Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 18 AS 1349/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 471/15 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Kostensenkungsaufforderung stellt keinen anfechtbaren Verwaltungsakt dar.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.06.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob das Schreiben des Antraggegners (Kostensenkungsaufforderung) vom 25.07.2014 einen Verwaltungsakt darstellt.
Die Antragstellerin wohnt zusammen mit ihrem 1991 geborenen Sohn. Beide bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Ab 11.04.2014 trat der Sohn der Antragstellerin eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten an. Mit Schreiben vom 18.06.2014 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, Gründe dafür vorzutragen, ob die bislang für einen 2-Personenhaushalt anfallenden und vom Antragsgegner übernommenen Unterkunfts- und Heizungskosten auch weiterhin für einen 1-Personen-haushalt angemessen seien. Nachdem die Antragstellerin sich hierzu nicht geäußert hatte, wies der Antragsgegner mit Schreiben vom 25.07.2014 darauf hin, dass die tatsächlichen Mietkosten nur noch für sechs Monate gezahlt würden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2014 als unzulässig zurück. Das Schreiben vom 25.07.2014 stelle lediglich eine Information darüber dar, dass nach sechs Monaten geplant sei, "die Mietobergrenze festzusetzen". Es handle sich nicht um einen Verwaltungsakt.
Dagegen hat die Antragstellerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt. Das Schreiben vom 25.07.2014 stelle einen Verwaltungsakt dar. Es enthalte die Regelung, dass die Kosten der Unterkunft maximal in Höhe des Richtwertes übernommen würden. Auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - komme es nicht an.
Das SG hat mit Beschluss vom 03.06.2015 den Antrag auf Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Nach der Rechtsprechung des BSG werde eine Regelung zur Angemessenheit der Unterkunftskosten erst im Rahmen eines späteren Bewilligungsbescheides getroffen. Die Kostensenkungsaufforderung selbst stelle keinen Verwaltungsakt dar, darin werde keine bindende Regelung getroffen.
Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Bei dem Schreiben vom 25.07.2014 handle es sich nicht um ein bloßes Hinweisschreiben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Antraggegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Vorliegend fehlt es an einer solchen hinreichenden Erfolgsaussicht. Der Antragsgegner hat den Widerspruch zu Recht als unzulässig abgewiesen. Das Schreiben vom 25.07.2014 stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Es enthält keine Regelung eines Einzelfalles. Mit dem Schreiben vom 18.06.2014 hat der Antragsgegner Umstände bei der Antragstellerin erfragen wollen, die eine weitere Angemessenheit der Unterkunftskosten hätten ergeben können. Da die Antragstellerin solche Gründe nicht vorgetragen hat, war sie auf das Erfordernis der Kostensenkung spätestens nach Ablauf von sechs Monaten mit Schreiben vom 25.07.2014 hingewiesen worden. Dabei handelt es sich auch nicht deshalb um eine Regelung eines Einzelfalles, weil der Antragsgegner davon spricht, es würden die tatsächlichen Mietkosten nur noch für sechs Monate übernommen werden. Diese Formulierung lag auch der Entscheidung des BSG vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - zugrunde. Weshalb es auf diese Entscheidung nach Auffassung der Antragstellerin nicht ankomme, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dass es sich bei der Kostensenkungsaufforderung, die erst nach Prüfung der Unangemessenheit der Unterkunftskosten bzw. der Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erfolgt, nicht um einen Verwaltungsakt handelt, steht nach allgemeiner Auffassung fest (vgl. hierzu BSG a.a.O.; Bayer. LSG, Urteil vom 19.05.2015 - L 11 AS 90/15 -, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.01.2015 - L 2 AS 1848/14 B -, alle veröffentlich in juris; vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R - veröffentlich in juris; Kraus in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 Rn. 146, Berlit in LPK-SGB II, 5. Auflage, § 22 Rn. 94, Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 22 Rn. 120, 122).
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist, ob das Schreiben des Antraggegners (Kostensenkungsaufforderung) vom 25.07.2014 einen Verwaltungsakt darstellt.
Die Antragstellerin wohnt zusammen mit ihrem 1991 geborenen Sohn. Beide bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Ab 11.04.2014 trat der Sohn der Antragstellerin eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten an. Mit Schreiben vom 18.06.2014 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, Gründe dafür vorzutragen, ob die bislang für einen 2-Personenhaushalt anfallenden und vom Antragsgegner übernommenen Unterkunfts- und Heizungskosten auch weiterhin für einen 1-Personen-haushalt angemessen seien. Nachdem die Antragstellerin sich hierzu nicht geäußert hatte, wies der Antragsgegner mit Schreiben vom 25.07.2014 darauf hin, dass die tatsächlichen Mietkosten nur noch für sechs Monate gezahlt würden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2014 als unzulässig zurück. Das Schreiben vom 25.07.2014 stelle lediglich eine Information darüber dar, dass nach sechs Monaten geplant sei, "die Mietobergrenze festzusetzen". Es handle sich nicht um einen Verwaltungsakt.
Dagegen hat die Antragstellerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt. Das Schreiben vom 25.07.2014 stelle einen Verwaltungsakt dar. Es enthalte die Regelung, dass die Kosten der Unterkunft maximal in Höhe des Richtwertes übernommen würden. Auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - komme es nicht an.
Das SG hat mit Beschluss vom 03.06.2015 den Antrag auf Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Nach der Rechtsprechung des BSG werde eine Regelung zur Angemessenheit der Unterkunftskosten erst im Rahmen eines späteren Bewilligungsbescheides getroffen. Die Kostensenkungsaufforderung selbst stelle keinen Verwaltungsakt dar, darin werde keine bindende Regelung getroffen.
Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Bei dem Schreiben vom 25.07.2014 handle es sich nicht um ein bloßes Hinweisschreiben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Antraggegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Vorliegend fehlt es an einer solchen hinreichenden Erfolgsaussicht. Der Antragsgegner hat den Widerspruch zu Recht als unzulässig abgewiesen. Das Schreiben vom 25.07.2014 stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Es enthält keine Regelung eines Einzelfalles. Mit dem Schreiben vom 18.06.2014 hat der Antragsgegner Umstände bei der Antragstellerin erfragen wollen, die eine weitere Angemessenheit der Unterkunftskosten hätten ergeben können. Da die Antragstellerin solche Gründe nicht vorgetragen hat, war sie auf das Erfordernis der Kostensenkung spätestens nach Ablauf von sechs Monaten mit Schreiben vom 25.07.2014 hingewiesen worden. Dabei handelt es sich auch nicht deshalb um eine Regelung eines Einzelfalles, weil der Antragsgegner davon spricht, es würden die tatsächlichen Mietkosten nur noch für sechs Monate übernommen werden. Diese Formulierung lag auch der Entscheidung des BSG vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - zugrunde. Weshalb es auf diese Entscheidung nach Auffassung der Antragstellerin nicht ankomme, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dass es sich bei der Kostensenkungsaufforderung, die erst nach Prüfung der Unangemessenheit der Unterkunftskosten bzw. der Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erfolgt, nicht um einen Verwaltungsakt handelt, steht nach allgemeiner Auffassung fest (vgl. hierzu BSG a.a.O.; Bayer. LSG, Urteil vom 19.05.2015 - L 11 AS 90/15 -, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.01.2015 - L 2 AS 1848/14 B -, alle veröffentlich in juris; vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R - veröffentlich in juris; Kraus in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 Rn. 146, Berlit in LPK-SGB II, 5. Auflage, § 22 Rn. 94, Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 22 Rn. 120, 122).
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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