Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 32 AS 1942/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Sanktionsbescheide sind nicht an sich verfassungswidrig. Jedenfalls eine Kürzung um 10 % des Regelbedarfs ist verfassungsrechtlich hinzunehmen, da eine derartige Kürzung unter Beachtung des Ansparkonzepts nicht zu einer menschenunwürdigen Bedarsunterdeckung führt.
1. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind nicht zu erstat- ten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller hat im Zeitraum vom 01.12.2013 bis 31.05.2015 durchgehend Leistungen nach dem SGB II vom Antragsgegner bezogen. Ein Fortbewilligungsantrag für den Zeitraum ab dem 01.06.2015 ist angekündigt; ob dieser inzwischen beim Antragsgegner eingegangen ist, ist dem Gericht nicht bekannt.
Der Antragsteller betreibt als Inhaber eine Firma mit dem Namen M.-Reisen, welche als Reiseveranstalter auftritt. Bedarfsdeckende Einnahmen hat er seit November 2013 jedenfalls nicht mehr erzielt.
Da der Antragsteller Gesprächsangebote über seine berufliche Zukunft genauso ablehnte, wie den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, wurde seitens des Antragsgegners mehrfach ein sogenannter Eingliederungsbescheid erlassen, zuletzt unter dem Datum des 09.03.2015 mit der Bezeichnung "Ersatz der Eingliederungsvereinbarung - Bescheid über die Festsetzung von Pflichten zur Minderung der Hilfebedürftigkeit gemäß § 15 Absatz 1 Satz 2 und 6 2. Buch Sozialgesetzbuch".
Geltungszeitraum des genannten Bescheides soll die Zeit vom 13.03.2015 bis 12.09.2015 sein.
Eine Einladung zu einem Beratungsgespräch am 09.03.2015, datiert auf den 17.02.2015, lehnte der Antragsteller ab.
Mit Bescheid vom 30.03.2015 hat der Antragsgegner die Minderung der SGB II-Leistungen des Antragstellers für den Zeitraum 01.05.2015 bis 31.07.2015 verfügt.
Die Höhe der Minderung beträgt 10 % des Regelbedarfes von 399 EUR, mithin 39,90 EUR/Monat. Der Antragsgegner weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass für den Minderungszeitraum vom 01.06.2015 bis 31.07.2015 derzeit noch keine (endgültige) Aussage getroffen werden könne.
Für den Zeitraum ab dem 01.06.2015 sei noch keine Bewilligung erfolgt.
Den am 20.04.2015 eingelegten Widerspruch des Antragstellers gegen den Sanktionsbescheid hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 13.05.2015 zurückgewiesen.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Verhängung von Sanktionen grundsätzlich verfassungswidrig sei, da das Existenzminimum unterschritten werde.
Im Übrigen vertritt er die Auffassung, dass er Beratungsgespräche allenfalls dann wahrnehmen müsse, wenn man ihm vorher die Notwendigkeit ausführlich mitteilen würde. Die ihm angebotenen Termine habe er nicht wahrnehmen können, da sein Betrieb zu jenem Zeitpunkt geöffnet gewesen wäre.
Er sähe grundsätzlich keine Notwendigkeit, sich beraten zu lassen, da er selbständig sei und der Betrieb lediglich in vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei.
Ferner ist er der Auffassung, dass gegen ihn schon deshalb keine Sanktionen verhängt werden könnten, da er keine Eingliederungsvereinbarung unterschrieben habe und der daraufhin "ausgeschriebene" Verwaltungsakt nichtig sei.
Der Antragsteller beantragt:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid über die Minderung von Leistungen vom 30.03.2015 wird hergestellt.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner geht davon aus, dass eine einstweilige Anordnung schon deshalb nicht erforderlich sei, da keine wesentlichen Nachteile abzuwenden seien. Eine finanzielle Notlage des Antragstellers aufgrund der Sanktion sei nicht dargetan. Im Übrigen sei der Monat Mai 2015 inzwischen abgelaufen, weshalb der Bescheid bisher nur Wirkungen für die Vergangenheit gezeigt habe. Ein Antrag oder gar eine Bewilligung für den Zeitraum ab 01.06.2015 sei noch nicht eingegangen bzw. erlassen worden.
Im Übrigen sei der Sanktionsbescheid zu Recht ergangen.
Der Antragsteller sei verpflichtet, aktiv an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit mitzuwirken. Sofern der Antragsteller Terminsprobleme habe, habe er sich um eine Terminsverschiebung zu bemühen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Verwaltungsakte verwiesen, die dem Gericht zur Entscheidungsfindung vorlag.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung war abzulehnen.
Es bestehen zunächst Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages, jedenfalls ist dieser aber unbegründet.
Bedenken wegen der Zulässigkeit des Antrages ergeben sich unter zwei Aspekten:
Der Sanktionsbescheid betrifft eine Kürzung des Regelbedarfes um 10 %. Ob eine derartige Kürzung grundsätzlich derart schwerwiegende Nachteile bewirkt, dass eine einstweilige Anordnung erforderlich ist, mag man noch bejahen.
Faktische Wirkung hat der Sanktionsbescheid aber bisher lediglich für den Mai 2015 gezeigt, der inzwischen verstrichen ist, ohne dass der Antragsteller vorgetragen hat, die fehlende Leistung habe zu einer fortwirkenden erheblichen Notlage geführt. Für den Zeitraum ab dem 01.06.2015 liegt noch keine Bewilligung vor. Ob ein Antrag inzwischen eingegangen ist und ob dieser begründet ist, was ggfs. zu einer Verlängerung der Bewilligung führen könnte, vermag das Gericht derzeit nicht zu beurteilen.
Vor dem Hintergrund, dass eine Weiterbewilligung jederzeit erfolgen kann, sollen die Zulässigkeitsbedenken aber im Interesse effektiven Rechtsschutzes zurückgestellt werden.
Da Sanktionsbescheide gem. § 39 SGB II sofort vollstreckbar sind und Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, hat der Antragsteller den zutreffenden Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Die Klage in der Hauptsache ist beim Sozialgericht Halle unter dem Aktenzeichen S 32 AS 1943/15 anhängig.
Der Antrag ist aber unbegründet.
Rechtsgrundlage für den Erlass eines Sanktionsbescheides ist § 31 SGB II. Gemäß § 31 Absatz 1 Ziffer 1 SGB II liegt eine Pflichtverletzung des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dann vor, wenn er sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigert, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem dieser ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Absatz 1 Satz 6 festgelegte Pflichten zu erfüllen.
In der die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Regelung, die der Antragsgegner nach der Weigerung des Antragstellers, eine Vereinbarung zu unterschreiben, zurecht durch Verwaltungsakt festgelegt hat, finden sich lediglich die Pflichten, alles zu unternehmen, um durch seine Tätigkeit die Hilfsbedürftigkeit zu beenden sowie die Verpflichtung zu Gesprächen, zu denen der Antragsteller eingeladen wird, auch zu erscheinen.
Bedenken gegenüber dieser sehr zurückhaltenden ausgeführten Eingliederungsvereinbarung bestehen nicht. Insbesondere wird die selbständige Tätigkeit des Antragstellers hinreichend berücksichtigt. Ihm wird nicht aufgegeben, seine selbständige Tätigkeit zu beenden, sondern diese auf eine Art und Weise fortzusetzen, die es ihm ermöglicht, seinen Bedarf selbst zu decken. Auch die Aufforderung, Gesprächseinladungen Folge zu leisten, ist keine ungewöhnliche Belastung.
Gerade vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller bereits seit Dezember 2013 ununterbrochen Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, erklärt sich die Notwendigkeit, sich über das weitere berufliche Fortkommen des Antragstellers Gedanken zu machen. Von einem lediglich vorübergehenden finanziellen Engpass kann offensichtlich nicht mehr gesprochen werden. Da der Antragsteller als sogenannter Aufstocker staatliche Leistungen in Anspruch nimmt, wird er akzeptieren müssen, dass die geldgebende Stelle sich gemeinsam mit ihm Gedanken darüber macht, ob eine Fortführung des Betriebes wirtschaftlich ist und ob ggfs. die Rahmenbedingungen geändert werden müssten.
Insoweit kann dem Antragsteller gerade nicht gefolgt werden, wenn er darauf verweist, dass für ihn, solange er selbständig sei, keinerlei Beratungsnotwendigkeit bestünde.
Der darauf gestützte Sanktionsbescheid ist deshalb bei gebotener summarischer Prüfung rechtmäßig, da sowohl die Rechtsbehelfsbelehrung in ausführlicher Form erfolgt war, und der Antragsteller – wie er selbst einräumt – den entsprechenden Termin nicht wahrgenommen hat. Soweit er darauf hingewiesen hat, er sei terminlich verhindert, hätte es an ihm gelegen, einen Ersatztermin vorzuschlagen. Sein weiterer Einwand, der Beratungstermin sei aus seiner Sicht überflüssig, da er noch nicht die aktuellen Geschäftszahlen vorliegen hätte, reicht ebenfalls als Entschuldigung nicht aus. Sinn und Zweck eines Beratungsgespräch besteht gerade darin, aufgrund vorläufiger Schätzungen sich Gedanken zu machen, in welcher Form der Betrieb weiterzuführen sei. Die endgültigen Zahlen sind lediglich für den Fortzahlungsantrag wesentlich.
Im Gegensatz zum Antragsteller hat das Gericht auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken an den Sanktionsbescheiden an sich.
Jedenfalls in Fällen, in denen eine einmalige Sanktion in Höhe von 10 % des Regelbedarfs ausgesprochen wird, dürfte trotz Verhängung der Sanktion das Existenzminimum nicht zwingend unterschritten worden sein. Das Gericht folgt insoweit der Argumentation des Bundesverfassungsgerichtes zur Frage der ratenweisen Rückzahlung von Darlehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der maßgeblichen Entscheidung vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 u. a., Rnr. 150 in der bei juris aufzurufenden Version, ausgeführt, dass ein Einbehalt von 10 % der Regelleistung als vorübergehende monatliche Kürzung der Regelleistung im Grunde verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, da aufgrund des "Ansparkonzepts" davon auszugehen sei, dass eine derartige Minderung noch zu decken sei.
Ob im Falle kumulierender Sanktionen, die bis zu 30 % des Regelbedarfs erreichen können, etwas anderes gilt, kann hier dahinstehen.
Nach alldem ist eine Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheides nicht hinreichend dargetan.
Das Gericht hat aus den letztgenannten Erwägungen auch keinen Raum gesehen, vor endgültiger Entscheidung im Rahmen der Folgeabwägung dem Antrag stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Wert der Beschwer liegt bei maximal 119,70 EUR (Kürzung um 39,09 EUR x 3 Monaten). Beim derzeitigen Stand der Dinge ist eher von einem Wert der Beschwer von 39,09 EUR auszugehen, da ein Fortzahlungsantrag für Juni und Juli 2015, mithin also für die weiteren zwei Monaten der Sanktionsdauer, noch nicht eingegangen bzw. beschieden ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Absatz 3 Ziffer 1 SGG ausgeschlossen.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind nicht zu erstat- ten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller hat im Zeitraum vom 01.12.2013 bis 31.05.2015 durchgehend Leistungen nach dem SGB II vom Antragsgegner bezogen. Ein Fortbewilligungsantrag für den Zeitraum ab dem 01.06.2015 ist angekündigt; ob dieser inzwischen beim Antragsgegner eingegangen ist, ist dem Gericht nicht bekannt.
Der Antragsteller betreibt als Inhaber eine Firma mit dem Namen M.-Reisen, welche als Reiseveranstalter auftritt. Bedarfsdeckende Einnahmen hat er seit November 2013 jedenfalls nicht mehr erzielt.
Da der Antragsteller Gesprächsangebote über seine berufliche Zukunft genauso ablehnte, wie den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, wurde seitens des Antragsgegners mehrfach ein sogenannter Eingliederungsbescheid erlassen, zuletzt unter dem Datum des 09.03.2015 mit der Bezeichnung "Ersatz der Eingliederungsvereinbarung - Bescheid über die Festsetzung von Pflichten zur Minderung der Hilfebedürftigkeit gemäß § 15 Absatz 1 Satz 2 und 6 2. Buch Sozialgesetzbuch".
Geltungszeitraum des genannten Bescheides soll die Zeit vom 13.03.2015 bis 12.09.2015 sein.
Eine Einladung zu einem Beratungsgespräch am 09.03.2015, datiert auf den 17.02.2015, lehnte der Antragsteller ab.
Mit Bescheid vom 30.03.2015 hat der Antragsgegner die Minderung der SGB II-Leistungen des Antragstellers für den Zeitraum 01.05.2015 bis 31.07.2015 verfügt.
Die Höhe der Minderung beträgt 10 % des Regelbedarfes von 399 EUR, mithin 39,90 EUR/Monat. Der Antragsgegner weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass für den Minderungszeitraum vom 01.06.2015 bis 31.07.2015 derzeit noch keine (endgültige) Aussage getroffen werden könne.
Für den Zeitraum ab dem 01.06.2015 sei noch keine Bewilligung erfolgt.
Den am 20.04.2015 eingelegten Widerspruch des Antragstellers gegen den Sanktionsbescheid hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 13.05.2015 zurückgewiesen.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Verhängung von Sanktionen grundsätzlich verfassungswidrig sei, da das Existenzminimum unterschritten werde.
Im Übrigen vertritt er die Auffassung, dass er Beratungsgespräche allenfalls dann wahrnehmen müsse, wenn man ihm vorher die Notwendigkeit ausführlich mitteilen würde. Die ihm angebotenen Termine habe er nicht wahrnehmen können, da sein Betrieb zu jenem Zeitpunkt geöffnet gewesen wäre.
Er sähe grundsätzlich keine Notwendigkeit, sich beraten zu lassen, da er selbständig sei und der Betrieb lediglich in vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei.
Ferner ist er der Auffassung, dass gegen ihn schon deshalb keine Sanktionen verhängt werden könnten, da er keine Eingliederungsvereinbarung unterschrieben habe und der daraufhin "ausgeschriebene" Verwaltungsakt nichtig sei.
Der Antragsteller beantragt:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid über die Minderung von Leistungen vom 30.03.2015 wird hergestellt.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner geht davon aus, dass eine einstweilige Anordnung schon deshalb nicht erforderlich sei, da keine wesentlichen Nachteile abzuwenden seien. Eine finanzielle Notlage des Antragstellers aufgrund der Sanktion sei nicht dargetan. Im Übrigen sei der Monat Mai 2015 inzwischen abgelaufen, weshalb der Bescheid bisher nur Wirkungen für die Vergangenheit gezeigt habe. Ein Antrag oder gar eine Bewilligung für den Zeitraum ab 01.06.2015 sei noch nicht eingegangen bzw. erlassen worden.
Im Übrigen sei der Sanktionsbescheid zu Recht ergangen.
Der Antragsteller sei verpflichtet, aktiv an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit mitzuwirken. Sofern der Antragsteller Terminsprobleme habe, habe er sich um eine Terminsverschiebung zu bemühen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Verwaltungsakte verwiesen, die dem Gericht zur Entscheidungsfindung vorlag.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung war abzulehnen.
Es bestehen zunächst Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages, jedenfalls ist dieser aber unbegründet.
Bedenken wegen der Zulässigkeit des Antrages ergeben sich unter zwei Aspekten:
Der Sanktionsbescheid betrifft eine Kürzung des Regelbedarfes um 10 %. Ob eine derartige Kürzung grundsätzlich derart schwerwiegende Nachteile bewirkt, dass eine einstweilige Anordnung erforderlich ist, mag man noch bejahen.
Faktische Wirkung hat der Sanktionsbescheid aber bisher lediglich für den Mai 2015 gezeigt, der inzwischen verstrichen ist, ohne dass der Antragsteller vorgetragen hat, die fehlende Leistung habe zu einer fortwirkenden erheblichen Notlage geführt. Für den Zeitraum ab dem 01.06.2015 liegt noch keine Bewilligung vor. Ob ein Antrag inzwischen eingegangen ist und ob dieser begründet ist, was ggfs. zu einer Verlängerung der Bewilligung führen könnte, vermag das Gericht derzeit nicht zu beurteilen.
Vor dem Hintergrund, dass eine Weiterbewilligung jederzeit erfolgen kann, sollen die Zulässigkeitsbedenken aber im Interesse effektiven Rechtsschutzes zurückgestellt werden.
Da Sanktionsbescheide gem. § 39 SGB II sofort vollstreckbar sind und Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, hat der Antragsteller den zutreffenden Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Die Klage in der Hauptsache ist beim Sozialgericht Halle unter dem Aktenzeichen S 32 AS 1943/15 anhängig.
Der Antrag ist aber unbegründet.
Rechtsgrundlage für den Erlass eines Sanktionsbescheides ist § 31 SGB II. Gemäß § 31 Absatz 1 Ziffer 1 SGB II liegt eine Pflichtverletzung des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dann vor, wenn er sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigert, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem dieser ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Absatz 1 Satz 6 festgelegte Pflichten zu erfüllen.
In der die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Regelung, die der Antragsgegner nach der Weigerung des Antragstellers, eine Vereinbarung zu unterschreiben, zurecht durch Verwaltungsakt festgelegt hat, finden sich lediglich die Pflichten, alles zu unternehmen, um durch seine Tätigkeit die Hilfsbedürftigkeit zu beenden sowie die Verpflichtung zu Gesprächen, zu denen der Antragsteller eingeladen wird, auch zu erscheinen.
Bedenken gegenüber dieser sehr zurückhaltenden ausgeführten Eingliederungsvereinbarung bestehen nicht. Insbesondere wird die selbständige Tätigkeit des Antragstellers hinreichend berücksichtigt. Ihm wird nicht aufgegeben, seine selbständige Tätigkeit zu beenden, sondern diese auf eine Art und Weise fortzusetzen, die es ihm ermöglicht, seinen Bedarf selbst zu decken. Auch die Aufforderung, Gesprächseinladungen Folge zu leisten, ist keine ungewöhnliche Belastung.
Gerade vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller bereits seit Dezember 2013 ununterbrochen Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, erklärt sich die Notwendigkeit, sich über das weitere berufliche Fortkommen des Antragstellers Gedanken zu machen. Von einem lediglich vorübergehenden finanziellen Engpass kann offensichtlich nicht mehr gesprochen werden. Da der Antragsteller als sogenannter Aufstocker staatliche Leistungen in Anspruch nimmt, wird er akzeptieren müssen, dass die geldgebende Stelle sich gemeinsam mit ihm Gedanken darüber macht, ob eine Fortführung des Betriebes wirtschaftlich ist und ob ggfs. die Rahmenbedingungen geändert werden müssten.
Insoweit kann dem Antragsteller gerade nicht gefolgt werden, wenn er darauf verweist, dass für ihn, solange er selbständig sei, keinerlei Beratungsnotwendigkeit bestünde.
Der darauf gestützte Sanktionsbescheid ist deshalb bei gebotener summarischer Prüfung rechtmäßig, da sowohl die Rechtsbehelfsbelehrung in ausführlicher Form erfolgt war, und der Antragsteller – wie er selbst einräumt – den entsprechenden Termin nicht wahrgenommen hat. Soweit er darauf hingewiesen hat, er sei terminlich verhindert, hätte es an ihm gelegen, einen Ersatztermin vorzuschlagen. Sein weiterer Einwand, der Beratungstermin sei aus seiner Sicht überflüssig, da er noch nicht die aktuellen Geschäftszahlen vorliegen hätte, reicht ebenfalls als Entschuldigung nicht aus. Sinn und Zweck eines Beratungsgespräch besteht gerade darin, aufgrund vorläufiger Schätzungen sich Gedanken zu machen, in welcher Form der Betrieb weiterzuführen sei. Die endgültigen Zahlen sind lediglich für den Fortzahlungsantrag wesentlich.
Im Gegensatz zum Antragsteller hat das Gericht auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken an den Sanktionsbescheiden an sich.
Jedenfalls in Fällen, in denen eine einmalige Sanktion in Höhe von 10 % des Regelbedarfs ausgesprochen wird, dürfte trotz Verhängung der Sanktion das Existenzminimum nicht zwingend unterschritten worden sein. Das Gericht folgt insoweit der Argumentation des Bundesverfassungsgerichtes zur Frage der ratenweisen Rückzahlung von Darlehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der maßgeblichen Entscheidung vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 u. a., Rnr. 150 in der bei juris aufzurufenden Version, ausgeführt, dass ein Einbehalt von 10 % der Regelleistung als vorübergehende monatliche Kürzung der Regelleistung im Grunde verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, da aufgrund des "Ansparkonzepts" davon auszugehen sei, dass eine derartige Minderung noch zu decken sei.
Ob im Falle kumulierender Sanktionen, die bis zu 30 % des Regelbedarfs erreichen können, etwas anderes gilt, kann hier dahinstehen.
Nach alldem ist eine Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheides nicht hinreichend dargetan.
Das Gericht hat aus den letztgenannten Erwägungen auch keinen Raum gesehen, vor endgültiger Entscheidung im Rahmen der Folgeabwägung dem Antrag stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Wert der Beschwer liegt bei maximal 119,70 EUR (Kürzung um 39,09 EUR x 3 Monaten). Beim derzeitigen Stand der Dinge ist eher von einem Wert der Beschwer von 39,09 EUR auszugehen, da ein Fortzahlungsantrag für Juni und Juli 2015, mithin also für die weiteren zwei Monaten der Sanktionsdauer, noch nicht eingegangen bzw. beschieden ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Absatz 3 Ziffer 1 SGG ausgeschlossen.
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