S 8 AS 169/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 8 AS 169/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung wird zugelassen.

3. Die Beteiligen haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, inwieweit die Anrechnung des von der Klägerin zu 2.) für die Klägerin zu 7.) bezogenen Elterngeldes in Höhe von 300,00 EUR monatlich als Einkommen im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.10.2011 anzurechnen ist.

Die Kläger zu 1 und zu 2) sind die Eltern der minderjährigen Kläger zu 3 bis 7). Am xx.xx.2011 wurde die Klägerin zu 7.) geboren.

Die Klägerin zu 2) bezieht Elterngeld in Höhe von 300,- EUR monatlich für die Klägerin zu 7). Neben dem Elterngeld erhalten die Kläger zu 1 und zu 2) Kindergeld für die Kläger zu 3 bis 7).

Mit Bescheid vom 31.03.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.10.2011 in Höhe von 1.191,00 EUR monatlich. Bei der Leistungsbewilligung wurde bei der Klägerin zu 2.) ein Einkommen in Höhe von 300,00 EUR aus Kindergeld zugrunde gelegt. Das Einkommen wurde in Höhe von 30,00 EUR bereinigt. Als anrechenbares Einkommen hat der Beklagte bei der Klägerin zu 2) 270,00 EUR berücksichtigt.

Gegen den Bescheid legten die Kläger mit Schreiben vom 09.05.2011 Widerspruch ein.

Am 16.05.2011 erging ein Änderungsbescheid.

Die Kläger haben am 09.05.2011 Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben.

Am 01.06.2011 hat der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurückgewiesen.

Die Kläger sind der Ansicht, dass der Bescheid vom 31.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtswidrig sei, weil in dem Bescheid das Elterngeld als Einkommen nach § 11 SGB II angerechnet werde. Dies sei nicht richtig. Nach § 10 Abs. 1 BEEG sei das Elterngeld auf andere Sozialleistungen, die einkommensabhängig sind, nicht anzurechnen. Selbst bei Ermessensleistungen dürfe das Elterngeld nach § 10 Abs. 2 BEEG nicht berücksichtigt werden. Ausgenommen hiervon seien seit dem 01.01.2011 nur die BezieherInnen von Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und dem Kinderzuschlag nach § 6a BKGG (§ 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG). Die BezieherInnen von SGB II- und SGB XII-Leistungen seien also, wenn sie wegen der Kinderbetreuung nach § 1 BEEG Kindergeld erhalten, ohne vor der Geburt erwerbstätig gewesen zu sein, schlechter gestellt, als die BezieherInnen einer anderen einkommensabhängigen Sozialleistung, wie z.B. BAföG-Bezieher. Die Neuregelung verstieße damit gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG und das Sozialstaatsprinzip. Der Gesetzgeber differenziere bei der Familienleistung Elterngeld zwischen den Eltern, und schließt die ärmsten Eltern und deren Kindern für die Förderung aus, ohne dass ein rechtfertigender Grund hierfür ersichtlich sei.

Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 31.03.2011 in Form des Änderungsbescheides vom 16.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 teilweise aufzuheben und den Klägern Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Elterngeld zu gewähren.
hilfsweise,
das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 SGG auszusetzen, und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Vereinbarkeit von § 10 Abs. 5 BEEG i.V.m. § 11 SGB II mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG sowie dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG vorzulegen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig sei. Der Beklagte sei an die geltende Rechtsgrundlage gebunden. Danach habe seit der Neuregelung seit 01.01.2011 die Anrechnung des Elterngeldes als Einkommen im Rahmen der Leistungsgewährung des SGB II zu erfolgen. Der Bescheid entspreche den gesetzlichen Grundlagen und sei deswegen nicht rechtswidrig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2011 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 31.03.2011 in Form des Änderungsbescheides vom 16.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Aus diesem Grund ist die Klage abzuweisen.

Der Rechtsstreit ist nicht nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, da die Kammer die Regelung des § 10 Abs. 5 BEEG nicht für verfassungswidrig hält.

Der Bescheid ist rechtmäßig, da die Berücksichtigung des Elterngeldes gemäß § 11 SGB II nicht zu beanstanden ist.

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder in Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden am Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

Das an die Klägerin zu 2) gewährte Elterngeld unterfällt keinen der in § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II genannten Ausnahmen.

Das Elterngeld stellt auch keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II dar. Es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, da das Elterngeld nicht allein für die Unkosten der Betreuung des Kindes geleistet wird. Vielmehr hat das Elterngeld den Zweck, die Lebensgrundlage von Eltern und Kind zu decken. In der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes wird zum Zweck des Elterngeldes ausgeführt: "Das Elterngeld unterstützt Eltern in der Frühphase der Elternschaft und trägt dazu bei, dass sie in diesem Zeitraum selbst für ihr Kind sorgen können. Es eröffnet einen Schonraum, damit Familien ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben hineinfinden und sich vorrangig der Betreuung ihrer Kinder widmen können. Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, erhält einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für finanzielle Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes und eine Unterstützung bei der Sicherung der Lebensgrundlage der Familie" (BT-Druck, 16/1889, S. 1).

Gemäß § 11 Abs. 3a SGB II in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung war nur der Teil des Elterngeldes, der die nach § 10 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes anrechnungsfreien Beträge übersteigt, in voller Höhe zu berücksichtigen. Die Abschaffung des § 11 Abs. 3a SGB II und die Einführung der Regelung des § 10 Abs. 5 BEEG erfolgte mit Wirkung zum 01.01.2011 durch das Haushaltsbegleitgesetz. Soweit die Kläger die Ansicht vertreten, dass die Neuregelung des Gesetzes, wonach nunmehr die Anrechnung des Elterngeldes in voller Höhe als Einkommen erfolge, verfassungswidrig sei, teilt die Kammer die von den Klägern vertretene Rechtsansicht nicht.

Zwar ist den Klägern zuzubilligen, dass die Anrechnung des Elterngeldes als Einkommen lediglich bei den in § 10 Abs. 5 S. 1 BEEG genannten Leistungsempfängern erfolgt und somit nicht bei allen einkommensabhängigen Sozialleistungen angerechnet wird. Eine Anrechnung des Elterngeldes erfolgt nicht bei z.B. BAföG-Empfängern und Wohngeldempfängern. Dies folgt aus § 21 Abs. 3 Nr. 4 BAföG in Verbindung mit § 1 Nr. 1f Rechtsverordnung zu § 21 BAföG, wenn ein Betrag von 300,00 EUR nicht überschritten wird. Die Nichtanrechnung des Elterngeldes im Rahmen der Wohngeldberechnung folgt aus § 14 Abs. 2 Nr. 6 WoGG.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die Regelung des § 10 Abs. 5 S. 1 BEEG verfassungswidrig sei, da eine Ungleichbehandlung der in § 10 Abs. 5 BEEG genannten Leistungsempfänger zum Beispiel gegenüber BAföG-Empfängern und Wohngeldempfängern vorliege.

Die Kammer teilt die von den Klägern vorgetragene Rechtsansicht nicht. Die Kammer ist der Ansicht, dass die vom Gesetzgeber in § 10 Abs. 5 S. 1 BEEG getroffene Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang steht.

Art. 3 Abs. 1 GG formuliert, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass alle gleich zu behandeln sind. Vielmehr besteht eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG dann, wenn gleichartige Sachverhalte ungleich bzw. ungleiche Sachverhalte gleich behandelt werden, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung vorliegt (BVerfGE 3, 135f; Leibholz/ Rinck, Grundgesetz-Kommentar, Band 1, Art. 3 Rn. 21 ff.)

Die unterschiedliche Behandlung von zum Beispiel Arbeitslosengeld I-, BAföG, und Wohngeldempfängern und des in § 10 Abs. 5 S.1 BEEG genannten Personenkreises liegt zum einen in der Art der bezogenen Sozialleistung und zum anderen in der Nähe zur Berufstätigkeit.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung von Empfängern von Arbeitslosengeld I und den Empfängern von Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den in § 10 Abs. 5 S. 1 BEEG um steuerfinanzierte Leistungen handelt, während das Arbeitslosengeld I eine Versicherungsleistung darstellt.

Die Leistungsgewährung von Arbeitslosengeld I setzt voraus, dass Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden sind. Die Zahlung von Versicherungsbeiträgen, die nach der Rechtsprechung vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst wird, ist Grundvoraussetzung der Leistungsgewährung. Dies gilt jedoch nicht für die Leistungen nach dem SGB II, XII bzw. § 6 a BKKG. Diese Leistungen knüpfen an die Bedürftigkeit, nicht aber eine vorangegangene Beitrags- oder Steuerzahlung an.

Empfänger von Leistungen nach dem SGB II werden nach Ansicht der Kammer nicht gegenüber BAföG-Beziehern benachteiligt. Bei den Leistungen nach dem BAföG handelt es sich wie bei den Leistungen nach dem SGB II, SGB XII und BKKG um steuerfinanzierte Leistungen. BAföG-Empfänger erhalten, anders aber als Leistungsempfänger nach dem SGB II, SGB X oder des Kindergeldzuschlages diese Leistung zum Teil als Zuschuss und zum anderen Teil als Darlehen, so dass der BAföG Empfänger nach Ende des Leistungsbezuges einen erheblichen Teil der erhaltenen Leistungen zurückzahlen muss (vgl. § 17 Abs. 2 BAföG). Aus diesem Grund ist die Kammer der Ansicht, dass keine Ungleichbehandlung gegenüber BAföG-Empfängern im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt, da es sich nicht um eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte handelt, sondern unterschiedliche Sachverhalte vom Gesetzgeber unterschiedlich geregelt werden.

Ebenfalls keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG kann die Kammer darin erblicken, dass im Rahmen der Wohngeldberechnung das Elterngeld bis zu einer Höhe von 300,00 EUR nicht berücksichtigt wird. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Wohngeldempfänger über eigenes Einkommen verfügen, was aber nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes ausreicht, weshalb Leistungen zur Deckung der Kosten der Unterkunft gewährt werden. Es ist zu beachten, dass die Einkommens- und Vermögensanrechnung der Leistungsgewährung nach dem WoGG und nach dem SGB II unterschiedlich ist (vgl.§§ 15 ff WoGG und §§ 11 -11 b SGB II). Nach Ansicht der Kammer fällt es in den Bereich der Bewertungs- und Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, diese unterschiedlich im Erwerbsleben stehenden Gruppen unterschiedlich zu behandeln.

Des Weiteren ist nach Ansicht der Kammer zu berücksichtigten, dass im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II aus der Systematik des § 11 SBG II sowie der Arbeitslosengeld II-Verordnung ersichtlich ist, dass grundsätzlich jedes Einkommen in Geld oder geldwerte Einkommen bei der Leistungsgewährung Berücksichtigung finden. Die bis zum 31.12.2010 bestehende Situation, dass Elterngeld bis zu einer Höhe von 300,00 EUR keine Anrechnung im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II fand, stellt eine Ausnahme von der Regel dar. Der dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraum erlaubt es dem Gesetzgeber, Wertungen zu verändern und Regelungstatbestände entsprechend anzupassen, weshalb es ihm unbenommen ist bisher bestehende Ausnahmen wie die Regelung des § 11 Abs. 3 a SGB II zu streichen und Regelungen wie § 10 Abs. 5 BEEG einzuführen.

Problematisch ist die Regelung des § 10 Abs. 5 BEEG für die Personengruppe, die einer Erwerbstätigkeit nachgeht bzw. Arbeitslosengeld I erhält, und die aus vielfältigen Gründen (wie Höhe des Entgeltes/ Sozialleistung, Größe der Bedarfsgemeinschaft, Höhe der Kosten der Unterkunft) den bestehenden Bedarf nicht aus dem Erwerbseinkommen oder der Sozialleistung decken kann. Bei Bezug von Arbeitslosengeld I und Wohngeld würde eine Anrechnung nach § 10 Abs. 1 BEEG i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 6 WoGG nicht erfolgen. Im Fall einer Erwerbstätigkeit und einem bestehenden ergänzenden Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II würde das Elterngeld jedoch Anrechnung finden.

Da die Kläger aber neben dem Elterngeld und dem Kindergeld über kein weiteres Einkommen verfügen, liegt hier keine solche beschriebene verfassungsrechtlich problematische Konstellation vor.

Die Kammer hält es für nachvollziehbar, dass die Kläger sich ungerecht behandelt fühlen, jedoch teilt die Kammer nicht die Ansicht, dass die gefühlte Ungleichbehandlung eine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG darstellt.

Die Kammer teilt ebenfalls nicht die Ansicht der Kläger, dass die Anrechnung des Elterngeldes als Einkommen Art. 6 Abs. 1 GG verletzt. Art. 6 Abs. 1 GG bestimmt, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen. Art. 6 Abs. 1 GG begründet eine Schutz- und Förderungspflicht des Staates gegenüber Ehe und Familie (Leibholz/ Rinck, Grundgesetz-Kommentar, Band 1, Art. 6 Rn. 71 ff.).

Aus dem Grundrecht kann nicht abgeleitet werden, dass das Elterngeld bei der Leistungsgewährung nach dem SGB II nicht angerechnet werden dürfe. Zwar ist den Klägern dahingehend Recht zu geben, dass der finanzielle Spielraum der Familie gegenüber der bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtslage durch die Anrechnung des Elterngeldes eingeschränkt wird. Die Kammer kann nachvollziehen, dass die Anrechnung die Kläger empfindlich trifft, jedoch ist bei der Bewertung, ob ein Grundrechtseingriff vorliegt, der Sinn und Zweck der Leistungsgewährung nach dem SGB II zu berücksichtigen. Die Leistungen nach dem SGB II dienen der Absicherung des soziokulturellen Existenzminimums (BVerfGE, Urteil vom 09.02.2010, Az.: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09). Trotz der Anrechnung wird das Ziel der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums weiterhin erreicht, weil Leistungen auf dem Niveau der Grundsicherung gewährt werden, so dass nach Ansicht der Kammer, das von Art. 6 Abs. 1 GG formulierte Schutzniveau nicht unterschritten wird.

Aus diesen Gründen kann die Kammer auch keine Verletzung des in Art. 20 Abs. 1 GG garantierten Sozialstaatsprinzips erkennen.

Die Einkommensanrechnung erfolgte somit sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach in rechtlich nicht zu beanstandender Weise. Aus diesem Grund verletzt der Bescheid vom 31.03.2011 in Form des Änderungsbescheides vom 16.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.0211 die Rechte der Kläger nicht.

Da die Kammer nicht die Ansicht der Kläger teilt, dass die Regelung des § 10 Abs. 5 BEEG verfassungswidrig sei, bedurfte es keiner Vorlage an das Bundesverfassungsgericht im Rahmen von Art. 100 Abs. 1 GG. Denn gemäß Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur dann einzuholen, wenn das Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält.

Aus diesen Gründen ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Berufung wird gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Berufung war zuzulassen, da es sich bei der Leistungsgewährung nach dem SGB II um Individualleistungsansprüche der Kläger handelt. Aufgrund der Höhe des Einkommens und des bei jeder Person der Bedarfsgemeinschaft anzurechnenden Anteils des Einkommens auf den jeweiligen Leistungsanspruch wird der Berufungswert nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht. Da zur Frage der Anrechnung des Elterngeldes bisher weder eine Entscheidung eines Landessozialgerichtes noch des Bundessozialgerichtes vorliegt, wurde die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved