S 130 AS 27001/08 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
130
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 130 AS 27001/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 2022/08 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Der sinngemäße Antrag des Antragstellers vom 2. September 2008,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der H.straße ... in B in Gesamthöhe von 403,85 Euro zuzusichern,

hat keinen Erfolg. Der Antrag ist unbegründet. Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht mit der hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen würde (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist der kommunale Träger zur Zusicherung nur verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Nach den auch von der Kammer grundsätzlich für einen geeigneten Maßstab zur Ermittlung der Angemessenheit von Unterkunftskosten erachteten und in ständiger Rechtsprechung zu Grunde gelegten Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II vom 7. Juni 2005 (geändert mit Verwaltungsvorschriften vom 30. Mai 2006) gilt für einen Einpersonenhaushalt ein Richtwert von 360 Euro und für einen Zweipersonenhaushalt ein Richtwert von 444 Euro bezogen auf die Bruttowarmmiete als angemessen (Nr. 4 Abs. 2 AV-Wohnen).

Ausgehend hiervon hat der Antragsteller keinen Anspruch auf eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die in Aussicht genommene Wohnung in der H straße ... in B mit einer Bruttowarmmiete von 403,85 Euro. Zwar mag ein Umzug des Antragstellers aufgrund der Trennung von seiner Partnerin erforderlich sein. Allerdings sind die Kosten für die in Aussicht genommene Wohnung in der H straße ... in B sind unangemessen hoch. Denn der Antragsteller beabsichtigt mit seinem Umzug einen Einpersonenhaushalt zu bilden, für den nach Nr. 4 Abs. 2 AV-Wohnen eine Obergrenze zur Beurteilung der Angemessenheit der Bruttowarmmiete von 360 Euro gilt. Der Mietpreis für die in Aussicht genommene Wohnung liegt hingegen deutlich über 40 Euro über dieser Obergrenze.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich nichts anderes daraus, dass der Sohn des Antragstellers infolge der gemeinsamen Wahrnehmung des Sorgerechtes durch den Antragsteller und die Kindesmutter häufig bei ihm aufhältig sein wird. Zum einen handelt wird ein Unterkunftsbedarf für zwei Personen nur dann ausgelöst, wenn auch tatsächlich zwei Personen die Wohnung ausschließlich oder aber ganz überwiegend bewohnen. Allein daraus, dass weitere Personen zeitweise in die Wohnung aufgenommen werden, folgt nicht automatisch ein – ständiger – höherer Unterkunftsbedarf. Dies ergibt sich bereits aus der Überlegung, dass ansonsten in Fällen, die dem hier vorliegenden ähnlich gelagert sind, für drei Personen Unterkunftskosten für vier Personen übernommen werden müssten. Dies widerspräche sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn des Gesetzes, soweit dieses mit § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bestimmt, dass nur tatsächliche Unterkunftskosten übernommen werden. Tatsächlich können jedoch nicht Mutter und Vater jeweils einen Zweipersonenhaushalt mit demselben Kind führen.

Zum anderen handelt es sich bei dem Wohnbedarf des Kindes ohnehin um einen diesem selbst zustehenden individuellen Hilfebedarf (vgl. zuletzt etwa BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14 AS 55/07 R -). Der Antragsteller als Kindesvater kann diesen eventuellen Wohnbedarf des Kindes in einer von ihm anzumietenden Wohnung mithin jedenfalls nicht im eigenen Namen geltend machen.

Ob ausnahmsweise eine Überschreitung der Richtwerte um zehn vom Hundert, etwa entsprechend den Regelungen in Nr. 4 Abs. 5 AV-Wohnen – hier allerdings nur bei bereits bestehendem Wohnraum – oder in Nr. 4 Abs. 10 AV-Wohnen in Betracht kommen kann, braucht vorliegend nicht entschieden werden, da die vom Antragsteller in Aussicht genommene Wohnung in der Htraße ...in B auch die um zehn vom Hundert erhöhte Obergrenze für Einpersonenhaushalte von insgesamt 396 Euro noch deutlich überschreitet.

Darüber hinaus ist auch darauf hinzuweisen, dass gerichtsbekannt ist, dass auf dem derzeit entspannten Berliner Wohnungsmarkt - wie aus regelmäßigen Mitteilungen in den Medien ersichtlich ist – ausreichend billiger Wohnraum, vor allem in den in industrieller Bauweise errichteten Neubauten in den östlichen Bezirken der Stadt ("Plattenbauten") und gegebenenfalls auch in Altbauten zur Verfügung steht (vgl. hierzu etwa OVG Berlin, Beschlüsse vom 9. Juli 2001 – OVG 5 SN 14.01 -; VG Berlin, Beschluss vom 22. November 2001 – 32 A 594.01 – sowie vom 3. April 2003 – 32 A 124.03 -). Hier sind auch Zweiraumwohnungen zu einer Bruttowarmmiete von unter 360 Euro problemlos verfügbar (vgl. etwa Berliner Zeitung vom 9. Juli 2008, Immobilienteil, S. 7, sogar mit Dreiraumwohnung für 360 Euro Warmmiete).

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 183 SGG).
Rechtskraft
Aus
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