Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 11 AS 48/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 71/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Promotionsstudium ist keine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung im Sinne von § 7 Abs. 5 SGB II, denn es ist nicht nach BAföG förderungsfähig, weil es nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss (§ 7 BAföG) führt.
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) darüber, ob die Klägerin wegen des von ihr absolvierten Promotionsstudiums gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen ist. Umstritten ist die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von bereits gezahlten Leistungen sowie die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss oder Darlehen.
Die am 1978 geborene Klägerin studierte von Oktober 1997 bis September 2004 im Hauptfach Soziologie mit den Nebenfächern Pädagogik und Politikwissenschaft an der O. –v. –G. -Universität in M ... Sie schloss ihr Studium am 29. September 2004 mit dem akademischen Grad Magistra Artium ab und wurde am 30. September 2004 exmatrikuliert. In der Zeit vom 12. November 2004 bis zum 14. Ja-nuar 2005 absolvierte sie ein von der Bundesanstalt für Arbeit aus ESF-Mitteln gefördertes Praktikum im "Familienreferat" des Ministeriums für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt. Am 10. Januar 2005 wurde sie von der O. –v. - G. -Universität M. auf Antrag wieder als Studentin im Wintersemester 2004/2005 immatrikuliert. Der vorliegenden Immatrikulationsbescheinigung ist der Studiengang: "Magister MAG-So 2" und als angestrebter Studienabschluss "Promotion m.v. Abschluss" zu entnehmen.
Am 17. Januar 2005 beantragte sie bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Angaben zur Immatrikulation machte sie dabei nicht. Die Frage im Antragsvordruck, ob sie Auszubildende – auch in Schulausbildung – sei, verneinte sie. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 1. Februar 2005 Leistungen ab dem 17. Januar 2005 bis zum 31. Juli 2005 in Höhe von 583,76 EUR monatlich. Die Bewilligung für die Monate März und April 2005 hob die Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2005 wegen Einkommens auf. Auf den Folgeantrag vom 29. Juli 2005 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2005 auch für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 31. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II in monatlicher Höhe von 583,76 EUR.
Mit Schreiben vom 25. August 2005 lud die Beklagte die Klägerin zur Teilnahme an einer am 1. September 2005 um 14.00 Uhr stattfindenden Informationsveranstaltung der Trainingsmaßnahme Jobstart ein. Mit Schreiben vom 29. August 2005 lehnte die Klägerin die Teilnahme an der Informationsveranstaltung sowie einer nachfolgenden Trainingsmaßnahme mit der Begründung ab: Sie arbeite derzeit an ihrer Dissertation und habe zudem einen Antrag auf Bewilligung eines Promotionsstipendiums gestellt habe. Sie betreibe gerade die Dissertationsforschung, die zeitaufwändig sei und ihre volle Konzentration verlange. Die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme würde dazu führen, dass sie den Zeitplan für die Promotion nicht einhalten könne. Die Beklagte lud die Klägerin daraufhin zu einen persönlichen Gespräch am 22. September 2005 ein, in dem sie ankündigte, die Bewilligung der Leistungen rückwirkend aufheben zu wollen.
Nach Anhörung nahm die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2005 die Bewilligungen der Leistungen für den Zeitraum ab dem 17. Januar zurück 2005 und forderte die Klägerin auf, Leistungen in Höhe von 4.961,96 EUR sowie Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 812,57 EUR, insgesamt 5.871,12 EUR, zu erstatten. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen, weil sie an einer Hochschule immatrikuliert sei. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Nachdem das SG mit Beschluss vom 19. Oktober 2005 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid angeordnet hatte (Az. S 25 AS 550/05 ER), bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19. Oktober 2005 sowie mit Bescheid vom 14. November 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. November 2005 und mit Bescheid vom 3. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Oktober 2005 bis zum 31. Januar 2006 in zuvor gezahlter Höhe als Darlehen. Gegen die darlehensweise Bewilligung der Leistungen ab Oktober 2005 legte die Klägerin ebenfalls Widerspruch ein.
Beide Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2006 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, denn sie sei als Studierende einer Hochschule nicht vom Leistungssystem erfasst.
Dagegen hat die Klägerin am 20. Januar 2006 Klage beim SG erhoben und die Auffassung vertreten: Die Ausschlussbestimmung des § 7 Abs. 5 SGB II greife für Promotionsstudenten nicht. Sie habe Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss.
Mit Urteil vom 17. August 2006 hat das SG die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Sowohl die Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide als auch die anschließende Bewilligung von Leistungen als Darlehen (ab dem 1. Oktober 2005) seien rechtswidrig, denn im Falle der Klägerin greife der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II nicht. Es bestünden weder Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin im Sinne von § 9 SGB II noch an der Höhe des Leistungsanspruchs. Die Klägerin sei nicht gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen, weil ihre Ausbildung nicht nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig sei. Dem Grunde nach förderungsfähig sei eine Ausbildung nach BAföG nur, wenn sie an einer in § 2 Abs. 1 BAföG genannten Ausbildungsstätte mit dem Ziel eines berufsqualifizierenden Abschlusses durchgeführt werde. Allein der Besuch einer Hochschule genüge nicht, um eine abstrakte Förderungsfähigkeit anzunehmen. Daneben sei Förderungsvoraussetzung, dass die Ausbildung gemäß § 7 Abs. 1 und 2 BAföG zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führe. Dies sei eine abstrakte Förderungsvoraussetzung und kein konkreter individueller Ausschlussgrund. Denn die Förderung nach dem BAföG sei ausdrücklich ausbildungsziel-, d.h. berufsorientiert. Die Klägerin besuche zwar eine Hochschule im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG. Ihr sog. Promotionsstudium sei jedoch weder als erste (§ 7 Abs. 1 BAföG) noch als einzig weitere Ausbildung (§ 7 Abs. 2 BAföG) förderungsfähig. Es handele sich nicht um eine Erstausbildung, weil das jetzt von der Klägerin angestrebte Ausbildungsziel nicht die Herbeiführung eines berufsqualifizierenden Abschlusses sei, den sie dem akademischen Grad Magistra Artium bereits besitze. Die Förderung einer weiteren Ausbildung i.S.v. § 7 Abs. 2 BAföG könne ebenfalls nur bis längstens zum Erreichen eines berufsqualifizierenden Abschlusses erfolgen. Der Umstand, dass die Immatrikulation an der Hochschule nach der Promotionsordnung nicht Voraussetzung für die Durchführung des Promotionsverfahrens sei, deute daraufhin, dass mit der Immatrikulation kein Besuch einer Ausbildungsstätte im Sinne von § 2 BAföG verbunden sei. Eine Dissertation könne auch berufsbegleitend angefertigt werden. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss.
Gegen das ihr am 13. September 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. Oktober 2006 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 5 SGB II greife immer dann, wenn jemand als Student an einer Hochschule im Sinne von § 2 BAföG eingeschrieben sei. Es komme nur darauf an, dass die Ausbildungsförderung nach dem BAföG gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG grundsätzlich auch für den Besuch einer Hochschule geleistet werde. Dass der Hochschulbesuch der Klägerin im konkreten Fall nicht nach BAföG gefördert werde, gehöre zu den individuellen Gründen und betreffe nicht die grundsätzliche Förderungsfähigkeit einer Hochschulausbildung. Soweit das Promotionsstudium nicht ausdrücklich von § 7 Abs. 5 SGB II erfasst sei, handle es sich um eine planwidrige Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung der Vorschrift zu schließen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil.
Das Studentenwerk M. hat mit Bescheid vom 17. April 2007 den Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG vom 5. April 2007 abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt, ein Anspruch auf Förderung der Promotion sei gemäß §§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1, 1a und 2 BAföG bereits dem Grunde nach nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2007 hat die O. –v. –G. –U. M. der Klägerin ab dem 1. Juli 2007 ein Graduiertenstipendium – vorbehaltlich der Mittelzuweisung durch das Kultusministerium – in Höhe von 894,76 EUR monatlich zunächst für ein Jahr bei einem üblichen Förderungszeitraum von zwei Jahren nach den Graduiertenförderungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt bewilligt. Nach Mitteilung der Klägerin hat die Beklagte die Leistungsgewährung mit Ablauf des Monats Juni 2007 eingestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Gerichtsakten der einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 25 AS 550/05 ER und S 11 AS 8/06 ER sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 500 EUR übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht Magdeburg hat zu Recht die mit der Klage angegriffenen Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in gesetzlicher Höhe als verlorenen Zuschuss zu gewähren.
Inhaltlich bescheidet der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 16. Januar 2006 zwei Widersprüche der Klägerin: Zum einen den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. September 2005, mit dem die Beklagte die der Klägerin zunächst als verlorenen Zuschuss bewilligten Leistungen nach dem SGB II für die Zeiträume vom 17. Januar 2005 bis zum 28. Februar 2005 sowie vom 1. Mai 2005 an aufgehoben und die Leistungen in einer Gesamthöhe von 5.871,12 EUR zurückgefordert hat. Zum anderen geht es um den Widerspruch gegen die Bescheide vom 13. Oktober 2005, geändert durch die Bescheide vom 19. Oktober, 14. und 28. November 2005 und 3. Januar 2006, mit denen die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum ab Oktober 2005 SGB II-Leistungen als Darlehen gewährt hat.
Gegen den Rücknahmebescheid vom 28. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2006 ist die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage begründet. Soweit sich die Klägerin gegen die darlehensweise Gewährung der Leistungen mit den Bescheiden ab 13. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2006 wendet, ist die damit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG zulässig und begründet. Denn beide Verwaltungsakte der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sowohl die Entscheidung über die Rücknahme der Bewilligungen als auch die Bescheide über die darlehensweise Bewilligung der SGB II-Leistungen sind rechtswidrig, da die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss hat.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit liegen nicht vor. Bei den Bewilligungsbescheiden handelt es sich um begünstigende unanfechtbare Verwaltungsakte. Deren Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit setzt gemäß § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, § 330 Abs. 2 SGB III ihre Rechtswidrigkeit voraus. Die ursprüngliche Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II war jedoch rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Die Klägerin gehört zu den Anspruchsberechtigten nach dem SGB II. Sie erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. jedoch noch nicht, ist erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Zudem lag in dem hier vom Streit erfassten Zeitraum vom 17. Januar 2005 bis zum 28. Februar 2005, 1. Mai 2005 bis 30. September 2005 sowie für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis letztlich einschließlich 30. Juni 2007 Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II vor. Diesen Tatbestand erfüllt, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Diese Voraussetzungen liegen vor; die Klägerin konnte ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften sichern. Die Beteiligten streiten auch nicht über die Höhe des Leistungsbetrags im Einzelnen. Streitig ist allein die Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II im Fall der Klägerin greift. Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung u.a. im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Hochschulausbildungen sind grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG förderungsfähig. Zwar ist die Klägerin seit 10. Januar 2005 wieder an der O. –v. –G. -Universität M. immatrikuliert und damit formell wieder Studentin. Sie absolviert an der Hochschule jedoch keine Ausbildung, die im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist.
Was mit der Formulierung "dem Grunde nach förderungsfähig" im § 7 Abs. 5 SGB II gemeint ist, erschließt sich aus der Zielrichtung der Vorschrift: Wie bei der wortgleichen Vorgängervorschrift in § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), die auch in § 22 des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) unverändert übernommen wurde, geht es darum, dass nach der Auffassung des Gesetzgebers die Materie der Ausbildungsförderung in BAföG und SGB III spezialgesetzlich und abschließend geregelt ist. Die Sozialhilfe nach dem BSHG sollte – nach der gesetzgeberischen Intention – keine (versteckte) Ausbildungsförderung auf einer zweiten Ebene darstellen; das Sozialleistungssystem sollte nicht die finanziellen Lasten der Ausbildungsförderung tragen (vgl. BverwG, Urteil vom 12. Februar 1981, Az.: 5 C 51/08; BVerwGE 61/352). Bereits das Bundesverwaltungsgericht interpretierte die in § 26 BSHG verwendete Formulierung "dem Grunde nach förderungsfähig" in der Bedeutung von "abstrakt förderungsfähig" (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 1993, Az. 5 B 82/92, MDR 1994, Seite 418). Es bestand daher kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, wenn das BAföG die konkrete Ausbildung überhaupt – unter welchen individuellen Voraussetzungen auch immer – als förderungsfähig ansah.
Dementsprechend kommt es auch bei § 7 Abs. 5 SGB II nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007, B 14/7b AS 28/06 R und B 14/7b 36/06 R, zit. n. juris) nur darauf an, dass eine Ausbildung grundsätzlich gefördert werden kann, auch wenn der Betroffene konkret aus unterschiedlichen Gründen keinen Anspruch auf BAföG-Leistungen haben kann. Das Arbeitslosengeld II soll nicht dazu dienen, subsidiär die Ausbildung in solchen Fällen zu fördern, in denen die Leistungsvoraussetzungen nach dem BAföG nicht vorliegen (vgl. BSG, a.a.O). Ausschlaggebend ist allein, ob die Ausbildung grundsätzlich nach BAföG oder SGB III gefördert werden kann. Insbesondere in der Person des Auszubildenden liegende Gründe, die ihn von den Förderleistungen nach diesen Gesetzen ausschließen, haben außer Betracht zu bleiben (vgl. BSG, a.a.O.). Ein Bezug von Arbeitslosengeld II soll immer dann ausscheiden, wenn das BAföG eine Ausbildung überhaupt – unter welchen Voraussetzungen auch immer – als förderungsfähig regelt. Durch das SGB II sollen wegen der insoweit gleichen Zielrichtung (Sicherung des Lebensunterhalts des Auszubildenden) keine Umgehungstatbestände in Bezug auf das BAföG geschaffen werden.
Maßgeblich für ein Eingreifen von § 7 Abs. 5 BAföG im Falle der Klägerin ist daher, ob das von ihr betriebene Promotionsstudium zu den grundsätzlich förderungsfähigen Ausbildungen nach den Regelungen des BAföG gehört. Dies ist nicht der Fall.
Promotionsstudiengänge gehören grundsätzlich nicht zu den nach BAföG förderungsfähigen Ausbildungen, weil sie nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen. Anders ist es beim sog. grundständigen Promotionsstudium, mit dessen Absolvieren erstmals ein berufsqualifizierender Abschluss erreicht wird und das eine Ausnahme darstellt, die hier nicht vorliegt. Generell sind nach BAföG – neben den weiterführenden allgemein bildenden Schulausbildungen – nur solche berufsbildende Ausbildungen förderungsfähig, die zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen. Zu dem Besuch einer in § 2 BAföG genannten Ausbildungsstätte (hier: Hochschule nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG) muss eine Ausbildung treten, die zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt (§ 7 BAföG). Entsprechend sind im BAföG unter der amtlichen Überschrift "Förderungsfähige Ausbildung" als Abschnitt I in §§ 1 bis 7 die abstrakten Förderungsvoraussetzungen geregelt; die "Persönlichen Voraussetzungen" folgen als Abschnitt II und umfassen §§ 8 bis 10 (wie Staatsangehörigkeit, Eignung, Alter). Dies bedeutet für Hochschulausbildungen, dass sie nur dann abstrakt und dem Grunde nach förderungsfähig sind, wenn sie einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln.
Dies erfolgt durch ein Promotionsstudium grundsätzlich nicht. Es ist kein Studiengang, der auf einen berufsqualifizierenden Abschluss abzielt; es setzt vielmehr in der Regel das Vorhandensein eines berufsqualifizierenden Abschlusses voraus. Das Promotionsstudium ist als Ausbildung nicht berufszielorientiert und damit grundsätzlich nicht nach BAföG förderungsfähig (vgl. VGH Baden Württemberg, Urteil vom 5. Dezember 1995, Az. 7 S 2963/94, zitiert nach juris; SG Reutlingen, Urteil vom 13. März 2006, Az. S 12 AS 2707/05). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Promotion ausnahmsweise dem Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1977, BVerwGE 54, 186; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Februar 1994, Az. 16 B 22/94; zitiert nach juris). Dies ist hier indes nicht der Fall.
Dementsprechend und folgerichtig hat auch das Studentenwerk der O. –v. –G. -Universität M. den BAföG-Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 17. April 2007 bereits "dem Grunde nach" abgelehnt.
Das Promotionsstudium fällt nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des BAföG und ist damit dem Grunde nach nicht förderungsfähig. Es ist genauso zu beurteilen wie ein Teilzeitstudium, das mangels Inanspruchnahme der vollen Arbeitskraft des Auszubildenden grundsätzlich nicht förderungsfähig ist (§ 2 Abs. 5 BAföG; vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 15. Januar 2007, Az. L 7 AS 1130/06 ER, FEVS 59, 45), oder wie ein berufsbegleitender postgradualer Aufbaustudiengang Master, der nicht auf einen Bachelor-Studiengang aufbaut (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 8. März 2006, Az. L 7 AS 63/06 ER, zitiert nach juris) und daher nicht förderungsfähig ist.
Auch die im Urteil des Sozialgerichts Magdeburg angestellte Überlegung, nach der eine Promotion auch berufsbegleitend, d.h. ohne formelle Immatrikulation an der Hochschule, erfolgen kann und dann – auch nach Auffassung der Beklagten – der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht greift, ist zutreffend. Es wäre kein sachgerechtes Kriterium, Doktoranden bei einem geltend gemachten SGB II-Leistungs-anspruch nur wegen einer Immatrikulation, die möglicherweise allein sozialversicherungsrechtliche Gründe hat, unterschiedlich zu behandeln.
Soweit die Beklagte vorträgt, unter Geltung des BSHG habe der Anwendungs-ausschluß auch Promotionsstudenten erfasst, trifft das so nicht zu. § 26 BSHG, jetzt § 22 SGB XII, und § 7 Abs. 5 SGB II sind wortgleich. Der Anwendungsbereich der Ausschlussregel hat sich nicht geändert. Richtig ist, dass bereits zur Geltung des BSHG erkannt wurde, dass die Regelung problematisch war, weil sie einerseits mit dem im Sozialhilferecht geltende Individualisierungsgebot kollidierte (vgl. hierzu: Spellbrink in Eicher/Spellbrink: SGB II, 2. Aufl. 2007, § 7 RN 90 ff. m.w.Nachw.; Schellhorn/Jirasek/ Seipp: BSHG, 14. Auflage 1993, § 26 RN 3) und andererseits sog. Exotenausbildungen, die weder vom BAföG noch vom SGB III für grundsätzlich förderungswert und –fähig befunden waren, dadurch privilegierte, dass der Anwendungsausschluss in § 26 BSHG nicht galt (vgl. Brühl in LPK: BSHG, 5. Auflage 1998, § 26 RN 10). Es gab auch unter der Geltung des BSHG Auszubildende, die von der Regelung des § 26 BSHG nicht erfasst waren. Für sie wurde diskutiert, ob sie auf den Einsatz ihrer Arbeitskraft (§ 18 Abs. 3 BSHG) zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts verwiesen werden konnten (vgl. Brühl, a.a.O. RN 16). Dazu gehörten auch Promotionsstudenten, wenn die Promotion nicht der Erlangung eines berufsqualifizierenden Abschlusses diente (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1977, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Dezember 1995, Az.: 7 S 2963/94 zit. n. juris).
Der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieser Problematik den Anwendungsausschluss unverändert in § 7 Abs. 5 SGB II übernommen, so dass eine planwidrigen Regelungslücke nicht vorliegt. Die von der Beklagten gewünschte analoge Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II auf Hochschulbesuche, die nicht nach BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sind, ist daher nicht möglich.
Da der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II im Fall der Klägerin nicht greift, hat sie dem Grunde nach Anspruch auf SGB II-Leistungen.
Auch die fehlende Verfügbarkeit der Klägerin für den allgemeinen Arbeitsmarkt wegen der Vollzeitbeschäftigung mit ihrer Promotion steht – anders als zu Zeiten der Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III (vgl. § 119 Abs. 5 SGB III) – ihrem Leistungsanspruch nicht entgegen. Im SGB II ist ein genereller Leistungsausschluss wegen mangelnder Verfügbarkeit nicht vorgesehen. Allerdings treffen die Klägerin die Obliegenheiten der §§ 2 und 14 ff. SGB II. Das Betreiben eines Promotionsstudiums dürfte in der Regel keinen wichtigen Grund darstellen, der die Aufnahme einer Arbeit unzumutbar macht (vgl. Brühl in LPK SGB II, 2. Auflage 2007, § 10 RN 54). Sofern ein Promotionsstudent die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit im Leistungszeitraum ablehnt, hat die Beklagte die Möglichkeit, das ihr mit dem SGB II gegebene Instrumentarium des "Förderns und Forderns" einzusetzen und ggf. gemäß § 31 SGB II Sanktionen zu verhängen. Dieser Umstand entkräftet verständliche "Bedenken an dem Ergebnis, dass mit steuerfinanzierten Fürsorgeleistungen eine Promotionsförderung erfolgt", wie sie das Sozialgericht Reutlingen in seinem Urteil (vom 13. März 2006, Az. S 12 AS 2707/05, zitiert nach juris) formuliert, denn für die Leistungen nach dem SGB II ist die Klägerin nicht anders zu behandeln als jeder andere Arbeitsuchende.
Da die Klägerin im hier streitbefangenen Zeitraum ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften sichern konnte, hatte sie einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss. Sowohl die Rücknahme der zunächst ergangenen Bewilligungsbescheide als auch die anschließende Bewilligung von Leistungen als Darlehen war rechtswidrig. Die Berufung gegen das diese Bescheide aufhebende Urteil war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) darüber, ob die Klägerin wegen des von ihr absolvierten Promotionsstudiums gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen ist. Umstritten ist die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von bereits gezahlten Leistungen sowie die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss oder Darlehen.
Die am 1978 geborene Klägerin studierte von Oktober 1997 bis September 2004 im Hauptfach Soziologie mit den Nebenfächern Pädagogik und Politikwissenschaft an der O. –v. –G. -Universität in M ... Sie schloss ihr Studium am 29. September 2004 mit dem akademischen Grad Magistra Artium ab und wurde am 30. September 2004 exmatrikuliert. In der Zeit vom 12. November 2004 bis zum 14. Ja-nuar 2005 absolvierte sie ein von der Bundesanstalt für Arbeit aus ESF-Mitteln gefördertes Praktikum im "Familienreferat" des Ministeriums für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt. Am 10. Januar 2005 wurde sie von der O. –v. - G. -Universität M. auf Antrag wieder als Studentin im Wintersemester 2004/2005 immatrikuliert. Der vorliegenden Immatrikulationsbescheinigung ist der Studiengang: "Magister MAG-So 2" und als angestrebter Studienabschluss "Promotion m.v. Abschluss" zu entnehmen.
Am 17. Januar 2005 beantragte sie bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Angaben zur Immatrikulation machte sie dabei nicht. Die Frage im Antragsvordruck, ob sie Auszubildende – auch in Schulausbildung – sei, verneinte sie. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 1. Februar 2005 Leistungen ab dem 17. Januar 2005 bis zum 31. Juli 2005 in Höhe von 583,76 EUR monatlich. Die Bewilligung für die Monate März und April 2005 hob die Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2005 wegen Einkommens auf. Auf den Folgeantrag vom 29. Juli 2005 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2005 auch für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 31. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II in monatlicher Höhe von 583,76 EUR.
Mit Schreiben vom 25. August 2005 lud die Beklagte die Klägerin zur Teilnahme an einer am 1. September 2005 um 14.00 Uhr stattfindenden Informationsveranstaltung der Trainingsmaßnahme Jobstart ein. Mit Schreiben vom 29. August 2005 lehnte die Klägerin die Teilnahme an der Informationsveranstaltung sowie einer nachfolgenden Trainingsmaßnahme mit der Begründung ab: Sie arbeite derzeit an ihrer Dissertation und habe zudem einen Antrag auf Bewilligung eines Promotionsstipendiums gestellt habe. Sie betreibe gerade die Dissertationsforschung, die zeitaufwändig sei und ihre volle Konzentration verlange. Die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme würde dazu führen, dass sie den Zeitplan für die Promotion nicht einhalten könne. Die Beklagte lud die Klägerin daraufhin zu einen persönlichen Gespräch am 22. September 2005 ein, in dem sie ankündigte, die Bewilligung der Leistungen rückwirkend aufheben zu wollen.
Nach Anhörung nahm die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2005 die Bewilligungen der Leistungen für den Zeitraum ab dem 17. Januar zurück 2005 und forderte die Klägerin auf, Leistungen in Höhe von 4.961,96 EUR sowie Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 812,57 EUR, insgesamt 5.871,12 EUR, zu erstatten. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen, weil sie an einer Hochschule immatrikuliert sei. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Nachdem das SG mit Beschluss vom 19. Oktober 2005 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid angeordnet hatte (Az. S 25 AS 550/05 ER), bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19. Oktober 2005 sowie mit Bescheid vom 14. November 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. November 2005 und mit Bescheid vom 3. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Oktober 2005 bis zum 31. Januar 2006 in zuvor gezahlter Höhe als Darlehen. Gegen die darlehensweise Bewilligung der Leistungen ab Oktober 2005 legte die Klägerin ebenfalls Widerspruch ein.
Beide Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2006 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, denn sie sei als Studierende einer Hochschule nicht vom Leistungssystem erfasst.
Dagegen hat die Klägerin am 20. Januar 2006 Klage beim SG erhoben und die Auffassung vertreten: Die Ausschlussbestimmung des § 7 Abs. 5 SGB II greife für Promotionsstudenten nicht. Sie habe Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss.
Mit Urteil vom 17. August 2006 hat das SG die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Sowohl die Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide als auch die anschließende Bewilligung von Leistungen als Darlehen (ab dem 1. Oktober 2005) seien rechtswidrig, denn im Falle der Klägerin greife der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II nicht. Es bestünden weder Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin im Sinne von § 9 SGB II noch an der Höhe des Leistungsanspruchs. Die Klägerin sei nicht gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen, weil ihre Ausbildung nicht nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig sei. Dem Grunde nach förderungsfähig sei eine Ausbildung nach BAföG nur, wenn sie an einer in § 2 Abs. 1 BAföG genannten Ausbildungsstätte mit dem Ziel eines berufsqualifizierenden Abschlusses durchgeführt werde. Allein der Besuch einer Hochschule genüge nicht, um eine abstrakte Förderungsfähigkeit anzunehmen. Daneben sei Förderungsvoraussetzung, dass die Ausbildung gemäß § 7 Abs. 1 und 2 BAföG zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führe. Dies sei eine abstrakte Förderungsvoraussetzung und kein konkreter individueller Ausschlussgrund. Denn die Förderung nach dem BAföG sei ausdrücklich ausbildungsziel-, d.h. berufsorientiert. Die Klägerin besuche zwar eine Hochschule im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG. Ihr sog. Promotionsstudium sei jedoch weder als erste (§ 7 Abs. 1 BAföG) noch als einzig weitere Ausbildung (§ 7 Abs. 2 BAföG) förderungsfähig. Es handele sich nicht um eine Erstausbildung, weil das jetzt von der Klägerin angestrebte Ausbildungsziel nicht die Herbeiführung eines berufsqualifizierenden Abschlusses sei, den sie dem akademischen Grad Magistra Artium bereits besitze. Die Förderung einer weiteren Ausbildung i.S.v. § 7 Abs. 2 BAföG könne ebenfalls nur bis längstens zum Erreichen eines berufsqualifizierenden Abschlusses erfolgen. Der Umstand, dass die Immatrikulation an der Hochschule nach der Promotionsordnung nicht Voraussetzung für die Durchführung des Promotionsverfahrens sei, deute daraufhin, dass mit der Immatrikulation kein Besuch einer Ausbildungsstätte im Sinne von § 2 BAföG verbunden sei. Eine Dissertation könne auch berufsbegleitend angefertigt werden. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss.
Gegen das ihr am 13. September 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. Oktober 2006 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 5 SGB II greife immer dann, wenn jemand als Student an einer Hochschule im Sinne von § 2 BAföG eingeschrieben sei. Es komme nur darauf an, dass die Ausbildungsförderung nach dem BAföG gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG grundsätzlich auch für den Besuch einer Hochschule geleistet werde. Dass der Hochschulbesuch der Klägerin im konkreten Fall nicht nach BAföG gefördert werde, gehöre zu den individuellen Gründen und betreffe nicht die grundsätzliche Förderungsfähigkeit einer Hochschulausbildung. Soweit das Promotionsstudium nicht ausdrücklich von § 7 Abs. 5 SGB II erfasst sei, handle es sich um eine planwidrige Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung der Vorschrift zu schließen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil.
Das Studentenwerk M. hat mit Bescheid vom 17. April 2007 den Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG vom 5. April 2007 abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt, ein Anspruch auf Förderung der Promotion sei gemäß §§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1, 1a und 2 BAföG bereits dem Grunde nach nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2007 hat die O. –v. –G. –U. M. der Klägerin ab dem 1. Juli 2007 ein Graduiertenstipendium – vorbehaltlich der Mittelzuweisung durch das Kultusministerium – in Höhe von 894,76 EUR monatlich zunächst für ein Jahr bei einem üblichen Förderungszeitraum von zwei Jahren nach den Graduiertenförderungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt bewilligt. Nach Mitteilung der Klägerin hat die Beklagte die Leistungsgewährung mit Ablauf des Monats Juni 2007 eingestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Gerichtsakten der einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 25 AS 550/05 ER und S 11 AS 8/06 ER sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 500 EUR übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht Magdeburg hat zu Recht die mit der Klage angegriffenen Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in gesetzlicher Höhe als verlorenen Zuschuss zu gewähren.
Inhaltlich bescheidet der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 16. Januar 2006 zwei Widersprüche der Klägerin: Zum einen den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. September 2005, mit dem die Beklagte die der Klägerin zunächst als verlorenen Zuschuss bewilligten Leistungen nach dem SGB II für die Zeiträume vom 17. Januar 2005 bis zum 28. Februar 2005 sowie vom 1. Mai 2005 an aufgehoben und die Leistungen in einer Gesamthöhe von 5.871,12 EUR zurückgefordert hat. Zum anderen geht es um den Widerspruch gegen die Bescheide vom 13. Oktober 2005, geändert durch die Bescheide vom 19. Oktober, 14. und 28. November 2005 und 3. Januar 2006, mit denen die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum ab Oktober 2005 SGB II-Leistungen als Darlehen gewährt hat.
Gegen den Rücknahmebescheid vom 28. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2006 ist die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage begründet. Soweit sich die Klägerin gegen die darlehensweise Gewährung der Leistungen mit den Bescheiden ab 13. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2006 wendet, ist die damit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG zulässig und begründet. Denn beide Verwaltungsakte der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sowohl die Entscheidung über die Rücknahme der Bewilligungen als auch die Bescheide über die darlehensweise Bewilligung der SGB II-Leistungen sind rechtswidrig, da die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss hat.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit liegen nicht vor. Bei den Bewilligungsbescheiden handelt es sich um begünstigende unanfechtbare Verwaltungsakte. Deren Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit setzt gemäß § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, § 330 Abs. 2 SGB III ihre Rechtswidrigkeit voraus. Die ursprüngliche Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II war jedoch rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Die Klägerin gehört zu den Anspruchsberechtigten nach dem SGB II. Sie erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. jedoch noch nicht, ist erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Zudem lag in dem hier vom Streit erfassten Zeitraum vom 17. Januar 2005 bis zum 28. Februar 2005, 1. Mai 2005 bis 30. September 2005 sowie für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis letztlich einschließlich 30. Juni 2007 Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II vor. Diesen Tatbestand erfüllt, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Diese Voraussetzungen liegen vor; die Klägerin konnte ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften sichern. Die Beteiligten streiten auch nicht über die Höhe des Leistungsbetrags im Einzelnen. Streitig ist allein die Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II im Fall der Klägerin greift. Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung u.a. im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Hochschulausbildungen sind grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG förderungsfähig. Zwar ist die Klägerin seit 10. Januar 2005 wieder an der O. –v. –G. -Universität M. immatrikuliert und damit formell wieder Studentin. Sie absolviert an der Hochschule jedoch keine Ausbildung, die im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist.
Was mit der Formulierung "dem Grunde nach förderungsfähig" im § 7 Abs. 5 SGB II gemeint ist, erschließt sich aus der Zielrichtung der Vorschrift: Wie bei der wortgleichen Vorgängervorschrift in § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), die auch in § 22 des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) unverändert übernommen wurde, geht es darum, dass nach der Auffassung des Gesetzgebers die Materie der Ausbildungsförderung in BAföG und SGB III spezialgesetzlich und abschließend geregelt ist. Die Sozialhilfe nach dem BSHG sollte – nach der gesetzgeberischen Intention – keine (versteckte) Ausbildungsförderung auf einer zweiten Ebene darstellen; das Sozialleistungssystem sollte nicht die finanziellen Lasten der Ausbildungsförderung tragen (vgl. BverwG, Urteil vom 12. Februar 1981, Az.: 5 C 51/08; BVerwGE 61/352). Bereits das Bundesverwaltungsgericht interpretierte die in § 26 BSHG verwendete Formulierung "dem Grunde nach förderungsfähig" in der Bedeutung von "abstrakt förderungsfähig" (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 1993, Az. 5 B 82/92, MDR 1994, Seite 418). Es bestand daher kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, wenn das BAföG die konkrete Ausbildung überhaupt – unter welchen individuellen Voraussetzungen auch immer – als förderungsfähig ansah.
Dementsprechend kommt es auch bei § 7 Abs. 5 SGB II nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007, B 14/7b AS 28/06 R und B 14/7b 36/06 R, zit. n. juris) nur darauf an, dass eine Ausbildung grundsätzlich gefördert werden kann, auch wenn der Betroffene konkret aus unterschiedlichen Gründen keinen Anspruch auf BAföG-Leistungen haben kann. Das Arbeitslosengeld II soll nicht dazu dienen, subsidiär die Ausbildung in solchen Fällen zu fördern, in denen die Leistungsvoraussetzungen nach dem BAföG nicht vorliegen (vgl. BSG, a.a.O). Ausschlaggebend ist allein, ob die Ausbildung grundsätzlich nach BAföG oder SGB III gefördert werden kann. Insbesondere in der Person des Auszubildenden liegende Gründe, die ihn von den Förderleistungen nach diesen Gesetzen ausschließen, haben außer Betracht zu bleiben (vgl. BSG, a.a.O.). Ein Bezug von Arbeitslosengeld II soll immer dann ausscheiden, wenn das BAföG eine Ausbildung überhaupt – unter welchen Voraussetzungen auch immer – als förderungsfähig regelt. Durch das SGB II sollen wegen der insoweit gleichen Zielrichtung (Sicherung des Lebensunterhalts des Auszubildenden) keine Umgehungstatbestände in Bezug auf das BAföG geschaffen werden.
Maßgeblich für ein Eingreifen von § 7 Abs. 5 BAföG im Falle der Klägerin ist daher, ob das von ihr betriebene Promotionsstudium zu den grundsätzlich förderungsfähigen Ausbildungen nach den Regelungen des BAföG gehört. Dies ist nicht der Fall.
Promotionsstudiengänge gehören grundsätzlich nicht zu den nach BAföG förderungsfähigen Ausbildungen, weil sie nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen. Anders ist es beim sog. grundständigen Promotionsstudium, mit dessen Absolvieren erstmals ein berufsqualifizierender Abschluss erreicht wird und das eine Ausnahme darstellt, die hier nicht vorliegt. Generell sind nach BAföG – neben den weiterführenden allgemein bildenden Schulausbildungen – nur solche berufsbildende Ausbildungen förderungsfähig, die zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen. Zu dem Besuch einer in § 2 BAföG genannten Ausbildungsstätte (hier: Hochschule nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG) muss eine Ausbildung treten, die zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt (§ 7 BAföG). Entsprechend sind im BAföG unter der amtlichen Überschrift "Förderungsfähige Ausbildung" als Abschnitt I in §§ 1 bis 7 die abstrakten Förderungsvoraussetzungen geregelt; die "Persönlichen Voraussetzungen" folgen als Abschnitt II und umfassen §§ 8 bis 10 (wie Staatsangehörigkeit, Eignung, Alter). Dies bedeutet für Hochschulausbildungen, dass sie nur dann abstrakt und dem Grunde nach förderungsfähig sind, wenn sie einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln.
Dies erfolgt durch ein Promotionsstudium grundsätzlich nicht. Es ist kein Studiengang, der auf einen berufsqualifizierenden Abschluss abzielt; es setzt vielmehr in der Regel das Vorhandensein eines berufsqualifizierenden Abschlusses voraus. Das Promotionsstudium ist als Ausbildung nicht berufszielorientiert und damit grundsätzlich nicht nach BAföG förderungsfähig (vgl. VGH Baden Württemberg, Urteil vom 5. Dezember 1995, Az. 7 S 2963/94, zitiert nach juris; SG Reutlingen, Urteil vom 13. März 2006, Az. S 12 AS 2707/05). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Promotion ausnahmsweise dem Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1977, BVerwGE 54, 186; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Februar 1994, Az. 16 B 22/94; zitiert nach juris). Dies ist hier indes nicht der Fall.
Dementsprechend und folgerichtig hat auch das Studentenwerk der O. –v. –G. -Universität M. den BAföG-Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 17. April 2007 bereits "dem Grunde nach" abgelehnt.
Das Promotionsstudium fällt nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des BAföG und ist damit dem Grunde nach nicht förderungsfähig. Es ist genauso zu beurteilen wie ein Teilzeitstudium, das mangels Inanspruchnahme der vollen Arbeitskraft des Auszubildenden grundsätzlich nicht förderungsfähig ist (§ 2 Abs. 5 BAföG; vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 15. Januar 2007, Az. L 7 AS 1130/06 ER, FEVS 59, 45), oder wie ein berufsbegleitender postgradualer Aufbaustudiengang Master, der nicht auf einen Bachelor-Studiengang aufbaut (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 8. März 2006, Az. L 7 AS 63/06 ER, zitiert nach juris) und daher nicht förderungsfähig ist.
Auch die im Urteil des Sozialgerichts Magdeburg angestellte Überlegung, nach der eine Promotion auch berufsbegleitend, d.h. ohne formelle Immatrikulation an der Hochschule, erfolgen kann und dann – auch nach Auffassung der Beklagten – der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht greift, ist zutreffend. Es wäre kein sachgerechtes Kriterium, Doktoranden bei einem geltend gemachten SGB II-Leistungs-anspruch nur wegen einer Immatrikulation, die möglicherweise allein sozialversicherungsrechtliche Gründe hat, unterschiedlich zu behandeln.
Soweit die Beklagte vorträgt, unter Geltung des BSHG habe der Anwendungs-ausschluß auch Promotionsstudenten erfasst, trifft das so nicht zu. § 26 BSHG, jetzt § 22 SGB XII, und § 7 Abs. 5 SGB II sind wortgleich. Der Anwendungsbereich der Ausschlussregel hat sich nicht geändert. Richtig ist, dass bereits zur Geltung des BSHG erkannt wurde, dass die Regelung problematisch war, weil sie einerseits mit dem im Sozialhilferecht geltende Individualisierungsgebot kollidierte (vgl. hierzu: Spellbrink in Eicher/Spellbrink: SGB II, 2. Aufl. 2007, § 7 RN 90 ff. m.w.Nachw.; Schellhorn/Jirasek/ Seipp: BSHG, 14. Auflage 1993, § 26 RN 3) und andererseits sog. Exotenausbildungen, die weder vom BAföG noch vom SGB III für grundsätzlich förderungswert und –fähig befunden waren, dadurch privilegierte, dass der Anwendungsausschluss in § 26 BSHG nicht galt (vgl. Brühl in LPK: BSHG, 5. Auflage 1998, § 26 RN 10). Es gab auch unter der Geltung des BSHG Auszubildende, die von der Regelung des § 26 BSHG nicht erfasst waren. Für sie wurde diskutiert, ob sie auf den Einsatz ihrer Arbeitskraft (§ 18 Abs. 3 BSHG) zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts verwiesen werden konnten (vgl. Brühl, a.a.O. RN 16). Dazu gehörten auch Promotionsstudenten, wenn die Promotion nicht der Erlangung eines berufsqualifizierenden Abschlusses diente (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1977, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Dezember 1995, Az.: 7 S 2963/94 zit. n. juris).
Der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieser Problematik den Anwendungsausschluss unverändert in § 7 Abs. 5 SGB II übernommen, so dass eine planwidrigen Regelungslücke nicht vorliegt. Die von der Beklagten gewünschte analoge Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II auf Hochschulbesuche, die nicht nach BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sind, ist daher nicht möglich.
Da der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II im Fall der Klägerin nicht greift, hat sie dem Grunde nach Anspruch auf SGB II-Leistungen.
Auch die fehlende Verfügbarkeit der Klägerin für den allgemeinen Arbeitsmarkt wegen der Vollzeitbeschäftigung mit ihrer Promotion steht – anders als zu Zeiten der Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III (vgl. § 119 Abs. 5 SGB III) – ihrem Leistungsanspruch nicht entgegen. Im SGB II ist ein genereller Leistungsausschluss wegen mangelnder Verfügbarkeit nicht vorgesehen. Allerdings treffen die Klägerin die Obliegenheiten der §§ 2 und 14 ff. SGB II. Das Betreiben eines Promotionsstudiums dürfte in der Regel keinen wichtigen Grund darstellen, der die Aufnahme einer Arbeit unzumutbar macht (vgl. Brühl in LPK SGB II, 2. Auflage 2007, § 10 RN 54). Sofern ein Promotionsstudent die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit im Leistungszeitraum ablehnt, hat die Beklagte die Möglichkeit, das ihr mit dem SGB II gegebene Instrumentarium des "Förderns und Forderns" einzusetzen und ggf. gemäß § 31 SGB II Sanktionen zu verhängen. Dieser Umstand entkräftet verständliche "Bedenken an dem Ergebnis, dass mit steuerfinanzierten Fürsorgeleistungen eine Promotionsförderung erfolgt", wie sie das Sozialgericht Reutlingen in seinem Urteil (vom 13. März 2006, Az. S 12 AS 2707/05, zitiert nach juris) formuliert, denn für die Leistungen nach dem SGB II ist die Klägerin nicht anders zu behandeln als jeder andere Arbeitsuchende.
Da die Klägerin im hier streitbefangenen Zeitraum ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften sichern konnte, hatte sie einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss. Sowohl die Rücknahme der zunächst ergangenen Bewilligungsbescheide als auch die anschließende Bewilligung von Leistungen als Darlehen war rechtswidrig. Die Berufung gegen das diese Bescheide aufhebende Urteil war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
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