S 30 SO 297/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
30
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 30 SO 297/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Die Bestattungskosten im Rahmen der Sozialhilfe gemäß § 74 SGB XII werden nur dann erstattet, wenn den Betroffenen eine rechtliche Verpflichtung trifft, der er sich nicht entziehen kann (in Anlehnung an BVerwG, Urteil vom 13. März 2003;, Az.: 5 C 2/02).

Eine solche rechtliche unabdingbare Verpflichtung trifft neben den Erben gemäß § 1922 BGB auch den Unterhaltspflichtigen gemäß § 1615 Abs. 2 BGB.

Die übrigen Bestattungspflichtigen nennen die Bestattungsgesetze der Länder - für Nordrhein-Westfalen gilt § 8 Abs. 1 S. 1 BestG NRW, der auch die Regressmöglichkeit zu Gunsten des Ordnungsamtes gegenüber einem Bestattungspflichtigen regelt - § 8 Abs. 1 S 2. BestG NRW.

Danach sind insbesondre nur Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) bestattungspflichtig. Sosntige gleichgeschlechtliche Lebenspartner(innen) sind im Sinne dieser Vorschrift nicht bestattungspflichtig.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Beerdigungskosten.

Am 10.5.2011 beantragte die Klägerin die Übernahme von Beerdigungskosten für die verstorbene Frau I F (00.0.2011 Sterbedatum). Die Verstorbene stellte im Juli 2008 eine Vollmacht zu Gunsten der Klägerin aus, wonach diese mit allen Formalitäten nach dem Tod der Verstorbenen betraut worden war. In der Vollmacht war auch festgehalten, dass das Bestattungsgeld auf das gemeinsame Konto überwiesen werden sollte.

Mit Bescheid vom 12.5.2011 lehnte die Beklagte die Übernahme der Beerdigungskosten ab. Hiergegen legte die Klägerin mit Datum vom 25.5.2011 Widerspruch ein.

Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 20.6.2011 als unbegründet zurück. Die Klägerin sei bereits nicht zur Übernahme der Beerdigungskosten gemäß § 74 SGB XII verpflichtet gewesen. Eine solche Verpflichtung könne sich aus zivilrechtlichen Bestimmungen oder kraft Auftragserteilung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Erstattungspflicht nach den Regeln des Bestattungsrechtes der Länder ergeben. Eine sittliche gefundene Einstandspflicht genüge nicht. Eine zivilrechtliche Verpflichtung aufgrund erbrechtlicher, familienrechtlicher oder unterhaltsrechtlicher Grundlage komme bei der Klägerin nicht in Betracht.

Mit ihrer Klage vom 7.7.2011, beim Sozialgericht Düsseldorf am 11.7.2011 eingegangen, verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Begehren auf Erstattung der von ihr aufgebrachten Bestattungskosten.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe einen Anspruch auf Übernahme der Beerdigungskosten. Ihr könne nicht zugemutet werden, die Kosten zu tragen, sie verfüge über kein eigenes Vermögen und beziehe lediglich Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 633,90 EUR.

Sie sei auch zu Kostentragung verpflichtet. Sie habe mit der Verstorbenen in einer auf Dauer angelegten, nichtehelichen Lebensgemeinschaft gestanden. Die Verstorbene habe folgerichtig daher die Klägerin als ihre Lebenspartnerin bezeichnet; ausweislich der Vollmacht aus Juli 2008. Die Verstorbene habe die Klägerin durch diese Vollmacht bevollmächtigt, sämtliche mit ihrem Tode in Zusammenhang stehenden Fragen zu regeln. Die Vollmacht regele nicht nur Formalitäten, die Klägerin sei vielmehr direkt beauftragt worden, die Bestattung durchzuführen. Auch die Regelung über den Empfang des Bestattungsgeldes in der Vollmacht, spreche für eine Verpflichtung. Die Klägerin sollte die Bestattungskosten ersetzt bekommen, dem korrespondieren denknotwendig auch, dass die Klägerin mit der Tragung der Beerdigungskosten belastet werden sollte.

Außerdem behauptet die Klägerin, es sei zwei Tage vor dem Tod der Verstorbenen in Anwesenheit des geschiedenen Ehemanns der Klägerin ein mündlicher Vertrag geschlossen worden, aufgrund dessen die Klägerin zur Durchführung des standesgemäßen Begräbnisses verpflichtet gewesen sei; hierbei sei der Zeuge L T anwesend gewesen.

Aus den gesamten Überlegungen heraus sei erkennbar, dass die Klägerin daher nicht nur die Berechtigung treffe, sondern sie auch zivilrechtlich verpflichtet gewesen sei, die Kosten der Beerdigung zu tragen. Weitere Personen, die die Bestattungsverpflichtung hätten tragen können, seien nicht erkennbar. Die Verstorbene habe lediglich ein Bruder, diese befände sich im Insolvenzverfahren.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

1) Den Bescheid der Beklagten vom 12.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2011 aufzuheben. 2) Die Beklagte zu verpflichten, die Beerdigungskosten für die Verstorbene I F in Höhe von 687,42 EUR zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit Schreiben vom 08.09.2011 angehört. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 12.09.2011 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erteilt. Die Klägerin hat auf das gerichtliche Schreiben vom 08.09.2011 nicht reagiert.

Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte (245990) der Beklagten lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht kann gem. § 105 I Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid und damit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten hierzu angehört wurden.

II. Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne von § 54 IV SGG statthaft.

III. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtsmäßig und verletzt die Klägerin im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG daher nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten durch die Beklagten. Dies ergibt sich bereits aus den rechtlichen Überlegungen, die das Gericht mit Hinweisschreiben vom 8. September 2011 dargelegt hat. Auf eine Zeugenvernehmung des Zeugen L T kam es indes nicht an. Die Klägerin traf schlussendlich keine rechtliche Verpflichtung, der sie sich nicht entziehen konnte. Die Klägerin ist vielmehr allenfalls aufgrund sittlicher Verpflichtung, eine rechtliche Verpflichtung im Außenverhältnis gegenüber der Verstorbenen eingegangen, die Beerdigungskosten zu übernehmen. Dabei kann es dahinstehen, ob die Klägerin diese Verpflichtung konkludent durch die Annahme der Vollmachtsurkunde eingegangen ist, oder sich hierzu ausdrücklich im Rahmen eines Vertragsschluss unter Beteiligung des Zeugen L T verpflichtet hat. Auch dahinstehen kann, ob die Vollmachturkunde Kraft Auslegung eine solche zivilrechtliche Verpflichtung überhaupt nahe legt.

Eine rechtliche Verpflichtung, Beerdigungskosten zu übernehmen, der sich ein Betroffener nicht entziehen kann, ergibt sich grundsätzlich zunächst nur für den Erbe, der im Rahmen der Universalsukzession gemäß § 1922 BGB auch für die Beerdigungskosten aufzukommen hat. Die Angehörigen, die das Erbe ausgeschlagen haben, müssen sich an den Kosten nicht beteiligen. Gibt es keine Erben, weil alle in Betracht kommenden Erben das Erbe ausschlagen, greift § 1615 Abs. 2 BGB und nimmt den Unterhaltsverpflichteten in Anspruch. Eine solche Unterhaltspflicht liegt bei der Klägerin nicht vor. Die Bestattungspflichtigen sind im Übrigen in § 8 Abs. 1 S. 1 BestG NRW abschließend geregelt. Danach sind insbesondere nur Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) bestattungspflichtig. Die Klägerin stand offensichtlich nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Verstorbenen. Sofern daher auch kein Unterhaltspflichtiger oder anderer Bestattungspflichtiger die Beerdigungskosten zu tragen hat, greift der Staat als Gesamtrechtsnachfolger ein. Die Bestattung erfolgt durch das Ordnungsamt; die Regreßmöglichkeit gegenüber den Bestattungspflichtigen regelt ebenfalls § 8 Abs. 1 S. 2 BestG NRW. Die Klägerin ist daher nach keiner dieser Überlegungen unabdingbar rechtlich verpflichtet gewesen, die Übernahme der Beerdigungskosten zu tragen. Die Tragung der Beerdigungskosten ergibt sich dann allein aus der freiwilligen zivilrechtlichen Verpflichtung der Klägerin. Diese basiert nicht auf gesetzlicher Verpflichtung. Eine allein auf moralischer Verpflichtung basierende, empfundene oder auch eingegangenen (zivilrechtliche) Verpflichtung reicht indes nicht (BVerwG, Urteil vom 13. März 2003; Az.: 5 C 2/02).

Nach alldem war die Klage abzuweisen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

&8195;
Rechtskraft
Aus
Saved