L 6 AS 280/08

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 AS 521/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 280/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 140/11 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 19. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid, der auf der Berücksichtigung einer Abfindung als Einkommen beruht.

Der Kläger, der mit seiner Ehefrau und seiner Tochter eine Bedarfsgemeinschaft bildet, bezieht seit November 2005 von der Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Ausweislich eines Aktenvermerkes vom Oktober 2006 sprach der Kläger bei der Beklagten vor und legte die für einen am 5. Oktober 2006 gestellten Fortzahlungsantrag erforderlichen Verdienstbescheinigungen seiner Ehefrau vor. Daneben gab der Kläger ausweislich des besagten Aktenvermerkes an, dass er eine Einmalzahlung von der Zusatzversicherung seines Arbeitgebers erhalten habe bzw. erhalten werde. Der Kläger wurde mündlich gebeten, einen Nachweis über diese Einmalzahlung beizubringen. Am 9. November 2006 legte der Kläger bei der Beklagten einen Abfindungsbescheid des Pensions-Sicherungs-Vereins, X-Stadt, vom 26. September 2006 vor, wonach dem Kläger gemäß §§ 7 Abs. 2; 8 Abs. 2; 9 Abs. 1 des Betriebsrentengesetzes mitgeteilt wurde, dass ihm seitens des Pensions-Sicherungs-Vereins eine zum 26. Oktober 2006 berechnete einmalige Abfindung der Versorgungsanwartschaft in Höhe von 931,00 EUR gezahlt werde. Als Grund für den Eintritt des Versicherungsfalls wurde im Abfindungsbescheid die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma AE. GmbH am 1. Februar 2003 angegeben. Die Abfindung wurde dem Girokonto des Klägers bereits am 12. Oktober 2006 gutgeschrieben.

Mit einem an den Kläger gerichteten Bescheid vom 14. November 2006 hob die Beklagte die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Bedarfsgemeinschaft für den gesamten Monat Oktober 2006 und für den Monat November 2006 teilweise auf und forderte zu Unrecht geleistete Zahlungen in Höhe von 1.255,79 EUR zurück. Zur Begründung des Bescheides führte die Beklagte zum einen die genannte Abfindungszahlung an, zum anderen eine im November 2006 erfolgte Steuerrückerstattung des Finanzamtes in Höhe von 384,32 EUR.

Am 24. November 2006 legte der Kläger gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid Widerspruch ein; dem Widerspruch wurde durch die Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 2006 wegen fehlender Bestimmtheit in vollem Umfange abgeholfen.

Die Beklagte erließ sodann am 27. Dezember 2006 drei getrennte Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide, jeweils gerichtet an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Mit dem an den Kläger gerichteten Bescheid wurde die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts rückwirkend für den Monat Oktober 2006 nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) aufgehoben und zu Unrecht geleistete Zahlungen in Höhe von insgesamt 574,83 EUR gem. § 50 Abs. 1 SGB X zurückgefordert. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: Arbeitslosengeld II: 75,72 EUR; Kosten der Unterkunft: 125,46 EUR; Zuschlag: 373,65 EUR. Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die Abfindung durch den Pensions-Sicherungs-Verein in Höhe von 931,00 EUR, welche als Einkommen im Auszahlungsmonat Oktober 2006 gemäß § 11 Abs. 1 SGB II, § 1 Abs. 3 Alg ll-VO auf die Leistungen anzurechnen sei. Nach Abzug einer auf Einkommen zu gewährenden Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR ergebe sich ein anzurechnender Betrag von 901,00 EUR. Unter Berücksichtigung des nach Abzug von Freibeträgen anzurechnenden Erwerbseinkommens der Ehefrau des Klägers in Höhe von 604,91 EUR und des Kindergeldes für die Tochter in Höhe von 154,00 EUR überstiegen die Einkünfte den Bedarf des Klägers im Sinne des SGB II. Hilfebedürftigkeit sei damit im Oktober 2006 nicht gegeben gewesen.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2007, bei der Beklagten eingegangen am 29. Januar 2007, legte der bereits im vorherigen Widerspruchsverfahren tätige Prozessbevollmächtigte Widerspruch gegen die Rückforderungsbescheide vom 27. Dezember 2006 betreffend den Bewilligungszeitraum Oktober 2006 ein. Zur Begründung des Widerspruchs wurde angeführt, dass es sich bei der gezahlten Abfindung um eine Rentenanwartschaft gehandelt habe, welche gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 beziehungsweise Nr. 3 SGB II in einem bestimmten Umfang nicht zu berücksichtigen sei. Dieser Freibetrag sei vorliegend nicht überschritten, so dass fehlerhaft der Betrag als Einkommen berücksichtigt worden sei. Darüber hinaus falle dieser Betrag bereits nicht unter den Einkommensbegriff, da es sich um eine Abfindung einer Rentenanwartschaft gehandelt habe. Eine solche Abfindung stelle kein Einkommen dar. Zumindest aber sei die gezahlte Summe zweckbestimmt gemäß § 11 Abs. 3 SGB II, so dass eine Berücksichtigung ohnehin nicht zu erfolgen habe. Auch wenn die Abfindung als Vermögen zu qualifizieren sein sollte, sei sie nicht zu berücksichtigen, da insofern die Freibeträge des § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II gelten. Diese Freibeträge seien nicht ausgeschöpft, so dass die Abfindung nicht zu berücksichtigen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2007 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 27. Dezember 2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Abfindungszahlung in Höhe von 931,00 EUR einen auf der Insolvenz des früheren Arbeitgebers des Klägers beruhenden unmittelbaren Ersatz für zu erwartende Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung dargestellt habe, welcher gleichsam an die Stelle der späteren Versorgungsleistungen, sprich: der betrieblichen Altersrente, getreten sei. Bei Bezügen einer betrieblichen Altersrente handele es sich, wie bei anderen Renten auch, um Einkommen im Sinne des SGB II. In diesem Zusammenhang verwies die Beklagte auf eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Mai 2006 - L 11 AS 111/05. Demzufolge handele es sich bei der gezahlten Abfindung um Einkommen im Sinne des SGB II. Die Abfindung stelle auch keine der in § 11 SGB II genannten privilegierten Einnahmen dar, eine betriebliche Altersrente sei vielmehr als Lohnersatzleistung gemäß § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen. Diese Leistung sei auch nicht als zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II anzusehen.

Mit Änderungsbescheid vom 28. Juni 2007 korrigierte die Beklagte den Rückforderungsbetrag auf eine Summe von insgesamt 511,36 EUR. Zur Begründung führte die Beklagte an, dass im Zusammenhang mit der Erstellung des ursprünglichen Rückforderungsbescheides vom 27.12.2006 der wohngeldrechtliche Selbstbehalt nach § 40 Abs. 2 SGB II nicht berücksichtigt worden sei.

Am 20. Juni 2007 ist die gegen die Bescheide vom 27. Dezember 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2007 gerichtete Klage bei dem Sozialgericht Kassel eingegangen. Der Änderungsbescheid ist in den Rechtsstreit einbezogen worden. Die Beteiligten haben ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Mit Beschluss vom 9. Oktober 2007 hat das Sozialgericht Kassel das Verfahren hinsichtlich der Bescheide gegen die Ehefrau des Klägers und dessen Tochter abgetrennt. Diese Verfahren werden unter den Aktenzeichen S 4 AS 904/07 und S 4 AS 905/07 fortgeführt.

Das Sozialgericht Kassel hat die Klage mit Urteil vom 19. Juni 2008, dem Kläger zugestellt am 24. Juli 2008, abgewiesen. Der Bescheid vom 27. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2007 und des Änderungsbescheides vom 28. Juni 2007 sei rechtmäßig. Vorliegend sei nach Erlass des hier maßgeblichen Verwaltungsaktes, nämlich des Bewilligungsbescheides vom 19. April 2006, welcher Leistungen der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum Mai 2006 bis einschließlich Oktober 2006 gewährte, Einkommen erzielt worden, welches zum Wegfall des Anspruchs des Klägers im Monat Oktober 2006 geführt habe. Insoweit sei die im Oktober 2006 erhaltene Abfindungszahlung des Pensions-Sicherungs-Vereins, X-Stadt, als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen gewesen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II fielen unter den Einkommensbegriff sämtliche Einnahmen in Geld- oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Die an den Kläger gezahlte Abfindung sei nach den §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 2 und 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - Betriebsrentengesetz – gezahlt worden. Diese Zahlung stelle zunächst eine Einnahme in Geld im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar. Einer der in § 11 Abs. 1 Satz 1 genannten Ausnahmefälle sei insoweit nicht einschlägig. Darüber hinaus stelle die an den Kläger geleistete Zahlung des Pensions-Sicherungs-Vereins auch keine nicht als Einkommen zu berücksichtigende Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II dar. Dass die Leistungen nach dem Betriebsrentengesetz zweckbestimmte Einnahmen seien, sei nicht ersichtlich. Daneben sei nicht ersichtlich, dass diese Einnahmen - selbst unterstellt, sie wären zweckbestimmt - einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen sollten. Die Leistungen nach dem Betriebsrentengesetz dienten vielmehr ebenfalls der Sicherung des Lebensunterhaltes. Daneben würde eine Nichtberücksichtigung der Betriebsrente auch zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Beziehern von tatsächlichem Erwerbseinkommen führen. Zwar genieße auch dasjenige, was der Hilfebedürftige aus der Verwertung seines Vermögens zum Verkehrswert erzielt, den Vermögensschutz des § 12 SGB II, da es an die Stelle des verwerteten Vermögensgegenstandes trete und dem Hilfebedürftigen keinen wertmäßigen Zuwachs seines Vermögensbestandes bringe. Die Rentenanwartschaften des Klägers beim Pensions-Sicherungs-Verein seien jedoch zu keinem Zeitpunkt dem Vermögensbegriff im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II unterfallen. Nach § 12 Abs. 1 SGB II seien alle verwertbaren Vermögensgegenstände als Vermögen zu berücksichtigen. Die genannten Rentenanwartschaften seien allerdings nicht verwertbar im zuvor genannten Sinne gewesen. Der Begriff der Verwertbarkeit sei ein rein wirtschaftlicher, welcher allein die Frage betrifft, ob ein bestimmter Vermögensgegenstand überhaupt einen wirtschaftlichen Wert besitze, der sich zu Gunsten des Hilfebedürftigen einsetzen lasse. Rechtlich ausgeschlossen sei die Verwertbarkeit, wenn hinsichtlich eines Vermögensgegenstandes Verfügungsbeschränkungen bestünden, deren Aufhebung der Hilfebedürftige nicht erreichen könne. Vor dem Hintergrund, dass § 3 Abs. 1 des Betriebsrentengesetzes festlege, dass unverfallbare Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und laufende Leistungen nur unter den in § 3 genannten Voraussetzungen abgefunden werden dürfen, könne festgehalten werden, dass die Verwertbarkeit des Vermögensgegenstandes durch den Kläger rechtlich ausgeschlossen gewesen sei mit der Folge, dass die Versorgungsanwartschaft bereits nicht dem Vermögensbegriff unterfalle. Insoweit sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte hier eine fehlerhafte Berechnung vorgenommen hätte. Insbesondere sei nichts dagegen einzuwenden, dass die Beklagte die einmalige Einnahme gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 2 b Alg ll-V bereits im Monat des Zuflusses und nicht gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 Alg ll-V ab dem Folgemonat berücksichtigt habe. Bei § 2 Abs. 3 Satz 2 Alg ll-V handele es sich lediglich um eine Option, mit der der Verwaltungsaufwand gemindert werden könne. Wenn die Behörde von dieser Option keinen Gebrauch mache, sei dies unschädlich. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X seien bereits erbrachte Leistungen, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, zu erstatten. Die im Hinblick auf den Erstattungsanspruch existierende Einschränkung in § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach abweichend von § 50 des Zehnten Buches 56 v.H. der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung nicht zu erstatten seien, sei von der Beklagten im Klageverfahren durch Erlass des Änderungsbescheides vom 28. Juni 2007, welcher gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei, beachtet worden, indem die Rückforderungssumme von 574,83 EUR auf 511,36 EUR reduziert worden sei. Die Berufung hat das Sozialgericht Kassel zugelassen.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist am 22. August 2008 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen.

Der Kläger trägt vor, die Auszahlung der Abfindung seiner Versorgungsanwartschaft sei gemäß §§ 7 Abs. 2 , 8 Abs. 2 BertAVG erfolgt. Diese Abfindung genieße den Schutz des § 12 SGB II. § 8 Abs. 2 BetrAVG eröffne unter den dort genannten Voraussetzungen die Verwertbarkeit durch den Pensions-Sicherungs-Verein. Der Hinweis des Sozialgerichts auf eine fehlende Verwertbarkeit greife zu kurz. Es wäre zudem nach altem Recht möglich gewesen eine Abfindung nach § 3 BetrAVG zu verlangen. Unabhängig davon könne es auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Abfindungsbescheides des Pensions-Sicherungs-Vereins keinen Unterschied machen, ob eine solche Abfindung auf Verlangen des Arbeitnehmers möglich gewesen sei oder nicht. Im Ergebnis habe dem Kläger keine Wahlmöglichkeit bestanden. Dies dürfe nicht zu seinen Lasten gehen. Bei der Abfindung habe es sich um eine zweckbestimmte Leistung im Hinblick auf die Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung gehandelt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 19. Juni 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2007 und des Änderungsbescheides vom 28. Juni 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen

Die Beklagte verweist zur Begründung auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R und B 4 AS 57/07 R – sowie vom 30. Juli 2008 B 14 AS 26/07 R -. Hiernach komme es allein auf den Zufluss im Bewilligungszeitraum an. Ob vor der tatsächlich erfolgten Abfindung eine durchsetzbare Forderung bestanden habe, sei unerheblich.

Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2010 mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von dem Beklagten übersandten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die durch Bescheid vom 28. Juni 2007 korrigierten Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide sind rechtmäßig.

Die Beklagte hat ohne Rechtsmangel die bisherige Bewilligung auf der Grundlage von § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 40 SGB II, § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch Arbeitsförderung – (SGB III) aufgehoben. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit 1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass eines Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Nach § 40 SGB II findet § 330 Abs. 3 SGB III Anwendung, wonach der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist, wenn die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorliegen.

Der Bewilligungsbescheid ist mit Zufluss der Abfindung rechtswidrig geworden. Der Zufluss der Abfindung auf die Versorgungsanwartschaft des Pensions-Sicherungs-Vereins im Monat Oktober 2006 stellt Einkommen dar, welches bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEntschG) für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen, hiervon nach Abs. 2 der Vorschrift jedoch Freibeträge abzusetzen. Zudem sind in § 12 Abs. 3 SGB II bestimmte Vermögensbestandteile aufgeführt, die ganz oder teilweise nicht (bedarfsmindernd) zu berücksichtigen sind.

Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst nicht. Nach den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R -; Urteile vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zur Einkommenssteuererstattung und B 4 AS 57/07 R zu Zinseinkünften aus Sparguthaben). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgebend bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung. Ebenso wenig kommt es auf den Grund für die Zahlung zu einem bestimmten Zeitpunkt an. Umgekehrt ist anhand des Begriffs der Verwertbarkeit festzustellen, ob eine (potentielle) Verschiebung der geldwerten Position einen Zufluss oder eine Vermögensverwertung darstellt. Abzustellen ist insoweit allein auf den Abfindungsanspruch nach § 8 Abs. 2 BetrAVG gegenüber dem Träger der Insolvenzsicherung. Der Abfindungsanspruch nach § 3 BetrAVG ist insoweit ein aliud, zumal er – unabhängig davon, ob die Voraussetzungen vorlagen – seinerzeit nicht geltend gemacht worden ist. Nach den oben aufgestellten Grundsätzen ist nämlich auch unerheblich, warum ein Zufluss nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt realisiert worden ist. Die Sicherungspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins greift ein, wenn das Unternehmen, das die betriebliche Altersversorgung finanziert hat, insolvent wird. Bei der Abfindung nach § 8 Abs. 2 BetrAVG handelt es sich um ein Gestaltungsrecht des Pensions-Sicherungs-Vereins, das auch gegen den Willen des Versicherten ausgeübt werden kann. Bereits dies spricht dagegen, einen Zufluss oder einer Vermögenseigenschaft zu einem früheren Zeitpunkt zu fingieren, zu dem der Pensions-Sicherungs-Verein noch nicht von seinem Abfindungsrecht Gebrauch gemacht hat. Der Abfindungsanspruch war mithin auch nicht vor Erlass des Abfindungsbescheides am 26. September 2006 verwertbar. Der Entschädigungscharakter der Abfindungszahlung für den Wegfall künftiger Ansprüche der betrieblichen Altersversorgung lässt es zudem nicht zu, die Abfindung zeitlich dem Arbeitsverhältnis und damit der Vergangenheit zuzuordnen (so BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R – zur arbeitsrechtlichen Abfindung).

Die Zahlung ist kein zweckbestimmtes Einkommen nach § 11 Abs. 3 SGB II. Aus der Natur der Abfindung ergibt sich, dass der Empfänger in seiner Verfügung hierüber frei ist. Eine zweckbestimmte Einnahme ist nur dann anzunehmen, wenn aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung zu einem bestimmten Zweck verwendet werden soll (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – 4 AS 47/08 R – Rn. 21; dazu ausf.: Mahler in: Mittag u.a., Aspekte der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, 2010, S. 294, 305ff.). Auch insoweit ist isoliert auf die Abfindung und nicht etwa auf die Zahlungen zur betrieblichen Altersvorsorge an die Versorgungseinrichtungen abzustellen.

Keine rechtlichen Bedenken bestehen gegen die Berücksichtigung im Monat des Zuflusses und nicht erst im Folgemonat. Dabei soll hier ausdrücklich offen gelassen werden, ob und in welchen Fällen § 2 Abs. 3 Alg II-VO a.F. bei der Einkommensanrechnung ein Wahlrecht einräumt, wovon offenbar das LSG Baden-Württemberg ausgeht (Beschluss vom 1. Februar 2007 – L 13 AS 6118/06 ER-B). Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nach § 48 SGB X, bei der der Verwaltungsvereinfachungszweck des § 2 Abs. 3 Satz 2 Alg II-VO a.F. nicht mehr verwirklicht werden kann, ist eine Berücksichtigung im Zuflussmonat entsprechend dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 Satz 1 Alg II-VO rechtmäßig. Vorliegend wirkt es sich auch nicht zu Lasten des Klägers aus, dass das Einkommen nicht nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-VO a.F. in mehreren Monaten angerechnet wurde. Sachlich begründet ist dies durch den Umstand, dass der Oktober der letzte Monat des Bewilligungszeitraums war und der Schutzzweck des § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-VO, den Krankenversicherungsschutz nicht entfallen zu lassen (siehe BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – und - B 4 AS 57/07 R), bei der rückwirkenden Änderung keine Bedeutung hat, da die Änderung auf den Fortbestand des Krankenversicherungsschutzes keine Folgen hat (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a letzter Halbsatz Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V).

Es handelt sich bei der Abfindung um Einkommen, welches zum Wegfall des Anspruches geführt haben würde, was die Änderung zum Zeitpunkt ab Änderung der Verhältnisse rechtfertigt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X).

Im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Bescheide. Anderweitige Zweifel an der Rechtmäßigkeit werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Das Sozialgericht hat in seiner Kostenentscheidung die Korrektur der Bescheide nach Anhängigkeit angemessen im Rahmen des § 193 SGG berücksichtigt.

Auch die hiesige Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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