S 11 AS 487/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 487/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der am 00.00.0000 geborene Kläger zu 1) und seine am 00.00.0000 geborene Tochter, die Klägerin zu 2), bezogen in der Vergangenheit Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).

Der Kläger zu 1) übt nach eigenen Angaben seit März 2010 eine selbständige Tätigkeit als ambulanter sozialer Dienst (Alltagsbegleitung, Seniorenbetreuung) aus. Die Klägerin zu 2) arbeitet abhängig beschäftigt. Beide bewohnen eine ca. 56 qm große Wohnung im C. Weg in X ... Die Kosten für die Wohnung beliefen sich nach Angaben der Kläger auf 330,00 EUR Grundmiete, 132,00 EUR Nebenkostenvorauszahlungen und 113,00 EUR Heizkostenvorschuss. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gab der Kläger zu 1) zudem an, er sei Inhaber eines Girokontos bei der Q. E., Bankleitzahl 00000000, Kontonummer 000000000. Darüber hinaus sei er Inhaber eines Sparbuchs bei der T. I., Kontonummer 0000000000 sowie eines Sparbuchs 3000 plus bei der Q., Kontonummer 0000000000. Letzteres wies im September 2011 einen Saldo von 2,45 EUR. Die Klägerin zu 2) habe ein Girokonto bei der T. I., Kontonummer 0000000000.

Im Oktober 2011 wurde der Kläger zu1) darauf aufmerksam gemacht, dass die Kosten für einen Zwei-Personen-Haushalt unangemessen hoch seien. Angemessen seien vielmehr eine Kaltmiete von 294,50 EUR und kalte Nebenkosten in Höhe von 124,00 EUR. Voraussichtlich ab 01.06.2012 würden nur diese angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen werden können.

Im Juli 2012 machte der Kläger zu 1) – nach eigenem Bekunden abschließende – Angaben über sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum März bis Juni 2012. Danach erzielte er im März 85,00 EUR, im April 145,00 EUR, im Mai 125,00 EUR und im Juni 65,00 EUR Gewinn.

Am 19.12.2012 stellte der Kläger zu 1) einen Fortzahlungsantrag. Hierbei gab er an, die Klägerin zu 2) verdiene derzeit 707,78 EUR brutto (561,09 EUR netto). Er selbst habe 2012 einen Gewinn von insgesamt 1.015,00 EUR erwirtschaftet. Die in diesem Zusammenhang gemachten Angaben wichen für den Zeitraum März bis Juni 2012 von denjenigen ab, die er im Juli 2012 "abschließend" angegeben hatte. So gab er nunmehr für den Monat März 2012 einen Gewinn von 25,00 EUR, für den April einen Gewinn in Höhe von 50,00 EUR. für Mai einen Gewinn in Höhe von 55,00 EUR und für Juni einen Gewinn von 70,00 EUR an.

Am 30.01.2013 legte der Kläger zu 1) eine geschätzte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für den Zeitraum Januar bis Juni 2013 vor. Die Klägerin zu 2) legte eine Verdienstbescheinigung für Januar 2013 vor, wonach sie 916,90 EUR brutto bzw. 728,46 EUR netto verdiente.

Mit Bescheid vom 24.06.2013 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 30.06.2013 in Höhe von 774,67 EUR pro Monat.

Am 17.06.2013 stellte der Kläger zu 1) für sich und die Klägerin zu 2) einen Weiterbewilligungsantrag.

Mit Bescheid vom 24.06.2013 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 in Höhe von monatlich 614,67 EUR.

Mit Schreiben vom 24.06.2013 forderte der Beklagte den Kläger zu 1) zur Angabe abschließender Unterlagen betreffend das Einkommen für den Zeitraum Januar bis Juni 2013 mit Frist zum 11.07.2013 auf. Er wurde auch darauf aufmerksam gemacht, dass er entsprechende Nachweise zu erbringen habe.

Im Juli 2013 legte der Kläger zu 1) eine abschließende Erklärung betreffend die Einnahmen und Ausgaben für den Zeitraum Januar bis Juni 2013 vor. Danach habe er 984,00 EUR Gewinn in diesem Zeitraum erzielt. Nachweise brachte er nicht bei. Er legte darüber hinaus eine Schätzung der Einkünfte für den Zeitraum Juli bis Dezember 2013 vor.

Mit Schreiben vom 17.12.2013 forderte der Beklagte vom Kläger zu 1) den Jahresabschluss für das Jahr 2012 nebst Belegen, Kontoauszüge 2013 nebst Kassenbuch 2013 sowie eine ausgefüllte Anlage EKS für das erste Halbjahr 2014 an.

Mit Bescheid vom gleichen Tag bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leis-tungen für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 30.06.2014.

Am 07.01.2014 legte der Kläger zu 1) eine vorläufige Schätzung der Betriebseinnahmen und –ausgaben für den Zeitraum Januar bis Juni 2014 vor.

Mit Schreiben vom 20.03.2014 forderte der Beklagte den Kläger zu 1) zur Vorlage abschließender Angaben in der Anlage EKS, eines Jahresabschlusses 2013, des letzten Einkommensteuerbescheides sowie von Kontoauszügen und des Kassenbuchs 2013 auf. Mit Schreiben vom 14.05.2014 erinnerte der Beklagte den Kläger zu 1) hieran.

Am 27.06.2014 beantragte der Kläger zu 1) für sich allein Leistungen nach dem SGB II, die mit Bescheid vom 30.06.2014 bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt wurden. Hiergegen legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 30.06.2014 hörte der Beklagte den Kläger zu 1) hinsichtlich einer möglichen Überzahlung im Zeitraum vom 06.04.2014 bis 30.06.2014 an. Am 17.07.2014 legte der Kläger zu 1) eine Schätzung hinsichtlich der Betriebseinnahmen und –ausgaben betreffend den Zeitraum Juli bis Dezember 2014 vor.

Mit Schreiben vom 25.07.2014 erinnerte der Beklagte erneut an die Vorlage der angeforderten Unterlagen betreffend das Jahr 2013 sowie das erste Halbjahr 2014.

Am 18.08.2014 legte der Kläger zu 1) "abschließende Angaben" zu den Betriebseinnahmen und –ausgaben im Zeitraum Januar 2014 bis Juni 2014 vor. Danach habe er in dieser Zeit einen Gewinn von 1.328 EUR erwirtschaftet. Nachweise hierfür legte er wiederum keine vor. Er legte allerdings Kontoauszüge betreffend das Girokonto mit der Nummer 000 000 000 bei der Q. E. für den Zeitraum 15.03.2014 bis 13.06.2014 vor. Aus diesen waren lediglich Auszahlungen – mit Ausnahme von Gutschriften des Beklagten und Bareinzahlungen sowie Stornobuchungen – zu erkennen. Daneben legte er einen Auszug betreffend das Sparbuch 3000 plus vor, welches am 14.04.2014 weiterhin den Saldo 2,45 EUR aufwies. Schließlich legte er einen Auszug aus einem Sparbuch der T. mit der Kontonummer 0000000000 vor, aus dem sich u.a. mehrere Gutschriften ergaben, die jedes Mal sofort in bar wieder (fast) vollständig abgehoben wurden, zuletzt im Mai 2014 in Höhe von 1188,00 EUR. Einen Jahresabschluss für das Jahr 2013 legte er ebensowenig vor, wie ein Kassenbuch.

Mit Bescheid vom 25.09.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1) vorläufig für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 Leistungen in Höhe von monatlich 499,12 EUR.

Mit Schreiben vom 25.09.2014 forderte der Beklagte den Kläger zu 1) zur Vorlage von Unterlagen betreffend seine selbständige Tätigkeit (insbesondere Einnahme-Überschuss-Rechnung seit dem 01.01.2013, Auflistung Kundenrechnung seit dem 01.01.2013, Kassenbuch seit dem 01.01.2013, Steuerbescheid für das Jahr 2013, Nachweis über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Geschäftskontos sowie ggf. entsprechende Kontoauszüge, Nachweis über die Herkunft der im Mai 2014 auf dem Sparbuch gutgeschriebenen Summe von 1.188,00 EUR) auf.

Mit Schreiben vom 09.10.2014 vertrat der Kläger zu 1) die Auffassung, der Beklagte sei zur umfassenden Anforderung der Unterlagen nicht befugt. Er legte lediglich eine selbst erstellte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für das Jahr 2013 vor, ohne entsprechende Belege.

Mit Schreiben vom 05.11.2014 wies der Beklagte den Kläger zu 1) auf den Ablauf des Bewilligungszeitraums hin und fügte einen Weiterbewilligungsantrag bei, den der Kläger nebst Anlage vollständig auszufüllen habe.

Mit Schreiben vom 10.11.2014 wies der Beklagte den Kläger zu 1) darauf hin, dass er bislang keine Nachweise hinsichtlich seines Einkommens seit 2013 erbracht habe. Sollte er bis zum 21.11.2014 die geforderten Unterlagen nicht nachweisen, werde das Einkommen geschätzt werden. Dabei werde davon ausgegangen, dass er ausreichendes Einkommen erziele, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen.

Am 29.12.2014 beantragte der Kläger zu 1) die Weiterbewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 01.01.2015.

Mit Bescheid vom 14.01.2015 stellte der Beklagte endgültig fest, dass der Kläger zu 1) für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass er, der Kläger – trotz mehrfacher Aufforderungen – für den maßgeblichen Zeitraum keine Angaben zur Höhe des erzielten Einkommens gemacht habe. Es sei daher davon auszugehen, dass eine Hilfebedürftigkeit nicht bestanden habe. Mit gleichem Bescheid wurden von ihm insgesamt 7.079,16 EUR zurückgefordert.

Mit weiterem Bescheid vom 14.01.2015 stellte der Beklagte endgültig fest, dass auch die Klägerin zu 2) für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger zu 1) habe bislang – trotz mehrfacher Aufforderungen – für den maßgeblichen Zeitraum keine Angaben zur Höhe des erzielten Einkommens gemacht. Es sei daher davon auszugehen, dass eine Hilfebedürftigkeit nicht bestanden habe. Mit gleichem Bescheid wurden von der Klägerin zu 2) insgesamt 1.256,86 EUR zurückgefordert.

Mit Bescheid vom 02.02.2015 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers zu 1) auf Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 01.01.2015 ab, da dieser seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen habe.

Mit Schreiben vom 10.02.2015 legten die Kläger jeweils Widerspruch gegen die Bescheide vom 14.01.2015 ein.

Am 12.02.2015 legte der Kläger u.a. Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 02.02.2015 ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2015 (W 175/15) wies der Beklagte den Wi-derspruch des Klägers zu 1), mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2015 (W 179/15) denjenigen der Klägerin zu 2) als unbegründet zurück.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 22.04.2015 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zu 1) gegen den Ablehnungsbescheid vom 02.02.2015 als unbegründet zurück.

Am 28.04.2015 stellte der Kläger beim erkennenden Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf Fortbewilligung von Leistungen, den das erkennende Gericht mit Beschluss vom 20.05.2015 abgelehnt hat. (S 11 AS 412/15 ER). Die hiergegen vom Kläger eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben (L 12 AS 958/15 B ER).

Am 27.05.2015 hat der Kläger zu 1) Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid vom 14.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 aufzuheben.

Ebenfalls am 27.05.2015 hat auch die Klägerin zu 2) Klage erhoben und ihrerseits beantragt,

den Bescheid vom 14.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 21.07.2015 hat der Kammervorsitzende die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Schreiben vom 17.08.2015 hat er darauf hingewiesen, dass der Kläger zu 1) bislang keinerlei Belege hinsichtlich der angeblichen Höhe des erzielten Einkommens beigebracht habe, weswegen das Vorgehen des Beklagten dem Grundsatz nach nicht zu beanstanden sei. Eine Reaktion hierauf seitens der Kläger hierauf ist ausgeblieben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogen Verwaltungsakte, die Gerichtsakte sowie die Verfahrensakte S 11 AS 412/15 ER Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenständlich sind die endgültigen Bewilligungs- und Rückforderungsbescheide vom 14.01.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.04. bzw. 22.04.2015. Hiergegen sind die von den Klägern erhobenen isolierten Anfechtungsklagen gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Die Klagen sind jedoch unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen, da sie durch diese nicht beschwert sind, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig.

Der Kläger zu 1) ist nach Auffassung der Kammer vor Erlass des endgültigen Bewilligungs- und Aufhebungsbescheides ordnungsgemäß mit Schreiben vom 10.11.2014 angehört worden, § 24 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Dem Kläger zu 1) ist in diesem Schreiben hinreichend deutlich vor Augen geführt worden, dass ihm Mitwirkungspflichten nach dem Ersten Buch des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I) obliegen, zu denen auch das Beibringen entsprechender Belege gehört (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 24.02.2011 – B 14 AS 87/09 R = juris; Landessozialgericht – LSG – Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.02.2015 – L 7 AS 312/14 B = juris; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 19.12.2014 – L 2 AS 267/13 = juris). Auch hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass – sollte der Kläger zu 1) die geforderten Unterlagen weiterhin nicht vorlegen, eine Hilfebedürftigkeit nicht festgestellt werden könne.

Nach Auffassung der Kammer stellte dieses Schreiben indes keine ordnungsgemäße Anhörung der Klägerin zu 2) dar, da diese, obgleich volljährig, nicht Adressatin des Schreibens war. Das Fehlen einer Anhörung vor Erlass des endgültigen Bewilligungsbescheides führt vorliegend aber nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Zwar dürfte es sich bei der endgültigen Festsetzung von Leistungen statt bislang höherer vorläufig bewilligter durchaus um einen Eingriff in Rechte der Klägerin zu 2) im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB X handeln, wenngleich die Klägerin insoweit freilich einen geringeren Vertrauensschutz genießt, als bei der Aufhebung oder Rücknahme einer bereits endgültigen Leistungsbewilligung, so dass jedenfalls hinsichtlich der endgültigen Festsetzung eine Anhörung hätte erfolgen müssen (str.; in diesem Sinne wohl BSG Urteil vom 19.09.2000 – B 9 SB 1/00 R = juris; BSG Urteil vom 24.07.1980 – 5 RKnU 1/79 = juris; nach Auffassung der Kammer hingegen a.A. offenbar BSG Urteil vom 17.04.1996 – 3 RK 13/95 = juris Rn. 22). Nach Auffassung der Kammer ist vorliegend auch eine Anhörung nicht nach § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X entbehrlich. Die Entscheidung beruht gerade darauf, dass der Kläger tatsächliche Angaben gerade nicht gemacht hat. § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X ist nicht einschlägig. Es geht zwar um einkommensabhängige Leistungen, diese werden aber nach Auffassung der Kammer nicht geänderten Verhältnissen angepasst. Die erforderliche Anhörung der Klägerin zu 2) ist nach Auffassung der Kammer indes im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden und daher gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X unbeachtlich. Die Bescheide vom 14.01.2015 enthielten die Tatsachen, auf die es zur Begründung der Verfügungssätze der Entscheidungen ankam (vgl. dazu etwa BSG Urteil vom 14.07.1994 -7 RAr 104/93 = juris m.w.N.; Franz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 24 Rn. 64 m.w.N.). Der Beklagte hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass aufgrund der Nichtvorlage von Nachweisen eine Schätzung des zur Verfügung stehenden Einkommens der Bedarfsgemeinschaft erfolgen musste, und dass bei dieser Schätzung davon ausgegangen worden sei, dass bedarfsdeckendes Einkommen erzielt worden sei. Die Kläger hatten beide vor diesem Hintergrund die Möglichkeit, sich sachgerecht zu den Annahmen des Beklagten zu äußern (vgl. hierzu von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 24 Rn. 11).

Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte hat die den Klägern für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 zustehenden Leistungen zutreffend endgültig in Höhe von monatlich 0,00 EUR festgesetzt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze noch nicht erreicht haben (§ 7 a SGB II), erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus den zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

Einkommen ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung dazu erhält, und Vermögen, was er vor An-tragstellung bereits hatte (BSG Urteil vom 28.03.2013 – B 4 AS 42/12 R = juris Rn. 17; BSG Urteil vom 22.03.2012 – B 4 AS 139/11 R = juris).

Vor dem Hintergrund, dass Leistungen nach dem SGB II existenzsichernden Charakter haben, obliegt es dem Leistungsträger gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 SGB III, möglichst schnell eine vorläufige Entscheidung über einen Leistungsantrag zu treffen, wenn zur Feststellung des Anspruchs voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Kläger die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat (vgl. dazu auch BSG Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 31/14 R = juris Rn. 18 f.).

Diesem rechtlichen Gebot folgend hat der Beklagte auf Grundlage der Ende Januar 2013 vom Kläger zu 1) vorgelegten geschätzten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für den Zeitraum Januar bis Juni 2013 vor und den Angaben der Klägerin zu 2), die ausweislich einer entsprechenden Verdienstbescheinigung im Januar 2013 916,90 EUR brutto bzw. 728,46 EUR netto verdiente, den Klägern Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 30.06.2013 vorläufig bewilligt

Der Kläger zu 1) legte auch für den Folgezeitraum bis Ende des Jahres 2013 eine Schätzung der Einkünfte für den Zeitraum Juli bis Dezember 2013 vor. Die Klägerin zu 2) machte ebenfalls Angaben zur Höhe ihres Einkommens, woraufhin der Beklagte auch für den Zeitraum 01.07.2013 bis 31.12.2013 Leistungen vorläufig bewilligt hat. Auch insoweit war die vorläufige Bewilligung nicht zu beanstanden.

Die insoweit ergangenen vorläufigen Bewilligungsbescheide haben indes, hierauf hat das Bundessozialgericht unlängst hingewiesen, allein die Funktion, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen (vgl. B 14 AS 31/14 R = juris Rn. 23). Es ist daher, sofern die Voraussetzungen für den Erlass einer endgültigen Entscheidung vorliegen, auch solche zu treffen. Dem ist der Beklagte vorliegend ebenfalls zu recht nachgekommen.

Die Kläger haben, unter Berücksichtigung der auch im Bereich des SGB II geltenden allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast, nicht nachgewiesen, dass im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 eine Hilfebedürftigkeit und damit ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestanden hat.

Der Kläger zu 1) hat trotz zahlreicher Aufforderungen des Beklagten nicht im Ansatz die Höhe seines Einkommens nachgewiesen.

Für Personen wie den Kläger zu 1), der nach eigenen Angaben seit 2010 als Alltagsbegleiter selbständig tätig ist, ist insoweit § 3 Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-VO) i.d.F. des Ehrenamtstärkungsgesetzes (EhrenamtStG) vom 21.03.2013 (BGBl. I 2013, 556) maßgeblich. Nach § 3 Abs. 1 Alg II-VO ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft ist von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind dabei alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 Alg II-VO sind dabei zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Hierbei ist nach § 3 Abs. 3 Alg II –VO freilich zu berücksichtigen, dass tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden sollen, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht. Ausgaben sind ferner nicht abzusetzen, soweit für sie Darlehen oder Zuschüsse nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erbracht oder betriebliche Darlehen aufgenommen worden sind.

Der Kläger zu 1) hat bislang zu keinem Zeitpunkt Angaben zu seinem Einkommen gemacht, die auch nur ansatzweise prüfbar gewesen wäre. Der Kläger hat seit Juli 2012 das Vorhandensein von Einnahmen bzw. Ausgaben und damit letztlich die Höhe eines bestimmten Gewinns aus seiner selbständigen Tätigkeit nur behauptet. Diese Behauptungen hat er zu keinem Zeitpunkt objektiviert.

Er hat dem Beklagten gegenüber nicht angegeben, ob er ein Geschäftskonto oder nur ein Privatkonto hat. Der Kläger hat dem Beklagten gegenüber im Antragsverfahren zwar verschiedene Konten angeben. Dies waren zunächst das Girokonto mit der Nummer 000 000 000 bei der Q. E., das Postbank 3000 plus Sparbuch sowie ein Konto bei der T. mit der Kontonummer 0000000000. Darüber hinaus hat er im August 2014 ein weiteres Sparbuch bei der T. mit der Kontonummer 0000000000 vorgelegt. Auf dieses Konto erfolgte am 10.10.2013 eine Gutschrift in Höhe von 528,00 EUR, welche am gleichen Tag in bar wieder abgehoben wurde. Am 21.11.2013 wurden 681,19 EUR gutgeschrieben und am gleichen Tag in Höhe von 680,00 EUR wieder abgehoben. Am 23.12.2013 wurden 121,00 EUR + 55,00 EUR gutgeschrieben sowie 5,00 EUR bar eingezahlt und am gleichen Tag 150,00 EUR in bar abgehoben. Schließlich war aus dem Sparbuch eine Gutschrift vom 16.05.2014 in Höhe von 1.188,00 EUR ersichtlich, die am gleichen Tag in Höhe von 1.000,00 EUR wieder abgehoben worden. Der Beklagte hat den Kläger zu 1) auch gefragt, woher diese Gutschriften jeweils stammten. Die entsprechende Frage hat der Kläger zu 1) nicht beantwortet. Auch der Kammer erschließt sich nicht, woher diese Beträge kommen und warum sie am gleichen Tag fast vollständig in bar wieder abgehoben werden. Auch insoweit hat der Kläger aber nichts zur Klärung beigetragen. Aufgrund der vom Kläger gemachten Angaben ist auch nicht im Ansatz nachvollziehbar, wie sich der angeblich erwirtschaftete Gewinn zusammensetzt. Aus den Konten ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass und in welcher Höhe Vergütungen aus der selbständigen Tätigkeit bargeldlos abgewickelt werden. Das Girokonto bei der Q. E. weist – soweit für die Kammer ersichtlich – keine entsprechenden nachvollziehbaren Buchungen auf. Vor diesem Hintergrund ist die Aufforderung des Beklagten zur Vorlage eines Kassenbuchs, zur Kontrolle von etwaigen Bargeschäften, nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden.

Aber auch die Fragen zu den Kunden oder – sofern Leistungen bar abgerechnet werden – zum Kassenbuch hat der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung unbeantwortet gelassen. Auch hat er keine sonstigen nachprüfbaren Unterlagen vorgelegt. Hierzu war er aber verpflichtet.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, der Beklagte überschreite mit der Anforderung dieser essentiellen Unterlagen und Auskünfte seine Befugnis irrt er. Er nimmt zur Begründung Bezug auf eine Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales "Sozialpolitische Informationen " aus Mai 2006. Dort heißt es auf Seite 5 unter der Überschrift "Ich bin selbstständig und bekomme ergänzend Arbeitslosengeld II. Muss ich Einkommensnachweise von meinen Auftraggebern vorlegen?":

Nein, die bislang bestehende Pflicht aus §§ 58 und 60 SGB II zur Einkommensbescheinigung und Auskunft gegenüber den Trägern können negative Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit Selbstständiger haben. Auftraggeber werden sehr zurückhaltend in der Auftragsvergabe gegenüber Selbstständigen, von denen ein "Hauch von Mittellosigkeit" ausgeht. Die Auftraggeber stellen die Liquidität des Auftragnehmers in Frage und befürchten selbst Verluste. Die Pflicht zur Einkommensbescheinigung und die Auskunftspflicht aus §§ 58 und 60 SGB II wird daher für Selbstständige angepasst. Dies erfolgt auch vor dem Hintergrund, dass nach § 2a AlgII-V nunmehr ohnehin das Arbeitseinkommen heranzuziehen ist und insbesondere auch eine vorläufige Entscheidung mit abschließender Gewinnermittlung durch das Finanzamt in Betracht kommt."

Es handelte sich hierbei um Erläuterungen zu den Änderungen durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006. Im Rahmen dieser Gesetzesänderung war seinerzeit u.a. § 58 SGB II geändert worden. Nach dieser Vorschrift traf auch die Auftraggeber von selbständigen Hilfebedürftigen eine Pflicht zur Auskunft gegenüber dem Leistungsträger. Dies wurde seinerzeit abgeschafft und darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Pflicht sich äußerst negativ auf die entsprechenden Geschäftsbeziehungen auswirken kann. Es handelt sich hierbei – und das verkennt der Kläger offensichtlich – aber um einen völlig anderen Fall als wenn der Leistungsträger Auskünfte vom Antragsteller über seine Geschäftsbeziehungen verlangt. Der Beklagte ist vielmehr berechtigt und verpflichtet, vom Antragsteller diese Auskünfte und Unterlangen zu erhalten. Der Kläger hat sich dem – wohl in der irrigen Annahme im Recht zu sein – vollständig verweigert.

Der Beklagte ist vor diesem Hintergrund zutreffend davon ausgegangen, dass die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht nachgewiesen ist. Dies umso mehr als der Kläger nunmehr seit Januar 2015 vom Beklagten keine Leistungen mehr erhält und weder vorgetragen noch ersichtlich ist, wie es den Klägern, auch unter Berücksichtigung des nachgewiesenen Einkommens der Klägerin zu 2), in der Zwischenzeit offensichtlich möglich war, seinen Lebensunterhalt sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung zu bestreiten.

Nach Auffassung der Kammer sind im vorliegenden Fall alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, sodass auch – nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast – eine endgültige Festsetzung der Leistungsbewilligung in Höhe von 0,00 EUR und mithin eine endgültige Ablehnung in der Sache erfolgen konnte (vgl. dazu auch BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 78/08 R = juris; Bayrisches LSG Urteil vom 29.11.2011 – L 7 AS 881/10 = juris; Sächsisches LSG Beschluss vom 27.01.2015 – L 7 AS 1195/14 B ER = juris; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 12.03.2012 – L 19 AS 2288/11 B = juris).

Die Rückforderung der vorläufig bewilligten Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 in Höhe von 7.079,16 EUR vom Kläger zu 1) und in Höhe von 1.256,86 EUR von der Klägerin zu 2) beruht auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III. Es handelt sich hierbei um eine gebundene Entscheidung. Hinsichtlich der Höhe der zurückgeforderten Leistungen bezieht sich die Kammer auf die Darlegungen des Beklagten im Rahmen der angefochtenen Bescheide in Gestalt der Widerspruchsbescheide. Anhaltspunkte dafür, dass diese nicht zutreffend wären, sind weder geltend gemacht noch anderweitig ersichtlich.

Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung war trotz Abwesenheit der Kläger ohne Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs möglich, da beide in ihren – ausweislich Postzustellungsurkunde ordnungsgemäß zugestellten – Ladungen darauf hingewiesen worden sind, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 110 Rn. 11; BSG Beschluss vom 07.07.2011 – B 14 AS 35/11 B = juris; Bundesverwaltungsgericht – BVerwG – Beschluss vom 20.01.1995 – 6 B 56/94 = juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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