Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 7 AS 211/08 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 22.02.2008 bis zur Erteilung eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides für den Zeitraum ab dem 01.02.2008, längstens bis zum 31.03.2008, weitere Leistungen für Unterkunft in Höhe von 93,53 Euro monatlich unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu erbringen.
2. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit seinem am 22.02.2008 bei dem Sozialgericht Kassel eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt der Antragsteller – nur noch - höhere Leistungen für Unterkunft.
Der 1948 geborene Antragsteller bewohnt seit dem Jahre 2004 gemeinsam mit Frau R. M. (-1950) und deren Tochter S.-L. M. (-1988) ein Haus. Nach dem vom Antragsteller und Frau R. M. mit dem Vermieter am 01.06.2004 geschlossenen Mietvertrag ist eine Nettokaltmiete von 500,00 Euro monatlich zzgl. sonstiger Betriebskosten (kalt) von 38,00 Euro monatlich als Gesamtzahlung an den Vermieter vereinbart worden. Die Gesamtwohnfläche beträgt 110 m². Seit dem 01.01.2005 erbringt die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II. Hierbei gingen sämtliche Beteiligte vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers mit Frau M. und ihrer Tochter aus, weil zwischen dem Antragsteller und Frau M. eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestünde. Die Bewilligung der Leistungen erfolgte jeweils unter Anrechnung des Erwerbseinkommens des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit als freier Übersetzer sowie - zeitweilig - unter Berücksichtigung von Einkommen von S.-L. M ... Die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Bedarfsgemeinschaft blieb im Einzelnen streitig. Nach eigenen Angaben nutzte der Antragsteller 24 % der Gesamtwohnfläche für seine selbständige Tätigkeit; die Antragsgegnerin berücksichtigte für Kosten der Unterkunft und Heizung einen Anteil von 76 % der Gesamtwohnfläche. Die Heizkosten entstehen durch die Bevorratung von Gas in einem Gastank und Lieferung von Holz. Mit Schreiben vom 25.01.2006 teilte die Antragsgegnerin der Bedarfsgemeinschaft mit, die von ihr zu zahlenden Kosten der Unterkunft würden die angemessenen Kosten der Unterkunft übersteigen. Die Unterkunftskosten seien daher als unangemessen zu beurteilen. Gemäß § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) II könnten die unangemessenen Wohnkosten deshalb nur für eine Übergangszeit von 6 Monaten bei der Bedarfsberechnung des Arbeitslosengeldes II berücksichtigt werden. Zur Vermeidung von wirtschaftlichen Nachteilen sei der Bedarfsgemeinschaft dringend zu empfehlen, diese Übergangszeit zu nutzen, und eine Minderung der Unterkunftskosten durch einen Wohnungswechsel, Untervermietung oder andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Die Arbeitslosengeld II-Leistungen müssten zur Abgeltung der Aufwendung für die Unterkunft ab dem 01.08.2006 auf den für die Wohnung angemessenen Betrag in Höhe von 340,00 Euro festgesetzt werden, wenn keine Anstrengungen in diesem Sinne von der Bedarfsgemeinschaft unternommen würden. Am 01.09.2006 zog der Sohn von Frau R. M., B. M., in das von der Bedarfsgemeinschaft gemeinsam genutzte Haus ein. Seitdem wird das Haus von vier Personen bewohnt.
Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers für die Bedarfsgemeinschaft mit Frau R. M. und Frau S.-L. M. bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 13.09.2007 für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 Leistungen nach dem SGB II. Von diesen Leistungen ist Herr B. M. nicht betroffen. Er bezieht vielmehr von der Antragsgegnerin auf eigenen Antrag Leistungen nach dem SGB II. Im Bescheid vom 13.09.2007 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller als Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige - ausgehend von einem Regelsatz von 312,00 Euro - unter Anrechnung zu berücksichtigenden Einkommens von 24,97 Euro Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 287,03 Euro. Die Antragsgegnerin erkannte insgesamt monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 318,06 Euro als leistungsfähig an; hiervon wurden sämtlichen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft - darunter dem Antragsteller – jeweils 1/3 (106,02 Euro) bewilligt. Bei den Kosten der Unterkunft ging die Beklagte von einer als angemessen anzusehenden Bruttokaltmiete von 425,08 Euro aus; der Differenzbetrag zur bewilligten Leistung in Höhe von 318,06 Euro insgesamt entfiel auf den vom Antragsteller im Rahmen seiner selbständigen freiberuflichen Tätigkeit genutzten Wohnanteil.
Mit Schreiben vom 23.01.2008 an die Antragsgegnerin teilte der Antragsteller mit, dass er am 31.01.2008 seine Tätigkeit als freiberuflicher Übersetzer einstellen werde. Mit weiterem Schreiben vom 24.01.2008 und 04.02.2008 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin darüber hinaus mit, er löse die ohnehin nur auf dem Papier bestehende Bedarfsgemeinschaft mit Frau R. M. und deren Tochter S.-L. auf. Diese bildeten künftig eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Er beantragte die entsprechende Neuberechnung der Leistungen ab dem 01.02.2008. Die Miet- und Nebenkosten des Hauses mit der Gesamtwohnfläche von 110 m² und einer monatlichen Miete von 538,00 Euro, Kosten für den Bezug von Wasser in Höhe von 28,00 Euro und Kanalbenutzungsgebühren von 33,00 Euro seien künftig auf drei Bedarfsgemeinschaften im folgenden Prozentsatz aufzuteilen:
Frau R. M. und Tochter 45 %
B. M. 22 %
Antragsteller selbst 33 %
Wegen der ab dem 11.02. und sodann jeweils zum Monatsende des Jahres 2008 neu zu entrichtenden Abschlagsbeträge für den Bezug von Wasser und die Kanalbenutzung legte der Antragsteller eine Rechnung der Energie W.-F. GmbH vom 25.01.2008 vor. Die Antragsgegnerin beauftragte daraufhin ihren Außenermittlungsdienst mit der Durchführung eines Hausbesuches bei dem Antragsteller, der von einem Außendienstmitarbeiter der Antragsgegnerin am 25.02.2008 durchgeführt wurde und über den am 28.02.2008 vom beauftragten Mitarbeiter ein Vermerk angefertigt wurde.
Mit seinem am 22.02.2008 bei dem Sozialgericht Kassel eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte der Kläger zunächst neben der Gewährung der vollständigen Kosten der Unterkunft die Bewilligung des vollständigen Regelsatzes ab dem 01.02.2008 nach Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit und Beendigung der Bedarfsgemeinschaft am 31.01.2008. Ferner teilte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.03.2008 dem Gericht mit, dass der Gastank mittlerweile nahezu leer sei. Mit Schriftsatz vom 29.02.2008 erklärte die Antragsgegnerin, dass sie nach dem nunmehr am 25.02.2008 durchgeführten Hausbesuch aufgrund der von Antragsteller mit Schreiben vom 24.01.2008 mitgeteilten geänderten Verhältnisse eine abweichende Bewertung treffe und nunmehr ab dem 01.02.2008 nicht mehr vom Bestehen einer sogenannten "eheähnlichen Gemeinschaft" zwischen dem Antragsteller und Frau R. M. ausginge. Darüber hinaus werde ab dem 01.02.2008 kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Antragsteller mehr angerechnet. Dies führe dazu, dass dem Antragsteller statt 287,03 Euro (für Regelleistung in Höhe von 312,00 Euro abzüglich auf ihn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II verteilten Einkommens von 24,97 Euro) nunmehr 347,00 Euro bewilligt würden. Mit weiterem Schriftsatz vom 03.03.2008 übersandte die Antragsgegnerin dem Gericht ihre schriftliche Zusicherung an den Antragsteller vom selben Datum (irrtümlich angebegenes Datum vom 12.06.2007) über eine einmalige Zahlung für Heizkosten. Ausgehend von einem Jahresheizbedarf für die Zeit vom 01.03.2008 bis 28.02.2009 in Höhe von 3.650 Litern Gas, abzüglich von 18 % Warmwasserenergie in Höhe von 657 Litern, bestünde ein anzuerkennender Heizbedarf von 2.993 Litern Gas. Hierfür werde dem Antragsteller nach aktuellem Tagespreis eine einmalige Zahlung gewährt.
Mit Schriftsatz vom 04.03.2008 hat der Antragsteller den Eilantrag zurückgenommen, soweit er die Kosten der Heizung betraf. Mit Schriftsatz vom 18.03.2008 hat die Antragsgegnerin darüber hinaus mitgeteilt, dass für den Zeitraum Februar 2008 und März 2008 Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 60,20 Euro monatlich, somit insgesamt von 120,40 Euro, an den Kläger als Vorschussleistung gemäß § 42 Abs. 1 SGB I ausgezahlt worden seien.
Der Antragsteller wünscht noch die vollständige Übernahme der Kosten der Unterkunft. Iim Jahre 2004 habe er gemeinsam mit Frau R. M. ein kleines Fachwerkhaus gemietet; Frau R. M. sei mit ihrer Tochter S.-L. in das Obergeschoss und er selbst in das Erdgeschoss gezogen. Da es sich um ein Einfamilienhaus mit nur einer Küche im Erdgeschoss handele, sei diese Küche gemeinschaftlich genutzt worden. Die Mietkosten des Erdgeschosses habe er, die des Obergeschosses Frau M. übernommen. Im Jahre 2006 habe Frau R. M. ihre Erziehungsrente verloren und für sich und ihre Tochter Arbeitslosengeld II beantragen müssen. Er habe ihr daraufhin angeboten, formal eine Bedarfsgemeinschaft mit ihm zu gründen, weil dann alle Auseinandersetzungen mit der Antragsgegnerin über ihn laufen würden. Im September 2006 sei Frau M.s Sohn B. in das Obergeschoss des Hauses eingezogen. Von da an habe es zwei Bedarfsgemeinschaften und - aufgrund seiner freiberuflichen Tätigkeit - ein Übersetzungsbüro in dem gemieteten Haus gegeben. Zum 01.02.2008 habe er seine selbständige Tätigkeit aufgegeben und die Scheinbedarfsgemeinschaft mit Frau R. M. und ihrer Tochter aufgelöst, um so wenigstens Anspruch auf den vollen Regelsatz von 347,00 Euro und die vollständigen Mietkosten zu haben. Seither bestünden drei Bedarfsgemeinschaften, Frau R. M. und ihre Tochter, B. M. und der Antragsteller selbst. Auf seinen formlosen Antrag bei der Antragsgegnerin, unter Berücksichtigung der geänderten Sachlage ab dem 01.02.2008 aktuelle Leistungsbescheide zu erlassen, sei ein entsprechender Bescheid bis heute nicht ergangen. Die Unterkunftskosten berechnet der Antragsteller wie folgt:
Anteil Fläche Mietkostenanteil
Frau M. + Tochter 45 % 49,5 m² 272,10 EUR
B. M. 22 % 24,2 m² 133,03 EUR
R. S. 33 % 36,3 m² 199,55 EUR
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100 % 110,0 m² 604,68 EUR
Dies führe zu den folgenden Fehlbeträgen bei den Mietzahlungen der Antragsgegnerin:
Mietkostenanteil Zahlung der ARGE Fehlbetrag
Frau M. + Tochter 272,10 EUR 212,04 EUR 60,06 EUR
B. M. 133,03 EUR 106,02 EUR 27,01 EUR
R. S. 199,55 EUR 106,02 EUR 93,53 EUR
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604,68 EUR 424,08 EUR 180,60 EUR
Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin noch die Zahlung von 93,53 Euro an Unterkunftskosten für die Zeit ab dem 01.02.2008. Diese Leistungen würden von der Antragsgegnerin zu Unrecht verweigert, weil die aus vier Personen bestehende Gemeinschaft nur einen Anspruch auf eine maximale Wohnfläche von 84 m² hätte. Die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ginge jedoch fehl, auch soweit sie sich auf Rechtsprechung berufe. Bei ihm und den übrigen Bewohnern des Hauses handele es sich seit dem 01.02.2008 um eine Wohngemeinschaft, von der jeder einzelne Betroffene Anspruch auf die Mietobergrenze eines Ein-Personen-Haushaltes habe. Im Rahmen der vorhandenen Wohngemeinschaft werde nicht nur getrennt eingekauft, gekocht, gegessen und gelebt, sondern jeder der Betroffenen verwende auch sein eigenes Geschirr und - soweit vorhanden - auch seine eigenen Haushaltsgeräte. Die alleinige Nutzung der Küche als Gemeinschaftsküche begründe noch keinen gemeinsamen Haushalt. Im Übrigen würden die derzeitigen Gesamtmietkosten von 604,68 Euro - welche von der Antragsgegnerin irrtümlich mit 599,00 Euro beziffert würden, weil sie bei den Wasser- und Kanalgebühren von den Abschlagszahlungen des Jahres 2007 ausgegangen sei - mit ca. 150,00 Euro pro Person ausgesprochen niedrig seien. Der von der Antragsgegnerin verlangte Umzug führte zu wesentlich höheren Lasten, die von ihr zu tragen wären. Entscheidend sei darüber hinaus nicht, wie die genaue Aufteilung der Wohnfläche für die im Hause wohnenden Personen vorzunehmen sei, vielmehr sei entscheidend, dass die Antragsgegnerin insgesamt für die Gesamtmiete aufkomme, wobei sie, da sie von einer Haushaltsgemeinschaft ausgehe, die jeweiligen Mietanteile gleichförmig zu einem Viertel auf jeden einzelnen Bewohner des Hauses aufteilen müsste. Für den Fall einer individuellen Aufteilung der Mietkosten legt der Antragsteller dar, dass die von ihm in seinem Eilantrag genannten Wohnflächen erreicht würden, wenn man einerseits jedem Hausbewohner die 15 m² große Küche zu je einem Viertel zuordne, und wenn er sein 10 m² großes Schlafzimmer Frau M. und ihren Kindern überlasse, wobei noch offen sei, welchen Verwendungszweck das Schlafzimmer finden werde. Eine konkrete Umverteilung des Wohnraums unter den einzelnen Hausbewohnern sei ohnehin erst dann sinnvoll, wenn sich die Antragsgegnerin bereit erklärt habe, die vollen Mietkosten zu übernehmen und die Gefahr einer Kündigung des Mietvertrages abgewendet sei.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig ab dem 01.02.2008 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 93,53 Euro zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Nach dem am 25.02.2008 erfolgten Hausbesuch geht sie von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau R. M. nicht mehr aus. Demgemäß sei dem Kläger auch am 18.03.2008 die Differenz zum vollen Regelsatz in Höhe von 347,00 Euro monatlich für die Monate Februar und März 2008 überwiesen worden. Ein Bescheid über die ab dem 01.02.2008 geänderten Verhältnisse werde jedoch erst dann ergehen, wenn ein Nachweis über die Wohnflächenaufteilung vom Antragsteller bzw. den übrigen Beteiligten vorgelegt worden sei. Daher erfolge die Auszahlung des vollen Regelsatzes bzw. die Auszahlung des Differenzbetrages lediglich im Rahmen von § 42 Abs. 1 SGB I als vorläufige Leistung. Im Übrigen seien die Unterkunftskosten, die vom Antragsteller geltend gemacht würden, in Höhe von 33 % der Wohnfläche und damit 36,3 m² der insgesamt zur Verfügung stehenden Fläche von 110 m² unangemessen im Verhältnis zu den Wohnflächen der übrigen Mitbewohner. Ein Nachweis der tatsächlichen Aufteilung der Wohnflächen stünde noch aus. Im Falle des Antragstellers und der übrigen Mitbewohner des Hauses sei auf einen Vier-Personen-Haushalt abzustellen. Das Arbeitslosengeld II solle lediglich den Bedarf decken. Die Frage der Angemessenheit der Wohnung im Rahmen von § 22 Abs. 1 SGB II sei unter Berücksichtigung des tatsächlich bestehenden Vier-Personen-Haushaltes zu prüfen. Die Wohngemeinschaft des Antragstellers teile sich in zwei Haushaltsgemeinschaften auf, eine Ein-Personen-Haushaltsgemeinschaft (Antragsteller selbst) und eine Drei-Personen-Haushaltsgemeinschaft (Frau R. M. mit beiden Kindern). Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bay. Landessozialgerichts (Beschluss vom 15.09.2005, Az.: L 10 B 429/05 AS ER) zu einem Zwei-Personen-Haushalt komme es nicht auf den fiktiven Bedarf zweier Ein-Personen-Haushalte an, denn allein der tatsächliche Bedarf des Antragstellers in dessen frei gewählter Lebensform sei maßgebend. Im vorliegenden Fall sei deshalb auch auf einen Vier-Personen-Haushalt abzustellen. Durch die Lebensform der Wohngemeinschaft - ohne dass es sich um eine Bedarfsgemeinschaft handelt - würden von den daran Beteiligten in Folge gemeinsamen Wohnens Kosten gegenüber einem getrennten Wohnen eingespart. Diese Situation sei mit der von Familien bzw. Bedarfsgemeinschaften vergleichbar. Der Bedarf von Familien oder Lebensgemeinschaften, die eine Bedarfsgemeinschaft bildeten, werde dabei jeweils anhand der für diese Bedarfsgemeinschaft vorgegebenen und als angemessenen betrachteten Wohnungsgrößen ermittelt. Nicht abgestellt werde auf den Bedarf jedes einzelnen Mitgliedes dieser Bedarfsgemeinschaft, denn diesen gegenüber wären Wohngemeinschaften ansonsten leistungsrechtlich besser gestellt. Eine Ermittlung des Unterkunfts- und Heizkostenbedarfs anhand eines fiktiven Ein-Personen-Haushaltes würde zu einer Überversorgung der Wohngemeinschaft führen. Denn durch gemeinsames Wohnen könne die Wohngemeinschaft finanzielle Aufwendungen einsparen, so dass die Abrechnung fiktiver Ein-Personen-Haushalte dafür dazu führen würde, dass aus Steuermitteln ein nicht bestehender Bedarf gedeckt würde. Die berücksichtigungsfähige Wohnfläche ergebe sich aus den Kriterien der Förderungsfähigkeit im sozialen Wohnungsbau. Nach den Richtlinien des Landes Hessen zur sozialen Wohnraumförderung in der Fassung vom 19.01.2004 (Hessischer Staatsanzeiger, Seite 628) sei eine Wohnungsgröße von 84 m² für vier Personen angemessen, so dass die Wohnfläche des ca. 110 m² Wohnhauses des Antragstellers unangemessen groß sei. Für den Wohnort des Antragstellers in A-Stadt seien Wohnungskosten von 3,81 Euro pro Quadratmeter für die Grundmiete zzgl. 1,24 Euro pro Quadratmeter für die Betriebskosten (außer Heizung und Warmwasser), zusammen 5,05 Euro pro Quadratmeter grundsicherungsrechtlich angemessen für einen Vier-Personen-Haushalt, das seien bei einer angemessenen Wohnfläche von 84 m² monatlich 425,00 Euro. Hierbei ergebe sich die abstrakte Angemessenheit von Unterkunftskosten aus dem Produkt aus angemessener Wohnfläche (soziale Wohnungsbauförderung) und Standard (einfache untere Ausstattung), das sich in der Wohnungsmiete (Mietniveau am Wohnort) niederschlage (sogenannte Produkttheorie, BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7 b AS 18/06 R; HLSG, Urteile vom 12.03.2007, Az.: L 9 AS 260/06 und L 9 AS 270/06). Hierzu übersendet die Antragsgegnerin einen Angebotsspiegel Mietwohnungen, in dem Wohnort, Wohnfläche und Nettokaltmiete der im ersten Halbjahr 2007 angebotenen Wohnungen erfasst seien, und zwar aus allen zur Verfügung stehenden Quellen, wie Vermietungsanzeigen in der X. Landeszeitung/Y. Zeitung und der X. Allgemeinen, Auskünften der ansässigen Wohnungsbauunternehmen und Neuanmietungen durch Leistungsempfänger.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind. Nachdem der Antragsteller zunächst seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auch auf Frau R. M. und ihre Tochter Frau S.-L. M. erstreckt hatte, hat er auf entsprechenden Hinweis des Gerichts vom 05.03.2008 seinen Antrag auf die für seine Person zu erbringenden Leistungen beschränkt.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft und zulässig. Er ist begründet. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen; denn diese Kosten sind angemessen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) II.
1. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen (soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG nicht vorliegt), wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind dabei nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Nach § 86 b Abs. 4 SGG entscheidet das Gericht durch Beschluss; ein Antrag ist auch schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 3 SGG).
Im vorliegenden Falle ist der Antrag nach § 86 b Abs. 2 SGG statthaft, da der Antragsteller nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Verwaltungsaktes begehrt, sondern einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen verfolgt, für den in der Hauptsache eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 und 4 SGG zu erheben wäre.
Sowohl bei der Sicherungs- als auch bei der Regelungsanordnung muss der Antragsteller ein Recht geltend machen, dass ihm zusteht (Anordnungsanspruch) und das durch eine Veränderung gefährdet ist (Anordnungsgrund). Hierbei ist der Anordnungsgrund der Grund für den vorläufigen Rechtsschutz selbst, also die Gefahr vollendeter Tatsachen, die Eilbedürftigkeit etc. Der Anordnungsanspruch ist das zu sichernde Recht hinter der einstweiligen Anordnung, also der materielle Anspruch. Begründet ist der Antrag auf einstweilige Anordnung, wenn der Antragsteller beides – Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch – glaubhaft gemacht hat. Demnach ergeht eine einstweilige Anordnung dann, wenn die Klage nach summarischer Prüfung des Gerichtes offensichtlich begründet ist. Sie darf hingegen nicht ergehen, wenn die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Ist weder das eine noch das andere der Fall, muss abgewogen werden zwischen der entstehenden Situation ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung bei letztlich erfolgreicher Klage und derjenigen Situation bei Erlass einer einstweiligen Anordnung und letztlich erfolgloser Klage. Darüber hinaus darf die Entscheidung des Gerichtes im vorläufigen Rechtsschutz die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen.
2. Der Antragsteller hat mit dem im Tenor ersichtlichen Umfang sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund dargelegt. Wegen des vorliegenden Streites um die Zahlung von Kosten für eine angemessene Unterkunft und wegen des existenzsichernden Charakters dieser Leistungen ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu bejahen. Die Antragsgegnerin verweigert die Bescheiderteilung, was für die Kammer nicht recht verständlich ist. Denn der Antragsteller hat für die Zeit ab dem 1.2.2008 Angaben gemacht, die zu einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X führen können, so dass die Antragsgegnerin zur Amtsermittlung und Bescheiderteilung verpflichtet ist, zumal sie die Änderung der Verhältnisse (keine Bedarfsgemeinschaft ab dem 1.2.2008) anerkennt und den Regelhöchstsatz ausgezahlt hat.
Ein Anspruch auf Leistung der tatsächlichen Aufwendungen für den Wohnraum kann der Antragsteller gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 und § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit Erfolg geltend machen, weil die von ihm ab dem 01.02.2008 angegebenen tatsächlichen Verhältnisse sich gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X geändert haben, so dass dem Antragsteller ein Anspruch auf Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten zusteht. Hiernach stellt das Gericht bei der vorläufig zu treffenden Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz zum einen auf die Angaben des Antragstellers zur Wohnraumaufteilung, zum anderen auf die sich aufgrund des Hausbesuches der Antragsgegnerin vom 25.02.2008 ergebenden Verhältnisse ab. Das Gericht brauchte hierbei im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nicht Beweis darüber zu erheben, welche Wohnflächenaufteilung der Antragsteller und die übrigen Mitbewohner des angemieteten Hauses ab dem 01.02.2008 tatsächlich vorgenommen haben, da die vom Antragsteller geltend gemachten Kosten der Unterkunft in Höhe von 199,55 Euro als angemessen zu beurteilen sind. Das Gericht muss auch die Rechtsfrage nicht abschließend beurteilen. Nach dem gebotenen Aufwand im einstweiligen Rechtsschutz überwiegen die Anhaltspunkte dafür, dass sich die Antragsgegnerin nicht zu Recht auf den Standpunkt wird stellen können, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliege, in deren Rahmen lediglich eine 84 m² große Wohnung für sämtliche vier Beteiligte angemessen wäre. Denn auch nach der vom Bundessozialgericht angewandten und von der Antragsgegnerin grds. zutreffend dargestellten Produkttheorie sind die vom Antragsteller aufgewendeten Kosten der Unterkunft als angemessen zu beurteilen. Die Rechtsfrage ist im Übrigen abschließend in einem möglichen Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin folgt aus dem Umstand, dass der Antragsteller mit weiteren drei Personen in einem Haus lebt, nichts anderes. Seit dem 01.02.2008 ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass zwischen dem Antragsteller und Frau R. M. eine Bedarfsgemeinschaft nicht mehr vorliegt. Dies wird von der Antragsgegnerin aufgrund des von ihrem Außenermittlungsdienst durchgeführten Hausbesuches am 25.02.2008 nicht bestritten; vielmehr geht auch die Antragsgegnerin davon aus, dass eine Bedarfsgemeinschaft ab dem 01.02.2008 nicht mehr besteht. Sie setzt sich damit mit ihrer weiterhin vertretenen Rechtsauffassung, der Antragsteller müsse sich ersparte - besser wohl: zu ersparende - Kosten der Unterkunft zurechnen lassen, weil die gesamte Gemeinschaft von vier Personen lediglich Anspruch auf eine angemessene Wohnung von maximal 84 m² habe, in Widerspruch zu ihrer eigenen Rechtsauffassung und den tatsächlichen Feststellungen ihres Außenermittlungsdienstes. Insbesondere kann nicht ohne Weiteres - wie die Antragsgegnerin meint - die für einen Vier-Personen-Haushalt im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft angemessene Miethöhe und Wohnungsgröße zugrunde gelegt werden, da der Antragsteller unstreitig seit dem 01.02.2008 nicht mehr in einer Bedarfsgemeinschaft lebt.
Für die Auffassung der Antragsgegnerin ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Die Verhältnisse des vom Bay. Landessozialgericht entschiedenen Fall nach dem Beschluss vom 15.09.2005, Az.: L 10 B 429/05 AS ER, nach denen eine dortige Antragstellerin mit ihrem Sohn in einer 106 m² großen Wohnung zusammenlebte, sind auf den vorliegenden Fall bereits der abweichenden Wohnflächen wegen nicht anzuwenden. Im Übrigen ist der Begriff der Haushaltsgemeinschaft, der lediglich im Rahmen von § 9 Abs. 5 SGB II Verwendung findet, und nach dem vermutet wird, dass Hilfebedürftige, wenn sie in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten leben, von diesen Leistungen erhalten, soweit er es nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn der Begriff der Haushaltsgemeinschaft findet sich im SGB II lediglich im Rahmen des § 9 Abs. 5 SGB II. Im Übrigen gelten für die Kosten der Unterkunft die Grundsätze des § 22 SGB II, in denen sich der Begriff der Haushaltsgemeinschaft nicht findet. Die Fälle der Bedarfsgemeinschaft, die zu einer Begrenzung der Mietflächen für mehrere zusammen wohnende Personen führen, sind im § 7 SGB II abschließend geregelt. Es bestehen im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall der Antragsteller mit den übrigen Mitbewohnern gemeinsam haushaltsmäßig wirtschaftet, wie es sich aus dem Besuchsprotokoll des Außenermittlungsdienstes vom 28.2.2008 ergibt.
Die Bereitschaft eines Hilfebedürftigen, sich mit Dritten eine Wohnung zu teilen, führt nicht zu einer abweichenden Bestimmung der maßgeblichen Wohnungsgröße. Unter Zugrundelegung der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Produkttheorie, der sich das Bundessozialgericht ausdrücklich angeschlossen hat, steht es dem Hilfebedürftigen frei, ob er sich hinsichtlich sämtlicher den Mietpreis bestimmenden Faktoren am Angemessenen orientiert, oder ob er eine unangemessen große Unterkunft zu einem besonders niedrigen Mietpreis anmietet oder eine unangemessen teure Unterkunft bevorzugt, sich dafür aber mit einer besonders geringen Quadratmeterzahl begnügt. Damit ist es ihm unbenommen, sich bei einem gewissen Verlust von Privatsphäre den Vorteil zu verschaffen, auf mehr Quadratmetern und ggf. in einer besseren Wohnlage zu wohnen. Da der Träger der Grundsicherung stets nur die tatsächlich anfallenden Kosten zu zahlen hat und das Zusammenleben mit Dritten vom Hilfeempfänger nicht verlangt werden kann, ist nicht erkennbar, weshalb der Grundsicherungsträger an den Möglichkeiten des Einzelnen, die angemessenen Wohnkosten für seine Bedürfnisse im Einzelfall optimal einzusetzen, weitergehend beteiligt werden sollte, da das Auseinanderbrechen von kostensenkenden Wohnformen, die sinnvolle Synergieeffekte für Hilfebedürftige schaffen können, die Folge wäre (ausführlich: LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.9.2006, Az. L 6 AS 6/06, zitiert nach juris, Rn. 15 ff, m.w.N. – Revision anhängig BSG, Az. B 14/11b AS 61/06 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.11.2007, Az.: L 28 AS 1059/07, zitiert nach juris, Rdnr. 28).
Eine Wohngemeinschaft unterscheidet sich von einer Bedarfsgemeinschaft und bedingt einen höheren Wohnbedarf, weil bestimmte Wohnbereiche allein einem bestimmten Mitglied der Wohngemeinschaft zur persönlichen Nutzung zugewiesen sind und lediglich Küche, Sanitärbereich und Flur zur gemeinschaftlichen Nutzung mietvertraglich vorgesehen sind. Demgegenüber wird in einer Bedarfsgemeinschaft die Wohnung insgesamt benutzt (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.09.2007, L 5 B 1280/07 AS ER, zitiert nach juris, Rdnr. 6; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.03.2006, L 6 AS 96/06 ER und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.04.2006, L 9 AS 131/06 ER). Es liegt kein sachlich rechtfertigender Grund dafür vor, die angemessenen Unterkunftskosten der einzelnen Mitglieder einer Wohngemeinschaft anders zu bestimmen, als in den Fällen, in denen sie alleine leben. Denn bei der Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft kann bei einer Wohngemeinschaft nicht von annähernd gleichen Lebens- und Wohnverhältnissen wie bei einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen werden. Eine Bedarfsgemeinschaft wird geprägt durch persönliche und auch räumliche Nähe innerhalb der Wohnung, wohingehend eine Wohngemeinschaft sich in der Regel dadurch auszeichnet, dass bestimmte Wohnbereiche allein einem bestimmten Mitglied der Wohngemeinschaft zur persönlichen und ausschließlichen Nutzung zugewiesen sind und lediglich Küche, Sanitärbereiche, Flur und gegebenenfalls weitere gemeinsam genutzte Zimmer zur gemeinschaftlichen Nutzung den Mitgliedern der Wohngemeinschaft zugewiesen sind.
Der sachliche Grund, der im Falle einer Bedarfsgemeinschaft zur Begrenzung der Wohnungsgrößen und -kosten führt, liegt in dem besonderen individuellen Einstandswillen der an ihr Beteiligten, der es erst rechtfertigt, ihnen eine Begrenzung der ihnen einzeln zustehenden - höhereren - Kosten und Wohnflächen zuzumuten. Im Rahmen einer Haushaltsgemeinschaft mag im Einzelfall ein gewisses Solidaritätsgefühl noch vorliegen, im Falle einer Wohngemeinschaft ist davon nicht mehr auszugehen – bezeichnend ist, dass der Gesetzgeber selbst in § 9 Abs. 5 SGB II die Haushaltsgemeinschaft lediglich bei Verwandten und Verschwägerten als bedeutsam für den gegenseitigen Unterhalt erwähnt. Fremde Dritte bleiben zu Recht unerwähnt, da von ihnen das nachhaltige Füreinandereinstehen nicht erwartet werden kann. Daher muss sich der einzelne in einer Haushalts- und Wohngemeinschaft nicht auf einen geringeren Teil der Wohnfläche und -kosten beschränken als ihm zustünde, wenn er alleine lebte. Damit werden Mehrpersonen-Wohnverhältnisse nicht privilegiert, wie die Antragsgegnerin meint, denn es besteht ein sachlicher Unterscheidungsgrund; eine rein fiskalische Betrachtungsweise verbietet sich.
Bei der Beurteilung, ob der Aufwand für die Unterkunft einen angemessenen Umfang hat, ist von der tatsächlich entrichteten Miete auszugehen und eine den Besonderheiten des Einzelfalles gerecht werdende Betrachtung anzustellen. Neben den konkreten Verhältnissen auf dem örtlichen Mietmarkt sind die persönlichen Lebensumstände der Hilfebedürftigen in die Prüfung einzubeziehen. Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Gemeinschaft, insbesondere eine Haushaltsgemeinschaft, deren Begriff in § 9 Abs. 5 SGB II verwandt wird, und die im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen wäre, sind nicht ersichtlich und von der Antragsgegnerin zwar vorgetragen, jedoch nicht im ausreichenden Umfange belegt worden. Denn nach den Ermittlungen ihres Außenermittlungsdienstes am 25.02.2008 liegen solche Anhaltspunkte für ein gemeinschaftliches Wirtschaften der an der Wohngemeinschaft beteiligten Personen nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus dem Vermerk des Außenermittlungsdienstes vom 28.02.2008, dass von Seiten des Antragstellers angegeben worden sei, dass der Einkauf von Lebensmitteln, die Zubereitung von Nahrung und die Benutzung von Gegenständen im Rahmen des gemeinsamen Wohnbereiches von jedem der Beteiligten getrennt durchgeführt werde. Diese Feststellungen akzeptierend hat die Antragsgegnerin selbst nicht mehr am Vorhandensein einer Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers mit Frau R. M. ab dem 01.02.2008 festgehalten. Es kann damit nicht mehr die für einen Vier-Personen-Haushalt im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft angemessene Wohnungsgröße von 84 m² zugrunde gelegt werden. Der Antragsteller selbst hat zwar - wie die Antragsgegnerin zutreffend dargelegt hat - eine Aufstellung über die tatsächlichen Wohnflächennutzungen für die einzelnen Beteiligten der Wohngemeinschaft nicht vorgelegt. Nach dem Ergebnis der Feststellungen des Außenermittlungsdienstes am 25.02.2008 ergibt sich für das Gericht jedoch mit der für die Entscheidung im Eilverfahren ausreichenden Gewißheit, dass der Antragsteller selbst das Erdgeschoss mit 65 m² inklusive der Gemeinschaftsküche von 15 m² bewohnt. Das obere Geschoss ist hingegen für die übrigen drei Beteiligten der Wohngemeinschaft reserviert. Teilt man die Küchenfläche durch die gemeinsame Nutzung sämtlicher vier Mitbewohner entsprechend auf die Personenzahl auf, so ergibt sich eine Wohnfläche für den Antragsteller von 53,75 m², die von ihm selbst genutzt wird. Eine solche Wohnfläche wäre zwar in Anbetracht der einer Person zustehenden angemessenen Wohnfläche von 45 m² als unangemessen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu betrachten. Der Antragsteller selbst macht jedoch nur einen Wohnanteil von 33 % geltend. Die von ihm durch Vorlage von Unterlagen glaubhaft gemachten Kosten der Unterkunft betragen insgesamt 604,68 Euro (500,00 Euro Nettomiete kalt zzgl. 43,68 Euro Betriebskosten zzgl. 28,00 Euro Wasserbezugskosten und 33,00 Euro Kanalbenutzungsgebühr). Mit diesem Betrag bewegt sich der Antragsteller unterhalb der auch von der Antragsgegnerin aufgrund der von ihr mit Hilfe von Angebotsmieten ermittelten Miethöhe von 255,00 Euro monatlich; nach den abstrakt angemessenen Wohnungskosten in der Stadt A-Stadt, die von der Antragsgegnerin ermittelt worden sind, ergeben sich für Wohnungen bis zu 45 qm mit einfacher Ausstattung Bruttomieten ohne Heizkosten von 5,68 Euro pro Quadratmeter, die zu einer Gesamtmiete von 255,00 Euro monatlich führen. Der Antragsteller macht jedoch lediglich Kosten in Höhe von 199,55 Euro monatlich geltend. Damit liegt er weit unterhalb des Spektrums der Angebotsmieten für angemessenen Wohnraum für eine Person im Bereich der Stadt A-Stadt. Die von der Antragsgegnerin in diesem Rahmen vorgelegten Ermittlungen über Angebotsmieten werden von der Kammer nicht bezweifelt. Entscheidend für den Anspruch ist, dass damit die geltend gemachten Kosten der Unterkunft die angemessenen Kosten der Unterkunft - wie sie selbst von der Antragsgegnerin ermittelt worden sind - nicht übersteigen, sondern tatsächlich unterschreiten. Letztlich kommt die vom Antragsteller gewählte Wohnform der Wohngemeinschaft für die Zeit des Hilfebezuges nach dem Sozialgesetzbuch II der Gemeinschaft der Steuerzahler zugute, da er tatsächlich nur Aufwendungen von 199,95 Euro monatlich geltend macht, obwohl Aufwendungen von 255,00 Euro monatlich nach den vorliegenden Angebotsmieten angemessen erscheinen. Ob der Antragsteller und die übrigen Mitbewohner nunmehr für die Zukunft ihre tatsächlichen Wohnverhältnisse anderweitig aufteilen, ist für die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz ohne Belang, da genügend Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die derzeitigen Wohnverhältnisse des Antragstellers tatsächlich so vorliegen, wie im Bericht des Außenermittlungsdienstes der Antragsgegnerin vom 28.02.2008 dargestellt.
3. Die Antragsgegnerin wird über den Änderungsantrag des Antragstellers vom 24.01.2008, mit dem er die Verhältnisänderung ab dem 01.02.2008 angezeigt hat, noch durch rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu entscheiden haben. Die übrigen vom Antragsteller mit seinem Antrag geltend gemachten Aufwendungen (Regelsatz in voller Höhe von 347,00 Euro und Kosten der Gaslieferung) sind durch die von der Antragsgegnerin am 18.03.2008 erfolgte Vorschusszahlung in Höhe von 120,40 Euro bzw. durch die Zusicherung der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 03.03.2008 mit irrtümlich unter dem Datum des 12.06.2007 erstellten Zusicherungsschreibens für den vorliegenden Fall erledigt, so dass insoweit weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
2. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit seinem am 22.02.2008 bei dem Sozialgericht Kassel eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt der Antragsteller – nur noch - höhere Leistungen für Unterkunft.
Der 1948 geborene Antragsteller bewohnt seit dem Jahre 2004 gemeinsam mit Frau R. M. (-1950) und deren Tochter S.-L. M. (-1988) ein Haus. Nach dem vom Antragsteller und Frau R. M. mit dem Vermieter am 01.06.2004 geschlossenen Mietvertrag ist eine Nettokaltmiete von 500,00 Euro monatlich zzgl. sonstiger Betriebskosten (kalt) von 38,00 Euro monatlich als Gesamtzahlung an den Vermieter vereinbart worden. Die Gesamtwohnfläche beträgt 110 m². Seit dem 01.01.2005 erbringt die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II. Hierbei gingen sämtliche Beteiligte vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers mit Frau M. und ihrer Tochter aus, weil zwischen dem Antragsteller und Frau M. eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestünde. Die Bewilligung der Leistungen erfolgte jeweils unter Anrechnung des Erwerbseinkommens des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit als freier Übersetzer sowie - zeitweilig - unter Berücksichtigung von Einkommen von S.-L. M ... Die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Bedarfsgemeinschaft blieb im Einzelnen streitig. Nach eigenen Angaben nutzte der Antragsteller 24 % der Gesamtwohnfläche für seine selbständige Tätigkeit; die Antragsgegnerin berücksichtigte für Kosten der Unterkunft und Heizung einen Anteil von 76 % der Gesamtwohnfläche. Die Heizkosten entstehen durch die Bevorratung von Gas in einem Gastank und Lieferung von Holz. Mit Schreiben vom 25.01.2006 teilte die Antragsgegnerin der Bedarfsgemeinschaft mit, die von ihr zu zahlenden Kosten der Unterkunft würden die angemessenen Kosten der Unterkunft übersteigen. Die Unterkunftskosten seien daher als unangemessen zu beurteilen. Gemäß § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) II könnten die unangemessenen Wohnkosten deshalb nur für eine Übergangszeit von 6 Monaten bei der Bedarfsberechnung des Arbeitslosengeldes II berücksichtigt werden. Zur Vermeidung von wirtschaftlichen Nachteilen sei der Bedarfsgemeinschaft dringend zu empfehlen, diese Übergangszeit zu nutzen, und eine Minderung der Unterkunftskosten durch einen Wohnungswechsel, Untervermietung oder andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Die Arbeitslosengeld II-Leistungen müssten zur Abgeltung der Aufwendung für die Unterkunft ab dem 01.08.2006 auf den für die Wohnung angemessenen Betrag in Höhe von 340,00 Euro festgesetzt werden, wenn keine Anstrengungen in diesem Sinne von der Bedarfsgemeinschaft unternommen würden. Am 01.09.2006 zog der Sohn von Frau R. M., B. M., in das von der Bedarfsgemeinschaft gemeinsam genutzte Haus ein. Seitdem wird das Haus von vier Personen bewohnt.
Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers für die Bedarfsgemeinschaft mit Frau R. M. und Frau S.-L. M. bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 13.09.2007 für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 Leistungen nach dem SGB II. Von diesen Leistungen ist Herr B. M. nicht betroffen. Er bezieht vielmehr von der Antragsgegnerin auf eigenen Antrag Leistungen nach dem SGB II. Im Bescheid vom 13.09.2007 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller als Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige - ausgehend von einem Regelsatz von 312,00 Euro - unter Anrechnung zu berücksichtigenden Einkommens von 24,97 Euro Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 287,03 Euro. Die Antragsgegnerin erkannte insgesamt monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 318,06 Euro als leistungsfähig an; hiervon wurden sämtlichen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft - darunter dem Antragsteller – jeweils 1/3 (106,02 Euro) bewilligt. Bei den Kosten der Unterkunft ging die Beklagte von einer als angemessen anzusehenden Bruttokaltmiete von 425,08 Euro aus; der Differenzbetrag zur bewilligten Leistung in Höhe von 318,06 Euro insgesamt entfiel auf den vom Antragsteller im Rahmen seiner selbständigen freiberuflichen Tätigkeit genutzten Wohnanteil.
Mit Schreiben vom 23.01.2008 an die Antragsgegnerin teilte der Antragsteller mit, dass er am 31.01.2008 seine Tätigkeit als freiberuflicher Übersetzer einstellen werde. Mit weiterem Schreiben vom 24.01.2008 und 04.02.2008 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin darüber hinaus mit, er löse die ohnehin nur auf dem Papier bestehende Bedarfsgemeinschaft mit Frau R. M. und deren Tochter S.-L. auf. Diese bildeten künftig eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Er beantragte die entsprechende Neuberechnung der Leistungen ab dem 01.02.2008. Die Miet- und Nebenkosten des Hauses mit der Gesamtwohnfläche von 110 m² und einer monatlichen Miete von 538,00 Euro, Kosten für den Bezug von Wasser in Höhe von 28,00 Euro und Kanalbenutzungsgebühren von 33,00 Euro seien künftig auf drei Bedarfsgemeinschaften im folgenden Prozentsatz aufzuteilen:
Frau R. M. und Tochter 45 %
B. M. 22 %
Antragsteller selbst 33 %
Wegen der ab dem 11.02. und sodann jeweils zum Monatsende des Jahres 2008 neu zu entrichtenden Abschlagsbeträge für den Bezug von Wasser und die Kanalbenutzung legte der Antragsteller eine Rechnung der Energie W.-F. GmbH vom 25.01.2008 vor. Die Antragsgegnerin beauftragte daraufhin ihren Außenermittlungsdienst mit der Durchführung eines Hausbesuches bei dem Antragsteller, der von einem Außendienstmitarbeiter der Antragsgegnerin am 25.02.2008 durchgeführt wurde und über den am 28.02.2008 vom beauftragten Mitarbeiter ein Vermerk angefertigt wurde.
Mit seinem am 22.02.2008 bei dem Sozialgericht Kassel eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte der Kläger zunächst neben der Gewährung der vollständigen Kosten der Unterkunft die Bewilligung des vollständigen Regelsatzes ab dem 01.02.2008 nach Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit und Beendigung der Bedarfsgemeinschaft am 31.01.2008. Ferner teilte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.03.2008 dem Gericht mit, dass der Gastank mittlerweile nahezu leer sei. Mit Schriftsatz vom 29.02.2008 erklärte die Antragsgegnerin, dass sie nach dem nunmehr am 25.02.2008 durchgeführten Hausbesuch aufgrund der von Antragsteller mit Schreiben vom 24.01.2008 mitgeteilten geänderten Verhältnisse eine abweichende Bewertung treffe und nunmehr ab dem 01.02.2008 nicht mehr vom Bestehen einer sogenannten "eheähnlichen Gemeinschaft" zwischen dem Antragsteller und Frau R. M. ausginge. Darüber hinaus werde ab dem 01.02.2008 kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Antragsteller mehr angerechnet. Dies führe dazu, dass dem Antragsteller statt 287,03 Euro (für Regelleistung in Höhe von 312,00 Euro abzüglich auf ihn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II verteilten Einkommens von 24,97 Euro) nunmehr 347,00 Euro bewilligt würden. Mit weiterem Schriftsatz vom 03.03.2008 übersandte die Antragsgegnerin dem Gericht ihre schriftliche Zusicherung an den Antragsteller vom selben Datum (irrtümlich angebegenes Datum vom 12.06.2007) über eine einmalige Zahlung für Heizkosten. Ausgehend von einem Jahresheizbedarf für die Zeit vom 01.03.2008 bis 28.02.2009 in Höhe von 3.650 Litern Gas, abzüglich von 18 % Warmwasserenergie in Höhe von 657 Litern, bestünde ein anzuerkennender Heizbedarf von 2.993 Litern Gas. Hierfür werde dem Antragsteller nach aktuellem Tagespreis eine einmalige Zahlung gewährt.
Mit Schriftsatz vom 04.03.2008 hat der Antragsteller den Eilantrag zurückgenommen, soweit er die Kosten der Heizung betraf. Mit Schriftsatz vom 18.03.2008 hat die Antragsgegnerin darüber hinaus mitgeteilt, dass für den Zeitraum Februar 2008 und März 2008 Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 60,20 Euro monatlich, somit insgesamt von 120,40 Euro, an den Kläger als Vorschussleistung gemäß § 42 Abs. 1 SGB I ausgezahlt worden seien.
Der Antragsteller wünscht noch die vollständige Übernahme der Kosten der Unterkunft. Iim Jahre 2004 habe er gemeinsam mit Frau R. M. ein kleines Fachwerkhaus gemietet; Frau R. M. sei mit ihrer Tochter S.-L. in das Obergeschoss und er selbst in das Erdgeschoss gezogen. Da es sich um ein Einfamilienhaus mit nur einer Küche im Erdgeschoss handele, sei diese Küche gemeinschaftlich genutzt worden. Die Mietkosten des Erdgeschosses habe er, die des Obergeschosses Frau M. übernommen. Im Jahre 2006 habe Frau R. M. ihre Erziehungsrente verloren und für sich und ihre Tochter Arbeitslosengeld II beantragen müssen. Er habe ihr daraufhin angeboten, formal eine Bedarfsgemeinschaft mit ihm zu gründen, weil dann alle Auseinandersetzungen mit der Antragsgegnerin über ihn laufen würden. Im September 2006 sei Frau M.s Sohn B. in das Obergeschoss des Hauses eingezogen. Von da an habe es zwei Bedarfsgemeinschaften und - aufgrund seiner freiberuflichen Tätigkeit - ein Übersetzungsbüro in dem gemieteten Haus gegeben. Zum 01.02.2008 habe er seine selbständige Tätigkeit aufgegeben und die Scheinbedarfsgemeinschaft mit Frau R. M. und ihrer Tochter aufgelöst, um so wenigstens Anspruch auf den vollen Regelsatz von 347,00 Euro und die vollständigen Mietkosten zu haben. Seither bestünden drei Bedarfsgemeinschaften, Frau R. M. und ihre Tochter, B. M. und der Antragsteller selbst. Auf seinen formlosen Antrag bei der Antragsgegnerin, unter Berücksichtigung der geänderten Sachlage ab dem 01.02.2008 aktuelle Leistungsbescheide zu erlassen, sei ein entsprechender Bescheid bis heute nicht ergangen. Die Unterkunftskosten berechnet der Antragsteller wie folgt:
Anteil Fläche Mietkostenanteil
Frau M. + Tochter 45 % 49,5 m² 272,10 EUR
B. M. 22 % 24,2 m² 133,03 EUR
R. S. 33 % 36,3 m² 199,55 EUR
===== ====== =======
100 % 110,0 m² 604,68 EUR
Dies führe zu den folgenden Fehlbeträgen bei den Mietzahlungen der Antragsgegnerin:
Mietkostenanteil Zahlung der ARGE Fehlbetrag
Frau M. + Tochter 272,10 EUR 212,04 EUR 60,06 EUR
B. M. 133,03 EUR 106,02 EUR 27,01 EUR
R. S. 199,55 EUR 106,02 EUR 93,53 EUR
======= ======= ======
604,68 EUR 424,08 EUR 180,60 EUR
Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin noch die Zahlung von 93,53 Euro an Unterkunftskosten für die Zeit ab dem 01.02.2008. Diese Leistungen würden von der Antragsgegnerin zu Unrecht verweigert, weil die aus vier Personen bestehende Gemeinschaft nur einen Anspruch auf eine maximale Wohnfläche von 84 m² hätte. Die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ginge jedoch fehl, auch soweit sie sich auf Rechtsprechung berufe. Bei ihm und den übrigen Bewohnern des Hauses handele es sich seit dem 01.02.2008 um eine Wohngemeinschaft, von der jeder einzelne Betroffene Anspruch auf die Mietobergrenze eines Ein-Personen-Haushaltes habe. Im Rahmen der vorhandenen Wohngemeinschaft werde nicht nur getrennt eingekauft, gekocht, gegessen und gelebt, sondern jeder der Betroffenen verwende auch sein eigenes Geschirr und - soweit vorhanden - auch seine eigenen Haushaltsgeräte. Die alleinige Nutzung der Küche als Gemeinschaftsküche begründe noch keinen gemeinsamen Haushalt. Im Übrigen würden die derzeitigen Gesamtmietkosten von 604,68 Euro - welche von der Antragsgegnerin irrtümlich mit 599,00 Euro beziffert würden, weil sie bei den Wasser- und Kanalgebühren von den Abschlagszahlungen des Jahres 2007 ausgegangen sei - mit ca. 150,00 Euro pro Person ausgesprochen niedrig seien. Der von der Antragsgegnerin verlangte Umzug führte zu wesentlich höheren Lasten, die von ihr zu tragen wären. Entscheidend sei darüber hinaus nicht, wie die genaue Aufteilung der Wohnfläche für die im Hause wohnenden Personen vorzunehmen sei, vielmehr sei entscheidend, dass die Antragsgegnerin insgesamt für die Gesamtmiete aufkomme, wobei sie, da sie von einer Haushaltsgemeinschaft ausgehe, die jeweiligen Mietanteile gleichförmig zu einem Viertel auf jeden einzelnen Bewohner des Hauses aufteilen müsste. Für den Fall einer individuellen Aufteilung der Mietkosten legt der Antragsteller dar, dass die von ihm in seinem Eilantrag genannten Wohnflächen erreicht würden, wenn man einerseits jedem Hausbewohner die 15 m² große Küche zu je einem Viertel zuordne, und wenn er sein 10 m² großes Schlafzimmer Frau M. und ihren Kindern überlasse, wobei noch offen sei, welchen Verwendungszweck das Schlafzimmer finden werde. Eine konkrete Umverteilung des Wohnraums unter den einzelnen Hausbewohnern sei ohnehin erst dann sinnvoll, wenn sich die Antragsgegnerin bereit erklärt habe, die vollen Mietkosten zu übernehmen und die Gefahr einer Kündigung des Mietvertrages abgewendet sei.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig ab dem 01.02.2008 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 93,53 Euro zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Nach dem am 25.02.2008 erfolgten Hausbesuch geht sie von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau R. M. nicht mehr aus. Demgemäß sei dem Kläger auch am 18.03.2008 die Differenz zum vollen Regelsatz in Höhe von 347,00 Euro monatlich für die Monate Februar und März 2008 überwiesen worden. Ein Bescheid über die ab dem 01.02.2008 geänderten Verhältnisse werde jedoch erst dann ergehen, wenn ein Nachweis über die Wohnflächenaufteilung vom Antragsteller bzw. den übrigen Beteiligten vorgelegt worden sei. Daher erfolge die Auszahlung des vollen Regelsatzes bzw. die Auszahlung des Differenzbetrages lediglich im Rahmen von § 42 Abs. 1 SGB I als vorläufige Leistung. Im Übrigen seien die Unterkunftskosten, die vom Antragsteller geltend gemacht würden, in Höhe von 33 % der Wohnfläche und damit 36,3 m² der insgesamt zur Verfügung stehenden Fläche von 110 m² unangemessen im Verhältnis zu den Wohnflächen der übrigen Mitbewohner. Ein Nachweis der tatsächlichen Aufteilung der Wohnflächen stünde noch aus. Im Falle des Antragstellers und der übrigen Mitbewohner des Hauses sei auf einen Vier-Personen-Haushalt abzustellen. Das Arbeitslosengeld II solle lediglich den Bedarf decken. Die Frage der Angemessenheit der Wohnung im Rahmen von § 22 Abs. 1 SGB II sei unter Berücksichtigung des tatsächlich bestehenden Vier-Personen-Haushaltes zu prüfen. Die Wohngemeinschaft des Antragstellers teile sich in zwei Haushaltsgemeinschaften auf, eine Ein-Personen-Haushaltsgemeinschaft (Antragsteller selbst) und eine Drei-Personen-Haushaltsgemeinschaft (Frau R. M. mit beiden Kindern). Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bay. Landessozialgerichts (Beschluss vom 15.09.2005, Az.: L 10 B 429/05 AS ER) zu einem Zwei-Personen-Haushalt komme es nicht auf den fiktiven Bedarf zweier Ein-Personen-Haushalte an, denn allein der tatsächliche Bedarf des Antragstellers in dessen frei gewählter Lebensform sei maßgebend. Im vorliegenden Fall sei deshalb auch auf einen Vier-Personen-Haushalt abzustellen. Durch die Lebensform der Wohngemeinschaft - ohne dass es sich um eine Bedarfsgemeinschaft handelt - würden von den daran Beteiligten in Folge gemeinsamen Wohnens Kosten gegenüber einem getrennten Wohnen eingespart. Diese Situation sei mit der von Familien bzw. Bedarfsgemeinschaften vergleichbar. Der Bedarf von Familien oder Lebensgemeinschaften, die eine Bedarfsgemeinschaft bildeten, werde dabei jeweils anhand der für diese Bedarfsgemeinschaft vorgegebenen und als angemessenen betrachteten Wohnungsgrößen ermittelt. Nicht abgestellt werde auf den Bedarf jedes einzelnen Mitgliedes dieser Bedarfsgemeinschaft, denn diesen gegenüber wären Wohngemeinschaften ansonsten leistungsrechtlich besser gestellt. Eine Ermittlung des Unterkunfts- und Heizkostenbedarfs anhand eines fiktiven Ein-Personen-Haushaltes würde zu einer Überversorgung der Wohngemeinschaft führen. Denn durch gemeinsames Wohnen könne die Wohngemeinschaft finanzielle Aufwendungen einsparen, so dass die Abrechnung fiktiver Ein-Personen-Haushalte dafür dazu führen würde, dass aus Steuermitteln ein nicht bestehender Bedarf gedeckt würde. Die berücksichtigungsfähige Wohnfläche ergebe sich aus den Kriterien der Förderungsfähigkeit im sozialen Wohnungsbau. Nach den Richtlinien des Landes Hessen zur sozialen Wohnraumförderung in der Fassung vom 19.01.2004 (Hessischer Staatsanzeiger, Seite 628) sei eine Wohnungsgröße von 84 m² für vier Personen angemessen, so dass die Wohnfläche des ca. 110 m² Wohnhauses des Antragstellers unangemessen groß sei. Für den Wohnort des Antragstellers in A-Stadt seien Wohnungskosten von 3,81 Euro pro Quadratmeter für die Grundmiete zzgl. 1,24 Euro pro Quadratmeter für die Betriebskosten (außer Heizung und Warmwasser), zusammen 5,05 Euro pro Quadratmeter grundsicherungsrechtlich angemessen für einen Vier-Personen-Haushalt, das seien bei einer angemessenen Wohnfläche von 84 m² monatlich 425,00 Euro. Hierbei ergebe sich die abstrakte Angemessenheit von Unterkunftskosten aus dem Produkt aus angemessener Wohnfläche (soziale Wohnungsbauförderung) und Standard (einfache untere Ausstattung), das sich in der Wohnungsmiete (Mietniveau am Wohnort) niederschlage (sogenannte Produkttheorie, BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7 b AS 18/06 R; HLSG, Urteile vom 12.03.2007, Az.: L 9 AS 260/06 und L 9 AS 270/06). Hierzu übersendet die Antragsgegnerin einen Angebotsspiegel Mietwohnungen, in dem Wohnort, Wohnfläche und Nettokaltmiete der im ersten Halbjahr 2007 angebotenen Wohnungen erfasst seien, und zwar aus allen zur Verfügung stehenden Quellen, wie Vermietungsanzeigen in der X. Landeszeitung/Y. Zeitung und der X. Allgemeinen, Auskünften der ansässigen Wohnungsbauunternehmen und Neuanmietungen durch Leistungsempfänger.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind. Nachdem der Antragsteller zunächst seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auch auf Frau R. M. und ihre Tochter Frau S.-L. M. erstreckt hatte, hat er auf entsprechenden Hinweis des Gerichts vom 05.03.2008 seinen Antrag auf die für seine Person zu erbringenden Leistungen beschränkt.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft und zulässig. Er ist begründet. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen; denn diese Kosten sind angemessen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) II.
1. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen (soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG nicht vorliegt), wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind dabei nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Nach § 86 b Abs. 4 SGG entscheidet das Gericht durch Beschluss; ein Antrag ist auch schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 3 SGG).
Im vorliegenden Falle ist der Antrag nach § 86 b Abs. 2 SGG statthaft, da der Antragsteller nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Verwaltungsaktes begehrt, sondern einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen verfolgt, für den in der Hauptsache eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 und 4 SGG zu erheben wäre.
Sowohl bei der Sicherungs- als auch bei der Regelungsanordnung muss der Antragsteller ein Recht geltend machen, dass ihm zusteht (Anordnungsanspruch) und das durch eine Veränderung gefährdet ist (Anordnungsgrund). Hierbei ist der Anordnungsgrund der Grund für den vorläufigen Rechtsschutz selbst, also die Gefahr vollendeter Tatsachen, die Eilbedürftigkeit etc. Der Anordnungsanspruch ist das zu sichernde Recht hinter der einstweiligen Anordnung, also der materielle Anspruch. Begründet ist der Antrag auf einstweilige Anordnung, wenn der Antragsteller beides – Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch – glaubhaft gemacht hat. Demnach ergeht eine einstweilige Anordnung dann, wenn die Klage nach summarischer Prüfung des Gerichtes offensichtlich begründet ist. Sie darf hingegen nicht ergehen, wenn die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Ist weder das eine noch das andere der Fall, muss abgewogen werden zwischen der entstehenden Situation ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung bei letztlich erfolgreicher Klage und derjenigen Situation bei Erlass einer einstweiligen Anordnung und letztlich erfolgloser Klage. Darüber hinaus darf die Entscheidung des Gerichtes im vorläufigen Rechtsschutz die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen.
2. Der Antragsteller hat mit dem im Tenor ersichtlichen Umfang sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund dargelegt. Wegen des vorliegenden Streites um die Zahlung von Kosten für eine angemessene Unterkunft und wegen des existenzsichernden Charakters dieser Leistungen ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu bejahen. Die Antragsgegnerin verweigert die Bescheiderteilung, was für die Kammer nicht recht verständlich ist. Denn der Antragsteller hat für die Zeit ab dem 1.2.2008 Angaben gemacht, die zu einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X führen können, so dass die Antragsgegnerin zur Amtsermittlung und Bescheiderteilung verpflichtet ist, zumal sie die Änderung der Verhältnisse (keine Bedarfsgemeinschaft ab dem 1.2.2008) anerkennt und den Regelhöchstsatz ausgezahlt hat.
Ein Anspruch auf Leistung der tatsächlichen Aufwendungen für den Wohnraum kann der Antragsteller gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 und § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit Erfolg geltend machen, weil die von ihm ab dem 01.02.2008 angegebenen tatsächlichen Verhältnisse sich gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X geändert haben, so dass dem Antragsteller ein Anspruch auf Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten zusteht. Hiernach stellt das Gericht bei der vorläufig zu treffenden Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz zum einen auf die Angaben des Antragstellers zur Wohnraumaufteilung, zum anderen auf die sich aufgrund des Hausbesuches der Antragsgegnerin vom 25.02.2008 ergebenden Verhältnisse ab. Das Gericht brauchte hierbei im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nicht Beweis darüber zu erheben, welche Wohnflächenaufteilung der Antragsteller und die übrigen Mitbewohner des angemieteten Hauses ab dem 01.02.2008 tatsächlich vorgenommen haben, da die vom Antragsteller geltend gemachten Kosten der Unterkunft in Höhe von 199,55 Euro als angemessen zu beurteilen sind. Das Gericht muss auch die Rechtsfrage nicht abschließend beurteilen. Nach dem gebotenen Aufwand im einstweiligen Rechtsschutz überwiegen die Anhaltspunkte dafür, dass sich die Antragsgegnerin nicht zu Recht auf den Standpunkt wird stellen können, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliege, in deren Rahmen lediglich eine 84 m² große Wohnung für sämtliche vier Beteiligte angemessen wäre. Denn auch nach der vom Bundessozialgericht angewandten und von der Antragsgegnerin grds. zutreffend dargestellten Produkttheorie sind die vom Antragsteller aufgewendeten Kosten der Unterkunft als angemessen zu beurteilen. Die Rechtsfrage ist im Übrigen abschließend in einem möglichen Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin folgt aus dem Umstand, dass der Antragsteller mit weiteren drei Personen in einem Haus lebt, nichts anderes. Seit dem 01.02.2008 ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass zwischen dem Antragsteller und Frau R. M. eine Bedarfsgemeinschaft nicht mehr vorliegt. Dies wird von der Antragsgegnerin aufgrund des von ihrem Außenermittlungsdienst durchgeführten Hausbesuches am 25.02.2008 nicht bestritten; vielmehr geht auch die Antragsgegnerin davon aus, dass eine Bedarfsgemeinschaft ab dem 01.02.2008 nicht mehr besteht. Sie setzt sich damit mit ihrer weiterhin vertretenen Rechtsauffassung, der Antragsteller müsse sich ersparte - besser wohl: zu ersparende - Kosten der Unterkunft zurechnen lassen, weil die gesamte Gemeinschaft von vier Personen lediglich Anspruch auf eine angemessene Wohnung von maximal 84 m² habe, in Widerspruch zu ihrer eigenen Rechtsauffassung und den tatsächlichen Feststellungen ihres Außenermittlungsdienstes. Insbesondere kann nicht ohne Weiteres - wie die Antragsgegnerin meint - die für einen Vier-Personen-Haushalt im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft angemessene Miethöhe und Wohnungsgröße zugrunde gelegt werden, da der Antragsteller unstreitig seit dem 01.02.2008 nicht mehr in einer Bedarfsgemeinschaft lebt.
Für die Auffassung der Antragsgegnerin ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Die Verhältnisse des vom Bay. Landessozialgericht entschiedenen Fall nach dem Beschluss vom 15.09.2005, Az.: L 10 B 429/05 AS ER, nach denen eine dortige Antragstellerin mit ihrem Sohn in einer 106 m² großen Wohnung zusammenlebte, sind auf den vorliegenden Fall bereits der abweichenden Wohnflächen wegen nicht anzuwenden. Im Übrigen ist der Begriff der Haushaltsgemeinschaft, der lediglich im Rahmen von § 9 Abs. 5 SGB II Verwendung findet, und nach dem vermutet wird, dass Hilfebedürftige, wenn sie in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten leben, von diesen Leistungen erhalten, soweit er es nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn der Begriff der Haushaltsgemeinschaft findet sich im SGB II lediglich im Rahmen des § 9 Abs. 5 SGB II. Im Übrigen gelten für die Kosten der Unterkunft die Grundsätze des § 22 SGB II, in denen sich der Begriff der Haushaltsgemeinschaft nicht findet. Die Fälle der Bedarfsgemeinschaft, die zu einer Begrenzung der Mietflächen für mehrere zusammen wohnende Personen führen, sind im § 7 SGB II abschließend geregelt. Es bestehen im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall der Antragsteller mit den übrigen Mitbewohnern gemeinsam haushaltsmäßig wirtschaftet, wie es sich aus dem Besuchsprotokoll des Außenermittlungsdienstes vom 28.2.2008 ergibt.
Die Bereitschaft eines Hilfebedürftigen, sich mit Dritten eine Wohnung zu teilen, führt nicht zu einer abweichenden Bestimmung der maßgeblichen Wohnungsgröße. Unter Zugrundelegung der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Produkttheorie, der sich das Bundessozialgericht ausdrücklich angeschlossen hat, steht es dem Hilfebedürftigen frei, ob er sich hinsichtlich sämtlicher den Mietpreis bestimmenden Faktoren am Angemessenen orientiert, oder ob er eine unangemessen große Unterkunft zu einem besonders niedrigen Mietpreis anmietet oder eine unangemessen teure Unterkunft bevorzugt, sich dafür aber mit einer besonders geringen Quadratmeterzahl begnügt. Damit ist es ihm unbenommen, sich bei einem gewissen Verlust von Privatsphäre den Vorteil zu verschaffen, auf mehr Quadratmetern und ggf. in einer besseren Wohnlage zu wohnen. Da der Träger der Grundsicherung stets nur die tatsächlich anfallenden Kosten zu zahlen hat und das Zusammenleben mit Dritten vom Hilfeempfänger nicht verlangt werden kann, ist nicht erkennbar, weshalb der Grundsicherungsträger an den Möglichkeiten des Einzelnen, die angemessenen Wohnkosten für seine Bedürfnisse im Einzelfall optimal einzusetzen, weitergehend beteiligt werden sollte, da das Auseinanderbrechen von kostensenkenden Wohnformen, die sinnvolle Synergieeffekte für Hilfebedürftige schaffen können, die Folge wäre (ausführlich: LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.9.2006, Az. L 6 AS 6/06, zitiert nach juris, Rn. 15 ff, m.w.N. – Revision anhängig BSG, Az. B 14/11b AS 61/06 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.11.2007, Az.: L 28 AS 1059/07, zitiert nach juris, Rdnr. 28).
Eine Wohngemeinschaft unterscheidet sich von einer Bedarfsgemeinschaft und bedingt einen höheren Wohnbedarf, weil bestimmte Wohnbereiche allein einem bestimmten Mitglied der Wohngemeinschaft zur persönlichen Nutzung zugewiesen sind und lediglich Küche, Sanitärbereich und Flur zur gemeinschaftlichen Nutzung mietvertraglich vorgesehen sind. Demgegenüber wird in einer Bedarfsgemeinschaft die Wohnung insgesamt benutzt (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.09.2007, L 5 B 1280/07 AS ER, zitiert nach juris, Rdnr. 6; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.03.2006, L 6 AS 96/06 ER und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.04.2006, L 9 AS 131/06 ER). Es liegt kein sachlich rechtfertigender Grund dafür vor, die angemessenen Unterkunftskosten der einzelnen Mitglieder einer Wohngemeinschaft anders zu bestimmen, als in den Fällen, in denen sie alleine leben. Denn bei der Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft kann bei einer Wohngemeinschaft nicht von annähernd gleichen Lebens- und Wohnverhältnissen wie bei einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen werden. Eine Bedarfsgemeinschaft wird geprägt durch persönliche und auch räumliche Nähe innerhalb der Wohnung, wohingehend eine Wohngemeinschaft sich in der Regel dadurch auszeichnet, dass bestimmte Wohnbereiche allein einem bestimmten Mitglied der Wohngemeinschaft zur persönlichen und ausschließlichen Nutzung zugewiesen sind und lediglich Küche, Sanitärbereiche, Flur und gegebenenfalls weitere gemeinsam genutzte Zimmer zur gemeinschaftlichen Nutzung den Mitgliedern der Wohngemeinschaft zugewiesen sind.
Der sachliche Grund, der im Falle einer Bedarfsgemeinschaft zur Begrenzung der Wohnungsgrößen und -kosten führt, liegt in dem besonderen individuellen Einstandswillen der an ihr Beteiligten, der es erst rechtfertigt, ihnen eine Begrenzung der ihnen einzeln zustehenden - höhereren - Kosten und Wohnflächen zuzumuten. Im Rahmen einer Haushaltsgemeinschaft mag im Einzelfall ein gewisses Solidaritätsgefühl noch vorliegen, im Falle einer Wohngemeinschaft ist davon nicht mehr auszugehen – bezeichnend ist, dass der Gesetzgeber selbst in § 9 Abs. 5 SGB II die Haushaltsgemeinschaft lediglich bei Verwandten und Verschwägerten als bedeutsam für den gegenseitigen Unterhalt erwähnt. Fremde Dritte bleiben zu Recht unerwähnt, da von ihnen das nachhaltige Füreinandereinstehen nicht erwartet werden kann. Daher muss sich der einzelne in einer Haushalts- und Wohngemeinschaft nicht auf einen geringeren Teil der Wohnfläche und -kosten beschränken als ihm zustünde, wenn er alleine lebte. Damit werden Mehrpersonen-Wohnverhältnisse nicht privilegiert, wie die Antragsgegnerin meint, denn es besteht ein sachlicher Unterscheidungsgrund; eine rein fiskalische Betrachtungsweise verbietet sich.
Bei der Beurteilung, ob der Aufwand für die Unterkunft einen angemessenen Umfang hat, ist von der tatsächlich entrichteten Miete auszugehen und eine den Besonderheiten des Einzelfalles gerecht werdende Betrachtung anzustellen. Neben den konkreten Verhältnissen auf dem örtlichen Mietmarkt sind die persönlichen Lebensumstände der Hilfebedürftigen in die Prüfung einzubeziehen. Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Gemeinschaft, insbesondere eine Haushaltsgemeinschaft, deren Begriff in § 9 Abs. 5 SGB II verwandt wird, und die im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen wäre, sind nicht ersichtlich und von der Antragsgegnerin zwar vorgetragen, jedoch nicht im ausreichenden Umfange belegt worden. Denn nach den Ermittlungen ihres Außenermittlungsdienstes am 25.02.2008 liegen solche Anhaltspunkte für ein gemeinschaftliches Wirtschaften der an der Wohngemeinschaft beteiligten Personen nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus dem Vermerk des Außenermittlungsdienstes vom 28.02.2008, dass von Seiten des Antragstellers angegeben worden sei, dass der Einkauf von Lebensmitteln, die Zubereitung von Nahrung und die Benutzung von Gegenständen im Rahmen des gemeinsamen Wohnbereiches von jedem der Beteiligten getrennt durchgeführt werde. Diese Feststellungen akzeptierend hat die Antragsgegnerin selbst nicht mehr am Vorhandensein einer Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers mit Frau R. M. ab dem 01.02.2008 festgehalten. Es kann damit nicht mehr die für einen Vier-Personen-Haushalt im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft angemessene Wohnungsgröße von 84 m² zugrunde gelegt werden. Der Antragsteller selbst hat zwar - wie die Antragsgegnerin zutreffend dargelegt hat - eine Aufstellung über die tatsächlichen Wohnflächennutzungen für die einzelnen Beteiligten der Wohngemeinschaft nicht vorgelegt. Nach dem Ergebnis der Feststellungen des Außenermittlungsdienstes am 25.02.2008 ergibt sich für das Gericht jedoch mit der für die Entscheidung im Eilverfahren ausreichenden Gewißheit, dass der Antragsteller selbst das Erdgeschoss mit 65 m² inklusive der Gemeinschaftsküche von 15 m² bewohnt. Das obere Geschoss ist hingegen für die übrigen drei Beteiligten der Wohngemeinschaft reserviert. Teilt man die Küchenfläche durch die gemeinsame Nutzung sämtlicher vier Mitbewohner entsprechend auf die Personenzahl auf, so ergibt sich eine Wohnfläche für den Antragsteller von 53,75 m², die von ihm selbst genutzt wird. Eine solche Wohnfläche wäre zwar in Anbetracht der einer Person zustehenden angemessenen Wohnfläche von 45 m² als unangemessen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu betrachten. Der Antragsteller selbst macht jedoch nur einen Wohnanteil von 33 % geltend. Die von ihm durch Vorlage von Unterlagen glaubhaft gemachten Kosten der Unterkunft betragen insgesamt 604,68 Euro (500,00 Euro Nettomiete kalt zzgl. 43,68 Euro Betriebskosten zzgl. 28,00 Euro Wasserbezugskosten und 33,00 Euro Kanalbenutzungsgebühr). Mit diesem Betrag bewegt sich der Antragsteller unterhalb der auch von der Antragsgegnerin aufgrund der von ihr mit Hilfe von Angebotsmieten ermittelten Miethöhe von 255,00 Euro monatlich; nach den abstrakt angemessenen Wohnungskosten in der Stadt A-Stadt, die von der Antragsgegnerin ermittelt worden sind, ergeben sich für Wohnungen bis zu 45 qm mit einfacher Ausstattung Bruttomieten ohne Heizkosten von 5,68 Euro pro Quadratmeter, die zu einer Gesamtmiete von 255,00 Euro monatlich führen. Der Antragsteller macht jedoch lediglich Kosten in Höhe von 199,55 Euro monatlich geltend. Damit liegt er weit unterhalb des Spektrums der Angebotsmieten für angemessenen Wohnraum für eine Person im Bereich der Stadt A-Stadt. Die von der Antragsgegnerin in diesem Rahmen vorgelegten Ermittlungen über Angebotsmieten werden von der Kammer nicht bezweifelt. Entscheidend für den Anspruch ist, dass damit die geltend gemachten Kosten der Unterkunft die angemessenen Kosten der Unterkunft - wie sie selbst von der Antragsgegnerin ermittelt worden sind - nicht übersteigen, sondern tatsächlich unterschreiten. Letztlich kommt die vom Antragsteller gewählte Wohnform der Wohngemeinschaft für die Zeit des Hilfebezuges nach dem Sozialgesetzbuch II der Gemeinschaft der Steuerzahler zugute, da er tatsächlich nur Aufwendungen von 199,95 Euro monatlich geltend macht, obwohl Aufwendungen von 255,00 Euro monatlich nach den vorliegenden Angebotsmieten angemessen erscheinen. Ob der Antragsteller und die übrigen Mitbewohner nunmehr für die Zukunft ihre tatsächlichen Wohnverhältnisse anderweitig aufteilen, ist für die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz ohne Belang, da genügend Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die derzeitigen Wohnverhältnisse des Antragstellers tatsächlich so vorliegen, wie im Bericht des Außenermittlungsdienstes der Antragsgegnerin vom 28.02.2008 dargestellt.
3. Die Antragsgegnerin wird über den Änderungsantrag des Antragstellers vom 24.01.2008, mit dem er die Verhältnisänderung ab dem 01.02.2008 angezeigt hat, noch durch rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu entscheiden haben. Die übrigen vom Antragsteller mit seinem Antrag geltend gemachten Aufwendungen (Regelsatz in voller Höhe von 347,00 Euro und Kosten der Gaslieferung) sind durch die von der Antragsgegnerin am 18.03.2008 erfolgte Vorschusszahlung in Höhe von 120,40 Euro bzw. durch die Zusicherung der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 03.03.2008 mit irrtümlich unter dem Datum des 12.06.2007 erstellten Zusicherungsschreibens für den vorliegenden Fall erledigt, so dass insoweit weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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