Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 36 AS 2347/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 708/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein von einem Jobcenter gegenüber einem Leistungsempfänger ausgesprochenes Hausverbot ist öffentlich-rechtlicher Natur.
2. Zur Frage, ob für einen Rechtsstreit über ein Hausverbot für die Räume des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem Leistungsempfänger der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist.
3. Zu den Rechtsgrundlagen für die Ausübung des Hausrechts in einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung und daraus folgend für den Ausspruch eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes.
3. Zu den formellen Anforderung an die Erteilung eines Hausverbotes.
4. In Fällen, in denen keine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung gegeben ist, übt der Behördenleiter das Hausrecht für die jeweilige Behörde aus. Es kommt nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Dienstgebäude an.
5. Das Hausverbot hat einen doppelten Regelungsgehalt. Zum einen enthält es das Gebot, sich aus dem in der Hausverbotsreglung bezeichneten Bereich zu entfernen, zum anderen das Verbot, den Bereich wieder zu betreten.
6. Zur Frage der Notwendigkeit einer Anhörung vor Erteilung eines Hausverbotes.
7. Die materielle Rechtmäßigkeit eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes setzt zunächst eine nachhaltige Störung des Dienstbetriebes voraus. Inwiefern der Dienstbetrieb betroffen sein kann, bestimmt sich nach dem Widmungszweck der jeweiligen Behörde oder öffentlichen Einrichtung. Sodann steht die Entscheidung, ob auf die Störung des Dienstbetriebes hin ein Hausverbot ausgesprochen und wie es gegebenenfalls ausgestaltet werden soll, im Ermessen des Inhabers des Hausrechts. Hierbei ist zum einen das Willkürverbot zu beachten, das heißt der Hausrechtsinhaber muss sich bei seiner Entscheidung von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Zum anderen muss dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden.
8. Zu den Anforderungen an die Begründung des Hausverbotes.
9. Der gerichtlichen Prüfung unterliegen die Tatsachenfeststellungen und die rechtlichen Bewertungen des Behördenleiters in vollem Umfang. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Prognoseentscheidung, die der Behördenleiter bezüglich der Wiederholungsgefahr zu treffen hat. Hingegen ist die Prüfungskompetenz des Gerichtes in Bezug auf die Teile der Hausverbotsentscheidung, hinsichtlich derer dem Behördenleiter ein Ermessensspielraum zusteht, eingeschränkt.
10. Zur Anforderung an die Prognose zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer neuen nachhaltigen Störung des Dienstbetriebes und zur Ermessensentscheidung, ein Hauverbot zu erlassen, wenn zwischen dem das Hausverbot auslösenden Ereignis und der Erteilung des Hausverbotes einige Zeit (hier sechs Wochen) vergangen sind.
2. Zur Frage, ob für einen Rechtsstreit über ein Hausverbot für die Räume des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem Leistungsempfänger der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist.
3. Zu den Rechtsgrundlagen für die Ausübung des Hausrechts in einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung und daraus folgend für den Ausspruch eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes.
3. Zu den formellen Anforderung an die Erteilung eines Hausverbotes.
4. In Fällen, in denen keine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung gegeben ist, übt der Behördenleiter das Hausrecht für die jeweilige Behörde aus. Es kommt nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Dienstgebäude an.
5. Das Hausverbot hat einen doppelten Regelungsgehalt. Zum einen enthält es das Gebot, sich aus dem in der Hausverbotsreglung bezeichneten Bereich zu entfernen, zum anderen das Verbot, den Bereich wieder zu betreten.
6. Zur Frage der Notwendigkeit einer Anhörung vor Erteilung eines Hausverbotes.
7. Die materielle Rechtmäßigkeit eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes setzt zunächst eine nachhaltige Störung des Dienstbetriebes voraus. Inwiefern der Dienstbetrieb betroffen sein kann, bestimmt sich nach dem Widmungszweck der jeweiligen Behörde oder öffentlichen Einrichtung. Sodann steht die Entscheidung, ob auf die Störung des Dienstbetriebes hin ein Hausverbot ausgesprochen und wie es gegebenenfalls ausgestaltet werden soll, im Ermessen des Inhabers des Hausrechts. Hierbei ist zum einen das Willkürverbot zu beachten, das heißt der Hausrechtsinhaber muss sich bei seiner Entscheidung von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Zum anderen muss dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden.
8. Zu den Anforderungen an die Begründung des Hausverbotes.
9. Der gerichtlichen Prüfung unterliegen die Tatsachenfeststellungen und die rechtlichen Bewertungen des Behördenleiters in vollem Umfang. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Prognoseentscheidung, die der Behördenleiter bezüglich der Wiederholungsgefahr zu treffen hat. Hingegen ist die Prüfungskompetenz des Gerichtes in Bezug auf die Teile der Hausverbotsentscheidung, hinsichtlich derer dem Behördenleiter ein Ermessensspielraum zusteht, eingeschränkt.
10. Zur Anforderung an die Prognose zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer neuen nachhaltigen Störung des Dienstbetriebes und zur Ermessensentscheidung, ein Hauverbot zu erlassen, wenn zwischen dem das Hausverbot auslösenden Ereignis und der Erteilung des Hausverbotes einige Zeit (hier sechs Wochen) vergangen sind.
I. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 2. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Beklagte, ein Jobcenter, wendet sich gegen eine Entscheidung des Sozialgerichtes, mit der dieses einen Bescheid, mit dem der Beklagte ein Hausverbot gegen den Kläger ausgesprochen hat, aufgehoben hat.
Der Kläger, der vom Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bezog, betrat am 7. Januar 2015 gegen 11.50 Uhr den Empfangsbereich der Agentur für Arbeit P. In dem Gebäude befindet sich auch eine Dienststelle des Beklagten. Nach der von M F , einem Mitarbeiter eines in dem Gebäude tätigen, unter anderem mit Sicherheitsangelegenheiten befassten privaten Unternehmens, gefertigten Meldung habe der Kläger lautstark nach der Telefonnummer von G S , einer Mitarbeiterin, verlangt und sich über deren Anwesenheit erkundigt. Ein Sicherheitsmitarbeiter habe ihn aufgefordert, etwas mehr Ruhe zu bewahren. Beim Verlassen des Objektes habe der Kläger gesagt, dass er zwei Macheten habe und die Köpfe lautlos fallen würden. Dies habe er auch im BIZ (Berufsinformationszentrum) gegenüber A E geäußert. Als weiterer Sicherheitsmitarbeiter (SMA) ist auf der Meldung S U vermerkt.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2015 sprach der Beklagte gegenüber dem Kläger schriftlich ein Hausverbot für alle Räumlichkeiten des Beklagten für die Geschäftsstellen P , S , F und D aus. Dieses gelte ab sofort bis einschließlich 31. Dezember 2015. Die sofortige Vollziehung dieses Hausverbotes wurde angeordnet. Der Kläger wurde gebeten, zur zukünftigen Klärung seiner Anliegen den Postweg zu nutzen oder telefonisch einen Termin zu vereinbaren. In den vereinbarten Zeiträumen sei ihm das Betreten der Geschäftsstellen gestattet. Das Hausverbot wurde damit begründet, dass der Kläger mit seinem Verhalten erheblich die regulären Arbeitsabläufe des Beklagten gestört und sowohl Mitarbeiter des Beklagten als auch Kunden gefährdet habe. Ein störungsfreier und geordneter Dienstbetrieb liege im überwiegenden öffentlichen Interesse. Das Schreiben enthielt am Ende eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 erstattete der Beklagte Anzeige "wegen Bedrohung u. a." beim Polizeirevier P.
Der Kläger, der am 8. März 2015 A B bevollmächtigte, seine geschäftlichen Interessen in den Räumlichkeiten des Beklagten zu vertreten, legte mit Schreiben vom selben Tag Widerspruch ein. Er habe sich im Empfangsbereich der Agentur für Arbeit P erkundigt, ob P S , eine Mitarbeiterin des Arbeitgeberservices dieser Agentur für Arbeit, im Hause sei. Nachdem er bei ihr vorstellig geworden sei, habe er die Agentur für Arbeit ohne die behauptete Äußerung verlassen. Er verlange, das erteilte Hausverbot mit Wirkung vom 10. März 2015 aufzuheben. Sollte dies nicht geschehen, leite er weitere Maßnahmen ein. Darüber hinaus verlange er ein klärendes Gespräch mit den Personen, die die vorgenannte Behauptung geäußert hätten. Den Ort und die Zeit teile er noch gesondert mit. Sollte der Beklagte zu diesem klärenden Gespräch nicht bereit sein, leite er ebenfalls weitere Maßnahmen ein.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2015 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Ergänzend zum Schreiben vom 18. Februar 2015 führte er aus, dass das Hausverbot geeignet und verhältnismäßig sei. Dem Kläger blieben die Dienstleistungen des Beklagten nicht verwehrt, da die Behörde telefonisch über ein Servicecenter erreichbar sei. Viele Einzelanliegen könnten dort abschließend geklärt werden. Für eine persönliche Vorsprache bedürfe es einer Einladung durch den jeweiligen Sachbearbeiter. Der Widerspruchsbescheid wurde ausweislich des auf ihm angebrachten Postaufgabevermerks am 1. April 2015 zur Post gegeben.
Im Ermittlungsverfahren (polizeil. Vorgangs-Nr. 274/15/129400, späteres staatsanwaltschaftliches Az.: 150 Js 16963/15) war M F am 27. März 2015 vernommen worden. Er gab auf Frage an, dass er beim Kläger keine Macheten gesehen habe, und dass es zu keinen körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sei. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 16. März 2015 zum Vorwurf, eine Bedrohung im Sinne von § 241 des Strafgesetzbuches (StGB) begangen zu haben, gehört. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 30. März 2015 gab er an, am 7. Januar 2015 den Empfangsbereich der Agentur für Arbeit betreten zu haben. Alles andere entspreche nicht den Tatsachen. Auf die von der Staatsanwaltschaft veranlasste Nachfrage teilte der Beklagte mit Schreiben vom 28. Mai 2015 die Namen der für den Kläger in Leistungs- und Vermittlungsangelegenheiten zuständigen Mitarbeiter mit. G S und P S würden im Arbeitgeberservice in P arbeiten. Es sei nicht mehr nachzuvollziehen, wen der Kläger habe sprechen wollen. Am Wahrscheinlichsten sei P S. Diese sei am 7. Januar 2015 anwesend gewesen. Mit Verfügung vom 9. Juni 2015 stellte die Staatsanwaltschaft D (Zweigstelle P ) das Ermittlungsverfahren ein. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass "der Rechtsfrieden über den Lebenskreis d. Verletzten hinaus nicht gestört ist und die Strafverfolgung kein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit darstellt". Der Beklagte wurde auf den Privatklageweg verwiesen.
Bereits am 4. Mai 2015 hat der nunmehr anwaltlich vertretene Kläger Klage erhoben und die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 18. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015 (Az. S 36 AS 2337/15 ER) beantragt. Das Hausverbot basiere auf einem falschen Sachverhalt. Er, der Kläger, habe sich nach der Anwesenheit von P S erkundigt. Nachdem ihm dies bestätigt worden sei, habe er sie aufgesucht und seine Anliegen erledigt. Erst danach habe er das Gebäude verlassen. Die behaupteten Äußerungen habe er nicht getätigt. Die Entscheidung sei unverhältnismäßig. Die Vorkommnisse, die als Begründung für das Hauverbot dienten, seien nicht nachvollziehbar und belegbar. Es sei auch nicht zu erkennen, worauf die Annahme einer Wiederholungsgefahr beruhe. Es erschließe sich nicht, woraus sich ergebe, dass er, der Kläger, mit seinen Verbalandrohungen uneinsichtig bleibe. Das Hausverbot sei nicht verhältnismäßig. Das Gebot der Deeskalation stehe im Vordergrund. Störungen des Dienstbetriebes seien nicht ernsthaft zu erwarten gewesen, weil in den sechs Wochen bis zum Hausverbot keine Störungen des Dienstbetriebes durch den Kläger zu verzeichnen gewesen seien. Ein Gefährdungspotential könne nicht gesehen werden, weil der Beklagte nicht unverzüglich auf die Vorkommnisse reagiert habe. Außerdem sei das Hausverbot nicht wirksam ergangen, weil die Entscheidung nicht durch den Geschäftsführer oder einen anderen berechtigten Mitarbeiter autorisiert sei.
Der Kläger hat in der am 20. Mai 2015 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 4. Mai 2015 erneut bestritten, die ihm vorgeworfene Äußerung getätigt zu haben.
Im Antragsverfahren hat der Beklagte vorgetragen, dass bei der von Klägerseite mitgeteilten Zustellung des Widerspruchsbescheides am 2. April 2015 die Klageerhebung am 4. Mai 2015 verfristet sein dürfe. Weiter hat er unter anderem die Auffassung vertreten, dass kein Anordnungsgrund vorliege. Der Kläger könne die Dienstleistungen des Beklagten mit zumutbaren Einschränkungen nutzen. Seine Beschwer sei als gering zu betrachten. Es bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Der Glaubhaftmachung mit der eidesstattlichen Versicherung könne mit der Einvernahme von M F begegnet werden. Zu der in der Sicherheitsmeldung angegebenen G S hat der Beklagte mitgeteilt, dass P S gemeint sei. Sie sei dem Beklagter nach § 44g SGB II zugewiesen und im Team Arbeitgeberservice tätig. In diesem Team seien wegen der Einheitlichkeit des Arbeitsmarktes Mitarbeiter "beider Rechtskreise" tätig.
In Bezug auf die vom Sozialgericht aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit des Rechtsweges zur Sozialgerichtsbarkeit haben die Beteiligten auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichtes vom 1. April 2009 (Az. B 14 SF 1/08 R) und 21. Juli 2014 (Az. B 14 SF 1/14 R) hingewiesen. Die Klägerbevollmächtigte hat vorgetragen, dass "die Hinterfragung zu einem Vermittlungsangebot der Agentur für Arbeit bei der für den Arbeitgeber-Service zuständigen Mitarbeiterin" das Anliegen des Klägers gewesen sei. Es bestehe ein sachlicher Zusammenhang in Bezug auf den Leistungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten, als im Fall einer erfolgreichen Vermittlung der Leistungsanspruch gemindert oder ganz entfallen würde.
Das Sozialgericht hat im Antragsverfahren am 9. Juni 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt und dabei A E , M F und S U als Zeugen vernommen.
Mit Beschluss vom 16. Juni 2015 hat das Sozialgericht die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 18. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015 ausgesetzt. Hiergegen hat der Beklagte Beschwerde eingelegt (Az. L 3 AS 615/15 B ER).
Die Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 2. Juli 2015 abgewiesen. Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit sei gegeben. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Hausverbots hätten im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids nicht mehr vorgelegen. Es sei gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass dem Behördenleiter das Hausrecht zustehe. Dieses umfasse die Befugnis, zum Zweck der Gewährleistung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung zu ergreifen. Diese müssten angemessen und verhältnismäßig sein. Der Behördenleiter habe Ermessen auszuüben. Da der Beklagte nicht umgehend auf die Sicherheitsmeldung vom 7. Januar 2015 reagiert, sondern dem Kläger bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids vom 18. Februar 2015 uneingeschränkten Zutritt gewährt habe, sei im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit des Hausverbotes zu verneinen. Zwar sei ein überwiegendes öffentliches Interesse daran, dass die Aufgabenerfüllung einer Behörde störungsfrei und in geordnetem Dienstbetrieb erfolge, grundsätzlich auch bei einem einmaligen Handeln zu bejahen, wenn massive Drohungen erfolgten. Maßgebend sei der Einzelfall. Die Behörde habe eine Prognose zu treffen, ob mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einer Wiederholung einer Störung zu rechnen sei und so dann unter Berücksichtigung der Gesamtumstände eine Ermessensentscheidung über die zu ergreifenden Maßnahmen zu treffen. Bei der Frage, ob eine Wiederholungsgefahr gegeben sei, seien die Umstände des Einzelfalls und der Zeitraum, in welchem derartige Vorgänge nicht vorgefallen oder vorgefallen seien, heranzuziehen. Gemessen hieran sei die Prognose des Beklagten nicht ausreichend.
Der Beklagte hat gegen den Gerichtsbescheid am 8. Juli 2015 Berufung eingelegt. Es werde die Folgenabwägung des Sozialgerichtes gerügt. Die schutzwürdigen Interessen der Mitarbeiter auf Schutz ihrer Gesundheit und ihres Lebens überwögen die Interessen des Klägers an einem unkontrollierten Zugang der Behörde. Der Gerichtsbescheid lasse eine Beweiswürdigung der Zeugenaussagen vermissen. Im Interesse des Schutzes von Leib und Leben der Besucher und Mitarbeiter der Behörde sei auch nach dem Verstreichen von sechs Wochen zwischen dem Ereignis und dem Erlass des Bescheides das Hausverbot auszusprechen. Im Falle der Ankündigung von körperlicher Gewalt und der Bedrohung des Lebens seien weder Prognosen zur Wiederholungsgefahr vorzunehmen, noch Umstände des Einzelfalls zu würdigen, sondern ganz klare Signale auszusenden. Es bestehe eine Ermessensreduzierung auf Null. Wer sich so verhalte wie der Kläger könne nicht mit Rücksicht rechnen. Auch die verspätete Reaktion sei als Präventivmaßnahme in die Zukunft gerichtet angemessen gewesen.
Auf gerichtliche Anfrage im Beschwerdeverfahren hat der Beklagte mitgeteilt, dass in Bezug auf den Kläger Vorfälle von Bedeutung weder vor noch nach dem Vorfall am 7. Januar 2015 dokumentiert seien. Die Bearbeitungsdauer von sechs Wochen sei auf eine Personalveränderung und Organisationsmängel zurückzuführen. In Bezug auf die von der Klägerbevollmächtigten bestrittenen Wirksamkeit des Hausverbotes hat der Geschäftsführer des Beklagten in einer persönliche Erklärung mitgeteilt, dass er sich zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses in Urlaub befunden habe und seine Vertreterin arbeitsunfähig gewesen sei. Von den zwei weiteren Mitgliedern der Geschäftsführung sei eine urlaubsbedingt abwesend gewesen. Das zweite Mitglied sei vertretungsweis mit den Aufgaben des Geschäftsführers betraut gewesen.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 2. Juli 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichtes für zutreffend und tritt der Auffassung des Beklagten, im Falle der Ankündigung von körperlicher Gewalt und der Bedrohung des Lebens sei von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen, entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen, die Gerichtsakten zum Antragsverfahren Az. S 36 AS 2337/15 ER und zum Beschwerdeverfahren Az. L 3 AS 615/15 B ER, die beigezogene Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft D (Zweigstelle P ) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Sächsische Landessozialgericht ist für die Entscheidung über die Berufung zuständig.
Bei Gerichtsverfahren, die ein von einem Behördenleiter ausgesprochenes Hausverbot zum Gegenstand haben, ist stets zunächst zu prüfen (2.), ob der Rechtsweg zu der angerufenen Gerichtsbarkeit – vorliegend zu der Sozialgerichtsbarkeit – gegeben ist (vgl. z. B. § 51 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]; § 40 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], § 33 der Finanzgerichtsordnung [FGO], § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes [GVG], § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes [ArbGG]). Diese Prüfung wiederum setzt die Entscheidung darüber, ob das Hausrecht des Behördenleiters und das auf ihm beruhende Hausverbot dem öffentlichen Recht oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist, voraus (1.).
1. Die Abgrenzung zwischen Streitigkeiten nach dem öffentlichen Recht oder dem bürgerlichen Recht wurde, soweit es ein Hausverbot für ein Verwaltungsgebäude oder ein sonstiges öffentliches Gebäude betraf, nach unterschiedlichen Kriterien vorgenommen (vgl. hierzu z. B. die Darstellung bei Müller, VR 2010, 152 [152 f.]; Ehlers/Schneider, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO [28. Erg.-Lfg., März 2015], § 40 Rdnr. 328 ff.). So stellte beispielsweise der Bundesgerichtshof auf Art und Ausmaß der öffentlich-rechtlichen Zweckbindung ab (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1960 – V ZR 122/59 – BGHZ 33, 230 [] = NJW 1961, 308 f. = juris Rdnr. 17 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht beantwortete die Frage, ob das an einen Bürger gerichtete Verbot, ein Dienstgebäude zu betreten, eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Willenserklärung ist, im Einzelfall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände und des Zwecks des Hausverbots (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 1970 – VII C 80.67 – BVerwGE 35, 103 [106] = JZ 1971, 96 = juris Rdnr. 36, m. w. N.). Die Instanzrechtsprechung leitete daraus ab, dass es zur Abgrenzung auf den vom Besucher verfolgten Zweck ankomme (vgl. z. B. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juli 1980 – 9 CS 80 A.268 – NJW 1980, 2722 [2723]). Insbesondere im Schrifttum wurde die Auffassung vertreten, dass der Zweck des Hausrechtes in der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Ablaufes der Verwaltungstätigkeit liege und deshalb Hausverbote immer öffentlich-rechtlicher Natur seien (vgl. z. B. Ehlers, DÖV 1977, 739; weitere Nachweise bei Müller, VR 2010, 152 [153 FN 29] und Gursky, in: Staudinger, BGB [Neubearbeitung 2012], § 1004 Rdnr. 186).
Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschied im Beschluss vom 4. Juni 1974, der kein Hausverbot betraf, dass sich die Art einer Streitigkeit – öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich –, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses bestimmt, aus dem der Klaganspruch hergeleitet wird (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 4. Juni 1974 – GmS-OGB 2/73 – BSGE 37, 292 ff. = SozR 1500 § 51 Nr. 2 = NJW 1974, 2087 f. = juris Rdnr. 4). Diese Entscheidung wurde in einer Reihe weiterer Entscheidungen in den 1980er Jahren bestätigt (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 10. April 1986 – GmS-OGB 1/85 – BGHZ 97, 312 ff. = BVerwGE 74, 368 ff. = SozR 1500 § 51 Nr. 39 = NJW 1986, 2359 f. = juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 1/86 – BGHZ 102, 280 ff. = SozR 1500 § 51 Nr. 47 = NJW 1988, 2295 ff. = juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 2/86 – juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 3/86 – SozR 1500 § 51 Nr. 48 = NJW 1988, 2297 f. = juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 4/86 – juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 5/86 – juris Rdnr. 8; GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1989 – GmS-OGB 1/88 – BGHZ 108, 284 = SozR 1500 § 51 Nr. 53 = NJW 1990, 1527 f. = juris Rdnr. 8; GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1989 – GmS-OGB 2/88 – BGHZ 108, 284 = SozR 1500 § 51 Nr. 53 = NJW 1990, 1527 f. = juris Rdnr. 9) und dahingehend präzisiert, dass es regelmäßig darauf ankommt, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen, und ob sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 1/86 – a. a. O., m. w. N.). Im Beschluss vom 10. Juli 1989 führte der Gemeinsame Senat aus, dass Streitigkeiten öffentlich-rechtlich sind, die aus einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung entstehen. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit könne aber auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Entscheidend sei die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstelle, und nicht, ob dieser sich auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage berufe (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1989, a. a. O., m. w. N.).
Diese Rechtsprechung legte der 14. Senat des Bundessozialgerichtes seinen Entscheidungen über den Rechtsweg für ein Rechtsschutzgesuch gegen das vom Geschäftsführer eines Jobcenters gegenüber einem Leistungsempfänger ausgesprochene Hausverbot zugrunde (vgl. BSG, Urteil vom 1. April 2009 – B 14 SF 1/08 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 9; BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/13 R – juris; BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/14 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 12 = NZS 2014, 918 = juris, jeweils Rdnr. 8). Im Urteil vom 1. April 2009 stellte er sodann fest, dass das Hausverbot durch einen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger nach der inzwischen ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur dann öffentlich-rechtlichen Charakter habe, wenn es dazu diene, (allgemein) die Erfüllung der staatlichen Aufgaben im Verwaltungsgebäude zu sichern beziehungsweise (konkret) die unbeeinträchtigte Wahrnehmung einer bestimmten staatlichen Sachkompetenz zu gewährleisten. Nur im Ausnahmefall könne die Maßnahme privatrechtlicher Natur sein, wenn die im Besitz oder Eigentum eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgers stehenden Räumlichkeiten allein zu fiskalischen Zwecken genutzt würden (vgl. BSG, Urteil vom 1. April 2009, a. a. O., Rdnr. 11, m. w. N.).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht kein Streit darüber, dass ein von einem Jobcenter gegenüber einem Leistungsempfänger ausgesprochenes Hausverbot öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl. die Nachweise bei Ehlers/Schneider, a. a. O., § 40 Rdnr. 331 FN 28).
Da der Kläger die Räumlichkeiten des Beklagten wegen sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten aufsuchte, die – jedenfalls auch – in den Aufgabenkreis des Beklagten fielen, ist das vom Beklagten ausgesprochene Hausverbot nach allen Ansätzen dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
Unabhängig davon ist vorliegend auch bereits deshalb eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben, weil der Beklagte das Hausverbot in der Handlungsform eines (formellen) Verwaltungsaktes aussprach (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 2; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 2011 – 16 E 174/11 – NJW 2011, 2379 = juris Rdnr. 5; OVG Bremen, Beschluss vom 25. März 2013 – 1 B 33/13 – juris Rdnr. 11, m. w. N.; Ehlers/Schneider, a. a. O., § 40 Rdnr. 328, m. w. N.). Denn da gemäß § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ein Verwaltungsakt zur Regelung eines Einzelfalles "auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" erlassen wird, berühmte sich der Beklagte jedenfalls einer öffentlich-rechtlichen Handlungsbefugnis.
2. Zu der sich hieran anschließenden Frage des Rechtsweges hat der 14. Senat des Bundessozialgerichtes im Urteil vom 1. April 2009 entschieden, dass für einen Rechtsstreit über ein Hausverbot für die Räume des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem Leistungsempfänger der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist, wenn ein enger Sachzusammenhang zu den vom Träger wahrzunehmenden Sachaufgaben besteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. April 2009, a. a. O., jeweils Rdnr. 14 ff., m. w. N.; vgl. hierzu die kritische Anmerkung von Münker, jurisPR-SozR 11/2010 Anm. 5). Diese Entscheidung ist nicht unumstritten geblieben. Neben einigen Landessozialgerichten, die sich dieser Entscheidung angeschlossen haben (vgl. z. B. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Oktober 2009 – L 5 KA 38/09 B ER – NZS 2010, 237 = juris Rdnr. 8; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Juli 2013 – L 7 AS 695/13 B – NZS 2013, 911 = juris Rdnr. 9), haben sich etliche Landessozialgerichte und Oberverwaltungsgerichte auch dagegen positioniert (vgl. z. B. LSG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 2012 – L 4 AS 246/12 B – NDV-RD 2012, 118 = juris Rdnr. 3; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013 – L 4 AS 214/13 B – juris Rdnr. 3; LSG Hamburg, Beschluss vom 15. Juli 2013 – L 4 AS 175/13 B – juris Rdnr. 3; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014 – L 19 AS 2157/13 B – NZS 2010, 237 = juris Rdnr. 15; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 2011 – 16 E 174/11– NJW 2011, 2379 = juris Rdnr. 10 ff.; Hamb. OVG, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 3 So 119/13– NJW 2014, 1196 = juris Rdnr. 8 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 25. März 2013, a. a. O., Rdnr. 12 ff.; vgl. auch FG Münster, Beschluss vom 30. August 2010 – 14 K 3004/10– juris Rdnr. 4 f. [zum allgemeinen Verwaltungsrechtsweg für eine Klage gegen ein schriftliches Hausverbot des Vorstehers eines Finanzamts]; Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014 – L 3 AL 19/13 B – juris Rdnr. 11 ff. [zum Verwaltungsrechtsweg für eine Klage gegen das von einer Agentur für Arbeit gegenüber einem SGB II-Leistungsempfänger erteilte Hausverbot]). Trotz der auch im Schrifttum geäußerten Kritik (vgl. z. B. Hintz, in: Hintz/Lowe, SGG [2012], § 51 Rdnr 16; Ulmer, in: Hennig: Sozialgerichtsgesetz [31. Erg.-Lfg., Juni 2015], § 51 Rdnr. 51; Rennert, in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung [14. Aufl., 2014], § 40 Rdnr. 66) hat der 14. Senat des Bundessozialgerichtes mit zwei Beschlüssen vom 21. Juli 2014 an seiner Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten (vgl. BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/13 R – juris; BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/14 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 12 = NZS 2014, 918 = juris, jeweils Rdnr. 6 ff.; ebenso: Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, [2. Aufl., 2014], § 51 Rdnr. 44; vgl. hierzu die kritische Anmerkung von Reichel, jurisPR-SozR 1/2015 Anm. 5).
Dieser Meinungsstreit kann vorliegend jedoch wegen der Regelung in § 17a Abs. 5 GVG dahingestellt bleiben. Denn danach prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung über die Hauptsache entschieden und nicht nur über prozessuale Fragen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil die Klage zulässig war (1.) und das Sozialgericht zu Recht der Klage stattgegeben hat. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015 ist rechtswidrig (2.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG).
1. Die Klage war entgegen dem Einwand des Beklagten nicht verfristet.
Eine Klage ist gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Da der Widerspruchsbescheid am 1. April 2015 zur Post gegeben wurde, gilt er am 4. April 2015 als bekanntgegeben. Die Klagefrist begann mithin am 5. April 2015. Unerheblich für die Bekanntgabefiktion ist, dass dieser Tag ein Samstag war (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 – B 14 AS 12/09 R – SozR 4-1300 § 37 Nr. 1 = NJW 2011, 1099 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 11; Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 37 Rdnr. 12b m. w. N. [auch zum Streitstand]). Eine nach Monaten bestimmte Frist endet gemäß § 64 Abs. 2 SGG mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Dies war hier der 4. Mai 2015. Damit wurde die an diesem Tag beim Sozialgericht eingegangene Klage noch innerhalb der Monatsfrist erhoben.
Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass die Klagefrist auch gewahrt wäre, wenn mit dem Beklagten von einer Bekanntgabe des Widerspruchbescheides am 2. April 2015 ausgegangen würde. Dann hätte die einmonatige Klagefrist eigentlich am 2. Mai 2015 geendet. Da dieser Tag jedoch ein Samstag war, hätte gemäß § 64 Abs. 3 SGG die Klagefrist mit Ablauf des nächsten Werktags geendet, mithin ebenfalls am 4. Mai 2015, einem Montag.
2. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015 ist rechtswidrig, weil sowohl die Prognoseentscheidung zum möglichen Eintritt einer Störung des Dienstbetriebes fehlerhaft als auch die Entscheidung in Bezug auf die Erforderlichkeit, ein Hausverbot zu erlassen, und in Bezug auf die Dauer des ausgesprochenen Hausverbotes ermessensfehlerhaft ist.
a) Die Frage, welche formellen und materiellen Anforderungen an ein öffentlich-rechtliches Hausverbot gestellt werden, bestimmt sich nach der für den Einzelfall maßgebenden Rechtsgrundlage.
Die Rechtsgrundlagen für die Ausübung des Hausrechts in einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung und daraus folgend für den Ausspruch eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes finden sich nur selten in gesetzlichen Regelungen. So gibt es solche Regelungen in erster Linie für Parlamentspräsidenten (vgl. z. B. Artikel 40 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes [GG]; Artikel 47 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen vom 27. Mai 1992 [SächsGVBl. S. 243], zuletzt geändert durch das Gesetz vom 11. Juli 2013 [SächsGVBl. S. 502]), für Bürgermeister und Landräte als Vorsitzende des jeweiligen kommunalen Kollegialorgans (vgl. z. B. 38 Abs. 1 Satz 2 der Sächsischen Gemeindeordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 3. März 2014 [SächsGVBl. S. 146]), zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 29. April 2015 [SächsGVBl. S. 349]; § 34 Abs. 1 Satz 2 der Sächsischen Landkreisordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 3. März 2014 [SächsGVBl. S. 180], zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 29. April 2015 [SächsGVBl. S. 349]) oder für Schulleiter und für Rektoren von Hochschulen (vgl. z. B. § 42 Abs. 1 Satz 5 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004 [SächsGVBl. S. 298], zuletzt geändert durch Absatz 10 des Gesetzes vom 19. Mai 2010 [SächsGVBl. S. 142]; § 82 Abs. 2 Satz 1 des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes i. d. F. der Bekanntmachung vom 15. Januar 2013 [SächsGVBl. S. 3], zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 29. April 2015 [SächsGVBl. S. 349]).
In den Sozialgesetzbüchern finden sich keine das Hausrecht betreffenden Rechtsgrundlagen. Zwar ergibt sich unter anderem aus den Vorschriften über die Beratung (vgl. § 14 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]) und Antragstellung (vgl. § 16 SGB I) ein Anspruch auf mündliche Vorsprache zum Leistungsträger. Die Sozialgesetzbücher regeln jedoch die Sozialleistungsansprüche der Rechtssuchenden. Das Hausrecht der Behördenleitung als solches ist daher folgerichtig nicht in den Sozialgesetzbüchern geregelt (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014 – L 3 AL 19/13 B – juris Rdnr. 15 m. w. N.; LSG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 2012 – L 4 AS 246/12 B – NDV-RD 2012, 118 = juris Rdnr. 5; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013 – L 4 AS 214/13 B –juris Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014, – L 19 AS 2157/13 B – juris Rdnr. 14, m. w. N.).
Soweit keine ausdrückliche Regelung existiert, besteht Uneinigkeit, ob es einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedarf, und was als – gegebenenfalls ungeschriebene – Ermächtigungsgrundlage anzusehen ist (vgl. hierzu Müller, VR 2010, 152 [153 f.], Beaucamp, JA 2003, 231 [233 f.], jeweils auch mit Hinweisen zu den jeweiligen Gegenargumenten).
Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für den Erlass eines Hausverbotes durch einen Gerichtspräsidenten als Akt der Eingriffsverwaltung forderte der 9. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juli 1980 – 9 CS 80 A.268 – NJW 1980, 2722). Andernfalls müsse auf die Hilfe der Sicherheitsbehörden und Polizeidienststellen zurückgegriffen werden. Zum Teil wird nicht für das Hausverbot als solches, sondern nur für dessen Durchsetzung mit den Mitten des Verwaltungszwanges eine gesetzliche Grundlage als erforderlich erachtet (vgl. Knemeyer, VBlBW 1982, 251; weitere Nachweise bei Müller, VR 2010, 152 [153]).
Als Ermächtigungsgrundlage für Maßnahmen zur Durchsetzung des Hausrechtes wird verbreitet ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Grundsatz gesehen, wonach das Hausrecht als notwendiger Annex zur öffentlich-rechtlichen Sachkompetenz einer Behörde von deren Leiter kraft der ihm zustehenden Organisationsgewalt zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebs ausgeübt wird und der Ausspruch eines Hausverbots als präventive Maßnahme gegen künftige Störungen des Betriebsablaufs auch ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage möglich ist (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 1. April 2009 – B 14 SF 1/08 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 16, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 2012, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss vom 15. Juli 2013 – L 4 AS 175/13 B –juris Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014, a. a. O.; Weber, SGb 2008, 710 [712]; Zeiler, DVBl. 1981, 1000 [1003 f.]; so bereits OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 7; vgl. auch OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. April 1990 – 15 A 864/88 – DÖV 1990, 979 = juris Rdnr. 21 ff.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Mai 2011 – 16 E 174/11 – NJW 2011, 2379 = juris, jeweils Rdnr. 13). Zum Teil wird die Ermächtigungsgrundlage für das Hausrecht über eine Analogie zu ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen begründet (vgl. z. B. Beaucamp, JA 2003, 231 [234]). Im älteren Schrifttum wurde das Hausrecht im Gewohnheitsrecht verortet (vgl. die Nachweise bei Müller, VR 2010, 152 [154]).
Die im Zusammenhang mit der Ermächtigungsgrundlage für das Hausrecht an einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung stehenden Fragen müssen vorliegend nicht vertieft werden. Denn zum einen besteht trotz der unterschiedlichen Ansätze weitgehend Einvernehmen darüber, welche Anforderungen an ein öffentlich-rechtliches Hausverbot zu stellen sind. Zum anderen sind diese Fragen vorliegend nicht entscheidungserheblich, weil das konkret in Streit stehende Hausverbot unabhängig von diesen Fragen rechtswidrig ist.
b) In formeller Hinsicht sind wie bei jedem Verwaltungshandeln die Anforderungen in Bezug auf die Zuständigkeit, das Verfahren und die Handlungsform zu beachten.
(1) Die Zuständigkeit zur Ausübung des Hausrechtes bestimmt sich grundsätzlich nach normierten Zuständigkeitsregelungen. Diesbezüglich ist beispielhaft auf die bereits zitierten Regelungen für Parlamentspräsidenten, Bürgermeister und Landräte als Vorsitzende des jeweiligen kommunalen Kollegialorgans sowie Schulleiter und Rektoren von Hochschulen hinzuweisen.
In Fällen, in denen – wie vorliegend – keine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung gegeben ist, übt der Behördenleiter das Hausrecht für die jeweilige Behörde aus. Es kommt nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Dienstgebäude an. Die Zuständigkeit des Behördenleiters lässt sich aus einer Analogie zu den normierten Zuständigkeitsbestimmungen oder als organisatorische Konsequenz aus der Ermächtigungsgrundlage für das öffentlich-rechtliche Hausrecht herleiten.
Die Geschäfte der gemeinsamen Einrichtung führt, soweit durch Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist, gemäß § 44d Abs. 1 Satz 1 SGB II die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer hauptamtlich. Da diese Regelung auf das Organ der gemeinsamen Einrichtung als solches und nicht auf die zum Organ bestellte natürliche Peron abstellt, ist jedenfalls im Falle der Verhinderung des Geschäftsführers der von ihm bestellte Vertreter befugt, das Hausrecht auszuüben (vgl. die ausdrückliche Delegationsbefugnis in § 82 Abs. 2 Satz 2 SächsHSFG). Diesbezüglich stellte der Geschäftsführer des Beklagten im Antragsverfahren in seiner persönlichen Erklärung vom 7. Juli 2015 – von der Klägerseite unbestritten – dar, dass zum Zeitpunkt, als das Hausverbot gegenüber dem Kläger ausgesprochen wurde, er sich im Urlaub befand, seine Vertreterin arbeitsunfähig war und ein weiteres Mitglied der Geschäftsführung ebenfalls urlaubsbedingt abwesend war. Damit war Frau Krysiak, die das Hausverbot unterschrieb, als weiteres Mitglied der Geschäftsführung hierfür zuständig. Diese Angaben werden durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen, nämlich das Organigramm des Beklagten und die "Befugnisregelung für den inneren Dienstbetrieb – Entscheidungs-, Zeichnungs- und Anordnungsbefugnis" vom 10. Juli 2012 gestützt.
(2) Der Beklagte wählte für das Hausverbot zutreffend die Handlungsform des Verwaltungsaktes im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Denn es entspricht der ganz herrschenden Auffassung, dass ein Hausverbot ein belastender Verwaltungsakt ist (vgl. z. B BSG, Urteil vom 1. April 2009, a. a. O., Rdnr. 10; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 25 B 2208/97 – NJW 1998, 1425 = juris Rdnr. 10; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Oktober 2009, a. a. O., Rdnr. 9; Beaucamp, JA 2003, 231 [234]; Mißling, NdsVBl. 2008, 267 [270]; Zeiler, DVBl. 1981, 1000 [1002]).
Das Hausverbot hat einen doppelten Regelungsgehalt. Zum einen enthält es das Gebot, sich aus dem in der Hausverbotsreglung bezeichneten Bereich zu entfernen, zum anderen das Verbot, den Bereich wieder zu betreten (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 30. Juli 2008 – 4 E 1996/08 – NVwZ-RR 2009, 84 ff. = juris Rdnr. 3). Damit ist das Hausverbot ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 30. Juli 2008, a. a. O.), weil es sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot erschöpft, sondern ein auf Dauer gerichtetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [11. Aufl., 2014], Anhang § 54 Rdnr. 5c, m. w. N.).
Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, bei einem öffentlich-rechtlichen Hausverbot handle es sich um eine schlichte verwaltungsrechtliche Willenserklärung (vgl. Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [52 f.]), werden in verfahrensrechtlicher Hinsicht gleichwohl die Anforderungen wie bei einem Verwaltungsakt gestellt, zum Beispiel in Bezug auf die Anhörung (vgl. Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [54]).
(3) Der etwaige Mangel einer fehlenden Anhörung wurde jedenfalls im Widerspruchsverfahren geheilt.
Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem gemäß § 24 Abs. 1 SGB X Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine Anhörung des Klägers ist vor dem Erlass des Hausverbotes am 18. Februar 2015 nicht erfolgt.
Allerdings kann gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 SGB X von einer Anhörung abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Dieser Ausnahmetatbestand kann im Falle eines Hausverbotes insbesondere dann vorliegen, wenn mit Gewalttaten gedroht worden ist (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 – NWVBl 2014, 322 = juris Rdnr. 12). Die Entscheidung, ob nach Maßgabe von 24 Abs. 1 SGB X von einer Anhörung abgesehen werden soll, steht im Ermessen der zuständigen Behörde ("kann"). Maßstab dieser Entscheidung ist die Frage, ob Belange der Verwaltungspraktikabilität das Anhörungsinteresse des Bürgers derart überwiegen, dass es deswegen sachlich vertretbar ist, die Anhörung nicht durchzuführen (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991 – 4 RK 4/91 – BSGE 69, 247 ff. = SozR 3-1300 § 24 Nr. 4 = juris Rdnr. 18; Siefert, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 35 Rdnr. 19). Diese verfahrensrechtliche Ermessensentscheidung unterliegt hinsichtlich der in den Tatbeständen des § 24 Abs. 2 SGB X enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe der vollen gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991, a. a. O., m. w. N.), im Übrigen nur der Überprüfung auf Ermessensfehler (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Der Hausverbotsbescheid vom 18. Februar 2015 enthält keine Erwägungen zur Frage einer Anhörung. Er lässt bereits nicht erkennen, dass sich der Beklagte entweder der Pflicht zur Anhörung oder der Möglichkeit, von einer Anhörung im Rahmen einer Ermessensentscheidung absehen zu können, bewusst war (vgl. zu möglichen Erwägungen bei einer Ermessensausübung: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014, a. a. O.).
Zudem ist fraglich, ob überhaupt noch die Möglichkeit besteht, gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 SGB X von einer Anhörung abzusehen, wenn – wie vorliegend – zwischen dem das Hausverbot begründenden Ereignis und dem Ausspruch des Hausverbotes eine längere Zeit verstrichen ist.
Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn vorliegend wurde ein etwaiger Anhörungsmangel gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X im Widerspruchsverfahren geheilt. Der Bescheid vom 18. Februar 2015 enthielt alle wesentlichen Tatsachen, die es dem Kläger ermöglichten, qualifiziert Stellung zu nehmen (vgl. hierzu: Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 3 AS 579/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 52, m. w. N.).
Entsprechendes würde auch gelten, wenn mit Stimmen im Schrifttum (vgl. Beaucamp, JA 2003, 231 [234]; Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [54]; Müller, VR 2010, 152 [154]) zu fordern wäre, dass generell vor dem Erlass eines Hausverbotes eine vorherige Anhörung durchzuführen ist. Denn auch hier bestünde die Möglichkeit, einen Anhörungsmangel noch bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu heilen (vgl. § 41 Abs. 2 SGB X).
(4) Ein Hausverbot, das in der Form eines Verwaltungsaktes erlassen wird, muss gemäß § 3 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies erfordert, dass aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde regelt (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 30. August 2011 – B 4 RA 114/00 R – SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 RA 89/12 R – SozR 4-4200 § 11 Nr. 62 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 15; Sächs. LSG, Urteil vom 8. Mai 2014 – L 3 AS 518/12 – FEVS 66, 228 ff. = juris Rdnr. 33, m. w. N.). Diesbezüglich bestehen vorliegend keine Bedenken. Auch der Kläger hat keine entsprechenden Einwände vorgetragen (vgl. auch zum Bestimmtheitsgebot bei einem Hausverbot: OVG Lüneburg, Beschluss vom 23. Januar 2007 – 2 LA 692/06 – DVP 2007, 211 f. = juris Rdnr. 5 f.).
(5) Schließlich muss der ein Hausverbot enthaltende schriftliche Verwaltungsakt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit einer Begründung versehen sein. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X muss die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Die Begründung darf sich nicht auf allgemeine Ausführungen beschränken, sondern muss sich auf den Einzelfall beziehen.
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid mit dem Hausverbot nicht gerecht. Dies wird nachfolgend im Zusammenhang mit den Ausführungen zu den materiellen-rechtlichen Anforderungen an ein Hausverbot dargestellt. Denn die materiellen-rechtlichen Anforderungen stehen mit den formellen Anforderungen an die Bescheidbegründung und der Prüfungskompetenz des Gerichtes in einer Wechselbeziehung.
c) Das öffentlich-rechtliche Hausrecht dient nicht wie das privatrechtliche Hausrecht, das bei einer entsprechenden Rechtsstellung auch Behörden zustehen kann (vgl. BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/14 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 12 = NZS 2014, 918 = juris, jeweils Rdnr. 10), der Abwehr von Beeinträchtigungen des Eigentums oder Besitzes, sondern, wie die Entscheidungen zur Ermächtigungsgrundlage zeigen, der Gewährleistung und Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 1. April 2009 – B 14 SF 1/08 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 16, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 2012 – L 4 AS 246/12 B – NDV-RD 2012, 118 = juris Rdnr. 5; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013 – L 4 AS 214/13 B –juris Rdnr. 5; LSG Hamburg, Beschluss vom 15. Juli 2013 – L 4 AS 175/13 B –juris Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014, a. a. O.). Darüber hinaus dient es vor dem Hintergrund der arbeits- und dienstrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder Dienstherrn dem Schutz der Mitarbeiter vor verbalen und körperlichen Angriffen (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015 –2 V 50/15 – juris Rdnr. 16; Beaucamp, JA 2003, 231 [234]; Müller, VR 2010, 152 [154]). Schließlich besteht eine Fürsorgepflicht gegenüber Personen, die die Behörde oder öffentliche Einrichtung im Rahmen von deren Widmungszweck (vgl. z. B. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 9 [Bibliotheksbenutzer]; VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015, a. a. O.) oder aus sonstigen Gründen (vgl. z. B. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Oktober 1988, a. a. O., [ein im Bibliotheksgebäude handwerklich tätiger Auszubildender]) aufsuchen.
Das öffentlich-rechtliche Hausrecht umfasst das Recht, zur Wahrung der Zweckbestimmung einer öffentlichen Einrichtung und insbesondere zur Abwehr von Störungen des Dienstbetriebes über den Aufenthalt von Personen in den Räumen der Einrichtung zu bestimmen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 29. November 1989 – 6 TH 2982/89 – NJW 1990, 1250 = juris Rdnr. 3, m. w. N.; vgl. auch OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 7; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 –juris Rdnr. 3).
Daraus leiten sich verschiedene Anforderungen an die materielle Rechtmäßigkeit eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes ab. Zunächst setzt der Erlass eines Hausverbotes eine nachhaltige Störung des Dienstbetriebes voraus. Inwiefern der Dienstbetrieb betroffen sein kann, bestimmt sich nach dem Widmungszweck der jeweiligen Behörde oder öffentlichen Einrichtung. Sodann steht die Entscheidung, ob auf die Störung des Dienstbetriebes hin ein Hausverbot ausgesprochen und wie es gegebenenfalls ausgestaltet werden soll, im Ermessen des Inhabers des Hausrechts (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 29. November 1989 – 6 TH 2982/89 – NJW 1990, 1250 = juris Rdnr. 5; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 19 B 1473/05 – NWVBl 2006, 101 = juris Rdnr. 11; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 2 ME 167/10 – NJW 2010, 2905 = juris Rdnr. 6; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Oktober 2010 – OVG 10 B 2.10 – juris Rdnr. 58; Müller, VR 2010, 152 [154, m. w. N.]; vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5. September 2012 – 3 B 232/12 – LKRZ 2012, 457 ff. = juris Rdnr. 16). Hierbei ist zum einen das Willkürverbot zu beachten, das heißt der Hausrechtsinhaber muss sich bei seiner Entscheidung von sachgerechten Erwägungen leiten lassen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Oktober 1999 – 16 B 1677/99– juris Rdnr. 16). Insoweit bestehen vorliegend keine Bedenken. Zum anderen muss dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 29. November 1989 – 6 TH 2982/89 – NJW 1990, 1250 = juris Rdnr. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. September 1993 – 9 S 804/93 – juris Rdnr. 15; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 2 ME 167/10 – NJW 2010, 2905 = juris Rdnr. 15; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 f. = juris Rdnr. 19; Beaucamp, JA 2003, 231 [234, m. w. N.]; Müller, VR 2010, 152 [154, m. w. N.]).
Für das Begründungserfordernis aus § 35 Abs. 1 SGB X folgt daraus, dass die Begründung des Hausverbotes, wenn – wie vorliegend – mit dem Hausverbot darauf abgezielt wird, eine zukünftige Störung des Dienstbetriebes zu verhindern, Angaben zu mindestens folgenden Punkten enthalten muss (ähnlich: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 – 7 B 10104/05 – juris Rdnr. 9): 1. Es müssen die Tatsachen zur bisherigen Störung des Dienstbetriebes mitgeteilt werden. 2. Es muss dargelegt werden, aus welchen Gründen in Zukunft wieder mit einer Störung zu rechnen ist. 3. Es muss dargelegt werden, welche Erwägungen für die Ausgestaltung des Hausverbotes in der konkreten Form (unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit) maßgebend waren.
Der gerichtlichen Prüfung unterliegen die Tatsachenfeststellungen und die rechtlichen Bewertungen des Behördenleiters in vollem Umfang. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Prognoseentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 7 AL 18/99 R – SozR 3-4100 § 36 Nr. 5 = juris Rdnr. 18), die der Behördenleiter bezüglich der Wiederholungsgefahr zu treffen hat. Das Stellen einer Prognose ist die Feststellung einer hypothetischen Tatsache; die Prüfung, ob der festgestellte Sachverhalt den Schluss auf die hypothetische Tatsache erlaubt, gehört zur Beweiswürdigung (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 1987 – 11b RAr 7/86 – SozR 4100 § 44 Nr. 7 = juris Rdnr. 13, m. w. N.; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, a. a. O., Rdnr. 2018). Sachgerechte Prognosen beruhen in der Regel auf erhobenen Daten und Fakten und damit auf Erkenntnissen der Vergangenheit, auf deren Basis unter Berücksichtigung zu erwartender Veränderungen eine Vorausschau für die Zukunft getroffen wird (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R – SozR 4-5425 § 3 Nr. 3 = juris, jeweils Rdnr. 24). Diese prognostische Einzelbeurteilung ist tatsächlichen Feststellungen im gerichtlichen Verfahren mit gleicher Sicherheit zugänglich wie im Verwaltungsverfahren (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, a. a. O.). Ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum der zuständigen Behörde besteht nicht (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014, a. a. O., jeweils Rdnr. 31). Die Gerichte haben insbesondere zu prüfen, ob die Grundlagen für die Prognose richtig festgestellt und alle in Betracht kommenden Umstände hinreichend und sachgerecht gewürdigt sind (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014, a. a. O.). Hingegen ist die Prüfungskompetenz des Gerichtes in Bezug auf die Teile der Hausverbotsentscheidung, hinsichtlich derer dem Behördenleiter ein Ermessensspielraum zusteht, eingeschränkt. Das Gericht prüft hier nur, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermessensregelung vorliegen und ob die Ermessensausübung rechtmäßig war, das heißt weder ein Ermessensnichtgebrauch noch eine Ermessensüberschreitung oder -unterschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch vorlag (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], § 54 Rdnr. 27, 28)
Dies zugrunde gelegt ergibt sich für das gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot Folgendes:
(1) Der Widmungszweck eines Jobcenters (vgl. § 6d SGB II) besteht zum einen darin, wie jeder andere Leistungsträger seine Verpflichtungen nach Maßgabe der §§ 13 bis 16 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) in Bezug auf Aufklärung, Beratung, Auskunft und Antragstellung zu erfüllen. Zum anderen ist er verpflichtet, Leistungsberechtigte und sonstige Personen, die sich wegen einer Angelegenheit nach dem SGB II an ihn wenden, zu betreuen (ähnlich: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 – juris Rdnr. 5). Diese Widmungszwecke setzen voraus, dass ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb des Jobcenters und insbesondere die Sicherheit der im Jobcenter tätigen Mitarbeiter sowie von Besucher gewährleistet ist (vgl. für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014, a. a. O.).
(2) Eine Störung des Dienstbetriebes, der mit einem Hausverbot begegnet werden soll, kann gegenwärtig oder – in der Regel – zukünftig sein. In letzterem Fall muss mit einer Wiederholung der Störung oder bei einer Drohung mit der Verwirklichung des angedrohten Verhaltens zu rechnen sein (zur Frage, ob eine abstrakte Störung des Dienstbetriebes [hier: Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz] für den Erlass eines Hausverbotes ausreichend ist: Hess. VGH, Beschluss vom 29. November 1989 – 6 TH 2982/89 – NJW 1990, 1250 = juris Rdnr. 4, m. w. N.).
Das Merkmal der Störung erfährt allerdings eine Einschränkung dahingehend, dass die Störung nachhaltig sein muss (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 – 7 B 10104/05 – juris Rdnr. 9; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 f. = juris Rdnr. 19). Zum Teil wird auch formuliert, dass der Dienstbetrieb oder die Sicherheit von Mitarbeitern oder Besuchern in schwerem Maße beeinträchtigt sein muss (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 –juris Rdnr. 5), oder dass es zu massiven Störungen gekommen sein muss (vgl. Müller, VR 2010, 152 [154]). Diese Einschränkung ist Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Denn eine Behörde ist grundsätzlich verpflichtet, auch mit aus ihrer Sicht schwierigen Besuchern zurechtkommen und ihnen das ungehinderte Vortragen ihrer Anliegen zu ermöglichen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005, a. a. O.; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010, a. a. O.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014, a. a. O.).
Wann eine nachhaltige Störung in diesem Sinne gegeben ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Eine nachhaltige Störung wurde zum Beispiel bejaht, wenn Bedienstete beleidigt wurden oder der Besucher in nicht hinnehmbarer Weise aggressiv reagierte (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005, a. a. O.; VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015 –2 V 50/15 – juris Rdnr. 16). Auch wenn ein Leistungsempfänger die Dienststelle und seine Fallmanagerin über das übliche Maß hinaus mit persönlichen Vorsprachen in Anspruch nimmt, weil er fordert, die Dienststelle täglich aufsuchen und telefonische Erstkontakte über die Telefonanlage der Dienststelle ausführen zu können, soll dies ein Hausverbot rechtfertigen (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010, a. a. O.). Demgegenüber reicht eine geringfügige und erstmalige Störung nicht aus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. August 1994 – 9 S 732/92 – NVwZ-RR 1995, 88 = juris Rdnr. 29 [Überziehen der Nutzungszeit eines für eine Veranstaltung überlassenen Raumes einer Hochschule]).
Eine nachhaltige Störung des Dienstbetriebes in diesem Sinne ist unter anderem gegeben, wenn eine Person oder mehrere Personen mit Schaden an Leib oder Leben bedroht werden. Der erkennende Senat geht auf der Grundlage der vorliegenden Akten davon aus, dass dies hier der Fall war, und dass sich die dem Kläger zur Last gelegten Vorkommnisse am 7. Januar 2015 so zugetragen haben, wie sie vom Zeugen M F in seiner Meldung festgehalten wurden. Außer dem Bestreiten des Klägers gibt es keine Gesichtspunkte, die erklären könnten, weshalb der Zeuge F die Meldung mit einer konkreten, den Kläger belastenden Tatbeschreibung verfasst haben könnte. Die "Macheten-Äußerung" des Klägers konnte sowohl vom Zeugen F als auch von Dritten als Bedrohung verstanden werden. Im strafrechtlichen Sinne erfüllt den Straftatbestand des Bedrohung, wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht (vgl. § 241 Abs. 1 StGB), oder wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, dass die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe (vgl. § 241 Abs. 2 StGB). Dass die Staatsanwaltschaft D von einer strafrechtlichen Verfolgung des Klägers absah, steht der Annahme einer nachhaltigen Störung des Dienstbetriebes nicht entgegen (vgl. auch VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015, a. a. O.). Denn während die Strafverfolgung die Sanktionierung strafrechtsrelevanten Verhaltens bezweckt, dient ein öffentlich-rechtliches Hausverbot dazu, eine aktuelle Störung zu beseitigen oder eine zukünftige Störung zu verhindern. Bei der "Macheten-Äußerung" handelte es sich auch nicht lediglich um ein möglicherweise zu vernachlässigendes linguistisches Missverständnis (so die Einlassung der Antragstellerin in Bay. LSG, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 CE 03.1294 – BayVBl 2003, 692 f. =NVwZ-RR 2004, 185 f. = juris Rdnr. 18 zur Äußerung "Wenn ihr ein zweites Erfurt wollt, so könnt ihr es haben"). Vielmehr war die Äußerung des Klägers bei objektiver Betrachtungsweise so zu verstehen, dass er einen Angriff auf die körperliche Unversehrtheit von Menschen androhte oder zumindest als möglich in Aussicht stellte.
Einer Beweisaufnahme zu den Vorkommnissen am 7. Januar 2015 bedurfte es allerdings nicht, weil sich der angefochtene Bescheid, auch wenn die Darstellungen des Beklagten zugrunde gelegt werden, als rechtswidrig erweist.
(3) Denn der Beklagte durfte zwar, ausgehend von der von ihm festgestellten Störung des Dienstbetriebes durch den Kläger, dem Grunde nach davon ausgehen, dass eine weitere nachhaltige Störung durch den Kläger eintreten werde. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang allerdings im Widerspruchsbescheid feststellte, der Kläger bleibe "mit seinen Verbaldrohungen auch uneinsichtig", lässt sich aus der Bescheidbegründung nicht erkennen, woraus der Beklagte diesen Schluss zog. Denn nach dem 7. Januar 2015 legte der Kläger nur Widerspruch gegen den Hausverbotsbescheid ein. Dass er hierbei fordernd auftrat, beinhaltet weder neue Drohungen noch rechtfertigt dies den Vorwurf der Uneinsichtigkeit. Verhaltensweisen des Klägers aus der Vergangenheit, die den Schluss auf seine Uneinsichtigkeit zulassen könnten (vgl. hierzu Bay. LSG, Beschluss vom 23. Juni 2003, a. a. O.), legte der Beklagte nicht dar.
Gleichwohl muss bei einer Äußerung, die bei objektiver Betrachtung als Drohung mit einer Gewalttat angesehen werden kann, nicht zugewartet werden, ob die angedrohte Gewalttat in die Tat umgesetzt werden soll. Vielmehr kann – dem Zweck eines Hausverbotes entsprechend – präventiv ein Hausverbot zur Verhinderung einer zu erwartenden nachhaltigen Störung ausgesprochen werden. Für die Prognose, mit welcher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass die Androhung einer Gewalttätigkeit in die Tat umgesetzt wird, sind zum einen insbesondere die Ernsthaftigkeit der ausgesprochenen Drohung, die Umstände, unter denen die Äußerung getätigt wurde, und die Persönlichkeit des Drohenden zu beurteilen. Zum anderen können aber auch über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Erkenntnisse und Erfahrungssätze herangezogen werden. Beispielhaft ist diesbezüglich auf den Abschlussbericht der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zur "abba"-Studie (Arbeitsbelastungen und Bedrohungen in Arbeitsgemeinschaften nach Hartz IV, veröffentlicht unter http://www.dguv.de/medien/inhalt/presse/2011/Q2/abba/abba abschlussbericht. pdf) aus dem Jahr 2011 zu verweisen. Danach stellten massive Übergriffe wie Bedrohung, körperliche Angriffe oder sexuelle Aggression Ausnahmen im beruflichen Alltag der Jobcentermitarbeiter dar. Die Befragten gaben bei der Zweitbefragung im Frühjahr 2010 an, einmal im Jahr massive Gewalt zu erleben, wobei die Mitarbeiter der Leistungsabteilung in höherem Maße betroffen waren als die der Vermittlungsabteilung (vgl. S. 33 der Studie). Wenn diese Ergebnisse der Studie auf die Gesamtzahl der Mitarbeiter eines Jobcenters umgerechnet werden, ergibt dies ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential für Mitarbeiter und Besucher von Jobcentern. Dass es sich hierbei nicht nur um eine abstrakte Gefahrenlage handelt, zeigen die körperlichen Angriffe auf Jobcentermitarbeiter mit zum Teil tödlichem Ausgang (vgl. die Nachweise z. B. bei DIE WELT vom 23. Mai 2011, Jeder vierte Jobcenter-Mitarbeiter angegriffen [http://www.welt.de/13389703] und dem Aufruf des Deutschen Beamtenbundes zur Schweigeminute am 13. Januar 2015 [www.dbb.de/teaserdetail/artikel/gewalt-gegen-beschaeftigte-der-jobcenter-und-arbeitsagenturen-schweigeminute-fuer-opfer.html]).
Jedoch müssen bei einer Prognoseentscheidung, wie hier zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer neuen nachhaltigen Störung des Dienstbetriebes, alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit einer Prognoseentscheidung ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, das heißt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 7 AL 18/99 R – SozR 3-4100 § 36 Nr. 5 = juris, jeweils Rdnr. 19 [auch zum Sonderfall der gerichtlichen Prüfung einer Misserfolgsprognose des Abschlusses einer Bildungsmaßnahme]; BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R – SozR 4-5425 § 3 Nr. 3 = juris, jeweils Rdnr. 28 ff.).
Vorliegend stellte der Beklagte nicht alle Grundlagen für die Prognose fest, mit der Folge, dass er nicht alle in Betracht kommenden Umstände hinreichend würdigte. Denn er ließ nicht nur den Zeitraum vom 18. Februar 2015 (Erlass des Hausverbotes) bis zum 31. März 2015 (Erlass des Widerspruchsbescheides) außer Acht, sondern insbesondere auch den Zeitraum von sechs Wochen von der Drohung am 7. Januar 2015 bis zum Erlass des Hausverbotes am 18. Februar 2015. Für die Prognose der Wiederholung einer Störung oder des Eintritts einer neuen Störung ist aber neben anderen Aspekten auch der gesamte Zeitraum bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen. Wie sich die Berücksichtigung dieses Zeitraumes auf die Prognose einer Wiederholungsgefahr oder einer Gefahr, dass eine Drohung realisiert werden könnte, auswirkt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Im Falle des hier streitgegenständlichen Hausverbotes hätte der Beklagte in die Bewertung der Störungsprognose unter anderem einstellen müssen, dass der Kläger nach den Vorkommnissen am 7. Januar 2015 bis zum Erlass des Hausverbotes nicht mehr auffällig geworden ist. Diesem Umstand kommt insbesondere deshalb Bedeutung zu, weil es in diesen sechs Wochen noch kein (für sofort vollziehbar erklärtes) Hausverbot gab, der Kläger also nicht nur tatsächlich sondern auch aus Rechtsgründen nicht gehindert war, die Räumlichkeiten des Beklagten wieder aufzusuchen. Dieser Umstand wäre im Rahmen der für die Prognose anzustellenden Gesamtbeurteilung geeignet gewesen, die Waagschale zugunsten des Klägers zu neigen. Eine für ihn günstige Prognoseentscheidung musste allerdings sein unauffälliges Verhalten nach dem 7. Januar 2015 allein nicht zur Folge haben.
(4) Die fehlende Berücksichtigung insbesondere des sechswöchigen Zeitraums vom 7. Januar 2015 bis zum Erlass des Hausverbotes am 18. Februar 2015 wirkt sich nicht nur nachteilig auf die Prognoseentscheidung aus, sondern auch auf die Ermessensentscheidung des Beklagten, ein Hausverbot auszusprechen.
Zwar begegnet die Ausgestaltung des Hausverbotes dahingehend, dass der Kläger auf schriftlichen und telefonischen Kontakt zum Beklagten verwiesen und ein persönlicher Kontakt nur auf Einladung durch den jeweiligen Sachbearbeiter ermöglicht wird, grundsätzlich keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. hierzu auch Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 f. = juris; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 – juris), wenn Störungen in Form von tätlichen Übergriffen auf Mitarbeiter oder Besucher einer Behörde verhindert werden sollen.
Der Ermessensentscheidung über das "Wie" eines Hausverbotes geht allerdings die Ermessensentscheidung über das "Ob" eines Hausverbotes voraus. Diese Ermessensentscheidung ist am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Danach ist eine Entscheidung oder Maßnahme verhältnismäßig, wenn sie zu dem verfolgten Zweck nicht außer Verhältnis steht, wenn sie also dafür geeignet, erforderlich und dem Betroffenen zumutbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 – 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 – BVerfGE 80, 1 [24] = NVwZ 1989, 850 [851] = juris Rdnr. 67, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 20. November 2014 – 1 BvR 977/14 – NVwZ 2015, 431 = juris Rdnr. 14).
Vorliegend leidet die Ermessensentscheidung über das "Ob" des Hausverbotes daran, dass der Beklagte nicht alle entscheidungserheblichen Fakten in seine Ermessensabwägung eingestellt hat. Trotz des Gewichtes der ausgesprochenen Drohung durfte der Umstand, dass es nach dem 7. Januar 2015 zu keinen weiteren Vorkommnissen kam, nicht unberücksichtigt bleiben.
Darüber hinaus ist fraglich, ob das gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot zu dem Zeitpunkt, als es ausgesprochen wurde, das heißt sechs Wochen nach der Drohung, noch erforderlich war. Denn erforderlich ist eine Maßnahme nur, wenn es kein milderes, gleich geeignetes Mittel gibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 – 1 BvL 4/00 – BVerfGE 116, 202 [225] = juris Rdnr. 97; Sachs, in: Sachs, in Sachs, Grundgesetz [7. Aufl., 2014], Art. 20 Rdnr. 152, m. w. N.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz [13. Aufl., 2014], Art. 20 Rdnr. 85, m. w. N.). Hier wäre beispielweise in Betracht zu ziehen gewesen, gegenüber dem Kläger nur eine Verwarnung auszusprechen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. August 1994 – 9 S 732/92 – juris Rdnr. 29). Denn mit zunehmendem zeitlichem Abstand des Erlasses eines Hausverbotes von dem das Hausverbot auslösenden Ereignis verringert sich die Dringlichkeit und Erforderlichkeit eines Hausverbotes. Dies gilt jedenfalls dann, wenn in der Zwischenzeit keine weiteren Vorkommnisse eingetreten sind und die Bearbeitungsdauer des Hausverbotsvorganges – wie vorliegend – in der Sphäre des Inhabers des Hausrechts liegt. Zudem ist der Inhaber des öffentlich-rechtlichen Hausrechtes verpflichtet, wegen der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung des Gebäudes besondere Anstrengungen zu unternehmen, um sich anbahnende oder bereits entstandene Konflikte zu überwinden (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 f. = juris Rdnr. 19).
(5) Schließlich fehlt dem angefochtenen Bescheid gänzlich eine Begründung zur Entscheidung über die Dauer des Hausverbots.
Im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist ein öffentlich-rechtliches Hausverbot regelmäßig zu befristen (vgl. Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [54]; zu einem unbefristeten Hausverbot für eine Gemeindebibliothek: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 10). Eine bestimmte Dauer oder auch nur eine Regeldauer für ein Hausverbot gibt es nicht. In der Rechtsprechung wurden Zeiträume von einem Jahr (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 = juris Rdnr. 2 [Jobcenter]; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 – juris [Jobcenter]), 18 Monaten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015 –2 V 50/15 – juris Rdnr. 17 [Jobcenter]) und 3 Jahren (Bay. VGH, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 CE 03.1294 – NVwZ-RR 2004, 185 = juris Rdnr. 18 [Universitätsbibliothek]).
Maßgebend sind wie bei jeder Ermessensentscheidung die Umstände des Einzelfalles. In den Entscheidungsprozess sind unter anderem das Maß der zu erwartenden Störung, das bisherige Verhalten des Störers (vgl. hierzu Bay. LSG, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 CE 03.1294 – BayVBl 2003, 692 f. = NVwZ-RR 2004, 185 f. = juris Rdnr. 18) und die konkrete Ausgestaltung des Hausverbotes (völliges Hausverbot oder Hausverbot mit Maßgaben) einzustellen. Zu berücksichtigen ist aber auch, ob Zweck der öffentlichen Einrichtung eine Verwaltungsaufgabe ist, auf deren Wahrnehmung der Einzelne einen verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Anspruch hat, oder ob es sich nur um eine Einrichtung der allgemeinen Daseinsvorsorge wie eine Sport- oder Kultureinrichtung handelt. Schließlich sind etwaige rechtliche Vorgaben für den Kontakt mit der öffentlichen Einrichtung zu berücksichtigen (vgl. z. B. die Pflicht zur persönlichen Meldung nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – [SGB III]).
(6) Die Verpflichtung des Inhabers des Hausrechtes, eine Prognose zur Wiederholungsgefahr oder zur Verwirklichung einer Drohung vorzunehmen und eine Ermessensentscheidung über das "Ob" und "Wie" eines Hausverbotes zu treffen, entfällt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht in Fällen, in denen eine massive Störung des Dienstbetriebens eingetreten ist oder verhindert werden soll. In einem solchen Fall verringert sich allenfalls der Aufwand, das Hausverbot zu begründen.
Die vom Beklagten im Berufungsverfahren für seine Rechtsauffassung vorgetragene Begründung deutet im Übrigen darauf hin, dass ihm die Probleme, die Erforderlichkeit des Hausverbotes im konkreten Fall zu begründen, bewusst waren. Denn wenn er formuliert, dass "ganz klare Signale auszusenden" seien, und dass sich jemand, der sich wie der Kläger verhalte, "nicht mit Rücksicht rechnen" könne, rückt er damit den repressiven Charakter seiner Entscheidung in den Vordergrund. Damit kann aber kein öffentlich-rechtliches Hausverbot gerechtfertigt werden. Denn es ist unstreitig, dass ein Hausverbot nicht eine Sanktion für ein in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten ist, sondern eine präventive Maßnahme gegen künftige Störungen des Dienstbetriebes (vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014 – L 3 AL 19/13 B – juris Rdnr. 15; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013 – L 4 AS 214/13 B – juris Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014 – L 19 AS 2157/13 B – juris Rdnr. 14; Bay. VGH, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 CE 03.1294 – BayVBl 2003, 692 f. =NVwZ-RR 2004, 185 f. = juris Rdnr. 17; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 – 7 B 10104/05 – juris Rdnr. 9; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. Mai 2009 – 16 A 3375/07– juris Rdnr. 33; Beaucamp, JA 2003, 231 [234]; Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [54]; Mißling, NdsVBl. 2008, 267 [271]; Müller, VR 2010, 152 [154]). Wenn aber die Störungsprognose und die Ermessensentscheidung unterbleiben, ist das Hausverbot darauf beschränkt, eine in der Vergangenheit liegende Störung zu sanktionieren.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Höhl Schuler
II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Beklagte, ein Jobcenter, wendet sich gegen eine Entscheidung des Sozialgerichtes, mit der dieses einen Bescheid, mit dem der Beklagte ein Hausverbot gegen den Kläger ausgesprochen hat, aufgehoben hat.
Der Kläger, der vom Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bezog, betrat am 7. Januar 2015 gegen 11.50 Uhr den Empfangsbereich der Agentur für Arbeit P. In dem Gebäude befindet sich auch eine Dienststelle des Beklagten. Nach der von M F , einem Mitarbeiter eines in dem Gebäude tätigen, unter anderem mit Sicherheitsangelegenheiten befassten privaten Unternehmens, gefertigten Meldung habe der Kläger lautstark nach der Telefonnummer von G S , einer Mitarbeiterin, verlangt und sich über deren Anwesenheit erkundigt. Ein Sicherheitsmitarbeiter habe ihn aufgefordert, etwas mehr Ruhe zu bewahren. Beim Verlassen des Objektes habe der Kläger gesagt, dass er zwei Macheten habe und die Köpfe lautlos fallen würden. Dies habe er auch im BIZ (Berufsinformationszentrum) gegenüber A E geäußert. Als weiterer Sicherheitsmitarbeiter (SMA) ist auf der Meldung S U vermerkt.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2015 sprach der Beklagte gegenüber dem Kläger schriftlich ein Hausverbot für alle Räumlichkeiten des Beklagten für die Geschäftsstellen P , S , F und D aus. Dieses gelte ab sofort bis einschließlich 31. Dezember 2015. Die sofortige Vollziehung dieses Hausverbotes wurde angeordnet. Der Kläger wurde gebeten, zur zukünftigen Klärung seiner Anliegen den Postweg zu nutzen oder telefonisch einen Termin zu vereinbaren. In den vereinbarten Zeiträumen sei ihm das Betreten der Geschäftsstellen gestattet. Das Hausverbot wurde damit begründet, dass der Kläger mit seinem Verhalten erheblich die regulären Arbeitsabläufe des Beklagten gestört und sowohl Mitarbeiter des Beklagten als auch Kunden gefährdet habe. Ein störungsfreier und geordneter Dienstbetrieb liege im überwiegenden öffentlichen Interesse. Das Schreiben enthielt am Ende eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 erstattete der Beklagte Anzeige "wegen Bedrohung u. a." beim Polizeirevier P.
Der Kläger, der am 8. März 2015 A B bevollmächtigte, seine geschäftlichen Interessen in den Räumlichkeiten des Beklagten zu vertreten, legte mit Schreiben vom selben Tag Widerspruch ein. Er habe sich im Empfangsbereich der Agentur für Arbeit P erkundigt, ob P S , eine Mitarbeiterin des Arbeitgeberservices dieser Agentur für Arbeit, im Hause sei. Nachdem er bei ihr vorstellig geworden sei, habe er die Agentur für Arbeit ohne die behauptete Äußerung verlassen. Er verlange, das erteilte Hausverbot mit Wirkung vom 10. März 2015 aufzuheben. Sollte dies nicht geschehen, leite er weitere Maßnahmen ein. Darüber hinaus verlange er ein klärendes Gespräch mit den Personen, die die vorgenannte Behauptung geäußert hätten. Den Ort und die Zeit teile er noch gesondert mit. Sollte der Beklagte zu diesem klärenden Gespräch nicht bereit sein, leite er ebenfalls weitere Maßnahmen ein.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2015 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Ergänzend zum Schreiben vom 18. Februar 2015 führte er aus, dass das Hausverbot geeignet und verhältnismäßig sei. Dem Kläger blieben die Dienstleistungen des Beklagten nicht verwehrt, da die Behörde telefonisch über ein Servicecenter erreichbar sei. Viele Einzelanliegen könnten dort abschließend geklärt werden. Für eine persönliche Vorsprache bedürfe es einer Einladung durch den jeweiligen Sachbearbeiter. Der Widerspruchsbescheid wurde ausweislich des auf ihm angebrachten Postaufgabevermerks am 1. April 2015 zur Post gegeben.
Im Ermittlungsverfahren (polizeil. Vorgangs-Nr. 274/15/129400, späteres staatsanwaltschaftliches Az.: 150 Js 16963/15) war M F am 27. März 2015 vernommen worden. Er gab auf Frage an, dass er beim Kläger keine Macheten gesehen habe, und dass es zu keinen körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sei. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 16. März 2015 zum Vorwurf, eine Bedrohung im Sinne von § 241 des Strafgesetzbuches (StGB) begangen zu haben, gehört. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 30. März 2015 gab er an, am 7. Januar 2015 den Empfangsbereich der Agentur für Arbeit betreten zu haben. Alles andere entspreche nicht den Tatsachen. Auf die von der Staatsanwaltschaft veranlasste Nachfrage teilte der Beklagte mit Schreiben vom 28. Mai 2015 die Namen der für den Kläger in Leistungs- und Vermittlungsangelegenheiten zuständigen Mitarbeiter mit. G S und P S würden im Arbeitgeberservice in P arbeiten. Es sei nicht mehr nachzuvollziehen, wen der Kläger habe sprechen wollen. Am Wahrscheinlichsten sei P S. Diese sei am 7. Januar 2015 anwesend gewesen. Mit Verfügung vom 9. Juni 2015 stellte die Staatsanwaltschaft D (Zweigstelle P ) das Ermittlungsverfahren ein. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass "der Rechtsfrieden über den Lebenskreis d. Verletzten hinaus nicht gestört ist und die Strafverfolgung kein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit darstellt". Der Beklagte wurde auf den Privatklageweg verwiesen.
Bereits am 4. Mai 2015 hat der nunmehr anwaltlich vertretene Kläger Klage erhoben und die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 18. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015 (Az. S 36 AS 2337/15 ER) beantragt. Das Hausverbot basiere auf einem falschen Sachverhalt. Er, der Kläger, habe sich nach der Anwesenheit von P S erkundigt. Nachdem ihm dies bestätigt worden sei, habe er sie aufgesucht und seine Anliegen erledigt. Erst danach habe er das Gebäude verlassen. Die behaupteten Äußerungen habe er nicht getätigt. Die Entscheidung sei unverhältnismäßig. Die Vorkommnisse, die als Begründung für das Hauverbot dienten, seien nicht nachvollziehbar und belegbar. Es sei auch nicht zu erkennen, worauf die Annahme einer Wiederholungsgefahr beruhe. Es erschließe sich nicht, woraus sich ergebe, dass er, der Kläger, mit seinen Verbalandrohungen uneinsichtig bleibe. Das Hausverbot sei nicht verhältnismäßig. Das Gebot der Deeskalation stehe im Vordergrund. Störungen des Dienstbetriebes seien nicht ernsthaft zu erwarten gewesen, weil in den sechs Wochen bis zum Hausverbot keine Störungen des Dienstbetriebes durch den Kläger zu verzeichnen gewesen seien. Ein Gefährdungspotential könne nicht gesehen werden, weil der Beklagte nicht unverzüglich auf die Vorkommnisse reagiert habe. Außerdem sei das Hausverbot nicht wirksam ergangen, weil die Entscheidung nicht durch den Geschäftsführer oder einen anderen berechtigten Mitarbeiter autorisiert sei.
Der Kläger hat in der am 20. Mai 2015 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 4. Mai 2015 erneut bestritten, die ihm vorgeworfene Äußerung getätigt zu haben.
Im Antragsverfahren hat der Beklagte vorgetragen, dass bei der von Klägerseite mitgeteilten Zustellung des Widerspruchsbescheides am 2. April 2015 die Klageerhebung am 4. Mai 2015 verfristet sein dürfe. Weiter hat er unter anderem die Auffassung vertreten, dass kein Anordnungsgrund vorliege. Der Kläger könne die Dienstleistungen des Beklagten mit zumutbaren Einschränkungen nutzen. Seine Beschwer sei als gering zu betrachten. Es bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Der Glaubhaftmachung mit der eidesstattlichen Versicherung könne mit der Einvernahme von M F begegnet werden. Zu der in der Sicherheitsmeldung angegebenen G S hat der Beklagte mitgeteilt, dass P S gemeint sei. Sie sei dem Beklagter nach § 44g SGB II zugewiesen und im Team Arbeitgeberservice tätig. In diesem Team seien wegen der Einheitlichkeit des Arbeitsmarktes Mitarbeiter "beider Rechtskreise" tätig.
In Bezug auf die vom Sozialgericht aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit des Rechtsweges zur Sozialgerichtsbarkeit haben die Beteiligten auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichtes vom 1. April 2009 (Az. B 14 SF 1/08 R) und 21. Juli 2014 (Az. B 14 SF 1/14 R) hingewiesen. Die Klägerbevollmächtigte hat vorgetragen, dass "die Hinterfragung zu einem Vermittlungsangebot der Agentur für Arbeit bei der für den Arbeitgeber-Service zuständigen Mitarbeiterin" das Anliegen des Klägers gewesen sei. Es bestehe ein sachlicher Zusammenhang in Bezug auf den Leistungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten, als im Fall einer erfolgreichen Vermittlung der Leistungsanspruch gemindert oder ganz entfallen würde.
Das Sozialgericht hat im Antragsverfahren am 9. Juni 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt und dabei A E , M F und S U als Zeugen vernommen.
Mit Beschluss vom 16. Juni 2015 hat das Sozialgericht die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 18. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015 ausgesetzt. Hiergegen hat der Beklagte Beschwerde eingelegt (Az. L 3 AS 615/15 B ER).
Die Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 2. Juli 2015 abgewiesen. Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit sei gegeben. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Hausverbots hätten im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids nicht mehr vorgelegen. Es sei gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass dem Behördenleiter das Hausrecht zustehe. Dieses umfasse die Befugnis, zum Zweck der Gewährleistung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung zu ergreifen. Diese müssten angemessen und verhältnismäßig sein. Der Behördenleiter habe Ermessen auszuüben. Da der Beklagte nicht umgehend auf die Sicherheitsmeldung vom 7. Januar 2015 reagiert, sondern dem Kläger bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids vom 18. Februar 2015 uneingeschränkten Zutritt gewährt habe, sei im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit des Hausverbotes zu verneinen. Zwar sei ein überwiegendes öffentliches Interesse daran, dass die Aufgabenerfüllung einer Behörde störungsfrei und in geordnetem Dienstbetrieb erfolge, grundsätzlich auch bei einem einmaligen Handeln zu bejahen, wenn massive Drohungen erfolgten. Maßgebend sei der Einzelfall. Die Behörde habe eine Prognose zu treffen, ob mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einer Wiederholung einer Störung zu rechnen sei und so dann unter Berücksichtigung der Gesamtumstände eine Ermessensentscheidung über die zu ergreifenden Maßnahmen zu treffen. Bei der Frage, ob eine Wiederholungsgefahr gegeben sei, seien die Umstände des Einzelfalls und der Zeitraum, in welchem derartige Vorgänge nicht vorgefallen oder vorgefallen seien, heranzuziehen. Gemessen hieran sei die Prognose des Beklagten nicht ausreichend.
Der Beklagte hat gegen den Gerichtsbescheid am 8. Juli 2015 Berufung eingelegt. Es werde die Folgenabwägung des Sozialgerichtes gerügt. Die schutzwürdigen Interessen der Mitarbeiter auf Schutz ihrer Gesundheit und ihres Lebens überwögen die Interessen des Klägers an einem unkontrollierten Zugang der Behörde. Der Gerichtsbescheid lasse eine Beweiswürdigung der Zeugenaussagen vermissen. Im Interesse des Schutzes von Leib und Leben der Besucher und Mitarbeiter der Behörde sei auch nach dem Verstreichen von sechs Wochen zwischen dem Ereignis und dem Erlass des Bescheides das Hausverbot auszusprechen. Im Falle der Ankündigung von körperlicher Gewalt und der Bedrohung des Lebens seien weder Prognosen zur Wiederholungsgefahr vorzunehmen, noch Umstände des Einzelfalls zu würdigen, sondern ganz klare Signale auszusenden. Es bestehe eine Ermessensreduzierung auf Null. Wer sich so verhalte wie der Kläger könne nicht mit Rücksicht rechnen. Auch die verspätete Reaktion sei als Präventivmaßnahme in die Zukunft gerichtet angemessen gewesen.
Auf gerichtliche Anfrage im Beschwerdeverfahren hat der Beklagte mitgeteilt, dass in Bezug auf den Kläger Vorfälle von Bedeutung weder vor noch nach dem Vorfall am 7. Januar 2015 dokumentiert seien. Die Bearbeitungsdauer von sechs Wochen sei auf eine Personalveränderung und Organisationsmängel zurückzuführen. In Bezug auf die von der Klägerbevollmächtigten bestrittenen Wirksamkeit des Hausverbotes hat der Geschäftsführer des Beklagten in einer persönliche Erklärung mitgeteilt, dass er sich zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses in Urlaub befunden habe und seine Vertreterin arbeitsunfähig gewesen sei. Von den zwei weiteren Mitgliedern der Geschäftsführung sei eine urlaubsbedingt abwesend gewesen. Das zweite Mitglied sei vertretungsweis mit den Aufgaben des Geschäftsführers betraut gewesen.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 2. Juli 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichtes für zutreffend und tritt der Auffassung des Beklagten, im Falle der Ankündigung von körperlicher Gewalt und der Bedrohung des Lebens sei von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen, entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen, die Gerichtsakten zum Antragsverfahren Az. S 36 AS 2337/15 ER und zum Beschwerdeverfahren Az. L 3 AS 615/15 B ER, die beigezogene Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft D (Zweigstelle P ) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Sächsische Landessozialgericht ist für die Entscheidung über die Berufung zuständig.
Bei Gerichtsverfahren, die ein von einem Behördenleiter ausgesprochenes Hausverbot zum Gegenstand haben, ist stets zunächst zu prüfen (2.), ob der Rechtsweg zu der angerufenen Gerichtsbarkeit – vorliegend zu der Sozialgerichtsbarkeit – gegeben ist (vgl. z. B. § 51 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]; § 40 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], § 33 der Finanzgerichtsordnung [FGO], § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes [GVG], § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes [ArbGG]). Diese Prüfung wiederum setzt die Entscheidung darüber, ob das Hausrecht des Behördenleiters und das auf ihm beruhende Hausverbot dem öffentlichen Recht oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist, voraus (1.).
1. Die Abgrenzung zwischen Streitigkeiten nach dem öffentlichen Recht oder dem bürgerlichen Recht wurde, soweit es ein Hausverbot für ein Verwaltungsgebäude oder ein sonstiges öffentliches Gebäude betraf, nach unterschiedlichen Kriterien vorgenommen (vgl. hierzu z. B. die Darstellung bei Müller, VR 2010, 152 [152 f.]; Ehlers/Schneider, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO [28. Erg.-Lfg., März 2015], § 40 Rdnr. 328 ff.). So stellte beispielsweise der Bundesgerichtshof auf Art und Ausmaß der öffentlich-rechtlichen Zweckbindung ab (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1960 – V ZR 122/59 – BGHZ 33, 230 [] = NJW 1961, 308 f. = juris Rdnr. 17 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht beantwortete die Frage, ob das an einen Bürger gerichtete Verbot, ein Dienstgebäude zu betreten, eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Willenserklärung ist, im Einzelfall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände und des Zwecks des Hausverbots (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 1970 – VII C 80.67 – BVerwGE 35, 103 [106] = JZ 1971, 96 = juris Rdnr. 36, m. w. N.). Die Instanzrechtsprechung leitete daraus ab, dass es zur Abgrenzung auf den vom Besucher verfolgten Zweck ankomme (vgl. z. B. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juli 1980 – 9 CS 80 A.268 – NJW 1980, 2722 [2723]). Insbesondere im Schrifttum wurde die Auffassung vertreten, dass der Zweck des Hausrechtes in der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Ablaufes der Verwaltungstätigkeit liege und deshalb Hausverbote immer öffentlich-rechtlicher Natur seien (vgl. z. B. Ehlers, DÖV 1977, 739; weitere Nachweise bei Müller, VR 2010, 152 [153 FN 29] und Gursky, in: Staudinger, BGB [Neubearbeitung 2012], § 1004 Rdnr. 186).
Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschied im Beschluss vom 4. Juni 1974, der kein Hausverbot betraf, dass sich die Art einer Streitigkeit – öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich –, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses bestimmt, aus dem der Klaganspruch hergeleitet wird (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 4. Juni 1974 – GmS-OGB 2/73 – BSGE 37, 292 ff. = SozR 1500 § 51 Nr. 2 = NJW 1974, 2087 f. = juris Rdnr. 4). Diese Entscheidung wurde in einer Reihe weiterer Entscheidungen in den 1980er Jahren bestätigt (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 10. April 1986 – GmS-OGB 1/85 – BGHZ 97, 312 ff. = BVerwGE 74, 368 ff. = SozR 1500 § 51 Nr. 39 = NJW 1986, 2359 f. = juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 1/86 – BGHZ 102, 280 ff. = SozR 1500 § 51 Nr. 47 = NJW 1988, 2295 ff. = juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 2/86 – juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 3/86 – SozR 1500 § 51 Nr. 48 = NJW 1988, 2297 f. = juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 4/86 – juris Rdnr. 10; GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 5/86 – juris Rdnr. 8; GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1989 – GmS-OGB 1/88 – BGHZ 108, 284 = SozR 1500 § 51 Nr. 53 = NJW 1990, 1527 f. = juris Rdnr. 8; GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1989 – GmS-OGB 2/88 – BGHZ 108, 284 = SozR 1500 § 51 Nr. 53 = NJW 1990, 1527 f. = juris Rdnr. 9) und dahingehend präzisiert, dass es regelmäßig darauf ankommt, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen, und ob sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 1/86 – a. a. O., m. w. N.). Im Beschluss vom 10. Juli 1989 führte der Gemeinsame Senat aus, dass Streitigkeiten öffentlich-rechtlich sind, die aus einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung entstehen. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit könne aber auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Entscheidend sei die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstelle, und nicht, ob dieser sich auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage berufe (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1989, a. a. O., m. w. N.).
Diese Rechtsprechung legte der 14. Senat des Bundessozialgerichtes seinen Entscheidungen über den Rechtsweg für ein Rechtsschutzgesuch gegen das vom Geschäftsführer eines Jobcenters gegenüber einem Leistungsempfänger ausgesprochene Hausverbot zugrunde (vgl. BSG, Urteil vom 1. April 2009 – B 14 SF 1/08 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 9; BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/13 R – juris; BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/14 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 12 = NZS 2014, 918 = juris, jeweils Rdnr. 8). Im Urteil vom 1. April 2009 stellte er sodann fest, dass das Hausverbot durch einen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger nach der inzwischen ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur dann öffentlich-rechtlichen Charakter habe, wenn es dazu diene, (allgemein) die Erfüllung der staatlichen Aufgaben im Verwaltungsgebäude zu sichern beziehungsweise (konkret) die unbeeinträchtigte Wahrnehmung einer bestimmten staatlichen Sachkompetenz zu gewährleisten. Nur im Ausnahmefall könne die Maßnahme privatrechtlicher Natur sein, wenn die im Besitz oder Eigentum eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgers stehenden Räumlichkeiten allein zu fiskalischen Zwecken genutzt würden (vgl. BSG, Urteil vom 1. April 2009, a. a. O., Rdnr. 11, m. w. N.).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht kein Streit darüber, dass ein von einem Jobcenter gegenüber einem Leistungsempfänger ausgesprochenes Hausverbot öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl. die Nachweise bei Ehlers/Schneider, a. a. O., § 40 Rdnr. 331 FN 28).
Da der Kläger die Räumlichkeiten des Beklagten wegen sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten aufsuchte, die – jedenfalls auch – in den Aufgabenkreis des Beklagten fielen, ist das vom Beklagten ausgesprochene Hausverbot nach allen Ansätzen dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
Unabhängig davon ist vorliegend auch bereits deshalb eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben, weil der Beklagte das Hausverbot in der Handlungsform eines (formellen) Verwaltungsaktes aussprach (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 2; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 2011 – 16 E 174/11 – NJW 2011, 2379 = juris Rdnr. 5; OVG Bremen, Beschluss vom 25. März 2013 – 1 B 33/13 – juris Rdnr. 11, m. w. N.; Ehlers/Schneider, a. a. O., § 40 Rdnr. 328, m. w. N.). Denn da gemäß § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ein Verwaltungsakt zur Regelung eines Einzelfalles "auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" erlassen wird, berühmte sich der Beklagte jedenfalls einer öffentlich-rechtlichen Handlungsbefugnis.
2. Zu der sich hieran anschließenden Frage des Rechtsweges hat der 14. Senat des Bundessozialgerichtes im Urteil vom 1. April 2009 entschieden, dass für einen Rechtsstreit über ein Hausverbot für die Räume des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem Leistungsempfänger der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist, wenn ein enger Sachzusammenhang zu den vom Träger wahrzunehmenden Sachaufgaben besteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. April 2009, a. a. O., jeweils Rdnr. 14 ff., m. w. N.; vgl. hierzu die kritische Anmerkung von Münker, jurisPR-SozR 11/2010 Anm. 5). Diese Entscheidung ist nicht unumstritten geblieben. Neben einigen Landessozialgerichten, die sich dieser Entscheidung angeschlossen haben (vgl. z. B. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Oktober 2009 – L 5 KA 38/09 B ER – NZS 2010, 237 = juris Rdnr. 8; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Juli 2013 – L 7 AS 695/13 B – NZS 2013, 911 = juris Rdnr. 9), haben sich etliche Landessozialgerichte und Oberverwaltungsgerichte auch dagegen positioniert (vgl. z. B. LSG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 2012 – L 4 AS 246/12 B – NDV-RD 2012, 118 = juris Rdnr. 3; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013 – L 4 AS 214/13 B – juris Rdnr. 3; LSG Hamburg, Beschluss vom 15. Juli 2013 – L 4 AS 175/13 B – juris Rdnr. 3; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014 – L 19 AS 2157/13 B – NZS 2010, 237 = juris Rdnr. 15; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 2011 – 16 E 174/11– NJW 2011, 2379 = juris Rdnr. 10 ff.; Hamb. OVG, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 3 So 119/13– NJW 2014, 1196 = juris Rdnr. 8 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 25. März 2013, a. a. O., Rdnr. 12 ff.; vgl. auch FG Münster, Beschluss vom 30. August 2010 – 14 K 3004/10– juris Rdnr. 4 f. [zum allgemeinen Verwaltungsrechtsweg für eine Klage gegen ein schriftliches Hausverbot des Vorstehers eines Finanzamts]; Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014 – L 3 AL 19/13 B – juris Rdnr. 11 ff. [zum Verwaltungsrechtsweg für eine Klage gegen das von einer Agentur für Arbeit gegenüber einem SGB II-Leistungsempfänger erteilte Hausverbot]). Trotz der auch im Schrifttum geäußerten Kritik (vgl. z. B. Hintz, in: Hintz/Lowe, SGG [2012], § 51 Rdnr 16; Ulmer, in: Hennig: Sozialgerichtsgesetz [31. Erg.-Lfg., Juni 2015], § 51 Rdnr. 51; Rennert, in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung [14. Aufl., 2014], § 40 Rdnr. 66) hat der 14. Senat des Bundessozialgerichtes mit zwei Beschlüssen vom 21. Juli 2014 an seiner Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten (vgl. BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/13 R – juris; BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/14 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 12 = NZS 2014, 918 = juris, jeweils Rdnr. 6 ff.; ebenso: Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, [2. Aufl., 2014], § 51 Rdnr. 44; vgl. hierzu die kritische Anmerkung von Reichel, jurisPR-SozR 1/2015 Anm. 5).
Dieser Meinungsstreit kann vorliegend jedoch wegen der Regelung in § 17a Abs. 5 GVG dahingestellt bleiben. Denn danach prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung über die Hauptsache entschieden und nicht nur über prozessuale Fragen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil die Klage zulässig war (1.) und das Sozialgericht zu Recht der Klage stattgegeben hat. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015 ist rechtswidrig (2.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG).
1. Die Klage war entgegen dem Einwand des Beklagten nicht verfristet.
Eine Klage ist gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Da der Widerspruchsbescheid am 1. April 2015 zur Post gegeben wurde, gilt er am 4. April 2015 als bekanntgegeben. Die Klagefrist begann mithin am 5. April 2015. Unerheblich für die Bekanntgabefiktion ist, dass dieser Tag ein Samstag war (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 – B 14 AS 12/09 R – SozR 4-1300 § 37 Nr. 1 = NJW 2011, 1099 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 11; Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 37 Rdnr. 12b m. w. N. [auch zum Streitstand]). Eine nach Monaten bestimmte Frist endet gemäß § 64 Abs. 2 SGG mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Dies war hier der 4. Mai 2015. Damit wurde die an diesem Tag beim Sozialgericht eingegangene Klage noch innerhalb der Monatsfrist erhoben.
Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass die Klagefrist auch gewahrt wäre, wenn mit dem Beklagten von einer Bekanntgabe des Widerspruchbescheides am 2. April 2015 ausgegangen würde. Dann hätte die einmonatige Klagefrist eigentlich am 2. Mai 2015 geendet. Da dieser Tag jedoch ein Samstag war, hätte gemäß § 64 Abs. 3 SGG die Klagefrist mit Ablauf des nächsten Werktags geendet, mithin ebenfalls am 4. Mai 2015, einem Montag.
2. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015 ist rechtswidrig, weil sowohl die Prognoseentscheidung zum möglichen Eintritt einer Störung des Dienstbetriebes fehlerhaft als auch die Entscheidung in Bezug auf die Erforderlichkeit, ein Hausverbot zu erlassen, und in Bezug auf die Dauer des ausgesprochenen Hausverbotes ermessensfehlerhaft ist.
a) Die Frage, welche formellen und materiellen Anforderungen an ein öffentlich-rechtliches Hausverbot gestellt werden, bestimmt sich nach der für den Einzelfall maßgebenden Rechtsgrundlage.
Die Rechtsgrundlagen für die Ausübung des Hausrechts in einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung und daraus folgend für den Ausspruch eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes finden sich nur selten in gesetzlichen Regelungen. So gibt es solche Regelungen in erster Linie für Parlamentspräsidenten (vgl. z. B. Artikel 40 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes [GG]; Artikel 47 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen vom 27. Mai 1992 [SächsGVBl. S. 243], zuletzt geändert durch das Gesetz vom 11. Juli 2013 [SächsGVBl. S. 502]), für Bürgermeister und Landräte als Vorsitzende des jeweiligen kommunalen Kollegialorgans (vgl. z. B. 38 Abs. 1 Satz 2 der Sächsischen Gemeindeordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 3. März 2014 [SächsGVBl. S. 146]), zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 29. April 2015 [SächsGVBl. S. 349]; § 34 Abs. 1 Satz 2 der Sächsischen Landkreisordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 3. März 2014 [SächsGVBl. S. 180], zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 29. April 2015 [SächsGVBl. S. 349]) oder für Schulleiter und für Rektoren von Hochschulen (vgl. z. B. § 42 Abs. 1 Satz 5 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004 [SächsGVBl. S. 298], zuletzt geändert durch Absatz 10 des Gesetzes vom 19. Mai 2010 [SächsGVBl. S. 142]; § 82 Abs. 2 Satz 1 des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes i. d. F. der Bekanntmachung vom 15. Januar 2013 [SächsGVBl. S. 3], zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 29. April 2015 [SächsGVBl. S. 349]).
In den Sozialgesetzbüchern finden sich keine das Hausrecht betreffenden Rechtsgrundlagen. Zwar ergibt sich unter anderem aus den Vorschriften über die Beratung (vgl. § 14 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]) und Antragstellung (vgl. § 16 SGB I) ein Anspruch auf mündliche Vorsprache zum Leistungsträger. Die Sozialgesetzbücher regeln jedoch die Sozialleistungsansprüche der Rechtssuchenden. Das Hausrecht der Behördenleitung als solches ist daher folgerichtig nicht in den Sozialgesetzbüchern geregelt (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014 – L 3 AL 19/13 B – juris Rdnr. 15 m. w. N.; LSG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 2012 – L 4 AS 246/12 B – NDV-RD 2012, 118 = juris Rdnr. 5; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013 – L 4 AS 214/13 B –juris Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014, – L 19 AS 2157/13 B – juris Rdnr. 14, m. w. N.).
Soweit keine ausdrückliche Regelung existiert, besteht Uneinigkeit, ob es einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedarf, und was als – gegebenenfalls ungeschriebene – Ermächtigungsgrundlage anzusehen ist (vgl. hierzu Müller, VR 2010, 152 [153 f.], Beaucamp, JA 2003, 231 [233 f.], jeweils auch mit Hinweisen zu den jeweiligen Gegenargumenten).
Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für den Erlass eines Hausverbotes durch einen Gerichtspräsidenten als Akt der Eingriffsverwaltung forderte der 9. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juli 1980 – 9 CS 80 A.268 – NJW 1980, 2722). Andernfalls müsse auf die Hilfe der Sicherheitsbehörden und Polizeidienststellen zurückgegriffen werden. Zum Teil wird nicht für das Hausverbot als solches, sondern nur für dessen Durchsetzung mit den Mitten des Verwaltungszwanges eine gesetzliche Grundlage als erforderlich erachtet (vgl. Knemeyer, VBlBW 1982, 251; weitere Nachweise bei Müller, VR 2010, 152 [153]).
Als Ermächtigungsgrundlage für Maßnahmen zur Durchsetzung des Hausrechtes wird verbreitet ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Grundsatz gesehen, wonach das Hausrecht als notwendiger Annex zur öffentlich-rechtlichen Sachkompetenz einer Behörde von deren Leiter kraft der ihm zustehenden Organisationsgewalt zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebs ausgeübt wird und der Ausspruch eines Hausverbots als präventive Maßnahme gegen künftige Störungen des Betriebsablaufs auch ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage möglich ist (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 1. April 2009 – B 14 SF 1/08 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 16, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 2012, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss vom 15. Juli 2013 – L 4 AS 175/13 B –juris Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014, a. a. O.; Weber, SGb 2008, 710 [712]; Zeiler, DVBl. 1981, 1000 [1003 f.]; so bereits OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 7; vgl. auch OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. April 1990 – 15 A 864/88 – DÖV 1990, 979 = juris Rdnr. 21 ff.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Mai 2011 – 16 E 174/11 – NJW 2011, 2379 = juris, jeweils Rdnr. 13). Zum Teil wird die Ermächtigungsgrundlage für das Hausrecht über eine Analogie zu ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen begründet (vgl. z. B. Beaucamp, JA 2003, 231 [234]). Im älteren Schrifttum wurde das Hausrecht im Gewohnheitsrecht verortet (vgl. die Nachweise bei Müller, VR 2010, 152 [154]).
Die im Zusammenhang mit der Ermächtigungsgrundlage für das Hausrecht an einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung stehenden Fragen müssen vorliegend nicht vertieft werden. Denn zum einen besteht trotz der unterschiedlichen Ansätze weitgehend Einvernehmen darüber, welche Anforderungen an ein öffentlich-rechtliches Hausverbot zu stellen sind. Zum anderen sind diese Fragen vorliegend nicht entscheidungserheblich, weil das konkret in Streit stehende Hausverbot unabhängig von diesen Fragen rechtswidrig ist.
b) In formeller Hinsicht sind wie bei jedem Verwaltungshandeln die Anforderungen in Bezug auf die Zuständigkeit, das Verfahren und die Handlungsform zu beachten.
(1) Die Zuständigkeit zur Ausübung des Hausrechtes bestimmt sich grundsätzlich nach normierten Zuständigkeitsregelungen. Diesbezüglich ist beispielhaft auf die bereits zitierten Regelungen für Parlamentspräsidenten, Bürgermeister und Landräte als Vorsitzende des jeweiligen kommunalen Kollegialorgans sowie Schulleiter und Rektoren von Hochschulen hinzuweisen.
In Fällen, in denen – wie vorliegend – keine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung gegeben ist, übt der Behördenleiter das Hausrecht für die jeweilige Behörde aus. Es kommt nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Dienstgebäude an. Die Zuständigkeit des Behördenleiters lässt sich aus einer Analogie zu den normierten Zuständigkeitsbestimmungen oder als organisatorische Konsequenz aus der Ermächtigungsgrundlage für das öffentlich-rechtliche Hausrecht herleiten.
Die Geschäfte der gemeinsamen Einrichtung führt, soweit durch Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist, gemäß § 44d Abs. 1 Satz 1 SGB II die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer hauptamtlich. Da diese Regelung auf das Organ der gemeinsamen Einrichtung als solches und nicht auf die zum Organ bestellte natürliche Peron abstellt, ist jedenfalls im Falle der Verhinderung des Geschäftsführers der von ihm bestellte Vertreter befugt, das Hausrecht auszuüben (vgl. die ausdrückliche Delegationsbefugnis in § 82 Abs. 2 Satz 2 SächsHSFG). Diesbezüglich stellte der Geschäftsführer des Beklagten im Antragsverfahren in seiner persönlichen Erklärung vom 7. Juli 2015 – von der Klägerseite unbestritten – dar, dass zum Zeitpunkt, als das Hausverbot gegenüber dem Kläger ausgesprochen wurde, er sich im Urlaub befand, seine Vertreterin arbeitsunfähig war und ein weiteres Mitglied der Geschäftsführung ebenfalls urlaubsbedingt abwesend war. Damit war Frau Krysiak, die das Hausverbot unterschrieb, als weiteres Mitglied der Geschäftsführung hierfür zuständig. Diese Angaben werden durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen, nämlich das Organigramm des Beklagten und die "Befugnisregelung für den inneren Dienstbetrieb – Entscheidungs-, Zeichnungs- und Anordnungsbefugnis" vom 10. Juli 2012 gestützt.
(2) Der Beklagte wählte für das Hausverbot zutreffend die Handlungsform des Verwaltungsaktes im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Denn es entspricht der ganz herrschenden Auffassung, dass ein Hausverbot ein belastender Verwaltungsakt ist (vgl. z. B BSG, Urteil vom 1. April 2009, a. a. O., Rdnr. 10; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 25 B 2208/97 – NJW 1998, 1425 = juris Rdnr. 10; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Oktober 2009, a. a. O., Rdnr. 9; Beaucamp, JA 2003, 231 [234]; Mißling, NdsVBl. 2008, 267 [270]; Zeiler, DVBl. 1981, 1000 [1002]).
Das Hausverbot hat einen doppelten Regelungsgehalt. Zum einen enthält es das Gebot, sich aus dem in der Hausverbotsreglung bezeichneten Bereich zu entfernen, zum anderen das Verbot, den Bereich wieder zu betreten (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 30. Juli 2008 – 4 E 1996/08 – NVwZ-RR 2009, 84 ff. = juris Rdnr. 3). Damit ist das Hausverbot ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 30. Juli 2008, a. a. O.), weil es sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot erschöpft, sondern ein auf Dauer gerichtetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [11. Aufl., 2014], Anhang § 54 Rdnr. 5c, m. w. N.).
Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, bei einem öffentlich-rechtlichen Hausverbot handle es sich um eine schlichte verwaltungsrechtliche Willenserklärung (vgl. Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [52 f.]), werden in verfahrensrechtlicher Hinsicht gleichwohl die Anforderungen wie bei einem Verwaltungsakt gestellt, zum Beispiel in Bezug auf die Anhörung (vgl. Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [54]).
(3) Der etwaige Mangel einer fehlenden Anhörung wurde jedenfalls im Widerspruchsverfahren geheilt.
Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem gemäß § 24 Abs. 1 SGB X Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine Anhörung des Klägers ist vor dem Erlass des Hausverbotes am 18. Februar 2015 nicht erfolgt.
Allerdings kann gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 SGB X von einer Anhörung abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Dieser Ausnahmetatbestand kann im Falle eines Hausverbotes insbesondere dann vorliegen, wenn mit Gewalttaten gedroht worden ist (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 – NWVBl 2014, 322 = juris Rdnr. 12). Die Entscheidung, ob nach Maßgabe von 24 Abs. 1 SGB X von einer Anhörung abgesehen werden soll, steht im Ermessen der zuständigen Behörde ("kann"). Maßstab dieser Entscheidung ist die Frage, ob Belange der Verwaltungspraktikabilität das Anhörungsinteresse des Bürgers derart überwiegen, dass es deswegen sachlich vertretbar ist, die Anhörung nicht durchzuführen (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991 – 4 RK 4/91 – BSGE 69, 247 ff. = SozR 3-1300 § 24 Nr. 4 = juris Rdnr. 18; Siefert, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 35 Rdnr. 19). Diese verfahrensrechtliche Ermessensentscheidung unterliegt hinsichtlich der in den Tatbeständen des § 24 Abs. 2 SGB X enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe der vollen gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991, a. a. O., m. w. N.), im Übrigen nur der Überprüfung auf Ermessensfehler (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Der Hausverbotsbescheid vom 18. Februar 2015 enthält keine Erwägungen zur Frage einer Anhörung. Er lässt bereits nicht erkennen, dass sich der Beklagte entweder der Pflicht zur Anhörung oder der Möglichkeit, von einer Anhörung im Rahmen einer Ermessensentscheidung absehen zu können, bewusst war (vgl. zu möglichen Erwägungen bei einer Ermessensausübung: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014, a. a. O.).
Zudem ist fraglich, ob überhaupt noch die Möglichkeit besteht, gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 SGB X von einer Anhörung abzusehen, wenn – wie vorliegend – zwischen dem das Hausverbot begründenden Ereignis und dem Ausspruch des Hausverbotes eine längere Zeit verstrichen ist.
Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn vorliegend wurde ein etwaiger Anhörungsmangel gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X im Widerspruchsverfahren geheilt. Der Bescheid vom 18. Februar 2015 enthielt alle wesentlichen Tatsachen, die es dem Kläger ermöglichten, qualifiziert Stellung zu nehmen (vgl. hierzu: Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 3 AS 579/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 52, m. w. N.).
Entsprechendes würde auch gelten, wenn mit Stimmen im Schrifttum (vgl. Beaucamp, JA 2003, 231 [234]; Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [54]; Müller, VR 2010, 152 [154]) zu fordern wäre, dass generell vor dem Erlass eines Hausverbotes eine vorherige Anhörung durchzuführen ist. Denn auch hier bestünde die Möglichkeit, einen Anhörungsmangel noch bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu heilen (vgl. § 41 Abs. 2 SGB X).
(4) Ein Hausverbot, das in der Form eines Verwaltungsaktes erlassen wird, muss gemäß § 3 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies erfordert, dass aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde regelt (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 30. August 2011 – B 4 RA 114/00 R – SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 RA 89/12 R – SozR 4-4200 § 11 Nr. 62 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 15; Sächs. LSG, Urteil vom 8. Mai 2014 – L 3 AS 518/12 – FEVS 66, 228 ff. = juris Rdnr. 33, m. w. N.). Diesbezüglich bestehen vorliegend keine Bedenken. Auch der Kläger hat keine entsprechenden Einwände vorgetragen (vgl. auch zum Bestimmtheitsgebot bei einem Hausverbot: OVG Lüneburg, Beschluss vom 23. Januar 2007 – 2 LA 692/06 – DVP 2007, 211 f. = juris Rdnr. 5 f.).
(5) Schließlich muss der ein Hausverbot enthaltende schriftliche Verwaltungsakt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit einer Begründung versehen sein. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X muss die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Die Begründung darf sich nicht auf allgemeine Ausführungen beschränken, sondern muss sich auf den Einzelfall beziehen.
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid mit dem Hausverbot nicht gerecht. Dies wird nachfolgend im Zusammenhang mit den Ausführungen zu den materiellen-rechtlichen Anforderungen an ein Hausverbot dargestellt. Denn die materiellen-rechtlichen Anforderungen stehen mit den formellen Anforderungen an die Bescheidbegründung und der Prüfungskompetenz des Gerichtes in einer Wechselbeziehung.
c) Das öffentlich-rechtliche Hausrecht dient nicht wie das privatrechtliche Hausrecht, das bei einer entsprechenden Rechtsstellung auch Behörden zustehen kann (vgl. BSG, Beschluss vom 21. Juli 2014 – B 14 SF 1/14 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 12 = NZS 2014, 918 = juris, jeweils Rdnr. 10), der Abwehr von Beeinträchtigungen des Eigentums oder Besitzes, sondern, wie die Entscheidungen zur Ermächtigungsgrundlage zeigen, der Gewährleistung und Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 1. April 2009 – B 14 SF 1/08 R – SozR 4-1500 § 51 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 16, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 2012 – L 4 AS 246/12 B – NDV-RD 2012, 118 = juris Rdnr. 5; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013 – L 4 AS 214/13 B –juris Rdnr. 5; LSG Hamburg, Beschluss vom 15. Juli 2013 – L 4 AS 175/13 B –juris Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014, a. a. O.). Darüber hinaus dient es vor dem Hintergrund der arbeits- und dienstrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder Dienstherrn dem Schutz der Mitarbeiter vor verbalen und körperlichen Angriffen (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015 –2 V 50/15 – juris Rdnr. 16; Beaucamp, JA 2003, 231 [234]; Müller, VR 2010, 152 [154]). Schließlich besteht eine Fürsorgepflicht gegenüber Personen, die die Behörde oder öffentliche Einrichtung im Rahmen von deren Widmungszweck (vgl. z. B. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 9 [Bibliotheksbenutzer]; VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015, a. a. O.) oder aus sonstigen Gründen (vgl. z. B. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Oktober 1988, a. a. O., [ein im Bibliotheksgebäude handwerklich tätiger Auszubildender]) aufsuchen.
Das öffentlich-rechtliche Hausrecht umfasst das Recht, zur Wahrung der Zweckbestimmung einer öffentlichen Einrichtung und insbesondere zur Abwehr von Störungen des Dienstbetriebes über den Aufenthalt von Personen in den Räumen der Einrichtung zu bestimmen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 29. November 1989 – 6 TH 2982/89 – NJW 1990, 1250 = juris Rdnr. 3, m. w. N.; vgl. auch OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 7; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 –juris Rdnr. 3).
Daraus leiten sich verschiedene Anforderungen an die materielle Rechtmäßigkeit eines öffentlich-rechtlichen Hausverbotes ab. Zunächst setzt der Erlass eines Hausverbotes eine nachhaltige Störung des Dienstbetriebes voraus. Inwiefern der Dienstbetrieb betroffen sein kann, bestimmt sich nach dem Widmungszweck der jeweiligen Behörde oder öffentlichen Einrichtung. Sodann steht die Entscheidung, ob auf die Störung des Dienstbetriebes hin ein Hausverbot ausgesprochen und wie es gegebenenfalls ausgestaltet werden soll, im Ermessen des Inhabers des Hausrechts (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 29. November 1989 – 6 TH 2982/89 – NJW 1990, 1250 = juris Rdnr. 5; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 19 B 1473/05 – NWVBl 2006, 101 = juris Rdnr. 11; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 2 ME 167/10 – NJW 2010, 2905 = juris Rdnr. 6; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Oktober 2010 – OVG 10 B 2.10 – juris Rdnr. 58; Müller, VR 2010, 152 [154, m. w. N.]; vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5. September 2012 – 3 B 232/12 – LKRZ 2012, 457 ff. = juris Rdnr. 16). Hierbei ist zum einen das Willkürverbot zu beachten, das heißt der Hausrechtsinhaber muss sich bei seiner Entscheidung von sachgerechten Erwägungen leiten lassen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Oktober 1999 – 16 B 1677/99– juris Rdnr. 16). Insoweit bestehen vorliegend keine Bedenken. Zum anderen muss dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 29. November 1989 – 6 TH 2982/89 – NJW 1990, 1250 = juris Rdnr. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. September 1993 – 9 S 804/93 – juris Rdnr. 15; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 2 ME 167/10 – NJW 2010, 2905 = juris Rdnr. 15; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 f. = juris Rdnr. 19; Beaucamp, JA 2003, 231 [234, m. w. N.]; Müller, VR 2010, 152 [154, m. w. N.]).
Für das Begründungserfordernis aus § 35 Abs. 1 SGB X folgt daraus, dass die Begründung des Hausverbotes, wenn – wie vorliegend – mit dem Hausverbot darauf abgezielt wird, eine zukünftige Störung des Dienstbetriebes zu verhindern, Angaben zu mindestens folgenden Punkten enthalten muss (ähnlich: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 – 7 B 10104/05 – juris Rdnr. 9): 1. Es müssen die Tatsachen zur bisherigen Störung des Dienstbetriebes mitgeteilt werden. 2. Es muss dargelegt werden, aus welchen Gründen in Zukunft wieder mit einer Störung zu rechnen ist. 3. Es muss dargelegt werden, welche Erwägungen für die Ausgestaltung des Hausverbotes in der konkreten Form (unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit) maßgebend waren.
Der gerichtlichen Prüfung unterliegen die Tatsachenfeststellungen und die rechtlichen Bewertungen des Behördenleiters in vollem Umfang. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Prognoseentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 7 AL 18/99 R – SozR 3-4100 § 36 Nr. 5 = juris Rdnr. 18), die der Behördenleiter bezüglich der Wiederholungsgefahr zu treffen hat. Das Stellen einer Prognose ist die Feststellung einer hypothetischen Tatsache; die Prüfung, ob der festgestellte Sachverhalt den Schluss auf die hypothetische Tatsache erlaubt, gehört zur Beweiswürdigung (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 1987 – 11b RAr 7/86 – SozR 4100 § 44 Nr. 7 = juris Rdnr. 13, m. w. N.; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, a. a. O., Rdnr. 2018). Sachgerechte Prognosen beruhen in der Regel auf erhobenen Daten und Fakten und damit auf Erkenntnissen der Vergangenheit, auf deren Basis unter Berücksichtigung zu erwartender Veränderungen eine Vorausschau für die Zukunft getroffen wird (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R – SozR 4-5425 § 3 Nr. 3 = juris, jeweils Rdnr. 24). Diese prognostische Einzelbeurteilung ist tatsächlichen Feststellungen im gerichtlichen Verfahren mit gleicher Sicherheit zugänglich wie im Verwaltungsverfahren (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, a. a. O.). Ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum der zuständigen Behörde besteht nicht (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014, a. a. O., jeweils Rdnr. 31). Die Gerichte haben insbesondere zu prüfen, ob die Grundlagen für die Prognose richtig festgestellt und alle in Betracht kommenden Umstände hinreichend und sachgerecht gewürdigt sind (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014, a. a. O.). Hingegen ist die Prüfungskompetenz des Gerichtes in Bezug auf die Teile der Hausverbotsentscheidung, hinsichtlich derer dem Behördenleiter ein Ermessensspielraum zusteht, eingeschränkt. Das Gericht prüft hier nur, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermessensregelung vorliegen und ob die Ermessensausübung rechtmäßig war, das heißt weder ein Ermessensnichtgebrauch noch eine Ermessensüberschreitung oder -unterschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch vorlag (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], § 54 Rdnr. 27, 28)
Dies zugrunde gelegt ergibt sich für das gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot Folgendes:
(1) Der Widmungszweck eines Jobcenters (vgl. § 6d SGB II) besteht zum einen darin, wie jeder andere Leistungsträger seine Verpflichtungen nach Maßgabe der §§ 13 bis 16 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) in Bezug auf Aufklärung, Beratung, Auskunft und Antragstellung zu erfüllen. Zum anderen ist er verpflichtet, Leistungsberechtigte und sonstige Personen, die sich wegen einer Angelegenheit nach dem SGB II an ihn wenden, zu betreuen (ähnlich: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 – juris Rdnr. 5). Diese Widmungszwecke setzen voraus, dass ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb des Jobcenters und insbesondere die Sicherheit der im Jobcenter tätigen Mitarbeiter sowie von Besucher gewährleistet ist (vgl. für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014, a. a. O.).
(2) Eine Störung des Dienstbetriebes, der mit einem Hausverbot begegnet werden soll, kann gegenwärtig oder – in der Regel – zukünftig sein. In letzterem Fall muss mit einer Wiederholung der Störung oder bei einer Drohung mit der Verwirklichung des angedrohten Verhaltens zu rechnen sein (zur Frage, ob eine abstrakte Störung des Dienstbetriebes [hier: Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz] für den Erlass eines Hausverbotes ausreichend ist: Hess. VGH, Beschluss vom 29. November 1989 – 6 TH 2982/89 – NJW 1990, 1250 = juris Rdnr. 4, m. w. N.).
Das Merkmal der Störung erfährt allerdings eine Einschränkung dahingehend, dass die Störung nachhaltig sein muss (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 – 7 B 10104/05 – juris Rdnr. 9; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 f. = juris Rdnr. 19). Zum Teil wird auch formuliert, dass der Dienstbetrieb oder die Sicherheit von Mitarbeitern oder Besuchern in schwerem Maße beeinträchtigt sein muss (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 –juris Rdnr. 5), oder dass es zu massiven Störungen gekommen sein muss (vgl. Müller, VR 2010, 152 [154]). Diese Einschränkung ist Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Denn eine Behörde ist grundsätzlich verpflichtet, auch mit aus ihrer Sicht schwierigen Besuchern zurechtkommen und ihnen das ungehinderte Vortragen ihrer Anliegen zu ermöglichen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005, a. a. O.; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010, a. a. O.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014, a. a. O.).
Wann eine nachhaltige Störung in diesem Sinne gegeben ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Eine nachhaltige Störung wurde zum Beispiel bejaht, wenn Bedienstete beleidigt wurden oder der Besucher in nicht hinnehmbarer Weise aggressiv reagierte (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005, a. a. O.; VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015 –2 V 50/15 – juris Rdnr. 16). Auch wenn ein Leistungsempfänger die Dienststelle und seine Fallmanagerin über das übliche Maß hinaus mit persönlichen Vorsprachen in Anspruch nimmt, weil er fordert, die Dienststelle täglich aufsuchen und telefonische Erstkontakte über die Telefonanlage der Dienststelle ausführen zu können, soll dies ein Hausverbot rechtfertigen (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010, a. a. O.). Demgegenüber reicht eine geringfügige und erstmalige Störung nicht aus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. August 1994 – 9 S 732/92 – NVwZ-RR 1995, 88 = juris Rdnr. 29 [Überziehen der Nutzungszeit eines für eine Veranstaltung überlassenen Raumes einer Hochschule]).
Eine nachhaltige Störung des Dienstbetriebes in diesem Sinne ist unter anderem gegeben, wenn eine Person oder mehrere Personen mit Schaden an Leib oder Leben bedroht werden. Der erkennende Senat geht auf der Grundlage der vorliegenden Akten davon aus, dass dies hier der Fall war, und dass sich die dem Kläger zur Last gelegten Vorkommnisse am 7. Januar 2015 so zugetragen haben, wie sie vom Zeugen M F in seiner Meldung festgehalten wurden. Außer dem Bestreiten des Klägers gibt es keine Gesichtspunkte, die erklären könnten, weshalb der Zeuge F die Meldung mit einer konkreten, den Kläger belastenden Tatbeschreibung verfasst haben könnte. Die "Macheten-Äußerung" des Klägers konnte sowohl vom Zeugen F als auch von Dritten als Bedrohung verstanden werden. Im strafrechtlichen Sinne erfüllt den Straftatbestand des Bedrohung, wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht (vgl. § 241 Abs. 1 StGB), oder wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, dass die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe (vgl. § 241 Abs. 2 StGB). Dass die Staatsanwaltschaft D von einer strafrechtlichen Verfolgung des Klägers absah, steht der Annahme einer nachhaltigen Störung des Dienstbetriebes nicht entgegen (vgl. auch VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015, a. a. O.). Denn während die Strafverfolgung die Sanktionierung strafrechtsrelevanten Verhaltens bezweckt, dient ein öffentlich-rechtliches Hausverbot dazu, eine aktuelle Störung zu beseitigen oder eine zukünftige Störung zu verhindern. Bei der "Macheten-Äußerung" handelte es sich auch nicht lediglich um ein möglicherweise zu vernachlässigendes linguistisches Missverständnis (so die Einlassung der Antragstellerin in Bay. LSG, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 CE 03.1294 – BayVBl 2003, 692 f. =NVwZ-RR 2004, 185 f. = juris Rdnr. 18 zur Äußerung "Wenn ihr ein zweites Erfurt wollt, so könnt ihr es haben"). Vielmehr war die Äußerung des Klägers bei objektiver Betrachtungsweise so zu verstehen, dass er einen Angriff auf die körperliche Unversehrtheit von Menschen androhte oder zumindest als möglich in Aussicht stellte.
Einer Beweisaufnahme zu den Vorkommnissen am 7. Januar 2015 bedurfte es allerdings nicht, weil sich der angefochtene Bescheid, auch wenn die Darstellungen des Beklagten zugrunde gelegt werden, als rechtswidrig erweist.
(3) Denn der Beklagte durfte zwar, ausgehend von der von ihm festgestellten Störung des Dienstbetriebes durch den Kläger, dem Grunde nach davon ausgehen, dass eine weitere nachhaltige Störung durch den Kläger eintreten werde. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang allerdings im Widerspruchsbescheid feststellte, der Kläger bleibe "mit seinen Verbaldrohungen auch uneinsichtig", lässt sich aus der Bescheidbegründung nicht erkennen, woraus der Beklagte diesen Schluss zog. Denn nach dem 7. Januar 2015 legte der Kläger nur Widerspruch gegen den Hausverbotsbescheid ein. Dass er hierbei fordernd auftrat, beinhaltet weder neue Drohungen noch rechtfertigt dies den Vorwurf der Uneinsichtigkeit. Verhaltensweisen des Klägers aus der Vergangenheit, die den Schluss auf seine Uneinsichtigkeit zulassen könnten (vgl. hierzu Bay. LSG, Beschluss vom 23. Juni 2003, a. a. O.), legte der Beklagte nicht dar.
Gleichwohl muss bei einer Äußerung, die bei objektiver Betrachtung als Drohung mit einer Gewalttat angesehen werden kann, nicht zugewartet werden, ob die angedrohte Gewalttat in die Tat umgesetzt werden soll. Vielmehr kann – dem Zweck eines Hausverbotes entsprechend – präventiv ein Hausverbot zur Verhinderung einer zu erwartenden nachhaltigen Störung ausgesprochen werden. Für die Prognose, mit welcher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass die Androhung einer Gewalttätigkeit in die Tat umgesetzt wird, sind zum einen insbesondere die Ernsthaftigkeit der ausgesprochenen Drohung, die Umstände, unter denen die Äußerung getätigt wurde, und die Persönlichkeit des Drohenden zu beurteilen. Zum anderen können aber auch über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Erkenntnisse und Erfahrungssätze herangezogen werden. Beispielhaft ist diesbezüglich auf den Abschlussbericht der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zur "abba"-Studie (Arbeitsbelastungen und Bedrohungen in Arbeitsgemeinschaften nach Hartz IV, veröffentlicht unter http://www.dguv.de/medien/inhalt/presse/2011/Q2/abba/abba abschlussbericht. pdf) aus dem Jahr 2011 zu verweisen. Danach stellten massive Übergriffe wie Bedrohung, körperliche Angriffe oder sexuelle Aggression Ausnahmen im beruflichen Alltag der Jobcentermitarbeiter dar. Die Befragten gaben bei der Zweitbefragung im Frühjahr 2010 an, einmal im Jahr massive Gewalt zu erleben, wobei die Mitarbeiter der Leistungsabteilung in höherem Maße betroffen waren als die der Vermittlungsabteilung (vgl. S. 33 der Studie). Wenn diese Ergebnisse der Studie auf die Gesamtzahl der Mitarbeiter eines Jobcenters umgerechnet werden, ergibt dies ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential für Mitarbeiter und Besucher von Jobcentern. Dass es sich hierbei nicht nur um eine abstrakte Gefahrenlage handelt, zeigen die körperlichen Angriffe auf Jobcentermitarbeiter mit zum Teil tödlichem Ausgang (vgl. die Nachweise z. B. bei DIE WELT vom 23. Mai 2011, Jeder vierte Jobcenter-Mitarbeiter angegriffen [http://www.welt.de/13389703] und dem Aufruf des Deutschen Beamtenbundes zur Schweigeminute am 13. Januar 2015 [www.dbb.de/teaserdetail/artikel/gewalt-gegen-beschaeftigte-der-jobcenter-und-arbeitsagenturen-schweigeminute-fuer-opfer.html]).
Jedoch müssen bei einer Prognoseentscheidung, wie hier zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer neuen nachhaltigen Störung des Dienstbetriebes, alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit einer Prognoseentscheidung ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, das heißt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 7 AL 18/99 R – SozR 3-4100 § 36 Nr. 5 = juris, jeweils Rdnr. 19 [auch zum Sonderfall der gerichtlichen Prüfung einer Misserfolgsprognose des Abschlusses einer Bildungsmaßnahme]; BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R – SozR 4-5425 § 3 Nr. 3 = juris, jeweils Rdnr. 28 ff.).
Vorliegend stellte der Beklagte nicht alle Grundlagen für die Prognose fest, mit der Folge, dass er nicht alle in Betracht kommenden Umstände hinreichend würdigte. Denn er ließ nicht nur den Zeitraum vom 18. Februar 2015 (Erlass des Hausverbotes) bis zum 31. März 2015 (Erlass des Widerspruchsbescheides) außer Acht, sondern insbesondere auch den Zeitraum von sechs Wochen von der Drohung am 7. Januar 2015 bis zum Erlass des Hausverbotes am 18. Februar 2015. Für die Prognose der Wiederholung einer Störung oder des Eintritts einer neuen Störung ist aber neben anderen Aspekten auch der gesamte Zeitraum bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen. Wie sich die Berücksichtigung dieses Zeitraumes auf die Prognose einer Wiederholungsgefahr oder einer Gefahr, dass eine Drohung realisiert werden könnte, auswirkt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Im Falle des hier streitgegenständlichen Hausverbotes hätte der Beklagte in die Bewertung der Störungsprognose unter anderem einstellen müssen, dass der Kläger nach den Vorkommnissen am 7. Januar 2015 bis zum Erlass des Hausverbotes nicht mehr auffällig geworden ist. Diesem Umstand kommt insbesondere deshalb Bedeutung zu, weil es in diesen sechs Wochen noch kein (für sofort vollziehbar erklärtes) Hausverbot gab, der Kläger also nicht nur tatsächlich sondern auch aus Rechtsgründen nicht gehindert war, die Räumlichkeiten des Beklagten wieder aufzusuchen. Dieser Umstand wäre im Rahmen der für die Prognose anzustellenden Gesamtbeurteilung geeignet gewesen, die Waagschale zugunsten des Klägers zu neigen. Eine für ihn günstige Prognoseentscheidung musste allerdings sein unauffälliges Verhalten nach dem 7. Januar 2015 allein nicht zur Folge haben.
(4) Die fehlende Berücksichtigung insbesondere des sechswöchigen Zeitraums vom 7. Januar 2015 bis zum Erlass des Hausverbotes am 18. Februar 2015 wirkt sich nicht nur nachteilig auf die Prognoseentscheidung aus, sondern auch auf die Ermessensentscheidung des Beklagten, ein Hausverbot auszusprechen.
Zwar begegnet die Ausgestaltung des Hausverbotes dahingehend, dass der Kläger auf schriftlichen und telefonischen Kontakt zum Beklagten verwiesen und ein persönlicher Kontakt nur auf Einladung durch den jeweiligen Sachbearbeiter ermöglicht wird, grundsätzlich keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. hierzu auch Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 f. = juris; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 – juris), wenn Störungen in Form von tätlichen Übergriffen auf Mitarbeiter oder Besucher einer Behörde verhindert werden sollen.
Der Ermessensentscheidung über das "Wie" eines Hausverbotes geht allerdings die Ermessensentscheidung über das "Ob" eines Hausverbotes voraus. Diese Ermessensentscheidung ist am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Danach ist eine Entscheidung oder Maßnahme verhältnismäßig, wenn sie zu dem verfolgten Zweck nicht außer Verhältnis steht, wenn sie also dafür geeignet, erforderlich und dem Betroffenen zumutbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 – 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 – BVerfGE 80, 1 [24] = NVwZ 1989, 850 [851] = juris Rdnr. 67, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 20. November 2014 – 1 BvR 977/14 – NVwZ 2015, 431 = juris Rdnr. 14).
Vorliegend leidet die Ermessensentscheidung über das "Ob" des Hausverbotes daran, dass der Beklagte nicht alle entscheidungserheblichen Fakten in seine Ermessensabwägung eingestellt hat. Trotz des Gewichtes der ausgesprochenen Drohung durfte der Umstand, dass es nach dem 7. Januar 2015 zu keinen weiteren Vorkommnissen kam, nicht unberücksichtigt bleiben.
Darüber hinaus ist fraglich, ob das gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot zu dem Zeitpunkt, als es ausgesprochen wurde, das heißt sechs Wochen nach der Drohung, noch erforderlich war. Denn erforderlich ist eine Maßnahme nur, wenn es kein milderes, gleich geeignetes Mittel gibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 – 1 BvL 4/00 – BVerfGE 116, 202 [225] = juris Rdnr. 97; Sachs, in: Sachs, in Sachs, Grundgesetz [7. Aufl., 2014], Art. 20 Rdnr. 152, m. w. N.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz [13. Aufl., 2014], Art. 20 Rdnr. 85, m. w. N.). Hier wäre beispielweise in Betracht zu ziehen gewesen, gegenüber dem Kläger nur eine Verwarnung auszusprechen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. August 1994 – 9 S 732/92 – juris Rdnr. 29). Denn mit zunehmendem zeitlichem Abstand des Erlasses eines Hausverbotes von dem das Hausverbot auslösenden Ereignis verringert sich die Dringlichkeit und Erforderlichkeit eines Hausverbotes. Dies gilt jedenfalls dann, wenn in der Zwischenzeit keine weiteren Vorkommnisse eingetreten sind und die Bearbeitungsdauer des Hausverbotsvorganges – wie vorliegend – in der Sphäre des Inhabers des Hausrechts liegt. Zudem ist der Inhaber des öffentlich-rechtlichen Hausrechtes verpflichtet, wegen der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung des Gebäudes besondere Anstrengungen zu unternehmen, um sich anbahnende oder bereits entstandene Konflikte zu überwinden (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 f. = juris Rdnr. 19).
(5) Schließlich fehlt dem angefochtenen Bescheid gänzlich eine Begründung zur Entscheidung über die Dauer des Hausverbots.
Im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist ein öffentlich-rechtliches Hausverbot regelmäßig zu befristen (vgl. Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [54]; zu einem unbefristeten Hausverbot für eine Gemeindebibliothek: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Oktober 1988 – 15 A 188/86 – NVwZ-RR 1989, 316 = juris Rdnr. 10). Eine bestimmte Dauer oder auch nur eine Regeldauer für ein Hausverbot gibt es nicht. In der Rechtsprechung wurden Zeiträume von einem Jahr (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2010 – L 7 AS 593/10 B ER – NZS 2011, 353 = juris Rdnr. 2 [Jobcenter]; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 – juris [Jobcenter]), 18 Monaten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 26. März 2015 –2 V 50/15 – juris Rdnr. 17 [Jobcenter]) und 3 Jahren (Bay. VGH, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 CE 03.1294 – NVwZ-RR 2004, 185 = juris Rdnr. 18 [Universitätsbibliothek]).
Maßgebend sind wie bei jeder Ermessensentscheidung die Umstände des Einzelfalles. In den Entscheidungsprozess sind unter anderem das Maß der zu erwartenden Störung, das bisherige Verhalten des Störers (vgl. hierzu Bay. LSG, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 CE 03.1294 – BayVBl 2003, 692 f. = NVwZ-RR 2004, 185 f. = juris Rdnr. 18) und die konkrete Ausgestaltung des Hausverbotes (völliges Hausverbot oder Hausverbot mit Maßgaben) einzustellen. Zu berücksichtigen ist aber auch, ob Zweck der öffentlichen Einrichtung eine Verwaltungsaufgabe ist, auf deren Wahrnehmung der Einzelne einen verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Anspruch hat, oder ob es sich nur um eine Einrichtung der allgemeinen Daseinsvorsorge wie eine Sport- oder Kultureinrichtung handelt. Schließlich sind etwaige rechtliche Vorgaben für den Kontakt mit der öffentlichen Einrichtung zu berücksichtigen (vgl. z. B. die Pflicht zur persönlichen Meldung nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – [SGB III]).
(6) Die Verpflichtung des Inhabers des Hausrechtes, eine Prognose zur Wiederholungsgefahr oder zur Verwirklichung einer Drohung vorzunehmen und eine Ermessensentscheidung über das "Ob" und "Wie" eines Hausverbotes zu treffen, entfällt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht in Fällen, in denen eine massive Störung des Dienstbetriebens eingetreten ist oder verhindert werden soll. In einem solchen Fall verringert sich allenfalls der Aufwand, das Hausverbot zu begründen.
Die vom Beklagten im Berufungsverfahren für seine Rechtsauffassung vorgetragene Begründung deutet im Übrigen darauf hin, dass ihm die Probleme, die Erforderlichkeit des Hausverbotes im konkreten Fall zu begründen, bewusst waren. Denn wenn er formuliert, dass "ganz klare Signale auszusenden" seien, und dass sich jemand, der sich wie der Kläger verhalte, "nicht mit Rücksicht rechnen" könne, rückt er damit den repressiven Charakter seiner Entscheidung in den Vordergrund. Damit kann aber kein öffentlich-rechtliches Hausverbot gerechtfertigt werden. Denn es ist unstreitig, dass ein Hausverbot nicht eine Sanktion für ein in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten ist, sondern eine präventive Maßnahme gegen künftige Störungen des Dienstbetriebes (vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Oktober 2014 – L 3 AL 19/13 B – juris Rdnr. 15; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Juli 2013 – L 4 AS 214/13 B – juris Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. März 2014 – L 19 AS 2157/13 B – juris Rdnr. 14; Bay. VGH, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 CE 03.1294 – BayVBl 2003, 692 f. =NVwZ-RR 2004, 185 f. = juris Rdnr. 17; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. März 2005 – 7 B 10104/05 – juris Rdnr. 9; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. Mai 2009 – 16 A 3375/07– juris Rdnr. 33; Beaucamp, JA 2003, 231 [234]; Michl/Roos, LKRZ 2012, 50 [54]; Mißling, NdsVBl. 2008, 267 [271]; Müller, VR 2010, 152 [154]). Wenn aber die Störungsprognose und die Ermessensentscheidung unterbleiben, ist das Hausverbot darauf beschränkt, eine in der Vergangenheit liegende Störung zu sanktionieren.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Höhl Schuler
Rechtskraft
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