L 18 AS 1826/14

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 183 AS 8809/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1826/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig sind die Übernahme der Kosten einer Zwangsräumung und der dadurch entstandenen Einlagerungskosten für Hausrat.

Die Klägerin lebte bis zur Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher am 19. September 2012 in einer in der Pstraße, B, gelegenen Wohnung (38,76 m², Sammelheizung) und bezog bis 31. Januar 2013 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) von dem Beklagten. Grundlage der im Wege des Vollstreckungsschutzes mehrfach verschobenen Zwangsräumung war ein rechtskräftiges Urteil des A Sch vom 28. September 2011 (- 103 C 549/10 -). Mit Bescheid vom 21. August 2012 hatte der Beklagte - entsprechend der von der Klägerin aufzuwendenden Gesamtmiete, in der eine Vorauszahlung für Heizkosten iHv 40,61 EUR monatlich enthalten war - Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. August 2012 bis 31. Januar 2013 iHv monatlich 230,23 EUR bzw - ab 1. Oktober 2012 - monatlich 253,73 EUR bewilligt. Mit Bescheiden vom 4. Oktober 2012 und 23. Januar 2013 übernahm der Beklagte die Kosten der Kriseneinrichtung, in der sich die Klägerin in der Zeit vom 20. September 2012 bis zum Einzug in eine im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen gelegene Wohnung am 19. Januar 2013 (Mietbeginn 28. Dezember 2012) befand. Die Bewilligung der mit Bescheid vom 21. August 2012 zuerkannten KdU-Leistungen hob der Beklagte für die Zeit ab 20. September 2012 und für Oktober 2012 auf (Bescheid vom 27. November 2012). Mit Bescheid vom 9. Januar 2013 gewährte der Beklagte KdU-Leistungen für November 2012 iHv 498,90 EUR (Unterbringung) und für Januar 2013 iHv 445,50 EUR (Mietzins der neuen Wohnung), mit Bescheid vom 22. Februar 2013 weitere KdU-Leistungen iHv 44,55 EUR (Mietzins für die Zeit vom 28. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2012).

Den Antrag auf Übernahme der Kosten der von der Vermieterin veranlassten Räumung der Wohnung in der Pstraße sowie der Kosten der Einlagerung des Hausrats (Rechnungen der D W M GmbH vom 14. Dezember 2012 iHv 4.370,24 EUR; auf die darin enthaltene Rechnung der L V GmbH vom 30. November 2012 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen), hinsichtlich dessen die Vermieterin ein Vermieterpfandrecht geltend gemacht hatte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2013 ab.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Übernahme der Zwangsräumungs- und Einlagerungskosten als "Kosten der Unterkunft" gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 14. Mai 2014). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Beklagte sei zur Übernahme der geltend gemachten Kosten nicht verpflichtet. Es handele sich insoweit nicht um KdU. Die Regelleistungen seien vollständig erbracht worden. Weitere Anspruchsgrundlagen seien nicht ersichtlich.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter; auf die Berufungsschrift vom 11. Juli 2014 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der Zwangsräumung ihrer früheren Wohnung Pstraße , B, zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten (Band IV) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Streitgegenstand des Verfahrens ist die durch Bescheid vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2013 ausgesprochene Weigerung des Beklagten, die von der Klägerin geforderte höhere Leistung für KdU aufgrund der von der ehemaligen Vermietern ihr gegenüber geltend gemachten Kosten der Zwangsräumung der Wohnung Pstraße , B, und der Einlagerung des Hausrates zu übernehmen. Die Beschränkung auf (höhere) Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (vgl nur BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R = BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - B 14 AS 66/11 R - juris).

Als Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf die bezeichneten Kosten kommen zunächst die §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 19 Satz 1, 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nach § 7 SGB II erfüllte die im Leistungsbezug nach dem SGB II stehende Klägerin. Zu den als Arbeitslosengeld II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für KdU, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Von den KdU erfasst sind alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben (vgl BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 2/10 R - juris; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 20 mwN).

Bei den Zahlungsverpflichtungen, die die ehemalige Vermieterin gegenüber der Klägerin für die von ihr - der ehemaligen Vermieterin - aufgewandten Räumungs- und Einlagerungskosten geltend macht, handelt es sich zwar um Verpflichtungen, die sich zumindest mittelbar aus dem Mietvertrag für die frühere Wohnung ergeben. Es sind Kosten, die einerseits durch die Inbesitznahme aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses und den daraus resultierenden Herausgabeanspruch nach § 546 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und andererseits durch das nach Maßgabe der §§ 562, 562b, 1215,1216, 1228, 1233 BGB geltend gemachte und ausgeübte Vermieterpfandrecht entstanden sind. Dabei erstreckt sich der nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag zu bestimmende Verwendungsersatz nach § 1216 Satz 1 BGB auch auf Kosten der Lagerung. Gemein ist diesen Kosten aber, dass sie nicht dem Erhalt, der Bewohnbarkeit oder dem geordneten Einzug in eine Wohnung und damit nicht dem Teil der Existenzsicherung dienten, der mit Ansprüchen nach § 22 SGB II abgedeckt wird (vgl insoweit BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - B 14 AS 152/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 49 Rn 17). Denn die Kosten sind nur dadurch entstanden, dass die Klägerin trotz der Beendigung des Mietverhältnisses und des mehrfach gewährten Vollstreckungsschutzes ihre frühere Wohnung nicht räumte, sondern die Räumung zwangsweise vom Gerichtsvollzieher durchgesetzt werden musste. Damit sind diese Kosten aber zugleich auch nicht als "angemessen" iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusehen.

Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Die Regelleistungen wurden der Klägerin durchweg in vollem Umfang bewilligt. Da die Kosten auch nicht der Sicherung der Unterkunft dienten, scheidet auch ein Anspruch nach § 22 Abs. 8 SGB II aus. Eine vergleichbare Notlage lag ebenfalls nicht vor. Denn die Unterkunft der Klägerin war auch nach der Räumung in der Kriseneinrichtung gesichert und wurde von dem Beklagten in vollem Umfang finanziert. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 6 SGB II (kein "laufender" Bedarf iS der Vorschrift) bzw für die abweichende Erbringung von Leistungen nach § 24 Abs. 1 bzw 3 SGB II (kein "unabweisbarer Bedarf" bzw keine "Erstausstattung") sind nicht erfüllt. Letztlich begehrt die Klägerin die Übernahme einer allgemeinen Schuldentilgung, die nicht Aufgabe der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II sein kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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