L 2 AS 4/15 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 AS 5081/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 4/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat.

Die 1977 geborene Antragstellerin ist syrische Staatsangehörige. Sie studierte zwei Jahre lang in Syrien (ohne Abschluss) und arbeitete im Anschluss daran im Tourismusministerium in Syrien. Im Jahr 2009 kam sie nach Deutschland, um dort zu studieren und besuchte zunächst bis 2010 einen vorbereitenden Deutschkurs. Anschließend studierte sie Archäologie und wechselte zum Wintersemester 2012/2013 in das Studienfach Nahoststudien im Hauptfach und Christlicher Orient im Nebenfach. Ihr Unterhalt war durch Zahlungen ihrer Eltern aus Syrien gesichert. Durch die kriegerische Auseinandersetzung in Syrien fiel die Förderung von ihren Eltern weg. Jedenfalls seit April 2013 erhielt sie Unterstützungen durch den Verein zur Hilfe ausländischer Studierender und durch den ökomenischen Notfond bzw. die Evangelische Studentengemeinde.

Die Antragstellerin erhielt am 17. Dezember 2013 einen Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz (AufenthG) für syrische Studenten und deren Familienangehörige, deren finanzielle Unterstützung aus dem Heimatland nicht mehr sichergestellt ist. Dieser Aufenthaltstitel basierte auf dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt vom 2. April 2013. In den Eingangsbemerkungen zu dem Erlass heißt es: Der Wegfall von Unterhaltsleistungen aus Syrien führe zu einer schwierigen wirtschaftlichen Lage und gefährde die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Studierenden und ihrer Familienangehörigen. Um diesen Personen den Zugang zu Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bzw. dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und damit einen rechtlich und finanziell gesicherten Verbleib in Deutschland zu ermöglichen, hätten sich Bund und Länder auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen auf der Basis einer Ausnahmeanordnung gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG ( ) verständigt.

Ende 2013/Anfang 2014 reiste die Antragstellerin zu ihrem schwerverletzten Bruder nach Syrien. Ihr Bruder erlag seinen Verletzungen und die Antragstellerin konnte aufgrund von Schwierigkeiten mit den syrischen Behörden erst am 22. September 2014 wieder nach Deutschland einreisen. Sie zahlte während dieser Zeit des Aufenthaltes in Syrien auch ihre Semestergebühren, musste ihr Studium aber faktisch unterbrechen. Sie ist jetzt nach ihrer Darstellung im 3. Fachsemester. Bis zum voraussichtlichen Studienabschluss (Bachelor – Regelstudiendauer sechs Semester) benötigt sie noch mindestens 1,5 Jahre bzw. 3 Semester.

Die Antragstellerin stellte am 5. November 2014 bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 14. November 2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin ab: Sie sei nach der gesetzlichen Konzeption des SGB II als Studierende von der Leistungsgewährung ausgeschlossen.

In einem weiteren Bescheid vom 27. November 2014 lehnte der Antragsgegner auch einen darin enthaltenen Antrag auf Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft ab, weil der Anspruch den Bezug von BaföG oder BAB-Leistungen voraussetze.

Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Diesen begründete sie wie folgt: Sie sei völlig mittellos und der Erlass vom 2. April 2013 sollte Studierenden wie ihr den Abschluss des Studiums ermöglichen. Neben den oben genannten, jetzt ausgeschöpften Unterstützungen durch verschiedene Notfonds, habe sie mit sog. Minijobs Geld dazu verdient, dies habe ihren Lebensunterhalt aber nicht sichern können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2014 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin in Bezug auf den Antrag auf Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt und mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2014 den Antrag auf den Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung zurück.

Mit Bescheid vom 3. November 2014 hat das Studentenwerk Halle der Antragstellerin bescheinigt, dass ein Anspruch im Rahmen des BAföG unter Beachtung der Überschreitung der Altersgrenze nicht feststellbar sei. Die Ausnahmevorschrift nach § 10 Abs. 3 BAföG bei einer Überschreitung der Altersgrenze werde nicht erfüllt.

Am 3. Dezember 2014 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Halle (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.

Mit Beschluss vom 12. Dezember 2014 hat das SG den Antrag abgelehnt: Es greife für die Antragstellerin der gesetzliche Ausschluss für Studierende nach § 7 Abs. 5 SGB II. Einen Darlehensantrag nach § 27 Abs. 4 SGB II habe die Antragstellerin explizit noch nicht gestellt. Ein solcher wäre aber auch nicht erfolgversprechend. Die anerkannten Fallgruppen, in denen berufsbezogen eine besondere Härte angenommen wurde, lägen nicht vor. Die Antragstellerin stehe nicht kurz vor Abschluss ihres Studiums, das eigene Studium sei diskontinuierlich betrieben worden und es sei nicht ersichtlich, dass die Ausbildung objektiv den einzigen Zugang zum Arbeitsmarkt darstelle. Das SGB II habe nicht den Zweck, subsidiär Ausbildungsförderung zu betreiben.

Gegen den ihr am 17. Dezember 2014 zugestellten Beschluss hat ihre Prozessbevollmächtigte für sie am 18. Dezember 2014 Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt: Soweit nach dem Erlass den Familienangehörigen von syrischen Studierenden Anspruch auf Familien- und Sozialleistungen zustünden, stehe dies nicht in Einklang mit der Ablehnung von Leistungen für die Studierenden selbst, welche die Voraussetzungen für die Bewilligung von BAföG (wegen Überschreitung der Altersgrenze, Zweitstudium etc.) nicht erfüllten. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass ihr für den Fall der Exmatrikulation Leistungen gewährt würden, sie jedoch in ihrer momentanen außerordentlichen Lage und mit dem Willen ihre Ausbildung zu beenden, keine finanzielle Unterstützung erhalte. Sie verfüge über keine Mittel, um ihren Lebensunterhalt zu decken. Sie habe Schulden in Höhe von 1.500 EUR bei ihrem Vermieter, ihr Girokonto sei mit 400 EUR "im Minus". Es müsse berücksichtigt werden, dass bis zum Kriegsausbruch eine ausreichende finanzielle Unterstützung von ihrem Elternhaus bestanden habe.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 12. Dezember 2014 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ab dem 1. November 2014 vorläufig als Darlehen nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Es liege auch unter Beachtung des Aufenthaltsrechts der Antragstellerin keine besondere Härte vor. Auch nicht studierende syrische Staatsangehörige würden ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen haben und jedenfalls nicht abgeschoben werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des SG Halle ist gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Hier wäre die Berufung der Antragstellerin zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 Euro übersteigt, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zutreffend hat das SG das Vorliegen eines Anspruchs auf eine einstweilige Anordnung verneint.

Der Erlass der von den Antragstellerin begehrten vorläufigen Anordnung beurteilt sich nach § 86b Abs. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift ist das Begehren der Antragstellerin als auf den Erlass einer Regelungsanordnung gerichteter Antrag statthaft, weil in der Hauptsache keine reine Anfechtungsklage zu erheben war. Das Begehren der Antragstellerin ist auf die Gewährung von Leistungen gerichtet, so dass statthafte Klageart eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 und 4 SGG ist. Das Gericht der Hauptsache kann in diesem Fall gemäß § 86b Abs. 2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, weil sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei gelten nach § 86b Abs. 23 Satz 4 SGG die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO.

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Grundsätzlich gehört die Antragstellerin auch als syrische Staatsangehörige mit einem Aufenthaltsrecht nach § 23 Abs. 1 AufenthG von mehr als sechs Monaten zu dem Kreis der Leistungsberechtigten nach § 7 Abs. 1 SGB II, weil sie nach ihrem Aufenthaltsstatus nicht von der Leistungsberechtigung ausgeschlossen ist. Denn sie hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 1 Abs. 2 AsylbLG). So verfügt sie über einen Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG noch bis zum 16. Dezember 2015.

Sie ist jedoch als Studierende gem. § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausgeschlossen. Die Antragstellerin absolviert eine dem Grunde nach mit BAföG förderfähige Ausbildung. Es handelt sich um einen regulären sechssemestrigen Bachelorstudiengang im Vollstudium. Die Förderung mit BAföG wurde lediglich aus individuellen Versagungsgründen (Überschreiten der Altersgrenze) abgelehnt. Dies ist für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II unbeachtlich, da die Ausschlussregelung erreichen soll, dass die nachrangige Grundsicherung keine versteckte Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene ermöglicht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67 /08 R – zitiert nach juris). Die Antragstellerin hatte schon zu Beginn ihres aktuellen Studiums im Herbst 2012 und auch schon bei ihrer Einreise zum Studium im Jahr 2009 das 30. Lebensjahr überschritten (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG). Die Voraussetzungen von § 7 Abs. 6 SGB II liegen nicht vor.

Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Leistungen nach § 27 SGB II. Die Leistungen nach § 27 SGB II kommen für Auszubildende, die nach § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen sind, in Betracht.

Ein Anspruch auf einen Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft nach § 27 Abs. 3 SGB II besteht nicht. Dieser Zuschuss soll nur Ausbildungsförderungsleistungen ergänzen. Voraussetzung für den Zuschuss ist, dass die Auszubildenden Berufsausbildungsbeihilfe oder BAföG-Leistungen erhalten, bzw. nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nach der für die Ausbildungsförderung maßgeblichen Vorschriften nicht erhalten. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Es ist auch kein Anspruch auf ein Darlehen nach § 7 Abs. 4 SGB II glaubhaft gemacht. Nach dieser Vorschrift können Leistungen als Darlehen für Regelbedarfe, Bedarfe für Unterkunft und Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeutet.

Eine besondere Härte liegt erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzutreten, die einen Ausschluss der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen ließen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur der Vorläuferregelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Die Ausbildungsförderung ist abschließend außerhalb des SGB II geregelt. Das Sozialhilfe- und Grundsicherungsrecht soll deshalb nicht dazu dienen, eine nach den Spezialgesetzen förderfähige Ausbildung, die nach den Spezialgesetzen aus individuellen Gründen nicht gefördert wird, über die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu ermöglichen. D. h. der Zwang, dass ein Studierender, welcher nach den Spezialgesetzen aus individuellen Gründen nicht gefördert wird, sein Studium beenden muss, um den Ausschluss von SGB II Leistungen abzuwenden, ist systemimmanent und kein besonderer Härtefall.

Weitere Umstände, die über diese dargestellte Härte hinausgehen sind hier nicht glaubhaft gemacht. Solche Gründe sind dem Zweck des SGB II entsprechend, bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen, erwerbszentriert. Das BSG hat insoweit drei Fallgruppen der "besonderen Härte" anerkannt (umfassend BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – a.a.O.):

Bei der ersten Fallgruppe ist wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden, der nicht durch BAföG oder BAB gedeckt werden kann und es besteht deswegen begründeter Anlass für die Annahme, dass die vor dem Abschluss stehende Ausbildung nicht beendet werden kann und das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit droht (vgl. BSG Urteil vom 6. September 2007 - 14/7b AS 36/06 R – zitiert nach juris). Für den Begriff "vor dem Abschluss stehend" muss die durch objektive Gründe belegbare Aussicht bestehen, nachweisbar etwa durch die Meldung zur Prüfung, dass der Ausbildungsabschluss in absehbarer Zeit bevorsteht. Dies ist hier nicht der Fall die Antragstellerin befindet sich nach eigener Darstellung im 3. Fachsemester und braucht noch mindestens drei Semester bis zu ihrem Abschluss.

Auch der zweite Ausnahmefall einer weit fortgeschrittenen bisher kontinuierlich betriebenen Ausbildung, die wegen einer Behinderung oder Krankheit gefährdet ist, liegt nicht vor.

Bei der dritten Fallgruppe ist Voraussetzung, dasst objektiv belegbar nur eine nach den Vorschriften des BAföG förderungsfähige Ausbildung die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt. Eine solche Konstellation ist nur in absoluten Ausnahmefällen denkbar, Voraussetzung sind persönliche Defizite, die dem Studierenden andere Entwicklungsmöglichkeiten verschließen würden (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007 – B 14/7b AS 28/06 R – zitiert nach juris- Rn. 37). Solche persönlichkeitsbedingten Problemlagen mit sich daran anschließenden Anpassungsproblemen sind hier nicht vorgetragen oder ersichtlich.

Auch unabhängig von den genannten Fallgruppen können die individuellen Besonderheiten der Situation der Antragstellerin als syrische Staatsangehörige und ihre Betroffenheit durch den Konflikt in Syrien keine besondere Härte begründen.

Der Umstand, dass die Antragstellerin bei Beginn des Studiums noch davon ausgehen durfte, von ihren Eltern unterstützt zu werden und dies durch den Bürgerkrieg in Syrien unmöglich geworden ist, stellt keine besondere Härte dar. Die Antragstellerin hatte ihr Studienfach gerade erst gewechselt (Wintersemester 2012/2013) als sie jedenfalls ab April 2013 (nach Aussage der Antragstellerin schon einige Monate davor) keine Unterstützung mehr aus Syrien erhielt und keine gesicherte Lebensgrundlage für die Durchführung eines Studiums ohne BAföG mehr hatte. Es liegt also kein Fall vor, bei dem ein wesentlicher Teil der Ausbildung mit Unterstützung bereits absolviert war und unerwartet diese Leistung entfiel. Da die Antragstellerin bereits bei Beginn ihres Studiums das 30. Lebensjahr überschritten hatte und ihr Studium daher bereits ohne Förderungsmöglichkeit nach dem BAföG aufgenommen hatte, kann die Verzögerung des Abschlusses durch den zwangsweise verlängerten Aufenthalt in Syrien im Jahr 2014, der durch den Kriegszustand dort bedingt war, nicht als Begründung für eine besondere Härte herangezogen werden.

Eine besondere Härte lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Fortsetzung des Studiums Grundlage für das Aufenthaltsrecht nach § 23 Abs. 1 AufenthG ist. Denn der Antragstellerin droht jedenfalls keine Abschiebung nach Syrien, selbst wenn ihr der bis Dezember 2015 bewilligte Aufenthaltstitel von der Ausländerbehörde entzogen würde. Unabhängig davon, ob und in welcher Form ihr aus humanitären Gründen oder wegen des langen rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG zustünde und der Aufenthaltstitel - wie von dem Antragsgegner dargestellt - "umgeschrieben" werden könnte, besteht jedenfalls für syrische Staatsangehörige eine Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 1 AufenthG. Das Ministerium für Inneres und Sport hat zuletzt mit Anordnung vom 1. Oktober 2014 die seit 2012 bestehende Aussetzung der Abschiebung verlängert.

Die Anordnung des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt nach § 23 Abs. 1 AufenthG zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an syrische Studierende vom 2. April 2013 lässt sich zur Begründung eines Härtefalles nicht heranziehen. Denn durch die Anordnung sollte den syrischen Studierenden überhaupt erst ermöglicht werden, wie ein deutscher Studierender nach dem BAföG usw. gefördert zu werden. Der Verweis auf Leistungen nach dem SGB II im Erlass bezieht sich zum einen auf die Angehörigen des Studierenden und zum anderen auf die ergänzenden Leistungen nach § 27 SGB II. Auch in dem in der Verwaltungsakte enthaltenen gemeinsamen Merkblattes des Bundesministeriums des Inneren, der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und des Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) zu syrischen Staatsangehörigen, die sich zum Studium in Deutschland aufhalten, wird daher für Angehörige auf einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II und für den Studierenden auf BAföG-Leistungen sowie die Möglichkeit, "darüber hinaus" beim Jobcenter Leistungen für Auszubildende nach § 27 SGB II zu beantragen, verwiesen. Für diese Leistungen müssen aber genauso wie für deutsche Studierenden die in dem maßgeblichen Gesetz genannten Voraussetzungen vorliegen. Ein Sonderrecht oder eine veränderte Auslegung des § 27 Abs. 4 SGB II bewirkt der Erlass nicht.

Nach alledem muss die Beschwerde der Antragstellerin trotz der möglichen Folge eines Abbruchs oder Unterbrechung des Studiums, um Leistungen (zunächst nach dem SGB II und bei einem veränderten Aufenthaltstitel ggf. nach dem AsylbLG) zu erhalten, erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum BSG anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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