Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
17
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 17 AS 3937/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Als Folge der EuGH-Vorlage des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 2013 (– B 4 AS 9/13 R –) haben die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende Unionsbürgern, die von ihrem Freizügig-keitsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU Gebrauch machen und sich in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche aufhalten, Arbeitslosengeld II aufgrund der Regelung in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III vorläufig zu gewähren, sofern die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen vorliegen.
2. Im Rahmen des nach § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III auszuübenden Ermessens stellt sich die vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II als allein mögliche Entscheidung dar, weil auf andere Weise das aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete – unverfügbare - Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums des Antragstellers nicht garantiert werden kann.
3. Mit dem aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist es nicht vereinbar, Menschen, die sich in Deutschland aufhalten und nicht in der Lage sind, aus eigenen Kräften und Mitteln ein menschenwürdiges Dasein aufrechtzuhalten, von Leistungen auszuschließen, die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unbedingt erforderlich sind.
4. Indem die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende darauf beharren, sie seien verpflichtet, Leistungen wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu versagen, verkennen sie in grober Weise, dass eine Ermessensentscheidung nach § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III gerade wegen der EuGH-Vorlage des Bundessozialgerichts eröffnet ist.
5. Die Frage, ob eine endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch einer vorläufigen Leistungsbewilligung entgegensteht, stellt sich nicht, wenn die endgültige Entscheidung die Leistungsablehnung zum Inhalt hat.
2. Im Rahmen des nach § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III auszuübenden Ermessens stellt sich die vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II als allein mögliche Entscheidung dar, weil auf andere Weise das aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete – unverfügbare - Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums des Antragstellers nicht garantiert werden kann.
3. Mit dem aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist es nicht vereinbar, Menschen, die sich in Deutschland aufhalten und nicht in der Lage sind, aus eigenen Kräften und Mitteln ein menschenwürdiges Dasein aufrechtzuhalten, von Leistungen auszuschließen, die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unbedingt erforderlich sind.
4. Indem die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende darauf beharren, sie seien verpflichtet, Leistungen wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu versagen, verkennen sie in grober Weise, dass eine Ermessensentscheidung nach § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III gerade wegen der EuGH-Vorlage des Bundessozialgerichts eröffnet ist.
5. Die Frage, ob eine endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch einer vorläufigen Leistungsbewilligung entgegensteht, stellt sich nicht, wenn die endgültige Entscheidung die Leistungsablehnung zum Inhalt hat.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, vorläufig für die Zeit ab dem 1. September 2014 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2014 monatlich der Antragstellerin zu 1) 634,12 EUR, der Antragstellerin zu 2) 179,36 EUR, der Antragstellerin zu 3) 141,36 EUR, der Antragstellerin zu 4) 179,36 EUR zu gewähren.
Der Antragsgegner hat den Antragstellerinnen zu 1) bis 4) die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) begehren von dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die 1985 geborene Antragstellerin zu 1) sowie ihre 2004, 2009 und 2006 geborenen Kinder, die Antragstellerinnen zu 2) bis 4), sind sämtlich rumänische Staatsangehörige. Sie reisten im Jahre 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wie auch der Ehemann der Antragstellerin zu 1), der rumänische Staatsangehörige M. D. (fortan: Ehemann), der nach Angaben der Antragstellerinnen bis zu seiner vorläufigen Festnahme als Altmetalltrödler selbständig war. Tatsächlich meldete er ab dem 21. Mai 2013 bei der Stadt M. als Gewerbe den An- und Verkauf von Schrott und Altmetall an. Laut Meldebestätigung der Stadt M. vom 19. Juni 2014 nahm der Ehemann am 13. Mai 2013 unter der Anschrift W.er Straße, Me., seine alleinige Wohnung. Außerdem waren unter der genannten Anschrift als seine Familienmitglieder die Antragstellerinnen zu 1), 3) und 4) gemeldet. Aus weiteren Bescheinigungen der Stadt M. vom 19. Juni 2014 geht hervor, dass die Antragstellerinnen zu 1) und 2) am 5. Juni 2013 unter der Anschrift W.er Straße, Me., alleinige Wohnung genommen hatten. Zwischen November 2013 und 26. März 2014 hielten sich die Antragstellerinnen und Herr D. in Rumänien auf. Bei Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland wurden sie nach eigenen Angaben zunächst bei der Familie A. aufgenommen, weil die in Me. gemietete Wohnung zwischenzeitlich vom Vermieter weitervermietet worden sei. Laut Anmeldebestätigung der Stadt H. vom 19. Juni 2014 nahmen die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) und Herr D. am 1. Mai 2014 alleinige Wohnung unter der Anschrift W.er Straße, H ... Laut Mietvertrag vom 8. April 2014 hat die Wohnungsgesellschaft ab dem 1. Mai 2014 unter der genannten Anschrift die Wohnung Nummer ... an Herrn D. vermietet. Die Gesamtmiete beträgt danach 409,45 EUR monatlich. Seit dem 23. Mai 2014 befindet sich Herr D. in Untersuchungshaft in der JVA L., wie auch der Bruder der Antragstellerin zu 1), Herr C. A. Laut Haftbefehl wurde der Ehemann am 23. Mai 2014, 1.20 Uhr festgenommen. Er wird des schweren Bandendiebstahls beschuldigt. Laut Haftbefehl war der Ehemann bei seiner Festnahme ohne festen Wohnsitz. Jeweils mit Schreiben vom 11. Juli 2014 wandte sich die Sozialarbeiterin Mi. von der JVA L. an die Wohnungsgesellschaft und den Antragsgegner wegen möglicher Wohnungslosigkeit der Antragstellerinnen zu 1) bis 4). Aus einer Email der Wohnungsgesellschaft an Frau Mi. vom 16. Juli 2014 geht hervor, dass die Wohnung bereits fristlos gekündigt und ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet wurde. Frau Mi. berichtete des Weiteren, nach Angaben des Ehemannes könne die Antragstellerin zu 1) weder lesen noch schreiben. Am 16. Juli 2014 beantragten die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ebenfalls am 16. Juli 2014 verpflichtete sich die Antragstellerin zu 1) in einer Eingliederungsvereinbarung mit dem Antragsgegner bei gleichzeitigem Hinweis auf Sanktionsfolgen zur regelmäßigen und aktiven Teilnahme an Integrationskursen. Mit Bescheid vom 29. Juli 2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit der Begründung ab, die Antragsteller hielten sich in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche auf. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 29. August 2014 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2014 zurück. Dagegen haben die Antragstellerinnen bei dem erkennenden Gericht am 1. September 2014 Klage erhoben (S 17 AS 3938/14) und zugleich in dem vorliegenden Verfahren um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Zur Begründung haben sie vorgetragen: Sie würden lediglich Kindergeld in Höhe von insgesamt 558,00 EUR erhalten. Die Reste ihrer Ersparnisse seien aufgebraucht. Die Antragstellerin zu 1) habe noch keine Arbeit gefunden und auch deshalb einen Leistungsantrag gestellt. Im Erörterungstermin am 16. September 2014 hat die Antragstellerin zu 1) mithilfe eines Dolmetschers vorgetragen: Sie sei nach Deutschland gekommen, um Arbeit zu suchen und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu sichern. Wegen der Sprache sei es ihr aber nicht möglich. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen hat angegeben: Seines Wissens nach werde die Miete nicht gezahlt. Unter dem Geschäftszeichen 99 C 3020/14 sei vor dem Amtsgericht H. eine Räumungsklage anhängig.
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, die Antragstellerin zu 1) sei als arbeitsuchende Ausländerin von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Außerdem sei der Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Eine vorläufige Leistungsbewilligung käme zudem nicht mehr in Betracht, weil der Antragsgegner bereits endgültig über den Leistungsanspruch entschieden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet. Eine vorläufige Regelung durch gerichtliche Anordnung hat sich als erforderlich erwiesen.
Gegenstand des Verfahrens bilden geltend gemachte Ansprüche der Antragstellerinnen auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld ab dem 1. September 2014, dem Eingang des Gesuchs auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei dem erkennenden Gericht, bis einschließlich 31. Dezember 2014. Es ist trotz der sprachlich weiten Fassung des Rechtsschutzantrages davon auszugehen, dass die anwaltlich vertretenen Antragstellerinnen ihr Rechtsschutzgesuch ausgehend von dem Zeitpunkt der Stellung des Leistungsantrages nach § 37 Abs. 2 SGB II) auf den Ablauf des gesetzlichen Regelbewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II beschränken wollen.
Die Gewährung von Darlehen wegen etwaiger Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II ist nicht beantragt und damit nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Der von den Antragstellerinnen nachgesuchte vorläufige Rechtsschutz beurteilt sich nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind nach der gebotenen summarischen Prüfung als glaubhaft gemacht anzusehen.
Die Antragstellerin zu 1) hat Anspruch auf vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II. Rechtsgrundlage ist § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III. Die Antragstellerinnen zu 2) bis 4) können vorläufig Sozialgeld gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III beanspruchen.
Die Leistungen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Allerdings können Ausländerinnen und Ausländer nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II nur im Sinne von Absatz 1 erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte.
Die 1985 geborene Antragstellerin zu 1) ist erwerbsfähig. Für die Annahme, sie könne aus körperlichen Gründen nicht mindestens 3 Stunden erwerbstätig sein, fehlt es an Anhaltspunkten. Sie kann auch im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II erwerbstätig sein, weil sie als Unionsbürgerin, der Rechtsstellung im Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU, in der Fassung vom 21.1.2013) geregelt genehmigungsfreien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz) hat. Es liegen dem Gericht keine Erkenntnisse über das Nichtbestehen bzw. den Verlust des Rechts der Antragstellerin nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU aufgrund der §§ 2 Abs. 7, 5 Abs. 4, 6 Abs. 1 FreizügG/EU vor.
Die Antragstellerinnen zu 2) bis 4) haben noch nicht das 15. Lebensjahr vollendet und gelten deshalb nicht als erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Sie gehören aber gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Mutter, der Antragstellerin zu 1), soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen aufbringen können.
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Daraus ergibt sich, dass die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II bedarfsorientiert und bedürftigkeitsabhängig gewährt werden.
Der im Falle der Antragstellerin zu 1) zu deckende monatliche Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst den Regelbedarf, den Mehrbedarf für Alleinerziehende und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Im Falle der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) umfasst er jeweils den Regelbedarf und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.
Als Regelbedarf (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II) wird nach der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2014 für eine Person, die alleinstehend oder alleinerziehend ist oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 391 EUR anerkannt. Bei dem Sozialgeld nach § 23 SGB II beträgt der Regelbedarf für eine Person bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres monatlich 229 Euro, für eine Person vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres monatlich 261 Euro.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Nach dem Mietvertrag vom 8. April 2014 beträgt die monatlich geschuldete Miete 409,45 EUR. Nach Lage der Akten ist das Mietverhältnis zwar gekündigt, die Antragstellerinnen zu1) bis 4) nutzen die Wohnung aber noch. Deshalb entstehen auch weiterhin Aufwendungen zur Deckung des Unterkunftsbedarfs. Die Kündigung des Mietvertrages könnte zudem nach näherer Maßgabe des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch nachträgliche Befriedigung unwirksam werden.
Sie werden nach dem Kopfteil-Prinzip auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt. Vorliegend verteilen sich die Unterkunftskosten allein auf die Antragstellerinnen zu 1) bis 4). Der Ehemann gehört zwar als nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Lit. a) SGB II zu ihrer Bedarfsgemeinschaft, denn das Gericht hat keine Erkenntnisse darüber, dass neben der räumlichen Trennung durch die richterlich angeordnete Untersuchungshaft ein Trennungswille des Ehemannes vorliegt. Wegen des durch die Untersuchungshaft eingetretenen Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II wird er aber nicht in die Verteilung nach Kopfteilen einbezogen. Entscheidend ist, dass die Wohnung allein den aktuell bestehenden Unterkunftsbedarf der Antragstellerinnen zu 1) bis 4) abdeckt.
Im Falle der Antragstellerin zu 1) besteht noch ein Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von 140,76 EUR. Die Anspruchsvoraussetzung der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" iS des § 21 Abs. 3 SGB II liegt vor, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Entscheidend ist, ob eine andere Person in erheblichem Umfang bei der Pflege und Erziehung mitwirkt (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2012 – B 4 AS 167/11 R –, Rn. 14, juris). Im Rahmen der gebotenen summarische Prüfung kann das Gericht nicht feststellen, dass die Antragstellerin zu 1) in nennenswerter Weise bei der Sorge für die Pflege und Erziehung der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) durch andere Personen entlastet wird.
Nach der gebotenen summarischen Prüfung ist auch davon auszugehen, dass den Antragstellerinnen zu 1) bis 4) letztlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Mittel fehlen, um den Grundsicherungsbedarf ganz zu decken. Lediglich für den Unterhalt der Antragstelleinnen zu 2) bis 4) stehen anrechenbare Einnahmen zur Verfügung, nämlich monatliches Kindergeld in Höhe von insgesamt 558,00 EUR (§ 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Weiteres anrechenbares Einkommen im Sinne des § 11 SGB II ist nicht feststellbar. Es fehlt dem Gericht außerdem an Anhaltspunkten dafür, dass die Antragstellerinnen gegebenenfalls bislang erhaltene Unterstützung Dritter nicht lediglich vorübergehend erhalten haben, und dass für eine Weitergewährung dieser Unterstützung ein Rechtsgrund besteht.
Anrechenbares Vermögen im Sinne des § 12 SGB II kann bei der gebotenen summarischen Prüfung ebenfalls nicht festgestellt werden.
Unter Berücksichtigung der gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Antragstellerinnen ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Nach § 7 Abs. 1 S 1 Nr. 4 SGB II iVm § 30 Abs. 3 S 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen. Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R –, Rn. 18).
So liegt der Fall hier. Es ist als hinreichend glaubhaft anzusehen, dass die Antragstellerin zu 1) ihren Lebensmittelpunkt und den der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) zukunftsoffen nach Deutschland verlegt hat. Dafür spricht die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den Ehemann und die Gewerbeanmeldung vom 21. Mai 2013, der Nachzug der Antragstelleinnen zu 1) bis 4), das ab dem 1. Mai 2014 vereinbarte unbefristete Mietverhältnis und das Bestreben der Antragstellerin zu 1), den Kindern mit dem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eine bessere Zukunft zu sichern, die sie in Rumänien nicht sieht.
Die Antragstellerin zu 1) erfüllt die Voraussetzungen des gesetzlichen Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, wonach Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, keine Leistungen nach dem SGB II erhalten.
Die Antragstellerin zu 1) reiste im Jahre 2013 gemeinsam mit den Antragstellerinnen zu 2) bis 4) nach Deutschland ein. Bis zur Inhaftierung konnte der Ehemann die Familie von den Einkünften aus der selbständigen Tätigkeit ernähren. Das Aufenthaltsrecht ergab sich für die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) solange zumindest auch aus § 3 Abs. 1 FreizügG/EU. Seit der Festnahme des Ehemannes am 23. Mai 2014 findet keine Ausübung der selbständigen Tätigkeit mehr statt. Allerdings hat er die Tätigkeit im Zeitpunkt seiner Inhaftierung bereits seit dem 21. Mai 2013 und damit mehr als ein Jahr ausgeübt. Das Freizügigkeitsrecht nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU bleibt für selbständig Erwerbstätige unberührt bei Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU). Im Hinblick auf die Begründung des Haftbefehls kann hier allerdings nicht festgestellt werden, dass der Ehemann keinen Einfluss auf die Einstellung der selbständigen Erwerbstätigkeit hatte.
Als Unionsbürgerin hat die Antragstellerin zu 1) aber grundsätzlich ein Recht, sich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU). Das Aufenthaltsrecht der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) leitet sich wiederum gemäß § 3 Abs. 1 FreizügG/EU von dem der Antragstellerin zu 1) ab. Der Plausibilität des Bestrebens, Arbeit zu finden, stehen im Falle der Antragstellerin zu 1) die selbst eingeräumten unzureichenden Sprachkenntnisse nicht entgegen. Zudem ist Folgendes zu berücksichtigen: Mit der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat sich die Antragstellerin zu 1) automatisch dem Regellungssystem des SGB II unterworfen. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB II auch Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Die Antragstellerin zu 1) hat mit dem Antragsgegner eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, die auch die Unterstützung bei der Arbeitssuche beinhaltet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin zu 1) in der Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Arbeitssuche aufhält.
Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III ist dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Möglichkeit eröffnet, Leistungen der Grundsicherung vorläufig zu gewähren, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift des SGB II mit höherrangigem Recht, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist. Das ist in Bezug auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II der Fall.
Das Bundessozialgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 267 AEUV u.a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen steht, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert (vgl. BSG, EuGH-Vorlage vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 9/13 R –).
Nach § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist dem Leistungsträger bei der Entscheidung über vorläufige Leistungsgewährung ein Ermessen eingeräumt, das er entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens auszuüben hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I).
Nach Lage der Akten hat der Antragsgegner bei seiner ablehnenden Entscheidung vom 29. Juli 2014 dieses gesetzlich vorgeschriebene Ermessen nicht ausgeübt. Nach dem Inhalt der Antragserwiderung vom 3. September 2014 ist vielmehr davon auszugehen, dass sich der Antragsgegner ungeachtet der Vorlage-Entscheidung des BSG (aaO.) wegen einer Weisungslage verpflichtet sieht, Unionsbürgern auch die vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen zu versagen, wenn sie sich ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Der Antragsgegner verkennt damit in grober Weise, dass gerade wegen der Vorlage-Entscheidung des BSG von Gesetzes wegen die Möglichkeit eröffnet ist, Leistungen an Unionsbürger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorläufig zu gewähren.
Sofern der Antragsgegner im Übrigen meint, eine Verpflichtung zur vorläufigen Bescheidung bestehe schon wegen der bereits erfolgten endgültigen Ablehnung nicht, denn eine vorläufige Entscheidung nach § 328 SGB III sei allenfalls zur vorläufigen Regelung einer Leistungsbewilligung für den Zeitraum bis zur endgültigen Entscheidung statthaft, erachtet die Kammer diese Auffassung für nicht vertretbar. Der Antragsgegner verkennt was auf der Hand liegt, nämlich dass hier die Frage zu beurteilen ist, ob er nicht hätte von vornherein vorläufig bewilligen müssen anstatt Leistungen endgültig abzulehnen.
Die vorläufige Gewährung von Leistungen stellt sich hier sogar als die allein mögliche Entscheidung dar, weil auf andere Weise das aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums der Antragstellerinnen nicht garantiert werden kann. Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 –, Rn. 62; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 1.11.2013 – L 2 AS 841/13 B ER – Rn. 36; - L 2 AS 889/13 B ER – Rn. 32; SG Halle, Beschluss vom 30. Mai 2014 – S 17 AS 2325/14 ER –, Rn. 33, juris).
Das Bundesverfassungsgericht hat weiter Folgendes ausgeführt (vgl. BVerfG, aaO. Rn. 62 - 64):
"Dieses Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat.
a) Art. 1 Abs. 1 GG erklärt die Würde des Menschen für unantastbar und verpflichtet alle staatliche Gewalt, sie zu achten und zu schützen. Wenn Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 125, 175 (222)). Als Menschenrecht steht dieses Grundrecht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein individueller Leistungsanspruch, da das Grundrecht die Würde jedes einzelnen Menschen schützt (vgl. BVerfGE 87, 209 (228)) und sie in solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann (vgl. BVerfGE 125, 175 (222 f.)).
b) Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl. BVerfGE 125, 175 (223) m.w.N.)."
Danach ist es also nach Regelungen des deutschen Verfassungsrechts über die Gewährleistung der Menschenwürde ausgeschlossen, Menschen, die sich in Deutschland aufhalten und nicht in der Lage sind, aus eigenen Kräften und Mitteln ein menschenwürdiges Dasein aufrechtzuhalten, von Leistungen auszuschließen, die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unbedingt erforderlich sind.
Der Antragsgegner könnte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Antragstellerinnen seien in anderen Systemen der Grundsicherung leistungsberechtigt. Unabhängig von der Frage der Systemabgrenzung zwischen dem SGB II und dem SGB XII nach näherer Maßgabe der §§ 5 Abs. 2 SGB II, 21 SGB XII sieht auch § 23 Abs. 3 SGB XII für Ausländer einen Leistungsausschluss vor, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Ein Verweis auf das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es stellt ein eigenständiges und abschließendes Regelungssystem dar. § 1 Abs. 1 AsylblG enthält eine Typologisierung des Leistungsberechtigten Personenkreises, die auf den Antragsteller nicht zutrifft.
Da die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) nach summarischer Prüfung ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen sind, ist ein Anordnungsgrund ohne Weiteres zu bejahen und eine vorläufige Regelung durch das Gericht für die Zeit ab Eingang des Rechtsschutzgesuchs am 12. Mai 2014 erforderlich.
Als monatlicher Grundsicherungsbedarf der Antragstellerin zu 1) ist neben dem Regelbedarf in Höhe von 391 EUR ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung in Höhe von 140,76 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR zu decken. Bei den Antragstellerinnen zu 2) und 4) ist jeweils nach Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 184 EUR ein monatlicher Grundsicherungsbedarf in Höhe von 77 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR zu decken. Im Falle der Antragstellerin zu 3) verbleibt nach Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 190 EUR ein ungedeckter monatlicher Grundsicherungsbedarf von 39 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR.
Der Antragsgegner ist im vorliegenden Verfahren zu verpflichten, ab dem 1. September 2014 der Antragstellerin zu 1) monatlich vorläufig Arbeitslosengeld II und den Antragstellerinnen zu 2) bis 4) vorläufig Sozialgeld in vorstehender Höhe zu gewähren.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind grundsätzlich nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu gewähren und nicht rückwirkend zu bewilligen (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01. November 2013 – L 2 AS 841/13 B ER –, Rn. 40). Im Hinblick auf §§ 37 Abs. 2 Satz 2, 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist die vorläufige Regelung durch das Gericht auf einen Bewilligungszeitraum bis 31. Dezember 2014 zu beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Antragsgegner hat den Antragstellerinnen zu 1) bis 4) die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) begehren von dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die 1985 geborene Antragstellerin zu 1) sowie ihre 2004, 2009 und 2006 geborenen Kinder, die Antragstellerinnen zu 2) bis 4), sind sämtlich rumänische Staatsangehörige. Sie reisten im Jahre 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wie auch der Ehemann der Antragstellerin zu 1), der rumänische Staatsangehörige M. D. (fortan: Ehemann), der nach Angaben der Antragstellerinnen bis zu seiner vorläufigen Festnahme als Altmetalltrödler selbständig war. Tatsächlich meldete er ab dem 21. Mai 2013 bei der Stadt M. als Gewerbe den An- und Verkauf von Schrott und Altmetall an. Laut Meldebestätigung der Stadt M. vom 19. Juni 2014 nahm der Ehemann am 13. Mai 2013 unter der Anschrift W.er Straße, Me., seine alleinige Wohnung. Außerdem waren unter der genannten Anschrift als seine Familienmitglieder die Antragstellerinnen zu 1), 3) und 4) gemeldet. Aus weiteren Bescheinigungen der Stadt M. vom 19. Juni 2014 geht hervor, dass die Antragstellerinnen zu 1) und 2) am 5. Juni 2013 unter der Anschrift W.er Straße, Me., alleinige Wohnung genommen hatten. Zwischen November 2013 und 26. März 2014 hielten sich die Antragstellerinnen und Herr D. in Rumänien auf. Bei Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland wurden sie nach eigenen Angaben zunächst bei der Familie A. aufgenommen, weil die in Me. gemietete Wohnung zwischenzeitlich vom Vermieter weitervermietet worden sei. Laut Anmeldebestätigung der Stadt H. vom 19. Juni 2014 nahmen die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) und Herr D. am 1. Mai 2014 alleinige Wohnung unter der Anschrift W.er Straße, H ... Laut Mietvertrag vom 8. April 2014 hat die Wohnungsgesellschaft ab dem 1. Mai 2014 unter der genannten Anschrift die Wohnung Nummer ... an Herrn D. vermietet. Die Gesamtmiete beträgt danach 409,45 EUR monatlich. Seit dem 23. Mai 2014 befindet sich Herr D. in Untersuchungshaft in der JVA L., wie auch der Bruder der Antragstellerin zu 1), Herr C. A. Laut Haftbefehl wurde der Ehemann am 23. Mai 2014, 1.20 Uhr festgenommen. Er wird des schweren Bandendiebstahls beschuldigt. Laut Haftbefehl war der Ehemann bei seiner Festnahme ohne festen Wohnsitz. Jeweils mit Schreiben vom 11. Juli 2014 wandte sich die Sozialarbeiterin Mi. von der JVA L. an die Wohnungsgesellschaft und den Antragsgegner wegen möglicher Wohnungslosigkeit der Antragstellerinnen zu 1) bis 4). Aus einer Email der Wohnungsgesellschaft an Frau Mi. vom 16. Juli 2014 geht hervor, dass die Wohnung bereits fristlos gekündigt und ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet wurde. Frau Mi. berichtete des Weiteren, nach Angaben des Ehemannes könne die Antragstellerin zu 1) weder lesen noch schreiben. Am 16. Juli 2014 beantragten die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ebenfalls am 16. Juli 2014 verpflichtete sich die Antragstellerin zu 1) in einer Eingliederungsvereinbarung mit dem Antragsgegner bei gleichzeitigem Hinweis auf Sanktionsfolgen zur regelmäßigen und aktiven Teilnahme an Integrationskursen. Mit Bescheid vom 29. Juli 2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit der Begründung ab, die Antragsteller hielten sich in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche auf. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 29. August 2014 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2014 zurück. Dagegen haben die Antragstellerinnen bei dem erkennenden Gericht am 1. September 2014 Klage erhoben (S 17 AS 3938/14) und zugleich in dem vorliegenden Verfahren um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Zur Begründung haben sie vorgetragen: Sie würden lediglich Kindergeld in Höhe von insgesamt 558,00 EUR erhalten. Die Reste ihrer Ersparnisse seien aufgebraucht. Die Antragstellerin zu 1) habe noch keine Arbeit gefunden und auch deshalb einen Leistungsantrag gestellt. Im Erörterungstermin am 16. September 2014 hat die Antragstellerin zu 1) mithilfe eines Dolmetschers vorgetragen: Sie sei nach Deutschland gekommen, um Arbeit zu suchen und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu sichern. Wegen der Sprache sei es ihr aber nicht möglich. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen hat angegeben: Seines Wissens nach werde die Miete nicht gezahlt. Unter dem Geschäftszeichen 99 C 3020/14 sei vor dem Amtsgericht H. eine Räumungsklage anhängig.
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, die Antragstellerin zu 1) sei als arbeitsuchende Ausländerin von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Außerdem sei der Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Eine vorläufige Leistungsbewilligung käme zudem nicht mehr in Betracht, weil der Antragsgegner bereits endgültig über den Leistungsanspruch entschieden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet. Eine vorläufige Regelung durch gerichtliche Anordnung hat sich als erforderlich erwiesen.
Gegenstand des Verfahrens bilden geltend gemachte Ansprüche der Antragstellerinnen auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld ab dem 1. September 2014, dem Eingang des Gesuchs auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei dem erkennenden Gericht, bis einschließlich 31. Dezember 2014. Es ist trotz der sprachlich weiten Fassung des Rechtsschutzantrages davon auszugehen, dass die anwaltlich vertretenen Antragstellerinnen ihr Rechtsschutzgesuch ausgehend von dem Zeitpunkt der Stellung des Leistungsantrages nach § 37 Abs. 2 SGB II) auf den Ablauf des gesetzlichen Regelbewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II beschränken wollen.
Die Gewährung von Darlehen wegen etwaiger Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II ist nicht beantragt und damit nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Der von den Antragstellerinnen nachgesuchte vorläufige Rechtsschutz beurteilt sich nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind nach der gebotenen summarischen Prüfung als glaubhaft gemacht anzusehen.
Die Antragstellerin zu 1) hat Anspruch auf vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II. Rechtsgrundlage ist § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III. Die Antragstellerinnen zu 2) bis 4) können vorläufig Sozialgeld gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III beanspruchen.
Die Leistungen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Allerdings können Ausländerinnen und Ausländer nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II nur im Sinne von Absatz 1 erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte.
Die 1985 geborene Antragstellerin zu 1) ist erwerbsfähig. Für die Annahme, sie könne aus körperlichen Gründen nicht mindestens 3 Stunden erwerbstätig sein, fehlt es an Anhaltspunkten. Sie kann auch im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II erwerbstätig sein, weil sie als Unionsbürgerin, der Rechtsstellung im Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU, in der Fassung vom 21.1.2013) geregelt genehmigungsfreien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz) hat. Es liegen dem Gericht keine Erkenntnisse über das Nichtbestehen bzw. den Verlust des Rechts der Antragstellerin nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU aufgrund der §§ 2 Abs. 7, 5 Abs. 4, 6 Abs. 1 FreizügG/EU vor.
Die Antragstellerinnen zu 2) bis 4) haben noch nicht das 15. Lebensjahr vollendet und gelten deshalb nicht als erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Sie gehören aber gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Mutter, der Antragstellerin zu 1), soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen aufbringen können.
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Daraus ergibt sich, dass die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II bedarfsorientiert und bedürftigkeitsabhängig gewährt werden.
Der im Falle der Antragstellerin zu 1) zu deckende monatliche Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst den Regelbedarf, den Mehrbedarf für Alleinerziehende und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Im Falle der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) umfasst er jeweils den Regelbedarf und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.
Als Regelbedarf (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II) wird nach der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2014 für eine Person, die alleinstehend oder alleinerziehend ist oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 391 EUR anerkannt. Bei dem Sozialgeld nach § 23 SGB II beträgt der Regelbedarf für eine Person bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres monatlich 229 Euro, für eine Person vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres monatlich 261 Euro.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Nach dem Mietvertrag vom 8. April 2014 beträgt die monatlich geschuldete Miete 409,45 EUR. Nach Lage der Akten ist das Mietverhältnis zwar gekündigt, die Antragstellerinnen zu1) bis 4) nutzen die Wohnung aber noch. Deshalb entstehen auch weiterhin Aufwendungen zur Deckung des Unterkunftsbedarfs. Die Kündigung des Mietvertrages könnte zudem nach näherer Maßgabe des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch nachträgliche Befriedigung unwirksam werden.
Sie werden nach dem Kopfteil-Prinzip auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt. Vorliegend verteilen sich die Unterkunftskosten allein auf die Antragstellerinnen zu 1) bis 4). Der Ehemann gehört zwar als nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Lit. a) SGB II zu ihrer Bedarfsgemeinschaft, denn das Gericht hat keine Erkenntnisse darüber, dass neben der räumlichen Trennung durch die richterlich angeordnete Untersuchungshaft ein Trennungswille des Ehemannes vorliegt. Wegen des durch die Untersuchungshaft eingetretenen Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II wird er aber nicht in die Verteilung nach Kopfteilen einbezogen. Entscheidend ist, dass die Wohnung allein den aktuell bestehenden Unterkunftsbedarf der Antragstellerinnen zu 1) bis 4) abdeckt.
Im Falle der Antragstellerin zu 1) besteht noch ein Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von 140,76 EUR. Die Anspruchsvoraussetzung der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" iS des § 21 Abs. 3 SGB II liegt vor, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Entscheidend ist, ob eine andere Person in erheblichem Umfang bei der Pflege und Erziehung mitwirkt (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2012 – B 4 AS 167/11 R –, Rn. 14, juris). Im Rahmen der gebotenen summarische Prüfung kann das Gericht nicht feststellen, dass die Antragstellerin zu 1) in nennenswerter Weise bei der Sorge für die Pflege und Erziehung der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) durch andere Personen entlastet wird.
Nach der gebotenen summarischen Prüfung ist auch davon auszugehen, dass den Antragstellerinnen zu 1) bis 4) letztlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Mittel fehlen, um den Grundsicherungsbedarf ganz zu decken. Lediglich für den Unterhalt der Antragstelleinnen zu 2) bis 4) stehen anrechenbare Einnahmen zur Verfügung, nämlich monatliches Kindergeld in Höhe von insgesamt 558,00 EUR (§ 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Weiteres anrechenbares Einkommen im Sinne des § 11 SGB II ist nicht feststellbar. Es fehlt dem Gericht außerdem an Anhaltspunkten dafür, dass die Antragstellerinnen gegebenenfalls bislang erhaltene Unterstützung Dritter nicht lediglich vorübergehend erhalten haben, und dass für eine Weitergewährung dieser Unterstützung ein Rechtsgrund besteht.
Anrechenbares Vermögen im Sinne des § 12 SGB II kann bei der gebotenen summarischen Prüfung ebenfalls nicht festgestellt werden.
Unter Berücksichtigung der gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Antragstellerinnen ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Nach § 7 Abs. 1 S 1 Nr. 4 SGB II iVm § 30 Abs. 3 S 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen. Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R –, Rn. 18).
So liegt der Fall hier. Es ist als hinreichend glaubhaft anzusehen, dass die Antragstellerin zu 1) ihren Lebensmittelpunkt und den der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) zukunftsoffen nach Deutschland verlegt hat. Dafür spricht die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den Ehemann und die Gewerbeanmeldung vom 21. Mai 2013, der Nachzug der Antragstelleinnen zu 1) bis 4), das ab dem 1. Mai 2014 vereinbarte unbefristete Mietverhältnis und das Bestreben der Antragstellerin zu 1), den Kindern mit dem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eine bessere Zukunft zu sichern, die sie in Rumänien nicht sieht.
Die Antragstellerin zu 1) erfüllt die Voraussetzungen des gesetzlichen Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, wonach Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, keine Leistungen nach dem SGB II erhalten.
Die Antragstellerin zu 1) reiste im Jahre 2013 gemeinsam mit den Antragstellerinnen zu 2) bis 4) nach Deutschland ein. Bis zur Inhaftierung konnte der Ehemann die Familie von den Einkünften aus der selbständigen Tätigkeit ernähren. Das Aufenthaltsrecht ergab sich für die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) solange zumindest auch aus § 3 Abs. 1 FreizügG/EU. Seit der Festnahme des Ehemannes am 23. Mai 2014 findet keine Ausübung der selbständigen Tätigkeit mehr statt. Allerdings hat er die Tätigkeit im Zeitpunkt seiner Inhaftierung bereits seit dem 21. Mai 2013 und damit mehr als ein Jahr ausgeübt. Das Freizügigkeitsrecht nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU bleibt für selbständig Erwerbstätige unberührt bei Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU). Im Hinblick auf die Begründung des Haftbefehls kann hier allerdings nicht festgestellt werden, dass der Ehemann keinen Einfluss auf die Einstellung der selbständigen Erwerbstätigkeit hatte.
Als Unionsbürgerin hat die Antragstellerin zu 1) aber grundsätzlich ein Recht, sich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU). Das Aufenthaltsrecht der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) leitet sich wiederum gemäß § 3 Abs. 1 FreizügG/EU von dem der Antragstellerin zu 1) ab. Der Plausibilität des Bestrebens, Arbeit zu finden, stehen im Falle der Antragstellerin zu 1) die selbst eingeräumten unzureichenden Sprachkenntnisse nicht entgegen. Zudem ist Folgendes zu berücksichtigen: Mit der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat sich die Antragstellerin zu 1) automatisch dem Regellungssystem des SGB II unterworfen. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB II auch Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Die Antragstellerin zu 1) hat mit dem Antragsgegner eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, die auch die Unterstützung bei der Arbeitssuche beinhaltet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin zu 1) in der Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Arbeitssuche aufhält.
Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III ist dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Möglichkeit eröffnet, Leistungen der Grundsicherung vorläufig zu gewähren, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift des SGB II mit höherrangigem Recht, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist. Das ist in Bezug auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II der Fall.
Das Bundessozialgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 267 AEUV u.a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen steht, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert (vgl. BSG, EuGH-Vorlage vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 9/13 R –).
Nach § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist dem Leistungsträger bei der Entscheidung über vorläufige Leistungsgewährung ein Ermessen eingeräumt, das er entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens auszuüben hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I).
Nach Lage der Akten hat der Antragsgegner bei seiner ablehnenden Entscheidung vom 29. Juli 2014 dieses gesetzlich vorgeschriebene Ermessen nicht ausgeübt. Nach dem Inhalt der Antragserwiderung vom 3. September 2014 ist vielmehr davon auszugehen, dass sich der Antragsgegner ungeachtet der Vorlage-Entscheidung des BSG (aaO.) wegen einer Weisungslage verpflichtet sieht, Unionsbürgern auch die vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen zu versagen, wenn sie sich ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Der Antragsgegner verkennt damit in grober Weise, dass gerade wegen der Vorlage-Entscheidung des BSG von Gesetzes wegen die Möglichkeit eröffnet ist, Leistungen an Unionsbürger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorläufig zu gewähren.
Sofern der Antragsgegner im Übrigen meint, eine Verpflichtung zur vorläufigen Bescheidung bestehe schon wegen der bereits erfolgten endgültigen Ablehnung nicht, denn eine vorläufige Entscheidung nach § 328 SGB III sei allenfalls zur vorläufigen Regelung einer Leistungsbewilligung für den Zeitraum bis zur endgültigen Entscheidung statthaft, erachtet die Kammer diese Auffassung für nicht vertretbar. Der Antragsgegner verkennt was auf der Hand liegt, nämlich dass hier die Frage zu beurteilen ist, ob er nicht hätte von vornherein vorläufig bewilligen müssen anstatt Leistungen endgültig abzulehnen.
Die vorläufige Gewährung von Leistungen stellt sich hier sogar als die allein mögliche Entscheidung dar, weil auf andere Weise das aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums der Antragstellerinnen nicht garantiert werden kann. Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 –, Rn. 62; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 1.11.2013 – L 2 AS 841/13 B ER – Rn. 36; - L 2 AS 889/13 B ER – Rn. 32; SG Halle, Beschluss vom 30. Mai 2014 – S 17 AS 2325/14 ER –, Rn. 33, juris).
Das Bundesverfassungsgericht hat weiter Folgendes ausgeführt (vgl. BVerfG, aaO. Rn. 62 - 64):
"Dieses Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat.
a) Art. 1 Abs. 1 GG erklärt die Würde des Menschen für unantastbar und verpflichtet alle staatliche Gewalt, sie zu achten und zu schützen. Wenn Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 125, 175 (222)). Als Menschenrecht steht dieses Grundrecht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein individueller Leistungsanspruch, da das Grundrecht die Würde jedes einzelnen Menschen schützt (vgl. BVerfGE 87, 209 (228)) und sie in solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann (vgl. BVerfGE 125, 175 (222 f.)).
b) Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl. BVerfGE 125, 175 (223) m.w.N.)."
Danach ist es also nach Regelungen des deutschen Verfassungsrechts über die Gewährleistung der Menschenwürde ausgeschlossen, Menschen, die sich in Deutschland aufhalten und nicht in der Lage sind, aus eigenen Kräften und Mitteln ein menschenwürdiges Dasein aufrechtzuhalten, von Leistungen auszuschließen, die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unbedingt erforderlich sind.
Der Antragsgegner könnte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Antragstellerinnen seien in anderen Systemen der Grundsicherung leistungsberechtigt. Unabhängig von der Frage der Systemabgrenzung zwischen dem SGB II und dem SGB XII nach näherer Maßgabe der §§ 5 Abs. 2 SGB II, 21 SGB XII sieht auch § 23 Abs. 3 SGB XII für Ausländer einen Leistungsausschluss vor, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Ein Verweis auf das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es stellt ein eigenständiges und abschließendes Regelungssystem dar. § 1 Abs. 1 AsylblG enthält eine Typologisierung des Leistungsberechtigten Personenkreises, die auf den Antragsteller nicht zutrifft.
Da die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) nach summarischer Prüfung ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen sind, ist ein Anordnungsgrund ohne Weiteres zu bejahen und eine vorläufige Regelung durch das Gericht für die Zeit ab Eingang des Rechtsschutzgesuchs am 12. Mai 2014 erforderlich.
Als monatlicher Grundsicherungsbedarf der Antragstellerin zu 1) ist neben dem Regelbedarf in Höhe von 391 EUR ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung in Höhe von 140,76 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR zu decken. Bei den Antragstellerinnen zu 2) und 4) ist jeweils nach Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 184 EUR ein monatlicher Grundsicherungsbedarf in Höhe von 77 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR zu decken. Im Falle der Antragstellerin zu 3) verbleibt nach Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 190 EUR ein ungedeckter monatlicher Grundsicherungsbedarf von 39 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR.
Der Antragsgegner ist im vorliegenden Verfahren zu verpflichten, ab dem 1. September 2014 der Antragstellerin zu 1) monatlich vorläufig Arbeitslosengeld II und den Antragstellerinnen zu 2) bis 4) vorläufig Sozialgeld in vorstehender Höhe zu gewähren.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind grundsätzlich nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu gewähren und nicht rückwirkend zu bewilligen (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01. November 2013 – L 2 AS 841/13 B ER –, Rn. 40). Im Hinblick auf §§ 37 Abs. 2 Satz 2, 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist die vorläufige Regelung durch das Gericht auf einen Bewilligungszeitraum bis 31. Dezember 2014 zu beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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