L 3 AS 500/09

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 12 AS 1969/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 500/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Berechnung eines Anspruches auf Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft
und Heizung gemäß § 22 Abs. 7 SGB II (Anschluss an BSG, Urteil vom 22. März 2010 - B 4 AS 69/09 R -
SozR 4-4200 § 22 Nr. 32 Rdnr. 17 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 17 ff.).
2. Eine Kürzung der Pauschale für Warmwasserbereitung für ein Mitglied einer Wohngemeinschaft findet
weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes eine Stütze.
3. Der erkennende Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 16. Juli 2007 -
L 3 B 414/06 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 25 ff.), dass als zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11
Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II der Anteil der Ausbildungsförderung zu berücksichtigen ist, der mit Nachweisen
belegt und in angemessenem Umfang auf die Ausbildungsförderung entfällt, auf und schließt sich der
Rechstprechung des Bundessozialgerichtes an, wonach
ein Anteil in Höhe von 20 % als zweckbestimmte Einnahme zu behandeln ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. März
2009 – B 14 AS 63/07 RSozR 4-4200 § 11 Nr. 21 Rdnr. 23 ff.; BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS
69/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 32 Rdnr. 31 = JURIS-Dokument Rdnr. 31).
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 9. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Für das Klageverfahren verbleibt es bei der Kostenentscheidung im Gerichtsbescheid vom 9. Juli 2009.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt einen Zuschuss zu den nicht gedeckten Kosten von Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Streitgegenständlich ist die Zeit ab dem 1. Januar 2007 bis zum 30. Juni 2007.

Der am 1988 geborene Kläger absolvierte vom 1. August 2005 bis zum 31. Juli 2008 in D bei der H Schloss A – Hotel- und Gaststättenschule D gGmbH – eine Ausbildung zum Koch. Dafür zahlte er Schulgeld von monatlich 55,70 EUR. Zudem wandte er monatlich für den D Verkehrsverbund (DVB) 33,00 EUR auf.

Mit Vertrag vom 8. Mai 2006 mietete der Kläger die Mitnutzung (hälftig) für eines von zwei möblierten Zimmern in einer 3-Raumwohnung in D (= WG-Platz). Die Miete betrug monatlich 213, 00 EUR, davon 150,00 EUR Kaltmiete und 63,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung (inklusive Strom, Gas und Wasser). Für die vier Mieter der Wohnung wurde durch den Vermieter ein Kühlschrank vorgehalten. Eine Abrechnung über die Betriebskosten war nach dem Mietvertrag ausgeschlossen.

Die Stadt Chemnitz – Amt für Ausbildungsförderung – gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 30. Oktober 2006 einen monatlichen Förderungsbetrag nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) für die Zeit von August 2006 bis Juli 2007 in Höhe von 136,00 EUR. Der hierbei zugrunde gelegte Bedarf setzt sich aus einem Grundbedarf in Höhe von 348,00 EUR und Unterkunftskosten in Höhe von 64,00 EUR zusammen. In dem Bescheid wurde ein Einkommen der Mutter des Klägers von 276,07 EUR angenommen.

Das Kindergeld für den Kläger wurde an die Mutter überwiesen.

Ausweislich eines Computervermerks der ARGE Dresden vom 29. Dezember 2006 sprach der Kläger an diesem Tag vor und stellte einen Antrag auf Arbeitslosengeld II. In der Verwaltungsakte ist unter dem 9. Januar 2007 der Eingang der ausgefüllten Antragsformulare sowie der beigefügten Belege dokumentiert.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 14. März 2007 ab. Die Kosten für Unterkunft und Heizung könnten ausreichend aus eigenen Mitteln bestritten werden.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 20. März 2007 Widerspruch ein. Er trug unter anderem vor, dass in der BAföG-Leistung nur ein Betrag in Höhe von 64,00 EUR für die Unterkunftskosten enthalten sei, und dass er die im BAföG-Bescheid zugrunde gelegte Zahlung durch die Mutter in Höhe von monatlich 276,07 EUR tatsächlich erhalte.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 21. Juni 2007 für die Zeit vom 9. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 folgende Zuschusszahlungen: - 9. Januar 2007 bis 31.Januar 2007: 42,39 EUR - 1. Februar 2007 bis 30. April 2007: 57,81 EUR (monatlich) - 1. Mai 2007 bis 30. Juni 2007: 59,46 EUR (monatlich)

Sodann wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2007 zurück. Von der Grundmiete seien 20 % abzuziehen, weil es sich um eine voll möblierte Wohnung handle. Außerdem seien 1,01 EUR (= 4,05 EUR: 4) für den bereitgestellten Kühlschrank abzuziehen. Danach ergebe sich eine Grundmiete von 118,99 EUR. Von den Nebenkosten sei ein pauschaler Betrag in Höhe von 8,18 EUR für die Erwärmung des Warmwassers abzuziehen. Dem stünden die Unterkunftsleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gegenüber. Nach den BAföG-Regelungen erhalte der Kläger zusätzlich zu den Kosten für Unterkunft und Heizung, die im allgemeinen Bedarf enthalten seien, einen weiteren Betrag in Höhe von 64,00 EUR. Daraus würden sich die bewilligten Leistungen errechnen. Der Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II habe erst ab dem 9. Januar 2007 bewilligt werden können, da an diesem Tag erst der Antrag gestellt worden sei.

Der Kläger hat am 8. Juli 2007 Klage erhoben. Er rügt, dass es an jeglicher rechtlichen Begründung bezüglich der Ermittlung der tatsächlichen Unterkunftskosten mangle. Auch bestehe der Anspruch bereits ab 1. Januar 2007, weil er den Antrag am 29. Dezember 2006 persönlich bei der ARGE Dresden abgegeben habe. Am 9. Januar 2007 habe er lediglich geforderte Unterlagen nachgereicht. Auf den Einwand der ARGE Dresden, die Bewilligung des Zuschusses sei rechtswidrig erfolgt, weil der Kläger ohne vorherige Zusicherung umgezogen sei, hat der Kläger erwidert, dass die Wohnung bereits mit Ausbildungsbeginn am 1. August 2005 angemietet worden sei. Der Mietvertrag sei für jedes Ausbildungsjahr neu abgeschlossen worden. Da das Zustimmungserfordernis in § 22 Abs. 2a SGB II erst zum 1. April 2006 eingeführt worden sei, finde es auf ihn keine Anwendung. Außerdem hätten weder er noch seine Eltern bis zum Ausbildungsbeginn Leistzungen nach dem SGB II bezogen. Auch hätte die Zusicherung erteilt werden müssen, weil andernfalls die Aufnahme einer Berufsausbildung versagt worden wäre. Weiter wendet sich der Kläger gegen den Abzug eines Warmwasseranteils in Höhe von 8,18 EUR sowie den Abzug für die Möblierung und den bereitgestellten Kühlschrank. Die BAföG-Leistungen seien als zweckbestimmte Einnahmen anzusehen und deshalb nicht als Einkommen zu behandeln.

Die ARGE Dresden hat zunächst mit Schreiben vom 20. Juni 2008 und sodann mit weiterem Schreiben vom 23. Januar 2009 ein Teilanerkenntnis abgegeben. Dieses hat der Kläger mit Schreiben vom 16. Februar 2009 nicht angenommen. Im Erörterungstermin vom 24. März 2009 hat die ARGE Dresden das Teilanerkenntnis nochmals geändert. Mit Schreiben vom 19. April 2009 hat der Kläger auch dieses Teilanerkenntnis abgelehnt.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 9. Juli 2009 die ARGE Dresden entsprechend ihres Teilanerkenntnisses verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 30. Juni 2007 einen Zuschuss in Höhe von monatlich 80,09 EUR zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Unter Ziffer III hat es die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für erstattungsfähig erklärt. Nach Ziffer IV des Tenors "ist die Berufung statthaft." Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, dass eine fiktive Bedarfs- und Einkommensberechnung nach dem SGB II zu erfolgen habe, allerdings mit der Maßgabe, dass die Berechnung auf den Anteil beschränkt bleibt, der nicht ohnehin nach dem Inhalt des BAföG-Bescheides als gedeckt gelte. Bei seiner Berechnung hat es unter anderem eine Warmwasserpauschale in Höhe von 3,11 EUR und Aufwendungen für Haushaltsenergie in Höhe von 13,80 EUR in Ansatz gebracht.

Der Kläger hat gegen den ihm am 16. Juli 2009 zugestellten Gerichtsbescheid am 4. August 2009 Berufung eingelegt. Er wendet sich gegen die Berechnung durch das Sozialgericht und bezieht sich hierfür auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichtes vom 24. April 2008 (Az. L 7 AS 10/08 B ER).

Der Kläger beantragt,

die im Gerichtsbescheid vom 13. Juli 2009 abgesetzten Kosten für die Unterkunft in Höhe von 16,91 EUR ab dem 1. Januar 2007 als nicht gedeckte Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. März 2010 (Az.: B 4 AS 39/09 R) vertritt er die Auffassung, dass dem Kläger zumindest keine höheren als die vom Sozialgericht zugesprochenen Leistungen zustünden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I: Zum 1. Januar 2011 ist das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl. I S. 1112) in Kraft getreten. Gemäß § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II sind die (beteiligtenfähigen) gemeinsamen Einrichtungen mit der Bezeichnung Jobcenter als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaften getreten sind (vgl. BSG, Terminbericht Nr. 1/11). Aus diesem Grund war das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen.

II. Die am 4. August 2009 eingelegte Berufung ist statthaft.

Die Berufung an das Landessozialgericht findet gemäß § 143 SGG gegen die Urteile der Sozialgerichte statt, soweit sich aus den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils des Sozialgerichtsgesetzes (§§ 143 bis 159 SGG) nichts anderes ergibt. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der Fassung des am 1. April 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S.444 ff) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt.

Ausgehend hiervon ist die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes statthaft. Denn nach dem Berufungsantrag im angefochtenen Gerichtsbescheid wird begehrt, "die im Gerichtsbescheid vom 13. Juli 2009 abgesetzten Kosten für die Unterkunft in Höhe von 16,91 EUR ab dem 1. Januar 2007 als nicht gedeckte Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II" zu bewilligen. Vor dem Hintergrund des vom Sozialgericht zugesprochenen höheren Zuschusses als dem im Bescheid vom 21. Juni 2007 bewilligten ist der Antrag dahingehend zu verstehen, dass der Kläger weitere Leistungen in Höhe von 16,91 EUR monatlich geltend macht. Bezogen auf den sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 ergibt dies einen Gesamtbetrag in Höhe von 101,46 EUR.

Selbst wenn nicht auf den Berufungsantrag, sondern auf die Berufungsbegründung abgestellt würde, würde sich im Ergebnis nichts anderes ergeben. Denn am Ende der Berufungsschrift führt der Kläger aus, dass angemessenen Mietkosten lediglich durch BAföG-Leistungen in Höhe von 116,00 EUR gedeckt seien. Bei mietvertraglich Kosten in Höhe von 213,00 EUR ergibt dies einen Differenzbetrag in Höhe von 97,00 EUR monatlich oder 582,00 EUR für den streitigen Zeitraum.

Allerdings ist die Berufung vom Sozialgericht gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG zugelassen worden. Danach ist die Berufungszulassung "in dem Urteil des Sozialgerichtes" auszusprechen. Die Berufungszulassung hat in der Urteilsformel, ausnahmsweise auch durch eine eindeutig ausgesprochene Zulassung in den Entscheidungsgründen, zu erfolgen (h. M.; vgl. z. B.: BSG, Beschlüsse vom 29. Juni 1977 – 11 RA 94/76 = SozR 1500 § 161 Nr. 16, vom 26. April 1989 – 7 RAr 124/88 = Die Beiträge 1989, 288 und vom 2. Juni 2004 – B 7 AL 10/04 B – JURIS-Dokument Rdnr. 8; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl., 2008], § 144 Rdnr. 39, m. w. N.). Wenn hingegen die Berufung nur in der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung erwähnt wird, ist dies nicht ausreichend (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes: vgl. BSG, a. a. O.; Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 40, m. w. N.).

Vorliegend ist im Gerichtsbescheid unter Ziffer IV des Tenors formuliert, dass die Berufung statthaft sei. Dem Gerichtsbescheid ist eine Rechtsmittelbelehrung über die Statthaftigkeit der Berufung beigefügt. In den Entscheidungsgründen finden sich hingegen keine Ausführungen zur Frage des statthaften Rechtsmittels. Im Hinblick darauf, dass üblicherweise im Entscheidungstenor nur dann eine Regelung in Bezug auf ein Rechtsmittel enthalten ist, wenn mit der Entscheidung vom Normalfall eines statthaften Rechtsmittels abgewichen werden soll, ist der Gerichtsbescheid dahingehend zu verstehen, dass vorliegend die Berufung zugelassen worden ist.

III. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen höheren, über den vom Sozialgericht hinausgehenden Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 7 SGB II.

1. Der Kläger ist dem Grunde nach anspruchsberechtigt in Bezug auf einen Zuschuss gemäß § 22 Abs. 7 SGB II. Maßgebend ist vorliegend die am 1. Januar 2007 in Kraft getretene (vgl. Artikel 1 Nr. 21 Buchst. e des Gesetzes vom 20. Juli 2006 [BGBl. I S. 1706]) und bis zum 31. Dezember 2008 geltende Fassung

Nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II erhalten abweichend von § 7 Abs. 5 SGB II Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten und deren Bedarf sich nach § 65 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 101 Abs. 3, § 105 Abs. 1 Nr. 1, 4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB III oder nach § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3, § 13 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG bemisst, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1). Dies gilt nicht, wenn die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 2a SGB II ausgeschlossen ist (vgl. § 22 Abs. 7 Satz 2 SGB II).

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II. Er ist, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Seine Ausbildung an der Hotelfachschule der H D ist eine schulische Ausbildung (vgl. http://www.hoga-schloss-albrechtsberg.de/ausbildungs-und-schularten/gastronomie-und-hotelschule-ihk-abschluss.html), die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderfähig ist (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Satz 1 BAföG). Die bewirkt gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II den Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Es ist weder vorgetragen, dass hier ausnahmsweise die Voraussetzungen für einen Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vorliegend würden, noch sind Anhaltspunkte für einen Härtefall ersichtlich. Der Kläger erhielt auch, wie in § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II gefordert, BAföG-Leistungen. Sein Bedarf bemaß sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföG (in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung).

Hingegen unterfiel der Kläger nicht dem Ausnahmetatbestand des § 22 Abs. 7 Satz 2 SGB II. Denn die Regelung des § 22 Abs. 2a SGB II, auf die Bezug genommen wird und nach der Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die umziehen, Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur erbracht werden, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat (vgl. § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II), findet auf den Kläger keine Anwendung. Denn die Regelungen in § 22 Abs. 2a SGB II wurden erst zum 1. April 2006 eingeführt (vgl. Artikel 1 Nr. 6 Buchst. a des Gesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 558]). Das Mietverhältnis des Klägers in der Wohngemeinschaft war jedoch bereits im Jahr 2005 begründet worden. Allein der Umstand, dass das Mietverhältnis auf jeweils ein Jahr befristet war und danach ein neuer Mietvertrag für das kommende Jahr abgeschlossen wurde, begründet ab dem Inkrafttreten des § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II keine Verpflichtung, jeweils eine neue Zustimmung zum Umzug einzuholen. Denn der Umzug, das heißt der tatsächliche Wohnungswechsel, war bereits im Jahr 2005 erfolgt.

2. Die streitige Frage, wie ein etwaiger Anspruch auf Zuschuss gemäß § 22 Abs. 7 SGB II zu berechnen ist, ist inzwischen in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes entschieden.

Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 22. März 2010 (Az.: B 4 AS 69/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 32 Rdnr. 17 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 17 ff.) ausgeführt, dass ein Anspruch gemäß § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II in drei Schritten zu ermitteln ist: - Zunächst ist die abstrakte Höhe der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu bestimmen. - Sodann ist der konkrete Unterkunftsbedarf des Antragstellers – vorausgesetzt er wäre nach dem SGB II leistungsberechtigt – nach den Regeln des SGB II zu ermitteln. - Schließlich ist der dann nicht durch sein Einkommen – insbesondere in Gestalt der Ausbildungsförderleistung – gedeckte Unterkunftsbedarf als Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II – gedeckelt durch die Differenz zwischen Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und in der Ausbildungsförderungsleistung enthaltenen Unterkunftsanteil – zu erbringen

Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies:

a) Die abstrakte Höhe der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II beträgt 213,00 EUR.

b) Der Regelleistungsbedarf des Klägers sowie dessen Unterkunftsbedarf sind dem Einkommen des Klägers gegenüber zu stellen (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 31).

Die Regelleistung betrug im maßgebenden Zeitraum für den Kläger 345,00 EUR, die Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II betrugen 213,00 EUR. Soweit die ARGE Dresden einen Abzug wegen der Möblierung der Wohnung und für den vom Vermieter bereitgestellten Kühlschrank vorgenommen hat, gibt es hierfür keine Rechtsgrundlage. Auch im Rahmen der vom Bundessozialgericht vertretenen Produkttheorie zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 RBSGE 97, 254 ff. Rdnr. 20 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 Rdnr. 20 = JURIS-Dokument Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 70/06 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 8 Rdnr. 17 = JURIS-Dokument Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 RBSGE 102, 263 ff. Rdnr. 24 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24) können diese Abzüge nicht gemacht werden. Die Produkttheorie stellt letztlich auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, ab (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, a. a. O.). Hingegen kommt es nicht darauf an, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung, Lage und so weiter isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird (vgl. BSG, a. a. O.). Solange sich also die Unterkunftskosten für eine bestimmte Wohnung in diesem Rahmen bewegen, steht es einem Hilfebedürftigen frei, auch eine Wohnung mit einem höheren Ausstattungsniveau zu wählen.

Von diesen Unterkunftskosten ist der in der Betriebskostenvorauszahlung enthaltene Anteil für Strom abzuziehen, weil dieser – mit Ausnahme der auf die Heizung entfallenden Anteile der Haushaltsenergie – von der Regelleistung umfasst ist (vgl. § 20 Abs. 1 SGB II). Dies ist nach den Feststellungen des Sozialgerichtes ein Betrag in Höhe von 13,80 EUR.

Für die Warmwasserbereitung ist ein Betrag von 6,22 EUR abzuziehen, weil nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes insoweit die Kosten für die Warmwasserbereitung für jeden einzelnen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft in der Regelleistung enthalten sind (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07 R – BSGE 100, 94 ff [Rdnr. 25] = SozR 4-4200 § 22 Nr. 5 Rdnr. 25 = JURIS-Dokument Rdnr. 25). Soweit das Sozialgericht diese Pauschale auf die Hälfte kürzen will, findet dies weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes eine Stütze. Der vom Sozialgericht angeführte Gesichtspunkt, dass in einer von mehreren Personen genutzten Wohnung anteilig pro Person weniger Kosten für Haushaltsenergie und Warmwasser anfallen als in einem Einpersonenhaushalt, kann im Zusammenhang mit der Regelleistung nicht berücksichtigt werden. Insoweit hat das Bundessozialgericht bei der Frage, ob im Geltungsbereich des SGB II eine Kürzung der Regelleistung bei Gewährung von Krankenhauskost erfolgen darf, darauf hingewiesen, dass das Regelungskonzept des SGB II davon ausgehe, dass die in § 20 Abs. 1 SGB II genannten Bedarfe mittels der Regelleistung abschließend und pauschaliert gedeckt werden können. Nach dem Leistungssystem des SGB II sei eine individuelle Bedarfsermittlung oder abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung gesetzlich nicht vorgesehen. Dies gelte sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14 AS 22/07 RBSGE 101, 70 ff. = SozR 4-4200 § 11 Nr. 11 Rdnr. 22 = JURIS-Dokument Rdnr. 22). Dieses vom Bundessozialgericht beschriebene Regelungskonzept gilt aber für alle Bedarfsposten, die bei der Bestimmung der Regelleistung berücksichtigt worden sind, mithin auch die Warmwasserpauschale.

Danach ergibt sich ein Bedarf für die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 192,98 EUR (= 213,00 EUR – 13,80 EUR – 6,22 EUR) und zusammen mit der Regelleistung ein Gesamtbedarf in Höhe von 537,98 EUR.

Das Einkommen des Klägers setzt sich zusammen aus der Unterhaltsleistung der Mutter in Höhe von 276,07 EUR und der BAföG-Leistung in Höhe von 136,00 EUR. Bei BAföG-Leistungen ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ein Anteil in Höhe von 20 % als zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II zu behandeln (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2009 – B 14 AS 63/07 RSozR 4-4200 § 11 Nr. 21 Rdnr. 23 ff.; BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 69/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 32 Rdnr. 31 = JURIS-Dokument Rdnr. 31). Mithin sind 80 % der BAföG-Leistung als Einkommen zu behandeln. Diese prozentualen Anteile sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ausgehend von dem Betrag zu bestimmen, mit dem ein Berufsfachschüler, der wegen der Förderfähigkeit der Ausbildung nach dem BAföG nach § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen ist, seine gesamten Ausbildungskosten decken muss. Dies sind 412,00 EUR (= 348,00 EUR + 64,00 EUR; vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 BAföG in der bis zum 31. Juli 2008 geltenden Fassung). Die Pauschale für zweckbestimmte Ausbildungskosten beträgt danach 82,40 EUR.

Der erkennende Senat hat im Beschluss vom 16. Juli 2007 (Az. L 3 B 414/06 AS-ER, JURIS-Dokument Rdnr. 25 ff., insbes. Rdnr. 30) im Gegensatz zu der zitierten, späteren Rechtsprechung des die Auffassung vertreten, dass als zweckbestimmte Einnahme der Anteil der Ausbildungsförderung zu berücksichtigen ist, der mit Nachweisen belegt und in angemessenem Umfang auf die Ausbildungsförderung entfällt. Im Hinblick darauf, dass inzwischen die beiden mit Angelegenheiten des SGB II betrauten Senate beim Bundessozialgericht die vom 14. Senat entwickelte Rechtsprechung vertreten, hält der erkennende Senat nicht mehr an seiner früheren Rechtsauffassung fest und schließt dich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes an.

Danach errechnet sich ein Gesamteinkommen der Klägers in Höhe von 329,67 EUR (= 276,07 EUR + [136,00 EUR – 82,40 EUR]). Von diesem Einkommen ist die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung [Alg II-V] vom 20. Oktober 2004 [BGBl. I S. 2622]), abzusetzen. Weitere Abzugsposten gibt es vorliegend nicht. Dies ergibt ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 299,67 EUR.

Die Gegenüberstellung des (fiktiven) Bedarfes des Klägers nach dem SGB II in Höhe von 537,98 EUR und seines nach den Regelungen des SGB II ermittelten Einkommens in Höhe von 299,67 EUR ergibt einen nach den Regelungen des SGB II nicht gedeckten Bedarf in Höhe von 238,31 EUR.

c) Nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. März 2010 (Az.: B 4 AS 69/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 32 Rdnr. 32 = JURIS-Dokument Rdnr. 32) ist schließlich das nach dem SGB II zu berücksichtigende Einkommen dem jeweiligen Bedarf aus Regelleistung und Unterkunftsaufwendungen gegenüberzustellen. Zur Errechnung des Zuschusses ist das beim Kläger zu berücksichtigende Einkommen zunächst zur Deckung der Regelleistung nach § 19 Satz 3 SGB II heranzuziehen. Wenn danach noch ein Einkommensrest verbleibt, ist dieser zur Deckung der Kosten für Unterkunft und Heizung einzusetzen. Der verbleibende Rest an nicht gedeckten Unterkunftskosten ist alsdann als Zuschuss nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II zu gewähren, gedeckelt auf den Differenzbetrag zwischen Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und in der Ausbildungsförderungsleistung enthaltenen Unterkunftsanteil.

Für den Kläger bedeutet dies, dass dem Bedarf aus der Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 299,67 EUR gegenübersteht. Es liegt somit eine Unterdeckung vor mit der Folge, dass kein Einkommensrest zur Deckung der Kosten für Unterkunft und Heizung verbleibt. Von den berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten in Höhe von 192,98 EUR kann der Kläger mit seinem Einkommen nichts bestreiten. Demzufolge hat er einen Anspruch auf Zuschuss nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB, und zwar in Höhe des Differenzbetrages zwischen den berücksichtigungsfähigen, ungedeckten Unterkunftskosten in Höhe von 192,98 EUR und dem in der Ausbildungsförderungsleistung enthaltenen Unterkunftsanteil in Höhe von 116,00EUR (= 52,00 EUR + 64,00 EUR). Dies ergibt einen Anspruch in Höhe von 76,98 EUR.

Da das Sozialgericht dem Kläger bereits einen höheren monatlichen Anspruch zugesprochen hat, hat die Berufung keinen Erfolg.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG. Es entspricht billigem Ermessen, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren, in dem er mit seiner Rechtsauffassung nicht durchgedrungen und demzufolge unterlegen ist, nicht für erstattungsfähig zu erklären. Im Hinblick auf das teilweise Obsiegen des Klägers im Klageverfahren erscheint es hingegen angemessen, es bei der Kostenentscheidung des Sozialgerichtes zu belassen.

V. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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