S 135 AS 1977/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
135
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 135 AS 1977/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Leistungen zur Haushaltshilfe sind als besonderer laufender Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II und nicht als Leistungen zur Pflege nach § 61 Abs. 1 SGB XII zu erbringen, wenn es sich um reine Leistungen zur Hauswirtschaftspflege handelt und kein Bedarf an Hilfe im Bereich der Grundpflege nach § 61 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 SGB XII besteht.
Die Voraussetzungen für einen unabweisbaren Bedarf für eine Haushaltshilfe im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II können auch dann gegeben sein, wenn der Betroffene nicht auf den Rollstuhl angewiesen ist.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 21. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2010 Kosten für die Haushaltshilfe in Höhe von 667,75 Euro zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines besonderen Bedarfs für die Kosten einer Haushaltshilfe. Der am geborene Kläger steht seit dem 1. Januar 2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Der Kläger leidet an einer psychischen Erkrankung und ist mit einem GdB von 60 schwerbehindert. Der sozialpsychiatrische Dienst des Beigeladenen erstellte am 31. August 2009 ein Gutachten zur Fortschreibung des Gesamtplans im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 58 SGB XII. Daraus ergab sich, dass für noch weitere 6 Monate eine Betreuung durch einen Einzelfallhelfer für notwendig erachtet wurde. Weiter wurde festgestellt, dass der Kläger große Probleme bei der Bewältigung hauswirtschaftlicher Arbeiten habe, so dass der Einsatz der Hauskrankenpflege bei einer Helferkonferenz beschlossen wurde. Wegen des weiteren Inhaltes des Gutachtens wird auf die Verwaltungsakte des Beigeladenen verwiesen. Der Kläger beendete im Dezember 2009 die Einzelfallhilfe. Aus einer weiteren sozialpädagogischen Stellungnahme des sozialpsychiatrischen Dienstes des Beigeladenen vom 12. Januar 2010 ergibt sich, dass der Kläger weiterhin nicht in der Lage sei, sich um die Sauberkeit seiner Wohnung zu kümmern. Daher sei aus fachlicher Sicht die fortführende Unterstützung durch die Sozialstation dringend erforderlich. Auch aus dem Abschlussbericht des Einzelfallhelfers vom 1. Februar 2010 ergibt sich, dass die Haushaltshilfe weiterhin für notwendig erachtet wird. Wegen des weiteren Inhaltes wird auf die Verwaltungsakte des Beigeladenen verwiesen. Mit Bescheid vom 4. Februar 2010 bewilligte der Beigeladene dem Kläger weiterhin Häusliche Pflege durch die Pflegestation M nach §§ 61 ff SGB XII für den Zeitraum Februar bis Juli 2010. Mit Bescheid vom 2. März 2010 hob der Beigeladene diesen Bewilligungsbescheid ab 1. April 2010 auf. Es liege eine Änderung der Verhältnisse vor. Denn die Übernahme der hauswirtschaftlichen Hilfen für Personen, die Leistungen nach SGB II bezogen, sei bisher nur nach §§ 61ff SGB XII erfolgt, weil dieser Bedarfstatbestand im SGB II nicht vorgesehen sei. Dies sei nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der laufende unabweisbare Bedarfe auch nach dem SGB II zu übernehmen sind, nicht mehr der Fall. Zuständig für die Leistungen sei daher der Beklagte. Mit Schreiben vom 15. März 2010, eingegangen beim Beklagten am 24. März 2010, beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten der Haushaltshilfe ab 1. April 2010. Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15. April 2010 ab. Ein solcher Bedarf sei nur für Rollstuhlfahrer anzuerkennen. Einen erneuten Antrag auf Übernahme der Kosten für die Haushaltshilfe des Klägers vom 16. Juni 2010 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21. Juni 2010 ab. Er führte aus, dass ein Anspruch auf Überprüfung des Bescheides vom 15. April 2010 nicht bestehe, weil sich keine Änderungen ergeben hätten. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2010 zurück. Dies begründete er im Wesentlichen damit, dass kein besonderer unabweisbarer Bedarf beim Kläger bestehe. Ein solcher bestehe nur unter engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen in seltenen Fällen. Das Gutachten des sozialpsychiatrischen Dienstes vom Januar 2010 stelle lediglich fest, dass der Läger die Hausarbeiten zurzeit nicht vollumfänglich erledigen könne. Es sei daher nicht erkennbar, dass der Kläger ohne diese Hilfe in seinen Lebensgewohnheiten eingeschränkt wäre. Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 30. September 2010 Leistungen für den Zeitraum Oktober 2010 bis März 2011. Nachdem sich der Kläger am 22. Dezember 2010 telefonisch nach dem Bearbeitungsstand seines Widerspruchs erkundigte, wurde ihm der Widerspruchsbescheid mit Schreiben vom 3. Januar 2011 übersandt. Der Beigeladene zahlte die Rechnungen der Pflegestation M bis einschließlich Juli 2010. Danach entstanden dem Kläger folgende Kosten für die Haushaltshilfe: Rechnungen der Pflegestation M vom 27. Oktober 2010 für August 2010 in Höhe von 164,43 Euro, für September 2010 in Höhe von 193,20 Euro und Rechnung vom 1. Januar 2012 für Oktober 2010 in Höhe von 184,49 Euro. Die Rechnungen ergingen jeweils für das Reinigen der Wohnung und das Wechseln und Waschen der Wäsche. Weiterhin stellte die Firma D dem Kläger eine Rechnung vom 18. Februar 2011 in Höhe von 125,53 Euro für Reinigungsleistungen im Dezember 2010. Die Leistungsbeschreibung lautete: Unterhaltsreinigung aller Bereiche. Mit Schreiben vom 20. Januar 2011, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Der Kläger trägt vor, dass ihm der Widerspruchsbescheid am 3. Januar 2011 zugegangen sei. Er sei aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht im Vollbesitz seiner gesundheitlichen Kräfte. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 stünde dem Kläger ein besonderer Bedarf für die Haushaltsreinigung zu. Er sei auf die Haushaltshilfe aus gesundheitlichen Gründen angewiesen. Dies ergebe sich aus einem Schreiben der Fortbildungsakademie der Wirtschaft – an der der Kläger seit 13. September 2010 eine Rehamaßnahme besuchte - vom 19. November 2010 und aus den in der Verwaltungsakte des Beigeladenen vorliegenden Stellungnahmen. Er sei mit der Haushaltsführung überfordert und könne diesbezüglich seinen Alltag nicht bestreiten. Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 21. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag von 667,75 Euro für Leistungen der Haushaltshilfe zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte trägt vor, dass es sich bei den begehrten Leistungen um Leistungen zur Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff SGB XII handele, die vom Beigeladenen zu erbringen seien. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 seien zwar laufende Bedarfe in atypischen Lebenslagen nach dem SGB II zu erbringen. Deshalb sei jedoch allein ein Verweis auf Leistungen nach § 73 SGB XII nicht mehr zulässig, nach dem Leistungen in sonstigen Lebenslagen erbracht werden können. Der Kläger befinde sich jedoch nicht in einer sonstigen Lebenslage. Die Voraussetzungen des § 61 SGB XII seien lascher als die des § 21 Abs. 6 SGB II. Außerdem sei der Widerspruchsbescheid vom 29. September 2010 bestandskräftig. Der Beigeladene trägt vor, dass Leistungen zur reinen Hauswirtschaftspflege nicht nach dem SGB XII zu übernehmen seien. Soweit bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts diese Leistungen durch den Sozialhilfeträger übernommen worden seien, sei dies aufgrund einer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfolgt, die nun nicht mehr anwendbar sei. Denn die dadurch ausgeglichene Gesetzeslücke sei durch die Einführung des laufenden besonderen Bedarfs im SGB II geschlossen. Dieser sei entgegen der Verwaltungsvorschriften des Beklagten auch im Falle psychischer Erkrankungen zu gewähren. Da im vorliegenden Fall kein grundpflegerischer Bedarf in Form von Hilfe an der Person bestehe, seien die Leistungen zur Pflege nach §§ 61 ff SGB XII nicht einschlägig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Leistungsakten des Beklagten und der Verwaltungsakten des Beigeladenen verwiesen, die der Kammer vorgelegen haben und Gegenstand der geheimen Beratung sowie mündlichen Verhandlung geworden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat teilweise Erfolg. Streitgegenständlich ist nach der Klarstellung des entsprechend auslegungsfähigen Begehrens des Klägers die Erstattung der im Zeitraum April 2010 bis März 2011 entstandenen Kosten einer Haushaltshilfe. Angefochten ist der Überprüfungsbescheid vom 21. Juni 2010 zum Bescheid vom 15. April 2010, mit dem die beantragten Leistungen für die Übernahme der Kosten einer Haushaltshilfe ab April 2010 abgelehnt wurden. Der streitgegenständliche Zeitraum ist auf den Bewilligungszeitraum begrenzt, in dem der Widerspruchsbescheid bekannt gegeben wurde (BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, Az. B 14 AS 49/10 R). Die so verstandene Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 4 SGG unzulässig, soweit der Kläger Leistungen von April bis Juli 2010 beantragt hat. Da der Beigeladene die begehrten Leistungen bis 31. Juli 2010 gezahlt hat, fehlt es am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Im Übrigen ist die Klage zulässig. Insbesondere wurde die Klagefrist des § 87 SGG eingehalten. Danach ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids zu erheben. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger frühestens am 3. Januar 2011 bekannt gegeben, so dass die Klage am 20. Januar 2011 fristgerecht eingelegt wurde. Zwar ergibt sich aus der Verwaltungsakte ein Vermerk, wonach der Widerspruchsbescheid vom 29. September 2010 am 29. September 2010 in den Postausgang gegeben worden sei. Bei Bekanntgabe durch Zusendung per Post richtet sich der Fristbeginn nach § 37 Abs. 2 SGB X. Danach gilt der Widerspruchsbescheid als am dritten Tag nach Aufgabe zur Post zugegangen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Bescheid gar nicht oder später zugegangen ist. Die fiktive Annahme des Zugangs nach drei Tagen gemäß § 37 Abs. 2 SGB X verliert ihre Wirkung, wenn Zweifel am Zugang bestehen. Das ist der Fall. Der Kläger trägt vor, dass ihm der Widerspruchsbescheid am 3. Januar 2011 zugegangen sei. Es bestehen zur Überzeugung der Kammer Zweifel am Zugang des Widerspruchsbescheides vor dem 3. Januar 2011. Aus der Verwaltungsakte ergibt sich, dass der Widerspruchsbescheid dem Kläger mit Schreiben vom 3. Januar 2011 erneut übersandt wurde, nachdem dieser telefonisch nach dem Stand der Bearbeitung seines Widerspruchsverfahrens nachfragte. Daher ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid dem Kläger vorher nicht zuging. Der Beklagte konnte trotz Aufforderung einen früheren Zugang nicht nachweisen. Daher kann dahinstehen, ob der Vermerk darüber, dass der Widerspruchsbescheid in den Postausgang gegeben wurde, als Aufgabe zur Post im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB X zu werten ist. Die Klage ist auch begründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Haushaltshilfe in Höhe von 667,75 Euro für den Zeitraum August 2010 bis März 2011. Der Beklagte ist nach § 44 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die ablehnende Entscheidung vom 15. April 2010 zurückzunehmen und dem Kläger entsprechende Leistungen zur Haushaltshilfe zu bewilligen. Der Beklagte ist auch zuständig für die Gewährung der Leistungen zur Haushalthilfe. Die vorliegend begehrten Leistungen stellen keine Hilfe zur Pflege nach §§ 61 SGB XII dar, so dass der Beigeladene nicht zuständig ist. Der Kläger ist im streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig Leistungsempfänger nach dem SGB II, weil bei ihm die Voraussetzungen des § 7 SGB II, insbesondere die der Erwerbsfähigkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II gegeben sind. Gemäß § 5 Abs. 2 SGB II, § 12 SGB XII ist er daher von Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII ausgeschlossen. Von Leistungen für die Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel SGB XII ist er dahingegen nicht ausgeschlossen. Daher ist entscheidend, dass die vom Kläger begehrten Leistungen für die Haushaltshilfe keine Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 61 SGB XII, sondern Leistungen für den Lebensunterhalt nach § 27 SGB XII sind und entsprechend als besonderer laufender Bedarf nach § 27 a Abs. 4 SGB XII zu übernehmen wären. Da der Kläger Leistungsempfänger nach dem SGB II ist, ist der besondere laufende Bedarf nicht nach §§ 27, 27a Abs. 4 SGB XII, sondern nach § 21 Abs. 6 SGB II zu übernehmen. Anspruchsgrundlage für die Bewilligung von Leistungen zur Haushaltshilfe für Leistungsempfänger nach dem SGB II ist § 21 Abs. 6 SGB II. Danach wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit es sich um nicht vom Regelbedarf umfasste Bedarfe handelt, die unabweisbar, laufend und nicht nur einmalig sind. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Anspruchsgrundlage ist dagegen nicht § 61 Abs. 1 SGB XII. Danach erhalten Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege. Die Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 61 SGB XII im 7. Kapitel des SGB XII stehen auch Leistungsempfängern nach SGB II zu. Denn der Leistungsausschluss des § 21 SGB XII, § 5 Abs. 2 SGB II gilt nur für Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII, nicht jedoch für Leistungen zur Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel SGB XII. Die vom Kläger begehrten Leistungen stellen jedoch reine Leistungen zur Hauswirtschaftspflege dar. Diese unterfallen auch im System des SGB XII der Hilfe zum Lebensunterhalt und sind nach § 27 Abs. 3 SGB XII zu erbringen. Danach kann Hilfe zum Lebensunterhalt auch Personen geleistet werden, die ihren notwendigen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können, jedoch einzelne erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können. Nach § 27 a Abs. 4 SGB XII wird im Einzelfall der individuelle Bedarf abweichend vom Regelsatz festgelegt, wenn ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Leistungsempfänger nach SGB II sind von diesen Leistungen nach § 21 SGB XII, 5 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen. Die Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII ist demnach von den Leistungen nach §§ 27 Abs. 3, 27 a Abs. 4 SGB XII und entsprechend nach § 21 Abs. 6 SGB II abzugrenzen. Dabei muss nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) Beachtung finden, dass das System des SGB II nunmehr eine Öffnung für Sonderbedarfe über die zuvor ausdrücklich geregelten Fälle der Gewährung eines Mehrbedarfs hinaus enthält. Aufgrund der Regelung des § 21 Abs. 6 SGB II ist die Gewährung laufender Sonderbedarfe möglich. Daher ist § 21 Abs. 6 SGB II für Leistungsempfänger nach SGB II vorrangige Anspruchsgrundlage vor den für diese ebenfalls einschlägigen Leistungen nach dem SGB XII. Im Rahmen der Abgrenzung ist dabei auch zu beachten, dass eine den jeweiligen Regelungen des SGB XII entsprechende Bedarfslage vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2010, AZ B 14 AS 13/10 R zu § 73 SGB XII). Die §§ 61 ff SGB XII sind für den Leistungsempfänger nach SGB II daher nur dann einschlägig, wenn eine Bedarfslage im Sinne der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff SGB XII vorliegt. Aufgrund der Neuregelung des SGB II kann deshalb nicht mehr der Rechtsprechung des BSG gefolgt werden, wonach eine Hilfe zur Pflege unabhängig von der Notwendigkeit der Pflege an der Person vorliegen soll (BSG, Urteil vom 26. August 2008, Az: B 8/9b SO 18/07 R). Denn dann würden Leistungen der Haushaltshilfe immer unter § 61 SGB XII fallen und vom Sozialhilfeträger zu erbringen sein. Die eigentlich vorrangige Norm des § 21 Abs. 6 SGB II würde so übergangen. Dass aber Leistungen der Haushaltshilfe grundsätzlich als besonderer Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II gelten, ist nicht umstritten. Entsprechend regeln die Verwaltungsanweisungen des Beklagten die Voraussetzungen, die Gesetzesbegründung nennt die Haushaltshilfe für Rollstuhlfahrer als Anwendungsfall ausdrücklich (BR-DRs. 17/1465). Die Kammer ist der Überzeugung, dass in Abgrenzung zum Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II eine Bedarfslage im Sinne der Hilfe zur Pflege nur dann vorliegt, wenn nicht nur Hilfe bei der Haushaltsführung, sondern Hilfe im Bereich der Grundpflege nach § 61 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 SGB XII, also im Bereich der Körperpflege, Ernährung oder Mobilität benötigt wird. Denn sonst ist ein Bedarf an Hilfe für die gewöhnlichen und regelmäßigen Verrichtungen des täglichen Lebens i.S.d. § 61 Abs. 1 SGB XII nicht gegeben (Krahmer in Münder, SGB XII, 8. Auflage, Rn. 2, 6; a. A. Grube, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Auflage § 61 Rn. 27, jedoch zustimmend in Abgrenzung zur Hilfe nach § 27 Abs. 3 SGB XII; Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage, § 61 Rn. 81; vgl. auch LSG NRW, Urteil vom 8. November 2013, Az: L 10 AS 1777/13 B ER zum fahrbaren Mittagstisch als Leistung nach § 61 SGB XII). Vorliegend hat der Kläger nur einen Bedarf zur Hilfe bei der Haushaltsführung und nicht einen Bedarf zur Pflege an der Person beziehungsweise in den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität. Aus den Rechnungen der Pflegestation M und aus der Rechnung der Firma D ergeben sich jeweils nur Leistungen im Haushalt wie Reinigung der Wohnung und das Wechseln und Waschen von Wäsche. Pflegeleistungen an der Person macht der Kläger nicht geltend. Im streitgegenständlichen Zeitraum hat er solche Pflegeleistungen auch nicht in Anspruch genommen. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II sind auch erfüllt. Der Kläger hat danach einen Anspruch auf Bewilligung eines Mehrbedarfs für die Haushaltshilfe. Gemäß § 21 Abs. 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit es sich um nicht vom Regelbedarf umfasste Bedarfe handelt, die unabweisbar, laufend und nicht nur einmalig sind. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger hat einen unabweisbaren Bedarf an einer Haushaltshilfe. Die Kosten für eine Haushaltshilfe sind nicht vom Regelbedarf erfasst. Die Kammer ist der Überzeugung, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Hilfe bei der Führung seines Haushaltes benötigte. Aus dem Gutachten des sozialpsychiatrischen Dienstes des Beigeladenen vom 31. August 2009 ergibt sich, dass der Kläger Probleme bei der Bewältigung hauswirtschaftlicher Arbeiten hat und eine Helferkonferenz den Einsatz der Hauskrankenpflege beschlossen hat. Auch aus der sozialpädagogischen Stellungnahme des sozialpsychiatrischen Dienstes vom 12. Januar 2010 geht hervor, dass aus fachlicher Sicht die Fortführung der Unterstützung bei der Reinigung der Wohnung dringend erforderlich ist. Ebenso erachtet der Einzelfallhelfer des Beigeladenen in seinem Abschlussbericht vom 1. Februar 2010 eine Haushaltshilfe weiter für notwendig. Aus den Unterlagen ergibt sich zur Überzeugung der Kammer, dass der Kläger in erheblichem Ausmaß an der Führung seines Haushaltes behindert und dadurch seine Teilhabe am alltäglichen Leben massiv beeinträchtigt ist. Der Kläger ist ohne Hilfe nicht in der Lage, in sauberen Sachen in die Öffentlichkeit zu gehen und seine Wohnung in einem dem Existenzminimum entsprechenden Zustand zu halten. Die Haushaltshilfe ist notwendig, um den Zustand der Verwahrlosung verhindern. Aus einem Schreiben der Fortbildungsakademie der Wirtschaft vom 19. November 2010 ergibt sich, dass die dort vom Kläger durchgeführte berufliche Rehabilitation gefährdet ist, wenn die Putz- und Haushaltshilfe nicht übernommen wird. Nach alledem sieht die Kammer keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Haushaltshilfe für den Kläger nicht notwendig ist. Der Kläger ist zur Überzeugung der Kammer aufgrund seiner psychischen Funktionsbeeinträchtigungen daran gehindert, seinen Haushalt zu führen und seine Wäsche zu waschen. Die Kammer kann dem Beklagten auch nicht dahingehend folgen, dass eine Haushaltshilfe nur für Rollstuhlfahrer in Betracht kommen sollte. Auch wenn diese als Fallbeispiel in der Gesetzesbegründung genannt sind, ergibt sich keine entsprechende Begrenzung aus dem Gesetz. Die Kammer kann nicht erkennen, warum eine geistige oder seelische Funktionsbeeinträchtigung als Grund für die Notwendigkeit der Haushaltshilfe ausgeschlossen sein soll. Dies widerspräche dem sozialrechtlichen Begriff der Behinderung. Gemäß § 2 Abs. 1 SGB XI, sind sowohl Beeinträchtigungen der körperlichen Funktion als auch der geistigen Fähigkeit oder der seelischen Gesundheit als Funktionsbeeinträchtigungen zu beachten. Entsprechend benennt § 61 Abs. 1 SGB XII Personen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung. Warum der Beklagte darin "lasche" Voraussetzungen sieht, die im Rahmen des § 21 Abs. 6 SGB II nicht gelten sollten, kann die Kammer nicht nachvollziehen. Es dürfte vielmehr unerheblich sein, ob der Betroffene unter einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung leidet. Entscheidend ist allein, dass aufgrund dieser eine Haushaltshilfe zwingend notwendig ist. Dies ist hier zur Überzeugung der Kammer der Fall. Dem Kläger ist auch tatsächlich ein Bedarf entstanden, der nicht durch Leistungen Dritter oder durch Einsparmöglichkeiten gedeckt werden kann und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Dem Kläger sind für Leistungen der Pflegstation M laut Rechnungen vom 27. Oktober 2010 und 1. Januar 2012 für August 2010 164,13 Euro für September 2010 193,20 Euro und für Oktober 2010 184,49 Kosten entstanden. Für Dezember 2010 sind ihm Kosten in Höhe von 125,- Euro laut Rechnung der Firma D vom 30. Dezember 2010 entstanden. Die Forderungen der Pflegestation und der Firma D bestehen auch noch. Dabei kann dahinstehen, ob Verjährung nach § 195 BGB eingetreten ist, da die Forderung vor Erhebung der Einrede besteht. Daneben dürfte die Verjährungsfrist noch nicht begonnen haben, da die Rechnungen soweit ersichtlich nicht an den Kläger, sondern an den Beklagten adressiert waren. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Dabei ist maßgebend, dass der Kläger mit seinem wirtschaftlichen Interesse voll obsiegt hat. Die Kammer hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die vorliegende Rechtsfrage, ob für die Leistungen zur Haushaltshilfe § 61 SGB XII oder § 21 Abs. 6 SGB II einschlägig ist, bisher nicht geklärt ist, aber klärungsbedürftige und –fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt.
Rechtskraft
Aus
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