 (54,00 EUR wegen ...), 13.11.2013 (83,30 EUR), 21.11.2013 (65,00 EUR wegen ...), 26.11.2013 (136,50 EUR zur Re.-Nr ...), 17.12.2013 (7,90 EUR zu Art.-Nr ...V. 12.). Darüber hinaus schwärzte der Antragsteller auch Adressatennamen und Kontodaten der Empfänger von Überweisungen. Allerdings blieben bei drei geschwärzten Überweisungen Teile der geschwärzten Angaben lesbar. Eine Überweisung von 250,00 EUR am 03.01.2014 (Blatt 1 des Kontoauszugs 1/2014, Bl. 52 VA) lässt den Namen des Antragstellers als Empfänger ebenso erkennen wie die ersten Ziffern der IBAN (AT ). Eine weitere Überweisung vom selben Tag in Höhe von 150,00 EUR lässt in den geschwärzten Angaben zu Adressat/Verwendungszweck ebenfalls den Namen des Antragstellers erkennen, ebenfalls die ersten Ziffern der BIC des Empfängerkontos ( ) und der IBAN (AT ). Am 20.01.2014 überwies der Kläger weitere 200,00 EUR von seinem V. -Konto (Blatt 2 des Kontoauszugs 1/2014, Bl. 51 VA), wobei sich trotz Schwärzung im Verwendungszweck der Name des Antragstellers erkennen lässt, ebenfalls die BIC des Empfängerkontos ( ...) und Teile der IBAN (AT ).

Zu den Schwärzungen führte der Antragsteller im Schreiben vom 25.03.2014 aus: "Aus datenschutzrechtlichen Gründen sind die Empfänger und Sender auf den Kontoauszügen geschwärzt. Es ist mir bewusst, dass dies absolut legitim ist und ich schütze hiermit nur meine Geschäftspartner, denen ich diese Sicherheit in meiner Selbständigkeit gegeben habe und die auch völlig normal ist. Es kann aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht verlangt werden, diese Kontoauszüge offen zu legen. Ich habe mich hierzu auch nochmals bei einem Rechtsbeistand erkundigt." Weiter gab er an, es existierten keine Sparguthaben oder sonstige Verträge mit Guthaben. Er habe in der letzten Zeit von ausgeliehenem Geld und Kreditkartenüberzug gelebt. Er habe etwa 70.000,00 EUR Schulden. Seine Kreditkarten und Dispos seien ihm gekündigt worden.

Hierauf teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 02.04.2014 mit, dass noch einige Angaben und Nachweise benötigt würden. Aus den Kontoauszügen sei ersichtlich, dass der Antragsteller über zumindest noch ein weiteres Konto in Österreich verfüge. Im Hinblick auf die vorgenommenen Einzahlungen wurde er aufgefordert mitzuteilen, von wem diese stammten und ob künftig mit weiteren Einzahlungen zu rechnen sei. Zudem wurde er aufgefordert, von allen vorhandenen Konten – auch von ausländischen – ungeschwärzte Kontoauszüge vorzulegen. Wie der Kläger wisse, beziehe sich die Schwärzungsmöglichkeit bei Ausgabebuchungen auf den Kontoauszügen nur dann auf bestimmte Passagen des Empfängers und des Buchungstextes, wenn der zugrunde liegende Geschäftsvorgang für das Jobcenter plausibel bleibe. Das sei bei den vom Antragsteller geschwärzten Passagen nicht der Fall. Einnahmebuchungen dürften nicht geschwärzt werden. Für die Vorlage der angeforderten Unterlagen und Nachweise wurde dem Antragsteller Frist bis zum 14.04.2014 gesetzt. Das Schreiben enthielt neben einer Belehrung über die Vorschrift des § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) den Hinweis, dass Leistungen anderenfalls versagt würden, bis er die Mitwirkung nachhole (§§ 60, 66, 67 SGB I).

Hierauf teilte der Antragsteller mit Schreiben vom 08.04.2014 mit, er sei zu keiner weiteren Stellungnahme über seine Einnahmen oder Konten aus seiner früheren Selbständigkeit verpflichtet ("Schutz meiner Kunden und weiteres").

Mit Bescheid vom 22.04.2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Leistungen nach dem SGB II ab, weil Hilfebedürftigkeit des Antragstellers nicht nachgewiesen sei. Nach Durchsicht der Kontoauszüge sei festgestellt worden, dass dieser über zumindest ein weiteres Konto in Österreich verfüge, auf welches er auch regelmäßig Zahlungen und Überweisungen tätige. Auf die Anforderung von Kontoauszügen von diesem Konto habe er erklärt, diese nicht vorzulegen, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass der Antragsteller über ausreichendes Einkommen und Vermögen verfüge und nicht hilfebedürftig sei (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II).

Am 15.05.2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Freiburg (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und zugleich auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt und vorgetragen, dass er über das vom Antragsgegner aufgeführte Konto in Österreich nicht verfüge. Er habe das Konto lediglich als Gefälligkeit für eine befreundete Person eröffnet. Er könne seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten und sei, auch unter Berücksichtigung des Kontos in Österreich, hilfebedürftig. Die Einzahlungen auf das österreichische Konto seien erfolgt, weil der Antragsteller den über seine Kreditkarte gewährten Kredit bedienen müsse. Der Antragsgegner hat vorgetragen, er könne einen Leistungsanspruch des Antragsstellers nicht ermitteln, nachdem dieser seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht hinreichend offengelegt habe. Dieser habe keine Erklärung zu dem Konto in Österreich abgegeben und auch keine Kontoauszüge vorgelegt. Der Vortrag, es habe sich um ein Konto gehandelt, welches er aus Gefälligkeit für einen Freund eröffnet habe, sei nicht ausreichend. Jedenfalls habe der Antragsteller Einzahlungen auf das Konto und auf vorhandene Verbindlichkeiten getätigt. Es müsse also Einkommen/Vermögen vorhanden sein, um diese Zahlungen zu tätigen. Ungeklärt sei auch, ob der Antragsteller für die Eigentumsübertragung am Haus in B. auf seine Ehefrau Zahlungen erhalten habe. Hierzu hat der Antragsteller erwidert, im Rahmen der Eigentumsübertragung des Grundstücks an die Ehefrau habe er weder Zahlungen erhalten noch geltend gemacht, da diese über keinerlei Vermögen verfüge. Das Haus sei vollständig mit Schulden belastet ( ... EUR).

Das SG hat den Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz ebenso wie den Antrag auf Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 10.06.2014 abgelehnt. Der Antragsteller habe seine Hilfebedürftigkeit nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Nach der Rechtsprechung des BSG stelle es im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems keine unzumutbare und unangemessene Aufforderung dar, Auskunft über den Bestand an Konten und die Kontobewegungen (durch Vorlage von Kontoauszügen) zu geben, jedenfalls soweit die Einnahmeseite betroffen sei. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) getroffene Einschränkungen bezögen sich nur auf die Ausgabenseite. Außerdem habe der Antragsteller zu den vom Antragsgegner im Schreiben vom 02.04.2014 angeführten Einnahmen keine Angaben gemacht, weshalb unklar sei, woher diese stammten. Die Angaben zum Konto in Österreich seien uneinheitlich, zudem seien Kontoauszüge für dieses Konto nicht vorgelegt worden, weshalb eine weitere Prüfung der Hilfebedürftigkeit nicht habe erfolgen können. Die Angaben zur Grundstücksübertragung habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

Gegen diesen seinem Prozessbevollmächtigten am 13.06.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 27.06.2014 Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, er sei hilfebedürftig. Das Konto in Österreich sei für die Frage, ob Hilfebedürftigkeit vorliege, irrelevant. Auch für den Fall, dass das Konto dem Antragsteller zugeordnet werden könnte, läge Hilfebedürftigkeit vor. Es bleibe jedoch dabei, dass der Antragsteller dieses Konto aus Gefälligkeit für einen Freund eröffnet habe.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 10.06.2014 (Ablehnung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II ab Antragstellung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält den Beschluss des SG für zutreffend.

Der weitergehende Antrag des Antragstellers, ihm Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg mit dem Aktenzeichen S 14 AS 2313/14 ER zu gewähren, ist Gegenstand des parallel anhängigen Beschwerdeverfahrens L 1 AS 2714/14 B. Auf den dortigen Beschluss vom heutigen Tag wird verwiesen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten erster Instanz und die Verwaltungsakten, welche vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige und nach § 172 SGG auch im Übrigen statthafte Beschwerde ist nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragsteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).

Vorliegend hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, hilfebedürftig zu sein, weshalb es – wie das SG zutreffend erkannt und dargelegt hat – bereits an einem Anordnungsanspruch fehlt. Eine Tatsache ist nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - neben weiteren, hier erfüllten - Voraussetzungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II) Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1 und 4 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen, erhalten kann.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Als Vermögen sind grundsätzlich alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Hierzu gehören neben beweglichen Sachen auch Immobilien und Forderungen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 06.05.2010 – B 14 AS 2/09 R – SozR 4-4200 § 12 Nr. 15).

Hier bestehen deutliche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller über gegenüber dem Antragsgegner nicht offengelegtes Einkommen und Vermögen verfügt und aufgrund dessen nicht hilfebedürftig ist. Auf sein Konto bei der S. sind in den letzten drei Monaten vor der Antragstellung mehrfach erhebliche Einzahlungen von insgesamt 3.945,00 EUR vorgenommen worden. Über die Herkunft des Geldes hat der Antragsteller trotz entsprechender Aufforderung keine substantiierten Angaben gemacht. Er hat darüber hinaus selbst eingeräumt, ein Konto in Österreich eröffnet zu haben. Ob sich darauf ein Guthaben befindet und welche Höhe dieses ggf. hat, lässt sich nicht feststellen. Die eingeräumte Kontoinhaberschaft des Antragstellers lässt zwar nicht ausgeschlossen erscheinen, dass es sich –wie der Antragsteller sinngemäß vorgetragen hat – um ein Treuhandkonto handelt, dessen Guthaben – sofern ein solches besteht – möglicherweise wertmäßig einer dritten Person zuzuordnen wäre (sog. verdeckte Treuhand, vgl. etwa BSG-Urteil vom 24.05.2006, B 11a AL 7/05 R, BSGE 96, 238-246, juris, Rn. 22 ff.). Sie ist aber doch ein wesentliches Indiz für eine Forderungsinhaberschaft und unbeschränkte Verfügungsbefugnis des Antragstellers. Nachdem bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen und das Handeln des Treugebers in fremdem Interesse eindeutig erkennbar sein muss (BSG a.a.O. Rn. 27, ähnlich zum Darlehen unter Verwandten im Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 46/09 RBSGE 106, 185-190, juris, Rn. 21), genügt die bloße Behauptung einer Kontoeröffnung für einen unbenannten Freund nicht, um die Indizwirkung einer Kontoinhaberschaft für die auch wirtschaftliche Zuordnung des Kontos zum Antragsteller zu entkräften.

Das Schweigen des Antragstellers wirkt sich hier nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen zu seinen Lasten aus. Zwar bleibt es auch in Fällen verweigerter Auskünfte trotz bestehender Obliegenheit zur Auskunftserteilung bzw. Vorlage von Urkunden bei der Amtsermittlungspflicht des Grundsicherungsträgers bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren des Gerichts. Allerdings trägt, wer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt, die Folgen einer objektiven Beweislosigkeit, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen nicht feststellen lassen (BSG-Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R –, juris, Rn. 21). Vorliegend weigert sich der Antragsteller, durch zumutbare konkrete Angaben und die Vorlage weiterer Unterlagen – von Kontoauszügen sämtlicher ausländischer Konten und Angaben dazu, woher die zum Teil dem Betrag nach erheblichen Einzahlungen auf sein S.konto stammen – an der weiteren Aufklärung des Sachverhalts zur Frage seiner Hilfebedürftigkeit in der gebotenen Weise mitzuwirken. Deshalb war der Senat auch nicht in der Lage, durch weitere Ermittlungen die Frage der Hilfebedürftigkeit des Klägers weiter aufzuklären und hatte seiner Entscheidung den gegenwärtigen Sach- und Streitstand zugrunde zu legen mit der Folge, dass eine Hilfebedürftigkeit nicht als glaubhaft gemacht angesehen werden konnte.

Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) (1.) alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen, (2.) Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen und (3.) Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Hiernach war der Antragsgegner berechtigt, dem Antragsteller die Vorlage sämtlicher Kontoauszüge der letzten drei Monate vor Antragstellung aufzugeben und auf diese Weise Auskunft über den Bestand von Konten und Kontenbewegungen zu erhalten. Dies ist dem Antragsteller im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, auch zumutbar und angemessen (BSG-Urteil vom 19.02.2009, a.a.O., Rn. 17).

Dabei verkennt der Senat nicht, dass diese Obliegenheiten nicht unbeschränkt gelten, sondern sich aus § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Einschränkungen ableiten lassen, allerdings nur, soweit die Ausgabenseite betroffen ist. Nach § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X ist für besondere Arten personenbezogener Daten gesondert zu prüfen, ob deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist. § 67 Abs. 12 SGB X nennt als besondere Arten personenbezogener Daten Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. Für die Erfüllung der Aufgaben des Grundsicherungsträgers ist grundsätzlich nicht erforderlich, dass er Kenntnis über das Ausgabeverhalten von Grundsicherungsempfängern in den in § 67 Abs. 12 SGB X genannten Bereichen erlangt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Adressaten/Empfänger der Zahlungen. Geht etwa aus den Empfängerangaben hervor, dass der Grundsicherungsempfänger Beiträge an eine politische Partei, Gewerkschaft oder Religionsgemeinschaft überweist, so ist die Kenntnis der jeweils begünstigten Partei oder Religionsgemeinschaft für die Aufgaben des Grundsicherungsträgers grundsätzlich irrelevant. Deshalb ist die Geheimhaltung des Verwendungszwecks bzw. des Empfängers der Überweisung grundsätzlich geschützt, wobei die Höhe des Überweisungsbetrages erkennbar bleiben muss (BSG-Urteile vom 19.09.2008 – B 14 AS 45/07 R –, SozR 4-1200 § 60 Nr. 2, juris, Rn. 24, und vom 19.02.2009, a.a.O., Rn. 20). Von vornherein nicht durch § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X geschützt sind demgegenüber Adressatenangaben bei Überweisungen von einem auf weitere Konten des Klägers, etwa um bei laufenden Abbuchungen dessen Deckungsfähigkeit zu erhalten. Die von § 67 Abs. 12 SGB X geschützten Belange können bei solchen Überweisungsvorgängen von vornherein nicht betroffen sein. Eine Nachvollziehbarkeit der Einnahmeseite ergibt sich bei Existenz mehrerer Konten, wie im vorliegenden Fall, nur bei Identifizierbarkeit solcher Überweisungsvorgänge.

Ohnehin gilt der Schutz aufgrund § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht unbeschränkt. Ergibt sich etwa, dass in auffälliger Häufung oder Höhe Beträge überwiesen wurden, kann im Einzelfall eine Offenlegung der geschwärzten Adressaten gefordert werden. Dem Staat muss es erlaubt sein, sich davor zu schützen, dass Grundsicherungsleistungen, die als staatliche Fürsorgeleistungen ohne Gegenleistung nur aufgrund von Hilfebedürftigkeit gewährt werden, an Nichtbedürftige gewährt werden, die über weitere finanzielle Mittel verfügen, diese jedoch gegenüber dem Grundsicherungsträger verschweigen bzw. nicht offenlegen (BSG-Urteil vom 19.09.2008, a.a.O., Rn. 26). Nach Auffassung des Senats trifft den Antragsteller deshalb im vorliegenden Fall die Obliegenheit zur Offenlegung aller bislang geschwärzten Angaben. Dieser hat die Möglichkeit der Schwärzung von Empfängerdaten bei Überweisungen dazu genutzt, die Existenz eines von ihm in Österreich eröffneten Kontos zu verschleiern, welches er gegenüber dem Antragsgegner nicht angegeben hat, indem er den Adressaten der entsprechenden Überweisungen (den eigenen Namen) und die Kontonummer geschwärzt hat. In solchen Fällen wiegt das Interesse der Allgemeinheit am Schutz vor Leistungsmissbrauch schwerer als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Hilfeempfängers.

Von vornherein nicht vom Schutzbereich des § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X umfasst, welcher sich auf das Ausgabeverhalten beschränkt, nicht aber auch auf die Einnahmeseite (BSG-Urteil vom 19.09.2008 a.a.O. Rn. 23, ebenfalls BSG-Urteil vom 19.02.2009, a.a.O. Rn. 17), sind die vom Antragsteller verweigerten substantiierten Angaben zu der Herkunft der insgesamt 3.945,00 EUR, welche in den drei Monaten vor Antragstellung auf sein Sparkassenkonto eingezahlt worden sind. Auch für die Schwärzung der Absenderdaten und/oder von Angaben zum Verwendungszweck weiterer Gutschriften (etwa vom 27.12.2013 auf das Sparkassenkonto und vom 08.11.2013, 13.11.2013, 21.11.2013, 26.11.2013 und 17.12.2013 auf das V.-Konto) kann sich der Antragsteller nicht auf die BSG-Rechtsprechung zu § 67 Abs. 12 SGB X i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X berufen.

Eine Leistungsberechtigung des Antragstellers vermag der Senat nach alledem nicht festzustellen. Da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist, hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Eingehender Ausführungen zum Anordnungsgrund bedarf es deshalb nicht. Insoweit weist der Senat lediglich ergänzend darauf hin, dass ausgehend von einem nachgewiesenen Nettoeinkommen aus dem Arbeitsverhältnis als Ausfahrer im Zeitraum vom 10.03.2014 bis 31.03.2014 von 556,11 EUR das auf 31 Tage hochgerechnete Monatseinkommen netto 783,61 EUR betragen hätte, wenn der Kläger die Tätigkeit bereits zum 01.03.2014 aufgenommen und im selben Umfang ausgeübt hätte (556,11 EUR dividiert mit 22 Tagen, multipliziert mit 31 Tagen). Es ist aufgrund der Aktenlage und unter Zugrundelegung des Vortrages des Antragstellers für den Senat nicht ersichtlich, dass dieser nicht in der Lage ist, zumindest den unabweisbaren Bedarf aus seinen laufenden Einkünften aus Arbeitstätigkeit zu decken, denn der Bedarf des Klägers beträgt – unter Außerachtlassung von Freibeträgen – 773,00 EUR (391,00 EUR Regelleistung und 382,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung).

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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