Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 SO 5675/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 2379/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Befreiung von Prozessrisiko zur Durchsetzung vermeintlicher zivilrechtlicher Ansprüche auf Schönheitsrenovierung gegen den Vermieter bei nicht wirksam abbedungener Verpflichtung aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Übernahme der Kosten für die geplante Schönheitsrenovierung der Wohnung.
Die am 1949 geborene Klägerin bezieht seit längerem aufstockend Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom Beklagten. Sie wohnt seit 1997 in der Str. 29. Im Mietvertrag vom 15.9.1997 ist unter § 7 zu den Schönheitsreparaturen während des Mietverhältnisses vereinbart, dass diese gemäß dem nachstehenden Fristenplan -regelmäßig alle 3, 5 bzw. 10 Jahre - auf eigene Kosten in fachhandwerklicher Ausführung vornehmen zu lassen oder vorzunehmen sind (Bl. 153/3 VA). Nach ihren Angaben wurde die Wohnung zuletzt im Jahre 2008 umfassend durch ihren Sohn renoviert.
Mit E-Mail vom 10.10.2012 beantragte sie die Übernahme der Kosten von noch durchzuführenden Schönheitsreparaturen in ihrer Wohnung durch eine Fachfirma. Unter Vorlage einer Auskunft eines Rechtsanwalts führte sie aus, dass die Schönheitsreparaturenklausel in ihrem Mietvertrag zwar unwirksam sei, dies bedeute jedoch im Umkehrschluss nicht, dass ihr Vermieter für die Schönheitsreparaturen zuständig sei. Ihr könne man die Arbeiten als alleinstehende und schwer erkrankte Frau nicht zumuten (Bl. 195 VA).
Mit Bescheid vom 27.11.2012 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Die mietvertragliche Klausel sei unwirksam. Für die Klägerin bestehe während des Mietverhältnisses keine Verpflichtung, Schönheitsreparaturen in der Wohnung durchzuführen bzw. durchführen zu lassen. Der Erhalt der Wohnung für den mietgemäßen Gebrauch sei Sache des Vermieters. Eine sozialhilferechtliche Notwendigkeit bestehe nicht (Bl. 195/2 VA). Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16.9.2013, Bl. 195/5 VA).
Dagegen hat die Klägerin am 9.10.2013 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Ihr Vermieter werde die Kosten nicht übernehmen. Eine sozialrechtliche Notwendigkeit bestehe für die über 4 Jahre zurückliegenden Schönheitsreparaturen allein schon durch die Würde des Menschen. Es könne nicht sein, dass Rentnerinnen wegen ihrer finanziellen Lage bis zum Lebensende keine Wohnungsrenovierungen durchführen könnten. Auch der von der Beklagten empfohlene Beitritt zum Mieterverein zur Unterstützung der Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Vermieter biete keine Lösung, da sie weder den Mitgliedsbeitrag aufbringen könne noch eine Deckungszusage erteilt werden würde, nachdem das Problem schon bestehe. Es sei ihr nicht zumutbar, das Prozessrisiko für eine Zivilklage zu tragen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.4.2014 abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der Renovierung durch den Beklagten komme nur im Rahmen des § 35 SGB XII in Betracht. Grundsätzlich könnten mietvertraglich vereinbarte Zuschläge für Schönheitsreparaturen unter die danach zu übernehmenden Kosten der Unterkunft fallen. Hier liege aber keine Konstellation vor, bei der mit der Miete von der Klägerin ein Kostenanteil für die Durchführung von Schönheitsreparaturen gefordert werde, noch habe der Vermieter sie zur Renovierung aufgefordert. Die Klägerin selbst wolle Schönheitsreparaturen durchführen lassen. Die Klägerin habe aber bisher weder eine Renovierungsbedürftigkeit noch einen konkreten Bedarf (Kostenvoranschläge) dargelegt. Bei einer solchen Konstellation könne gegenüber der Beklagten ein Anspruch nur in Betracht kommen, wenn nicht ein durchsetzbarer Anspruch der Klägerin gegen den Vermieter auf Durchführung der Schönheitsreparaturen bestehe. Ansonsten liege keine Hilfebedürftigkeit der Klägerin vor. Grundsätzlich obliege es dem Vermieter nach § 535 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Deshalb habe auch grundsätzlich der Vermieter die durch den vertragsgemäßen Gebrauch erforderlich gewordenen Schönheitsreparaturen auf seine Kosten durchführen zu lassen. Die Klägerin sei nicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet worden, da die entsprechende Klausel unwirksam sei. Angesichts dieser klaren Rechtslage sei es der Klägerin auch zuzumuten, zunächst die Ansprüche gegenüber Ihrem Vermieter- notfalls zivilrechtlich - durchzusetzen (Hinweis auf LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.2.2010 - L 2 AS 288/09 -, juris Rn. 28).
Gegen den der Klägerin am 3.5.2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat sie schriftlich am 28.5.2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und ihr Vorbringen vertieft. Die Renovierungsbedürftigkeit und der sozialhilferechtliche Bedarf sei allein durch den Zeitablauf von über mehr als fünf Jahren belegt und müsse daher nicht gesondert bewiesen werden. Die Einholung von teils kostenpflichtigen Kostenvoranschlägen sei erst sinnvoll, wenn ein rechtskräftiges Urteil bzw. eine Kostenübernahme-Verpflichtung durch die Beklagte vorliege. Sie habe der Beklagten angeboten, etwaige Ansprüche gegen den Vermieter auf Schönheitsreparaturen schriftlich abzutreten, so dass die Beklagte die vorverauslagten Schönheitsreparaturkosten vom Vermieter wieder einklagen könne. Für Schönheitsreparaturen seien keine Ansparungsmöglichkeiten im Regelsatz vorgesehen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der vorzunehmenden Schönheitsreparaturen in ihrer Wohnung zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin hat nach Aufforderung per E-Mail eine Seite mit Aufnahmen übersandt, die die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung belegen sollen (vgl. Bl. 72 LSG Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die von ihr gewünschte Schönheitsrenovierung in ihrer Wohnung.
Gegen den diese Kostenübernahme ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.9.2013 geht die Klägerin zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG vor.
Das SG hat mit zutreffender Begründung unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Kostenübernahme hat, weil sie durch den Mietvertrag mit starrer Fristenregelung nicht wirksam zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist, diese der Vermieter von ihr auch nicht fordert und ihr Wunsch allein keinen sozialhilferechtlichen Bedarf gegen den Beklagten begründet. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich ergänzend wird ausgeführt, dass die Klägerin irrt, wenn sie meint, dass Schönheitsreparaturen von allen Mietern nach spätestens 4 Jahren gefordert würden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ist eine solche starre Fristenregelung in einem Mietvertrag nach der Rechtsprechung des BGH gerade unwirksam (BGH Urteil vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03 - NJW 2004, 2586, 2587, in juris). Die Ausnahme, die der VIII. Zivilsenat nur für solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässt, die eine Renovierung innerhalb bestimmter Fristen zwar für den Regelfall vorsehen, diese aber vom tatsächlichen Erhaltungszustand der Mieträume abhängig machen (vgl. BGH Urteile vom 13. Juli 2005 - VIII ZR 351/04 - NJW 2005, 3416, in juris; vom 18. Oktober 2006 - VIII ZR 52/06 - NJW 2006, 3778, in juris Rn. 17 und vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06 - NJW 2007, 3632, in juris Rn. 12), ist im Mietvertrag der Klägerin nicht vorgesehen. Knüpft die Vertragsklausel die Renovierungspflicht des Mieters dagegen allein an feste zeitliche Grenzen und führt die Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu, dass der Erhaltungszustand für die Verpflichtung keine Rolle spielt, führt dies regelmäßig zur Unwirksamkeit der Klausel (BGH Urteile vom 5. April 2006 - VIII ZR 178/05 - NJW 2006, 1728, in juris Rn. 11 und vom 7. März 2007 - VIII ZR 247/05 - WuM 2007, 260, 261, in juris Rn. 14). So liegt der Fall hier. Das heißt, dass § 7 ihres Mietvertrages unwirksam ist und die Klägerin nicht zur Durchführung von irgendwelchen Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Daraus folgt, dass es bei der gesetzlichen Regelung bleibt, weil diese nicht wirksam abbedungen wurde (vgl. auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Juli 2010 – L 7 AS 60/09 –, juris Rn. 35 ff). Nach der gesetzlichen Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegt dem Vermieter die Verpflichtung, das Mietobjekt während der gesamten Vertragszeit in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten (BGH, Urteil vom 12. März 2014 – XII ZR 108/13 –, juris Rn. 19). Darunter ist auch die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen zu verstehen, wenn sie - unabhängig von einem Fristenplan - nach dem Zustand der Wohnung erforderlich sind. Dies ist eine Tatfrage. Der Anspruch setzt voraus, dass ein vertragswidriger Zustand vorliegt, was der Mieter im Einzelnen darzulegen hat (K. Lützenkirchen in: Erman BGB, Kommentar, § 535 BGB). Die Pflicht ihres Vermieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in der Wohnung der Klägerin hängt demnach allein davon ab, ob der Zustand der Wohnung tatsächlich diese erforderlich macht, was der Senat aus den vorgelegten Bildern nicht zu erkennen vermag. Sollte der Vermieter die Schönheitsrenovierung verweigern, ist die Klägerin auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB im Zivilrechtsweg zu verweisen. Das Risiko, ob ihre Einschätzung hinsichtlich des Zustands der Wohnung und der Fälligkeit von Schönheitsreparaturen geteilt wird, ist nicht im Rahmen der Sozialhilfe von der Beklagten zu übernehmen. Zwar beruft sich die Beklagte hier zur Ablehnung des Anspruchs der Klägerin auf die Unwirksamkeit bestimmter Regelungen im Mietvertrag, was unter gewissen anderen Vorzeichen die Pflicht auslösen kann, den Mieter auch in die Lage zu versetzen, seine Rechte gegenüber dem Vermieter durchzusetzen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 8/09 = SozR4-4200 § 22 Nr 24, in juris Rn. 23 mwN). Dies gilt aber nur für den Fall, dass auf einer unwirksamen Vereinbarung beruhende Forderungen des Vermieters abzuwehren sind (vgl für die Kosten der Auszugsrenovierung: BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 15/11 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 53, in juris Rn. 17), was vorliegend aber nicht der Fall ist, nachdem der Vermieter die Klägerin nicht in Anspruch nimmt.
Ebenso gibt es auch keinen Anspruch gegen die Beklagte, wonach diese verpflichtet wäre, gegen Abtretung der Forderung gegen den Vermieter die Renovierungskosten vorzustrecken.
Die Nichtdurchführung von fälligen Schönheitsreparaturen stellt einen Mangel der Mietsache dar. Bei Weigerung zur Durchführung fälliger Schönheitsreparaturen kommt daher auch ein Anspruch auf Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB in Betracht. Ebenso kann der Vermieter bei Verweigerung fälliger Schönheitsreparaturen zur Vorschusszahlung gem. § 536a Abs. 2, § 242 BGB verpflichtet sein (vgl. LG Berlin, Urteil vom 04. Oktober 2013 – 65 S 190/12 –, juris; LG Berlin, Urteil vom 27. August 2010 – 65 S 440/09 –, juris).
Sofern die Klägerin die mögliche Kostentragungspflicht in einem Zivilprozess scheut, kann sie auch schon vor Erhebung der Klage einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen, um die Erfolgs-aussichten einer Klage vorab einschätzen zu lassen. Eine Pflicht des Beklagten, sie von diesen Risiken freizustellen, gibt es im vorliegenden Fall jedoch nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Übernahme der Kosten für die geplante Schönheitsrenovierung der Wohnung.
Die am 1949 geborene Klägerin bezieht seit längerem aufstockend Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom Beklagten. Sie wohnt seit 1997 in der Str. 29. Im Mietvertrag vom 15.9.1997 ist unter § 7 zu den Schönheitsreparaturen während des Mietverhältnisses vereinbart, dass diese gemäß dem nachstehenden Fristenplan -regelmäßig alle 3, 5 bzw. 10 Jahre - auf eigene Kosten in fachhandwerklicher Ausführung vornehmen zu lassen oder vorzunehmen sind (Bl. 153/3 VA). Nach ihren Angaben wurde die Wohnung zuletzt im Jahre 2008 umfassend durch ihren Sohn renoviert.
Mit E-Mail vom 10.10.2012 beantragte sie die Übernahme der Kosten von noch durchzuführenden Schönheitsreparaturen in ihrer Wohnung durch eine Fachfirma. Unter Vorlage einer Auskunft eines Rechtsanwalts führte sie aus, dass die Schönheitsreparaturenklausel in ihrem Mietvertrag zwar unwirksam sei, dies bedeute jedoch im Umkehrschluss nicht, dass ihr Vermieter für die Schönheitsreparaturen zuständig sei. Ihr könne man die Arbeiten als alleinstehende und schwer erkrankte Frau nicht zumuten (Bl. 195 VA).
Mit Bescheid vom 27.11.2012 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Die mietvertragliche Klausel sei unwirksam. Für die Klägerin bestehe während des Mietverhältnisses keine Verpflichtung, Schönheitsreparaturen in der Wohnung durchzuführen bzw. durchführen zu lassen. Der Erhalt der Wohnung für den mietgemäßen Gebrauch sei Sache des Vermieters. Eine sozialhilferechtliche Notwendigkeit bestehe nicht (Bl. 195/2 VA). Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16.9.2013, Bl. 195/5 VA).
Dagegen hat die Klägerin am 9.10.2013 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Ihr Vermieter werde die Kosten nicht übernehmen. Eine sozialrechtliche Notwendigkeit bestehe für die über 4 Jahre zurückliegenden Schönheitsreparaturen allein schon durch die Würde des Menschen. Es könne nicht sein, dass Rentnerinnen wegen ihrer finanziellen Lage bis zum Lebensende keine Wohnungsrenovierungen durchführen könnten. Auch der von der Beklagten empfohlene Beitritt zum Mieterverein zur Unterstützung der Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Vermieter biete keine Lösung, da sie weder den Mitgliedsbeitrag aufbringen könne noch eine Deckungszusage erteilt werden würde, nachdem das Problem schon bestehe. Es sei ihr nicht zumutbar, das Prozessrisiko für eine Zivilklage zu tragen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.4.2014 abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der Renovierung durch den Beklagten komme nur im Rahmen des § 35 SGB XII in Betracht. Grundsätzlich könnten mietvertraglich vereinbarte Zuschläge für Schönheitsreparaturen unter die danach zu übernehmenden Kosten der Unterkunft fallen. Hier liege aber keine Konstellation vor, bei der mit der Miete von der Klägerin ein Kostenanteil für die Durchführung von Schönheitsreparaturen gefordert werde, noch habe der Vermieter sie zur Renovierung aufgefordert. Die Klägerin selbst wolle Schönheitsreparaturen durchführen lassen. Die Klägerin habe aber bisher weder eine Renovierungsbedürftigkeit noch einen konkreten Bedarf (Kostenvoranschläge) dargelegt. Bei einer solchen Konstellation könne gegenüber der Beklagten ein Anspruch nur in Betracht kommen, wenn nicht ein durchsetzbarer Anspruch der Klägerin gegen den Vermieter auf Durchführung der Schönheitsreparaturen bestehe. Ansonsten liege keine Hilfebedürftigkeit der Klägerin vor. Grundsätzlich obliege es dem Vermieter nach § 535 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Deshalb habe auch grundsätzlich der Vermieter die durch den vertragsgemäßen Gebrauch erforderlich gewordenen Schönheitsreparaturen auf seine Kosten durchführen zu lassen. Die Klägerin sei nicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet worden, da die entsprechende Klausel unwirksam sei. Angesichts dieser klaren Rechtslage sei es der Klägerin auch zuzumuten, zunächst die Ansprüche gegenüber Ihrem Vermieter- notfalls zivilrechtlich - durchzusetzen (Hinweis auf LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.2.2010 - L 2 AS 288/09 -, juris Rn. 28).
Gegen den der Klägerin am 3.5.2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat sie schriftlich am 28.5.2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und ihr Vorbringen vertieft. Die Renovierungsbedürftigkeit und der sozialhilferechtliche Bedarf sei allein durch den Zeitablauf von über mehr als fünf Jahren belegt und müsse daher nicht gesondert bewiesen werden. Die Einholung von teils kostenpflichtigen Kostenvoranschlägen sei erst sinnvoll, wenn ein rechtskräftiges Urteil bzw. eine Kostenübernahme-Verpflichtung durch die Beklagte vorliege. Sie habe der Beklagten angeboten, etwaige Ansprüche gegen den Vermieter auf Schönheitsreparaturen schriftlich abzutreten, so dass die Beklagte die vorverauslagten Schönheitsreparaturkosten vom Vermieter wieder einklagen könne. Für Schönheitsreparaturen seien keine Ansparungsmöglichkeiten im Regelsatz vorgesehen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der vorzunehmenden Schönheitsreparaturen in ihrer Wohnung zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin hat nach Aufforderung per E-Mail eine Seite mit Aufnahmen übersandt, die die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung belegen sollen (vgl. Bl. 72 LSG Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die von ihr gewünschte Schönheitsrenovierung in ihrer Wohnung.
Gegen den diese Kostenübernahme ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.9.2013 geht die Klägerin zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG vor.
Das SG hat mit zutreffender Begründung unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Kostenübernahme hat, weil sie durch den Mietvertrag mit starrer Fristenregelung nicht wirksam zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist, diese der Vermieter von ihr auch nicht fordert und ihr Wunsch allein keinen sozialhilferechtlichen Bedarf gegen den Beklagten begründet. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich ergänzend wird ausgeführt, dass die Klägerin irrt, wenn sie meint, dass Schönheitsreparaturen von allen Mietern nach spätestens 4 Jahren gefordert würden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ist eine solche starre Fristenregelung in einem Mietvertrag nach der Rechtsprechung des BGH gerade unwirksam (BGH Urteil vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03 - NJW 2004, 2586, 2587, in juris). Die Ausnahme, die der VIII. Zivilsenat nur für solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässt, die eine Renovierung innerhalb bestimmter Fristen zwar für den Regelfall vorsehen, diese aber vom tatsächlichen Erhaltungszustand der Mieträume abhängig machen (vgl. BGH Urteile vom 13. Juli 2005 - VIII ZR 351/04 - NJW 2005, 3416, in juris; vom 18. Oktober 2006 - VIII ZR 52/06 - NJW 2006, 3778, in juris Rn. 17 und vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06 - NJW 2007, 3632, in juris Rn. 12), ist im Mietvertrag der Klägerin nicht vorgesehen. Knüpft die Vertragsklausel die Renovierungspflicht des Mieters dagegen allein an feste zeitliche Grenzen und führt die Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu, dass der Erhaltungszustand für die Verpflichtung keine Rolle spielt, führt dies regelmäßig zur Unwirksamkeit der Klausel (BGH Urteile vom 5. April 2006 - VIII ZR 178/05 - NJW 2006, 1728, in juris Rn. 11 und vom 7. März 2007 - VIII ZR 247/05 - WuM 2007, 260, 261, in juris Rn. 14). So liegt der Fall hier. Das heißt, dass § 7 ihres Mietvertrages unwirksam ist und die Klägerin nicht zur Durchführung von irgendwelchen Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Daraus folgt, dass es bei der gesetzlichen Regelung bleibt, weil diese nicht wirksam abbedungen wurde (vgl. auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Juli 2010 – L 7 AS 60/09 –, juris Rn. 35 ff). Nach der gesetzlichen Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegt dem Vermieter die Verpflichtung, das Mietobjekt während der gesamten Vertragszeit in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten (BGH, Urteil vom 12. März 2014 – XII ZR 108/13 –, juris Rn. 19). Darunter ist auch die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen zu verstehen, wenn sie - unabhängig von einem Fristenplan - nach dem Zustand der Wohnung erforderlich sind. Dies ist eine Tatfrage. Der Anspruch setzt voraus, dass ein vertragswidriger Zustand vorliegt, was der Mieter im Einzelnen darzulegen hat (K. Lützenkirchen in: Erman BGB, Kommentar, § 535 BGB). Die Pflicht ihres Vermieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in der Wohnung der Klägerin hängt demnach allein davon ab, ob der Zustand der Wohnung tatsächlich diese erforderlich macht, was der Senat aus den vorgelegten Bildern nicht zu erkennen vermag. Sollte der Vermieter die Schönheitsrenovierung verweigern, ist die Klägerin auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB im Zivilrechtsweg zu verweisen. Das Risiko, ob ihre Einschätzung hinsichtlich des Zustands der Wohnung und der Fälligkeit von Schönheitsreparaturen geteilt wird, ist nicht im Rahmen der Sozialhilfe von der Beklagten zu übernehmen. Zwar beruft sich die Beklagte hier zur Ablehnung des Anspruchs der Klägerin auf die Unwirksamkeit bestimmter Regelungen im Mietvertrag, was unter gewissen anderen Vorzeichen die Pflicht auslösen kann, den Mieter auch in die Lage zu versetzen, seine Rechte gegenüber dem Vermieter durchzusetzen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 8/09 = SozR4-4200 § 22 Nr 24, in juris Rn. 23 mwN). Dies gilt aber nur für den Fall, dass auf einer unwirksamen Vereinbarung beruhende Forderungen des Vermieters abzuwehren sind (vgl für die Kosten der Auszugsrenovierung: BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 15/11 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 53, in juris Rn. 17), was vorliegend aber nicht der Fall ist, nachdem der Vermieter die Klägerin nicht in Anspruch nimmt.
Ebenso gibt es auch keinen Anspruch gegen die Beklagte, wonach diese verpflichtet wäre, gegen Abtretung der Forderung gegen den Vermieter die Renovierungskosten vorzustrecken.
Die Nichtdurchführung von fälligen Schönheitsreparaturen stellt einen Mangel der Mietsache dar. Bei Weigerung zur Durchführung fälliger Schönheitsreparaturen kommt daher auch ein Anspruch auf Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB in Betracht. Ebenso kann der Vermieter bei Verweigerung fälliger Schönheitsreparaturen zur Vorschusszahlung gem. § 536a Abs. 2, § 242 BGB verpflichtet sein (vgl. LG Berlin, Urteil vom 04. Oktober 2013 – 65 S 190/12 –, juris; LG Berlin, Urteil vom 27. August 2010 – 65 S 440/09 –, juris).
Sofern die Klägerin die mögliche Kostentragungspflicht in einem Zivilprozess scheut, kann sie auch schon vor Erhebung der Klage einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen, um die Erfolgs-aussichten einer Klage vorab einschätzen zu lassen. Eine Pflicht des Beklagten, sie von diesen Risiken freizustellen, gibt es im vorliegenden Fall jedoch nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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