L 7 SO 4268/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SO 1972/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4268/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Überleitungsanzeige i.S. des § 93 SGB XII ist hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X), wenn der Wille des Sozialhilfeträgers zur Überleitung zum Ausdruck kommt und der Hilfeempfänger, die Art der Hilfe sowie der überzuleitende Anspruch nebst Angaben von Gläubiger und Schuldner bezeichnet werden. Bei einer Gläubigermehrheit muss in der Überleitungsanzeige zum Ausdruck kommen, welche Art der Gläubigermehrheit (Gesamt-, Teilgläubigerschaft, Gläubigergemeinschaft) vorliegt.
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Juli 2011 und der Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob die Beklagte einen Anspruch des zwischenzeitlich verstorbenen Vaters des Klägers gegen diesen auf sich überleiten durfte.

Dem 1927 geborene R. (Vater des Klägers, im Folgenden R.) gewährte die Beklagte für die Zeit vom 23. Juli 2009 bis zu dessen Tod am 13. Dezember 2011 Leistungen der Hilfe zur stationären Pflege nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) und übernahm die ungedeckten Heimkosten in der stationären Pflegeeinrichtung E. in F. Der Beklagten entstanden in diesem Zeitraum Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von insgesamt 32.484,55 EUR.

R. war mit der am 20. Juli 1923 geborenen W. der Beigeladenen, verheiratet, die nach der Heimaufnahme des R. weiterhin in der Ehewohnung wohnte. Die Beigeladene verfügte über ein Girokonto Nr. 1. bei der S., auf das die Altersrente des R. bis April 2009 (Altersrente für Mai 2009) überwiesen worden war. Von diesem Konto der Beigeladenen wurden seit 1993 bis April 2009 monatlich 1.000,00 DM bzw. 511,29 EUR an den Kläger überwiesen.

Der Kläger war Betreuer des R. (Betreuerausweis des A. - Vormundschaftsgericht - vom 20. März 2008 - 13 XVII 723/07 -), u.a. in dem Aufgabenkreis der Besorgung aller Vermögensangelegenheiten. In dieser Funktion gab er im Rahmen des Antrages auf Hilfe zur Pflege an, dass seine Eltern seit der Heimaufnahme des R. am 8. April 2009 getrennt leben würden (vgl. auch Vorsprache vom 19. August 2009). Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten vom 21. September 2009 wies die Enkelin der Beigeladenen E. die Beklagte auf die Überweisungen vom Konto der Beigeladenen an den Kläger hin. Dieses Konto habe als gemeinsames Konto der Beigeladenen und des R. gegolten, da auch dessen Rente auf dieses überwiesen worden sei. Außerdem seien größere Abhebungen vom Sparkonto durch den Kläger erfolgt. Mit dem Betrag habe der Kläger keine Lebensmittel für seine Eltern besorgt. Daher habe er noch weitere Gelder bekommen. Der Kläger habe diese Gelder in der Erwartung erhalten, dass er für seine Eltern im Alter sorgen und für die Beerdigung aufkommen werde. Bezüglich des Getrenntlebens teilte E. mit, dass eine Trennung im familienrechtlichen Sinne nicht vorliege. R. könne nicht mehr in der Ehewohnung leben, sondern müsse nun im Pflegeheim versorgt werden. Würde er nicht im Pflegeheim leben, würden die Eheleute noch im gemeinsamen Haushalt leben. Gleichwohl ging die Beklagte von einem Getrenntleben der Eheleute aus (vgl. Bescheid vom 22. September 2009; die in diesem Bescheid enthaltene Verpflichtung des R. zu einem Kostenbeitrag in Höhe von einmalig 1.600,00 EUR wurde mit Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 11. Oktober 2012 - S 12 SO 6446/09 - aufgehoben). Am 25. September 2009 bestätigte die Beigeladene gegenüber der Beklagten, dass der Kläger ab 1993 bis April 2009 per Dauerauftrag einen monatlichen Betrag von 1.000,00 DM, später von 511,29 EUR von ihrem Girokonto als Schenkung in der Erwartung erhalten habe, dass er im Alter für sie und R. sorgen werde. Lebensmittel oder Medikamente habe er damit nicht besorgt. Für solche Anschaffungen habe er Extrazahlungen von ihr erhalten.

Mit an den Kläger gerichteten Bescheid vom 6. Oktober 2009 leitete die Beklagte zur Deckung der angefallenen bzw. anfallenden Sozialhilfeaufwendungen für R. gemäß § 93 SGB XII "den Rückforderungsanspruch Ihrer Eltern auf Auszahlung der Schenkungen, die Sie von Ihren Eltern in den letzten 10 Jahren erhalten haben, auf uns als zuständigen Sozialhilfeträger über". Der Überleitungsanspruch betrage maximal 48.532,22 EUR.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein (Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Oktober 2009). Zur Begründung führte er aus, es sei zwar richtig, dass er bis April 2009 durch Überweisung vom Konto der Beigeladenen monatliche Zahlungen in Höhe von 1.000,00 DM bzw. 511,29 EUR erhalten habe. Diese Überweisungen stellten jedoch keine Schenkung dar und seien darüber hinaus nicht als Leistungen des R. anzusehen. Bei den monatlichen Überweisungen habe es sich um Wirtschaftsgeld gehandelt, das ihm zur Versorgung des R. und der Beigeladenen zur Verfügung gestellt worden sei. Auch habe er und seine Familie R. und die Beigeladene bis zur Einlieferung des R. ins Pflegeheim vielfältig versorgt und betreut. Zudem stamme keine einzige Überweisung von R. Dieser sei nicht Kontoinhaber gewesen, er habe auch keine Verfügungen vom Konto getroffen und nicht einmal eine Kontovollmacht besessen. Die Überweisungen, die auf das Konto des Klägers getätigt worden seien, seien nicht dem Pflegebedürftigen R. zuordenbar.

Die Beklagte wies den klägerischen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2010 als unbegründet zurück. Die schriftlich ergangene Überleitungsanzeige vom 6. Oktober 2009 entspreche in Inhalt und Form den Erfordernissen des § 93 SGB XII. Bei der Ausübung des dem Sozialhilfeträger eingeräumten Ermessens dürfe dieser davon ausgehen, dass die Überleitung den Grundsatz des Nachrangs verwirkliche und daher geboten sei. Geprüft werden müsse lediglich, ob ausnahmsweise ein Absehen von der Überleitung gerechtfertigt sein könne. Gründe, die ein Absehen von der Überleitung gebieten würden, seien nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich.

Dagegen hat der Kläger am 15. April 2010 Klage zum SG erhoben und seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. Juli 2011 abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, dass die Überleitung durch Bescheid des Beklagten vom 6. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010 rechtmäßig sei. Der überzuleitende Anspruch müsse lediglich mutmaßlich bestehen. Eine Überleitung sei nur dann ausgeschlossen, wenn der übergeleitete Anspruch offensichtlich nicht bestehe (sogenannte Negativevidenz). Der Vortrag des Klägers zur Zweckbestimmung der Überweisungen sei daher ebenso unbeachtlich wie die Frage der Vermögenszuordnung oder die erhobene Verjährungseinrede. Ob es sich bei den Zahlungen tatsächlich um Schenkungen gehandelt habe und ob sie dann dem Vermögen des Klägers zuzuordnen seien, sei ebenso wie eine etwaige Verjährung nach zivilrechtlichen Maßstäben vor den Zivilgerichten zu klären. Formelle Fehler seien ebenso wie Ermessensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass der Überleitungsbescheid rechtmäßig und die Klage daher abzuweisen gewesen sei.

Gegen das seiner Bevollmächtigten am 1. September 2011 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 30. September 2011 zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass die Überweisungen von einem Konto erfolgt seien, das ausschließlich auf den Namen der Beigeladenen gelautet habe, nicht jedoch auf den Namen der Eltern. Wenn überhaupt, was bestritten werde, handle es sich um Schenkungen der Beigeladenen, aber nicht "der Eltern" des Klägers. R. habe weder jemals eine Verfügung von diesem Konto getroffen, noch über eine Kontovollmacht für dieses Konto verfügt. Bei dem Konto, von dem die streitgegenständlichen Überweisungen getätigt worden seien, handle es sich um Vermögen der Beigeladenen und die getätigten Überweisungen stellten Vermögensverfügungen der Beigeladenen dar, nicht jedoch des R.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Juli 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Nachdem die Ehefrau W. alleinige Erbin des verstorbenen R. geworden ist, hat der Senat sie als dessen Rechtsnachfolgerin mit Beschluss vom 26. Mai 2014 zum Rechtsstreit beigeladen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Verfahrensakten des SG sowie die Senatsakten und die Akten des SG zum Az. S 12 SO 6446/09 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG).

2. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bildet der Bescheid vom 6. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte den "Rückforderungsanspruch" der "Eltern" des Klägers "auf Auszahlung" der in den letzten 10 Jahren seitens seiner "Eltern" erhaltenen "Schenkungen" auf sich als Sozialhilfeträger übergeleitet hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit einer isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG).

3. Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn die Beklagte hat die Überleitungsanzeige unter Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot erlassen.

Als Rechtsgrundlage für die Überleitungsanzeige des Beklagten kommt § 93 SGB XII in Betracht. § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII lautet: "Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht." Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB XII bewirkt die schriftliche Anzeige den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Die Überleitungsanzeige ist ein Verwaltungsakt i.S. des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X), der den Übergang des Anspruchs vom bisherigen Gläubiger auf den Sozialhilfeträger bewirkt (BSG, Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 17/08 R - juris -; Armbruster in jurisPK-SGB XII, § 93 Rdnr. 127; Münder in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 93 Rdnr. 45; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 93 Rdnr. 22, Weber in Beck´scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 93 SGB XII Rdnr. 43; vgl. ferner § 93 Abs. 3 SGB XII). Eine Überleitungsanzeige muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (BSG, a.a.O. Rdnr. 13; Senatsurteile vom 22. November 2007 - L 7 SO 73/06 - juris Rdnr. 22 und vom 12. Dezember 2013 - L 7 SO 4209/09 - juris Rdnr. 33; Armbruster, a.a.O. Rdnr. 137; Münder, a.a.O. Rdnr. 40; Pattar in jurisPK-SGB X, § 33 Rdnr. 59; Wahrendorf, a.a.O. Rdnr. 24; Weber, a.a.O. Rdnr. 47). Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten (z.B. BSG, Urteile vom 10. September 2013 - B 4 AS 89/12 R - juris Rdnr. 15; vom 20. März 2013 - B 5 R 16/12 R - juris Rdnr. 15; vom 29. November 2012 - B 14 AS 196/11 R - juris Rdnr. 16; vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194 - juris Rdnr. 13). Maßstab für die Bestimmtheitsprüfung ist also der Empfängerhorizont, für die Beteiligten muss sich aus dem Verfügungssatz vollständig, klar und unzweideutig ergeben, was die Behörde will. Unschädlich ist es dabei, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss. Diese Auslegungsmöglichkeiten finden allerdings ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand und Inhalt der Verfügung zu bestimmen. Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde (BSG, Urteil vom 14. August 1996 - 13 RJ 9/95 - juris Rdnr. 38).

Bezogen auf die Bestimmtheit einer Überleitungsanzeige ist erforderlich, dass der Wille des Sozialhilfeträgers zur Überleitung zum Ausdruck kommt und dass der Hilfeempfänger, die Art der Hilfe sowie der überzuleitende Anspruch nebst Angabe von Gläubiger und Schuldner bezeichnet werden (vgl. Senatsurteile, a.a.O.; Armbruster, a.a.O. Rdnr. 137; Münder, a.a.O. Rdnr. 40; Weber, a.a.O. Rdnr. 47). Diesen Anforderungen genügt die Überleitungsanzeige der Beklagten vom 6. Oktober 2009 nicht. Zwar hat die Beklagte den übergeleiteten Anspruch als Schenkungsrückforderungsanspruch umschrieben und den Kläger als Schuldner dieses Anspruchs konkret benannt, jedoch ist nicht hinreichend klar, wer Gläubiger des übergeleiteten Anspruchs sein soll. Die Beklagte hat insofern lediglich die "Eltern" des Klägers als Gläubiger des Rückforderungsanspruchs bezeichnet, ohne hinreichend klar zu bestimmen, ob und ggf. mit welchem Anteil die Eltern als Teilgläubiger (§ 420 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), Gesamtgläubiger (§ 428 BGB) oder als Gläubigergemeinschaft Inhaber des übergeleiteten Rückforderungsanspruchs sein sollen (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 2/09 R - juris Rdnr. 14: Annahme einer Teilschuld auf Grund der Auslegung eines Bescheids; BSG, Urteil vom 13. Juli 2007 - B 7a AL 24/05 R - juris Rdnr. 15 zur Bestimmtheit bei einer Teilung eines Abzweigungsbetrages; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2011 - L 11 KR 3485/10 zu den Bestimmtheitsanforderungen bei Schuldnermehrheit; vgl. ferner Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 33 Rdnr. 12; Mutschler in Kasseler Kommentar, § 33 SGB X Rdnr. 7). Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Die Beklagte hat einen Schenkungsrückforderungsanspruch nach § 528 BGB im Hinblick auf die monatlichen Überweisungen vom Konto der Beigeladenen an den Kläger auf sich übergeleitet. § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt: "Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern." Gläubiger dieses Rückforderungsanspruchs ist der "Schenker" (vgl. nur Chiusi in Staudinger, BGB, 2013, § 528 Rdnr. 24; Koch in MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 528 Rdnr. 9; Seferin in jurisPK-BGB, § 528 Rdnr. 31). Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass vorliegend Schenker nicht R. oder die Beigeladene, sondern die Ehegatten gewesen sind. Dies hat sie in ihrem Bescheid vom 6. Oktober 2009 unmissverständlich mit den Wendungen "Schenkungsrückforderungsanspruch Ihrer Eltern", "Schenkungen, die Sie von Ihren Eltern erhalten haben" und "Ihre Eltern haben Ihnen eine Zahlung zukommen lassen" zum Ausdruck gebracht. Damit ist sie von einer Mehrheit von Gläubigern des Schenkungsrückforderungsanspruchs ausgegangen. Dabei kann es sich insbesondere um Teilgläubiger oder um Gesamtgläubiger handeln. § 420 BGB enthält eine Auslegungsregel, nach der im Zweifel bei teilbaren Leistungen, die von mehreren Personen gefordert werden können, jeder Gläubiger nur zu einem gleichen Anteil berechtigt ist. Greift die Vermutung der Teilgläubigerschaft ein, sind die einzelnen Gläubiger hinsichtlich der einzelnen Teilforderung wie Einzelgläubiger zu behandeln; den Gläubigern steht jeweils ein eigenes Forderungsrecht im Umfang ihres Anteils zu (z.B. Böttcher in Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 420 Rdnr. 6). Bei der Teilgläubigerschaft muss der Schuldner den Leistungsbetrag exakt auf die Gläubiger aufteilen, wenn er befreit werden will (§ 362 BGB; vgl. Looschelders in Staudinger, 2012, § 420 Rdnr. 8). Demgegenüber kann der Schuldner bei der Gesamtgläubigerschaft nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten (§ 428 Satz 1 BGB). Eine solche Gesamtgläubigerschaft liegt nach § 428 Satz 1 BGB vor, wenn mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt sind, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist. Mithin ist aus der Perspektive des Schuldners des übergeleiteten Schenkungsrückforderungsanspruchs entscheidend, ob aus Sicht des Sozialhilfeträgers eine Teil- oder eine Gesamtgläubigerschaft vorliegt. Denn nur dann kann er sein Verhalten daran ausrichten und den Schenkungsrückforderungsanspruch in gehöriger Art und Weise erfüllen. Vorliegend hat die Beklagte weder im Verfügungssatz noch in der Begründung des angefochtenen Bescheids klargestellt, ob sie bei dem übergeleiteten Anspruch der "Eltern" von einer Teil- oder Gesamtgläubigerschaft ausgeht. Vielmehr hat sie in der Begründung des Bescheides vom 6. Oktober 2010 ausgeführt, "den Rückforderungsanspruch Ihres Vaters" überleiten zu wollen, da bei diesem als Bezieher von Sozialhilfeleistungen ein Notbedarf eingetreten sei und er die Herausgabe der Schenkung fordern müsse. Will die Beklagte jedoch nur einen Teil der Schenkung, nämlich den auf den verarmten R. entfallenden Teil der aus ihrer Sicht gemeinsamen Zuwendung der "Eltern" (vgl. OLG Köln, Urteil vom 28. März 2007 - 2 U 37/06 - juris Rdnr. 33 ff. zum Schenkungsrückforderungsanspruch bei einer Schenkung einer Miterbengemeinschaft, wenn ein Miterbe verarmt), auf sich überleiten, muss sie diesen Anteil auch konkret bestimmen. Dies hat sie nicht getan, sondern den aus ihrer Sicht bestehenden gesamten Schenkungsrückforderungsanspruch der "Eltern" mit 48.532,22 EUR beziffert. Schließlich wird die Verfügung auch dadurch widersprüchlich, dass die Beklagte einerseits von einem Getrenntleben des R. und der Beigeladenen ausgegangen ist und andererseits den Schenkungsrückforderungsanspruch der "Eltern", mithin auch der Beigeladenen, auf sich übergeleitet hat, was nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII aber gerade ein Zusammenleben der Ehegatten ("ihr nicht getrennt lebender Ehegatte") vorausgesetzt hätte.

Die nicht hinreichende Bestimmtheit des Überleitungsbescheides führt zu dessen Rechtswidrigkeit. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beigeladene mittlerweile Rechtsnachfolgerin des zwischenzeitlich verstorbenen R. geworden ist. Zunächst ist bei der vorliegend erhobenen Anfechtungsklage für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 10. März 2010) maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt ist R. noch am Leben gewesen und es hat - nach Auffassung des Beklagten - eine Gläubigermehrheit vorgelegen. Weiterhin ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob der erlassene Verwaltungsakt (ggf. in Gestalt des Widerspruchsbescheides) hinreichend bestimmt ist, der Zeitpunkt seines Zuganges (vgl. nur Engelmann, a.a.O. Rdnr. 10). Auch zu diesem Zeitpunkt ist die Beigeladene noch nicht Rechtsnachfolgerin des R. gewesen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (vgl. z.B. Bayerisches LSG, Urteil vom 25. November 2010 - L 8 SO 136/10 - juris Rdnr. 38; Armbruster, a.a.O. Rdnr. 160). Der Beigeladenen, die keinen Antrag gestellt hat, sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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