Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 27 AS 333/15 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 279/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. April 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Nr. 1. des Tenors des Beschlusses des Sozialgerichts nach den Worten "in gesetzlicher Höhe" wie folgt ergänzt wird: "einschließlich der auf die Antragstellerin entfallenden anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung".
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die 1966 geborene Antragstellerin ist griechische Staatsangehörige. Nach ihren Angaben hält sie sich seit März 2014 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Seit dem 10. Juli 2014 war sie bei der Firma C. Personal Management GmbH in A-Stadt beschäftigt.
Am 17. Juli 2014 beantragte die Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II bei dem Antragsgegner. Mit Bescheid vom 6. November 2014 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin vorläufig ergänzende Leistungen nach dem SGB II.
Seit dem 12. Januar 2015 war die Antragstellerin krankgeschrieben. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis am 16. Januar 2015 aus wichtigem Grund fristlos, ersatzweise fristgerecht zum 15. Februar 2015. Zu den Gründen der Kündigung teilte die Arbeitgeberin dem Antragsgegner mit, die Antragstellerin sei bei einem ihrer Kunden in der Produktion beschäftigt gewesen. Am 12. Januar 2015 sei sie nicht zur Arbeit erschienen. Sie habe sich weder bei der Arbeitgeberin noch bei dem Kunden gemeldet. Man habe mehrmals versucht, sie telefonisch zu erreichen, doch ihr Handy sei ausgeschaltet gewesen. Daraufhin sei sie am 12. Januar 2015 und am 14. Januar 2015 wegen unentschuldigten Fehlens abgemahnt und dann fristlos gekündigt worden. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe der Arbeitgeberin zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Antragstellerin hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihrer behandelnden Ärztin vom 12. Januar 2015 vorgelegt, wonach sie vom 12. Januar 2015 bis voraussichtlich 23. Januar 2015 arbeitsunfähig erkrankt sei.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 4. Februar 2015 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Bescheid vom 9. Februar 2015 Leistungen nur für den Monat Februar 2015; im Übrigen lehnte der Antragsgegner den Antrag ab, da die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen für die Zukunft nicht mehr vorlägen, denn die Antragstellerin habe lediglich ein alleiniges Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland. Den dagegen am 19. Februar 2015 erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2015 zurück.
Die Antragstellerin hat am 27. März 2015 beim Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben (S 27 AS 319/15) und am 2. April 2015 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Mit Beschluss vom 10. April 2015 hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vom 2. April 2015 bis zum 30. Juni 2015 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Antragstellerin habe einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Frage, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II im Rahmen des hier eröffneten Schutzbereichs des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) anwendbar sei, sei in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Es sei daher eine Entscheidung aufgrund einer Folgenabwägung vorzunehmen, die sich an den Auswirkungen für die Beteiligten zu orientieren habe und hier zugunsten der Antragstellerin ausfalle. Die Antragstellerin habe allerdings, da sie nicht alleine lebe, keinen Anspruch auf die vollen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Gegen den der Antragstellerin am 14. April 2015 und dem Antragsgegner am 13. April 2015 zugestellten Beschluss haben die Antragstellerin am 4. Mai 2015 und der Antragsgegner am 6. Mai 2015 beim Sozialgericht Darmstadt Beschwerde erhoben. Nach Hinweis des Gerichts, dass der Beschwerdewert für die Antragstellerin nicht erreicht werde, hat die Antragstellerin die Beschwerde am 1. Juni 2015 zurückgenommen.
Der Antragsgegner hat zur Begründung der Beschwerde ausgeführt, die Antragstellerin sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, weil sie sich ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte. Der Rechtsauffassung des Sozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner EuGH-Vorlage vom 12. Dezember 2013 ausgeführt, dass nach der Vorprüfung im Rahmen des Vorlageverfahrens davon auszugehen sei, dass der Vorbehalt der Bundesregierung gegen die Anwendung des SGB II im Rahmen des EFA wirksam sei. Anderenfalls hätte das BSG den ihm vorliegenden Fall durch die Anwendung des EFA entscheiden können. Es sei nicht nachvollziehbar, nunmehr unter Außerachtlassung der offensichtlichen Position des BSG eine vorläufige Entscheidung zu Gunsten der Antragstellerin zu konstruieren; dies auch und vor allem unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung vom 11. November 2014, die durch das Hessische LSG mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 (L 7 AS 528/14 B ER) auch auf die Fälle des Aufenthaltszwecks zur Arbeitsuche ausgeweitet worden sei.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. April 2015 zu ändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners und auf den der beigezogenen Ausländerakte der Stadt Offenbach am Main.
II.
Nach Rücknahme der Beschwerde der Antragstellerin hatte der Senat nur noch über die Beschwerde des Antragsgegners zu entscheiden.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich des Regelbedarfes und der - wie sich aus den Gründen des Beschlusses ergibt - auf die Antragstellerin entfallenden Kosten der Unterkunft und Heizung vorliegen. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung war der Tenor des Beschlusses des Sozialgerichts zur Klarstellung zu ergänzen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegen unzweifelhaft vor. Auch die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin ist zu bejahen. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II kann zwar ein Ausländer nur im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II erwerbstätig und damit auch erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II sein, wenn ihm die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) aufzunehmen, ist aber ausreichend (§ 8 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Es bedarf daher lediglich eines abstrakt-generellen Arbeitsmarktzugangs (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 31. Juli 2013 - L 9 AS 387/13 B ER - m. w. N.), der hier gegeben ist. Die Antragstellerin hat auch die Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) glaubhaft gemacht. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht
1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,
2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Die Darlegung der Hilfebedürftigkeit erfordert vollständige, wahrheitsgemäße und nachprüfbare Angaben des Hilfesuchenden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 27. November 2007 - L 9 AS 297/07 ER -, vom 19. August 2008 - L 9 AS 226/08 B ER -, vom 18. September 2008 - L 9 AS 273/08 B ER -, vom 18. Dezember 2008 - L 9 AS 417/08 B ER -, vom 22. Dezember 2010 - L 9 AS 72/10 B ER -, zuletzt Beschluss vom 10. April 2015 - L 9 AS 202/15 B ER -). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Antragstellerin. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin können als hinreichend geklärt angesehen werden. Die Antragstellerin hat ihre Bedürftigkeit durch Kontoauszüge belegt. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich u. a., dass Lastschriften von der Bank nicht eingelöst wurden. Soweit die Antragstellerin ab 8. Juni 2015 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass ihr daraus bereits im Monat Juni Arbeitslohn zugeflossen ist. Die Antragstellerin verfügt auch über einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Definition gilt für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuchs, soweit sich nicht aus seinen besonderen Teilen etwas anderes ergibt (§ 37 SGB I). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen (BSG, Urteil vom 29. Mai 1991 - 4 RA 38/90 - SozR 3-1200 § 30 Nr. 5). Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts wird zwar bei Ausländern nicht durch zusätzliche rechtliche Voraussetzungen eingeschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 B 4 AS 54/12 R - Abgrenzung zur sogen. "Einfärbungslehre", wonach die Begriffe Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt ihre konkrete rechtliche Bedeutung jeweils erst aus dem Zusammenhang der Normen erhalten sollen, die den Begriff verwenden (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1987 - 11a REg 1/87 - BSGE 62, 67; Urteil vom 27. September 1990 - 4 REg 30/89 - BSGE 67, 243; Urteil vom 28. Juli 1992 - 5 RJ 24/91 - BSGE 71, 78; Urteil vom 27. Januar 1994 - 5 RJ 16/93 - SozR 3-2600 § 56 Nr. 7; Urteil vom 3. April 2001 - B 4 RA 90/00 R - SozR 3-1200 § 30 Nr. 21; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Juni 2012 - L 19 AS 845/12 B ER - zu Ansprüchen rumänischer und bulgarischer Staatsangehöriger nach dem SGB II). Ausländer, die tatsächlich dauerhaft im Inland verweilen, haben aber nur dann einen gewöhnlichen Aufenthalt, wenn sie sich berechtigterweise hier aufhalten (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 zur bis zum 31. März 2006 geltenden Rechtslage). Das Aufenthaltsrecht, das im Hinblick auf die Freizügigkeit von Unionsbürgern (§ 2 Abs. 2 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - FreizügG/EU) vermutet wird, besteht, solange nicht der Verlust oder das Nichtbestehens des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt wird. Vorliegend hat die zuständige Ausländerbehörde nach den vorgelegten Verwaltungsvorgängen den Verlust des Rechts auf Freizügigkeit nicht festgestellt, so dass die Vermutung der Freizügigkeit fortbesteht und eine auf Beendigung des Aufenthalts gerichtete Prognose nicht gestellt werden kann. Die Antragstellerin verfügt daher über einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen ist.
Nach dieser Vorschrift sind ausgenommen von Leistungen nach dem SGB II
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG).
Die Antragstellerin ist als griechische Staatsangehörige Ausländerin im Sinne dieser Vorschrift. Sie hält sich mindestens seit dem 9. Juli 2014 (Abschluss des Arbeitsvertrages mit Firma C. Personal Management GmbH), nach ihren Angaben seit März 2014, in der Bundesrepublik Deutschland auf (die vorgelegte Ausländerakte enthält zur Frage des Zeitpunkts der Einreise keine Angaben). Die Antragstellerin ist auch nicht leistungsberechtigt nach § 1 AsylbLG, so dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB II nicht vorliegen.
Der Wortlaut der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II setzt voraus, dass sich das Aufenthaltsrecht der Ausländerin oder des Ausländers allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.
Das Recht auf Einreise und Aufenthalt von Unionsbürgern regelt § 2 FreizügG/EU. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU in der Fassung des Gesetzes vom 2. Dezember 2014 (BGBl. I 1922) sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt:
1. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,
1a. Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden,
2. Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige),
3. Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind,
4. Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen,
5. nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4,
6. Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4,
7. Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Die Antragstellerin hat ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügigG/EU jedenfalls ab Aufnahme der Erwerbstätigkeit am 8. Juni 2015. Ab diesem Zeitpunkt liegen die Voraussetzungen der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ersichtlich nicht vor. Für den übrigen streitgegenständlichen Zeitraum verfügte die Antragstellerin dagegen nicht über ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin. Die Antragstellerin hatte zwar eine Arbeitsstelle, hat diese aber im Januar 2015 durch die Kündigung der Arbeitgeberin verloren. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 FreizügG/EU bleibt das Recht nach Abs. 1 für Arbeitnehmer und selbständige Erwerbstätige unberührt bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU). Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Abs. 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU). Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn diese unabhängig von dem Willen des Ausländers bzw. nicht aus einem in seinem Verhalten liegenden Grund eingetreten oder durch einen legitimen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von seiner Seite gerechtfertigt ist (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Juni 2014 - 4 LB 22/13 - NVwZ-RR 2015, 111 m. w. N.). Der Verlust des Arbeitsplatzes war zwar unfreiwillig, aber - nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren - aufgrund des Verhaltens der Antragstellerin eingetreten, da sie sich nicht zeitnah bei ihrer Arbeitgeberin krank gemeldet und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hat. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU sind daher nicht gegeben, so dass die Antragstellerin in dem Zeitraum vom 2. April 2015 bis zum 7. Juni 2015 kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin hatte. Da sich ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin für diesen Zeitraum auch nicht aus § 2 Abs. 2 Nrn. 2 bis 7 FreizügG/EU ergibt, kommt vorliegend nur ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU in Betracht. Der Aufenthaltszweck der Arbeitsuche ist allerdings kein Auffangtatbestand, der zur Anwendung gelangt, wenn ein anderer Aufenthaltszweck nicht feststellbar ist (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 4. Januar 2013 - L 9 AS 681/12 B ER, L 9 AS 707/12 B ER und L 9 AS 781/12 B ER -; Hess. LSG, Urteil vom 27. November 2013 L 6 AS 378/12 -; SG Darmstadt, Beschlüsse vom 4. Mai 2012 - S 16 AS 282/12 ER - und vom 12. März 2013 - S 16 AS 1095/12 ER -; Dienelt, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 2 FreizügG/EU, Rdnr. 59 m. w. N.). Der Aufenthaltszweck der Arbeitsuche muss daher positiv festgestellt werden. Die Antragstellerin ist im Jahre 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dies folgt schon daraus, dass sie am 9. Juli 2014 mit der Firma C. Personal Management GmbH in A-Stadt einen Arbeitsvertrag geschlossen und nach Verlust des Arbeitsplatzes im Januar 2015 am 5. Juni 2015 ein neues Arbeitsverhältnis zum 8. Juni 2015 mit der D. Personal Service D-Stadt GmbH und Co. KG begründet hat.
Damit ergibt sich für den Zeitraum vom 2. April 2015 bis zum 7. Juni 2015 das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin allein aus dem Zweck der Arbeitsuche, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vorliegen.
In Rechtsprechung und Literatur ist aber umstritten, ob der generelle Leistungsausschluss von Unionsbürgern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, mit Europarecht vereinbar ist.
Zu den für und gegen die Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit Europarecht vorgebrachten Argumente nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Beschlüsse vom 4. Januar 2013 (L 9 AS 681/12 B ER, L 9 AS 707/12 B ER und L 9 AS 781/12 B ER), in denen er ausgeführt hat:
Gegen die Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit Europarecht wird vorgebracht:
Die Neugestaltung der sozialrechtlichen Koordinierung innerhalb der Europäischen Union durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO (EG) 883/2004) vom 29. April 2004 (ABl. L 166 S. 1) sowie auf der Ebene des Primärrechts durch Art. 34 der Charta der Grundrechte (GRC) führe zu einer Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf alle Unionsbürger unabhängig von ihrem Status und ihrer wirtschaftlichen Betätigung. Der Leistungsausschluss für Ausländer nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II gelte für Unionsbürger aufgrund des Gebots der Inländergleichbehandlung aus Art. 4 VO (EG) 883/2004 zumindest dann nicht, wenn sie Leistungen nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 erhalten oder erhalten haben (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 12. November 2012 - L 9 AS 625/12 B ER - m. w. N.; Hess. LSG, Beschluss vom 14. Juli 2011 - L 7 AS 107/11 B ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2011 - L 14 AS 1148/11 B ER -; Beschluss vom 30. November 2010 - L 34 AS 1501/10 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. August 2011 - L 15 AS 188/11 B ER -; Schreiber, Europäische Sozialrechtskoordinierung und Arbeitslosengeld II-Anspruch, NZS 2012, 647; Eichenhofer, Soziale Sicherung nichterwerbstätiger EU-Bürger, ZESAR 2012, 357; Frings, Grundsicherungsleistungen für Unionsbürger unter dem Einfluss der VO (EG) Nr. 883/2004, ZAR 2012, 317). Der strikte Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 4 VO (EG) 883/2004 beziehe sich auch auf die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen, zu denen nach dem Anhang X der VO auch die Leistungen nach dem SGB II zählten. Da die VO (EG) 883/2004 gegenüber Gesetzen im Rang eines nationalen Bundesgesetzes vorrangig sei, kämen die Regelungen des SGB II nur insoweit zur Anwendung, als sie mit der VO (EG) 883/2004 vereinbar seien. Auch der Vorbehalt der Bundesregierung zum Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) vermöge an dieser Anspruchssituation nichts zu ändern, da die VO (EG) 883/2004 vorrangig zu beachten sei und die Anwendung des EFA sogar ausschließe, soweit die betroffenen Sozialleistungen eine mindestens ebenso weitgehende Regelung bereits in der VO (EG) 883/2004 erfahren hätten.
Für eine Vereinbarkeit der Ausschlussregelung des §§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit europarechtlichen Vorgaben wird angeführt:
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verletze nicht das Recht der Europäischen Union. Er beruhe vielmehr auf Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG vom 29. April 2004 (ABl. L 158 S. 77, 112). Danach sei der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder ggf. während des längeren Zeitraums der Arbeitsuche nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. b RL 2004/38/EG u. a. einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Auf diese europarechtliche Bestimmung habe der Gesetzgeber die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausdrücklich gestützt (BT-Drucks. 16/688, S. 13). Damit dürften die Mitgliedstaaten einem Unionsbürger die Sozialhilfe versagen, wenn er zum Zwecke der Arbeitsuche eingereist sei. Dies sei auch mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vereinbar. Danach dürften zwar finanzielle Leistungen, die unabhängig von ihrer Einstufung nach nationalem Recht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, nicht als Sozialhilfeleistungen angesehen werden (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - C 22/08, C 23/08 -). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben handele es sich bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aber um Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG. Diese Leistungen hätten nämlich nicht den Zweck, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, sondern die Existenzsicherung zu gewährleisten (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. August 2012 - L 5 AS 1749/12 B ER - m. w. N.). Zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt sehe das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den §§ 16 ff. SGB II weitere Leistungen vor, die vom Leistungsträger gesondert gewährt würden.
Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstoße auch nicht gegen die VO (EG) 883/2004. Nach Art. 3 Abs. 3 VO (EG) 883/2004 gelte die Verordnung zwar ausdrücklich auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne des Art. 70 Abs. 1, also solche Leistungen, die nach Rechtsvorschriften gewährt werden, die aufgrund ihres persönlichen Geltungsbereiches, ihrer Ziele und/oder ihrer Anspruchsvoraussetzungen sowohl Merkmale der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit als auch der Sozialhilfe aufwiesen. Dazu gehörten nach Art. 70 Abs. 2 Buchst. c VO (EG) 883/2004 i. V. m. Anhang X VO 883/2004 in Deutschland ausdrücklich auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende, soweit für diese Leistungen nicht dem Grunde nach die Voraussetzungen für den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 Abs. 1 SGB II) erfüllt seien. Zwar sprächen diese Regelungen der VO (EG) 883/2004 bei isolierter Betrachtung für einen Gleichbehandlungsanspruch aller Unionsbürger auch hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Jedoch sei § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II i. V. m. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG als speziellere Regelung anwendbar. Sinn und Zweck dieser Regelung liege darin, eine Zuwanderung unter Ausnutzung des jeweiligen Fürsorgesystems zu unterbinden. Die RL 2004/38/EG enthalte demnach gegenüber der VO (EG) 883/2004 ein eigenständiges Regelungswerk. Während die VO (EG) 883/2004 allgemeine Vorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme beinhalte, regele die RL 2004/38/EG das Aufenthaltsrecht der Unionsbürger. In Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38/EG sei auch das Gleichbehandlungsgebot gesondert geregelt. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG stelle hierzu eine Ausnahmevorschrift dar. Sie sei erforderlich, weil das Aufenthaltsrecht einerseits unter anderem schon tatbestandlich davon abhänge, dass Sozialhilfeleistungen nicht oder nicht unangemessen in Anspruch genommen werden (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c, 12 Abs. 2, 14 Abs. 1 RL 2004/38/EG), andererseits aber die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nach Art. 14 Abs. 3 RL 2004/38/EG nicht automatisch zu einer Ausweisung führen dürfe. Aus dieser Regelungssystematik ebenso wie aus Sinn und Zweck der RL 2004/38/EG folge ein gegenüber der VO 883/2004 eigenständiger Sozialhilfebegriff. Dieses Ergebnis werde auch dadurch bestätigt, dass der EuGH in seiner oben erwähnten Entscheidung (Urteil vom 4. Juni 2009 C 22/08, C 23/08 -), in welcher es um Leistungen für die Zeit ab dem 28. April 2007 gegangen sei, die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht für unanwendbar gehalten habe (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2012 - L 5 AS 511/11 -; Beschluss vom 6. August 2012 s. o.; Beschluss vom 3. April 2012 - L 5 AS 2157/11 B ER -; Beschluss vom 5. März 2012 - L 29 AS 414/12 B ER -; Beschluss vom 29. Februar 2012 L 20 AS 2347/11 B ER -; Beschluss vom 8. Juni 2009 - L 34 AS 790/09 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. Mai 2012 L 9 AS 347/12 B ER -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012 - L 3 AS 1477/11 -).
Der EuGH hat mit Urteil vom 11. November 2014 (Rechtssache Dano - C-333/13 -) entschieden, dass das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch für die "besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen" im Sinne der Art. 3 Abs. 3 und 70 VO (EG) 883/2004 gilt und dass Art. 24 Abs. 1 i. V. m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der RL 2004/38/EG und Art. 4 VO (EG) 883/2004 dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten vom Bezug bestimmter "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" im Sinne des Art. 70 Abs. 2 VO (EG) 883/2004 ausgeschlossen werden, während Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten, sofern den betreffenden Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten im Aufnahmemitgliedstaat kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG zusteht. Die Entscheidung des EuGH bezieht sich aber nicht auf arbeitsuchende, sondern auf wirtschaftlich inaktive Unionsbürger ohne Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG (s. o. Rdnr. 66, 74) und kann daher zur Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht nicht unmittelbar herangezogen werden. Der Senat sieht entgegen der teilweise in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte vertretenen Rechtsauffassung, wonach der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht vereinbar sei (vgl. u. a. den von dem Antragsgegner in Bezug genommenen Beschluss des Hess. LSG vom 11. Dezember 2014 - L 7 AS 528/14 B ER -), diese Rechtsfrage als nicht geklärt an. Davon geht auch das BSG aus, da es nur die Frage I. 1. (Geltung des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne des Art 70 VO (EG) 883/2004 des Vorlagebeschlusses vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R - ZfSH/SGB 2014, 158) für erledigt erklärt hat, nachdem der EuGH diese Vorlagefrage mit Urteil vom 11. November 2014 (C-333/13) entschieden hat (Beschluss vom 11. Februar 2015).
Eine Entscheidung des EuGH zu den Fragen I. 2. und I. 3. des Vorlagebeschlusses des BSG vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R) steht dagegen noch aus. Diese lauten:
2. Sind - ggf. in welchem Umfang - Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 4 VO (EG) 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt?
3. Steht Art. 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert?
Ungeachtet der Frage der fehlenden abschließenden Klärung der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit Europarecht in der Rechtsprechung des EuGH erscheint es unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH fraglich, ob ein vollständiger Leistungsausschluss aller Arbeitsuchenden als europarechtskonform angesehen werden kann.
Die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens fällt zwar, da ihr ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche zusteht, in den persönlichen Anwendungsbereich des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG. Nach dem Wortlaut der Bestimmung sind privilegiert nur Arbeitnehmer, Selbstständige, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen; alle anderen Personen können während der ersten drei Monate des Aufenthalts und - soweit es sich um Arbeitsuchende handelt - während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. b (solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden) von (Sozialhilfe-)Leistungen ausgeschlossen werden. Der (generelle) Leistungsausschluss für Arbeitsuchende ist das Spiegelbild des in Art. 14 Abs. 4 Buchst. b RL 2004/38/EG normierten Verbots der Ausweisung, solange die Unionsbürger den Nachweis der Arbeitsuche und der begründeten Aussicht auf Einstellung führen können. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II dürfte daher im Grundsatz mit Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG vereinbar sein. Unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH (Urteil Brey C 140/12) wird aber ein genereller Leistungsausschluss derjenigen Unionsbürger, die wie die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens - bereits eine Erwerbstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübt haben und denen kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer mehr zusteht, die aber den Nachweis einer tatsächlichen Verbindung zum Arbeitsmarkt geführt haben, als unvereinbar mit Europarecht (Art. 18 AEUV, Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG) angesehen (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 7. Januar 2015 - L 6 AS 815/14 B ER -; Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 26. März 2015 in der Rechtssache Alimanovic C-67/14, Rdnr. 104 ff.).
Sprechen damit gewichtige Umstände dafür, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht nicht vereinbar bzw. europarechtskonform dahingehend auszulegen ist, dass er auf Unionsbürger, die - wie die Antragstellerin - bereits eine Erwerbstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübt und den Nachweis einer tatsächlichen Verbindung zum Arbeitsmarkt geführt haben, nicht anwendbar ist, sieht der Senat den Anordnungsanspruch der Antragstellerin als hinreichend glaubhaft gemacht an.
Auf die Frage der Anwendbarkeit des EFA kommt es daher vorliegend nicht an. Offen bleiben kann mangels Entscheidungserheblichkeit auch die Frage, ob der in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte zum Teil vertretenen Auffassung, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sei im Wege des "Erst-recht-Schlusses" (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - L 2 AS 1623/14 B ER -) bzw. unter Berücksichtigung eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmales (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - L 7 AS 528/10 B ER -) auch auf Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht anwendbar, gefolgt werden kann (vgl. dazu Hess. LSG, Urteil vom 27. November 2013 - L 6 AS 378/12 - Beschluss vom 6. Juni 2014 - L 6 AS 130/14 B ER -). Allerdings ist auch diese Frage in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Da es sich insoweit um die Auslegung nationalen Rechts handelt, ist nicht die Zuständigkeit des EuGH, sondern die des BSG für die Klärung dieser Rechtsfrage gegeben. Insoweit hat das Hess. LSG mit Urteil vom 27. November 2013 (s. o.) die Revision zugelassen. Eine Entscheidung des BSG steht noch aus (B 14 AS 15/14 R).
Teilt man die Auffassung des Senats zur Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht nicht, ergibt sich im Ergebnis keine andere Beurteilung. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass die Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden kann (vgl. Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - L 9 AS 629/11 B ER, vom 9. August 2012 - L 9 AS 411/12 B ER, vom 31. August 2012 - L 9 AS 481/12 B ER und L 9 AS 392/12 B ER, vom 13. September 2012 - L 9 AS 470/12 B ER - sowie vom 29. Oktober 2012 - L 9 AS 614/12 B ER und L 9 AS 615/12 B ER), so dass insoweit im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden wäre.
In der danach durchzuführenden Interessen- und Folgenabwägung ist den Interessen der Antragstellerin an der Sicherstellung ihres Existenzminimums unter Beachtung des Gebots der Menschenwürde höheres Gewicht eingeräumt als den fiskalischen Interessen des Antragsgegners an der Vermeidung einer ggf. zu Unrecht erfolgten Leistungsgewährung (vgl. auch insoweit die ständige Rechtsprechung des Senats in den vorgenannten Beschlüssen vom 24. Januar 2012 - L 9 AS 629/11 B ER -, vom 9. August 2012 - L 9 AS 411/12 B ER -, vom 31. August 2012 - L 9 AS 481/12 B ER und L 9 AS 392/12 B ER - sowie vom 13. September 2012 - L 9 AS 470/12 B ER -). Die Eilbedürftigkeit ist für den streitgegenständlichen Zeitraum zu bejahen, da nicht ersichtlich ist, dass der Antragstellerin anderweitige finanzielle Mittel zur Deckung ihres hilferechtlichen Bedarfs zur Verfügung standen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die 1966 geborene Antragstellerin ist griechische Staatsangehörige. Nach ihren Angaben hält sie sich seit März 2014 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Seit dem 10. Juli 2014 war sie bei der Firma C. Personal Management GmbH in A-Stadt beschäftigt.
Am 17. Juli 2014 beantragte die Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II bei dem Antragsgegner. Mit Bescheid vom 6. November 2014 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin vorläufig ergänzende Leistungen nach dem SGB II.
Seit dem 12. Januar 2015 war die Antragstellerin krankgeschrieben. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis am 16. Januar 2015 aus wichtigem Grund fristlos, ersatzweise fristgerecht zum 15. Februar 2015. Zu den Gründen der Kündigung teilte die Arbeitgeberin dem Antragsgegner mit, die Antragstellerin sei bei einem ihrer Kunden in der Produktion beschäftigt gewesen. Am 12. Januar 2015 sei sie nicht zur Arbeit erschienen. Sie habe sich weder bei der Arbeitgeberin noch bei dem Kunden gemeldet. Man habe mehrmals versucht, sie telefonisch zu erreichen, doch ihr Handy sei ausgeschaltet gewesen. Daraufhin sei sie am 12. Januar 2015 und am 14. Januar 2015 wegen unentschuldigten Fehlens abgemahnt und dann fristlos gekündigt worden. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe der Arbeitgeberin zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Antragstellerin hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihrer behandelnden Ärztin vom 12. Januar 2015 vorgelegt, wonach sie vom 12. Januar 2015 bis voraussichtlich 23. Januar 2015 arbeitsunfähig erkrankt sei.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 4. Februar 2015 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Bescheid vom 9. Februar 2015 Leistungen nur für den Monat Februar 2015; im Übrigen lehnte der Antragsgegner den Antrag ab, da die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen für die Zukunft nicht mehr vorlägen, denn die Antragstellerin habe lediglich ein alleiniges Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland. Den dagegen am 19. Februar 2015 erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2015 zurück.
Die Antragstellerin hat am 27. März 2015 beim Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben (S 27 AS 319/15) und am 2. April 2015 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Mit Beschluss vom 10. April 2015 hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vom 2. April 2015 bis zum 30. Juni 2015 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Antragstellerin habe einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Frage, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II im Rahmen des hier eröffneten Schutzbereichs des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) anwendbar sei, sei in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Es sei daher eine Entscheidung aufgrund einer Folgenabwägung vorzunehmen, die sich an den Auswirkungen für die Beteiligten zu orientieren habe und hier zugunsten der Antragstellerin ausfalle. Die Antragstellerin habe allerdings, da sie nicht alleine lebe, keinen Anspruch auf die vollen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Gegen den der Antragstellerin am 14. April 2015 und dem Antragsgegner am 13. April 2015 zugestellten Beschluss haben die Antragstellerin am 4. Mai 2015 und der Antragsgegner am 6. Mai 2015 beim Sozialgericht Darmstadt Beschwerde erhoben. Nach Hinweis des Gerichts, dass der Beschwerdewert für die Antragstellerin nicht erreicht werde, hat die Antragstellerin die Beschwerde am 1. Juni 2015 zurückgenommen.
Der Antragsgegner hat zur Begründung der Beschwerde ausgeführt, die Antragstellerin sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, weil sie sich ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte. Der Rechtsauffassung des Sozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner EuGH-Vorlage vom 12. Dezember 2013 ausgeführt, dass nach der Vorprüfung im Rahmen des Vorlageverfahrens davon auszugehen sei, dass der Vorbehalt der Bundesregierung gegen die Anwendung des SGB II im Rahmen des EFA wirksam sei. Anderenfalls hätte das BSG den ihm vorliegenden Fall durch die Anwendung des EFA entscheiden können. Es sei nicht nachvollziehbar, nunmehr unter Außerachtlassung der offensichtlichen Position des BSG eine vorläufige Entscheidung zu Gunsten der Antragstellerin zu konstruieren; dies auch und vor allem unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung vom 11. November 2014, die durch das Hessische LSG mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 (L 7 AS 528/14 B ER) auch auf die Fälle des Aufenthaltszwecks zur Arbeitsuche ausgeweitet worden sei.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. April 2015 zu ändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners und auf den der beigezogenen Ausländerakte der Stadt Offenbach am Main.
II.
Nach Rücknahme der Beschwerde der Antragstellerin hatte der Senat nur noch über die Beschwerde des Antragsgegners zu entscheiden.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich des Regelbedarfes und der - wie sich aus den Gründen des Beschlusses ergibt - auf die Antragstellerin entfallenden Kosten der Unterkunft und Heizung vorliegen. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung war der Tenor des Beschlusses des Sozialgerichts zur Klarstellung zu ergänzen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegen unzweifelhaft vor. Auch die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin ist zu bejahen. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II kann zwar ein Ausländer nur im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II erwerbstätig und damit auch erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II sein, wenn ihm die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) aufzunehmen, ist aber ausreichend (§ 8 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Es bedarf daher lediglich eines abstrakt-generellen Arbeitsmarktzugangs (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 31. Juli 2013 - L 9 AS 387/13 B ER - m. w. N.), der hier gegeben ist. Die Antragstellerin hat auch die Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) glaubhaft gemacht. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht
1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,
2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Die Darlegung der Hilfebedürftigkeit erfordert vollständige, wahrheitsgemäße und nachprüfbare Angaben des Hilfesuchenden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 27. November 2007 - L 9 AS 297/07 ER -, vom 19. August 2008 - L 9 AS 226/08 B ER -, vom 18. September 2008 - L 9 AS 273/08 B ER -, vom 18. Dezember 2008 - L 9 AS 417/08 B ER -, vom 22. Dezember 2010 - L 9 AS 72/10 B ER -, zuletzt Beschluss vom 10. April 2015 - L 9 AS 202/15 B ER -). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Antragstellerin. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin können als hinreichend geklärt angesehen werden. Die Antragstellerin hat ihre Bedürftigkeit durch Kontoauszüge belegt. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich u. a., dass Lastschriften von der Bank nicht eingelöst wurden. Soweit die Antragstellerin ab 8. Juni 2015 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass ihr daraus bereits im Monat Juni Arbeitslohn zugeflossen ist. Die Antragstellerin verfügt auch über einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Definition gilt für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuchs, soweit sich nicht aus seinen besonderen Teilen etwas anderes ergibt (§ 37 SGB I). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen (BSG, Urteil vom 29. Mai 1991 - 4 RA 38/90 - SozR 3-1200 § 30 Nr. 5). Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts wird zwar bei Ausländern nicht durch zusätzliche rechtliche Voraussetzungen eingeschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 B 4 AS 54/12 R - Abgrenzung zur sogen. "Einfärbungslehre", wonach die Begriffe Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt ihre konkrete rechtliche Bedeutung jeweils erst aus dem Zusammenhang der Normen erhalten sollen, die den Begriff verwenden (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1987 - 11a REg 1/87 - BSGE 62, 67; Urteil vom 27. September 1990 - 4 REg 30/89 - BSGE 67, 243; Urteil vom 28. Juli 1992 - 5 RJ 24/91 - BSGE 71, 78; Urteil vom 27. Januar 1994 - 5 RJ 16/93 - SozR 3-2600 § 56 Nr. 7; Urteil vom 3. April 2001 - B 4 RA 90/00 R - SozR 3-1200 § 30 Nr. 21; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Juni 2012 - L 19 AS 845/12 B ER - zu Ansprüchen rumänischer und bulgarischer Staatsangehöriger nach dem SGB II). Ausländer, die tatsächlich dauerhaft im Inland verweilen, haben aber nur dann einen gewöhnlichen Aufenthalt, wenn sie sich berechtigterweise hier aufhalten (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 zur bis zum 31. März 2006 geltenden Rechtslage). Das Aufenthaltsrecht, das im Hinblick auf die Freizügigkeit von Unionsbürgern (§ 2 Abs. 2 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - FreizügG/EU) vermutet wird, besteht, solange nicht der Verlust oder das Nichtbestehens des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt wird. Vorliegend hat die zuständige Ausländerbehörde nach den vorgelegten Verwaltungsvorgängen den Verlust des Rechts auf Freizügigkeit nicht festgestellt, so dass die Vermutung der Freizügigkeit fortbesteht und eine auf Beendigung des Aufenthalts gerichtete Prognose nicht gestellt werden kann. Die Antragstellerin verfügt daher über einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen ist.
Nach dieser Vorschrift sind ausgenommen von Leistungen nach dem SGB II
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG).
Die Antragstellerin ist als griechische Staatsangehörige Ausländerin im Sinne dieser Vorschrift. Sie hält sich mindestens seit dem 9. Juli 2014 (Abschluss des Arbeitsvertrages mit Firma C. Personal Management GmbH), nach ihren Angaben seit März 2014, in der Bundesrepublik Deutschland auf (die vorgelegte Ausländerakte enthält zur Frage des Zeitpunkts der Einreise keine Angaben). Die Antragstellerin ist auch nicht leistungsberechtigt nach § 1 AsylbLG, so dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB II nicht vorliegen.
Der Wortlaut der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II setzt voraus, dass sich das Aufenthaltsrecht der Ausländerin oder des Ausländers allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.
Das Recht auf Einreise und Aufenthalt von Unionsbürgern regelt § 2 FreizügG/EU. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU in der Fassung des Gesetzes vom 2. Dezember 2014 (BGBl. I 1922) sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt:
1. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,
1a. Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden,
2. Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige),
3. Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind,
4. Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen,
5. nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4,
6. Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4,
7. Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Die Antragstellerin hat ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügigG/EU jedenfalls ab Aufnahme der Erwerbstätigkeit am 8. Juni 2015. Ab diesem Zeitpunkt liegen die Voraussetzungen der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ersichtlich nicht vor. Für den übrigen streitgegenständlichen Zeitraum verfügte die Antragstellerin dagegen nicht über ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin. Die Antragstellerin hatte zwar eine Arbeitsstelle, hat diese aber im Januar 2015 durch die Kündigung der Arbeitgeberin verloren. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 FreizügG/EU bleibt das Recht nach Abs. 1 für Arbeitnehmer und selbständige Erwerbstätige unberührt bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU). Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Abs. 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU). Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn diese unabhängig von dem Willen des Ausländers bzw. nicht aus einem in seinem Verhalten liegenden Grund eingetreten oder durch einen legitimen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von seiner Seite gerechtfertigt ist (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Juni 2014 - 4 LB 22/13 - NVwZ-RR 2015, 111 m. w. N.). Der Verlust des Arbeitsplatzes war zwar unfreiwillig, aber - nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren - aufgrund des Verhaltens der Antragstellerin eingetreten, da sie sich nicht zeitnah bei ihrer Arbeitgeberin krank gemeldet und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hat. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU sind daher nicht gegeben, so dass die Antragstellerin in dem Zeitraum vom 2. April 2015 bis zum 7. Juni 2015 kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin hatte. Da sich ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin für diesen Zeitraum auch nicht aus § 2 Abs. 2 Nrn. 2 bis 7 FreizügG/EU ergibt, kommt vorliegend nur ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU in Betracht. Der Aufenthaltszweck der Arbeitsuche ist allerdings kein Auffangtatbestand, der zur Anwendung gelangt, wenn ein anderer Aufenthaltszweck nicht feststellbar ist (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 4. Januar 2013 - L 9 AS 681/12 B ER, L 9 AS 707/12 B ER und L 9 AS 781/12 B ER -; Hess. LSG, Urteil vom 27. November 2013 L 6 AS 378/12 -; SG Darmstadt, Beschlüsse vom 4. Mai 2012 - S 16 AS 282/12 ER - und vom 12. März 2013 - S 16 AS 1095/12 ER -; Dienelt, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 2 FreizügG/EU, Rdnr. 59 m. w. N.). Der Aufenthaltszweck der Arbeitsuche muss daher positiv festgestellt werden. Die Antragstellerin ist im Jahre 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dies folgt schon daraus, dass sie am 9. Juli 2014 mit der Firma C. Personal Management GmbH in A-Stadt einen Arbeitsvertrag geschlossen und nach Verlust des Arbeitsplatzes im Januar 2015 am 5. Juni 2015 ein neues Arbeitsverhältnis zum 8. Juni 2015 mit der D. Personal Service D-Stadt GmbH und Co. KG begründet hat.
Damit ergibt sich für den Zeitraum vom 2. April 2015 bis zum 7. Juni 2015 das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin allein aus dem Zweck der Arbeitsuche, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vorliegen.
In Rechtsprechung und Literatur ist aber umstritten, ob der generelle Leistungsausschluss von Unionsbürgern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, mit Europarecht vereinbar ist.
Zu den für und gegen die Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit Europarecht vorgebrachten Argumente nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Beschlüsse vom 4. Januar 2013 (L 9 AS 681/12 B ER, L 9 AS 707/12 B ER und L 9 AS 781/12 B ER), in denen er ausgeführt hat:
Gegen die Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit Europarecht wird vorgebracht:
Die Neugestaltung der sozialrechtlichen Koordinierung innerhalb der Europäischen Union durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO (EG) 883/2004) vom 29. April 2004 (ABl. L 166 S. 1) sowie auf der Ebene des Primärrechts durch Art. 34 der Charta der Grundrechte (GRC) führe zu einer Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf alle Unionsbürger unabhängig von ihrem Status und ihrer wirtschaftlichen Betätigung. Der Leistungsausschluss für Ausländer nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II gelte für Unionsbürger aufgrund des Gebots der Inländergleichbehandlung aus Art. 4 VO (EG) 883/2004 zumindest dann nicht, wenn sie Leistungen nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 erhalten oder erhalten haben (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 12. November 2012 - L 9 AS 625/12 B ER - m. w. N.; Hess. LSG, Beschluss vom 14. Juli 2011 - L 7 AS 107/11 B ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2011 - L 14 AS 1148/11 B ER -; Beschluss vom 30. November 2010 - L 34 AS 1501/10 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. August 2011 - L 15 AS 188/11 B ER -; Schreiber, Europäische Sozialrechtskoordinierung und Arbeitslosengeld II-Anspruch, NZS 2012, 647; Eichenhofer, Soziale Sicherung nichterwerbstätiger EU-Bürger, ZESAR 2012, 357; Frings, Grundsicherungsleistungen für Unionsbürger unter dem Einfluss der VO (EG) Nr. 883/2004, ZAR 2012, 317). Der strikte Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 4 VO (EG) 883/2004 beziehe sich auch auf die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen, zu denen nach dem Anhang X der VO auch die Leistungen nach dem SGB II zählten. Da die VO (EG) 883/2004 gegenüber Gesetzen im Rang eines nationalen Bundesgesetzes vorrangig sei, kämen die Regelungen des SGB II nur insoweit zur Anwendung, als sie mit der VO (EG) 883/2004 vereinbar seien. Auch der Vorbehalt der Bundesregierung zum Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) vermöge an dieser Anspruchssituation nichts zu ändern, da die VO (EG) 883/2004 vorrangig zu beachten sei und die Anwendung des EFA sogar ausschließe, soweit die betroffenen Sozialleistungen eine mindestens ebenso weitgehende Regelung bereits in der VO (EG) 883/2004 erfahren hätten.
Für eine Vereinbarkeit der Ausschlussregelung des §§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit europarechtlichen Vorgaben wird angeführt:
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verletze nicht das Recht der Europäischen Union. Er beruhe vielmehr auf Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG vom 29. April 2004 (ABl. L 158 S. 77, 112). Danach sei der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder ggf. während des längeren Zeitraums der Arbeitsuche nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. b RL 2004/38/EG u. a. einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Auf diese europarechtliche Bestimmung habe der Gesetzgeber die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausdrücklich gestützt (BT-Drucks. 16/688, S. 13). Damit dürften die Mitgliedstaaten einem Unionsbürger die Sozialhilfe versagen, wenn er zum Zwecke der Arbeitsuche eingereist sei. Dies sei auch mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vereinbar. Danach dürften zwar finanzielle Leistungen, die unabhängig von ihrer Einstufung nach nationalem Recht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, nicht als Sozialhilfeleistungen angesehen werden (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - C 22/08, C 23/08 -). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben handele es sich bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aber um Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG. Diese Leistungen hätten nämlich nicht den Zweck, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, sondern die Existenzsicherung zu gewährleisten (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. August 2012 - L 5 AS 1749/12 B ER - m. w. N.). Zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt sehe das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den §§ 16 ff. SGB II weitere Leistungen vor, die vom Leistungsträger gesondert gewährt würden.
Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstoße auch nicht gegen die VO (EG) 883/2004. Nach Art. 3 Abs. 3 VO (EG) 883/2004 gelte die Verordnung zwar ausdrücklich auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne des Art. 70 Abs. 1, also solche Leistungen, die nach Rechtsvorschriften gewährt werden, die aufgrund ihres persönlichen Geltungsbereiches, ihrer Ziele und/oder ihrer Anspruchsvoraussetzungen sowohl Merkmale der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit als auch der Sozialhilfe aufwiesen. Dazu gehörten nach Art. 70 Abs. 2 Buchst. c VO (EG) 883/2004 i. V. m. Anhang X VO 883/2004 in Deutschland ausdrücklich auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende, soweit für diese Leistungen nicht dem Grunde nach die Voraussetzungen für den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 Abs. 1 SGB II) erfüllt seien. Zwar sprächen diese Regelungen der VO (EG) 883/2004 bei isolierter Betrachtung für einen Gleichbehandlungsanspruch aller Unionsbürger auch hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Jedoch sei § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II i. V. m. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG als speziellere Regelung anwendbar. Sinn und Zweck dieser Regelung liege darin, eine Zuwanderung unter Ausnutzung des jeweiligen Fürsorgesystems zu unterbinden. Die RL 2004/38/EG enthalte demnach gegenüber der VO (EG) 883/2004 ein eigenständiges Regelungswerk. Während die VO (EG) 883/2004 allgemeine Vorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme beinhalte, regele die RL 2004/38/EG das Aufenthaltsrecht der Unionsbürger. In Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38/EG sei auch das Gleichbehandlungsgebot gesondert geregelt. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG stelle hierzu eine Ausnahmevorschrift dar. Sie sei erforderlich, weil das Aufenthaltsrecht einerseits unter anderem schon tatbestandlich davon abhänge, dass Sozialhilfeleistungen nicht oder nicht unangemessen in Anspruch genommen werden (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c, 12 Abs. 2, 14 Abs. 1 RL 2004/38/EG), andererseits aber die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nach Art. 14 Abs. 3 RL 2004/38/EG nicht automatisch zu einer Ausweisung führen dürfe. Aus dieser Regelungssystematik ebenso wie aus Sinn und Zweck der RL 2004/38/EG folge ein gegenüber der VO 883/2004 eigenständiger Sozialhilfebegriff. Dieses Ergebnis werde auch dadurch bestätigt, dass der EuGH in seiner oben erwähnten Entscheidung (Urteil vom 4. Juni 2009 C 22/08, C 23/08 -), in welcher es um Leistungen für die Zeit ab dem 28. April 2007 gegangen sei, die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht für unanwendbar gehalten habe (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2012 - L 5 AS 511/11 -; Beschluss vom 6. August 2012 s. o.; Beschluss vom 3. April 2012 - L 5 AS 2157/11 B ER -; Beschluss vom 5. März 2012 - L 29 AS 414/12 B ER -; Beschluss vom 29. Februar 2012 L 20 AS 2347/11 B ER -; Beschluss vom 8. Juni 2009 - L 34 AS 790/09 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. Mai 2012 L 9 AS 347/12 B ER -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012 - L 3 AS 1477/11 -).
Der EuGH hat mit Urteil vom 11. November 2014 (Rechtssache Dano - C-333/13 -) entschieden, dass das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch für die "besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen" im Sinne der Art. 3 Abs. 3 und 70 VO (EG) 883/2004 gilt und dass Art. 24 Abs. 1 i. V. m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der RL 2004/38/EG und Art. 4 VO (EG) 883/2004 dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten vom Bezug bestimmter "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" im Sinne des Art. 70 Abs. 2 VO (EG) 883/2004 ausgeschlossen werden, während Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten, sofern den betreffenden Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten im Aufnahmemitgliedstaat kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG zusteht. Die Entscheidung des EuGH bezieht sich aber nicht auf arbeitsuchende, sondern auf wirtschaftlich inaktive Unionsbürger ohne Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG (s. o. Rdnr. 66, 74) und kann daher zur Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht nicht unmittelbar herangezogen werden. Der Senat sieht entgegen der teilweise in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte vertretenen Rechtsauffassung, wonach der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht vereinbar sei (vgl. u. a. den von dem Antragsgegner in Bezug genommenen Beschluss des Hess. LSG vom 11. Dezember 2014 - L 7 AS 528/14 B ER -), diese Rechtsfrage als nicht geklärt an. Davon geht auch das BSG aus, da es nur die Frage I. 1. (Geltung des Art. 4 VO (EG) 883/2004 auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne des Art 70 VO (EG) 883/2004 des Vorlagebeschlusses vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R - ZfSH/SGB 2014, 158) für erledigt erklärt hat, nachdem der EuGH diese Vorlagefrage mit Urteil vom 11. November 2014 (C-333/13) entschieden hat (Beschluss vom 11. Februar 2015).
Eine Entscheidung des EuGH zu den Fragen I. 2. und I. 3. des Vorlagebeschlusses des BSG vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R) steht dagegen noch aus. Diese lauten:
2. Sind - ggf. in welchem Umfang - Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 4 VO (EG) 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt?
3. Steht Art. 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert?
Ungeachtet der Frage der fehlenden abschließenden Klärung der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit Europarecht in der Rechtsprechung des EuGH erscheint es unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH fraglich, ob ein vollständiger Leistungsausschluss aller Arbeitsuchenden als europarechtskonform angesehen werden kann.
Die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens fällt zwar, da ihr ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche zusteht, in den persönlichen Anwendungsbereich des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG. Nach dem Wortlaut der Bestimmung sind privilegiert nur Arbeitnehmer, Selbstständige, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen; alle anderen Personen können während der ersten drei Monate des Aufenthalts und - soweit es sich um Arbeitsuchende handelt - während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. b (solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden) von (Sozialhilfe-)Leistungen ausgeschlossen werden. Der (generelle) Leistungsausschluss für Arbeitsuchende ist das Spiegelbild des in Art. 14 Abs. 4 Buchst. b RL 2004/38/EG normierten Verbots der Ausweisung, solange die Unionsbürger den Nachweis der Arbeitsuche und der begründeten Aussicht auf Einstellung führen können. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II dürfte daher im Grundsatz mit Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG vereinbar sein. Unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH (Urteil Brey C 140/12) wird aber ein genereller Leistungsausschluss derjenigen Unionsbürger, die wie die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens - bereits eine Erwerbstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübt haben und denen kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer mehr zusteht, die aber den Nachweis einer tatsächlichen Verbindung zum Arbeitsmarkt geführt haben, als unvereinbar mit Europarecht (Art. 18 AEUV, Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG) angesehen (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 7. Januar 2015 - L 6 AS 815/14 B ER -; Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 26. März 2015 in der Rechtssache Alimanovic C-67/14, Rdnr. 104 ff.).
Sprechen damit gewichtige Umstände dafür, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht nicht vereinbar bzw. europarechtskonform dahingehend auszulegen ist, dass er auf Unionsbürger, die - wie die Antragstellerin - bereits eine Erwerbstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübt und den Nachweis einer tatsächlichen Verbindung zum Arbeitsmarkt geführt haben, nicht anwendbar ist, sieht der Senat den Anordnungsanspruch der Antragstellerin als hinreichend glaubhaft gemacht an.
Auf die Frage der Anwendbarkeit des EFA kommt es daher vorliegend nicht an. Offen bleiben kann mangels Entscheidungserheblichkeit auch die Frage, ob der in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte zum Teil vertretenen Auffassung, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sei im Wege des "Erst-recht-Schlusses" (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - L 2 AS 1623/14 B ER -) bzw. unter Berücksichtigung eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmales (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - L 7 AS 528/10 B ER -) auch auf Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht anwendbar, gefolgt werden kann (vgl. dazu Hess. LSG, Urteil vom 27. November 2013 - L 6 AS 378/12 - Beschluss vom 6. Juni 2014 - L 6 AS 130/14 B ER -). Allerdings ist auch diese Frage in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Da es sich insoweit um die Auslegung nationalen Rechts handelt, ist nicht die Zuständigkeit des EuGH, sondern die des BSG für die Klärung dieser Rechtsfrage gegeben. Insoweit hat das Hess. LSG mit Urteil vom 27. November 2013 (s. o.) die Revision zugelassen. Eine Entscheidung des BSG steht noch aus (B 14 AS 15/14 R).
Teilt man die Auffassung des Senats zur Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht nicht, ergibt sich im Ergebnis keine andere Beurteilung. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass die Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden kann (vgl. Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - L 9 AS 629/11 B ER, vom 9. August 2012 - L 9 AS 411/12 B ER, vom 31. August 2012 - L 9 AS 481/12 B ER und L 9 AS 392/12 B ER, vom 13. September 2012 - L 9 AS 470/12 B ER - sowie vom 29. Oktober 2012 - L 9 AS 614/12 B ER und L 9 AS 615/12 B ER), so dass insoweit im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden wäre.
In der danach durchzuführenden Interessen- und Folgenabwägung ist den Interessen der Antragstellerin an der Sicherstellung ihres Existenzminimums unter Beachtung des Gebots der Menschenwürde höheres Gewicht eingeräumt als den fiskalischen Interessen des Antragsgegners an der Vermeidung einer ggf. zu Unrecht erfolgten Leistungsgewährung (vgl. auch insoweit die ständige Rechtsprechung des Senats in den vorgenannten Beschlüssen vom 24. Januar 2012 - L 9 AS 629/11 B ER -, vom 9. August 2012 - L 9 AS 411/12 B ER -, vom 31. August 2012 - L 9 AS 481/12 B ER und L 9 AS 392/12 B ER - sowie vom 13. September 2012 - L 9 AS 470/12 B ER -). Die Eilbedürftigkeit ist für den streitgegenständlichen Zeitraum zu bejahen, da nicht ersichtlich ist, dass der Antragstellerin anderweitige finanzielle Mittel zur Deckung ihres hilferechtlichen Bedarfs zur Verfügung standen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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