S 20 SO 134/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 134/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 595/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 09.06.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2010 und des Teilanerkenntnisses vom 11.10.2011 verurteilt auch für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.10.2011 die nach Einsatz von Einkommen und einen Freibetrag von 2.600,00 EUR übersteigendem Vermögen ungedeckten Heimkosten der Klägerin ohne Berücksichtigung eines Vermögens aus dem Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag Nr.162090 vom 09./22.03.2010 aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten aus Mitteln der Sozialhilfe für die Unterbringung der Klägerin in einem Alten- und Pflegeheim für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.10.2011.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist schwerbehindert nach einem Grad der Behinderung von 100 (Merkzeichen G, aG, H, B) und schwerpflegebedürftig; sie erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe II in Höhe von monatlich 1.279,00 EUR. Aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht sie eine Altersrente und eine Witwenrente; die monatlichen Zahlbeträge sind für die Altersrente 423,42 EUR (bis Dezember 2010) bzw. 422,01 EUR (ab Januar 2011) und für die Witwenrente 797,15 EUR (bis Dezember 2010) bzw. 794,49 EUR (ab Januar 2011). Seit 18.05.2010 lebt die Klägerin in einem Pflegeheim. Die monatlichen Heimkosten betragen ca. 3.400,00 EUR.

Am 04.06.2010 beantragte die Klägerin die Übernahme der durch Einkommen und – nicht geschütztem – Vermögen ungedeckten Heimpflegekosten. Nach den u.a. vorgelegten Einkommens- und Vermögensunterlagen befanden sich auf ihrem Girokonto 1.577,54 EUR (Stand: 31.05.2010) und auf einem Sparbuch 4.150,78 EUR (Stand: 11.03.2010). Darüber hinaus verfügte sie über einen Anspruch aus einem Bestattungsvorsorgevertrag über 8.800,00 EUR; diesen hatte die Klägerin am 09./22.03.2010 mit einem Bestattungsunternehmen und der Deutschen Bestattungsvorsorge Treuhand AG geschlossen, um ihre spätere Bestattung zu sichern.

Durch Bescheid vom 09.06.2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten ab mit der Begründung, neben ihrem Einkommen habe die Klägerin aus den Guthaben auf dem Girokonto, dem Sparbuch und dem Bestattungsvorsorgevertrag nach Abzug eines Vermögensfreibetrages von 2.600,00 EUR und einem Bestattungsvorsorgefreibetrag von 2.500,00 EUR noch einzusetzendes Vermögen von 8.207,75 EUR, das einem Sozialhilfeanspruch entgegenstehe.

Dagegen erhob die Klägerin am 28.06.2010 Widerspruch. Sie meinte, der abgeschlossene Bestattungsvorsorgevertrag sei angemessen, sein Einsatz dürfe zur Vermeidung von Sozialhilfe nicht gefordert werden.

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.09.2010 als unbegründet zurück. Ergänzend vertrag er die Auffassung, auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Verwertung eines Vermögens in Form eines Bestattungsvorsorgevertrages nicht ausgeschlossen; ein daraus resultierender Anspruch von 8.800,00 EUR sei vom BSG nicht als grundsätzlich angemessen anerkannt. Im Kreis Düren werde eine Pauschale von 2.500,00 EUR zur Sicherstellung einer würdigen Bestattung als ausreichend und angemessen angesehen.

Dagegen hat die Klägerin am 21.10.2010 Klage erhoben. Sie weist daraufhin, dass der im Bestattungsvorsorgevertrag festgelegte Betrag zweckgebunden für eine würdige Bestattung sei und nicht als sozialhilferechtlich einzusetzendes Vermögen berücksichtigt werden könne. Sie hat den Bestattungsvorsorgevertrag vom 9./22.03.2010 nebst der Police der Bestattungsvorsorge Treuhand AG vorgelegt; daraus ergibt sich, dass bei vorzeitiger Kündigung des Treuhandvertrages die Auszahlung der Vertragssumme an den Vertragsbestatter erfolgt. Bei Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages gegenüber dem Bestattungsunternehmen steht diesem eine Aufwandspauschale von 10 % der Vorsorgesumme, also 880,00 EUR zu. Desweiteren hat die Klägerin das dem Bestattungsvorsorgevertrag zugrunde liegende Angebot des Bestattungsunternehmers vom 02.03.2010 vorlegt; daraus ergeben sich 14 Positionen über die Kosten einer Bestattung in Höhe von insgesamt 8.769,11 EUR. Schließlich hat die Klägerin eine Aufstellung der Forderungen des Pflegeheims mit Rechnungen ab Mai 2010 vorgelegt; daraus ergibt sich, dass bis einschließlich Juli 2010 die Forderungen seitens der Klägerin beglichen worden sind; ab 01.08.2010 bestehen noch Restforderungen, die monatlich zwischen ca. 660,00 und 900,00 EUR liegen. Aus aktuellen Auszügen des Sparbuchs und des Girokontos ergibt sich, dass die Klägerin im Juli 2010 1.550,00 EUR vom Sparbuch auf das Girokonto überwiesen und von diesem 1.881,50 EUR direkt an das Heim zur Begleichung ungedeckter Heimkosten gezahlt hat. Danach betrug der Stand des Sparbuchs ab Juli 2010 2.600,78 EUR, ab März 2011 nur noch 2.146,77 EUR. Der Stand des Girokontos beläuft sich seit September 2011 überwiegend im zweistelligen Eurobereich.

Im Hinblick auf das nach Auffassung des Beklagten zur Deckung der noch nicht beglichenen Pflegeheimkosten – fiktiv – aus dem Bestattungsvorsorgevertrag einzusetzenden Vermögens hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2011 das folgende Teilanerkenntnis abgegeben, das die Klägerin angenommen hat:

"Der Beklagte übernimmt ab 01.11.2011 die nach Einsatz von Einkommen und einen Freibetrag von 2.600,00 EUR übersteigendem Vermögen ungedeckten Heimkosten ohne Berücksichtigung eines Vermögens aus dem Bestattungsvorsorgevertrag aus Mitteln der Sozialhilfe."

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.06.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2010 und des Teilanerkenntnisses vom 11.10.2011 zu verurteilen, auch für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.10.2011 die nach Einsatz von Einkommen und Vermögen oberhalb des Freibetrages ungedeckten Heimkosten ohne Berücksichtigung eines Vermögens aus dem Bestattungsvorsorgevertrag vom 9./22.03.2010 (Treuhandvertrag Nr. 162090) aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass der Klägerin Pflegewohngeld in Höhe von monatlich 423,75 EUR bzw. 424,36 EUR zusteht, diese Leistung aber noch nicht bewilligt worden ist; nach Bewilligung werde das Pflegewohngeld rückwirkend ab Juli 2010 direkt an das Pflegeheim gezahlt werden. Hinsichtlich des Einsatzes des Vermögens aus dem Bestattungsvorsorgevertrag hält der Beklagte im Wesentlichen an seiner in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung fest. Soweit bei Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages eine Aufwandspauschale von 10 % (880,00 EUR) beim Bestatter verbleibe, liege darin keine unzumutbare Härte. Zur Sicherstellung einer würdigen Bestattung sei die mit dem Bestatterverband vereinbarte Pauschale von 2.500,00 EUR ausreichend und angemessen. Die im Angebot des Bestattungsunternehmens aufgeführten Positionen seien teilweise unangemessen hoch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Nachdem der Rechtsstreit durch das von der Klägerin angenommene Teilanerkenntnis des Beklagten vom 11.10.2010 für die Zeit ab 01.11.2011 in der Hauptsache seine Erledigung gefunden hatte (§ 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG), war lediglich noch über den mit der Klage verfolgten Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten für die Zeit ab 01.08.2010 bis 31.10.2011 zu entscheiden. Insoweit wird die Klägerin durch die angefochtenen Bescheide beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da sie rechtswidrig sind. Zu Unrecht hat der Beklagte für den noch streitbefangenen Zeitraum eine Kostenübernahme abgelehnt. Die Klägerin hat Anspruch auf Sozialhilfe zur Deckung ihrer Restheimpflegekosten, soweit diese nicht durch ihr Einkommen aus Altersrente, Witwenrente und Pflegegeld aus der Sozialen Pflegeversicherung gedeckt sind. Insbesondere verfügte sie auch in der Zeit vom 01.08.2010 bis 31.10.2011 über kein zumutbar einsetzbares Vermögen zur Deckung der Heimpflegekosten.

Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zugesichert hat, dass der Klägerin ein Anspruch auf Pflegewohngeld zusteht, welches in Höhe von 423,75 EUR bzw. inzwischen 424,36 EUR zur Deckung der noch offenen Heimpflegekosten eingesetzt werden kann, mindert dies zwar die monatlich seit August 2010 ungedeckten Heimpflegekosten, reicht aber nicht aus, diese gänzlich zu decken. Soweit die Beklagte darüber hinaus noch einen Vermögenseinsatz fordert, steht dies nicht im Einklang mit § 90 Abs. 2 Nr. 9 und Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte abhängig gemacht werden. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b) der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII sind kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte bei den – im vorliegenden Fall einschlägigen – Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel des SGB XII 2.600,00 EUR. Dieser Betrag ist deshalb vom Einsatz des Vermögens frei zu halten; dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde von dem Beklagten in den diversen vorgenommenen Berechnungen auch stets so gehandhabt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten darf die Sozialhilfe darüber hinaus auch nicht vom Einsatz des zum Zwecke der Bestattungsvorsorge vorgesehenen Vermögens aus dem abgeschlossenen Bestattungsvorsorgevertrag vom 09./22.03.2010 abhängig gemacht werden, weil dies für die Klägerin eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII bedeuten würde. Dem steht nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin den Bestattungsvorsorgevertrag erst im März 2010, also erst ungefähr zwei Monate vor ihrer Aufnahme in die Pflegeeinrichtung, geschlossen hat. Denn Anhaltspunkte dafür, dass dies zielgerichtet in der Absicht oder jedenfalls vorrangig zu dem Zweck geschah, die Hilfebedürftigkeit der Klägerin herbeizuführen, sind weder vorgetragen noch aus den bekannt gewordenen Umständen ersichtlich. Der Verwertung des bei der Deutschen Bestattungsvorsorge Treuhand AG hinterlegten Vermögens in Höhe von 8.800,00 EUR, ggf. nach Abzug einer im Kündigungsfall beim Bestattungsunternehmen verbleibenden 10%- Aufwandspauschale von 880,00 EUR stellt eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar, weil es sich um Vermögen aus einem angemessenen Bestattungsvorsorgevertrag handelt.

Das BSG hat im Urteil vom 18.03.2008 (B 8/9 b SO 9/06 R) ausgeführt, dass bereits nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – 5 C 84/02) dem Wunsch des Menschen, für die Zeit nach seinem Tod durch eine angemessene Bestattung und Grabpflege vorzusorgen, Rechnung zu tragen und Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag sowohl für eine angemessene Bestattung als auch für eine angemessene Grabpflege als Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelungen anzusehen ist. Für diese Auffassung – so das BSG – spricht nicht zuletzt, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative des Bundesrates, mit der die ausdrückliche Privilegierung eines Bestattungsvorsorgevertrages im Gesetz vorgesehen war, mit der Begründung abgelehnt hat, die vorgesehene Regelung sei nicht erforderlich, weil bereits nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung in § 90 Abs. 3 SGB XII sowie mit der Vorschrift des § 74 SGB XII eine menschenwürdige Bestattung für Sozialhilfeempfänger sicher gestellt sei (vgl. BT-Drucksache 16/239, S. 10, 15 und 17 zu Art. 3 Nr. 4).

Zur Bestimmung der Angemessenheit einer Bestattungsvorsorge ist zunächst auf die Kosten abzustellen, die die örtlich zuständige Behörde als erforderliche Kosten der Bestattung nach § 74 SGB XII zu übernehmen hat (Grundbetrag), denn insofern wird örtlichen Besonderheiten wie unterschiedlichen Friedhofskosten Rechnung getragen. Dabei ist hinsichtlich der Art der Bestattung (Erdbestattung, Feuerbestattung, etc.) in der Regel die Entscheidung des Heimbewohners zugrunde zu legen. Der sich hieraus ergebende Kostenbetrag, der lediglich den einfachsten Standard repräsentiert, ist unter Berücksichtigung etwaiger Gestaltungswünsche des Heimbewohners bis zur Grenze der Angemessenheit zu erhöhen (Erhöhungsbetrag). Dabei können die Kosten einer durchschnittlichen Bestattung als Richtschnur dienen (so: OVG NRW, Urteil vom 16.11.2009 – 12 A 1363/09). Nach den bereits vor zwei Jahren gewonnenen Erkenntnissen des OVG NRW (a.a.O.) beliefen sich damals die Kosten für eine einfache Beerdigung (im Bundesdurchschnitt) auf zwischen 2.000,00 und 4.000,00 EUR, die Kosten für eine durchschnittliche Bestattung auf etwa 7.000,00 EUR; diese Erkenntnisse beruhten auf Veröffentlichungen der Verbraucherzentrale ("Was tun, wenn jemand stirbt?", 17. Auflage 2009, S. 56) und der Stiftung Warentest (Test Spezial "Bestattungen", erschienen im Oktober 2008, S. 50 f.). Vor diesem Hintergrund ist der von der Klägerin für die Bestattungsvorsorge auf das Treuhandkonto überwiesene Betrag in Höhe von 8.800,00 EUR als angemessen anzusehen. Auch das OVG NRW hatte im Urteil vom 16.11.2009 bereits 6.000,00 EUR "jedenfalls als angemessen" festgestellt. Die Höhe des von der Klägerin abgeschlossenen Vorsorgevertrages ist nicht nur im Hinblick auf die von der Stiftung Warentest bereits vor drei Jahren ermittelten durchschnittlichen Bestattungskosten, sondern auch in Bezug auf die individuellen Kostenpositionen, die im Angebot des Bestattungsunternehmers vom 02.03.2010 als Grundlage des Bestattungsvorsorgevertrages niedergelegt worden sind, angemessen. Als Beispiel hierfür seien die Steinmetzarbeiten (756,00 EUR) und die Kosten für die Verlängerung des Nutzungsrechtes einer Wahlgrabstätte (1.218,00 EUR) angeführt. Wenn der verstorbene Ehemann der Klägerin bereits auf einer Doppelwahlgrabstätte beerdigt ist und dieses Grab mit einem Grabstein versehen ist, auf dem später auch der Name der Klägerin verewigt werden soll, gehören die Kosten für die Verlängerung des Nutzungsrechtes an der Doppelwahlgrabstätte und die Steinmetzarbeiten (u.a. die Nachbeschriftung des vorhandenen Steines) zu den angemessen Kosten der späteren Bestattung der Klägerin. Auch die übrigen Positionen des Angebotes sind nicht überzogen; bei dem größten Einzelposten "Sargmodell" hat sich das Bestattungsunternehmen ausdrücklich am mittleren Preissegment orientiert.

Soweit demgegenüber der Beklagte eine Pauschale in Höhe von 2.500,00 EUR zur Sicherstellung einer würdigen Bestattung als ausreichend und angemessen erachtet und sich hierbei auf eine für seinen Zuständigkeitsbereich für die Zeit am 01.08.2008 (!) getroffene Vereinbarung mit dem Bestatterverband Nordrhein-Westfalen e.V. stützt, wird dies den von der sozial- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit einer Bestattungsvorsorge nicht gerecht. Das BSG hat zuletzt durch Urteil vom 25.08.2011 (B 8 SO 20/10 R) zu § 74 SGB XII entschieden, dass die erforderlichen Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger nicht nach Maßgabe pauschal entwickelter Vergütungssätze zu übernehmen sind. Nach Auffassung der Kammer gilt dies gleichermaßen für die Bestimmung der Angemessenheit einer Bestattungsvorsorge im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 90 Abs. 3 SGB XII.

Durfte und darf somit der Beklagte die der Klägerin zu gewährende Sozialhilfe nicht vom Einsatz des in dem Bestattungsvorsorgevertrag liegenden Vermögens von 8.800,00 EUR bzw. des im Fall einer Kündigung nach Abzug der 10%-Aufwandspauschale verbleibenden Restvermögens von 7.920,00 EUR abhängig machen, so konnte die Klägerin ab 01.08.2010 ihre Heimkosten von monatlich ca. 3.400,00 EUR nicht allein durch Einkommen und zumutbar einsetzbares Vermögen bezahlen. Ihr monatlichen Einkommen aus Altersrente, Witwenrente und Pflegegeld betrug 2.499,57 EUR (bis Dezember 2010) und beträgt 2.495,50 EUR (ab Januar 2011). Als einsetzbares Vermögen stand ihr im streitbefangenen Zeitraum nach Abzug des Schonbetrages von 2.600,00 EUR bis zum 11.03.2010 auf dem Sparbuch ein Betrag von 0,78 EUR, auf dem Girokonto Beträge im zweistelligen Euro-Bereich zur Verfügung. Dem standen ungedeckte Heimkosten zwischen ca. 570,00 und 790,00 EUR gegenüber. Dementsprechend war der Beklagte zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten ohne Einsatz des Vermögens aus dem Bestattungsvorsorgevertrag zu verurteilen. Bei der Bemessung des Sozialhilfeanspruchs wird der Beklagte auch das bereits zugesagte Pflegewohngeld berücksichtigen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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