Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Altenburg (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
17
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 17 AS 6920/11
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Bescheide der Beklagten vom 25. 11. 2010, 02. 03. 2011 in der Fassung der Überprüfungsbescheide vom 21. 07. 2010, 11. 08. 2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. 09. 2011, 21. 09. 2011 und 13. 12. 2011 sowie die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26. 11. 2009 und 24. 11. 2009 bezüglich der Monate Juli bis September 2009 sowie die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27. 03. 2009 bezüglich der Monate Dezember 2008 bis März 2009 und der Ablehnungsbescheid vom 09. 04. 2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21. 07. 2009, 22. 07. 2009 und 02. 03. 2010 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die den Klägern zu gewährenden Leistungen nach dem SGB II für die Zeiträume 01. 01. 2007 bis 31. 03. 2007, Juli 2007 und 01. 12. 2008 bis 30. 09. 2009 in gesetzlicher Höhe festzusetzen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.
Tatbestand:
Streitig sind Leistungen nach dem SGB II. Die Kläger, ein Ehepaar, bezogen u.a. im Zeitraum vom 01.03.2007 bis 30.09.2009 Leistungen nach dem SGB II. Soweit aus der Leistungsakte ersichtlich, ergingen hierzu folgende Bescheide (außer Widerspruchsbescheiden) der Beklagten:
(BB = Bewilligungsbescheid, vorl = vorläufig, ÄB = Änderungsbescheid Bl= Blatt, AEB = Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, AblehnungsB= Ablehnungsbescheid Kl = Kläger/in) Inwieweit die Bescheidlage vollständig dokumentiert ist, kann seitens des Gericht allerdings nicht überprüft werden, da die Beklagte der bereits in der Eingangsverfügung ausgesprochenen Auflage, Zweitausdrucke der die streitgegenständlichen Leistungszeiträume betreffenden Bescheide vorzulegen, trotz Mahnung nicht nachgekommen ist. Die Klägerin zu 1 erzielte Einkommen aus einer Tätigkeit als selbständige Kinderbetreuerin (Tagespflege gemäß § 23 Kinder- und Jugendhilfegesetz), der Kläger zu 2 ist ebenfalls selb-ständig als Inhaber einer Werbeagentur tätig. Die Kläger wohnen in einem Einfamilienhaus, das sich in ihrem Eigentum befindet. Aufgrund des Todes der Mutter des Klägers zu 2 am erbte dieser nach Abzug der Nach-lassverbindlichkeiten einen Betrag von 2076,21 EUR, den die Kläger durch Überweisung am 21.01.2009 (Bl. 735) zur Tilgung der Restschulden bei der Verwaltungsgemeinschaft für Straßenausbau und Abwasserbeiträge eingesetzt haben. (Bl.719ff d VwAkte). Aufgrund des Stundungsbescheides der Verwaltungsgemeinschaft vom 06.07.2006, hatten die Kläger bis dato auf einen Betrag von 4.365,59 EUR zzgl. Stundungszinsen in Höhe von 400 EUR monatliche Teilbeträge in Höhe von 100 EUR zu leisten (Bl. 662 der beigezogenen Verwaltungsakte.) Daneben waren aufgrund des Stundungsbescheides vom 29.08.2005 weitere 90 EUR monatlich zu zahlen. Gegenstand der am 30.09.2011 unter dem Az. S 17 AS 6920/11 erhobenen Klage ist der Be-scheid vom 11.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2011, Az. W 838/11. Mit den genannten Bescheiden wurde die Überprüfung der Bescheide vom 02.03.2011, mit denen die den Kläger aufgrund der Bescheide vom 26.04.2007, 19.06.2007 und 10.03.2009 zu gewährenden Leistungen für die Zeiträume März 2007, Juli 2007 und April und Mai 2009 endgültig festgesetzt wurden, als unbegründet abgelehnt. Gegenstand der am 30.09.2011 unter dem Az. S 17 AS 6922/11 erhobenen Klage ist der Be-scheid vom 02.03.2011 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 11.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2011, Az. W 842/11.
Gegenstand der Bescheide ist ein an die Klägerin zu 1 gerichtetes Erstattungsverlangen in Höhe von insgesamt 167,65 EUR. Gegenstand der am 30.09.2011 unter dem Az. S 17 AS 6921/11 erhobenen Klage ist der Be-scheid vom 02.03.2011 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 11.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09. 2011, Az. W 843/11. Gegenstand der Bescheide ist ein an den Kläger zu 2 gerichtetes Erstattungsverlangen in Höhe von insgesamt 167,65 EUR. Gegenstand der am 20.12.2011 unter dem Az. S 17 AS 8325/11 erhobenen Klage sind die Bescheide vom 25.11.2010 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 11.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12. 2011, Az. W 1031/11. Gegenstand der am 10.05.2012 unter dem Az. S 17 AS 1793/12 erhobenen Klage der Klägerin zu 1 ist der Bescheid vom 09.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2010, Az. W 302/10. Gegenstand ist die Ablehnung der Kosten der Straßenausbaubeiträge bzw. deren Berücksich-tigung bei der Bedarfsbemessung. Gegenstand der am 21.08.2009 unter dem Az. S 17 AS 3279/09 erhobenen zunächst ruhend gestellten und unter dem Az. S 17 AS 1794/12 wieder aufgerufenen Klage des Klägers zu 2 ist der Bescheid vom 09.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2009, Az. W 571/09. Gegenstand ist die Ablehnung der Kosten der Straßenausbaubeiträge bzw. deren Berücksich-tigung bei der Bedarfsbemessung. Gegenstand der am 19.08.2009 unter dem Az. S 17 AS 3281/09 erhobenen zunächst ruhend gestellten und unter dem AZ S 17 AS 1795/12 wieder aufgerufenen Klage der Klägerin zu 1 ist der Bescheid vom 27.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2009, Az. W 537/08. Gegenstand ist die die Rückforderung von Leistungen für die Monate Dezember 2008 bis März 2009 in Höhe von 584,84 EUR. Gegenstand der am 19.08.2009 unter dem Az. S 17 AS 3278/09 erhobenen zunächst ruhend gestellten und unter dem AZ S 17 AS 1796/12 wieder aufgerufenen Klage des Klägers zu 2 ist der Bescheid vom 27.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2009, Az. W 538/08. Gegenstand ist die die Rückforderung von Leistungen für die Monate Dezember 2008 bis März 2009 in Höhe von 584,84 EUR. Durch Beschluss vom 05.11.2014 wurden die obengenannten Verfahren miteinander verbunden. Die Kläger halten die genannten Bescheide u.a. deshalb für rechtswidrig, weil die Einkom-mensanrechnung fehlerhaft und hinsichtlich der Festsetzung des Selbständigeneinkommens des Klägers zu 2 mit 313,75 EUR im Monat auch nicht nachvollziehbar sei. Der Kläger zu 2 habe ausweislich der Bestätigung seines Steuerberaters und der geprüften betriebswirtschaftlichen Abrechnung nur ein monatliches Einkommen von 160,44 EUR erzielt.
Die Kläger beantragen, die Bescheide der Beklagten vom 25. 11. 2010, 02. 03. 2011 in der Fassung des Überprüfungsbescheide vom 21.07.2010, 11. 08. 2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. 09. 2011, 21.09. 2011 und 13.12.2011 sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26. 11. 2009 und 24.11.2009 bezüglich der Monate Juli bis September 2009 sowie die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27. 3. 2009 bezüglich der Monate Dezember 2008 bis März 2009 und dem Ablehnungsbescheid vom 09. 04. 2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21. 07. 2009, 22. 07. 2009 und 02. 03. 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die dem Kläger zu gewährenden Leistungen nach dem SGB II für die Zeiträume 01.01.2007 bis 31.03.2007, Juli 2007 und 01.12. 2008 bis 30.09.2009 in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf die Bindungswirkung ihrer Bescheide. Die gemäß § 44 SGB X gestellten Anträge seien nicht hinreichend bestimmt gewesen, um die Beklagte zu einer in-haltlichen Überprüfung zu verpflichten. Hinsichtlich der Höhe der gewährten Leistungen verweist sie hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung auf ihre Bescheide.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die der Kammer bei der Beratung und Entscheidung vorlagen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger ihren Rechten. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die Bestandskraft der mit den Überprüfungsanträgen angegriffenen Bescheide. Zum einen hat die Beklagte in den angegriffenen Überprüfungsbe-scheiden sich selbst auf eine inhaltliche Prüfung eingelassen, so dass schon fraglich ist, ob sie sich in den Widerspruchsbescheiden darauf berufen darf, dass nur bei neuem tatsächlichen Vorbringen in eine erneute inhaltliche Prüfung einzutreten wäre , zum anderen genügen die Überprüfungsanträge vom 21.07.2010 den Anforderungen eines hinreichend konkretisierten Antrages gemäß § 44 SGB X. Zu den Voraussetzungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X hat der 4. Senat in seinem Urteil vom 13.2.2014 (- B 4 AS 22/13 R -zitiert nach juris ) ausgeführt: Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus, deren Umfang aber von dem Antrag und dessen Begründung abhängig ist. Eine solche Prüfung erfordert, dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Um-fang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Andernfalls ist der Leistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung des Antrags abzusehen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, nach dem "im Einzelfall" beim Vorliegen der Voraussetzungen die Rücknahme eines Verwaltungsaktes er-folgen soll, was in der Konsequenz bedeutet, dass der Überprüfungsantrag des Leistungsberechtigten einen oder ggf. mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen muss. Letzteres war bei den o.g. Überprüfungsanträgen der Fall. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27.03.2009 sind rechtswidrig, da sie zu un-bestimmt sind. Die Entscheidung der Beklagten über die Aufhebung ihrer früheren Bewilli-gungsbescheide genügt nicht den Anforderungen des § 33 SGB X an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Ihre damit nach § 41 SGB X von der Möglichkeit einer Heilung ausgenommene Rechtswidrigkeit führt nicht bloß zu ihrer eigenen Aufhebung, sondern entzieht auf diesem Wege zugleich der Erstattungsforderung die Grundlage, da die aufgehobenen Bewilligungsbescheide nach der gerichtlichen Kassation der Rücknahmeentscheidung weiterhin wirksam bleiben und damit die Voraussetzung der Rechtsgrundlosigkeit der erbrachten Leistungen in den Tatbeständen von § 50 Abs. 1 und 2 SGB X sowie § 40 Abs. 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 335 SGB III nicht mehr erfüllt wird. Das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt zum einen, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2011- B 14 AS 153/10 R -, zitiert nach ju-ris, RdNr. 31 m.w.N). Die angegriffenen Bescheide nennen nur eine pauschale Summe. Diese ergibt sich zwar indirekt aus dem Änderungsbescheid vom gleichen Tag, hierauf wird jedoch nicht Bezug genommen. Es ist nicht erkennbar, dass hiermit ausgesprochen wurde, was sachgemäß gewesen wäre, nämlich ein reines Erstattungsverlangen aufgrund der Veränderung der Leistungshöhe durch Änderungsbescheid vom 27.03.2009. Sie sind darüber hinaus auch materiell rechtswidrig, da sie Einkünfte aus der Erbschaft be-rücksichtigen, die jedenfalls ab Februar 2009 keine bereiten Mittel darstellten und den Klägern nicht mehr zur Verfügung standen. Die Anrechnung von Einkommen oder Vermögen setzt voraus, dass dieses dem Hilfebedürftigen tatsächlich als bereites Mittel noch zur Verfügung steht. Die tatsächlichen Verhältnisse gehen einer normativen Berechnung vor. Sofern jemand Einkommen und Vermögen ohne Berücksichtigung einer in Zukunft nahenden Hilfebedürftigkeit ausgegeben hat, ist dieser hilfebedürftig. Insofern müssen Ersatzansprüche nach § 34 SGB II geltend gemacht werden. (SG Berlin vom 28.04.2014, Az.: S 82 AS 36391/10 zitiert nach juris, unter Bezug auf das Urt. des BSG vom 29. November 2012, B 14 AS 33/12 R.) In diesem Zusammenhang hat auch das BSG (Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 73/12 R –, juris) entschieden,, dass die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten - hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen - (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, mit Art 1 GG iVm Art 20 GG nicht vereinbar ist. Die Verletzung der Obliegenheit des Hilfebedürftigen, Einkommen über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen, kann einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB 2 auslösen, wobei die Kenntnisse der Leistungsberechtigten, das Verhalten des Grundsicherungsträgers sowie vorliegend auch das Verhalten des Treuhänders zu beachten sind. (Rn.25) Die Kammer geht allerdings auch davon aus, dass die Kläger unabhängig von der strittigen Frage, ob sie tatsächlich eine entsprechende Auskunft bei der Beklagten eingeholt haben, zumindest teilweise berechtigt waren, die aus der Erbschaft erlangten Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen. Durch die Schuldentilgung wurde zugleich der monatliche Bedarf an Kosten der Unterkunft in Höhe von 190 EUR monatlich gesenkt. Bei diesen Raten handelte es sich um zu berücksichtigende Kosten der Unterkunft (so auch Thüringer Landessozialgericht 9. Senat vom: 14.03.2013 Az: L 9 AS 1302/10 zitiert nach juris), sofern die Beiträge in dem entsprechenden Bewilligungszeitraum anfallen. Bei Vorliegen einer Stundungsvereinbarung ist insoweit auch von einem unabweisbaren Bedarf auszugehen. Der Einsatz der ererbten Summe zur Schuldentilgung war daher durch die allgemeine Selbst-hilfeobliegenheit des § 2 Abs.2 SGB II gerechtfertigt, die eigene Hilfebedürftigkeit zu verringern. Im Ergebnis ist der Beklagten aufgrund des durchgängigen Leistungsbezuges durch die Verwendung der Erbschaft gerade kein Vermögensnachteil erwachsen Soweit der Monat Dezember 2008 von der Aufhebung betroffen ist, ergibt sich hingegen die materielle Rechtswidrigkeit aus dem Umstand, dass aufgrund der fehlenden Erbauseinander-setzung, der zunächst auch die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten (z.B. für die Beer-digungskosten) entgegenstand, das Erbe dem Kläger nicht zur Verfügung stand. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 02.03.2011 sind ebenfalls rechtwidrig. Denn die Bescheide vom 2.03.2011, die auf den Bescheid vom 10.3.2009 Bezug nehmen und eine Festsetzung für die Monate April und Mai vornehmen, ist schon deshalb fehlerhaft, weil dieser Bescheid bereits durch den darauf folgenden Änderungsbescheid vom 16.04.2009 aufgehoben wurde. Für den Zeitraum Juli bis September 2009 werden die diesbezüglichen Aufhebungs -und Erstattungsbescheide nicht gesehen bzw. ignoriert, werden aber materiell abgeändert. Diese sind daher von dem Überprüfungsverlangen der Kläger, das sich auf die Bescheide vom 02.03.2011 bezog, mitumfasst. Die Festsetzungen sind darüber hinaus auch materiell fehlerhaft. Sowohl die Einkommensanrechnung als auch die Berechnung der jeweiligen Kosten der Un-terkunft waren fehlerhaft und rechtswidrig. Zu einem wurden in den Leistungszeiträumen vor Januar 2009 die Raten für die Straßenausbau- bzw. Abwasserbeiträge durchgängig nicht be-rücksichtigt. Zum anderen erfolgte die Berechnung der Kosten der Unterkunft durchgängig nicht auf der Grundlage des aktuellen monatlichen Bedarfes, sondern aufgrund der Festlegung von Durchschnittswerten. Obwohl zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist, weil vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zu Versicherungen) nicht monatlich, sondern ggfs. jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen, hat die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatsweise zu erfolgen. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um z.B. die Kosten des Heizöls bei einer einmaligen Betankung auf das ganze Jahr zu verteilen, ist trotz einer denkbaren Verwaltungsvereinfachung nicht zu erkennen. BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 36/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 63, zur Bedeutung des Monatsprinzips vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 09. April 2014 – B 14 AS 23/13 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 75). Ferner ist die Festlegung des Selbständigeneinkommens des Klägers zu 2 für die streitgegen-ständlichen Monate im Jahr 2009 fehlerhaft, da die Beklagte verkannt hat, dass zwar aufgrund der zum 01.01.2008 geltenden Neuregelung der ALG II VO die Bindung der Jobcenter an die Steuerbescheide aufgehoben wurde, dies jedoch keine Festsetzung des Selbständigen-einkommens nach eigenem Gutdünken rechtfertigt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 24.12.2003 a.a.O.) sind als Ein-kommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mithin auch Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit, zu berücksichtigen. In § 3 der ALG II-V (hier in der ab 01.01.2009 geltenden Fassung vom 18.12.2008) wird die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft geregelt. Nach Absatz 1 Sätze 1 und 2 ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus diesen Tätigkeiten erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) tatsächlich zufließen. Gemäß Abs. 2 sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzende Beträge ohne Rücksicht auf steuer-rechtliche Vorschriften abzusetzen. Tatsächliche Ausgaben sollen nach Abs. 3 nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht. Nach Abs. 4 Sätze 1 und 3 ist für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Von dem Einkommen sind die Beträge nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzen. Ist aufgrund der Art der Erwerbstätigkeit (Abs. 5) eine jährliche Berechnung des Einkommens angezeigt, soll in die Berechnung des Einkommens nach den Absätzen 2 bis 4 auch Einkommen nach Abs. 1 Satz 1 einbezogen werden, das der erwerbsfähige Hilfebedürftige innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vor wiederholter Antragstellung erzielt hat, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige darauf hingewiesen worden ist. Dies gilt nicht, soweit das Einkommen bereits in dem der wiederholten Antragstellung vorangegangenen Bewilligungszeitraum berücksichtigt wurde oder bei Antragstellung in diesem Zeitraum hätte berücksichtigt werden müssen. Die Beklagte hat das bei dem Kläger nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch bei der Klägerin zu berücksichtigende Einkommen unzutreffend berechnet. Eine Berechnung des Durchschnitts-einkommens bezogen auf den Bewilligungszeitraum (§ 3 Abs. 4 Satz 1 ALG II-V) war vorliegend nicht angezeigt, sondern vielmehr aufgrund der Art der Erwerbstätigkeit eine jährliche Berechnung des Einkommens nach § 3 Abs. 5 ALG II-V vorzunehmen. Zwar handelt es sich bei der Firma des Klägers nicht um einen Saisonbetrieb, da die selbständige Tätigkeit ganzjährig durchgehend ausgeübt wird, allerdings ist die Regelung des § 3 Abs. 5 ALG II-V nicht auf Saisonbetriebe beschränkt. Von dem Grundsatz der Berechnung des Einkommens für den laufenden Bewilligungszeitraum ist dann eine Ausnahme zu machen (§ 3 Abs. 5 ALG Il-V], wenn die Eigenart der Erwerbstätigkeit, z.B. bei einem Saisonbetrieb, bedingt, dass die Ein-nahmen jahresbezogen zu betrachten sind, weil üblicherweise im Laufe des Jahres stark schwankende Einnahmen zu verzeichnen sind. Eine jährliche Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit nach § 3 Abs. 5 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008) kann nicht nur bei Saisonbetrieben, sondern auch bei solchen Betrieben vorgenommen werden, bei denen nach der Eigenart der Erwerbstätigkeit eine jahresbezogene Betrachtung erforderlich ist. (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Dezember 2012 - L 6 AS 611/11-, juris). Eine solche Betrachtungsweise ist vorliegend deshalb geboten, weil die Betriebsergebnisse bezogen auf die einzelnen Monate tatsächlich ständig starken Schwankungen unterworfen waren. wie der Vergleich z.B. der Monate Juni 2009 (Gewinn 165,50 EUR nach Einnahme-überschussrechnung) und Juli (Verlust - 620,30 EUR ) auf der Übersicht Bl. 859 der Verwal-tungsakte zeigt. Bei einer derartigen Schwankungsbreite wäre die Gewinnermittlung je nach von der Behörde gewähltem Bewilligungszeitraum starken und zufälligen, d.h. in der Sache nicht gerechtfertigten, Schwankungen unterworfen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass willkürliche Spielräume bei der Frage der Gewinnermittlung nicht mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar wären. Die Bemessung des zu berücksichtigenden Einkommens bestimmt unmittelbar die Höhe des Leistungsanspruchs. Aus dem Urteil des BVerfG vom 09.02.2010Az.: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 (zitiert nach juris) ergibt sich, dass der Umfang dieses Anspruchs zwar nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann und dem Gesetzgeber unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche, bei der Bestimmung des Umfangs der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum zukommt, der die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs umfasst (a.a.O. RdNr.138). Gleichwohl darf der Gesetzgeber den Leistungsanspruch nicht willkürlich festsetzen, sondern muss alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf bemessen, wobei Abweichungen von der gewählten Methode sachlich gerechtfertigt sein müssen (a.a.O.) Legt man diese Grundsätze auch für die Ermittlung des anrechenbaren Einkommens zugrunde, bedeutet dies, dass die vom Verordnungsgeber festgelegte Methode der Einkommensanrechnung bei selbständigen SGB II Empfängern gewissen Mindestanforderungen sowohl im Hinblick auf die Sachgerechtigkeit als auch der Bestimmtheit genügen muss. Damit wäre eine rein negative Festlegung der Methode kaum hinreichend bestimmt. Es spricht daher einiges dafür, dass § 3 Abs. 2 und 3 Alg. lI-V 2008, jedenfalls solange der Verordnungsgeber keine hinreichend detaillierten und damit bestimmten Gewinnermittlungsvorschriften erlassen hat, in verfassungskonformer Weise dahingehend auszulegen ist, dass grundsätzlich weiterhin von den allgemein anerkannten steuerrechtlich geprägten Gewinnermittlungsgrundsätzen auszugehen ist und diese nur insoweit für besonders begründete Ausnahmefälle in Ansehung des SGB II Leistungsbezuges nach Billigkeitsgrundsätzen korrigiert werden können. Die Bescheide vom 25. 11. 2010, sowie die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26. 11. 2009 und 24. 11. 2009 bezüglich der Monate Juli bis September 2009 sind ebenfalls rechtswidrig, weil die Festsetzungen an den oben genannten Mängel, insbes. der Nichtbe-rücksichtigung der Kosten der Unterkunft in bedarfsgerechter Weise sowie die fehlerhafte Berechnung des Selbständigeneinkommens des Klägers, leiden. Da die zugrunde liegenden Festsetzungen rechtswidrig sind, sind die genannten Aufhebungs-und Erstattungsbescheide ebenfalls rechtswidrig und deshalb antragsgemäß aufzuheben. Hierdurch leben die ursprünglichen vorläufigen Bewilligungen wieder auf. Der Beklagten obliegt es dabei nunmehr, die Leistungen endgültig festzusetzen. Zwar unterliegen diese Bewertungen der vollen gerichtlichen Überprüfung, es ist jedoch nicht Aufgabe der Gerichte von vorneherein, die eigene Bewertung oder Beurteilung an die Stelle der Verwaltung zu setzen. Abgesehen von dem Umstand, dass dies aufgrund fehlender Zuarbeit der Beteiligten insbe-sondere der Beklagten durch die Kammer schon rein faktisch nicht zu leisten wäre, würde das Gericht im Hinblick auf die Bewertung einzelner Ausgabenpositionen unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Ausgabe unter Umständen in einen Bewertungsspielraum der Verwaltung eingreifen. Die Existenz von Bewertungsspielräumen ist auch bei der steuerrechtlichen Festsetzung von Selbständigeneinkommen anerkannt. Den praktischen Schwierigkeiten wird dabei sogar durch das Instrument der tatsächlichen Verständigung Rechnung getragen. Das Rechtsinstitut der "tatsächlichen Verständigung" ist geboren aus einem praktischen Bedürfnis nach Verfahrensförderung, Verfahrensbeschleunigung und Rechtsfrieden. Es ist vom BFH in mittlerweile ständiger Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt. Dabei geht es um die Fälle, in denen über den für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalt "eine anderweitig nicht einfach zu behebende Unklarheit besteht, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt i.S.d. § 88 AO einvernehmlich festzulegen" (und "insoweit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu beseitigen" – BFH, Urt. v. 22.09.2004 - III R 9/03 - BStBl II 2005, 160). Die tatsächliche Verständigung kann in jedem Stadium des Veranlagungsverfahrens, während einer Außenprüfung und des Rechtsmittelverfahrens getroffen werden (Fischer, jurisPR-SteuerR 15/2010 Anm. 2). Vorbehaltlich der Notwendigkeit einer entsprechenden obergerichtlichen Klärung, sprechen die praktischen Schwierigkeiten bei der Bewertung von Selbständigeneinkommen für die Zweckmäßigkeit einer solchen Verfahrensweise auch im Kontext des SGB II (idealerweise schon zum Zeitpunkt der Bewilligung, um weitere Auseinandersetzungen von vorneherein zu vermeiden). Bei der endgültigen Festsetzung der Leistungen wird die Beklagte bei der Gewinnermittlung die Kosten für die Geschäftsräume zu berücksichtigen haben. Dem kann nicht entgegenhalten werden, dass sich die Geschäftsräume im eigenen Haus der Kläger befinden und die Kosten insoweit über die Gewährung der KdU schon abgedeckt sind, denn dies verkennt, dass mit der Gewährung der KdU oder Berücksichtigung bei der Einkommensanrechnung unterschiedliche Rechtsfolgen verbunden sind. Unabhängig davon, ob dies im konkreten Fall zu einer finanziellen Benachteiligung der Kläger führt, ist diese Verfahrensweise willkürlich und kann im Einzelfall durchaus zu Nachteilen führen (wenn z.B. wegen der Einbeziehung der Geschäftsräume die Angemessenheitsgrenzen überschritten und nicht die volle KdU gewährt werden). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig sind Leistungen nach dem SGB II. Die Kläger, ein Ehepaar, bezogen u.a. im Zeitraum vom 01.03.2007 bis 30.09.2009 Leistungen nach dem SGB II. Soweit aus der Leistungsakte ersichtlich, ergingen hierzu folgende Bescheide (außer Widerspruchsbescheiden) der Beklagten:
(BB = Bewilligungsbescheid, vorl = vorläufig, ÄB = Änderungsbescheid Bl= Blatt, AEB = Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, AblehnungsB= Ablehnungsbescheid Kl = Kläger/in) Inwieweit die Bescheidlage vollständig dokumentiert ist, kann seitens des Gericht allerdings nicht überprüft werden, da die Beklagte der bereits in der Eingangsverfügung ausgesprochenen Auflage, Zweitausdrucke der die streitgegenständlichen Leistungszeiträume betreffenden Bescheide vorzulegen, trotz Mahnung nicht nachgekommen ist. Die Klägerin zu 1 erzielte Einkommen aus einer Tätigkeit als selbständige Kinderbetreuerin (Tagespflege gemäß § 23 Kinder- und Jugendhilfegesetz), der Kläger zu 2 ist ebenfalls selb-ständig als Inhaber einer Werbeagentur tätig. Die Kläger wohnen in einem Einfamilienhaus, das sich in ihrem Eigentum befindet. Aufgrund des Todes der Mutter des Klägers zu 2 am erbte dieser nach Abzug der Nach-lassverbindlichkeiten einen Betrag von 2076,21 EUR, den die Kläger durch Überweisung am 21.01.2009 (Bl. 735) zur Tilgung der Restschulden bei der Verwaltungsgemeinschaft für Straßenausbau und Abwasserbeiträge eingesetzt haben. (Bl.719ff d VwAkte). Aufgrund des Stundungsbescheides der Verwaltungsgemeinschaft vom 06.07.2006, hatten die Kläger bis dato auf einen Betrag von 4.365,59 EUR zzgl. Stundungszinsen in Höhe von 400 EUR monatliche Teilbeträge in Höhe von 100 EUR zu leisten (Bl. 662 der beigezogenen Verwaltungsakte.) Daneben waren aufgrund des Stundungsbescheides vom 29.08.2005 weitere 90 EUR monatlich zu zahlen. Gegenstand der am 30.09.2011 unter dem Az. S 17 AS 6920/11 erhobenen Klage ist der Be-scheid vom 11.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2011, Az. W 838/11. Mit den genannten Bescheiden wurde die Überprüfung der Bescheide vom 02.03.2011, mit denen die den Kläger aufgrund der Bescheide vom 26.04.2007, 19.06.2007 und 10.03.2009 zu gewährenden Leistungen für die Zeiträume März 2007, Juli 2007 und April und Mai 2009 endgültig festgesetzt wurden, als unbegründet abgelehnt. Gegenstand der am 30.09.2011 unter dem Az. S 17 AS 6922/11 erhobenen Klage ist der Be-scheid vom 02.03.2011 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 11.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2011, Az. W 842/11.
Gegenstand der Bescheide ist ein an die Klägerin zu 1 gerichtetes Erstattungsverlangen in Höhe von insgesamt 167,65 EUR. Gegenstand der am 30.09.2011 unter dem Az. S 17 AS 6921/11 erhobenen Klage ist der Be-scheid vom 02.03.2011 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 11.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09. 2011, Az. W 843/11. Gegenstand der Bescheide ist ein an den Kläger zu 2 gerichtetes Erstattungsverlangen in Höhe von insgesamt 167,65 EUR. Gegenstand der am 20.12.2011 unter dem Az. S 17 AS 8325/11 erhobenen Klage sind die Bescheide vom 25.11.2010 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 11.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12. 2011, Az. W 1031/11. Gegenstand der am 10.05.2012 unter dem Az. S 17 AS 1793/12 erhobenen Klage der Klägerin zu 1 ist der Bescheid vom 09.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2010, Az. W 302/10. Gegenstand ist die Ablehnung der Kosten der Straßenausbaubeiträge bzw. deren Berücksich-tigung bei der Bedarfsbemessung. Gegenstand der am 21.08.2009 unter dem Az. S 17 AS 3279/09 erhobenen zunächst ruhend gestellten und unter dem Az. S 17 AS 1794/12 wieder aufgerufenen Klage des Klägers zu 2 ist der Bescheid vom 09.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2009, Az. W 571/09. Gegenstand ist die Ablehnung der Kosten der Straßenausbaubeiträge bzw. deren Berücksich-tigung bei der Bedarfsbemessung. Gegenstand der am 19.08.2009 unter dem Az. S 17 AS 3281/09 erhobenen zunächst ruhend gestellten und unter dem AZ S 17 AS 1795/12 wieder aufgerufenen Klage der Klägerin zu 1 ist der Bescheid vom 27.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2009, Az. W 537/08. Gegenstand ist die die Rückforderung von Leistungen für die Monate Dezember 2008 bis März 2009 in Höhe von 584,84 EUR. Gegenstand der am 19.08.2009 unter dem Az. S 17 AS 3278/09 erhobenen zunächst ruhend gestellten und unter dem AZ S 17 AS 1796/12 wieder aufgerufenen Klage des Klägers zu 2 ist der Bescheid vom 27.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2009, Az. W 538/08. Gegenstand ist die die Rückforderung von Leistungen für die Monate Dezember 2008 bis März 2009 in Höhe von 584,84 EUR. Durch Beschluss vom 05.11.2014 wurden die obengenannten Verfahren miteinander verbunden. Die Kläger halten die genannten Bescheide u.a. deshalb für rechtswidrig, weil die Einkom-mensanrechnung fehlerhaft und hinsichtlich der Festsetzung des Selbständigeneinkommens des Klägers zu 2 mit 313,75 EUR im Monat auch nicht nachvollziehbar sei. Der Kläger zu 2 habe ausweislich der Bestätigung seines Steuerberaters und der geprüften betriebswirtschaftlichen Abrechnung nur ein monatliches Einkommen von 160,44 EUR erzielt.
Die Kläger beantragen, die Bescheide der Beklagten vom 25. 11. 2010, 02. 03. 2011 in der Fassung des Überprüfungsbescheide vom 21.07.2010, 11. 08. 2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. 09. 2011, 21.09. 2011 und 13.12.2011 sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26. 11. 2009 und 24.11.2009 bezüglich der Monate Juli bis September 2009 sowie die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27. 3. 2009 bezüglich der Monate Dezember 2008 bis März 2009 und dem Ablehnungsbescheid vom 09. 04. 2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21. 07. 2009, 22. 07. 2009 und 02. 03. 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die dem Kläger zu gewährenden Leistungen nach dem SGB II für die Zeiträume 01.01.2007 bis 31.03.2007, Juli 2007 und 01.12. 2008 bis 30.09.2009 in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf die Bindungswirkung ihrer Bescheide. Die gemäß § 44 SGB X gestellten Anträge seien nicht hinreichend bestimmt gewesen, um die Beklagte zu einer in-haltlichen Überprüfung zu verpflichten. Hinsichtlich der Höhe der gewährten Leistungen verweist sie hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung auf ihre Bescheide.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die der Kammer bei der Beratung und Entscheidung vorlagen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger ihren Rechten. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die Bestandskraft der mit den Überprüfungsanträgen angegriffenen Bescheide. Zum einen hat die Beklagte in den angegriffenen Überprüfungsbe-scheiden sich selbst auf eine inhaltliche Prüfung eingelassen, so dass schon fraglich ist, ob sie sich in den Widerspruchsbescheiden darauf berufen darf, dass nur bei neuem tatsächlichen Vorbringen in eine erneute inhaltliche Prüfung einzutreten wäre , zum anderen genügen die Überprüfungsanträge vom 21.07.2010 den Anforderungen eines hinreichend konkretisierten Antrages gemäß § 44 SGB X. Zu den Voraussetzungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X hat der 4. Senat in seinem Urteil vom 13.2.2014 (- B 4 AS 22/13 R -zitiert nach juris ) ausgeführt: Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus, deren Umfang aber von dem Antrag und dessen Begründung abhängig ist. Eine solche Prüfung erfordert, dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Um-fang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Andernfalls ist der Leistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung des Antrags abzusehen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, nach dem "im Einzelfall" beim Vorliegen der Voraussetzungen die Rücknahme eines Verwaltungsaktes er-folgen soll, was in der Konsequenz bedeutet, dass der Überprüfungsantrag des Leistungsberechtigten einen oder ggf. mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen muss. Letzteres war bei den o.g. Überprüfungsanträgen der Fall. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27.03.2009 sind rechtswidrig, da sie zu un-bestimmt sind. Die Entscheidung der Beklagten über die Aufhebung ihrer früheren Bewilli-gungsbescheide genügt nicht den Anforderungen des § 33 SGB X an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Ihre damit nach § 41 SGB X von der Möglichkeit einer Heilung ausgenommene Rechtswidrigkeit führt nicht bloß zu ihrer eigenen Aufhebung, sondern entzieht auf diesem Wege zugleich der Erstattungsforderung die Grundlage, da die aufgehobenen Bewilligungsbescheide nach der gerichtlichen Kassation der Rücknahmeentscheidung weiterhin wirksam bleiben und damit die Voraussetzung der Rechtsgrundlosigkeit der erbrachten Leistungen in den Tatbeständen von § 50 Abs. 1 und 2 SGB X sowie § 40 Abs. 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 335 SGB III nicht mehr erfüllt wird. Das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt zum einen, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2011- B 14 AS 153/10 R -, zitiert nach ju-ris, RdNr. 31 m.w.N). Die angegriffenen Bescheide nennen nur eine pauschale Summe. Diese ergibt sich zwar indirekt aus dem Änderungsbescheid vom gleichen Tag, hierauf wird jedoch nicht Bezug genommen. Es ist nicht erkennbar, dass hiermit ausgesprochen wurde, was sachgemäß gewesen wäre, nämlich ein reines Erstattungsverlangen aufgrund der Veränderung der Leistungshöhe durch Änderungsbescheid vom 27.03.2009. Sie sind darüber hinaus auch materiell rechtswidrig, da sie Einkünfte aus der Erbschaft be-rücksichtigen, die jedenfalls ab Februar 2009 keine bereiten Mittel darstellten und den Klägern nicht mehr zur Verfügung standen. Die Anrechnung von Einkommen oder Vermögen setzt voraus, dass dieses dem Hilfebedürftigen tatsächlich als bereites Mittel noch zur Verfügung steht. Die tatsächlichen Verhältnisse gehen einer normativen Berechnung vor. Sofern jemand Einkommen und Vermögen ohne Berücksichtigung einer in Zukunft nahenden Hilfebedürftigkeit ausgegeben hat, ist dieser hilfebedürftig. Insofern müssen Ersatzansprüche nach § 34 SGB II geltend gemacht werden. (SG Berlin vom 28.04.2014, Az.: S 82 AS 36391/10 zitiert nach juris, unter Bezug auf das Urt. des BSG vom 29. November 2012, B 14 AS 33/12 R.) In diesem Zusammenhang hat auch das BSG (Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 73/12 R –, juris) entschieden,, dass die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten - hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen - (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, mit Art 1 GG iVm Art 20 GG nicht vereinbar ist. Die Verletzung der Obliegenheit des Hilfebedürftigen, Einkommen über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen, kann einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB 2 auslösen, wobei die Kenntnisse der Leistungsberechtigten, das Verhalten des Grundsicherungsträgers sowie vorliegend auch das Verhalten des Treuhänders zu beachten sind. (Rn.25) Die Kammer geht allerdings auch davon aus, dass die Kläger unabhängig von der strittigen Frage, ob sie tatsächlich eine entsprechende Auskunft bei der Beklagten eingeholt haben, zumindest teilweise berechtigt waren, die aus der Erbschaft erlangten Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen. Durch die Schuldentilgung wurde zugleich der monatliche Bedarf an Kosten der Unterkunft in Höhe von 190 EUR monatlich gesenkt. Bei diesen Raten handelte es sich um zu berücksichtigende Kosten der Unterkunft (so auch Thüringer Landessozialgericht 9. Senat vom: 14.03.2013 Az: L 9 AS 1302/10 zitiert nach juris), sofern die Beiträge in dem entsprechenden Bewilligungszeitraum anfallen. Bei Vorliegen einer Stundungsvereinbarung ist insoweit auch von einem unabweisbaren Bedarf auszugehen. Der Einsatz der ererbten Summe zur Schuldentilgung war daher durch die allgemeine Selbst-hilfeobliegenheit des § 2 Abs.2 SGB II gerechtfertigt, die eigene Hilfebedürftigkeit zu verringern. Im Ergebnis ist der Beklagten aufgrund des durchgängigen Leistungsbezuges durch die Verwendung der Erbschaft gerade kein Vermögensnachteil erwachsen Soweit der Monat Dezember 2008 von der Aufhebung betroffen ist, ergibt sich hingegen die materielle Rechtswidrigkeit aus dem Umstand, dass aufgrund der fehlenden Erbauseinander-setzung, der zunächst auch die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten (z.B. für die Beer-digungskosten) entgegenstand, das Erbe dem Kläger nicht zur Verfügung stand. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 02.03.2011 sind ebenfalls rechtwidrig. Denn die Bescheide vom 2.03.2011, die auf den Bescheid vom 10.3.2009 Bezug nehmen und eine Festsetzung für die Monate April und Mai vornehmen, ist schon deshalb fehlerhaft, weil dieser Bescheid bereits durch den darauf folgenden Änderungsbescheid vom 16.04.2009 aufgehoben wurde. Für den Zeitraum Juli bis September 2009 werden die diesbezüglichen Aufhebungs -und Erstattungsbescheide nicht gesehen bzw. ignoriert, werden aber materiell abgeändert. Diese sind daher von dem Überprüfungsverlangen der Kläger, das sich auf die Bescheide vom 02.03.2011 bezog, mitumfasst. Die Festsetzungen sind darüber hinaus auch materiell fehlerhaft. Sowohl die Einkommensanrechnung als auch die Berechnung der jeweiligen Kosten der Un-terkunft waren fehlerhaft und rechtswidrig. Zu einem wurden in den Leistungszeiträumen vor Januar 2009 die Raten für die Straßenausbau- bzw. Abwasserbeiträge durchgängig nicht be-rücksichtigt. Zum anderen erfolgte die Berechnung der Kosten der Unterkunft durchgängig nicht auf der Grundlage des aktuellen monatlichen Bedarfes, sondern aufgrund der Festlegung von Durchschnittswerten. Obwohl zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist, weil vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zu Versicherungen) nicht monatlich, sondern ggfs. jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen, hat die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatsweise zu erfolgen. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um z.B. die Kosten des Heizöls bei einer einmaligen Betankung auf das ganze Jahr zu verteilen, ist trotz einer denkbaren Verwaltungsvereinfachung nicht zu erkennen. BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 36/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 63, zur Bedeutung des Monatsprinzips vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 09. April 2014 – B 14 AS 23/13 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 75). Ferner ist die Festlegung des Selbständigeneinkommens des Klägers zu 2 für die streitgegen-ständlichen Monate im Jahr 2009 fehlerhaft, da die Beklagte verkannt hat, dass zwar aufgrund der zum 01.01.2008 geltenden Neuregelung der ALG II VO die Bindung der Jobcenter an die Steuerbescheide aufgehoben wurde, dies jedoch keine Festsetzung des Selbständigen-einkommens nach eigenem Gutdünken rechtfertigt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 24.12.2003 a.a.O.) sind als Ein-kommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mithin auch Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit, zu berücksichtigen. In § 3 der ALG II-V (hier in der ab 01.01.2009 geltenden Fassung vom 18.12.2008) wird die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft geregelt. Nach Absatz 1 Sätze 1 und 2 ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus diesen Tätigkeiten erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) tatsächlich zufließen. Gemäß Abs. 2 sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzende Beträge ohne Rücksicht auf steuer-rechtliche Vorschriften abzusetzen. Tatsächliche Ausgaben sollen nach Abs. 3 nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht. Nach Abs. 4 Sätze 1 und 3 ist für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Von dem Einkommen sind die Beträge nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzen. Ist aufgrund der Art der Erwerbstätigkeit (Abs. 5) eine jährliche Berechnung des Einkommens angezeigt, soll in die Berechnung des Einkommens nach den Absätzen 2 bis 4 auch Einkommen nach Abs. 1 Satz 1 einbezogen werden, das der erwerbsfähige Hilfebedürftige innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vor wiederholter Antragstellung erzielt hat, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige darauf hingewiesen worden ist. Dies gilt nicht, soweit das Einkommen bereits in dem der wiederholten Antragstellung vorangegangenen Bewilligungszeitraum berücksichtigt wurde oder bei Antragstellung in diesem Zeitraum hätte berücksichtigt werden müssen. Die Beklagte hat das bei dem Kläger nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch bei der Klägerin zu berücksichtigende Einkommen unzutreffend berechnet. Eine Berechnung des Durchschnitts-einkommens bezogen auf den Bewilligungszeitraum (§ 3 Abs. 4 Satz 1 ALG II-V) war vorliegend nicht angezeigt, sondern vielmehr aufgrund der Art der Erwerbstätigkeit eine jährliche Berechnung des Einkommens nach § 3 Abs. 5 ALG II-V vorzunehmen. Zwar handelt es sich bei der Firma des Klägers nicht um einen Saisonbetrieb, da die selbständige Tätigkeit ganzjährig durchgehend ausgeübt wird, allerdings ist die Regelung des § 3 Abs. 5 ALG II-V nicht auf Saisonbetriebe beschränkt. Von dem Grundsatz der Berechnung des Einkommens für den laufenden Bewilligungszeitraum ist dann eine Ausnahme zu machen (§ 3 Abs. 5 ALG Il-V], wenn die Eigenart der Erwerbstätigkeit, z.B. bei einem Saisonbetrieb, bedingt, dass die Ein-nahmen jahresbezogen zu betrachten sind, weil üblicherweise im Laufe des Jahres stark schwankende Einnahmen zu verzeichnen sind. Eine jährliche Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit nach § 3 Abs. 5 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008) kann nicht nur bei Saisonbetrieben, sondern auch bei solchen Betrieben vorgenommen werden, bei denen nach der Eigenart der Erwerbstätigkeit eine jahresbezogene Betrachtung erforderlich ist. (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Dezember 2012 - L 6 AS 611/11-, juris). Eine solche Betrachtungsweise ist vorliegend deshalb geboten, weil die Betriebsergebnisse bezogen auf die einzelnen Monate tatsächlich ständig starken Schwankungen unterworfen waren. wie der Vergleich z.B. der Monate Juni 2009 (Gewinn 165,50 EUR nach Einnahme-überschussrechnung) und Juli (Verlust - 620,30 EUR ) auf der Übersicht Bl. 859 der Verwal-tungsakte zeigt. Bei einer derartigen Schwankungsbreite wäre die Gewinnermittlung je nach von der Behörde gewähltem Bewilligungszeitraum starken und zufälligen, d.h. in der Sache nicht gerechtfertigten, Schwankungen unterworfen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass willkürliche Spielräume bei der Frage der Gewinnermittlung nicht mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar wären. Die Bemessung des zu berücksichtigenden Einkommens bestimmt unmittelbar die Höhe des Leistungsanspruchs. Aus dem Urteil des BVerfG vom 09.02.2010Az.: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 (zitiert nach juris) ergibt sich, dass der Umfang dieses Anspruchs zwar nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann und dem Gesetzgeber unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche, bei der Bestimmung des Umfangs der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum zukommt, der die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs umfasst (a.a.O. RdNr.138). Gleichwohl darf der Gesetzgeber den Leistungsanspruch nicht willkürlich festsetzen, sondern muss alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf bemessen, wobei Abweichungen von der gewählten Methode sachlich gerechtfertigt sein müssen (a.a.O.) Legt man diese Grundsätze auch für die Ermittlung des anrechenbaren Einkommens zugrunde, bedeutet dies, dass die vom Verordnungsgeber festgelegte Methode der Einkommensanrechnung bei selbständigen SGB II Empfängern gewissen Mindestanforderungen sowohl im Hinblick auf die Sachgerechtigkeit als auch der Bestimmtheit genügen muss. Damit wäre eine rein negative Festlegung der Methode kaum hinreichend bestimmt. Es spricht daher einiges dafür, dass § 3 Abs. 2 und 3 Alg. lI-V 2008, jedenfalls solange der Verordnungsgeber keine hinreichend detaillierten und damit bestimmten Gewinnermittlungsvorschriften erlassen hat, in verfassungskonformer Weise dahingehend auszulegen ist, dass grundsätzlich weiterhin von den allgemein anerkannten steuerrechtlich geprägten Gewinnermittlungsgrundsätzen auszugehen ist und diese nur insoweit für besonders begründete Ausnahmefälle in Ansehung des SGB II Leistungsbezuges nach Billigkeitsgrundsätzen korrigiert werden können. Die Bescheide vom 25. 11. 2010, sowie die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26. 11. 2009 und 24. 11. 2009 bezüglich der Monate Juli bis September 2009 sind ebenfalls rechtswidrig, weil die Festsetzungen an den oben genannten Mängel, insbes. der Nichtbe-rücksichtigung der Kosten der Unterkunft in bedarfsgerechter Weise sowie die fehlerhafte Berechnung des Selbständigeneinkommens des Klägers, leiden. Da die zugrunde liegenden Festsetzungen rechtswidrig sind, sind die genannten Aufhebungs-und Erstattungsbescheide ebenfalls rechtswidrig und deshalb antragsgemäß aufzuheben. Hierdurch leben die ursprünglichen vorläufigen Bewilligungen wieder auf. Der Beklagten obliegt es dabei nunmehr, die Leistungen endgültig festzusetzen. Zwar unterliegen diese Bewertungen der vollen gerichtlichen Überprüfung, es ist jedoch nicht Aufgabe der Gerichte von vorneherein, die eigene Bewertung oder Beurteilung an die Stelle der Verwaltung zu setzen. Abgesehen von dem Umstand, dass dies aufgrund fehlender Zuarbeit der Beteiligten insbe-sondere der Beklagten durch die Kammer schon rein faktisch nicht zu leisten wäre, würde das Gericht im Hinblick auf die Bewertung einzelner Ausgabenpositionen unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Ausgabe unter Umständen in einen Bewertungsspielraum der Verwaltung eingreifen. Die Existenz von Bewertungsspielräumen ist auch bei der steuerrechtlichen Festsetzung von Selbständigeneinkommen anerkannt. Den praktischen Schwierigkeiten wird dabei sogar durch das Instrument der tatsächlichen Verständigung Rechnung getragen. Das Rechtsinstitut der "tatsächlichen Verständigung" ist geboren aus einem praktischen Bedürfnis nach Verfahrensförderung, Verfahrensbeschleunigung und Rechtsfrieden. Es ist vom BFH in mittlerweile ständiger Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt. Dabei geht es um die Fälle, in denen über den für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalt "eine anderweitig nicht einfach zu behebende Unklarheit besteht, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt i.S.d. § 88 AO einvernehmlich festzulegen" (und "insoweit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu beseitigen" – BFH, Urt. v. 22.09.2004 - III R 9/03 - BStBl II 2005, 160). Die tatsächliche Verständigung kann in jedem Stadium des Veranlagungsverfahrens, während einer Außenprüfung und des Rechtsmittelverfahrens getroffen werden (Fischer, jurisPR-SteuerR 15/2010 Anm. 2). Vorbehaltlich der Notwendigkeit einer entsprechenden obergerichtlichen Klärung, sprechen die praktischen Schwierigkeiten bei der Bewertung von Selbständigeneinkommen für die Zweckmäßigkeit einer solchen Verfahrensweise auch im Kontext des SGB II (idealerweise schon zum Zeitpunkt der Bewilligung, um weitere Auseinandersetzungen von vorneherein zu vermeiden). Bei der endgültigen Festsetzung der Leistungen wird die Beklagte bei der Gewinnermittlung die Kosten für die Geschäftsräume zu berücksichtigen haben. Dem kann nicht entgegenhalten werden, dass sich die Geschäftsräume im eigenen Haus der Kläger befinden und die Kosten insoweit über die Gewährung der KdU schon abgedeckt sind, denn dies verkennt, dass mit der Gewährung der KdU oder Berücksichtigung bei der Einkommensanrechnung unterschiedliche Rechtsfolgen verbunden sind. Unabhängig davon, ob dies im konkreten Fall zu einer finanziellen Benachteiligung der Kläger führt, ist diese Verfahrensweise willkürlich und kann im Einzelfall durchaus zu Nachteilen führen (wenn z.B. wegen der Einbeziehung der Geschäftsräume die Angemessenheitsgrenzen überschritten und nicht die volle KdU gewährt werden). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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