L 16 AS 390/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 50 AS 2768/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 390/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Darlehen stellt kein Einkommen dar, wenn zum Zeitpunkt des Zuflusses eine Rückzahlungsvereinbarung abgeschlossen wurde. An den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen zur Abgrenzung von einer verschleierten Schenkung
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.3.2010 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25.6.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2008 aufgehoben.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid streitig, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Februar und April 2008 ganz aufgehoben hat und von der Klägerin die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 1.420,12 EUR fordert.

Die 1957 geborene Klägerin bezog ab dem 1.6.2006 Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten. Seit dem 1.3.2009 erhält sie eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von 839,11 EUR. Im streitgegenständlichen Zeitraum bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 15.11.2007 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.12.2007 bis zum 31.5.2008 in Höhe von monatlich 710,06 EUR (Regelbedarf in Höhe von 347,00 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 363,06 EUR).

Mit dem Weiterbewilligungsantrag vom 2.5.2008 legte die Klägerin Kontoauszüge vor, aus denen sich ergab, dass sie am 13.2.2008 sowie am 8.4.2008 eine Überweisung in Höhe von jeweils 1000 EUR von Frau G. erhalten hatte. Die Überweisungen waren mit dem Verwendungszweck "Darlehen" versehen. Die Klägerin legte einen handschriftlichen Darlehensvertrag vom 29.4.2008 vor, in dem bestätigt wurde, dass Frau G. die Zahlungen am 13.2.2008 und am 8.4.2008 auf das Konto der Klägerin überwiesen habe und die Rückzahlung auf Raten erfolgen solle, sobald die Klägerin wieder Arbeit gefunden hätte.

Am 14.5.2008 wurde die Klägerin nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zur beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligung angehört. Sie teilte daraufhin mit, dass ihre Freundin Frau G. ihr in einer schwierigen Lebenssituation helfen wollte und ihr daher ein Darlehen angeboten habe, das sie zurückzahlen könne, wenn sie wieder arbeiten könne und Arbeit habe. Ein schriftlicher Vertrag sei damals nicht geschlossen worden, da sie sich absolut vertrauten und dies auch auf den Kontoauszügen ersichtlich sei. Vor der neuen Beantragung der Leistungen habe ihr die Sachbearbeiterin geraten, einen Darlehensantrag beizulegen. Daher resultiere das rückwirkende Ausstellungsdatum. Das geliehene Geld sei kein Einkommen, sondern Geld zum Überleben, ein Privatkredit und sie zahle ihn wieder zurück.

Mit Bescheid vom 25.6.2008 hob die Beklagte die Entscheidung vom 15.11.2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.2.2008 bis 30.4.2008 in Höhe von 1.420,12 EUR auf. Die Klägerin habe während des genannten Zeitraumes Einkommen in Höhe von 1000 EUR erzielt. Die Zahlungen von Frau G. seien nicht als Darlehen zu werten, da die Vereinbarung rückwirkend abgeschlossen sei und keine konkreten Rückzahlungstermine enthalte. Sie seien somit gemäß § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen. Dieses Einkommen führe zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X). Daher seien in der Zeit vom 1.2.2008 bis 30.4.2008 Leistungen nach dem SGB II in der genannten Höhe zu Unrecht gezahlt. Diese Beträge seien nach § 50 SGB X zu erstatten.

Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2008 zurückgewiesen. Die der Klägerin von dritter Seite zur Verfügung gestellten Mittel sollten ausschließlich der Sicherung des Lebensunterhalts der Klägerin dienen. Konkrete Rückzahlungstermine seien dem Darlehensvertrag nicht zu entnehmen. Es sei keine Zinszahlung vereinbart worden. Bei Würdigung all dieser Umstände sei festzustellen, dass die Klägerin durch diese Mittel in ihren wirtschaftlichen Verhältnissen so gestellt werde, dass eine Bedürftigkeit im Sinne von § 9 SGB II während der streitgegenständlichen Zeiträume nicht gegeben sei. Der Geldzufluss als Darlehen werde zu Recht als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II berücksichtigt.

Am 20.11.2008 hat die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte Klage zum Sozialgericht München erhoben. Zur Klagebegründung hat diese vorgetragen, dass ein Darlehensvertrag nicht der Schriftform bedürfe, dass die Formulierung im Darlehensvertrag "zum Lebensunterhalt" von der Beklagten aufgezwungen worden sei und dass der zugeflossene Betrag kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II sei. Einkommen seien nur solche Einkünfte, die eine Veränderung eines Vermögensbestandes bewirken. Dies sei bei dem Darlehen nicht der Fall, da Frau G. das Geld der Klägerin nicht geschenkt habe.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 31.3.2010 abgewiesen, da ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II sowie § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) aufzuheben sei, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintrete. Die Klägerin habe nach Erlass des Verwaltungsaktes durch Zufluss der beiden Darlehenszahlungen Einkommen in Höhe von jeweils 1000 EUR erzielt. Dies sei als Einkommen nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II zu berücksichtigen, da alle zufließenden Gelder zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit verwendet werden müssten, unabhängig davon, ob diese Gelder später von Dritten zurückgefordert werden. Die Klägerin habe den Geldzufluss erst durch Vorlage der Kontoauszüge im Rahmen des Weiterbewilligungsantrags zur Kenntnis gebracht. Daher sei der Tatbestand des § 48 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 SGB X erfüllt, da die Klägerin ihrer Pflicht nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I (Sozialgesetzbuch Erstes Buch) zur Mitteilung wesentlicher, für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Die Klägerin habe bei ihrem Erstantrag am 15.11.2006 versichert, alle Änderungen der Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen. Die gesamten für Februar und April 2008 gewährten Leistungen seien nach § 50 SGB X zu erstatten.

Gegen dieses Urteil hat die Bevollmächtigte der Klägerin am 17.5.2010 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich all das sei, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhalte und Vermögen all das, was er bereits vor Antragstellung hatte. Kein Einkommen seien hingegen Mittel aus einem Darlehen, da diese mit Rücksicht auf die Rückzahlungsverpflichtung die Vermögenssituation des Hilfebedürftigen nicht veränderten, es sei denn, die Verpflichtung zur Rückzahlung entfalle. Daher sei entscheidungserheblich, ob im Zeitpunkt des Geldzuflusses die Rückzahlungsverpflichtung eindeutig festgestellt werden kann. Vorliegend stehe es außer Frage, dass eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe. Daher sei das Darlehen nicht als Einkommen anzurechnen.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass entscheidungserheblich sei, ob im Zeitpunkt des Geldzuflusses die Rückzahlungsverpflichtung eindeutig festgestellt werden könne. Dies sei nach Prüfung der Umstände des Einzelfalles durch Beweiswürdigung zu entscheiden. Erst nach Prüfung dieser Umstände seien die Grundsätze heranzuziehen, ob die Darlehensgewährung einem Fremdvergleich standhalte. Zum Zeitpunkt des Geldzuflusses im vorliegenden Fall habe gerade keine Rückzahlungsverpflichtung bestanden. Daher könne der nachträglich geschlossene Darlehensvertrag einem Fremdvergleich nicht standhalten.

Im Termin zur Beweisaufnahme am 10.12.2010 ist Frau G. als Zeugin vernommen worden. Diese hat erklärt, dass sie mit der Klägerin befreundet sei. Weil es der Klägerin sehr schlecht gegangen sei, habe sie ihr Geld geliehen, damit diese ihre Schulden bezahlen und sich Nahrungsmittel kaufen könne. Zu der zweiten Überweisung sei es gekommen, weil es der Klägerin auch im April immer noch finanziell schlecht gegangen sei und sie sie nochmals um Geld gebeten habe. Über die Rückzahlung sei kein konkretes Datum vereinbart worden. Es sei nur klar gewesen, dass das Geld zurückzuzahlen sei, wenn es der Klägerin finanziell wieder besser gehe. Sie habe mit der Zahlung die Notlage der Klägerin lindern wollen, über Rückzahlungszeitpunkt und Konditionen sei nichts vereinbart worden, es sollte aber keine Schenkung sein. Der schriftliche Darlehensvertrag vom 29.4.2008 sei nach Aufforderung durch die Beklagte zustande gekommen, für sie sei es ausreichend gewesen, dass sie bei der Überweisung der Beträge auf dem Formular vermerkt habe, dass es sich um ein Darlehen handle. Sie sei Anfang dieses Jahres in eine finanzielle Notlage geraten und habe daher die Klägerin um eine Rückzahlung gebeten. Daraufhin habe die Klägerin ihr kleinere Beträge zwischen 25,00 und 20,00 EUR zurückgezahlt. Sicherheiten für das Darlehen habe sie nicht verlangt. Zum damaligen Zeitpunkt wäre ein Ausfall der 2000 EUR für sie verschmerzbar gewesen. Sie habe aber trotzdem darauf vertraut, dass sie das Geld zu einem späteren Zeitpunkt zurückbekomme.

Die Klägerin hat angegeben, dass sie das Geld zur Rückzahlung von Schulden und zum Kauf einer Waschmaschine verwendet habe. Sie habe am 1.4.2010 begonnen, das Darlehen zurückzuzahlen. Zwischenzeitlich habe sie einen Dauerauftrag eingerichtet und zahle monatlich 20,00 EUR auf die Darlehenssumme zurück.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 SGG zugestimmt.

Die Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.3.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.6.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2008 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Der Senat konnte im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Beteiligten ihre Zustimmung hierzu erteilt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Zahlungen an die Klägerin sind nicht als Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Insoweit sind das Urteil des Sozialgerichts sowie der Bescheid der Beklagten vom 25.6.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2008 aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse ist der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums (§ 48 Abs. 1 S. 3 SGB X). Dies ist im Bereich des SGB II nach § 13 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 4 S. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung der Beginn des Monats, in dem das Einkommen zufließt.

Der Bescheid vom 15.11.2007 ist nicht nachträglich, durch die im Februar und April 2008 erfolgten Zahlungen an die Klägerin, rechtswidrig geworden, da die Zahlungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.

Die Überweisungen stellen keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar. Die erwerbsfähige Klägerin war im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum hilfebedürftig im Sinne der §§ 7, 9 SGB II. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides vom 15.11.2007 hatte sie einen monatlichen Bedarf in Höhe von 710,06 EUR. Auf diesen Bedarf waren nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II die Darlehenszahlungen nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

Nach dieser Vorschrift sind als Einkommen zu berücksichtigen, Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), alles was ein Hilfebedürftiger nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen all das, was er vor der Antragstellung bereits hatte (vgl. statt vieler z.B.: BSG, SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, Rn. 18). Nach dieser Rechtsprechung ist nur der "wertmäßige Zuwachs" Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II. Als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes bewirken. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit, als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung, kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte (so BSG vom 17.6.2010, Az.: B 14 AS 46/09 R, SozSich, 2010, 276). Nach dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts ist auch keine Differenzierung danach zu treffen, ob die durch den Darlehensvertrag vereinbarte Verpflichtung zur vollständigen Rückerstattung in denjenigen Bewilligungsabschnitt fällt, in dem die Darlehenssumme dem Hilfebedürftigen zugeflossen ist. Entscheidend für die Abgrenzung, ob ein nicht als Einkommen anzurechnendes Darlehen vorliegt oder ob anzurechnendes Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II vorliegt, sei vielmehr, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. An den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit des Darlehensvertrages unter Verwandten seien, nach dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts, strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sogenannten Fremdvergleichs herangezogen werden und bei der abschließenden umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden (BSG, aaO, Rn. 21).

Diese Kriterien, die das Bundessozialgericht für Darlehensverträge unter Verwandten aufgestellt hat, sind auch für Darlehensverträge unter engen Freunden, wie vorliegend, anzuwenden. Als solche Kriterien sind z.B. aufzuführen die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten, wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten (Zinszahlungen, Rückzahlungsverpflichtung, Zeitpunkt der Rückzahlung, Kündigungsfrist). Gegen das Bestehen eines Darlehensvertrages spricht nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts, wenn der Inhalt des Vertrages (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten), der Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages, d.h. der Anlass der Darlehensgewährung, nicht genannt werden können. Auch die Verwendung des Darlehens und die tatsächliche Durchführung sind zu beachten. Nicht erforderlich ist es jedoch, dass sowohl die Vertragsgestaltung als auch die Durchführung in jedem Punkt dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (BSG, aaO, Rn. 22).

Zur Qualifizierung der streitgegenständlichen Einnahmen ist es notwendig unter Beachtung der o.g. Rechtsprechung des BSG eine Abgrenzung zwischen einem wirksam abgeschlossenen Darlehensvertrag und einer verschleierten Schenkung vorzunehmen. Diese Abgrenzung hat unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. Im vorliegenden Fall ist der Anlass der behaupteten Darlehensgewährung kein unter Fremden üblicher Anlass. Die Zeugin hat klar zum Ausdruck gebracht, dass sie der Klägerin das Geld geben wollte, weil diese in einer Notlage war und sie ihr helfen wollte. Auf eine Bestellung von Sicherheiten sei es ihr nicht angekommen, da sie zum damaligen Zeitpunkt finanziell gut gestellt war und auch ein Verlust der Geldsumme hinnehmbar gewesen wäre. Eine Verzinsung wurde ebenso wenig vereinbart wie ein fester Rückzahlungstermin. Die Zeugin hat überzeugend dargestellt, dass das Geld zurückzuzahlen sei. Zwar sei es ihr zum Zeitpunkt der Überweisung nicht so sehr auf die Rückzahlung angekommen, sondern viel mehr darauf, der Klägerin zu helfen. Trotzdem sei es klar gewesen, dass sie das Geld zurück haben wolle, wenn die Klägerin finanziell wieder besser gehe. Sie wollte das Geld der Klägerin nicht schenken, daher habe sie auch bei der Überweisung den Vermerk " Darlehen" vorgenommen. Dies habe ihr als Nachweis, dass sie das Geld nicht verschenken wollte, genügt. Dies haben sowohl die Klägerin als auch die Zeugin glaubhaft geschildert. Somit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich bei den Überweisungen zwar um Einnahmen der Klägerin handelt, dass diese aber nicht Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II darstellen. Zum Zeitpunkt der Überweisung geht aus dem Zusatz "Darlehen" auf dem Kontoauszug hervor, dass es sich nicht um eine Schenkung handeln sollte. Sowohl die Klägerin als auch die Zeugin haben dies für ausreichend gehalten. Dieser Zusatz wurde gemacht, als weder der Klägerin noch Frau G. bewusst war, welche Wertungen mit einer solchen Bezeichnung verbunden sind. Ihr kommt ein besonderer Beweiswert zu. Aus diesem Zusatz ergibt sich auch für den Senat, dass die Rückzahlung des Betrages vereinbart war und eine Schenkung nicht gewollt war. Zur Zeit der Überweisung stand lediglich noch nicht fest, zu welchem Zeitpunkt eine Rückzahlung vorgenommen werden sollte. Es ist jedoch unschädlich, wenn in der Rückzahlungsvereinbarung noch kein konkreter Zeitpunkt zur Rückzahlung der Forderung enthalten ist, da nach § 488 Abs. 3 BGB ein Darlehensvertrag, der für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, in einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden kann, was vorliegend im weiteren Verlauf erfolgte.

Dies ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben der als Zeugin gehörten Frau G. vom 21.1.2010, in dem sie die Klägerin zur Rückzahlung des Darlehens in monatlichen oder unregelmäßigen, kleinen Beträgen aufforderte, da sie selber in Geldnot sei. Dieses Schreiben stellt eine Kündigung des geschlossenen Darlehensvertrages nach § 488 Abs. 3 BGB dar. Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist ebenso wie die Höhe des Darlehens unstrittig. Die Schriftform ist für den Abschluss eines Darlehensvertrages nach § 488 BGB nicht vorgesehen. Deshalb ist es unschädlich, wenn die Klägerin den schriftlichen Darlehensvertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt, nach Aufforderung durch die Beklagte abgeschlossen hat. Dies steht einem wirksamen Abschluss eines Darlehensvertrages nicht entgegen. Der zwischen der Klägerin und der Zeugin geschlossene Darlehensvertrag ist daher, unter Beachtung der eingeschränkt geltenden Anforderungen an einen Fremdvergleich und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, anzuerkennen. Dass zum Zeitpunkt des möglichen Abschlusses des Vertrages der Rückzahlungszeitpunkt noch nicht feststand, ist unschädlich. Wesentlich ist, dass der Senat keine Zweifel an der vereinbarten Rückzahlungspflicht hat.

Nach Würdigung dieses Sachverhalts und der Aussage der Zeugin steht für den Senat fest, dass die Klägerin nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 15.11.2007 kein Einkommen erzielt hat, das die Hilfebedürftigkeit beseitigt hat und somit die Beklagte nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X zur Aufhebung dieses Verwaltungsaktes berechtigen würde. Daher sind das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.3.2010 sowie der Bescheid

der Beklagten vom 25.6.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2008 aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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