L 25 AS 3137/14 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 59 AS 4881/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 3137/14 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2014 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin, in dem die Kläger höhere (endgültige) Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 begehren und sich gegen die Anrechnung des von der Klägerin zu 2 bezogenen Elterngeldes als Einkommen wenden, ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt.

1. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Bei der Abwägung, ob einer Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg zukommt, gebietet Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem in Artikel 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsgrundsatz und der in Artikel 19 Abs. 4 GG verankerten Rechtsschutzgarantie gegen Akte der öffentlichen Gewalt eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. In der Folge dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überzogen werden, weil das Prozesskostenhilfeverfahren den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bietet, sondern ihn erst zugänglich macht (ständige Rechtsprechung, vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 13. März 1990 – 2 BvR 94/88BVerfGE 81, 347 ff.; und vom 3. März 2014 – 1 BvR 1671/13 – zitiert nach juris). Damit muss der Erfolg des Rechtsschutzbegehrens nicht gewiss sein; hinreichende Aussicht auf Erfolg ist nur dann zu verneinen, wenn diese nur entfernt oder schlechthin ausgeschlossen ist. Die hinreichende Erfolgsaussicht ist daher gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Ist eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist, muss ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

2. Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Vorgaben hatte und hat die Klage vorliegend keine hinreichenden Erfolgsaussichten.

a) Gegen die seit dem 1. Januar 2011 geltenden Regelungen betreffend die Elterngeldanrechnung in § 10 Abs. 5 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I, S. 1885) dürften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Die diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Fragestellungen, insbesondere die von den Klägern in diesem Zusammenhang gerügte Besserstellung derjenigen Leistungsberechtigten, die vor der Geburt des Kindes erwerbstätig waren und hieraus Einkommen erzielten, gegenüber solchen Leistungsberechtigten, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig waren und hieraus kein Einkommen erzielten, dürften durch das Bundesverfassungsgericht geklärt sein (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Oktober 2012 – L 14 AS 1607/12 NZB –, juris Rn. 7 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 29. November 2012 – L 19 AS 1283/12 B –, juris Rn. 25 ff., und vom 19. April 2013 – L 2 AS 99/13 B –, juris Rn. 10 ff.; Hessisches LSG, Beschlüsse vom 1. Februar 2013 – L 6 AS 817/12 B –, juris Rn. 16 ff., und vom 1. August 2013 – L 6 AS 378/13 –, juris Rn. 23 ff.; Thüringisches LSG, Beschluss vom 9. April 2013 – L 4 AS 1601/12 B –, juris Rn. 4 ff.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 26. November 2013 – L 3 AS 1270/12 B PKH –, juris Rn. 14; Wiegand, BEEG, Stand 11/14, § 10 Rn. 12a).

Hinsichtlich der Gewährung von Sozialleistungen, die an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpften, räumt das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum ein, wenn er Regelunge darrüber trifft, ob und in welchem Umfang Einkommen auf den individuellen Bedarf angerechnet wird (BVerfG, Beschluss vom 16. März 2011 – 1 BvR591/08, 1 BvR 593/08 , juris Rn. 31 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht prüft insoweit nicht, ob der Normgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG, a.a.O. unter Hinweis auf BVerfGE 112, 164 (175)).

Zur Frage der leistungsmindernden Anrechnung von Kindergeld auf das Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde nicht angenommen und im Hinblick auf Artikel 3 Abs. 1 GG ausgeführt, dass der Gesetzgeber, der Steuervergünstigungen gewähre, nicht dazu verpflichtet sei, diesen Vergünstigungen entsprechende Sozialleistungen solchen Personen und ihren Angehörigen zu gewähren, die kein zu versteuerndes Einkommen erzielen (BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 3163/09 –, juris Rn. 8).

Es hat ferner entschieden, dass die Gestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 und Artikel 6 Abs. 1 und 2 GG verstößt (Beschluss vom 9. November 2011 – 1 BvR 1853/11 , juris Rn. 8 ff.).

In diese Systematik des Elterngeldes als steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung dürfte sich die von § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG vorgenommene Differenzierung danach, ob das Elterngeld als Surrogat für zuvor erzieltes Arbeitseinkommen gezahlt wird, einfügen (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 1. August 2013, a.a.O., Rn. 31).

Ausgangspunkt dieser Differenzierung dürfte zunächst sein, dass der Bedarf des betreuenden Elternteils und der des Kindes im System der Grundsicherung durch die Regelsätze und die Zusatzleistungen, gegebenenfalls einschließlich des Mehrbedarfszuschlags für Alleinerziehende, umfassend gesichert ist und dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet wird und dass vor diesem Hintergrund die Freistellung von bestimmten Einnahmen, wie zum Beispiel dem Elterngeld, von der Einkommensanrechnung jeweils besonders rechtfertigungsbedürftig ist (vgl. BR-Drs. 532/10, S. 61). Eine solche besondere Rechtfertigung hat der Gesetzgeber für die Fälle, in denen bis zur Geburt des Kindes eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, in dem Zweck des Elterngeldes gesehen, einen Anreiz zu bieten, die Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes vorübergehend ohne allzu große Einkommensnachteile zu unterbrechen (BT-Drs. 17/3452, S. 8; vgl. dazu auch BVerfG, a.a.O., Rn. 12). Fehlt es dagegen am vorherigen Bezug von Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit, entfällt diese Anreizwirkung des Elterngeldes und stellt sich die Zahlung des Elterngeldes nicht als Ersatz für ausgefallenes Erwerbseinkommen dar, sondern als einkommensunabhängige Fürsorgeleistung (vgl. SG Karlsruhe, Beschluss vom 17. März 2014 – S 15 AS 694/14 ER –, juris 33).

b) Weitere Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der im Klageverfahren angegriffenen Bescheide machen die Kläger nicht geltend und sind bei summarischer Prüfung auch nicht ersichtlich. Insoweit wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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