Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 869/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 612/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Verbindung eines Sanktionsbescheides mit einer Nebenbestimmung in Form der Bedingung ist grundsätzlich nicht möglich.
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 03.07.2013 sowie der Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 aufgehoben.
II. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Nichtwahrnehmung eines Meldetermins.
Der Kläger bezog seit Juli 2007 Alg II. Mit Bescheid vom 06.08.2009 bewilligte ihm der Beklagte u.a. für den Zeitraum 01.12.2009 bis 30.06.2010 monatlich 287,55 EUR. Die Fortzahlung des Alg II ab 01.07.2010 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2011 ab. Eine dagegen beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage (S 15 AS 870/11) wurde durch Klagerücknahmefiktion beendet, weil der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betrieben hatte.
Mit Schreiben vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 lud der Beklagte den Kläger zum Zwecke der Vermittlung von Arbeit, Ausbildung oder einer Arbeitsgelegenheit, der Vorbereitung von Eingliederungsmaßnahmen sowie der Vorbereitung bzw. des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung für den 07.05.2010 ein. Dabei wurde auf die Rechtsfolgen insbesondere die Minderung des Alg II um 10 vom Hundert der maßgeblichen Regelleistung für drei Monate hingewiesen, die eintreten würden, sollte der Meldeaufforderung nicht Folge geleistet werden.
Nachdem der Kläger der Meldeaufforderung vom 30.04.2010 nicht nachgekommen war, senkte der Beklagte mit Bescheid vom 21.05.2010 die Regelleistung des Klägers um 10 vom Hundert für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.08.2010 ab. Der Hinweis des Klägers auf seine Meinung über die Politik in der Bundesrepublik Deutschland stelle keinen wichtigen Grund dar. Die Absenkung erfolge für den Fall, dass ein Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab 01.07.2010 gestellt werde. Eine Entscheidung über eine Leistungsgewährung nach Ende des Bewilligungszeitraumes werde mit dem vorliegenden Bescheid ausdrücklich nicht getroffen. Auf dem in der Verwaltungsakte des Beklagten abgehefteten Entwurf des Bescheides ist u.a. vermerkt, der Bescheid sei nochmals am 26.05.2010 "mit Berechungsblatt" zur Post gegeben worden. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2011 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Eine Vorsprache sei im Hinblick auf ein damals bereits anhängiges Gerichtsverfahren gegen den Beklagten nicht erforderlich gewesen. Er sei auch nicht anderweitig aufgeklärt worden. Im Übrigen fehle im Rahmen der Rechtsfolgenbelehrung und im Sanktionsbescheid die Angabe des konkreten Absenkungsbetrages. Mit Urteil vom 03.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid enthalte zumindest konkludent sowohl die Feststellung der Minderung als auch eine teilweise Aufhebung der aktuellen Leistungsbewilligung. Dies ergebe sich aus der Begründung nebst dem beigefügten Berechnungsblatt. Trotz ordnungsgemäßer schriftlicher Rechtsfolgenbelehrung sei der Kläger zum Termin am 07.05.2010 nicht erschienen. Für das Fernbleiben gebe es keinen wichtigen Grund. Der Bescheid sei hinreichend bestimmt, da der konkrete Absenkungsbetrag eindeutig dem beigefügten Berechnungsblatt habe entnommen werden können. Zudem habe sie aus dem Verfügungssatz des Sanktionsbescheides unter Hinzuziehung des Bewilligungsbescheides ermittelt werden können. Eine Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung führt der Kläger aus, seine überregionale, nicht gewerbliche Tätigkeit als Umweltaktivist führe zu einer Freistellungspflicht durch den Arbeitgeber bzw. bei Erwerbslosigkeit durch die Versorgungsbehörde.
Der Kläger beantragt:
"1. Die Gemeinnützigkeit meiner Tätigkeit als freischaffender Umweltaktivist wird grundsätzlich als Nothilfe im Sinne der Helfergleichstellung anerkannt. Daraus ergibt sich auch eine rückwirkende Freistellung vom gewerblichen Arbeitsmarkt während des Streitzeitraums.
2. Sind die für eine unabhängige Abwägung erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben, so dass eine belastbare Entscheidung der Hauptsache nicht möglich ist, ist unter Aussetzung der Hauptsacheentscheidung der einstweilige Rechtsschutz zu bekräftigen.
3. Die ausstehende Grundsicherung in Höhe von ca. 20.000 EUR ist unverzüglich auszuzahlen. Auf Versicherungskosten wird mit Zustimmung der nicht verwendeten Krankheitsversicherung verzichtet.
4. Aufgrund der verursachten Umstände möchte das Landratsamt Würzburg zusätzlich zehn Prozent der Streitsumme an die im Schriftsatz benannte gemeinnützige Organisation zahlen."
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit dem Hinweis im Sanktionsbescheid, es müsse für die Zeit ab 01.07.2010 ein Weiterbewilligungsantrag gestellt werden, habe man lediglich klarstellen wollen, dass an sich noch keine Aussage über eine Leistungsbewilligung und deren Höhe getroffen werden sollte. In Bezug auf eine Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides für Juni 2010 ändere der Sanktionsbescheid lediglich den Auszahlungsanspruch und nicht den Leistungsanspruch. Dies folge aus §§ 31b Abs 1 Satz 1 und 39 Nr 1 SGB II. Damit habe es auch einer speziellen Anhörung bezüglich der Aufhebung des Bescheides vom 06.08.2009 nicht bedurft. Der vom Kläger vorgenommenen Klageänderung werde nicht zugestimmt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 145, 153 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig und begründet. Das Urteil des SG vom 03.07.2013 ist aufzuheben. Der Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens und bei rechtsschutzzielorientierter Auslegung (vgl dazu im Einzelnen: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 123 Rn 3) begehrt der Kläger zunächst, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 03.07.2013 sowie den Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 aufzuheben. Gegenstand des Verfahrens ist dabei allein der Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 03.07.2013 hat der im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene Kläger eine reine Anfechtungsklage erhoben. Auch im Berufungsverfahren ist insofern keine (zusätzliche) reine Leistungsklage auf Auszahlung der mit ggf. trotz der Sanktion nicht aufgehobenem Bescheid vom 06.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2009 für Juni 2010 bewilligten Leistungen erhoben worden. Es kann damit dahinstehen, ob eine entsprechende Klageänderung iS einer Klageerweiterung (§ 99 Abs 1 und 2 SGG) zulässig wäre (vgl zur fehlenden Sachdienlichkeit einer solchen Klageänderung: Urteil des Senats vom 23.04.2014 - L 11 AS 512/13). Soweit der Kläger zuletzt darüber hinaus die Feststellung der Gemeinnützigkeit seiner Tätigkeit, einstweiligen Rechtsschutz unter Aussetzung der Hauptsache, ausstehende Grundsicherungsleistungen in Höhe von ca. 20.000 EUR und die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 10 % der Streitsumme an eine gemeinnützige Organisation begehrt, ist diese Klageerweiterung bzw. Klageänderung unzulässig. Der Klageänderung hat der Beklagte nicht zugestimmt und der Senat hält sie auch nicht für sachdienlich (§ 99 Abs 1 SGG), denn der Rechtsstreit würde auf eine völlig neue Grundlage gestellt (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 99 Rn 10a). Gründe der Prozessökonomie sprechen vorliegend nicht für eine Sachdienlichkeit.
Die gegenüber dem Kläger verfügte Leistungsabsenkung für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.08.2010 war rechtswidrig. Nach § 31 Abs 2 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30.07.2004 (BGBl I 2014) wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn dieser trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommt und er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.
Der Beklagte hat den Kläger vorliegend mit Schreiben vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 unter Angabe eines zulässigen Meldezweckes und mit einer zutreffenden und hinreichend konkreten Rechtsfolgenbelehrung ordnungsgemäß zu einem Meldetermin am 07.05.2010 um 10:30 Uhr eingeladen. Dem Kläger stand für sein Fernbleiben von diesem Termin kein wichtiger Grund zur Seite. Soweit er auf ein seinerzeit bereits anhängiges Verfahren verwiesen hat, bei dem es um die Berücksichtigung seiner ehrenamtlichen umweltpolitischen Aktivität ging, war dies nicht geeignet, seine Weigerung zum Erscheinen beim Beklagten zu entschuldigen. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Sie müssen aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken (§ 2 Abs 1 Satz 2 SGB II). Hierfür ist es u.a. nötig, dass im Rahmen eines persönlichen Gesprächs Potentiale ermittelt und Chancen ausgelotet werden, wie der Kläger wieder in den Arbeitsmarkt integriert wird oder auf welche andere Weise seine Bedürftigkeit gemindert werden kann. Damit wird schon offensichtlich alleine im Hinblick auf einen bloßen Vorsprachetermin nicht unzumutbar in die Belange des Klägers eingegriffen. Die Ausübung seines ehrenamtlichen Engagements für den Umweltschutz wird damit nicht unzulässig eingeschränkt.
Allerdings erfolgte die mit Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 angeordnete Absenkung der Regelleistung um 10 vom Hundert für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.08.2010 "für den Fall, dass ein Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab dem 01.07.2010 gestellt wird". Damit hat der Beklagte die Absenkung der Regelleistung in unzulässiger Weise mit einer Bedingung verknüpft. Dies geschah insofern nicht beschränkt für die Zeit ab 01.07.2010, für die im Zeitpunkt des Erlasses des Sanktionsbescheides noch keine Leistungen bewilligt waren. Eine entsprechende Beschränkung ist der Regelung unter Berücksichtigung eines objektiven Empfängerhorizontes nicht zu entnehmen. Alleine der weitere Satz im Bescheid vom 21.05.2010 stellt klar, dass der Sanktionsbescheid keine Entscheidung über Leistungen ab 01.07.2010 enthalten sollte. Dies steht aber auch mit der Feststellung des Eintritts der Sanktion in keinen Zusammenhang.
Mit einer Nebenbestimmung darf nach § 32 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Bei dem hier angefochtenen Sanktionsbescheid handelt es sich zwar um einen gebundenen Verwaltungsakt, aber nicht um einen solchen, auf den der Kläger einen Anspruch hätte. Zudem ist eine Nebenbestimmung im Rahmen des § 31 Abs 2 SGB II nicht gesetzlich vorgesehen und die vom Beklagten verfügte Bedingung stellt auch nicht die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Sanktion sicher. Liegen die Voraussetzungen eines Meldeversäumnisses nach § 31 Abs 2 Satz 1 SGB II vor, tritt die Sanktionsfolge bereits kraft Gesetzes ein (vgl S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 32 Rn 32). Die Stellung eines Fortzahlungsantrages für die Zeit ab 01.07.2010, für die im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 21.05.2010 noch keine Leistungen bewilligt waren, bedurfte es hierfür nicht. Werden in einem solchen Fall keine Leistungen für die restliche Zeit des Sanktionszeitraums mehr beantragt oder bewilligt, geht die Sanktion alleine ins Leere (vgl S. Knickrehm/Hahn, aaO, § 31b Rn 15).
Auch auf § 32 Abs 2 SGB X kann sich die Nebenbestimmung nicht stützen. Danach darf ein Verwaltungsakt unbeschadet des Abs 1 mit den unter Nrn. 1-5 genannten Voraussetzungen mit Nebenbestimmungen versehen werden. Der Erlass der Nebenbestimmung und deren wesentlicher Inhalt steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen (§ 39 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB I-) der Behörde (vgl Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 32 Rn 11). Es kann dahinstehen, ob sich diese Regelung nur auf Ermessenverwaltungsakte beschränkt, die unter eine Nebenbestimmung gestellt werden sollen, mangels eines eingeräumten Ermessens beim Erlass von Sanktionsbescheiden wäre die Bedingung schon deshalb rechtswidrig oder nicht (vgl zu diesem Streit Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, Stand: Juni 2006, § 32 Rn 39 mwN). In jedem Fall würde es an einer Ermessensausübung des Beklagten im Hinblick auf die Anordnung der Nebenbestimmung fehlen, so dass bereits deshalb das Verknüpfen der Sanktion mit der Bedingung eines Fortzahlungsantrages rechtswidrig wäre.
Die Nebenbestimmung ist vorliegend auch nicht isoliert aufzuheben. Sie schlägt sich vielmehr in der Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheides als solchem nieder. Der Kläger hat sich mit einer Anfechtungsklage nicht isoliert gegen die Nebenbestimmung gewandt. In ausreichender Weise hat er den Sanktionsbescheid als solchen angefochten (vgl dazu auch Littmann in Hauck/Noftz, aaO, § 32 Rn 9). Sein Rechtsschutzziel war nicht darauf ausgelegt, alleine die Nebenbestimmung zu beseitigen, sondern die Sanktion als solche. Im Übrigen ist die Wirksamkeit der Absenkung der Regelleistung auch untrennbar mit der Bedingung verbunden worden, da damit der Eintritt der Sanktion von der Stellung eines Fortzahlungsantrages abhängig gemacht werden sollte.
Im Übrigen ist anzumerken, dass der Beklagte seinen Bewilligungsbescheid vom 06.08.2009 nicht aufgehoben und mit dem Sanktionsbescheid vom 21.05.2010 alleine eine Absenkung des Anspruchs auf Alg II festgestellt hat. Für die Rechtslage bis 31.03.2011 wurde eine Aufhebung einer zuvor erfolgten Leistungsbewilligung für notwendig angesehen (vgl dazu insbesondere BSG, Urteil vom 17.12.2009 B 4 AS 30/09 R juris = SozR 4-4200 § 31 Nr 3), weil andernfalls weiterhin ein Zahlungsanspruch aus der ursprüngliche Leistungsbewilligung besteht. Das bloße Beifügen eines Berechnungsblattes für den Juni 2010 kann auch nicht als konkludente Aufhebungsentscheidung angesehen werden. Es handelt sich insoweit nicht um einen durch konkludentes Handeln erlassenen Verwaltungsakt, der nach § 33 Abs 2 Satz 1 SGB X wirksam wäre, weil ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder "in anderer Weise" erlassen werden kann. Damit wird zwar auch konkludentes Handeln der Verwaltung erfasst. Es muss dabei aber stets Anhaltspunkte dafür geben, dass die Behörde die Rechtslage geprüft und eine Verwaltungsentscheidung getroffen hat und auch treffen wollte (BSG, Urteil vom 07.07.2005 B 3 P 12/04 R - juris). Vorliegend ist schon ein Wille des Beklagten zum Erlass einer entsprechenden Regelung nicht erkennbar. So fehlen nicht nur im Sanktionsbescheid sondern auch im Widerspruchsbescheid Ausführungen zu einer etwaigen Rechtsgrundlage für die Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung für Juni 2010. Auch die Anhörung des Klägers vor Erlass des Sanktionsbescheides bezog sich nicht auf eine Aufhebung der früheren Bewilligung. Im Berufungsverfahren hat der Beklagte zuletzt darauf verwiesen, es bedürfe gar keiner Aufhebungsentscheidung und dabei zu Unrecht, da für den vorliegenden streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht anwendbar auf die aktuellen Regelungen in § 31b SGB II verwiesen.
Nach alledem war die Berufung in der Hauptsache erfolgreich. Das Urteil des SG ist ebenso aufzuheben wie der mit der reinen Anfechtungsklage angegriffene unzulässigerweise mit einer Nebenbestimmung versehene Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Nichtwahrnehmung eines Meldetermins.
Der Kläger bezog seit Juli 2007 Alg II. Mit Bescheid vom 06.08.2009 bewilligte ihm der Beklagte u.a. für den Zeitraum 01.12.2009 bis 30.06.2010 monatlich 287,55 EUR. Die Fortzahlung des Alg II ab 01.07.2010 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2011 ab. Eine dagegen beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage (S 15 AS 870/11) wurde durch Klagerücknahmefiktion beendet, weil der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betrieben hatte.
Mit Schreiben vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 lud der Beklagte den Kläger zum Zwecke der Vermittlung von Arbeit, Ausbildung oder einer Arbeitsgelegenheit, der Vorbereitung von Eingliederungsmaßnahmen sowie der Vorbereitung bzw. des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung für den 07.05.2010 ein. Dabei wurde auf die Rechtsfolgen insbesondere die Minderung des Alg II um 10 vom Hundert der maßgeblichen Regelleistung für drei Monate hingewiesen, die eintreten würden, sollte der Meldeaufforderung nicht Folge geleistet werden.
Nachdem der Kläger der Meldeaufforderung vom 30.04.2010 nicht nachgekommen war, senkte der Beklagte mit Bescheid vom 21.05.2010 die Regelleistung des Klägers um 10 vom Hundert für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.08.2010 ab. Der Hinweis des Klägers auf seine Meinung über die Politik in der Bundesrepublik Deutschland stelle keinen wichtigen Grund dar. Die Absenkung erfolge für den Fall, dass ein Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab 01.07.2010 gestellt werde. Eine Entscheidung über eine Leistungsgewährung nach Ende des Bewilligungszeitraumes werde mit dem vorliegenden Bescheid ausdrücklich nicht getroffen. Auf dem in der Verwaltungsakte des Beklagten abgehefteten Entwurf des Bescheides ist u.a. vermerkt, der Bescheid sei nochmals am 26.05.2010 "mit Berechungsblatt" zur Post gegeben worden. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2011 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Eine Vorsprache sei im Hinblick auf ein damals bereits anhängiges Gerichtsverfahren gegen den Beklagten nicht erforderlich gewesen. Er sei auch nicht anderweitig aufgeklärt worden. Im Übrigen fehle im Rahmen der Rechtsfolgenbelehrung und im Sanktionsbescheid die Angabe des konkreten Absenkungsbetrages. Mit Urteil vom 03.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid enthalte zumindest konkludent sowohl die Feststellung der Minderung als auch eine teilweise Aufhebung der aktuellen Leistungsbewilligung. Dies ergebe sich aus der Begründung nebst dem beigefügten Berechnungsblatt. Trotz ordnungsgemäßer schriftlicher Rechtsfolgenbelehrung sei der Kläger zum Termin am 07.05.2010 nicht erschienen. Für das Fernbleiben gebe es keinen wichtigen Grund. Der Bescheid sei hinreichend bestimmt, da der konkrete Absenkungsbetrag eindeutig dem beigefügten Berechnungsblatt habe entnommen werden können. Zudem habe sie aus dem Verfügungssatz des Sanktionsbescheides unter Hinzuziehung des Bewilligungsbescheides ermittelt werden können. Eine Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung führt der Kläger aus, seine überregionale, nicht gewerbliche Tätigkeit als Umweltaktivist führe zu einer Freistellungspflicht durch den Arbeitgeber bzw. bei Erwerbslosigkeit durch die Versorgungsbehörde.
Der Kläger beantragt:
"1. Die Gemeinnützigkeit meiner Tätigkeit als freischaffender Umweltaktivist wird grundsätzlich als Nothilfe im Sinne der Helfergleichstellung anerkannt. Daraus ergibt sich auch eine rückwirkende Freistellung vom gewerblichen Arbeitsmarkt während des Streitzeitraums.
2. Sind die für eine unabhängige Abwägung erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben, so dass eine belastbare Entscheidung der Hauptsache nicht möglich ist, ist unter Aussetzung der Hauptsacheentscheidung der einstweilige Rechtsschutz zu bekräftigen.
3. Die ausstehende Grundsicherung in Höhe von ca. 20.000 EUR ist unverzüglich auszuzahlen. Auf Versicherungskosten wird mit Zustimmung der nicht verwendeten Krankheitsversicherung verzichtet.
4. Aufgrund der verursachten Umstände möchte das Landratsamt Würzburg zusätzlich zehn Prozent der Streitsumme an die im Schriftsatz benannte gemeinnützige Organisation zahlen."
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit dem Hinweis im Sanktionsbescheid, es müsse für die Zeit ab 01.07.2010 ein Weiterbewilligungsantrag gestellt werden, habe man lediglich klarstellen wollen, dass an sich noch keine Aussage über eine Leistungsbewilligung und deren Höhe getroffen werden sollte. In Bezug auf eine Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides für Juni 2010 ändere der Sanktionsbescheid lediglich den Auszahlungsanspruch und nicht den Leistungsanspruch. Dies folge aus §§ 31b Abs 1 Satz 1 und 39 Nr 1 SGB II. Damit habe es auch einer speziellen Anhörung bezüglich der Aufhebung des Bescheides vom 06.08.2009 nicht bedurft. Der vom Kläger vorgenommenen Klageänderung werde nicht zugestimmt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 145, 153 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig und begründet. Das Urteil des SG vom 03.07.2013 ist aufzuheben. Der Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens und bei rechtsschutzzielorientierter Auslegung (vgl dazu im Einzelnen: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 123 Rn 3) begehrt der Kläger zunächst, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 03.07.2013 sowie den Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 aufzuheben. Gegenstand des Verfahrens ist dabei allein der Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 03.07.2013 hat der im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene Kläger eine reine Anfechtungsklage erhoben. Auch im Berufungsverfahren ist insofern keine (zusätzliche) reine Leistungsklage auf Auszahlung der mit ggf. trotz der Sanktion nicht aufgehobenem Bescheid vom 06.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2009 für Juni 2010 bewilligten Leistungen erhoben worden. Es kann damit dahinstehen, ob eine entsprechende Klageänderung iS einer Klageerweiterung (§ 99 Abs 1 und 2 SGG) zulässig wäre (vgl zur fehlenden Sachdienlichkeit einer solchen Klageänderung: Urteil des Senats vom 23.04.2014 - L 11 AS 512/13). Soweit der Kläger zuletzt darüber hinaus die Feststellung der Gemeinnützigkeit seiner Tätigkeit, einstweiligen Rechtsschutz unter Aussetzung der Hauptsache, ausstehende Grundsicherungsleistungen in Höhe von ca. 20.000 EUR und die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 10 % der Streitsumme an eine gemeinnützige Organisation begehrt, ist diese Klageerweiterung bzw. Klageänderung unzulässig. Der Klageänderung hat der Beklagte nicht zugestimmt und der Senat hält sie auch nicht für sachdienlich (§ 99 Abs 1 SGG), denn der Rechtsstreit würde auf eine völlig neue Grundlage gestellt (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 99 Rn 10a). Gründe der Prozessökonomie sprechen vorliegend nicht für eine Sachdienlichkeit.
Die gegenüber dem Kläger verfügte Leistungsabsenkung für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.08.2010 war rechtswidrig. Nach § 31 Abs 2 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30.07.2004 (BGBl I 2014) wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn dieser trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommt und er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.
Der Beklagte hat den Kläger vorliegend mit Schreiben vom 30.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 unter Angabe eines zulässigen Meldezweckes und mit einer zutreffenden und hinreichend konkreten Rechtsfolgenbelehrung ordnungsgemäß zu einem Meldetermin am 07.05.2010 um 10:30 Uhr eingeladen. Dem Kläger stand für sein Fernbleiben von diesem Termin kein wichtiger Grund zur Seite. Soweit er auf ein seinerzeit bereits anhängiges Verfahren verwiesen hat, bei dem es um die Berücksichtigung seiner ehrenamtlichen umweltpolitischen Aktivität ging, war dies nicht geeignet, seine Weigerung zum Erscheinen beim Beklagten zu entschuldigen. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Sie müssen aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken (§ 2 Abs 1 Satz 2 SGB II). Hierfür ist es u.a. nötig, dass im Rahmen eines persönlichen Gesprächs Potentiale ermittelt und Chancen ausgelotet werden, wie der Kläger wieder in den Arbeitsmarkt integriert wird oder auf welche andere Weise seine Bedürftigkeit gemindert werden kann. Damit wird schon offensichtlich alleine im Hinblick auf einen bloßen Vorsprachetermin nicht unzumutbar in die Belange des Klägers eingegriffen. Die Ausübung seines ehrenamtlichen Engagements für den Umweltschutz wird damit nicht unzulässig eingeschränkt.
Allerdings erfolgte die mit Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011 angeordnete Absenkung der Regelleistung um 10 vom Hundert für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.08.2010 "für den Fall, dass ein Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab dem 01.07.2010 gestellt wird". Damit hat der Beklagte die Absenkung der Regelleistung in unzulässiger Weise mit einer Bedingung verknüpft. Dies geschah insofern nicht beschränkt für die Zeit ab 01.07.2010, für die im Zeitpunkt des Erlasses des Sanktionsbescheides noch keine Leistungen bewilligt waren. Eine entsprechende Beschränkung ist der Regelung unter Berücksichtigung eines objektiven Empfängerhorizontes nicht zu entnehmen. Alleine der weitere Satz im Bescheid vom 21.05.2010 stellt klar, dass der Sanktionsbescheid keine Entscheidung über Leistungen ab 01.07.2010 enthalten sollte. Dies steht aber auch mit der Feststellung des Eintritts der Sanktion in keinen Zusammenhang.
Mit einer Nebenbestimmung darf nach § 32 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Bei dem hier angefochtenen Sanktionsbescheid handelt es sich zwar um einen gebundenen Verwaltungsakt, aber nicht um einen solchen, auf den der Kläger einen Anspruch hätte. Zudem ist eine Nebenbestimmung im Rahmen des § 31 Abs 2 SGB II nicht gesetzlich vorgesehen und die vom Beklagten verfügte Bedingung stellt auch nicht die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Sanktion sicher. Liegen die Voraussetzungen eines Meldeversäumnisses nach § 31 Abs 2 Satz 1 SGB II vor, tritt die Sanktionsfolge bereits kraft Gesetzes ein (vgl S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 32 Rn 32). Die Stellung eines Fortzahlungsantrages für die Zeit ab 01.07.2010, für die im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 21.05.2010 noch keine Leistungen bewilligt waren, bedurfte es hierfür nicht. Werden in einem solchen Fall keine Leistungen für die restliche Zeit des Sanktionszeitraums mehr beantragt oder bewilligt, geht die Sanktion alleine ins Leere (vgl S. Knickrehm/Hahn, aaO, § 31b Rn 15).
Auch auf § 32 Abs 2 SGB X kann sich die Nebenbestimmung nicht stützen. Danach darf ein Verwaltungsakt unbeschadet des Abs 1 mit den unter Nrn. 1-5 genannten Voraussetzungen mit Nebenbestimmungen versehen werden. Der Erlass der Nebenbestimmung und deren wesentlicher Inhalt steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen (§ 39 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB I-) der Behörde (vgl Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 32 Rn 11). Es kann dahinstehen, ob sich diese Regelung nur auf Ermessenverwaltungsakte beschränkt, die unter eine Nebenbestimmung gestellt werden sollen, mangels eines eingeräumten Ermessens beim Erlass von Sanktionsbescheiden wäre die Bedingung schon deshalb rechtswidrig oder nicht (vgl zu diesem Streit Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, Stand: Juni 2006, § 32 Rn 39 mwN). In jedem Fall würde es an einer Ermessensausübung des Beklagten im Hinblick auf die Anordnung der Nebenbestimmung fehlen, so dass bereits deshalb das Verknüpfen der Sanktion mit der Bedingung eines Fortzahlungsantrages rechtswidrig wäre.
Die Nebenbestimmung ist vorliegend auch nicht isoliert aufzuheben. Sie schlägt sich vielmehr in der Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheides als solchem nieder. Der Kläger hat sich mit einer Anfechtungsklage nicht isoliert gegen die Nebenbestimmung gewandt. In ausreichender Weise hat er den Sanktionsbescheid als solchen angefochten (vgl dazu auch Littmann in Hauck/Noftz, aaO, § 32 Rn 9). Sein Rechtsschutzziel war nicht darauf ausgelegt, alleine die Nebenbestimmung zu beseitigen, sondern die Sanktion als solche. Im Übrigen ist die Wirksamkeit der Absenkung der Regelleistung auch untrennbar mit der Bedingung verbunden worden, da damit der Eintritt der Sanktion von der Stellung eines Fortzahlungsantrages abhängig gemacht werden sollte.
Im Übrigen ist anzumerken, dass der Beklagte seinen Bewilligungsbescheid vom 06.08.2009 nicht aufgehoben und mit dem Sanktionsbescheid vom 21.05.2010 alleine eine Absenkung des Anspruchs auf Alg II festgestellt hat. Für die Rechtslage bis 31.03.2011 wurde eine Aufhebung einer zuvor erfolgten Leistungsbewilligung für notwendig angesehen (vgl dazu insbesondere BSG, Urteil vom 17.12.2009 B 4 AS 30/09 R juris = SozR 4-4200 § 31 Nr 3), weil andernfalls weiterhin ein Zahlungsanspruch aus der ursprüngliche Leistungsbewilligung besteht. Das bloße Beifügen eines Berechnungsblattes für den Juni 2010 kann auch nicht als konkludente Aufhebungsentscheidung angesehen werden. Es handelt sich insoweit nicht um einen durch konkludentes Handeln erlassenen Verwaltungsakt, der nach § 33 Abs 2 Satz 1 SGB X wirksam wäre, weil ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder "in anderer Weise" erlassen werden kann. Damit wird zwar auch konkludentes Handeln der Verwaltung erfasst. Es muss dabei aber stets Anhaltspunkte dafür geben, dass die Behörde die Rechtslage geprüft und eine Verwaltungsentscheidung getroffen hat und auch treffen wollte (BSG, Urteil vom 07.07.2005 B 3 P 12/04 R - juris). Vorliegend ist schon ein Wille des Beklagten zum Erlass einer entsprechenden Regelung nicht erkennbar. So fehlen nicht nur im Sanktionsbescheid sondern auch im Widerspruchsbescheid Ausführungen zu einer etwaigen Rechtsgrundlage für die Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung für Juni 2010. Auch die Anhörung des Klägers vor Erlass des Sanktionsbescheides bezog sich nicht auf eine Aufhebung der früheren Bewilligung. Im Berufungsverfahren hat der Beklagte zuletzt darauf verwiesen, es bedürfe gar keiner Aufhebungsentscheidung und dabei zu Unrecht, da für den vorliegenden streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht anwendbar auf die aktuellen Regelungen in § 31b SGB II verwiesen.
Nach alledem war die Berufung in der Hauptsache erfolgreich. Das Urteil des SG ist ebenso aufzuheben wie der mit der reinen Anfechtungsklage angegriffene unzulässigerweise mit einer Nebenbestimmung versehene Bescheid vom 21.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2011.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 zuzulassen, liegen nicht vor.
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