Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 21 AS 1987/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 54/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 36/14 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. Dezember 2012 abgeändert und die Klage wird abgewiesen, soweit der Beklagte zur Erbringung von Leistungen über den im Termin vom 24. April 2014 anerkannten Anspruch des Klägers in Höhe von 20,27 EUR für Dezember 2010 und jeweils monatlich 29,67 EUR für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2011 hinaus verurteilt worden ist. Der Beklagte hat dem Kläger 1/5 der außergerichtlichen Kosten beider Rechtzüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für einen Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Mai 2011.
Der am ... 1991 geborene Kläger lebte im streitigen Zeitraum mit seiner Mutter und seinem am ... 2002 geborenen Bruder zusammen in einer Haushaltsgemeinschaft in einer angemieteten Wohnung. Für die Unterkunft waren monatlich 565,00 EUR für die Miete und eine Betriebskostenvorauszahlung und für die Heizung waren monatlich 61,00 EUR als Vorauszahlung für die zentrale Versorgung mit Wärme einschließlich der Warmwasserversorgung zu zahlen. Der Kläger ist ein behinderter Mensch. Er ist auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen und als Schwerbehinderter mit dem GdB von 100% anerkannt.
Der Kläger, seine Mutter und sein Bruder bezogen als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft bis Ende November 2010 Arbeitslosengeld II (Alg II) als Leistung zu Sicherung des Lebensunterhalts. Am 14. August 2010 nahm der Kläger eine Berufsausbildung zum Bürokaufmann im CJD Berufsbildungswerk in G. auf. Das CJD Berufsbildungswerk stimmte mit Schreiben vom 10. November 2010 einer vom Kläger gewünschten Aufhebung des mit ihm geschlossenen Berufsausbildungsvertrages mit Wirkung zum 12. November 2010 zu, so dass die Ausbildung dort endete. Der Kläger schloss einen neuen Berufsausbildungsvertrag mit dem Rehabilitationsbereich Halle der Dr. P. R: und Partner gemeinnützige Schulgesellschaft mbH (im Folgenden als Einrichtung bezeichnet) über eine Ausbildung zum Bürokaufmann ab, nahm die Ausbildung dort am 29. November 2010 auf und setzte sie auch über den streitigen Zeitraum hinaus fort. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 21. Dezember 2010 die Übernahme der Ausbildungskosten und Ausbildungsgeld in Höhe von 316,00 EUR monatlich für die Zeit vom 29. November 2010 bis zum 28. Mai 2012 als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Eine weitere Ausbildungsvergütung erhielt der Kläger im streitigen Zeitraum nicht. Er hatte auch kein sonstiges Einkommen außer das für ihn bewilligten Kindergeld in Höhe von monatlich 184,00 EUR.
Am 5. November 2011 stellte die Mutter des Klägers bei der ARGE SGB II H. GmbH (ARGE), die bis Ende 2010 als Rechtvorgängerin des Beklagten in H. für die Leistungsträger die Grundsicherungsleistungen erbrachte, einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 1. Dezember 2010. Daraufhin bewilligte die ARGE mit einem Bescheid vom 10. November 2010 für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Mai 2011 nur noch Leistungen für die Mutter und den Bruder des Klägers, aber nicht mehr für den Kläger. Bei dieser Leistungsbewilligung berücksichtigte die ARGE bei dem Bruder des Klägers dessen Einkommen (Kindergeld und Unterhaltsleistungen) als bedarfsmindernd; sonstiges Einkommen war nicht zu berücksichtigen (wegen näherer Einzelheiten wird auf Blatt 65, 66 der Verwaltungsakten Bezug genommen). Die Mutter des Klägers erhob für diesen am 10. Dezember 2010 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus: Obwohl sie alle Unterlagen eingereicht hätte, seien für den Kläger die Leistungen vollständig versagt worden. Deshalb habe sie Widerspruch eingelegt. Diesen Widerspruch wies der Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2011 zurück, in dem er ausführte: Der Kläger sei von der Leistungsgewährung ausgeschlossen. Er absolviere eine Berufsausbildung, die dem Grunde nach mit Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) förderungsfähig sei. Deshalb sei er nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Anspruch auf Alg II ausgeschlossen.
Gegen die ablehnende Entscheidung hat der Kläger – vertreten durch seine Mutter – am 12. April 2011 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Die Mutter des Klägers hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG am 21. Mai 2012 die Klage auf die Gewährung von Leistungen für den Kläger für den Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Mai 2011 begrenzt.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 10. Dezember 2012 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Dezember 2010 in Höhe von 121,00 EUR und für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2011 in Höhe von jeweils 132,52 EUR monatlich zu zahlen. In den Gründen hat das SG ausgeführt: Im Falle des Klägers greife der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II gemäß Abs. 6 der Vorschrift nicht ein. Denn der Kläger habe keinen Anspruch auf BAB, weil er nicht außerhalb des Haushalts eines Elternteils lebe. Daran ändere auch der Bezug von Ausbildungsgeld nichts. Beim Kläger ergebe sich für Dezember 2010 ein Regelbedarf von 287,00 EUR und ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II von 145,00 EUR sowie anteilig für Unterkunft und Heizung ein Bedarf von 203,48 EUR. Hiervon seien als Einkommen 184,00 EUR Kindergeld und 316,00 EUR Ausbildungsgeld abzüglich 30,00 EUR Freibetrag abzusetzen. Für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2011 seien monatlich 291,00 EUR als Regelbedarfs und 101,85 EUR Mehrbedarf und anteilig 208,67 EUR für Unterkunft und Heizung (jetzt ohne pauschalen Abzug für Warmwasser) zu berücksichtigen.
Gegen das am 28. Dezember 2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 17. Januar 2012 Berufung eingelegt und ausgeführt: Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II greife ein, weil dem Grunde nach für die Ausbildung des Klägers Anspruch auf BAB bestehe. Ein Anspruch nach § 27 Abs. 3 SGB II auf einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bestehe nicht, weil die Unterkunftskosten des Klägers durch sein Einkommen gedeckt seien.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. April 2014 hat die Vertreterin des Beklagten einen Anspruch des Klägers nach § 27 Abs. 3 SGB II in folgender Höhe anerkannt: 20,27 EUR für Dezember 2010 und jeweils 29,67 EUR monatlich für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Mai 2011. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. Dezember 2012 aufzuheben, soweit es über das im Termin abgegebene Teilanerkenntnis hinausgeht und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt. Der Beklagte hat das Urteil des SG im vollen Umfang angegriffen und den Antrag auf Klageabweisung angekündigt. Der Beschwerdegegenstand entspricht in einem solchen Fall der sich aus dem Urteil für den Beklagten ergebenden Leistungsverpflichtung; hier in Höhe von 783,50 EUR (121,00 EUR für Dezember 2010 und fünfmal 132,52 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2011). Das später vom Beklagten abgegebene Teilanerkenntnis wirkt sich nicht auf den für die Zulässigkeit maßgeblichen Beschwerdegegenstand zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung aus.
Die Berufung ist auch begründet. Der Kläger kann für den streitigen Zeitraum keinen höheren Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben, als er vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. April 2014 anerkannt worden ist, so dass das angefochtene Urteil abzuändern die weitergehende Anfechtungs- und Leistungsklage abzuweisen war.
Im Fall des Klägers findet für den streitigen Zeitraum der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II in der Fassung durch Art. 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) Anwendung. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der 60 bis 62 (ab dem 1. April 2012: §§ 51, 57 und 58) des SGB III dem Grunde nach förderfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Der Kläger befand sich im streitigen Zeitraum in einer Ausbildung zum Bürokaufmann. Diese Berufsausbildung ist dem Grunde nach gem. § 60 Abs. 1 SGB III (ab dem 1. April 2012: § 57 SGB III) förderfähig. Förderfähig ist nach dieser Vorschrift eine Berufsausbildung, wenn sie in einem nach dem Berufsausbildungsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Bei dem Ausbildungsberuf Bürokaufmann/Bürokauffrau handelt es sich um einen nach dem Berufsbildungsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf. Für den streitigen Zeitraum ergibt sich die Anerkennung aus § 1 der nach § 25 des Berufsbildungsgesetzes erlassenen, bis zum 31. Juli 2014 gültigen Verordnung über die Berufsausbildung zum Bürokaufmann/zur Bürokauffrau vom 13. Februar 1991 (BGBl. I, S. 425). Der Kläger absolvierte die Berufsausbildung als außerbetriebliche Berufsbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Berufsbildungsgesetz bei der die Ausbildung durchführenden Einrichtung auf der Grundlage eines mit dieser abgeschlossenen Berufsausbildungsvertrages.
Der Anwendbarkeit des § 7 Abs. 5 SGB II steht nicht entgegen, dass der Kläger im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf BAB hatte, sondern auf Ausbildungsgeld, einer Leistung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben. Denn alleine die Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach ist Voraussetzung für die Rechtsfolge des § 7 Abs. 5 SGB II und damit den Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. § 7 Abs. 5 SGB II knüpft alleine an die sogenannte abstrakte Förderfähigkeit an (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), u.a. Urteil vom 6. September 2007, B 14/7b AS 28/06 R; Urteil vom 22. März 2012 m.w.N., B 4 AS 102/11 R, jeweils zitiert nach juris).
Der erkennende Senat hält nicht mehr an der vormals von ihm (Beschluss vom 6. Dezember 2011 – L 2 AS 438/11 B ER – veröffentlicht in juris) und auch von anderen Gerichten (vgl. u.a. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Januar 2012, L 26 AS 2360/11 B ER m. w. Nachweisen, zitiert nach juris) vertretenen Auffassung fest, dass § 7 Abs. 5 SGB II bei einer Förderung mit Ausbildungsgeld keine Anwendung findet. Diese Rechtsauffassung hatte der Senat hauptsächlich damit begründet, dass es sich bei einer für behinderte Menschen mit Ausbildungsgeld geförderten beruflichen Ausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme um ein "aliud’" im Vergleich zu einer vom Ausbildungsziel entsprechenden Ausbildung oder Maßnahme für nichtbehinderte Menschen mit Anspruch auf BAB handele. Der Senat hält es zwar nach wie vor für offensichtlich, dass behinderte Menschen, die ihre Ausbildung in speziellen Rehabilitationseinrichtungen absolvieren, anders ausgebildet werden als nichtbehinderte Menschen. Dennoch bleibt die absolvierte Ausbildung dann, wenn sie auf den Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf abzielt, eine im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II grundsätzlich mit BAB förderbare Ausbildung.
Eine andere Auffassung zur Auslegung des insoweit in der Sache unverändert gebliebenen § 7 Abs. 5 SGB II ist auch schwerlich mit der Gesamtsystematik des SGB II vereinbar, wie sie sich nun aktuell aufgrund verschiedener Gesetzesänderungen darstellt. Die nachträglichen – nicht konkret auf § 7 Abs. 5 SGB II bezogenen – Änderungen des SGB II gebieten zwar nicht zwingend eine bestimmte Auslegung dieser Norm. Denn für die Rechtsanwendung ist die konkrete Norm bis zu einer Änderung durch den Gesetzgeber unter Heranziehung der anerkannten Auslegungsmethoden ausgehend von dem Rechtszustand bei ihrem Inkrafttreten auszulegen (siehe dazu die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2011 – L 2 AS 438/11 B ER – veröffentlicht in juris). Gleichwohl können auch nachträgliche Gesetzesänderungen anderer Vorschriften für die Auslegung beachtlich sein. Von einer solchen Beachtlichkeit geht der Senat aus, wenn sich für eine bestimmte Norm noch keine feste, die Rechtsanwendung durchgängig prägende Rechtsprechung herausgebildet hat und wenn bei mehreren, vom Wortsinn her grundsätzlich möglichen Auslegungen dieser Norm eine bestimmte Auslegung besser gewährleistet, dass im Zusammenhang stehende Regelungen sinnvoll und ohne erkennbare Widersprüche unter Beachtung der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers angewandt werden können. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Gemäß der mit Wirkung zum 1. April 2011 vorgenommenen Neufassung des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I 2011, 453) findet Absatz 5 keine Anwendung auf Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, nach § 66 Abs. 1 oder § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bemisst. Der Gesetzgeber geht somit von einem möglichen Anspruch auf Arbeitslosengeld II für Auszubildende mit Anspruch auf Ausbildungsgeld ausschließlich für den Fall der Bedarfsbemessung nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III (jetzt: § 124 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) aus. Für alle anderen Fälle eines Bezuges von Ausbildungsgeld geht der Gesetzgeber von einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II aus.
Zudem setzt die Regelung in § 27 Abs. 3 SGB II (früher: § 22 Abs. 7 SGB II) über den Zuschuss zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für vom Leistungsausschuss nach § 7 Abs. 5 SGB II erfasste Auszubildenden erkennbar voraus, dass dazu auch Auszubildende mit Anspruch auf Ausbildungsgeld gehören können. Denn Anspruch auf den Zuschuss können ausdrücklich auch Auszubildende erhalten, die Anspruch auf Ausbildungsgeld haben und die Fälle der Bedarfsbemessung des Ausbildungsgelds nach § 123 Abs.1 Nr. 1 und 4 und § 124 Abs. 1 Nr. 2 SGB III werden als solche genannt, in denen Anspruch auf den Zuschuss bestehen kann. Somit wird deutlich, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II auch für Auszubildenden mit Anspruch auf Ausbildungsgeld gilt und insofern auch keine klarstellende Änderung der Vorschrift für erforderlich hielt.
Eine andere Beurteilung kann sich nur dann ergeben, wenn es sich bei der absolvierten Ausbildung um eine behindertenspezifische, besondere Ausbildung handelt, die schon von vornherein nicht in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und nicht einer für einen solchen Ausbildungsberuf vorgesehenen Prüfung endet. Denn solche Ausbildungen sind nicht dem Grunde nach mit BAB förderungsfähig. Dies ist aber hier - wie oben dargestellt – hier nicht der Fall.
Die Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II ist im konkreten Fall auch nicht durch Abs. 6 der Vorschrift ausgeschlossen. Nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung findet der Leistungsausschluss keine Anwendung für Auszubildende, für die aufgrund von § 64 Abs. 1 SGB III (ab dem 1. April 2012: § 60 Abs. 1 SGB III) kein Anspruch auf BAB besteht. Nach § 60 Abs. 1 Ar. 1 SGB II gehört es zu den persönlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf BAB zur Förderung einer Berufsausbildung, dass der Auszubildende außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils wohnt und die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils nicht in angemessener Zeit erreichen kann. Danach hätte der Kläger, der mit im Haushalt seiner Mutter lebte, keinen Anspruch auf BAB. Im Falle des Klägers als behinderten Menschen bestand aber statt des Anspruchs auf BAB Anspruch auf Ausbildungsgeld nach § 104 ff. SGB III (ab dem 1. April 2012 nach § 122 ff. SGB III). In diesen Fällen wird die Ausbildungsförderung nach dem SGB III nicht ausgeschlossen, wenn die Auszubildenden noch bei den Eltern oder einem Elternteil wohnen. Damit wird die besondere Situation jugendlicher behinderter Menschen berücksichtigt, die oft auch während der Ausbildung der elterlichen Hilfe bedürfen. Somit wurde der Kläger nicht von dem an persönliche Umstände anknüpfenden Leistungsausschluss nach § 60 Abs. 1 SGB III erfasst und die Rückausnahme im § 7 Abs. 6 SGB III vom Leistungsausschluss nach Abs. 5 der Vorschrift greift nicht. Dieses Ergebnis steht damit im Einklang, dass der Gesetzgeber im § 7 Abs. 6 SGB II nunmehr eine eigene Regelung für die Bezieher von Ausbildungsgeld geschaffen hat. Nach der Konzeption des Gesetzgebers fallen auch die Bezieher von Ausbildungsgeld grundsätzlich unter die Regelungen des § 7 Abs. 5 SGB II. Die Ausschlussregelung findet für sie nach der Rückausnahme in Abs. 6 Ziffer 2 nur dann keine Anwendung, wenn sich der Bedarf nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III (jetzt: § 124 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) bemisst. Dies erfasst die Fälle, des Bedarfs bei unterstützter Beschäftigung und bei Grundausbildung, wenn der Auszubildende im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils untergebracht ist. Die Fälle der regulären Berufsausbildung werden nicht erfasst. Der Bedarf des im Haushalt eines Elternteil lebenden Klägers bemisst sich nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 (ab dem 1. April 2012: § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Somit findet auf den Kläger nur § 7 Abs. 5 SGB II Anwendung, aber nicht Abs. 6 der Vorschrift.
Der Kläger hat aber einen Anspruch auf einen Zuschuss zu den ungedeckten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II a. F. (ab dem 1. April 2012 in § 27 Abs. 3 SGB II geregelt). Dieser Anspruch geht jedoch nicht über die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anerkannten Beträge hinaus.
Den Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II a. F. erhalten Auszubildenden, die Ausbildungsgeld erhalten, unter anderem dann, wenn sich ihr Bedarf nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. (ab dem 1. April 2012: § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) bemisst. Dies ist beim Kläger, der im Haushalt seiner Mutter (also eines Elternteils lebt), der Fall.
Der Zuschuss bemisst sich nach dem ungedeckten Unterkunftsbedarf im Sinne des SGB II unter Berücksichtigung von erzieltem Einkommen (BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 69/09 R, zitiert nach juris).
Für die Berechnung des Zuschusses ist somit zunächst der angemessene Bedarf für Unterkunft und Heizung festzustellen, so wie er im Rahmen des § 22 SGB II anzuerkennen wäre. Für die von der Mutter des Klägers, seinem Bruder und ihm bewohnte Wohnung waren im streitigen Zeitraum monatlich 565,00 EUR für Miete inklusive einer Betriebskostenvorauszahlung und 61,00 EUR für die Heizung (Zentralheizung mit Warmwasserversorgung) zu zahlen. Dabei war aber von dem tatsächlich für Heizung und die Warmwasserversorgung zu zahlenden Betrag noch ein Anteil für die Warmwasserversorgung in der Höhe abzusetzen, wie er in der Regelleistung der die Wohnung bewohnenden Personen nach dem SGB II für die Warmwasseraufbereitung berücksichtigt wurde (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 15/07 R, zitiert nach juris). Im Falle des Klägers war für diese Berechnung ein Anspruch auf eine Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II in Höhe von 287,00 EUR zu unterstellen. Bei dieser Höhe waren von den Heizkosten rechnerisch 5,18 EUR abzusetzen. Bei seiner Mutter waren bei einer Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von 359,00 EUR von den Heizkosten 6,47 EUR abzusetzen und bei dem Bruder des Klägers, der damals das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, waren bei einer Regelleistung nach § 23 Nr. 1 SGB II in Höhe von 251,00 EUR von den Heizkosten 4,53 EUR abzusetzen. Daraus ergeben sich zu berücksichtigende Heizkosten von 44,82 EUR. Somit lagen berücksichtigungsfähige Aufwendung für die Unterkunft in einer Höhe von insgesamt 565,00 EUR und für die Heizung von insgesamt 44,82 EUR vor. Dies ergibt bei drei Personen bei einer Aufteilung nach Kopfteilen für den Kläger Aufwendung für die Unterkunft in Höhe von gerundet 188,33 EUR und für die Heizung von 14,94 EUR. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Aufwendungen in dieser Höhe unangemessen im Sinne des § 22 SGB II waren. Für den Kläger ergibt sich somit im Monat Dezember 2010 ein Bedarf für Unterkunft und Heizung von 203,27 EUR.
Für die Feststellung, ob ein ungedeckter Bedarf vorliegt, finden bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen vom Grundsatz her die allgemeinen Regelungen des SGB II (§§ 9, 11 und12) und der auf der Grundlage des § 13 erlassenen Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung Anwendung, die im Rahmen einer fiktiven Bedürftigkeitsberechnung nach dem SGB II zu berücksichtigen sind. Zu berücksichtigen ist hier nur Einkommen des Klägers. Im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB II zur Deckung des Bedarfs des Klägers zu berücksichtigendes Einkommen der anderen mit ihm zusammen lebenden Personen (seine Mutter und sein Bruder) lag im streitigen Zeitraum nicht vor. Zwar bildeten der Kläger, seine Mutter und sein Bruder eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II. Einkommen hatte im streitigen Zeitraum außer dem Kläger aber nur sein Bruder (Kindergeld und Unterhaltsleistungen), wobei das Einkommen dessen eigenen Bedarf nicht überstieg. Solches Einkommen ist nach § 9 Abs. 2 SGB II nur zur Deckung des Bedarfs des in der Bedarfsgemeinschaft lebenden unverheirateten Kindes einzusetzen.
Auch das Einkommen des Klägers war entsprechend § 9 Abs. 2 SGB II alleine zur Deckung des eigenen Bedarfs zu berücksichtigen. Das dem Kläger gezahlte Ausbildungsgeld war in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen. Bei den Auszubildenden sind auch die Ausbildungsförderungsleistungen in der zufließenden Höhe als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie nicht zweckgerichtet für bestimmte ausbildungsbedingte Bedarfe geleistet werden. Eine gezahlte Berufsausbildungsbeihilfe ist dabei nicht um einen ausbildungsbedingten Bedarf zu bereinigen, weil ein solcher (wie Fahrkosten, Lehrgangskosten) gesondert berücksichtigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 69/09 R, zitiert nach juris). Dies gilt entsprechend auch für das Ausbildungsgeld. Das für den Kläger gezahlte Kindergeld war diesem nach § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen zuzurechnen. Das sich so ergebende monatliche Einkommen des Klägers von 500,00 EUR (316,00 EUR Ausbildungsgeld und 184,00 EUR Kindergeld) war nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung in der Fassung durch die Verordnung vom 4. Mai 2010 (BGBl. I S. 541) um 30,00 EUR zu bereinigen, so dass ein anzurechnendes Einkommen von 470,00 EUR verblieb. Dieses Einkommen war zunächst auf den Regelbedarf anzurechnen und dann auf den Unterkunftsbedarf (BSG, Urteil vom 22.3.2010, B 4 AS 69/09 R, zitiert nach juris, Rn. 32). Es kann dahinstehen, ob anzurechnendes Einkommen im Rahmen der fiktiven Berechnung für den Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II auch zur Deckung der Mehrbedarfe nach § 21 SGB II einzusetzen ist. Im Fall des Klägers kommt nur ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II in Betracht. Dieser setzt voraus, dass ein Anspruch auf Teilhabeleistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen nach § 33 SGB IX besteht. Dieser Mehrbedarf ist in der ab dem 1. April 2014 geltenden Reglung dazu, welche Mehrbedarfe durch Leistungen für Auszubildenden abgedeckt werden können, nicht aufgeführt. Der Gesetzgeber sieht diesen Mehrbedarf als ausbildungsgeprägt an. Soweit behinderte Auszubildende entsprechende Mehrbedarfe hätten, würden diese durch andere, besondere Teilhabeleistungen gedeckt (BT-Drs 17/3404 zu § 27 Abs. 2, S 170). Diese Wertung ist auch schon für die Zeit vor dem 1. April 2014 maßgeblich, als noch nicht ausdrücklich geregelt war, für welche Mehrbedarfe Auszubildenden, die vom Grundsatz her nach § 7 Abs. 5 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II haben, Leistungen erhalten können. Dies spricht dagegen, diesen Mehrbedarf bei der fiktiven Bedarfsberechnung zu berücksichtigen.
Bei Anrechnung auf den Regelbedarf von 287,00 EUR verblieb ein bei den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung rechnerisch zu berücksichtigendes Einkommen von 183,00 EUR. Somit war bei einer als Bedarf des Klägers zu berücksichtigenden Höhe dieser Aufwendung von 203,27 EUR ein Betrag von 20,27 EUR ungedeckt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist der Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II begrenzt ("gedeckelt") auf die Höhe der Differenz zwischen dem abstrakten Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und dem in der Ausbildungsförderungsleistung nach dem SGB III oder dem BAföG enthaltenen Unterkunftsbedarfsanteil. Dies wird aus der Zielsetzung der Zuschussregelung abgeleitet, die Unterdeckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung infolge der pauschalierten Bedarfsberücksichtigung bei der Bemessung der Ausbildungsförderleistungen abzugelten (BSG. Urteil vom 22.3.2010, B 4 AS 69/09 R, zitiert nach juris). Es bedarf keiner Prüfung, ob eine solche "Deckelung" im konkreten Fall eingreift, denn der Beklagte hat den Zuschuss in der sich rechnerisch ergebenden Höhe anerkannt.
Für die Zeit von Januar bis Mai 2011 ergibt sich bei einer Berechnung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen bei einem anteiligen Bedarf des Klägers für Unterkunft und Heizung in Höhe von 208,67 EUR (ohne Herausrechnung des Anteils für die Wassererwärmung) und einer erhöhten Regelleistung von 291,00 EUR monatlich ein ungedeckter Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 29,67 EUR, wie ihn der Beklagte anerkannt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; wobei das von dem Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebene Anerkenntnis Berücksichtigung gefunden hat.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Nach seiner Auffassung hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage der Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II auch auf im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebende Auszubildende eine Vielzahl von Fällen betreffen kann und hierzu - nach Kenntnis des Senats – noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für einen Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Mai 2011.
Der am ... 1991 geborene Kläger lebte im streitigen Zeitraum mit seiner Mutter und seinem am ... 2002 geborenen Bruder zusammen in einer Haushaltsgemeinschaft in einer angemieteten Wohnung. Für die Unterkunft waren monatlich 565,00 EUR für die Miete und eine Betriebskostenvorauszahlung und für die Heizung waren monatlich 61,00 EUR als Vorauszahlung für die zentrale Versorgung mit Wärme einschließlich der Warmwasserversorgung zu zahlen. Der Kläger ist ein behinderter Mensch. Er ist auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen und als Schwerbehinderter mit dem GdB von 100% anerkannt.
Der Kläger, seine Mutter und sein Bruder bezogen als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft bis Ende November 2010 Arbeitslosengeld II (Alg II) als Leistung zu Sicherung des Lebensunterhalts. Am 14. August 2010 nahm der Kläger eine Berufsausbildung zum Bürokaufmann im CJD Berufsbildungswerk in G. auf. Das CJD Berufsbildungswerk stimmte mit Schreiben vom 10. November 2010 einer vom Kläger gewünschten Aufhebung des mit ihm geschlossenen Berufsausbildungsvertrages mit Wirkung zum 12. November 2010 zu, so dass die Ausbildung dort endete. Der Kläger schloss einen neuen Berufsausbildungsvertrag mit dem Rehabilitationsbereich Halle der Dr. P. R: und Partner gemeinnützige Schulgesellschaft mbH (im Folgenden als Einrichtung bezeichnet) über eine Ausbildung zum Bürokaufmann ab, nahm die Ausbildung dort am 29. November 2010 auf und setzte sie auch über den streitigen Zeitraum hinaus fort. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 21. Dezember 2010 die Übernahme der Ausbildungskosten und Ausbildungsgeld in Höhe von 316,00 EUR monatlich für die Zeit vom 29. November 2010 bis zum 28. Mai 2012 als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Eine weitere Ausbildungsvergütung erhielt der Kläger im streitigen Zeitraum nicht. Er hatte auch kein sonstiges Einkommen außer das für ihn bewilligten Kindergeld in Höhe von monatlich 184,00 EUR.
Am 5. November 2011 stellte die Mutter des Klägers bei der ARGE SGB II H. GmbH (ARGE), die bis Ende 2010 als Rechtvorgängerin des Beklagten in H. für die Leistungsträger die Grundsicherungsleistungen erbrachte, einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 1. Dezember 2010. Daraufhin bewilligte die ARGE mit einem Bescheid vom 10. November 2010 für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Mai 2011 nur noch Leistungen für die Mutter und den Bruder des Klägers, aber nicht mehr für den Kläger. Bei dieser Leistungsbewilligung berücksichtigte die ARGE bei dem Bruder des Klägers dessen Einkommen (Kindergeld und Unterhaltsleistungen) als bedarfsmindernd; sonstiges Einkommen war nicht zu berücksichtigen (wegen näherer Einzelheiten wird auf Blatt 65, 66 der Verwaltungsakten Bezug genommen). Die Mutter des Klägers erhob für diesen am 10. Dezember 2010 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus: Obwohl sie alle Unterlagen eingereicht hätte, seien für den Kläger die Leistungen vollständig versagt worden. Deshalb habe sie Widerspruch eingelegt. Diesen Widerspruch wies der Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2011 zurück, in dem er ausführte: Der Kläger sei von der Leistungsgewährung ausgeschlossen. Er absolviere eine Berufsausbildung, die dem Grunde nach mit Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) förderungsfähig sei. Deshalb sei er nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Anspruch auf Alg II ausgeschlossen.
Gegen die ablehnende Entscheidung hat der Kläger – vertreten durch seine Mutter – am 12. April 2011 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Die Mutter des Klägers hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG am 21. Mai 2012 die Klage auf die Gewährung von Leistungen für den Kläger für den Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Mai 2011 begrenzt.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 10. Dezember 2012 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Dezember 2010 in Höhe von 121,00 EUR und für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2011 in Höhe von jeweils 132,52 EUR monatlich zu zahlen. In den Gründen hat das SG ausgeführt: Im Falle des Klägers greife der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II gemäß Abs. 6 der Vorschrift nicht ein. Denn der Kläger habe keinen Anspruch auf BAB, weil er nicht außerhalb des Haushalts eines Elternteils lebe. Daran ändere auch der Bezug von Ausbildungsgeld nichts. Beim Kläger ergebe sich für Dezember 2010 ein Regelbedarf von 287,00 EUR und ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II von 145,00 EUR sowie anteilig für Unterkunft und Heizung ein Bedarf von 203,48 EUR. Hiervon seien als Einkommen 184,00 EUR Kindergeld und 316,00 EUR Ausbildungsgeld abzüglich 30,00 EUR Freibetrag abzusetzen. Für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2011 seien monatlich 291,00 EUR als Regelbedarfs und 101,85 EUR Mehrbedarf und anteilig 208,67 EUR für Unterkunft und Heizung (jetzt ohne pauschalen Abzug für Warmwasser) zu berücksichtigen.
Gegen das am 28. Dezember 2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 17. Januar 2012 Berufung eingelegt und ausgeführt: Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II greife ein, weil dem Grunde nach für die Ausbildung des Klägers Anspruch auf BAB bestehe. Ein Anspruch nach § 27 Abs. 3 SGB II auf einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bestehe nicht, weil die Unterkunftskosten des Klägers durch sein Einkommen gedeckt seien.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. April 2014 hat die Vertreterin des Beklagten einen Anspruch des Klägers nach § 27 Abs. 3 SGB II in folgender Höhe anerkannt: 20,27 EUR für Dezember 2010 und jeweils 29,67 EUR monatlich für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Mai 2011. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. Dezember 2012 aufzuheben, soweit es über das im Termin abgegebene Teilanerkenntnis hinausgeht und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt. Der Beklagte hat das Urteil des SG im vollen Umfang angegriffen und den Antrag auf Klageabweisung angekündigt. Der Beschwerdegegenstand entspricht in einem solchen Fall der sich aus dem Urteil für den Beklagten ergebenden Leistungsverpflichtung; hier in Höhe von 783,50 EUR (121,00 EUR für Dezember 2010 und fünfmal 132,52 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2011). Das später vom Beklagten abgegebene Teilanerkenntnis wirkt sich nicht auf den für die Zulässigkeit maßgeblichen Beschwerdegegenstand zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung aus.
Die Berufung ist auch begründet. Der Kläger kann für den streitigen Zeitraum keinen höheren Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben, als er vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. April 2014 anerkannt worden ist, so dass das angefochtene Urteil abzuändern die weitergehende Anfechtungs- und Leistungsklage abzuweisen war.
Im Fall des Klägers findet für den streitigen Zeitraum der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II in der Fassung durch Art. 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) Anwendung. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der 60 bis 62 (ab dem 1. April 2012: §§ 51, 57 und 58) des SGB III dem Grunde nach förderfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Der Kläger befand sich im streitigen Zeitraum in einer Ausbildung zum Bürokaufmann. Diese Berufsausbildung ist dem Grunde nach gem. § 60 Abs. 1 SGB III (ab dem 1. April 2012: § 57 SGB III) förderfähig. Förderfähig ist nach dieser Vorschrift eine Berufsausbildung, wenn sie in einem nach dem Berufsausbildungsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Bei dem Ausbildungsberuf Bürokaufmann/Bürokauffrau handelt es sich um einen nach dem Berufsbildungsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf. Für den streitigen Zeitraum ergibt sich die Anerkennung aus § 1 der nach § 25 des Berufsbildungsgesetzes erlassenen, bis zum 31. Juli 2014 gültigen Verordnung über die Berufsausbildung zum Bürokaufmann/zur Bürokauffrau vom 13. Februar 1991 (BGBl. I, S. 425). Der Kläger absolvierte die Berufsausbildung als außerbetriebliche Berufsbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Berufsbildungsgesetz bei der die Ausbildung durchführenden Einrichtung auf der Grundlage eines mit dieser abgeschlossenen Berufsausbildungsvertrages.
Der Anwendbarkeit des § 7 Abs. 5 SGB II steht nicht entgegen, dass der Kläger im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf BAB hatte, sondern auf Ausbildungsgeld, einer Leistung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben. Denn alleine die Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach ist Voraussetzung für die Rechtsfolge des § 7 Abs. 5 SGB II und damit den Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. § 7 Abs. 5 SGB II knüpft alleine an die sogenannte abstrakte Förderfähigkeit an (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), u.a. Urteil vom 6. September 2007, B 14/7b AS 28/06 R; Urteil vom 22. März 2012 m.w.N., B 4 AS 102/11 R, jeweils zitiert nach juris).
Der erkennende Senat hält nicht mehr an der vormals von ihm (Beschluss vom 6. Dezember 2011 – L 2 AS 438/11 B ER – veröffentlicht in juris) und auch von anderen Gerichten (vgl. u.a. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Januar 2012, L 26 AS 2360/11 B ER m. w. Nachweisen, zitiert nach juris) vertretenen Auffassung fest, dass § 7 Abs. 5 SGB II bei einer Förderung mit Ausbildungsgeld keine Anwendung findet. Diese Rechtsauffassung hatte der Senat hauptsächlich damit begründet, dass es sich bei einer für behinderte Menschen mit Ausbildungsgeld geförderten beruflichen Ausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme um ein "aliud’" im Vergleich zu einer vom Ausbildungsziel entsprechenden Ausbildung oder Maßnahme für nichtbehinderte Menschen mit Anspruch auf BAB handele. Der Senat hält es zwar nach wie vor für offensichtlich, dass behinderte Menschen, die ihre Ausbildung in speziellen Rehabilitationseinrichtungen absolvieren, anders ausgebildet werden als nichtbehinderte Menschen. Dennoch bleibt die absolvierte Ausbildung dann, wenn sie auf den Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf abzielt, eine im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II grundsätzlich mit BAB förderbare Ausbildung.
Eine andere Auffassung zur Auslegung des insoweit in der Sache unverändert gebliebenen § 7 Abs. 5 SGB II ist auch schwerlich mit der Gesamtsystematik des SGB II vereinbar, wie sie sich nun aktuell aufgrund verschiedener Gesetzesänderungen darstellt. Die nachträglichen – nicht konkret auf § 7 Abs. 5 SGB II bezogenen – Änderungen des SGB II gebieten zwar nicht zwingend eine bestimmte Auslegung dieser Norm. Denn für die Rechtsanwendung ist die konkrete Norm bis zu einer Änderung durch den Gesetzgeber unter Heranziehung der anerkannten Auslegungsmethoden ausgehend von dem Rechtszustand bei ihrem Inkrafttreten auszulegen (siehe dazu die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2011 – L 2 AS 438/11 B ER – veröffentlicht in juris). Gleichwohl können auch nachträgliche Gesetzesänderungen anderer Vorschriften für die Auslegung beachtlich sein. Von einer solchen Beachtlichkeit geht der Senat aus, wenn sich für eine bestimmte Norm noch keine feste, die Rechtsanwendung durchgängig prägende Rechtsprechung herausgebildet hat und wenn bei mehreren, vom Wortsinn her grundsätzlich möglichen Auslegungen dieser Norm eine bestimmte Auslegung besser gewährleistet, dass im Zusammenhang stehende Regelungen sinnvoll und ohne erkennbare Widersprüche unter Beachtung der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers angewandt werden können. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Gemäß der mit Wirkung zum 1. April 2011 vorgenommenen Neufassung des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I 2011, 453) findet Absatz 5 keine Anwendung auf Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, nach § 66 Abs. 1 oder § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bemisst. Der Gesetzgeber geht somit von einem möglichen Anspruch auf Arbeitslosengeld II für Auszubildende mit Anspruch auf Ausbildungsgeld ausschließlich für den Fall der Bedarfsbemessung nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III (jetzt: § 124 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) aus. Für alle anderen Fälle eines Bezuges von Ausbildungsgeld geht der Gesetzgeber von einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II aus.
Zudem setzt die Regelung in § 27 Abs. 3 SGB II (früher: § 22 Abs. 7 SGB II) über den Zuschuss zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für vom Leistungsausschuss nach § 7 Abs. 5 SGB II erfasste Auszubildenden erkennbar voraus, dass dazu auch Auszubildende mit Anspruch auf Ausbildungsgeld gehören können. Denn Anspruch auf den Zuschuss können ausdrücklich auch Auszubildende erhalten, die Anspruch auf Ausbildungsgeld haben und die Fälle der Bedarfsbemessung des Ausbildungsgelds nach § 123 Abs.1 Nr. 1 und 4 und § 124 Abs. 1 Nr. 2 SGB III werden als solche genannt, in denen Anspruch auf den Zuschuss bestehen kann. Somit wird deutlich, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II auch für Auszubildenden mit Anspruch auf Ausbildungsgeld gilt und insofern auch keine klarstellende Änderung der Vorschrift für erforderlich hielt.
Eine andere Beurteilung kann sich nur dann ergeben, wenn es sich bei der absolvierten Ausbildung um eine behindertenspezifische, besondere Ausbildung handelt, die schon von vornherein nicht in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und nicht einer für einen solchen Ausbildungsberuf vorgesehenen Prüfung endet. Denn solche Ausbildungen sind nicht dem Grunde nach mit BAB förderungsfähig. Dies ist aber hier - wie oben dargestellt – hier nicht der Fall.
Die Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II ist im konkreten Fall auch nicht durch Abs. 6 der Vorschrift ausgeschlossen. Nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung findet der Leistungsausschluss keine Anwendung für Auszubildende, für die aufgrund von § 64 Abs. 1 SGB III (ab dem 1. April 2012: § 60 Abs. 1 SGB III) kein Anspruch auf BAB besteht. Nach § 60 Abs. 1 Ar. 1 SGB II gehört es zu den persönlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf BAB zur Förderung einer Berufsausbildung, dass der Auszubildende außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils wohnt und die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils nicht in angemessener Zeit erreichen kann. Danach hätte der Kläger, der mit im Haushalt seiner Mutter lebte, keinen Anspruch auf BAB. Im Falle des Klägers als behinderten Menschen bestand aber statt des Anspruchs auf BAB Anspruch auf Ausbildungsgeld nach § 104 ff. SGB III (ab dem 1. April 2012 nach § 122 ff. SGB III). In diesen Fällen wird die Ausbildungsförderung nach dem SGB III nicht ausgeschlossen, wenn die Auszubildenden noch bei den Eltern oder einem Elternteil wohnen. Damit wird die besondere Situation jugendlicher behinderter Menschen berücksichtigt, die oft auch während der Ausbildung der elterlichen Hilfe bedürfen. Somit wurde der Kläger nicht von dem an persönliche Umstände anknüpfenden Leistungsausschluss nach § 60 Abs. 1 SGB III erfasst und die Rückausnahme im § 7 Abs. 6 SGB III vom Leistungsausschluss nach Abs. 5 der Vorschrift greift nicht. Dieses Ergebnis steht damit im Einklang, dass der Gesetzgeber im § 7 Abs. 6 SGB II nunmehr eine eigene Regelung für die Bezieher von Ausbildungsgeld geschaffen hat. Nach der Konzeption des Gesetzgebers fallen auch die Bezieher von Ausbildungsgeld grundsätzlich unter die Regelungen des § 7 Abs. 5 SGB II. Die Ausschlussregelung findet für sie nach der Rückausnahme in Abs. 6 Ziffer 2 nur dann keine Anwendung, wenn sich der Bedarf nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III (jetzt: § 124 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) bemisst. Dies erfasst die Fälle, des Bedarfs bei unterstützter Beschäftigung und bei Grundausbildung, wenn der Auszubildende im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils untergebracht ist. Die Fälle der regulären Berufsausbildung werden nicht erfasst. Der Bedarf des im Haushalt eines Elternteil lebenden Klägers bemisst sich nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 (ab dem 1. April 2012: § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Somit findet auf den Kläger nur § 7 Abs. 5 SGB II Anwendung, aber nicht Abs. 6 der Vorschrift.
Der Kläger hat aber einen Anspruch auf einen Zuschuss zu den ungedeckten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II a. F. (ab dem 1. April 2012 in § 27 Abs. 3 SGB II geregelt). Dieser Anspruch geht jedoch nicht über die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anerkannten Beträge hinaus.
Den Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II a. F. erhalten Auszubildenden, die Ausbildungsgeld erhalten, unter anderem dann, wenn sich ihr Bedarf nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. (ab dem 1. April 2012: § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) bemisst. Dies ist beim Kläger, der im Haushalt seiner Mutter (also eines Elternteils lebt), der Fall.
Der Zuschuss bemisst sich nach dem ungedeckten Unterkunftsbedarf im Sinne des SGB II unter Berücksichtigung von erzieltem Einkommen (BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 69/09 R, zitiert nach juris).
Für die Berechnung des Zuschusses ist somit zunächst der angemessene Bedarf für Unterkunft und Heizung festzustellen, so wie er im Rahmen des § 22 SGB II anzuerkennen wäre. Für die von der Mutter des Klägers, seinem Bruder und ihm bewohnte Wohnung waren im streitigen Zeitraum monatlich 565,00 EUR für Miete inklusive einer Betriebskostenvorauszahlung und 61,00 EUR für die Heizung (Zentralheizung mit Warmwasserversorgung) zu zahlen. Dabei war aber von dem tatsächlich für Heizung und die Warmwasserversorgung zu zahlenden Betrag noch ein Anteil für die Warmwasserversorgung in der Höhe abzusetzen, wie er in der Regelleistung der die Wohnung bewohnenden Personen nach dem SGB II für die Warmwasseraufbereitung berücksichtigt wurde (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 15/07 R, zitiert nach juris). Im Falle des Klägers war für diese Berechnung ein Anspruch auf eine Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II in Höhe von 287,00 EUR zu unterstellen. Bei dieser Höhe waren von den Heizkosten rechnerisch 5,18 EUR abzusetzen. Bei seiner Mutter waren bei einer Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von 359,00 EUR von den Heizkosten 6,47 EUR abzusetzen und bei dem Bruder des Klägers, der damals das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, waren bei einer Regelleistung nach § 23 Nr. 1 SGB II in Höhe von 251,00 EUR von den Heizkosten 4,53 EUR abzusetzen. Daraus ergeben sich zu berücksichtigende Heizkosten von 44,82 EUR. Somit lagen berücksichtigungsfähige Aufwendung für die Unterkunft in einer Höhe von insgesamt 565,00 EUR und für die Heizung von insgesamt 44,82 EUR vor. Dies ergibt bei drei Personen bei einer Aufteilung nach Kopfteilen für den Kläger Aufwendung für die Unterkunft in Höhe von gerundet 188,33 EUR und für die Heizung von 14,94 EUR. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Aufwendungen in dieser Höhe unangemessen im Sinne des § 22 SGB II waren. Für den Kläger ergibt sich somit im Monat Dezember 2010 ein Bedarf für Unterkunft und Heizung von 203,27 EUR.
Für die Feststellung, ob ein ungedeckter Bedarf vorliegt, finden bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen vom Grundsatz her die allgemeinen Regelungen des SGB II (§§ 9, 11 und12) und der auf der Grundlage des § 13 erlassenen Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung Anwendung, die im Rahmen einer fiktiven Bedürftigkeitsberechnung nach dem SGB II zu berücksichtigen sind. Zu berücksichtigen ist hier nur Einkommen des Klägers. Im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB II zur Deckung des Bedarfs des Klägers zu berücksichtigendes Einkommen der anderen mit ihm zusammen lebenden Personen (seine Mutter und sein Bruder) lag im streitigen Zeitraum nicht vor. Zwar bildeten der Kläger, seine Mutter und sein Bruder eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II. Einkommen hatte im streitigen Zeitraum außer dem Kläger aber nur sein Bruder (Kindergeld und Unterhaltsleistungen), wobei das Einkommen dessen eigenen Bedarf nicht überstieg. Solches Einkommen ist nach § 9 Abs. 2 SGB II nur zur Deckung des Bedarfs des in der Bedarfsgemeinschaft lebenden unverheirateten Kindes einzusetzen.
Auch das Einkommen des Klägers war entsprechend § 9 Abs. 2 SGB II alleine zur Deckung des eigenen Bedarfs zu berücksichtigen. Das dem Kläger gezahlte Ausbildungsgeld war in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen. Bei den Auszubildenden sind auch die Ausbildungsförderungsleistungen in der zufließenden Höhe als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie nicht zweckgerichtet für bestimmte ausbildungsbedingte Bedarfe geleistet werden. Eine gezahlte Berufsausbildungsbeihilfe ist dabei nicht um einen ausbildungsbedingten Bedarf zu bereinigen, weil ein solcher (wie Fahrkosten, Lehrgangskosten) gesondert berücksichtigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 69/09 R, zitiert nach juris). Dies gilt entsprechend auch für das Ausbildungsgeld. Das für den Kläger gezahlte Kindergeld war diesem nach § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen zuzurechnen. Das sich so ergebende monatliche Einkommen des Klägers von 500,00 EUR (316,00 EUR Ausbildungsgeld und 184,00 EUR Kindergeld) war nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung in der Fassung durch die Verordnung vom 4. Mai 2010 (BGBl. I S. 541) um 30,00 EUR zu bereinigen, so dass ein anzurechnendes Einkommen von 470,00 EUR verblieb. Dieses Einkommen war zunächst auf den Regelbedarf anzurechnen und dann auf den Unterkunftsbedarf (BSG, Urteil vom 22.3.2010, B 4 AS 69/09 R, zitiert nach juris, Rn. 32). Es kann dahinstehen, ob anzurechnendes Einkommen im Rahmen der fiktiven Berechnung für den Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II auch zur Deckung der Mehrbedarfe nach § 21 SGB II einzusetzen ist. Im Fall des Klägers kommt nur ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II in Betracht. Dieser setzt voraus, dass ein Anspruch auf Teilhabeleistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen nach § 33 SGB IX besteht. Dieser Mehrbedarf ist in der ab dem 1. April 2014 geltenden Reglung dazu, welche Mehrbedarfe durch Leistungen für Auszubildenden abgedeckt werden können, nicht aufgeführt. Der Gesetzgeber sieht diesen Mehrbedarf als ausbildungsgeprägt an. Soweit behinderte Auszubildende entsprechende Mehrbedarfe hätten, würden diese durch andere, besondere Teilhabeleistungen gedeckt (BT-Drs 17/3404 zu § 27 Abs. 2, S 170). Diese Wertung ist auch schon für die Zeit vor dem 1. April 2014 maßgeblich, als noch nicht ausdrücklich geregelt war, für welche Mehrbedarfe Auszubildenden, die vom Grundsatz her nach § 7 Abs. 5 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II haben, Leistungen erhalten können. Dies spricht dagegen, diesen Mehrbedarf bei der fiktiven Bedarfsberechnung zu berücksichtigen.
Bei Anrechnung auf den Regelbedarf von 287,00 EUR verblieb ein bei den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung rechnerisch zu berücksichtigendes Einkommen von 183,00 EUR. Somit war bei einer als Bedarf des Klägers zu berücksichtigenden Höhe dieser Aufwendung von 203,27 EUR ein Betrag von 20,27 EUR ungedeckt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist der Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II begrenzt ("gedeckelt") auf die Höhe der Differenz zwischen dem abstrakten Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und dem in der Ausbildungsförderungsleistung nach dem SGB III oder dem BAföG enthaltenen Unterkunftsbedarfsanteil. Dies wird aus der Zielsetzung der Zuschussregelung abgeleitet, die Unterdeckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung infolge der pauschalierten Bedarfsberücksichtigung bei der Bemessung der Ausbildungsförderleistungen abzugelten (BSG. Urteil vom 22.3.2010, B 4 AS 69/09 R, zitiert nach juris). Es bedarf keiner Prüfung, ob eine solche "Deckelung" im konkreten Fall eingreift, denn der Beklagte hat den Zuschuss in der sich rechnerisch ergebenden Höhe anerkannt.
Für die Zeit von Januar bis Mai 2011 ergibt sich bei einer Berechnung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen bei einem anteiligen Bedarf des Klägers für Unterkunft und Heizung in Höhe von 208,67 EUR (ohne Herausrechnung des Anteils für die Wassererwärmung) und einer erhöhten Regelleistung von 291,00 EUR monatlich ein ungedeckter Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 29,67 EUR, wie ihn der Beklagte anerkannt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; wobei das von dem Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebene Anerkenntnis Berücksichtigung gefunden hat.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Nach seiner Auffassung hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage der Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II auch auf im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebende Auszubildende eine Vielzahl von Fällen betreffen kann und hierzu - nach Kenntnis des Senats – noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
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