S 26 AS 378/16 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Neuruppin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 26 AS 378/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegner wird – in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe – im Wege der Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bei Unterliegen im Hauptsacheverfahren für den Zeitraum vom 01. März 2016 bis zum 31. August 2016 monatlich 70 Prozent des ihm zustehenden Regelbedarfsbetrages sowie die in diesem Zeitraum fällig gewordenen und fällig werdenden Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu gewähren.

Der Antragsgegner wird – in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe – darüber hinaus im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bei Unterliegen im Hauptsacheverfahren die für den Zeitraum vom 01. Oktober 2015 bis zum 29. Februar 2016 bereits fällig gewesenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Die Beträge für die Gewährung der Kosten der Unterkunft und Heizung sind zum Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit unmittelbar an die Vermieterin zu leisten.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsgegner – in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe – hat dem Antragsteller 5/6 der ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens um die Verpflichtung des Antragsgegners, dem Antragsteller vorläufig Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach Maßgabe der Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe der Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) zu gewähren.

Der bei dem Sozialgericht Neuruppin am 02. Februar 2016 (noch als Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe) eingegangene Antrag vom 29. Januar 2016, mit dem der Antragsteller – konkretisiert mit Schriftsatz vom 21. März 2016 – (sinngemäß) beantragt,

den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm mit Wirkung ab dem 01. März 2016 – vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache – den Regelbedarfsbetrag als Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) oder als Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe der Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) sowie den Antragsgegner darüber hinaus im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm mit Wirkung ab dem 01. Oktober 2015 – vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache – die Kosten der Unterkunft und Heizung nach den Bestimmungen des SGB II oder den Bestimmungen des SGB XII zu gewähren,

hat im tenorierten Umfang Erfolg; im Übrigen war er abzulehnen.

1. Der Antrag ist zulässig und im tenorierten Umfang auch begründet. Gemäß § 86b Abs 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs - die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist - sowie des Anordnungsgrunds - die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung - sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs 2 S 4 SGG, § 920 Abs 3 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86b, RdNr 16b).

Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, hat er Anspruch auf die beantragte Leistung im Wege vorläufigen Rechtsschutzes. Zwar sind im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage jedoch nicht möglich, so ist eine Entscheidung auf der Grundlage einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller einerseits und der öffentlichen Belange des Antragsgegners andererseits vorzunehmen (vgl Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/06, NVwZ 2005, S 927 ff).

Die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Regelungsverfügung nach § 86b Abs 2 S 2 SGG liegen im Hinblick auf die monatliche Gewährung der Regelbedarfsbeträge zum überwiegenden Teil (dazu unter 2.) und im Hinblick auf die Gewährung der Kosten der Unterkunft und Heizung vollumfänglich vor (dazu unter 3.).

2. Hinsichtlich des begehrten Regelbedarfsbetrages hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und – zum überwiegenden Teil – auch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen können. Zwar hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II glaubhaft machen können (dazu sogleich unter a)); er hat jedoch einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 23 Abs 1 S 3 SGB XII glaubhaft gemacht dazu (sogleich unter b)).

a) aa) Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gegen den Antragsgegner nicht glaubhaft machen können. Er ist unabhängig von der bestehenden Hilfebedürftigkeit iSd § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II, seines gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II) und der Erfüllung der Altersgrenzen des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II sowie seiner Erwerbsfähigkeit (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm § 8 SGB II – auch nach § 8 Abs 2 SGB II) von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgrund von § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 und Nr 2 SGB II ausgeschlossen.

Danach sind von den benannten Leistungen ausgenommen 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbstständige noch aufgrund des § 2 Abs 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts und 2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt und ihre Familienangehörigen.

bb) Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 und Nr 2 SGB II unterfällt der Antragsteller indes nicht einer Ausnahme von der Leistungsberechtigung nach § 7 Abs 1 S 1 SGB II. Er hält sich nach seinen eigenen Angaben bereits mehr als drei Monate in Deutschland auf. Er hat darüber hinaus auch nicht dargelegt, dass sich sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Sollte dies – entgegen der von der Kammer angenommenen Tatsachengrundlage – unzutreffend sein, würde sich indes der Anspruchsausschluss bereits unmittelbar aus § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II ergeben, ohne dass es auf die nachfolgenden Erwägungen ankäme.

cc) Der Antragsteller war jedoch, auch wenn er nicht den ausdrücklich normierten Ausnahmen des § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 und Nr 2 SGB II unterfallen sollte, gleichwohl von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Denn er verfügt über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht. Damit unterfällt er "erst-recht" dem Leistungsausschluss des § 7 Abs 1 S 2 SGB II. Die Vorschrift ist insoweit planwidrig lückenhaft, als sie nicht ausdrücklich den Ausschluss auch derjenigen normiert, die über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht verfügen, weil sie einen Leistungsausschluss schon für solche Ausländer anordnet, die sich auf eine solche materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des FreizügG/EU berufen können (vgl dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNrn 19ff).

dd) Der Antragsteller kann sich auch nicht auf eine materielle Freizügigkeitsberechtigung berufen: Er ist nicht (mehr) als Arbeitnehmer freizügigkeitsberechtigt; auch einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ging der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt nach. Im Hinblick auf die Beendigung der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit des Antragstellers bereits im August 2014 entfällt zugleich auch der nachgehende Schutz als Arbeitnehmer iSd § 2 Abs 3 FreizügG/EU. Der Antragsteller ist auch nicht als nichterwerbstätiger Unionsbürger iSd des § 4 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt: Dass er nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt, zeigt sich gerade daran, dass er angibt, hilfebedürftig iSd § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II zu sein. Anhaltspunkte für ein anderes Aufenthaltsrecht im Sinne des AufenthG sind ebenfalls nicht ersichtlich oder vorgebracht.

Schließlich hat der Antragsteller auch das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts iSv § 4a Abs 1 S 1 FreizügigG/EU nicht glaubhaft gemacht. Nach der genannten Vorschrift haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs 2 FreizügigG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Dabei setzt das Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs 1 FreizügG/EU indes jedenfalls auch voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art 7 Abs 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat (vgl Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Juli 2015 – 1 C 22/14, RdNr 17). Insbesondere steht dem Antragsteller nicht Art 7 Abs 1 lit b) der Richtlinie 2004/38/EG zur Seite. Danach hat jeder Unionsbürger das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass er während seines Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen muss, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen. Hierfür hat der Antragsteller indes nichts vorgetragen oder glaubhaft gemacht; hiervon ist wegen des zwischenzeitlichen Erhalts von Leistungen nach dem SGB II auch nicht auszugehen.

Zuletzt steht der fehlenden materiellen Freizügigkeitsberechtigung auch nicht entgegen, dass der Antragsteller im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung/EU nach § 5 Abs 1 FreizügG/EU idF des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (vom 19. August 2007, BGBl I 1970) war. Das Ausstellen einer solchen Bescheinigung, die mit Wirkung zum 29.Januar 2013 im Übrigen abgeschafft worden ist (Streichung des § 5 Abs 1 FreizügG/EU in der vorbenannten Fassung durch das Gesetz zur Änderung des FreizügG/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013, BGBl I 86), lässt keine Rückschlüsse auf das Bestehen einer materiellen Freizügigkeitsberechtigung zu; sie hatte lediglich deklaratorische Bedeutung (vgl dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNrn 33f).

ee) Wenn der Antragsteller nach alledem von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, ist dies auch – entgegen der Auffassung des Antragstellers – europarechtskonform. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sowohl in der Rechtssache Dano (vom 11. November 2014 - C-333/13) als auch in der Rechtssache Alimanovic (vom 15. September 2015 - C-67/14) in den hier gegebenen Fallkonstellationen die Zulässigkeit der Verknüpfung des Ausschlusses von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten von existenzsichernden Leistungen mit dem Bestehen eines Aufenthaltsrechts im Sinne der RL 2004/38/EG ausdrücklich anerkannt. Nach seiner Rechtsprechung sind Art 24 Abs 1 der RL 2004/38/EG iVm ihrem Art 7 Abs 1 Buchst b und Art 4 VO 883/2004/EG dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten vom Bezug bestimmter "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" im Sinne des Art 70 Abs 2 VO 883/2004/EG ausgeschlossen werden, während Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten, sofern den betreffenden Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten im Aufnahmemitgliedstaat kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG zusteht (EuGH Rs Dano vom 11. November 2014 - C-333/13 RdNr 84). In der Rechtssache Alimanovic hat der EuGH insoweit betont, dass Unionsbürger anderer EU-Staaten, die nach Deutschland eingereist sind, um Arbeit zu suchen, vom deutschen Gesetzgeber vom Bezug von Alg II oder Sozialgeld ausgeschlossen werden können, selbst wenn diese Leistungen als besondere beitragsunabhängige Geldleistungen im Sinne des Art 70 VO 883/2004/EG eingeordnet werden (EuGH, Rs Alimanovic vom 15. September 2015 - C-67/14, RdNr 63). Beim Alg II und Sozialgeld handele es sich um Leistungen der "Sozialhilfe" im Sinne des Art 24 Abs 2 der RL 2004/38/EG. Danach haben die Aufnahmestaaten jedoch keine Verpflichtung zur Gleichbehandlung ihrer Staatsangehörigen und solcher anderer EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf einen Anspruch auf Sozialhilfe, wenn Letztere nicht Arbeitnehmer oder Selbstständige sind oder ihnen dieser Status erhalten geblieben ist bzw Familienangehörige dieser sind (vgl zu den Einzelheiten Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNrn 26ff mwN).

ff) Der Anspruchsausschluss des § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 und Nr 2 SGB II ist hier im Übrigen auch nicht wegen des Gleichbehandlungsgebots des Art 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) unanwendbar. Der Antragsteller ist schon nicht vom Schutzbereich des EFA erfasst, weil die Republik Polen dieses Abkommens bislang – soweit ersichtlich – nicht ratifiziert hat.

b) Wenn der Antragsteller danach keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II glaubhaft machen konnte, hat er jedoch einen Anspruch auf Gewährung des Regelbedarfes als Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 19, 27, 27a SGB XII dem Grunde nach glaubhaft gemacht. Insoweit steht ihm ein Recht auf Existenzsicherung durch Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII gemäß § 23 Abs 1 S 3 SGB XII – dem Grunde nach – als Ermessensleistung zu, die der Antragsgegner zu gewähren hat.

aa) Da der Antragsgegner – anders als dies bei dem Bestehen einer gemeinsamen Einrichtung im Sinne des § 44b SGB II oder in anderen Bundesländern aufgrund eines dort zum Land Brandenburg abweichenden staatsorganisationsrechtlichen Verwaltungsaufbaus der Fall ist – (als Optionskommune) sowohl Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl § 6 Abs 1 S 1 Nr 1und Nr 2, § 6a und § 6b Abs 1 SGB II als auch örtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl § 28 Abs 2 Hs 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I), § 3 Abs 1 und Abs 2 S 1 SGB XII) ist, kann er – als identische juristische Person des öffentlichen Rechts – nicht in unterschiedlichen Beteiligtenrollen fungieren, weshalb eine (notwendige) Beiladung des örtlichen Trägers der Sozialhilfe nach § 75 Abs 2 SGG mit der Möglichkeit der (vorläufigen) Verpflichtung des dann Beigeladenen gemäß § 75 Abs 5 SGG (in entsprechender Anwendung) nicht erforderlich war.

bb) Der Antragsteller hat insoweit glaubhaft gemacht, im Sinne des Sozialhilferechts leistungsberechtigt zu sein, weil er seinen Lebensunterhalt nicht iSd § 19 Abs 1 SGB XII iVm § 27 Abs 1 SGB XII aus eigenen Kräften und Mitteln decken kann. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII an den Antragsteller sind vorliegend nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte gegeben. Die Kammer geht insoweit insbesondere von dem Vorliegen von Hilfebedürftigkeit aus; insbesondere ist – auch in Anbetracht der von dem Antragsteller vorgelegten Unterlagen – nichts dafür ersichtlich, dass er über zu berücksichtigendes Einkommen iSv §§ 82ff SGB XII oder anrechenbares Vermögen iSv §§ 90ff SGB XII verfügt.

cc) Einem Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII stand auch eine mangelnde Kenntnis des Antragsgegners nicht entgegen. Die nach § 18 Abs 1 SGB XII erforderliche Kenntnis von dem Bedarf der Kläger liegt bereits aufgrund seiner Zuständigkeit sowohl für Leistungen nach dem SGB II als auch für Leistungen nach dem SGB XII vor. Insoweit bedarf es wegen der (juristischen) Personenidentität nicht einmal einer "Zurechnung" der Kenntnis aufgrund des Antrages auf SGB II-Leistungen (vgl zur Zurechnung der Kenntnis des beigeladenen Trägers der Sozialhilfe nur Bundessozialgericht, Urteil vom 02. Dezember 2014 – B 14 AS 66/13 R, RdNr 25 sowie Bundessozialgericht, Urteil vom 26. August 2008 – B 8/9b SO 18/07 R, RdNrn 22ff).

dd) Auch ist der Antragsteller gemäß § 21 S 1 SGB XII – entgegen der Auffassung des Antragsgegners (in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe) – nicht von vornherein und gänzlich von der Hilfe zum Lebensunterhalt ausgeschlossen. Zwar bestimmt § 21 S 1 SGB XII, dass Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt erhalten. Der Antragsteller ist indes – wie dargelegt – nicht dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II, weil er dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 SGB II unterfällt, was dazu führt, ihm dem System des SGB XII zuzuweisen; seine Erwerbsfähigkeit steht dem nicht entgegen (vgl dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNrn 40ff mwN).

Schon der Wortlaut des § 21 S 1 SGB XII stellt insoweit nicht ausschließlich auf das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit ab, sondern berücksichtigt einen Leistungsanspruch nach dem SGB II dem Grunde nach. Ist mithin ein Erwerbsfähiger wegen des Vorliegens der Voraussetzungen eines Leistungsausschlusses nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II, folgt hieraus nicht zwangsläufig ein Leistungsausschluss nach dem SGB XII. Die "Systemabgrenzung" erfordert vielmehr eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Leistungsausschlüsse. Im Grundsatz gilt für die Systemzuweisung aufgrund der Erwerbszentriertheit des SGB II, dass derjenige, der von dem auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichteten Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen werden soll, dem System des SGB XII zugewiesen wird.

Auf dieser Grundlage hat das Bundessozialgericht bereits für andere in § 7 SGB II geregelte Leistungsausschlüsse ausdrücklich entschieden, dass die "Anwendungssperre" des § 21 S 1 SGB XII nicht greift (vgl hierzu Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 21 RdNr 34 ff mwN). Bezogen auf den Leistungsausschluss des § 7 Abs 1 S 2 SGB II gilt insoweit auch nichts anderes. Der Ausschluss von Personen – die nicht oder nicht mehr über eine Freizügigkeitsberechtigung zur Arbeitsuche verfügen – vom erwerbszentrierten Leistungssystem des SGB II führt dazu, die Sperrwirkung des § 21 SGB XII entfallen zu lassen (vgl dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNrn 42f mwN).

ee) Indes steht dem Rechtsanspruch der Kläger auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ein Ausschluss aufgrund der Regelung des § 23 Abs 3 S 1 SGB XII entgegen. Die Kammer geht zwar nicht davon aus, dass der Antragsteller iSd § 23 Abs 3 S 1 Var 1 SGB XII eingereist ist, um Sozialhilfe zu erlangen. Unterstellt man auch zunächst, dass sich das Aufenthaltsrecht des Antragstellers nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, unterfiele er ferner auch nicht dem Wortlaut der Var 2 des § 23 Abs 3 S 1 SGB XII. Denn dann verfügte er nicht mehr über ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitssuche, was nach dem Wortlaut des § 23 Abs 3 S 1 SGB XII jedoch Voraussetzung für den Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII ist. Der Ausschluss tritt danach nur dann ein, wenn ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitssuche tatsächlich gegeben ist. Ebenso wie im Rechtskreis des SGB II sind jedoch auch nach § 23 Abs 3 S 1 SGB XII nichtfreizügigkeits- oder aufenthaltsberechtigte Ausländer "erst recht" von den existenzsichernden Leistungen der Sozialhilfe ausgenommen (vgl dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNrn 48ff mwN).

Der Anwendbarkeit der Ausschlussregelung des § 23 Abs 3 S 1 SGB XII steht schließlich auch nicht das Gleichbehandlungsgebot des Art 1 EFA entgegen. Zwar hat die Bundesregierung bezogen auf die Vorschriften der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII keinen Vorbehalt erklärt, so dass Sozialhilfeleistungen in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer Gleichbehandlung mit inländischen Staatsangehörigen weiterhin zu erbringen wären (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 59/13 R, RdNr 20 mwN). Indes sind die Anwendungsvoraussetzungen nach dem EFA – wie bereits dargelegt – nicht erfüllt, weil die Republik Polen dieses Abkommens bislang – soweit ersichtlich – nicht ratifiziert hat.

ff) Zwar ist Rechtsfolge des Ausschlusses nach § 23 Abs 3 S 1 SGB XII, dass trotz des tatsächlichen Aufenthalts im Inland kein Rechtsanspruch auf ua Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 Abs 1 S 1 SGB XII besteht. In einem solchen Fall des Ausschlusses können jedoch nach § 23 Abs 1 S 3 SGB XII Leistungen der Sozialhilfe (als Ermessensleistungen) gewährt werden, wenn dies im Einzelfall gerechtfertigt ist, was der Antragsgegner (in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe) gänzlich verkennt.

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Ausschlussregelung, denn sie nimmt lediglich Bezug auf den "Anspruch" auf Sozialhilfe. Der Ausschluss nur von dem Rechtsanspruch auf die in S 1 des § 23 Abs 1 SGB XII benannten Leistungen erschließt sich auch aus dem systematischen Verhältnis der Regelungen der Sätze 1 und 3 in Abs 1 des § 23 SGB XII zueinander. Durch § 23 Abs 1 S 1 SGB XII erhält der Ausländer ausschließlich unter der Voraussetzung, dass er sich tatsächlich im Inland aufhält, einen Rechtsanspruch auf Leistungen der Sozialhilfe nach einem reduzierten Leistungskatalog, aber der Höhe nach uneingeschränkt. Hiervon – und nur hiervon – sollen diejenigen, die die Ausschlusstatbestände des § 23 Abs 3 S 1 SGB XII erfüllen, ausgeschlossen werden, nicht jedoch von dem der Sozialhilfe systemimmanenten grundsätzlichen Anspruch auf Hilfe bei bedrohter Existenzsicherung. Diesem Personenkreis sollen daher (nur) nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Leistungen der Sozialhilfe erbracht werden können, aber eben auch solche Leistungen, die nach S 1 des § 23 Abs 1 SGB XII vom Rechtsanspruch ausgenommen worden sind, soweit dies im Einzelfall geboten erscheint (vgl dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNrn 51f mwN).

gg) Wenn dem Antragsteller danach ein Anspruch auf Ermessensleistungen nach § 23 Abs 1 S 3 SGB XII zusteht, ist das Ermessen des Antragsgegners – in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe – im Hinblick auf die Dauer des Aufenthaltes des Antragstellers von mehr als einem Jahr auf "Null" (bzw "Eins") reduziert. Denn im Hinblick auf die Dauer seines Aufenthalts von mehr als einem Jahr, die zwischenzeitliche Beschäftigung und fehlender Anhaltspunkte, dass die Ausländerbehörde aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet hat bzw auch nur vorbereitet, hat der Antragsteller einen bereits verfestigten Aufenthalt (vgl insbesondere zur Systematik des Verhältnisses von § 23 Abs 3 S 1 Var 2 SGB XII zu § 23 Abs 1 S 1 und 3 SGB XII sowie zu verfassungsrechtlichen Erwägungen eingehend: Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNrn 53ff mwN). Gesichtspunkte, die trotz Vorliegens eines verfestigten Aufenthalts gegen eine Ermessensreduzierung auf "Null" (bzw "Eins") sprechen könnten, wie etwa eine Einreise zur Erlangung von Sozialhilfe im Sinne des Ausschlussgrundes nach § 23 Abs 3 S 1 Var 1 SGB XII, sind im Übrigen – wie bereits dargelegt – nicht ersichtlich.

hh) Soweit sich der Antragsgegner – in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe – zur Stützung seiner insgesamt ablehnenden Haltung auf die auch von der Kammer zugrunde gelegte Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R – bezieht und hierfür ausdrücklich auf die RdNrn 21-24 und die RdNrn 48-50 der Entscheidung Bezug nimmt, ist dies mehr als unverständlich. Hierbei übersieht er nämlich die vom Bundessozialgericht an anderer Stelle der Entscheidung (insbesondere ab RdNrn 51) ausdrücklich gezogenen und hier bereits näher dargelegten Konsequenzen aus dem Vorliegen des fehlenden Rechtsanspruchs auf Leistungen nach den Regelungen des SGB II und des SGB XII. Weil sich der Antragsgegner mit der Argumentation des Bundessozialgerichts zum Bestehen eines Anspruches auf Ermessensleistungen nach § 23 Abs 1 S 3 SGB XII nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt hat, sondern vielmehr nur diejenigen Aspekte der Entscheidung (verknappt) hervorhebt, die seinen Rechtsstandpunkt vermeintlich stützen, befindet sich der Antragsgegner – in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe – in der Nähe der Grenze zur Unredlichkeit.

ii) Soweit der Antragsgegner zur Stützung seiner insgesamt ablehnenden Haltung auch auf einige instanzgerichtliche Entscheidungen verweist (insbesondere auch auf ein Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Dezember 2015 – S 149 AS 7191/13 und einen Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Februar 2016 – L 3 AS 668/15 B ER), die auch das Bestehen eines Anspruches auf Ermessensleistungen nach § 23 Abs 1 S 3 SGB XII im Wesentlichen mit der Begründung ablehnen, eine Leistungsgewährung widerspreche dem Willen des Gesetzgebers, sei nur der Vollständigkeit halber darauf aufmerksam gemacht, dass der (vermeintliche) subjektive Wille des Gesetzgebers nur nach der sog subjektiv-historischen Auslegung (allein) entscheidend wäre. Die mit dem Bundessozialgericht (vgl nur Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, RdNr 36ff und Terminbericht Nr 1/16 vom 20. Januar 2016, dort Nr 1; Terminbericht Nr 61/15 vom 16. Dezember 2015, dort Nr 1 – 3 sowie Terminbericht Nr 54/15 vom 03. Dezember 2015, dort Nr 2 und Nr 3) hier vertretene Auffassung, der letztlich eine – gebotene – verfassungskonforme Auslegung der Regelung des § 23 Abs 1 S 3 SGB XII zugrunde liegt, hat dabei aber Vorrang vor der subjektiv-historischen Auslegungsmethode. Denn immer dann, wenn eine verfassungskonforme Auslegung möglich ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht relevant, dass eine nicht mit der Verfassung vereinbare Auslegung (vermeintlich) eher dem subjektiven Willen des Gesetzgebers entsprochen hätte (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 09. Februar 1982 – 1 BvR 845/79, RdNr 87). Die entgegen stehende Auffassung, die offenbar auch der Antragsgegner zu vertreten scheint, der (vermeintliche) subjektive Wille des Gesetzgebers sei allein entscheidend, verkennt völlig die bei der Gesetzesauslegung anzuwendenden elementaren Auslegungsgrundsätze (hierauf weist Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 23 SGB XII, RdNr 63.3 völlig zu Recht hin).

Eine Auslegung, die dazu führt, dass Betroffene, die (in rechtmäßiger Weise) unter den Ausschluss des § 7 Abs 1 S 2 SGB II fallen, ausnahmslos keine existenzsichernden Leistungen erhalten können, ist mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht vereinbar (so zu Recht Greiser, jM 2016, 156 mwN). Sähe man dies anders, würden ausländerrechtliche (Vollzugs-)Defizite dafür fruchtbar gemacht werden, die verfassungsrechtlich gebotene Gewährleistung des aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip aus Art 20 Abs 1 GG folgenden Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu konterkarieren.

Von daher hat auch und gerade der bloße Verweis auf die Möglichkeit der Rückkehr in das Heimatland, um ggf dort Sozialleistungen zu erhalten, keinen inhaltlich-argumentativen Bezug zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG und lässt die Frage unbeantwortet, auf welche Weise und in welchem Sicherungssystem (der Bundesrepublik Deutschland) das menschenwürdige Existenzminimum bis zur Ausreise sichergestellt wird, wenn der Betroffene nicht zur Ausreise verpflichtet ist (vgl Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 23 SGB XII, RdNr 63.4 und 63.6; vgl zur instanzgerichtlichen Kritik an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch ausführlich Leopold in jurisPK-SGB II, § 7 SGB II, RdNr 99.3).

jj) Solange und soweit die für Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate ihre Rechtsauffassung nicht aufgeben oder der parlamentarische Gesetzgeber handelt, dürfte daher – soweit von einem Leistungsausschluss von Leistungen nach dem SGB II auszugehen ist – jeder Träger der Sozialhilfe jedenfalls im Rahmen von einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zuletzt auch aus pragmatischen Gründen (weil eine Bindungswirkung an höchstrichterliche Rechtsprechung nicht existiert) gehalten sein, ein (Teil-)Anerkenntnis abzugeben und entsprechende (gleichartige) Leistungen nach dem SGB XII – ggf in abgesenkter Höhe – vorläufig zu gewähren, wenn die hierfür vom Bundessozialgericht aufgestellten Voraussetzungen – insbesondere im Hinblick auf die Ermessensreduzierung auf "Null" (bzw "Eins") – erfüllt sind.

c) aa) Wenn der Antragsteller danach dem Grunde nach einen Anspruch auf den monatlichen Regelbedarfsbetrag als Ermessensleistung glaubhaft gemacht hat, hat er es – im Umfang von 70 Prozent des maßgeblichen monatlichen Regelbedarfes – auch vermocht, einen Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Stehen derartige existenzsichernde Leistungen einem Leistungsberechtigten nämlich nicht zur Verfügung, ist regelmäßig – mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auch hier – vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Sinne des § 86b Abs 2 S 3 SGG auszugehen.

bb) Indes besteht im Umfang des von der Kammer vorgenommenen Abschlages von 30 Prozent keine den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigende Notlage. Die besonderen Anforderungen an einstweilige Rechtsschutzverfahren schließen es insoweit nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen. Ein Abschlag im gewählten Umfang ist dabei gerechtfertigt, weil die gesetzlichen Vorgaben (vgl im Rechtskreis des SGB II etwa § 31a Abs 1 S 1 SGB II) insoweit eine Absenkung sogar im Rahmen endgültiger sozialverwaltungsbehördlicher Entscheidungen für Leistungsberechtigte als zumutbar erscheinen lassen. In diesem Umfang war der Antrag daher abzulehnen.

3. a) Auch hinsichtlich der darüber hinaus begehrten Kosten für die Unterkunft und Heizung im Sinne des § 35 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGB XII hat der Antragsteller für den Zeitraum vom 01. Oktober 2015 bis zum 31. August 2016 einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht; insoweit wird hinsichtlich der Leistungsberechtigung auf die Ausführungen hinsichtlich der zu gewährenden Regelbedarfe verwiesen.

b) Der Antragsteller hat darüber hinaus für den genannten Gesamtzeitraum auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Im Hinblick auf die bereits aufgrund des Zahlungsverzuges ausgesprochene fristlose Kündigung hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass bei Nichtgewährung der erstrebten Leistungen für die Vergangenheit und für die Zukunft eine schier unerträgliche existenzielle Notlage eintritt und fortwirkt, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit zu rechtfertigen vermag. Die Kammer hat insoweit insbesondere ausreichend Anhaltspunkte für die Annahme, dass dem Antragsteller Wohnungslosigkeit droht oder gar unmittelbar bevorsteht, wenn der Antragsgegner ihm keine Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt, so dass nicht nur die vorläufige Gewährung für die Zukunft, sondern ausnahmsweise auch für die Vergangenheit gerechtfertigt ist, wobei die Kammer mangels anders lautender Anhaltspunkte davon ausgeht, dass durch den Ausgleich der rückständigen Mietzinsbeträge die Vermieterin auch weiterhin bereit ist, das Mietverhältnis mit dem Antragsteller fortzusetzen.

4. a) Die Kammer hat bei der Tenorierung im Hinblick auf das Fehlen eines bezifferten Antrages des anwaltlich vertretenen Antragstellers von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, den Antragsgegner – in seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe – in Anlehnung an § 130 Abs 1 S 1 SGG dem Grunde nach zu verpflichten, die entsprechenden Leistungsansprüche zu berechnen und anschließend zu gewähren.

b) Für die Begrenzung des Gewährungszeitraums für den Regelbedarf und die (zukünftig) fällig werdenden Kosten der Unterkunft und Heizung hat die Kammer von der – mit Blick auf die Vorläufigkeit der Regelung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen – Befugnis Gebrauch gemacht, den Zeitraum auf sechs Monate zu begrenzen. Soweit der Antragsteller demgegenüber den Gewährungszeitraum "bis zur Entscheidung in der Hauptsache" erstreckt wissen wollte, war der Antrag daher abzulehnen.

c) Die Kammer hat darüber hinaus in Anlehnung an § 35 Abs 1 S 3 und S 4 SGB XII von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, die Auszahlung der rückständigen und der zukünftig fällig werdenden Mietzinsbeträge unmittelbar an die Vermieterin anzuordnen.

5. Die Kostenentscheidung im vorliegenden einstweiligen sozialgerichtlichen Rechtsschutzverfahren, für welches Gerichtskosten nicht erhoben werden, beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller nur zum Teil obsiegt hat.

Rechtsmittelbelehrung:
( ...)

B.
Richter am Sozialgericht
Rechtskraft
Aus
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